Veröffentlicht am von in Bürgerrechte, Dietmar Schulz, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Am 3.9.2015 hat sich im Landtag NRW eine gar bemerkenswerte Posse abgespielt, die nicht unerwähnt bleiben darf, weil
sie die Überheblichkeit und Allmachtsphantasie eines Teils der Landesregierung NRW´s (Innenminister, der zugleich MdL und damit Legislativteil und Exekutive ist) eo ipso dokumentiert (aus dem Plenarprotokoll vom 3.9. zum Haushalt):

„… Frau Ministerin Löhrmann, Frau Vizeministerpräsidentin, einen schönen Gruß an die Ministerpräsidentin, die offenbar einen anderen Termin hat. Sie hat ja eben kräftig gegenüber Herrn Marsching ausgeteilt – leider Gottes nur in einem recht untergeordneten, aber zumindest aus unserer Sicht durchaus wichtigen Punkt – in Bezug auf die Vorgänge in Garzweiler. Da hat sie ihn regelrecht gemaßregelt – das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen – und dabei Innenminister Jäger in Schutz genommen. Das kann man natürlich tun, aber eins muss man wissen: Journalisten wurden festgesetzt. Friedliche Demonstranten wurden eingekesselt, durch Werkschutzleute in Kooperation mit der Polizei bedrängt. Insofern müssen wir Augenzeugenberichten Glauben schenken, solange keine Aufklärung, insbesondere seitens der Fach- und Dienstaufsicht des Innenministeriums, geleistet worden ist.
(Minister Ralf Jäger: Das war alles im Rahmen eines Hausfriedensbruchs!)

– Herr Innenminister, es steht Ihnen nicht zu, juristisch zu beurteilen, welche Taten hier vorgelegen haben.
(Minister Ralf Jäger: Wieso das denn nicht?)

Ihre Aufgabe ist es, die Aufklärung im Hinblick auf die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen zu betreiben.
(Beifall von den PIRATEN)

Wir haben Gott sei Dank noch Gewaltenteilung in Nordrhein-Westfalen, sodass die Frage der Beurteilung in juristischer Hinsicht Ihnen sicherlich nicht zusteht.

(Minister Ralf Jäger: Wem denn sonst?

– Das möchte ich gerne im Protokoll haben. Ich hoffe, es wird protokolliert, dass die Frage der juristischen Beurteilung von Handlungen von Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes Sache des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen ist. Das muss man sich einfach auf der Zunge zergehen lassen.

(Minister Ralf Jäger: Dann darf die Polizei bei Straftaten nicht mehr einschreiten?)
– Herr Innenminister Jäger, die Polizei darf selbstverständlich bei Straftaten jedweder Art eingreifen. Ob hier jedoch Straftaten vorgelegen haben, ist eine Beurteilung, die Ihnen gar nicht zusteht…

Wenn die Polizei gemeinsam mit dem Werksschutz gegen Demonstranten oder Aktivisten, gegen Umweltschützer vorgeht, die unter anderem durch die Grüne Jugend aufgerufen worden sind, die gegen die Vorgänge in Garzweiler protestieren, und dabei gleichzeitig die darüber berichtenden Journalisten festgesetzt werden, dann kann diese Landesregierung nur in einem Atemzug mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes und anderen Protagonisten auf Bundesebene genannt werden, die gerne gegen Journalisten in der Bundesrepublik Deutschland vorgehen und die Pressefreiheit mit Füßen treten…“

Mit dieser Äußerung – Wem denn sonst, außer ihm, dem Innenminister, steht die strafrechtliche Beurteilung von Verhalten zu – hat sich der Innenminister als nichts mehr oder weniger entlarvt hat, als ein Wortführer einer vermeintlich allmächtigen Polizeistaatsideologie, bei der die kodifizierte Gewaltenteilung zur Makulatur wird. Derselbe Innenminister NRW´s propagiert im Übrigen die Notwendigkeit einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung! Dieser Innenminister ist als Bestandteil einer mutmaßlich auf dem Boden freiheitlicher, demokratischer Grundordnung agierenden Landesregierung nicht weiter tragbar.

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