Veröffentlicht am von und in Bürgerrechte, Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Anlässlich des heutigen „Tags des Flüchtlings“ und der Studie von Pro Asyl zur „Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland“ erklärt Frank Herrmann, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Weltweit befinden sich mehr als 51 Millionen Menschen auf der Flucht. Neun von zehn Flüchtlingen fliehen in die angrenzenden Staaten, die damit die allermeisten Flüchtlinge versorgen. Nach Mitteleuropa kommt nur ein kleiner Bruchteil. In Deutschland schaffen es laut Prognosen in diesem Jahr 200.000 Flüchtlinge, Asyl zu beantragen. Man sollte meinen, dass es in einem reichen Land wie Deutschland kein Problem darstellt, etwas mehr als 1.000 Flüchtlinge pro 1 Million Einwohner zu versorgen. Doch leider wird Deutschland in dieser weltweit bestürzenden Lage seiner moralischen Verpflichtung nicht gerecht, sondern hat den Zugang zu Schutz in Deutschland mit der aktuellen Verschärfung des Asylrechts noch weiter erschwert. Das neue Gesetz zur Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten wird Abschiebungen in diese Länder noch weiter erleichtern. Die Zustimmung der grün-roten Landesregierung aus Baden-Württemberg zu diesem Gesetz bedeutet die Etablierung eines Zwei-Klassen-Asylsystems und fördert Antiziganismus, indem dadurch die These eines angeblichen Asylmissbrauchs legitimiert wird. Begründet wurde die Zustimmung u. a. auch damit, dass die Kommunen und die Länder mit den „rasant steigenden Flüchtlingszahlen überfordert“ seien. Auch die kommunalen Spitzenverbände forderten aus diesem Grund die Zustimmung zum Gesetz. Aber nicht die aufgrund der Kriege in der Welt steigenden Flüchtlingszahlen, sondern die mangelnden Vorkehrungen für die Unterbringung sind das Problem.

In NRW läuft das Flüchtlingsaufnahmesystem z. B. bereits seit Jahren im Notbetrieb, deshalb reichten in den letzten Wochen wenige Krankheitsfälle dafür aus, dass Kommunen und das Land auf Zeltstädte und Notunterkünfte zurückgreifen mussten. Dabei machten Flüchtlingsinitiativen und die Bezirksregierung Arnsberg – die für die Verteilung von Flüchtlingen in NRW zuständig ist – Kommunen und Land seit Anfang des Jahrzehnts darauf aufmerksam, dass die Zugangszahlen Asylsuchender zukünftig wieder steigen werden. Bereits 2012 musste die Erstaufnahmeeinrichtung in Dortmund zeitweise geschlossen werden, so dass Flüchtlinge in Turnhallen in Köln notversorgt werden mussten. Das war ein Warnschuss, der aber leider nicht besonders ernst genommen wurde. Klar ist seither, dass es eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme in NRW geben muss. Diese fordern wir im Landtag NRW, aber passiert ist leider viel zu wenig. Fieberhaft werden nun zwar Massenaufnahmeeinrichtungen bereitgestellt, aber die Qualität spielt dabei anscheinend gar keine Rolle mehr. Auf diese Weise wird der Eindruck vermittelt, dass die Flüchtlingszahlen so rasant gestiegen wären, dass die Verantwortlichen der Situation nicht mehr Herr werden könnten. Containerdörfer, Hotelunterbringung, Notunterkünfte in Schulen und stillgelegten Schrottimmobilien bilden nun keine Ausnahme mehr. In den nächsten Monaten können wir Zeltstädte in NRW nicht ausschließen. Die Wirkung ist fatal, weil dadurch Ressentiments in der Bevölkerung weiter geschürt werden und wir unbedingt verhindern müssen, dass sich Rostock, Mölln und Solingen wiederholen! Man muss leider sagen, dass sich NRW und die Kommunen auch einen schlanken Fuß auf Kosten der Schutzbedürftigen gemacht haben, indem sie Unterkünfte geschlossen und auf Abschreckung durch schlechte Versorgung gesetzt haben. Zurzeit sollten sich die Verantwortlichen in der Landesregierung und in vielen Kommunen wirklich schämen.“

 

 

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