Von wegen Landesverrat durch Netzpolitik.org! Der Angriff auf die Demokratie und die Grundwerte kommt aus Regierungskreisen! – Teil 1/2 –

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Abgeordnete, Bürgerrechte, Dietmar Schulz, Persönliche Blogposts, Presse, Pressemitteilungen, Rechtsausschuss (A14).

Der Skandal um die Strafanzeige und das Ermittlungsverfahren gegen Netzpolitik.org, respektive Markus Beckedahl und Andre Meister weitet sich aus und nimmt mittlerweile Konturen eines Staatsstreichs an.

Es ist inzwischen nicht nur der Generalbundesanwalt, der in den Ruhestand gehört, sondern Bundesjustizminister Maas muss seinen Hut gleich mitnehmen! Den Bundesinnenminister darf er ins Schlepptau nehmen!

Apparatschik Maas versucht ganz offensichtlich – wenn der Tagesspiegelbericht stimmt – seinen oder wessen Kopf auch immer zu retten. Die SPD rettet er damit nicht, glaubt man aktuellen Umfragen, wonach die CDU/CSU die absolute Mehrheit bekäme, wäre morgen Wahl.

Er, Maas, hat sein Ministerium und vor allem seine Dienstuntergebenen nicht im Griff oder spielt mit ihnen im Sinne von Instrumentalisierung; Genaueres weiß man nicht.

Das gleiche gilt für de Maizière, sollte es zutreffen, dass die Staatssekretärin ihn nicht informierte, was ich persönlich für ausgeschlossen halte.

Es ist offenbar so, dass die Öffentlichkeit an der Nase herum geführt werden soll, während im politischen Berlin hinter den Kulissen der GroKo die übelsten Strippen gezogen werden, die man sich contra Demokratie und pro machtpolitischem Streben denken kann.

Man soll annehmen, dass ein weisungsgebundener, politischer Beamter (Generalbundesanwalt Range) sich aufgrund einer Strafanzeige eines anderen weisungsgebundenen politischen Beamten (Verfassungsschutzchef Maaßen) selbst zum Zerlegungssprengkörper macht und politisch Amok läuft?! Aber die Vorgesetzten eiern rum und hüllen sich in Schweigen, Tarnen, Täuschen und Verpissen.

Entweder der Generalbundesanwalt wurde von Maas angewiesen, das Ermittlungsverfahren durch Zustellungen an Beckedahl und Meister (netzpolitik.org) öffentlich zu machen oder er, der FDP-Mann wollte durch eigenmächtiges Tun den ersten Schritt zum Sturz von Heiko Maas gehen und sich dadurch entlasten oder schützen, dass er es öffentlich machte. Quasi ein Hilferuf vermittels netzpolitik.org durch den Generalbundesanwalt. Zugegeben, eine etwas andere Sichtweise auf die Person des Generalbundesanwalts; aber denkbar. Dennoch hilft ihm das nicht, denn seine Konsequenz als Getriebener hätte eine Weigerung und sein persönliches Ersuchen sein können, ihn in den Ruhestand zu versetzen. Den Angriff auf die Pressefreiheit rechtfertigt das nämlich nicht!

Warum ermittelt er nicht in Sachen NSA-/BND-Skandal? Ist klar…. er ist weisungsgebunden und die Bundesregierung will nicht, dass indirekt oder direkt gegen amerikanische Strukturen ermittelt wird. Die Gründe dafür können an dieser Stelle zunächst dahinstehen.

Das ganze hat aus meiner Sicht eine Tendenz zum Staatsstreich, wenn es nicht ein Stück aus dem Tollhaus ist.

Eine Drehbuchannahme:
Geheime (VS) Dokumente werden aus dem politischen Raum an Journalisten und Öffentlichkeit durchgestochen (egal ob durch politische Intriganten oder durch Whistleblower) — Geheimdienstchef weiß nicht, wer aus dem politischen Raum agiert, hat Nase voll und stellt Strafanzeige — Generalbundesanwalt nimmt Anfangsermittlungen auf (muss er), aber erkennt die Brisanz des Tuns, will sich absichern (Gutachten über Staatsgeheimnis-Status der Dokumente) und ermittelt zunächst nicht weiter — Generalbundesanwalt kriegt Druck von Anzeigenerstatter (Verfassungsschutzchef), der auf Weisung des Innenministers (CDU) agiert und Vorgesetztem Justizminister (SPD), der glaubt, man könne so dem CDU-Lager (Innenressort und Verfassungsschutz … beide Köpfe CDU-Männer) schaden. Das gelingt nicht. Pressemitteilungen des Generalbundesanwalts werden von seiner Homepage gelöscht, unmittelbar nachdem der Tagesspiegel.de sie verlinkt. Die Pressemitteilung (ich habe sie gelesen!), die Range entlasten könnte und damit Maas BElastet, aus dem Monat Mai, ist weg! — Range wird der Öffentlichkeit als Täter präsentiert, als Unhold wider die Verfassung — in Wahrheit sind die Täter diejenigen, die die Verfassung schützen müssen. Minister der Bundesrepublik Deutschland und dabei die einen, welche Macht erweitern wollen und die anderen, die dem keinen Einhalt mehr bieten können.

Diese Bundesregierung ist dermaßen verlottert und kraft GroKo oder mangels schlagkräftiger Opposition beinahe autokratisch machtbesessen, was nur dadurch „geschützt“ werden kann, dass durch Massenüberwachung ihrer Bürger ein Korrektiv für Auflehnung gesucht werden muss. Alle daran operativ Beteiligten – insbesondere Innen- und Justizminister – müssen funktionieren. Politische Gegner sind auch innerhalb der Koalition zu identifizieren und gefügig zu machen. Das wiederum gelingt nur gegenüber Juniorpartnern wie einer SPD, die um ihr eigenes Profil ringt und es nicht mehr schafft, sich zu lösen (siehe die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung). Da nützt gerade auch ein nur noch willfährig agierender SPD-Minister, der im Hamsterrad läuft und um des puren Machterhalts willen notfalls auch die Verfassung bricht.

Neuwahlen? Das kann die SPD nicht wollen und weil das so ist, ist die GroKo derzeit einzig gefährlich für unsere Demokratie und unsere Grundwerte.

Neues Gesetz erlaubt, Flüchtlinge schuldlos einzusperren

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Aussicht_FlurFamilientraktBüren640Das am 2. Juli vom Deutschen Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ ist ein weiteres Puzzleteil der Bundesregierung zur Verschärfung des Asylrechts. Nachdem im letzten Jahr Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ benannt wurden, will man nun Menschen jederzeit inhaftieren können, um deren Rücküberstellung nach der Dublin-Verordnung oder die Abschiebung in die angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“ sicherzustellen. Zwar ermöglicht das Gesetzvorhaben (mithilfe einer Junktim-Regelung) vereinzelte Verbesserungen im Bereich von Kettenduldungen von bereits lange in Deutschland lebenden Flüchtlingen, aber im gleichen Gesetz wird eine unverhältnismäßige Härte gegen Neuankömmlinge eingeführt. Viele werden durch die teilweise unvermeidliche Unterstützung durch Helfer oder verlorene Pässe kriminalisiert und damit ihre Flucht unter Strafe gestellt. Legale Fluchtwege und Einwanderungsmöglichkeiten gibt es aber nach wie vor kaum. Damit liefern fast alle Flüchtlinge Inhaftierungsgründe laut Gesetz.

Das deutsche Asylrecht wird damit weiter ausgehöhlt. Das neue Bundesgesetz ist kein gutes Zeichen für Deutschland als Motor eines vereinten und offenen Europas. Wir sehen hier durchaus Widersprüche zum Geist der europäischen Grundrechtecharta. Auch die großen Zeitungen wie Spiegel und Süddeutsche appellierten an die MdB diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Es hat nichts genutzt, und es ist zu erwarten, dass über die Verschärfung des Asylrechts und die weitere Kriminalisierung von Flucht ausgerechnet die Rechtspopulisten jubeln werden.

NRW hat sich auf diese Asylrechtsverschärfung leider schon vorbereitet und den größten Abschiebeknast Europas in Büren wieder ans Laufen gebracht. Dafür haben die regierungstragenden Fraktionen vor drei Monaten mit allen Mitteln und allen rechtlichen und humanen Widerständen und Einwänden zum Trotz ein rechtswidriges Gesetz durchgepeitscht und dabei sogar ein Urteil des EuGH ignoriert. Es reicht nicht, Gitterstäbe anzumalen: Eine ehemalige Strafvollzugsanstalt kann nicht die Vorgaben des EuGH an die Ausgestaltung der Abschiebehaft erfüllen.

Seit Jahren steigen die Abschiebezahlen in NRW. Durch das nun verabschiedete Gesetz kann ein Großteil der Flüchtlinge mit Dublin-Verfahren in Büren inhaftiert werden. Zur Erinnerung: Als ‚Dublin-Verfahren‘ bezeichnet man die Verfahren, bei denen ein Geflüchteter bereits in einem anderen EU-Land registriert wurde, bevor er in Deutschland Asyl beantragt. Gemäß dem sog. ‚Dublin-Übereinkommen‘ kann Asyl nur in dem Land beantragt werden, in dem der Geflüchtete erstmalig registriert wurde. 2014 wurde in mehr als 8.000 Fällen in NRW ein solches Verfahren eingeleitet. Hinzu kommen die Menschen aus Serbien, Mazedonien und anderen angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“, die nun aber direkt aus Sonderlagern heraus abgeschoben werden sollen. Es ist damit kaum möglich, auf legalem Weg nach Deutschland zu gelangen. Die Landes- und Bundesaufnahmeprogramme für syrische Flüchtlinge sind ausgelaufen und einen Termin in den deutschen Botschaften, um Visa für den Familiennachzug zu beantragen, gibt es – aktuellen Presseberichten zufolge, die wir als realistisch einschätzen – offensichtlich nur gegen Cash. Dieser Korruptionsskandal ist eine Schande.

Wir appellieren an die Kommunen und Ausländerbehörden, mildere Mittel als Abschiebehaft oder -gewahrsam anzuordnen. Zumal die Inhaftierung in Büren unserer Meinung nach immer noch gegen EU-Recht verstößt.
Um einen Überblick über die Abschiebpraxis in NRW zu erhalten, habe ich aktuell eine Reihe von Anfragen zur Thematik an die Landesregierung gestartet:

Abschiebungen in NRW

Sammelabschiebungen in NRW

Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreisepflichtigen

SPD, Grüne und CDU wollen Demokratieabbau durch Sperrklausel

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Dietmar Schulz, Kommunales, Persönliche Blogposts.

Über das Demokratieverständnis politischer Parteien kann man manchmal eben nicht trefflich streiten. Wir Piraten sind bekanntlich gegen die Einführung von Sperrklauseln auf kommunaler Ebene; auch gegen jene Sperrklausel, welche Rot-Grün in NRW aktuell einfordert.

Grund: Es gibt eben jene gesellschaftlichen kleinen Gruppen, deren Stimmen in den Räten und auch in Parlamenten notwendig sind, weil sie in repräsentativen Demokratien oftmals den Ausschlag für ein lebens- und liebenswertes, gesellschaftliches Miteinander darstellen. Das nennen wir gemeinhin auch „Partizipation“.

Offenbar sind diese (wenigen) Stimmen zuweilen auch entscheidend, wenn man gerade mal nach Köln schaut und die dortigen Ratsmehrheitsverhältnisse betrachtet. Dort schicken sich SPD und Grüne gerade an, ihre nicht vorhandene Mehrheit im Rat vermittels einer Tolerierungs-Vereinbarung durch die Piraten-Ratsgruppe zu erlangen. Eine Gruppierung, die mit der geforderten Sperrklausel nicht vertreten wäre. Das Ergebnis in 2014 bei der Kommunalwahl war 2,1 % der Stimmen. Die Sperrklausel von Rot-Grün will 3 %, die der CDU will 2,5 %; so ganz einig ist man sich noch nicht.

Wieviel Bigotterie braucht´s noch, um die Demokratie an die Wand zu fahren? Parteien mit einem solchen Demokratieverständnis (SPD, Grüne, CDU) als Mehrheitsbeschaffer und Sperrklauselopfer (Piraten) zu unterstützen müsste nach meiner Auffassung – und nicht zuletzt mit Blick auf Köln – ab sofort sehr sehr „teuer“ werden.

Denn niemand hat jemals behauptet, dass Demokratie bequem ist.

Landesgeschäftsführer Trennheuser von Mehr Demokratie e.V. bringt es heute auf den Punkt: „Mit solch einem Trauerspiel leistet man der Parteienverdrossenheit Vorschub“.

Ich fordere: Schraubt nicht an der Verfassung rum, um eure Machtspielchen zu treiben! Glaubt nicht, dass die Menschen in unserem Land das nicht bemerken!

Wer wie die Sozial- und Christdemokraten undifferenziert und ohne jeden Beleg für die vermeintlichen Begründungsansätze in Hinblick auf die unmittelbaren Lebensräume der Menschen (Kommunen/Gemeinden) Sperrklauseln fordert, kratzt unweigerlich am nachhaltigen Bestand der Demokratie. Das Defizit liegt auf der Hand; die Stimmen von hunderttausenden, gar Millionen Menschen in NRW, wären angesichts beabsichtigter Sperrklauseln künftig nicht mehr berücksichtigungsfähig. Die Parteien- und Gruppierungsvielfalt würde ein massives Defizit erfahren. Soll dieser Sperrklausel-Move hinter vorgehaltener Hand „gegen Rechts“ gehen, so sei all den lupenreinen Demokraten zugerufen: Rechte Strömungen, Gruppierungen und Parteien bekämpft man mit bunter (Parteien-)Vielfalt, guten Argumenten bei den Menschen und dadurch, dass man in Worten und Taten lebt:“Kein Fußbreit!“

Vorratsdatenspeicherung: Kneift Ministerpräsidentin Kraft?

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Bürgerrechte, Das Neueste, Filme, Homepage, Pressemitteilungen.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Kraft,

am vergangenen Donnerstag gab es im Landtag in NRW eine denkwürdige Aktuelle Stunde. Es ging vor allem um das parteipolitische Hickhack innerhalb der SPD zur Frage der Vorratsdatenspeicherung. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Sie sich als Regierungschefin des Landes NRW zur so wichtigen Frage, ob in Deutschland massenhaft und anlasslos Kommunikationsdaten der Bürger gespeichert werden dürfen, noch nicht öffentlich geäußert. Und sie taten es auch letzte Woche nicht, obschon von der Opposition dazu aufgefordert. Weiterlesen »

Unabhängige Polizeibeschwerdestelle ist notwendig

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Birgit Rydlewski, Bürgerrechte, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Kleine Anfragen, Persönliche Blogposts.

Trotz Dutzender Beschwerden wegen polizeilichen Fehlverhaltens lehnt die Landesregierung weiterhin unabhängige und zivile Beschwerde- und Ermittlungsstellen ab

Die Antwort der Landesregierung auf unsere Anfrage zur „Rassismusprävention bei Polizei und Justiz“ zeigt, dass wir hier in NRW noch dicke Bretter bohren müssen, bis die von vielen Institutionen, z. B. der UNO, der Humanistischen Union, Amnesty International, den Kritischen Polizisten und dem Deutschen Institut für Menschenrechte geforderten unabhängigen, externen und zivilen Beschwerde- und Ermittlungsstellen in NRW eingerichtet werden.

Deshalb haben wir Piraten einen Antrag zur Errichtung einer solchen Stelle eingebracht. Wir bauen darauf, dass die Landtagsmitglieder nach den vielen erschreckenden Fällen polizeilichen Fehlverhaltens in NRW und anderswo mit uns gemeinsam konstruktiv an der Entwicklung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle für Nordrhein-Westfalen arbeiten werden.

Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss: „NRW hinkt anderen Bundesländern und mittlerweile auch dem Bund hinterher, wenn es um die Fehlerkultur und -korrektur der Polizeiarbeit und der Justiz geht. Nach den vielen unaufgeklärten Vorfällen von Polizeigewalt, z. B. in Essen, Herford, Köln, Gelsenkirchen und Dortmund sowie den Mobbing- und Misshandlungsvorfällen in Aachen und Köln kann es kein Weiter-so mehr geben. Seit Jahren stellen verschiedene Organisationen ein schlechtes Zeugnis auch für die Rassismusprävention und -ahndung in den deutschen Polizeibehörden aus. Die nun bekannt gewordenen Vorfälle sind vielleicht nur die Spitze des Eisbergs, denn von 3.960 Beschwerden gegen NRW-Polizisten im Jahr 2013 führten lediglich zwei zu Disziplinar- und/oder Strafverfahren. Auch für das Jahr 2014 erwarten wir keine großen Änderungen, denn laut Experten liegt die geringe Zahl an Disziplinar- und/oder Strafverfahren oft auch daran, dass Polizisten gegen ihre eigenen Kollegen ermitteln müssen und man als Nestbeschmutzer gilt, wenn man gegen Kollegen aussagt. Deshalb sollen sich auch Polizisten direkt an die unabhängige Beschwerdestelle wenden können. Wir wollen durch diese Möglichkeit letztlich auch die Beamtinnen und Beamten selbst stärken und durch eine transparente Aufarbeitung verlorenes Vertrauen der Menschen in die Polizei zurückgewinnen.“

Der zweite Komplex unserer Fragestellung drehte sich um die Umsetzung der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags.

Birgit Rydlewski, Mitglied im NSU-Untersuchungssausschuss in NRW, kommentiert: „Die Landesregierung ist sichtlich bemüht, aus dem verheerenden Versagen der NRW-Behörden im Zusammenhang mit dem mordenden und raubenden NSU zu lernen. Allerdings hapert es immer noch an der praktischen Umsetzung der Empfehlungen, vor allem im Bereich des Opferschutzes, der Prävention, der stärkeren Berücksichtigung der Opferperspektive, im Bezug auf Racial Profiling sowie der Definition und Anwendung des Rassismusbegriffs. Das veranschaulichen die vielen Fälle von Beschwerden gegen diskrimierenden Verhaltens seitens der Polizei, die in der Antwort der Landesregierung dokumentiert werden. Auf den Regionalkonferenzen zur Entwicklung eines integrierten Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde deutlich, dass viel Vertrauen in die NRW-Behörden verloren gegangen ist. Die Landesregierung und der Beamtenapparat müssen zeigen, dass sie bereit sind, bei der Aufklärung des NSU-Komplexes in NRW hundert Prozent zu geben und eigenes Handeln in den letzten Jahren zu hinterfragen. Fehlerkultur und -korrektur fängt eben ganz oben an.“

Weltflüchtlingstag: Say it loud, say it clear, that refugees are welcome here

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Bürgerrechte, Frank Herrmann, Homepage, Innenausschuss (A09), Mitmachen, Persönliche Blogposts.

refugees_welcome_0Zurzeit jagt ein Flüchtlingsgipfel den nächsten, und es werden zum Teil längst überfällige richtige Maßnahmen angekündigt, aber eben auch ein Zwei-Klassen-Asylsystem zementiert. Auf der einen Seite werden die Kommunen und das Land in den nächsten Jahren großzügiger vom Bund entlastet, aber gleichzeitig sollen diese dann auch für konsequente Abschiebung von Flüchtlingen aus den sogenannten ’sicheren Herkunftsstaaten‘ sorgen. Diese soll durch beschleunigte Verfahren und durch Sonderlager gewährleistet werden.

In NRW gibt es solche Sonderlager schon seit Anfang des Jahres. Trotz massiver Kritik der Gemeinden, Ehrenamtler und Initiativen an den Standorten wie in Münster hält die Landesregierung an diesen Abschiebezentren fest. Diese Maßnahmen pervertieren das Individualrecht auf Asyl, und wir Piraten kritisieren diese inhumane Ausgrenzung.

Den nun beschlossenen Geldsegen für das Land und die Kommunen kann man angesichts der desolaten Kassenlage vieler NRW-Kommunen nur begrüßen. Es fällt jedoch auf, dass in den Beschlüssen die Belange der Flüchtlinge nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das Wort „Standards“ (für die Unterbringung und Versorgung der Schutzsuchenden) fällt kein einziges Mal.

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Intensivtäterkonzept, unsinnige Zahlenspiele, unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstellen und das 9. Fanhearing

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

DSC_0012In den letzten Wochen war im Bereich der Sicherheitspolitik rund um Fußballspiele wieder eine Menge los. Nach dem zuversichtlichen Abschluss des letzten Jahres mit dem Pilotversuch „Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen“ und der Einsicht von Innenminister Jäger, dass die Aussagekraft von Erkenntnissen der „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS) nach den Kölner HoGeSa-Ausschreitungen unzureichend sei, scheint es nun ein Rollback der alten Konzepte zu geben.

Intensivtäterkonzept und unsinnige Zahlenspiele

Ganz nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ hat unser Innenminister parallel zu dem sehr erfolgversprechenden und unterstützenswerten Pilotprojekt – bei Nicht-Risikospielen die Präsenz der Polizei zu reduzieren und diese deeskalierend aus dem Sichtfeld der Fans zu entfernen – ein Konzept für Vorverurteilungen in die Wege geleitet. Zukünftig sollen Ermittlungsverfahren gegen nicht näher definierte sogenannte „Intensivtäter“ bei der Staatsanwaltschaft des Angeklagten-Wohnsitzes zentralisiert werden. Dies bedeutet nicht nur eine Abkehr vom Tatortprinzip, sondern verstößt aufgrund der Täterorientierung des Konzepts zugleich gegen die Unschuldsvermutung.

Nicht nur von Fanvertreten hagelt es Kritik: Auch der Bund der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen e.V. zeigt sich wenig erfreut über die zu erwartende Mehrbelastung der Justiz. In der Pressemitteilung heißt es, die Verfahren würden sich verlängern und das Konzept werde besonders NRW stark belasten – u. a. weil hier die meisten Fußballvereine ansässig sind. Für uns Piraten war auch sehr schnell klar, dass der angekündigt intensive Austausch von Informationen, Mutmaßungen und Verdächtigungen zwischen Richtern, Staatsanwälten und Kriminalbeamten faire Verfahren unmöglich machen wird. Am kommenden Donnerstag werden wir über das Konzept im Innenausschuss sprechen und meine Fraktion wird das Vorhaben in aller Schärfe kritisieren. Uns stört insbesondere die völlige Unbestimmtheit und Willkürlichkeit der Definition, wer oder was ein Intensivtäter ist. Aus dem Pool der umstrittenen Datei Gewalttäter Sport (DGS) sollen solche „Intensivtäter“ heraussortiert werden. Dabei ist der Begriff „Gewalttäter“ durch Politik und Sicherheitsbehörden doch schon bei den mehr als 13.000 Eintragungen in die DGS auf Biegen und Brechen ausgedehnt worden, was 2013 einen Rüffel des Verwaltungsgerichts Münster zur Folge hatte.

Die Basis für eine Einstufung als sogenannter Intensivtäter oder auch Gewalttäter darf nur die Anzahl tatsächlicher Verurteilungen wegen schwerer Gewaltdelikte sein, nicht irgendwelche Mutmaßungen und Vorverurteilungen der Ermittlungsbehörden wegen Landfriedensbruchs. Auf keinen Fall dürfen die ZIS-Zahlen ins Feld geführt werden, denn hier geben Polizeibeamte und SKB bekanntermaßen nur sehr grobe und ungefilterte Einschätzungen über das Gewaltpotential ab. Professor Feltes hat zuletzt empfohlen, die Zahlen der ZIS komplett zu ignorieren und noch im letzten Jahr musste unser Innenminister kleinlaut zugeben, dass die Zahlen nicht dazu taugten, das Potential von rechten Gewalttätern rund um den Fußballsport auch nur annähernd einzuschätzen. Die Reform der ZIS haben wir hier im Landtag mehrfach thematisiert, u. a. in einer Anhörung. Trotz der berechtigten Kritik der Experten wurde eine Reform durch Rot-Grün aber abgelehnt.
Fazit: Statt den Pilotversuch zur Reduzierung von Polizeikräften bei Fußballspielen weiter auszubauen, statt z.B. die polizeiliche Nachbereitung transparenter zu gestalten und zu diesem Zweck Berichte aus der Fanszene einzuholen, werden Fanrechte wieder beschnitten und eine Lex Fußball geschaffen.

Beschwerde- und unabhängige Ermittlungsstellen

Ein sehr wichtiges Anliegen der Piratenfraktion im Landtag ist die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle für Bürger und Polizei in NRW. Immer wieder zeigt sich, dass die Polizei ein strukturelles Problem hat, wo es darum geht, eigenes Fehlverhalten z. B. bei Fußballspielen aufzuklären. Deshalb haben im Jahre 2013 nicht weniger als 3.960 Beschwerden gegen Polizeibeamte in NRW lediglich zu zwei Disziplinar- und/oder Strafverfahren geführt. Fälle von strittigem Polizeiverhalten, das einer unabhängigen Überprüfung bedurft hätte, gibt es in NRW genug, dennoch ist grundsätzlich diejenige Polizeibehörde für die Bearbeitung zuständig, deren Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter betroffen ist. So hat die Polizeibehörde in Gelsenkirchen die Anzeigen und Beschwerden von Fans nach dem Blocksturm beim Fußballspiel FC Schalke 04 gegen PAOK Saloniki am 21.08.2013 selbst bearbeitet. Trotz der Ankündigung, dieses fatale Ereignis komplett aufklären zu wollen, gibt es immer noch keinen Bericht des Innenministeriums über die vielen Fehlentscheidungen bei diesem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz, der zu mehr als 80 Verletzten geführt hat. Und noch ein weiterer Polizeieinsatz in Gelsenkirchen müsste dringend unabhängig aufgearbeitet werden: Nach einem Faustschlag eines Beamten Anfang des Jahres starb ein mutmaßlicher Gewalttäter und Brandstifter im Krankenhaus. Gegen vier am Einsatz beteiligte Polizisten wird ermittelt. Der Fall wirft viele Fragen auf, so wurde die interne Ermittlung im Polizeipräsidium Gelsenkirchen etwa u.a. von einem Mitarbeiter durchgeführt, der zu einem der vier Beamten in einem verwandtschaftlichen Verhältnis steht. Des Weiteren gibt es Zeugenberichte, die den Ablauf des Geschehens in einer Weise beschreiben, die von der offiziellen Version abweicht. Das böse Wort „Vertuschung“ macht die Runde und die BAG der kritischen Polizisten hat die Einrichtung „einer Mordkommission aus einem anderen Bundesland“ gefordert.

In anderen Staaten gibt es unabhängige Stellen zur Untersuchung von Beschwerden gegen Polizisten schon sehr lange. Betroffene haben dort ein Recht darauf, dass ihr Fall unabhängig, unverzüglich und öffentlich überprüfbar untersucht wird. Auch wird die Sicht des Betroffenen stark in die Ermittlung einbezogen. Es ist auch von enormer Wichtigkeit, dass Stellen eingerichtet werden, an die sich Polizeibeamte selbst und anonym wenden können. Wie schwer es ist, gegen Kollegen auszusagen, zeigt der Fall der menschenverachtenden Anfeindungen gegen eine Polizeianwärterin in Aachen. Dieser Fall wäre gewiss nicht über Monate hinweg unentdeckt geblieben, wenn die junge Frau sich anonym an eine Hinweisgeberstelle für Polizisten hätte wenden können. Wir wollen daher, dass sich ebenso Polizeibeamte ohne Einhaltung des Dienstwegs an die in NRW einzurichtende Beschwerdestelle wenden können.

Bundesländer wie Rheinland-Pfalz und Niedersachsen sind im letzten Jahr den richtigen Schritt gegangen und haben unabhängige Beschwerdestellen für Bürger und Polizei geschaffen. Rheinland-Pfalz hat seit einigen Monaten einen Polizeibeauftragten. Beide Ansätze bedürfen zwar noch Nachbesserungen, immerhin hat man aber in unseren Nachbarbundesländern eingesehen, dass die deutsche Blockadehaltung aufhören muss. NRW ist von dieser Einsicht noch weit entfernt: Auf meine Anfrage, ob die Einrichtung solcher Stellen geplant sei, wurde mir nur mit einem lapidaren Nein geantwortet. Trotz eines Beschwerdeberichts, wie er zum ersten Mal 2014 erstellt wurde, kann die Landesregierung zum Inhalt von fast 4.000 Beschwerden keinerlei Aussagen treffen. Sie weiß weder, ob es vermehrt zu Beschwerden im Bereich von Fußballspielen kommt oder ob Beschwerden erfolgen, weil sich Betroffene durch Polizisten diskriminiert fühlen. Das heißt allerdings im Umkehrschluss auch, dass keine spezifischen Maßnahmen ergriffen werden können, um Fehlverhalten qualitativ auszuwerten und so zukünftig zu verhindern. Eine reine quantitative Auswertung des Beschwerdeaufkommens trägt nicht zu einer verbesserten Fehlerkorrektur- und kultur der Polizei bei und dürfte sich strenggenommen auch nicht Beschwerdemanagement nennen.

Rückblick auf das 9. Fanhearing

Das Thema Beschwerdestellen wurde auch beim letzten Fanhearing am 19. Januar 2015 ausführlich besprochen. Die Fanseite bezeichnete die Antwort der Landesregierung auf meine kleine Anfrage dort als eine Frechheit. Empört zeigten sich die Fans darüber, dass die die Untersuchung von Beschwerden gegen den Polizeieinsatz auf Schalke einfach eingestellt worden seien, und sie bezweifelten, ob dies bei einer unabhängigen Stelle genauso passiert wäre. Das Einstellen von Ermittlungen gegen Polizeibeamte ohne jede Begründung führt zu einem großen Vertrauensverlust in der Szene. Es zeigt sich, wie überfällig vertrauensbildende Maßnahmen durch eine unabhängige Stelle wären und wie wichtig es ist, dass die Politik als Vermittlerin zwischen Polizei und Fans agiert und die Voraussetzungen für das Vertrauen schafft.

Leider scheint es wieder vermehrt zu schweren polizeilichen Eingriffen zu kommen: Die Fans berichteten, dass zurzeit wieder Meldeauflagen und Bereichsbetretungsverbote nach dem Gießkannenprinzip verhängt würden. Bundesweit machte hierzu das Beispiel Freiburg Schlagzeilen. Auch die Anhörung im Landtag NRW zu Meldeauflagen zeigte, wie verhärtet die Fronten sind: Während die Fanprojekte und die Wissenschaft die Wirkung dieser stark in die Grundrechte eingreifenden Maßnahmen bezweifelten und Evaluationen forderten, konnten die Polizeigewerkschaften nicht einmal genau angeben, wie viele Meldeauflagen in NRW verhängt worden waren, zeigten sich aber dennoch von der positiven Wirkung des Mittels felsenfest überzeugt. Ein Experte der Piratenfraktion und Fanprojektmitarbeiter berichtete beim Fanhearing von seinen Erfahrungen in der Anhörung. Mehrmals sei ihm das Wort entzogen worden, weil er auch über die Wirkung von polizeilicher Gewalt auf die Fans gesprochen habe. Auch deshalb wurde beim Fanhearing die Bedeutung der Unabhängigkeit von Fanprojekten erneut unterstrichen. Diese soll zukünftig noch dadurch gestärkt werden, dass für die Berufsgruppe ein Zeugnisverweigerungsrecht gefordert werden soll, wie es Anwälte, Geistliche und Journalisten haben. Darüber wird auf verschiedenen Ebenen verhandelt.

Ein positives Fazit wurde über das Pilotprojekt gezogen: Weniger Polizeipräsenz rund um die Stadien wirke deeskalierend und diese Strategie solle ausgeweitet werden. Die Fans gaben aber zu bedenken, dass die Zahlen der ZIS nicht zur Einstufung von Spielen als Risikospiele taugten, und haben als Beispiel die Ausschreitungen rund um das Spiel Hertha BSC gegen Schalke 04 am 18.10. genannt. Die beiden Fangruppierungen seien seit Jahren völlig verfeindet, daher hätte das Spiel als Risikospiel eingeschätzt werden müssen. Ein solches Übersehen wäre nicht passiert, hätte man die Expertise der Fans in die Bewertung der Lage einbezogen.

Auch wurde vorgeschlagen, den Fanreiseverkehr weiter auszubauen. Sonderzüge für Fans würden gut angenommen, aber lange Strecken ohne Halt erzeugten schlechte Stimmung. Die Toiletten in den Zügen funktionierten oft nicht und man könne sich unterwegs nicht mit Essen und Getränken versorgen. Am besten seien von den Vereinen selbst organisierte Züge mit eigenen Ordnern; Bielefeld führe dies schon seit 20 Jahren mustergültig vor. Leider gebe es aber immer weniger Sonderzüge, das Angebot an Waggons werde immer kleiner. Das Thema Fanreiseverkehr habe ich in die Bahnsprechstunde im Landtag mitgenommen und werde die Anregungen dort anbringen.

Kurz angeschnitten wurde auch das Thema HoGeSa. Meine Anfrage nach Präventionsprogrammen gegen Rechtsextremismus brachte zum Vorschein, dass es keine spezifischen Angebote für Erwachsene gibt. Hier sahen auch die Teilnehmer des Fanhearings Nachholbedarf. Des Weiteren wurde diskutiert, wie sich die Pegida-Bewegung und ihre Ableger auf die Fußballfankultur auswirken werden. Viele Vereine wie Aachen, Braunschweig und Duisburg sind schon zu Zeiten vor Pegida und Co. gegenüber den rechten Fangruppierungen eingeknickt, es bleibt abzuwarten, wie sich die Fußballvereine angesicht des gesamtgesellschaftlichen Rechtsrucks verhalten werden. Das Thema muss jedenfalls weiter vertieft werden und allen muss klar sein, dass die Mär vom unpolitischen Sport genau das ist: ein Märchen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit darf keinen Platz im Fußball haben. Das haben wir auch im Landtag immer wieder angemahnt und werden das Problem im Ausschuss weiter diskutieren.

Intensiv diskutiert wurde das private Strafen-System des DFB, dessen Satzung privatrechtliche Sanktionen gegen Mitgliedsvereine erlaubt. Mit hohen Geldstrafen soll der gastgebende Club für das Fehlverhalten von Fans haften. Dabei geht es um empfindlich hohe Strafen, die die Vereine an die mutmaßlichen Störer weiterreichen. Dieses Verfahren ist umstritten, denn das DFB-Sportgericht ist eine zivilrechtliche Verbandsverwaltung, die die Entscheidung ordentlicher Gerichte nicht ersetzt. Das Vorgehen des DFB-Sportgerichts wird neuerdings durch das sogenannte „9-Punkte-Papier (Verfolgung und Ahndung von Zuschauerfehlverhalten)“ unterstützt. Viele Fanhilfen kritisieren dieses Papier: Es fehle u.a. an konkreten Definitionen, was z. B. eine grob unsportliche Verunglimpfung sein soll. Fan-Kritik am Verband kann damit schon als Verunglimpfung geahndet werden. Vor allem wird die Pyrodiskussion befeuert, denn bei sachgerechter Anwendung von Feuerwerkskörpern kommt es nicht zu Schäden, dennoch ziehen Pyroaktionen im Stadion saftige Bußgelder nach sich. Der DFB will mit hohen Strafen dafür sorgen, dass Pyrotechnik aus dem Stadion verbannt wird, obwohl dieses Mittel für die meisten aktiven Fangruppierungen zu ihrer Kultur gehört. Der unsachgemäße Umgang mit Pyrotechnik birgt ohne Zweifel Verletzungsgefahren, das Abbrennen von geprüfter Pyrotechnik in definierten Bereichen des Stadions wäre aber ein denkbarer Kompromiss.

Beim nächsten Fanhearing im Mai/Juni werden wir diese Thematik weiterverfolgen und uns u.a Themen wie der Funkzellenabfrage und der Fehlspeicherungen in Dateien widmen.

Flughafen Köln/Bonn – Sukzessive bauliche Erweiterungen

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Bauen, Wohnen und Verkehr (A02), Bürgerbeteiligung/Transparenz, Bürgerrechte, Oliver Bayer, Persönliche Blogposts.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat 2013 der Klage entsprochen, dass die sukzessiven baulichen Erweiterungen des Flughafens einer Salamitaktik entsprächen und deshalb zu kritisieren seien. Jetzt wird die Klage beim Bundesverwaltungsgericht erneut behandelt.

Für die Sitzung des Ausschusses für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr am 20. November 2014 haben wir den Tagesordnungspunkt „Flughafen Köln/Bonn – Sukzessive bauliche Erweiterungen“ beantragt. Wir erwarten dabei keine umfassende Behandlung aller Themen rund um den Flughafen Köln/Bonn, wohl aber eine aktuelle Stellungnahme der Landesregierung und Hinweise darauf, an welchen Stellen wir weiterfragen und weiterarbeiten müssen.

 

Wir bitten dazu um einen schriftlichen Bericht der Landesregierung mit der Beantwortung der folgenden Fragen:

  • Stimmt die Landesregierung der seit Jahren praktizierten baulichen Erweiterung des Flughafens Köln/Bonn zu? Ist die Landesregierung der Auffassung, dass diese Erweiterungen keiner besonderen Genehmigung bedürfen und eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist?
  • Wie reagiert die Landesregierung auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts kurz- und langfristig? Wird derzeit ein Szenario erarbeitet, um den Betrieb des Flughafens und insbesondere der möglicherweise vom Urteil betroffenen Gebäude zu gewährleisten?
  • Wie verhält sich die Landesregierung zu den zunehmenden Klagen und Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern bezüglich des andauernden und tendenziell trotz besseren Fluggeräts zunehmenden Fluglärms gerade in den Nachtstunden?
  • Wie positioniert sich die Landesregierung zu den Befunden hinsichtlich der Gesundheitsbelastungen durch Lärmexposition gerade in den Nachtstunden infolge des Flugbetriebs?
  • Wie beurteilt die Landesregierung die nächtlichen Passagierflüge?
  • Kann die Landesregierung die volkswirtschaftlichen Kosten gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch Lärmexposition gerade in den Nachtstunden infolge des Flugbetriebs beziffern? Wenn nicht: Wann gedenkt die Landesregierung diese Wissenslücke zu schließen?

Bericht mit Nullaussage: ZIS Jahresbericht 2013/14

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Bürgerrechte, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Der aktuelle Bericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) zur Fußball-Saison 2013/14 ist heute erstmals auch separat für NRW erschienen. Es wurden bei 552 erfassten Spielen der ersten vier Ligen ca. sieben Millionen Besucher und 386 verletzte Personen gezählt.

Zum ersten Mal wurde außerdem bei den Verletzungen zwischen den Ursachen „Pyrotechnik“ oder „Pfefferspray“ unterschieden. Insgesamt sollen in der Saison 2013/14 in NRW 37 Menschen durch Pfefferspray verletzt worden sein.

Dazu der Sprecher der Piratenfraktion im Innenausschuss des Landtags NRW, Frank Herrmann: „Aus den ZIS-Berichten ist die Luft raus! Auch wenn jeder einzelne Verletzte bei einer Großveranstaltung einer zu viel ist, so taugt auch die wildeste Interpretation der ZIS-Zahlen nicht für eine Panikmache. Bei der Aufschlüsselung der Verletzungen durch Pyrotechnik oder Pfefferspray gibt es jedoch einen Skandal, denn die über 80 Fans, Ordner und Sanitäter, die beim Spiel Schalke 04 PAOK Saloniki im Herbst letzten Jahres verletzt wurden, tauchen einfach nicht auf. Hier wurde nur die Bundesliga gezählt! Nach wie vor gibt es keine wissenschaftliche Begleitung für diese polizeiliche Zahlensammlung, weshalb auch die ZIS selbst nur von einem Bericht und nicht von einer Statistik spricht. Trotz 386 Verletzten bei über sieben Millionen Besuchern gehören Fußballspiele in NRW zu den sichersten Großveranstaltungen überhaupt!

Das neue Konzept von Innenminister Jäger, weniger Polizei bei Fußballspielen einzusetzen, schlägt sich im aktuellen Bericht ja noch nicht nieder. Wir haben das Konzept jedoch von Anfang an begrüßt. Bisher bestätigt die aktuell laufende Saison, dass weniger Repression auch zu weniger Konflikten mit den Fans führt. Der Weg der Deeskalation sollte unbedingt fortgesetzt werden.“

 

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NRW muss sich der Verantwortung für Flüchtlinge stellen

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Anlässlich des heutigen „Tags des Flüchtlings“ und der Studie von Pro Asyl zur „Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland“ erklärt Frank Herrmann, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Weltweit befinden sich mehr als 51 Millionen Menschen auf der Flucht. Neun von zehn Flüchtlingen fliehen in die angrenzenden Staaten, die damit die allermeisten Flüchtlinge versorgen. Nach Mitteleuropa kommt nur ein kleiner Bruchteil. In Deutschland schaffen es laut Prognosen in diesem Jahr 200.000 Flüchtlinge, Asyl zu beantragen. Man sollte meinen, dass es in einem reichen Land wie Deutschland kein Problem darstellt, etwas mehr als 1.000 Flüchtlinge pro 1 Million Einwohner zu versorgen. Doch leider wird Deutschland in dieser weltweit bestürzenden Lage seiner moralischen Verpflichtung nicht gerecht, sondern hat den Zugang zu Schutz in Deutschland mit der aktuellen Verschärfung des Asylrechts noch weiter erschwert. Das neue Gesetz zur Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten wird Abschiebungen in diese Länder noch weiter erleichtern. Die Zustimmung der grün-roten Landesregierung aus Baden-Württemberg zu diesem Gesetz bedeutet die Etablierung eines Zwei-Klassen-Asylsystems und fördert Antiziganismus, indem dadurch die These eines angeblichen Asylmissbrauchs legitimiert wird. Begründet wurde die Zustimmung u. a. auch damit, dass die Kommunen und die Länder mit den „rasant steigenden Flüchtlingszahlen überfordert“ seien. Auch die kommunalen Spitzenverbände forderten aus diesem Grund die Zustimmung zum Gesetz. Aber nicht die aufgrund der Kriege in der Welt steigenden Flüchtlingszahlen, sondern die mangelnden Vorkehrungen für die Unterbringung sind das Problem.

In NRW läuft das Flüchtlingsaufnahmesystem z. B. bereits seit Jahren im Notbetrieb, deshalb reichten in den letzten Wochen wenige Krankheitsfälle dafür aus, dass Kommunen und das Land auf Zeltstädte und Notunterkünfte zurückgreifen mussten. Dabei machten Flüchtlingsinitiativen und die Bezirksregierung Arnsberg – die für die Verteilung von Flüchtlingen in NRW zuständig ist – Kommunen und Land seit Anfang des Jahrzehnts darauf aufmerksam, dass die Zugangszahlen Asylsuchender zukünftig wieder steigen werden. Bereits 2012 musste die Erstaufnahmeeinrichtung in Dortmund zeitweise geschlossen werden, so dass Flüchtlinge in Turnhallen in Köln notversorgt werden mussten. Das war ein Warnschuss, der aber leider nicht besonders ernst genommen wurde. Klar ist seither, dass es eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme in NRW geben muss. Diese fordern wir im Landtag NRW, aber passiert ist leider viel zu wenig. Fieberhaft werden nun zwar Massenaufnahmeeinrichtungen bereitgestellt, aber die Qualität spielt dabei anscheinend gar keine Rolle mehr. Auf diese Weise wird der Eindruck vermittelt, dass die Flüchtlingszahlen so rasant gestiegen wären, dass die Verantwortlichen der Situation nicht mehr Herr werden könnten. Containerdörfer, Hotelunterbringung, Notunterkünfte in Schulen und stillgelegten Schrottimmobilien bilden nun keine Ausnahme mehr. In den nächsten Monaten können wir Zeltstädte in NRW nicht ausschließen. Die Wirkung ist fatal, weil dadurch Ressentiments in der Bevölkerung weiter geschürt werden und wir unbedingt verhindern müssen, dass sich Rostock, Mölln und Solingen wiederholen! Man muss leider sagen, dass sich NRW und die Kommunen auch einen schlanken Fuß auf Kosten der Schutzbedürftigen gemacht haben, indem sie Unterkünfte geschlossen und auf Abschreckung durch schlechte Versorgung gesetzt haben. Zurzeit sollten sich die Verantwortlichen in der Landesregierung und in vielen Kommunen wirklich schämen.“