Bericht mit Nullaussage: ZIS Jahresbericht 2013/14

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Der aktuelle Bericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) zur Fußball-Saison 2013/14 ist heute erstmals auch separat für NRW erschienen. Es wurden bei 552 erfassten Spielen der ersten vier Ligen ca. sieben Millionen Besucher und 386 verletzte Personen gezählt.

Zum ersten Mal wurde außerdem bei den Verletzungen zwischen den Ursachen „Pyrotechnik“ oder „Pfefferspray“ unterschieden. Insgesamt sollen in der Saison 2013/14 in NRW 37 Menschen durch Pfefferspray verletzt worden sein.

Dazu der Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss des Landtags NRW, Frank Herrmann: „Aus den ZIS-Berichten ist die Luft raus! Auch wenn jeder einzelne Verletzte bei einer Großveranstaltung einer zu viel ist, so taugt auch die wildeste Interpretation der ZIS-Zahlen nicht für eine Panikmache. Bei der Aufschlüsselung der Verletzungen durch Pyrotechnik oder Pfefferspray gibt es jedoch einen Skandal, denn die über 80 Fans, Ordner und Sanitäter, die beim Spiel Schalke 04 PAOK Saloniki im Herbst letzten Jahres verletzt wurden, tauchen einfach nicht auf. Hier wurde nur die Bundesliga gezählt! Nach wie vor gibt es keine wissenschaftliche Begleitung für diese polizeiliche Zahlensammlung, weshalb auch die ZIS selbst nur von einem Bericht und nicht von einer Statistik spricht. Trotz 386 Verletzten bei über sieben Millionen Besuchern gehören Fußballspiele in NRW zu den sichersten Großveranstaltungen überhaupt!

Das neue Konzept von Innenminister Jäger, weniger Polizei bei Fußballspielen einzusetzen, schlägt sich im aktuellen Bericht ja noch nicht nieder. Wir haben das Konzept jedoch von Anfang an begrüßt. Bisher bestätigt die aktuell laufende Saison, dass weniger Repression auch zu weniger Konflikten mit den Fans führt. Der Weg der Deeskalation sollte unbedingt fortgesetzt werden.“

 

Weitere Informationen über unsere Fan-Hearings findet man hier.

NRW muss sich der Verantwortung für Flüchtlinge stellen

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Anlässlich des heutigen „Tags des Flüchtlings“ und der Studie von Pro Asyl zur „Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland“ erklärt Frank Herrmann, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Weltweit befinden sich mehr als 51 Millionen Menschen auf der Flucht. Neun von zehn Flüchtlingen fliehen in die angrenzenden Staaten, die damit die allermeisten Flüchtlinge versorgen. Nach Mitteleuropa kommt nur ein kleiner Bruchteil. In Deutschland schaffen es laut Prognosen in diesem Jahr 200.000 Flüchtlinge, Asyl zu beantragen. Man sollte meinen, dass es in einem reichen Land wie Deutschland kein Problem darstellt, etwas mehr als 1.000 Flüchtlinge pro 1 Million Einwohner zu versorgen. Doch leider wird Deutschland in dieser weltweit bestürzenden Lage seiner moralischen Verpflichtung nicht gerecht, sondern hat den Zugang zu Schutz in Deutschland mit der aktuellen Verschärfung des Asylrechts noch weiter erschwert. Das neue Gesetz zur Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten wird Abschiebungen in diese Länder noch weiter erleichtern. Die Zustimmung der grün-roten Landesregierung aus Baden-Württemberg zu diesem Gesetz bedeutet die Etablierung eines Zwei-Klassen-Asylsystems und fördert Antiziganismus, indem dadurch die These eines angeblichen Asylmissbrauchs legitimiert wird. Begründet wurde die Zustimmung u. a. auch damit, dass die Kommunen und die Länder mit den „rasant steigenden Flüchtlingszahlen überfordert“ seien. Auch die kommunalen Spitzenverbände forderten aus diesem Grund die Zustimmung zum Gesetz. Aber nicht die aufgrund der Kriege in der Welt steigenden Flüchtlingszahlen, sondern die mangelnden Vorkehrungen für die Unterbringung sind das Problem.

In NRW läuft das Flüchtlingsaufnahmesystem z. B. bereits seit Jahren im Notbetrieb, deshalb reichten in den letzten Wochen wenige Krankheitsfälle dafür aus, dass Kommunen und das Land auf Zeltstädte und Notunterkünfte zurückgreifen mussten. Dabei machten Flüchtlingsinitiativen und die Bezirksregierung Arnsberg – die für die Verteilung von Flüchtlingen in NRW zuständig ist – Kommunen und Land seit Anfang des Jahrzehnts darauf aufmerksam, dass die Zugangszahlen Asylsuchender zukünftig wieder steigen werden. Bereits 2012 musste die Erstaufnahmeeinrichtung in Dortmund zeitweise geschlossen werden, so dass Flüchtlinge in Turnhallen in Köln notversorgt werden mussten. Das war ein Warnschuss, der aber leider nicht besonders ernst genommen wurde. Klar ist seither, dass es eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme in NRW geben muss. Diese fordern wir im Landtag NRW, aber passiert ist leider viel zu wenig. Fieberhaft werden nun zwar Massenaufnahmeeinrichtungen bereitgestellt, aber die Qualität spielt dabei anscheinend gar keine Rolle mehr. Auf diese Weise wird der Eindruck vermittelt, dass die Flüchtlingszahlen so rasant gestiegen wären, dass die Verantwortlichen der Situation nicht mehr Herr werden könnten. Containerdörfer, Hotelunterbringung, Notunterkünfte in Schulen und stillgelegten Schrottimmobilien bilden nun keine Ausnahme mehr. In den nächsten Monaten können wir Zeltstädte in NRW nicht ausschließen. Die Wirkung ist fatal, weil dadurch Ressentiments in der Bevölkerung weiter geschürt werden und wir unbedingt verhindern müssen, dass sich Rostock, Mölln und Solingen wiederholen! Man muss leider sagen, dass sich NRW und die Kommunen auch einen schlanken Fuß auf Kosten der Schutzbedürftigen gemacht haben, indem sie Unterkünfte geschlossen und auf Abschreckung durch schlechte Versorgung gesetzt haben. Zurzeit sollten sich die Verantwortlichen in der Landesregierung und in vielen Kommunen wirklich schämen.“

 

 

Wir appellieren an die Landesregierungen im Bundesrat, nicht für die Verschärfung des Asylrechts zu stimmen

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Heute entscheidet der Bundesrat über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten. Die Bundesregierung will die Abschiebung nach Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina noch weiter erleichtern, indem Flüchtlingen aus diesen Ländern pauschal kein Asyl mehr gewährt wird. Alle Asylanträge sollen als offensichtlich unbegründet gelten. Insbesondere dem Schutzbedarf der verfolgten Minderheiten aus diesen Herkunftsländern, vor allem Roma, wird die zukünftige Prüfung des Asylantrages dann nicht mehr gerecht. Die Zustimmung zum Gesetz bedeutet die Etablierung eines Zwei-Klassen-Asylsystems.

Für viele Roma und andere Minderheiten sind diese Länder nicht sicher. In Serbien kommt es zu Zwangsräumungen von Romasiedlungen, zu Folter und Misshandlungen in Gefängnissen und zu Angriffen durch die ansässige Mehrheitsbevölkerung. In Mazedonien wird ihnen der Zugang zu Leistungen des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialhilfesystems verwehrt. Roma sind in Mazedonien alltäglich massiven Diskriminierungen ausgesetzt. In Bosnien-Herzegowina leben Roma in Siedlungen aus Baracken ohne Strom und fließendes Wasser direkt neben Müllhalden. Es darf bezweifelt werden, ob überhaupt ordentlich geprüft wurde, dass diese Länder für die Menschen sicher sind.

Nicht nur in diesen Ländern ist Antiziganismus bzw. Antiromanismus eines der drängendsten Probleme der heutigen Zeit. Leider sieht man in aller Brutalität, dass Roma nirgendwo in Europa willkommen sind. Auch in Deutschland herrscht eine tiefe Ablehnung. Diese Ablehnung würde bei Zustimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung noch geadelt, denn die These eines angeblichen Asylmissbrauchs würde legitimiert.

Liebe Landesregierungen, bitte befürworten sie nicht nachträglich den Asylkompromiss. Dieser hat die Benennung von Ländern als sichere Herkunftsstaaten erst möglich gemacht. Stimmen sie gegen das Gesetz über die sogenannten sicheren Herkunftsstaaten!

 

Das System der Flüchtlingsaufnahme in NRW ist mangelhaft

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Heute diskutierte der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags über die aktuelle Situation in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes.

Es ist ziemlich offensichtlich, dass das System der Flüchtlingsaufnahme in NRW immer noch mangelhaft ist und z.B. schon wenige Krankheitsfälle, wie sie auch in jeder Schule oder jedem Kindergarten vorkommen, nicht verkraftet.

In Dortmund mussten in der letzten Woche Flüchtlinge in der Ausländerbehörde auf den Gängen schlafen. Deshalb wurden schließlich Busse organisiert, mit denen die Flüchtlinge unterversorgt und unangemeldet in die Aufnahmeeinrichtung nach Hessen gebracht werden. Der Bericht der Landesregierung bestätigt, dass alle Einrichtungen zum Teil massiv überbelegt sind; z. B. waren am 11.September in Hemer 154 Flüchtlinge mehr zu versorgen, als es die Kapazität der Einrichtung hergibt. Zurzeit verweilen mehr als 600 Menschen in Hemer, obwohl ursprünglich nur 350 Menschen untergebracht werden sollten.

Die Landesregierung sucht nun weiter fieberhaft nach neuen Einrichtungen und will die vorhandenen Komplexe massiv erweitern. In Essen soll eine Aufnahmeeinrichtung mit bis zu 800 Plätzen entstehen. Damit weicht die Landesregierung von ihrem eigenen Vorgaben ab, kleine Landesaufnahmeeinrichtungen zu bevorzugen, um Konflikte in den und um die Einrichtungen zu verhindern. Natürlich sehen wir die Anstrengungen der Landesregierung, aber wir können nicht verstehen, wieso das Problem mit der Aufnahme so verschleppt worden ist. Bereits vor zwei Jahren gab es einen Warnschuss, als die Einrichtung in Dortmund für ein paar Tage geschlossen werden musste und Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht wurden. Seither fordern wir Piraten im Landtag, dass es eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme in NRW braucht, die die Perspektive der Flüchtlinge in den Vordergrund rückt. Im Mai dieses Jahres gab es eine Anhörung zu unserem Antrag und die Experten machten viele Vorschläge, wie das Aufnahmesystem reformiert werden könnte. Die Vorschläge soll die Landesregierung einfach annehmen und umsetzen. Zurzeit werden die traumatisierten Menschen hin und her geschoben, und keiner hat Zeit, sich um sie zu kümmern. Wie sollen sie sich da auf ihre Asylverfahren konzentrieren?

Hier findet man die Beantragung der Piratenfraktion für den Innenausschuss und den Bericht der Landesregierung.

 

Anzeichen von Entspannung in der Sicherheitsdebatte rund um Fußballspiele: Das 8. Fanhearing der Piratenfraktion

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Am letzten Montag, dem 1. September, haben wir uns zum achten Mal mit Fans, Polizei und Fanprojekten getroffen. Gesprochen wurde über die neue Polizeistrategie von Innenminister Jäger, bei Nicht-Risikospielen den Einsatz von Polizeikräften zu reduzieren. Zudem soll die Polizei laut Strategie verdeckt aufgestellt werden, nicht im Stadion zugegen sein und die Fans in Zügen und Bussen nicht begleiten. Das Pilotprojekt „Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen“ startete am 1. August und läuft noch bis zum 27. September. Eine Auswertung wird dann wohl im Oktober erfolgen.

Die anwesenden Teilnehmer des Fanhearings begrüßten das Pilotprojekt sehr und legen große Hoffnung in das Gelingen. Die Schilderungen der Fans bestätigten auch unseren ersten Eindruck, dass das Pilotprojekt gut zu klappen scheint. Bei mehreren Spielen fuhren keine Polizisten im Zug mit, und auch an den Umsteigebahnhöfen war kaum ein Polizist zu sehen. Bisher scheint die Saison also ohne größere Vorfälle gestartet zu sein.

Das wäre eine wünschenwerte Entwicklung – wurde doch schon vielfach dargelegt, dass eine starke Polizeipräsenz zu mehr Konflikten führen kann. Herr Prof. Pilz hatte so etwas auch schon in seiner Stellungnahme zum ZIS-Antrag der Piratenfraktion angemerkt: „Mehr Polizei bedeutet nicht unbedingt mehr Sicherheit, vor allem dann, wenn auf der Gegenseite ein ausgeprägtes Feindbild Polizei vorhanden ist.“ Die Spirale, dass von den Polizeiführungen immer mehr Polizeikräfte angefordert werden, um jegliche Vorkommnisse zu verhindern, muss zurückgedreht werden – für die Fans, aber auch für die Polizei. Daher ist das neue Konzept ein richtiger Schritt! Dennoch muss das Projekt auch weiter sorgfältig begleitet werden, denn nur ein Vorfall kann schon dazu führen, dass die Verantwortlichen es als gescheitert ansehen und den Spieß wieder umdrehen. Die Ergebnisse dieses „Pilotversuches“ sollten daher transparent und öffentlich zugänglich dargestellt werden. Die Fans appellierten, dass die Auswertung nicht nur in der Hand des MIK liegen dürfe. Wir werden die Entwicklung beobachten und auf eine transparente Evaluation pochen. Insgesamt war das Echo auf das Pilotprojekt also sehr positiv, wobei einige Fans gleichzeitig Befürchtungen äußerten, dass man einerseits ein Zuckerbrot anbietet, um dann andererseits die Peitsche in Form von neuen Repressionsmitteln zu schwingen, falls dann irgendwo ein Böller geworfen wird.

Kennzeichnungspflicht

Als ein weiteres Zeichen der Entspannung wurde die für nächstes Jahr in NRW angekündigte individuelle Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten gewertet. Wie die Kennzeichnungspflicht in NRW genau ausgestaltet werden soll, ist noch nicht bekannt. Die Fanhearing-Teilnehmer tauschten aber ihre Erfahrungen mit der Kennzeichnung von Polizeibeamten in Berlin und Rheinland-Pfalz aus. In Rheinland-Pfalz befinden sich die Nummern z. B. vorne, in Berlin hinten auf dem Rücken. Die Zuordnung in Berlin wurde als sehr gut befunden, weil die Nummern fünfstellig und groß auf dem Rücken zu sehen waren. Denn neben der Kenntlichkeit ist es auch wichtig, dass die Nummern nicht zu lang sind. Als Problem wird angesehen, dass es keine bundeseinheitliche Regelung gibt. Die Bundespolizei und viele andere Länderpolizeien haben noch gar keine individuelle Kennzeichnungspflicht. Rund um Fußballspiele werden aber oft Beamte aus allen Ländern und der Polizei hinzugerufen. Es sollte auf eine einheitliche Lösung, z.B. auf der IMK, hingewirkt werden.

Rastplatzsperre und Reisewegbeobachtung

Ein weiteres Thema war der Bericht eines Düsseldorfer Fans über die Sperrung aller Rastplätze für Fortuna-Fanbusse auf der gesamten Strecke von Würzburg nach Düsseldorf. Diese Aktion war nicht angekündigt, sondern wurde spontan umgesetzt. Auch andere Fans berichteten im Laufe der Diskussion davon, dass ein solches Vorgehen zurzeit gehäuft vorkomme. Die Fanbetreuung der Fortuna geht der Sache nun nach. Der Leiter für Fanangelegenheiten bei Fortuna Düsseldorf bittet darum, sich bei ihm zu melden, wenn man Informationen über weitere Vorfälle dieser Art hat. Insgesamt berichteten die Fans davon, dass die Reisewege immer häufiger und intensiver beobachtet werden. Viele Reiterpolizisten tragen mittlerweile Helmkameras und häufig würde der Weg durch Videoüberwachung aufzeichnet, wobei dies nicht nur im Bereich des Fußballs wahrgenommen wird, sondern auch im Alltag die Videoüberwachung in Zügen, Bussen, Bahnen und Bahnhöfen zugenommen hat. Auch die Stadien rüsten immer weiter auf.

Das Thema „Holländisches Modell“, das vorsieht, personalisierte Tickets erst am Spielort nach Identifizierung und geregelter Anreise, etwa mit Sonderbussen, auszuhändigen, scheint in NRW erst einmal vom Tisch, nachdem auch ein Gericht in Hannover festgestellt hat, dass diese Art der Beschränkung der Reisefreiheit einen massiven Eingriff in Grundrechte wie die Freizügigkeit bedeutet.

Meldeauflagen

Über einen weiteren massiven polizeilichen Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit von Fans wurde hitzig debattiert. Im Landtag findet am Dienstag, den 16.9., eine Anhörung statt, die das Thema Meldeauflagen zum Thema hat. Die CDU und die FDP fordern die Einführung einer speziellen Eingriffsermächtigung für die Verhängung von Meldeauflagen im nordrhein-westfälischen Polizeigesetz. Zurzeit wird diese Maßnahme aus der Generalklausel im Polizeigesetz (§ 8 PolG NRW) abgeleitet.

Einige Fans begrüßten die Initiative einer speziellen Eingriffsermächtigung, weil sie hoffen, dass dadurch die Kriterien, wann und warum eine Meldeauflage verhängt wird, konkretisiert werden. Das wäre auch sehr wünschenswert, stellt eine Meldeauflage doch einen tiefen Grundrechtseingriff dar. Die Fans berichten, dass viele Meldeauflagen aus fadenscheinigen Gründen ausgesprochen werden. So reicht oft schon die Mitgliedschaft in einer bestimmten Ultra-Gruppierung aus. Durch ein Spezialgesetz erhoffen sich die Befürworter zudem die bessere Dokumentation, wie oft die Maßnahme verhängt wird und wie oft Gerichte sie wieder aufheben müssen. Andere Fans sprachen sich gegen ein Spezialgesetz aus, da es dazu führen könnte, dass Meldeauflagen häufiger angewandt werden. Außerdem beträfen Meldeauflagen nicht nur den Fußballbereich, sondern z. B. auch das Demonstrationsrecht. Welche genauen Konsequenzen ein Spezialgesetz zu Meldeauflagen hätte und ob diese dann häufiger angewandt werden, wird in der Anhörung wohl ausdiskutiert werden. Ein Antrag der Piratenfraktion, der sich mehr mit Analyse der Ursachen und Vermeidung von Gewalt beschäftigt, wird dort ebenfalls besprochen. Die Anhörung findet am 16.09. um 14 Uhr statt und wird gestreamt.

Es hat uns wie immer Spaß gemacht, und durch den gemeinsamen Austausch haben sich wieder ein paar neue Projekte aufgetan, die wir angehen werden. Wir freuen uns aufs nächste Mal.

 

 

Einladung zum 8. Fanhearing am 1. September um 18 Uhr

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Am Montag, 1. September 2014, treffen wir uns um 18 Uhr zum 8. Fanhearing der Piratenfraktion im Landtag NRW. Diesmal wollen wir über den Pilotversuch von Innenminister Jäger „Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen“ sprechen, den wir sehr begrüßen und der allem Anschein nach bisher sehr erfolgreich ist.

Weitere Themenvorschläge unsererseits: Weiterlesen »

Zeltstädte in NRW – Sehenden Auges in die humanitäre Katastrophe

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Vor fast zwei Wochen wurde bekannt, dass die Duisburger Stadtverwaltung für bis zu 150 Flüchtlinge eine „Zeltstadt“ in Duisburg-Walsum errichtet. Seither beherrscht das Thema die Schlagzeilen. Nur die Landesregierung und die Fraktionen im Landtag hüllen sich in verdächtiges Schweigen. Das Motto der Landesregierung und der anderen Fraktionen im Landtag NRW scheint also zu lauten: „Augen zu und durch“. Dabei war das Desaster schon lange absehbar.

Nicht nur Flüchtlingsorganisationen wie der NRW-Flüchtlingsrat kritisieren seit Jahren die mangelnde Vorbereitung der Kommunen und der Landesregierung auf die seit 2009 wieder steigenden Flüchtlingszahlen in NRW. Das Thema beschäftigt auch den Innenausschuss des Landtags seit mehr als zwei Jahren mit schöner Regelmäßigkeit. Wir Piraten haben immer wieder Berichte der Landesregierung zum Planungsstand der Flüchtlingsaufnahme in NRW angefordert und mehrere parlamentarische Initiativen erarbeitet. Zwischenzeitlich fehlten 1.000 Plätze für Flüchtlinge in den NRW-Aufnahmeinrichtungen. In einem der Berichte der Landesregierung vom Herbst 2012 wurde die katastrophale Situation in den nordrhein-westfälischen Aufnahmeeinrichtungen beschrieben. Damals brach die Erstaufnahme des Landes komplett zusammen und die hilfesuchenden Menschen mussten zeitweise in Turnhallen untergebracht werden. Die Landesregierung schrieb daraufhin am 29. Oktober 2012 in der Vorlage 16/330 „Derzeitige Situation in den nordrhein-westfälischen Aufnahmeeinrichtungen„, dass die Zentralen Unterbringungs- und Erstaufnahmeeinrichtungen mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen in NRW überfordert seien und „ein geregeltes Asylverfahren mit den üblichen Verfahrensabläufen“ in den vergangenen Wochen kaum noch gewährleistet gewesen sei. Weiter hieß es, dass „in den Kommunen, die bereits jetzt selbst große Schwierigkeiten“ hätten, „Wohnraum für Asylbewerber zu schaffen, das Problem der Unterbringung fortsetzen“ werde. Die Regierung rechnete damals mit einem weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen und warnte vor den Herausforderungen, die auf das Land und die Kommune zukommen würden. Zu diesem Zeitpunkt schwelte der Konflikt in Syrien bereits seit mehr als einem Jahr. Mit Steigerungen der Flüchtlingszahlen musste jederzeit gerechnet werden, brechen doch weltweit, z. B. im Irak und Afghanistan, immer wieder Konflikte aus.

Dieser erschreckende und alarmierende Bericht veranlasste uns dazu verschiedene Vorschläge für eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme zu erarbeiten. Unser Antrag „Unser Land braucht eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme – hin zu einer humanen und dezentralen Unterbringung in ganz NRW“ vom November letzten Jahres war Grundlage einer Anhörung im Mai dieses Jahres und ausnahmslos alle Experten beschrieben die aktuelle Situation rund um die Flüchtlingsaufnahme in NRW als äußerst alarmierend. Alle appellierten dringend an die wenigen Abgeordneten, die überhaupt zugegen waren, neue Konzepte zu entwickeln. Die Experten machten viele Vorschläge und schilderten eindringlich, dass man die Situation keinesfalls auf sich beruhen lassen könne und dass es an der Zeit sei zu handeln. Viele der anwesenden Kommunalvertreter gaben an, dass die Situation die Haushalte derzeit überfordere. Es wurde darauf verwiesen, dass die Kommunen verpflichtet seien, die ihnen zugewiesenen Menschen unterzubringen (§1 Absatz 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz), die pauschalen Zuweisungen des Landes aber gerade einmal ein Drittel der Kosten deckten. Die anwesenden Flüchtlingsorganisationen bemängelten, dass viele Kommunen die hilfesuchenden Menschen menschenunwürdig und inadäquat unterbrächten und wiesen sehr zurecht darauf hin, dass es laut Bundesverfassungsgericht mit der Verfassung unvereinbar sei, Menschen aus migrationspoltischen Erwägungen in derart unwürdiger Weise unterzubringen.

Die gängige Praxis einiger Kommunen, Flüchtlinge mit schlechter Versorgung abzuschrecken, muss ein Ende haben. Das unsägliche Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft und die Flüchtlinge „Leistungsempfängern nach den SGB II und XII“ gleichstellt werden. Menschenwürde ist kein „Deutschenrecht“, sie steht explizit jedem Menschen unterschiedslos zu. Auch einige der Kommunalvertreter sehen in der Abschaffung dieses Sondergesetzes einen Weg, die Situation für Flüchtlinge zu verbessern und gleichzeitig die kommunalen Haushalte zu entlasten.

In unserem Antrag führen wir noch einen weiteren konkreten Vorschlag zur Güte an: Es hat sich in vielen Städten, die Flüchtlingen eine humane und dezentrale Unterbringung in Wohnungen ermöglichen, gezeigt, dass diese Methode kostengünstiger ist. Selbst die Großstadt Köln, die unter einem eklatanten Mangel günstiger Sozialwohnungen leidet, bescheinigt dass die Unterbringung von Flüchtlingen in privatem Wohnraum preiswerter sei als die in Wohnheimen. Die Stadt betreibt ein Auszugsmanagement und will dieses sogar noch erweitern.[1] Es ist also im Vergleich schwer begreiflich, warum die Stadt Duisburg trotz ihrer Leerstände Zeltstädte baut. Weitere Beispiele für gelungene Unterbringungskonzepte findet man in Leverkusen, Wuppertal und Lünen. In Lünen hat eine lokale Flüchtlingsinitiative so viel Bewegung gebracht, dass sich der Stadtrat in diesem Frühjahr auf ein neues Unterbringungskonzept mit dem Schwerpunkt auf privater Unterbringung geeinigt hat. Auch andere Städte, z.B. Ratingen, denken verstärkt über Alternativen zur Lagerunterbringung nach und auch der Hessische Rechnungshof stellt in seinem Kommunalbericht 2013 fest, dass die Unterbringung zumindest von Familien in Privatwohnungen günstiger sei als die in Gemeinschaftsunterkünften.

Trotz alledem erreichen uns aus NRW nach wie vor reihenweise Negativmeldungen und das nicht erst seit gestern. Die Serie einschlägiger und schockierender Presseberichte über die schlechte Vorbereitung auf die steigenden Zugangszahlen und gruseligen sowie beschämenden Zustände reißen nicht ab. All dies ist um so beschämender, als es einem reichen Land wie Deutschland doch möglich sein müsste, die zur Zeit ca. 1.200 Flüchtlinge pro 1 Million Einwohner aufzunehmen. Durch die Aufnahmeprogramme des Bundes und des Landes haben es nach neuesten Informationen mittlerweile gerade einmal 1.897 Syrer und Syrerinnen geschafft, nach NRW einzureisen. Das ist weniger als ein Tropfen auf einem heißen Stein. Dennoch erklärte Innenminister Jäger auf der Frühjahrs-Konferenz  Innenminister, dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten den größten Beitrag bei der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen leiste. Proportional nimmt aber etwa Schweden weitaus mehr Flüchtlinge auf – ganz zu schweigen davon, dass die Türkei derzeit mehr als 760.000 und der Libanon mehr als eine Million Flüchtlinge beherbergen.

Die Landesregierung liefert keinerlei Konzepte, wie mit den steigenden Flüchtlingszahlen umzugehen ist und wie man in Zukunft für klare Vorgaben und Standards sorgen könnte, damit Flüchtlinge in NRW menschenwürdig untergebracht und versorgt werden. Stattdessen wird geschwiegen, weggeschaut, Verantwortung hin- und hergeschoben. Als letztes Jahr im Plenum unser Antrag gemeinsam mit einem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes debattiert wurde – letzterer sah Anreize für Kommunen vor, Landesaufnahmeeinrichtungen zu schaffen -, standen die Abgeordneten unter dem Schock der Bootstragödie vom 3. Oktober 2013 vor Lampedusa, wo ca. 390 Menschen ertrunken waren. Die Idee mit den Anreizen war an sich schön, aber natürlich können nicht alle Städte Erstaufnahmeeinrichtungen schaffen. Alle Redner und Rednerinnen bekräftigten, dass es kein Weiter-so in der Flüchtlingspolitik geben dürfe, alle versprachen Reformen auch in NRW für das nächste Jahr: 2014! Als Ergebnis der Betroffenheit legt die Landesregierung uns aber nun einen Vorschlag zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vor, der keinerlei wirklich eigene Änderungen vorsieht, keine echte Initiativen, sondern lediglich Anpassungen, wie sie durch die Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sowieso notwendig geworden sind. Sich immer darauf zu berufen, dass man aufgrund des Konnexitätsprinzips und der Selbstveraltung der Kommunen gar nichts machen kann, ist armselig. In Baden-Württemberg und anderen Bundesländern hat man Alternativen entwickelt. Diese Beispiele führen wir in unserem Antrag ab S. 2 an.

Nun ist es wieder einmal an uns, die Unterbringungssituation im Land NRW in den parlamentarischen Diskurs einzubringen. Wir fordern das Land auf, eine Bestandsaufnahme der Situation in NRW durchzuführen, eine Kostenrechnung in Auftrag zu geben, die feststellt, inwieweit die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes die Kommunen und das Land finanziell entlasten würde. Des Weiteren wollen wir, dass die Landesregierung einen Ermutigungserlass herausgibt, der die Kommunen anregt, vermehrt in Privatwohnungen unterzubringen. Denn dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen statt in Gemeinschaftsunterkünften wirtschaftliche Vorteile bringen kann, wissen nicht nur bereits einige Kommunen in Nordrhein-Westfalen, auch die Prüfung „Asyl“ im hessischen Kommunalbericht 2013 des dortigen Landesrechnungshof kommt zu diesem Ergebnis. Wir werden dazu noch im Rahmen der kommenden Haushaltsberatungen Ideen einbringen.

Die Landesregierung muss jetzt handeln! Zeltstädte mögen notwendig sein, wenn im türkisch-syrischen Grenzgebiet zehntausende Flüchtlinge versorgt werden müssen. Aber eine Zeltstadt für 150 Menschen in Duisburg zu bauen, weil es angeblich keine Alternativen gibt, ist ein Skandal!

Am 15.08.14 hat der WDR einen Sprecher des MIK mit folgenden Worten zur Unterbringungssituation in den Kommunen zitiert: „Es muss natürlich angemessen und menschenwürdig sein.Solche warmen Worte haben wir hier im Landtag nun schon lange genug vernommen, es wird Zeit für Taten. Deshalb erinnern wir auch noch einmal an unseren Antrag und fordern die Parlamentarier auf, ihrem Gewissen zu folgen und unserem Antrag zuzustimmen, oder zumindest tragbare und die Not der Flüchtlinge lindernde Gegenvorschläge zu machen.

[1] Mitteilung_Ausschuss

 

 

 

Fahr mit zur „Freiheit statt Angst“ in Berlin

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Aufstehen statt Aussitzen“, so lautet das diesjährige Motto der Großdemonstration „Freiheit statt Angst“ in Berlin. Am 30. August werden wieder tausende Menschen gegen die ausufernde Überwachung unserer Gesellschaft und die Untätigkeit der Bundesregierung in der Aufarbeitung des Überwachungsskandals auf die Straße gehen.

Wir wollen wieder gemeinsam mit Bussen von Düsseldorf und Bielefeld nach Berlin fahren, um bunt und lautstark für unsere Freiheit zu demonstrieren. Steh auch Du auf für unsere Rechte und komm mit uns mit! Weiterlesen »

Besuch von Flüchtlingsunterkünften in Ratingen

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Zusammen mit zwei Mitgliedern des Arbeitskreises Flüchtlingspolitik, inkludierende Integration und Antidiskriminierung in NRW der Piratenpartei war ich am Mittwoch, dem 9. Juli, in Ratingen, um mir ein Bild von den Flüchtlingsunterkünften vor Ort zu machen. Gemeinsam mit der Verwaltung schauten wir uns die die vor kurzem renovierte und vergrößerte Unterkunft „Am Gratenpoet“ und den Jahrzehnte alten Komplex „Am Sondert“ an. Hintergrund ist der Piraten-Antrag im Landtag NRW, in dem wir die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen in ganz NRW fordern. Die Flüchtlingsunterkunft „Am Sondert“ wurde zudem in einer Broschüre des Flüchtlingsrates NRW als ein „sehr schlechtes Beispiel“ einer Flüchtlingsunterbringung genannt. Davon wollten wir – Piraten – uns selbst überzeugen.

Mein Fazit des Besuchs: Die Stadt und die Mitarbeiter haben in den letzten Jahren einiges nachgeholt und zumindest am Gratenpoet gibt man sich sichtlich Mühe, dass Familien und Einzelpersonen menschenwürdig untergebracht werden. Zwar gibt es Gemeinschaftsküchen und -badezimmer, aber zum Glück eigene Räume für jeden Einzelnen. Hervorzuheben ist auch das großartige Engagement der vielen ehrenamtlichen Helfer, von denen wir  zufällig zwei vor Ort getroffen haben.

Der Flüchtlingskomplex „Am Sondert“ sollte dagegen mittelfristig abgebaut werden, denn durch die Unterbringung einer „homogenen“ Flüchtlingsgruppe weit draußen und isoliert schafft man sich dort erst die Probleme, die man an anderer Stelle wieder bekämpfen muss. Einen Ratsantrag, den Komplex „Am Sondert“ aufzulösen, gab es  schon 2010. Die Stadt muss daher insgesamt umdenken und die Menschen in privaten und dezentralen Wohnungen unterbringen. Zu diesem Zweck sollte sie auch selber Wohnungen von Privatpersonen anmieten. Für ein an das „Leverkusener Modell“ angelehntes Unterbringungskonzept werde ich – auch in Zusammenarbeit mit der Piratenfraktion im Rat der Stadt Ratingen – in den nächsten Monaten werben.

Pläne durchleuchtet: Dobrindts PKW-Maut ist ein Placebo.

Veröffentlicht am von unter Bauen, Wohnen und Verkehr (A02), Medien, Oliver Bayer, ÖPNV, Persönliche Blogposts, Presse, Pressemitteilungen.

Die Bundesautobahn A2Am Montag hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt in Berlin sein Konzept für eine PKW-Maut vorgestellt. Oliver Bayer, Sprecher der Piratenfraktion im Verkehrsausschuss des Landtags NRW, Carsten Spengler und Ralf Muschall haben nach der Pressekonferenz gemeinsam die Pläne durchleuchtet:

Dobrindts PKW-Maut ist ein wirkungsloses Placebo. Da uns weisgemacht wird, eine weitere Medizin sei nicht nötig, ist die PKW-Maut eine Fehlbehandlung mit schwerwiegenden Folgen für die Infrastruktur.

Die für das Verkehrssystem lebensnotwendige Vorgabe an den neuen Bundesverkehrsminister lautete »zusätzlich 28,8 Milliarden Euro, um die politischen Versäumnisse der Vergangenheit auszubessern und die Verkehrsinfrastruktur zu retten«. Daraus wurden im Koalitionsvertrag 5 Milliarden, von denen 6,7 Milliarden bereits verplant sind. Eine Minusrunde von 1,7 Milliarden für die Infrastruktur.
Die PKW-Maut dient Minister Dobrindt nun als Alibi, die gleiche bayrische Verkehrspolitik betreiben zu können wie bisher – mit Diskriminierung und Schönrechnerei populistisch aufgetischt. Dabei hat uns genau diese kurzsichtige Politik in die Lage gebracht, die nun Vorwand für die PKW-Maut ist.

Minister Dobrindt nennt sie jetzt lieber »Infrastrukturabgabe«, obwohl die Einnahmen wie bei der KFZ-Steuer weiter in den allgemeinen Bundeshaushalt fließen sollen. Bei einer Infrastrukturabgabe, müssen allerdings auch Schiene, Wasserstraße und vor allem der ÖPNV von den Einnahmen profitieren.
Und wenn diese Infrastrukturabgabe auch für Kommunal- und Landesstraßen gilt, müssen natürlich auch die Kommunen und Länder anteilig an den Einnahmen beteiligt werden, und zwar unabhängig von dem Gedanken, dass zeitgleich die KFZ-Steuer sinkt. Beide Ansprüche sollte Minister Dobrindt ernst nehmen, um dem Placebo wenigstens etwas Wirkstoff mitzugeben.

Seine Versprechen wird Dobrindt so oder so nicht halten können: Die prognostizierten Einnahmen von 625 Millionen Euro bei 260 Millionen Euro Systemkosten sind viel zu optimistisch, und selbstverständlich sind auch die inländischen Autofahrenden an den Kosten beteiligt: Da der Betrag der KFZ-Steuer zukünftig geteilt werden soll, zahlen alle Autofahrenden einen Teil der Verwaltungskosten der PKW-Maut. Dieses Geld kommt nicht mehr der Infrastruktur oder dem allgemeinen Steuerhaushalt zugute. Dobrindt nennt es »KFZ-Steuer-System reformieren«; »deformieren« wäre korrekter gewesen.

Letztlich würde Dobrindts PKW-Maut eine europäische Mautrisierung nach sich ziehen. Unsere inländischen Autofahrenden würden in den Niederlanden, Belgien und Dänemark zahlen und ganz Europa sich um die Verwaltung von Mautsystemen kümmern müssen. Straßen und Bahnstrecken in Deutschland blieben weiter sanierungsbedürftig.

Dobrindts »Infrastrukturabgabe« basiert auf einem veralteten System. Die Konstruktion hat Fehler und ist weder innovativ noch bringt sie die Komponenten intelligent zusammen.

LKW dürfen mautfrei durch Dörfer brettern, während PKW demnächst dafür eine Maut zahlen müssen und kleine LKW ab 3,5 Tonnen womöglich ebenfalls befreit bleiben. Diesel-Fahrzeuge zahlen eine deutlich höhere »Infrastrukturabgabe«, obwohl sie die Infrastruktur gar nicht stärker belasten. Die Lenkungswirkung der Infrastrukturabgabe ist daher insgesamt fragwürdig.

Ungeklärt ist auch, wie Minister Dobrindt sein Versprechen umsetzen möchte, dass inländische Autofahrende »sich um nichts kümmern« müssen. Wie kommen die Daten von der Bundesfinanzverwaltung datenschutzkonform zu der Behörde, die die Vignetten ausstellt?

Mit der »Infrastrukturabgabe« werden die dringenden Probleme und Aufgaben in der Verkehrspolitik, wichtige Weichenstellungen, von der Bundesregierung in die nächste Legislaturperiode vertagt. Selbst die Instandhaltung der Verkehrswege wird versäumt, da das eingenommene Geld kaum weiterhilft, wenn an anderen Stellen viel größere Summen gestrichen werden. Jede bereits diskutierte Alternative von der Ausweitung der LKW-Maut für alle Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auf allen Straßen bis zur Kraftstoffabgabe würden hier bessere Ergebnisse erzielen.

Maut bleibt Maut

Mit Dobrindts PKW-Maut erhalten wir ein schlechtes und teures Zusatzfeature des Systems, welches uns erst in die Instandhaltungskatastrophe der Verkehrsinfrastruktur geführt hat. Damit werden echte Innovationen für eine sinnvolle Infrastrukturabgabe und die notwendige Verkehrswende auf Dauer erschwert.
Die bayrische Dobrindt-Maut ist ein Alibi dafür, mit der katastrophalen Verkehrspolitik der vergangenen Jahre fortzufahren wie bisher. Selbst wenn ein paar Millionen zusätzlich in die Verkehrsinfrastruktur fließen würden, wäre das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Teuer bezahlt dadurch, dass sich hinter den Kulissen nichts ändert. Daran ändert auch die Umbenennung von Maut in »Infrastrukturabgabe« für Inländer nichts. Maut bleibt Maut.
Dobrindts Innovation in der Verkehrspolitik ist lediglich, dass die Vignetten automatisch per Post zugestellt werden.

Dass die Bayern-CSU aus politischen Geisterfahrern ohne Sachkenntnis besteht, war klar! Noch schlimmer ist, dass SPD und CDU dieser Politik folgen und 260 Millionen Euro in die Verwaltung stecken wollen, anstatt direkt in die Straßen und Schienen. Der eigene Machterhalt ist der Großen Koalition offenbar wichtiger als der Erhalt der Infrastruktur.

Mehr dazu auch im Blogbeitrag von Oliver Bayer vom Sonntag: Verrechnet und Verarscht: PKW-Maut schadet der Infrastruktur-Erneuerung

 

Bild: CC-BY-SA-3.0 Kira Nerys