Innenminister Jäger schlägt populistische und unsinnige Maßnahmen gegen Fußballfans vor und erntet damit auch noch Applaus im Innenausschuss

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

In der heutigen Sitzung des Innenausschuss wurde über die Ereignisse rund um das Spiel Arminia Bielefeld – Dynamo Dresden am 6.12.2013 diskutiert. Leider wurde nicht sachbezogen über die stark unterschiedlichen Berichte des Fanprojekts Dresden einerseits und des Innenministeriums andererseits gesprochen (im Bericht des MIK findet sich z. B. kein Wort über die verletzten Fans). Es wurde auch mit keiner Silbe die zum Teil falsche Berichterstattung an den Tagen nach dem Spiel kritisiert. Über die vielen Ungereimtheiten, Kommunikationsprobleme und Versäumnisse, die im Bericht des Fanprojektes angesprochen wurden, wollte man nicht reden. Der Innenminister kündigte – wie bereits am Montag während der Pressekonferenz zur Übernahme des IMK-Vorsitzes – härtere Strafen, eine noch stärkere Vernetzung der Behörden – und damit auch Datenweitergabe –,  die Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Justiz, die Prüfung des niederländischen Modells mit personalisierten Tickets sowie vorgegebenen Reisewegen und weitere Repressionsmittel an.

Des Weiteren forderte er die Vereine und Verbände abermals auf, Stadionverbote „endlich“ konsequent zu verhängen. Neu war hingegen das heutige Dialog-Angebot an die Ultras. Aber durch die gleichzeitige Androhung und Ankündigung von Repressionsmaßnahmen wird das wohl niemand ernst nehmen.

Im schriftlichen Bericht des Innenministeriums wurde zumindest mit ein paar Märchen wie der „Aufschlitzung“ eines Polizeipferdes und dem Überfall auf einen Supermarkt aufgeräumt. Dabei beschreibt unser Innenminister sehr gerne Horrorszenarien rund um Fußballspiele. In der Novembersitzung des Innenausschusses vertrat er ernsthaft die Ansicht, dass es im Fußball ohne das massive Polizeiaufgebot Mord und Totschlag geben würde.

Es scheint, als sei ihm die Übernahme des IMK-Vorsitzes nun direkt zu Kopf gestiegen: So kündigte er heute an, dass das Thema Gewalt rund um Fußballspiele während seiner Amtszeit hohe Priorität hat und die nächsten Konferenzen bestimmen wird. Man muss also befürchten, dass er als Vorsitzender den Dialog mit den Fans nun endgültig vor die Wand fahren wird. Unser Innenminister kann anscheinend nicht anders, als immer wieder Öl ins Feuer zu gießen und gebetsmühlenartig populistische, sinnfreie und nutzlose Maßnahmen zu fordern.

Stadionverbote sind z. B. ein problematisches und außerdem zivilrechtliches Mittel. Sie werden bereits viel zu häufig und auch konsequent durch den DFB und die Vereine vergeben. So konsequent, dass sie immer wieder zurückgenommen werden müssen, weil sie ohne eine Verurteilung und oft aufgrund von Mutmaßungen über Unschuldige verhängt werden. Seine Forderung nach  einem Ligaausschluss des Vereins Dynamo Dresden kurz nach dem besagten Spiel nannte der Fan-Experte Pilz „dümmlich“.

Zurzeit sind in der Datei Gewalttäter Sport 5.513 Personen durch NRW-Behörden (Ergebnis meiner kleinen Anfrage) registriert, die pro Person im Schnitt gut 1,5 „Delikte“ begangen haben. Sind das die Intensivtäter? Die Zahl dürfte noch sehr viel niedriger ausfallen, wenn man die Bewertung „nach rechtskräftiger Verurteilung“ zugrunde legen könnte. Die Berufung auf die selbst kreierten ZIS-Statistiken – die sich auch aus Zahlen der Datei zusammensetzen – ist dabei auch ein weiterer Ausdruck des „#krankenSystems“, mit dem wir uns hier herumschlagen

Ich bedauere, dass die Anstrengungen und Fortschritte der Fan-Szene und Fanprojekte nicht anerkannt werden. Z. B. leistet das Fanprojekt in Dresden sehr viel und hat einiges erreicht. Auch wenn es im Ausschuss heute keiner hören wollte: Es ist schon vieles besser geworden rund um die Dynamo-Fans. Aber es wird nicht abgewartet, ob die erst letztes Jahr zugesagten Geldmittel der Verbände und Vereine für Präventionsmaßnahmen und der ganz junge Fan-Dialog wirken.

Leider muss man sagen, dass sich im heutigen Innenausschuss eine ganz große Koalition der Repression abzeichnete. Auch die Grünen beteiligten sich an unsachlichen Vorwürfen: Die Piratenfraktion und ich würden Gewalttäter verteidigen etc. In der Sitzung habe ich lediglich darauf hingewiesen, dass nicht alle 250 Dresdner Fans in der Bahnhofshalle schwere Gewalttäter waren.

Der Staat hat das Gewaltmonopol, das steht außer Frage, aber das muss nicht zu jeder Zeit den Fans demonstriert werden. Diese Innenausschusssitzung war mal wieder ein derber Rückschlag für den dringend notwendigen Dialog der Fangruppen mit der Polizei und den Vereinen. Im Moment benimmt sich Herr Jäger beim Thema Fußball wie ein Elefant im Porzellanladen und aus fanpolitischer Sicht kann man nur noch seinen Rücktritt fordern.

Vor dem Spiel 1. FC Köln gegen Dynamo Dresden in Köln: Statt Alarmstimmung zu verbreiten, sollte die Polizei besonnen und vorurteilsfrei agieren

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Heute spielt Dynamo Dresden in Köln und die Polizei ist laut Medienberichten in Alarmstimmung. Zwar haben Teile der Fangruppierungen in Dresden tatsächlich nicht den besten Ruf und die Ausschreitungen in Bielefeld waren ein derber Rückschritt, aber es gab eine starke, sehr positive Entwicklung in Dresden. Lange Zeit ist nichts Schlimmes mehr passiert, und zwar weil der Verein und das Fanprojekt seit Jahren auf die schwierige Gemengelage der Dresdner Fan-Szene einwirken. Die Forderung eines Ligaausschlusses des Vereins durch unseren Innenminister Ralf Jäger oder eines Teilausschlusses der Fans ist definitiv der falsche Weg, denn solche Kollektivstrafen treffen gerade die Falschen.

Kollektivstrafen beenden keine Ausschreitungen, sondern verschärfen die Probleme, denn sie erzeugen Frust. Forderungen der Deutschen Polizeigewerkschaft und Politikern nach Kollektivstrafen und Pauschalverurteilungen haben nichts mit den bekannten rechtsstaatlichen Prinzipien zu tun. Wir brauchen neue Konzepte, um Ausschreitungen wie in Bielefeld zu verhindern. Heute sollte die Polizei jedenfalls keine Alarmstimmung verbreiten, sondern ruhig und verantwortungsvoll diesen Spieltag begleiten. Es gehört zum Job der Polizei mit kühlem Kopf zu agieren. Aber auch die Fans müssen besonnener werden und über ihre Einflussmöglichkeiten auf Gewalttäter nachdenken.

Strafen und Überwachung für alle Fans – Bankrotterklärung der Politik

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Das Neueste, Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ erklärte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius am Samstag, dass er sich auf der in dieser Woche stattfindenden Innenministerkonferenz für das niederländische Modell bei sogenannten „Hochrisikospielen“ einsetzen möchte. Ihm schwebt vor, dass bei bestimmten Spielen alle anreisenden Fans der Auswärtsmannschaft ihre Karten erst nach einer persönlichen Identifizierung ausgehändigt bekommen, und dies auch nur, wenn sie per festgelegter und organisierter Reise mit Sonderbussen zum Spielort fahren. Dieses Modell greift massiv in die Freizügigkeit und in die Persönlichkeitsrechte der Fans ein. Wieder einmal zeigt sich ein Innenminister vollkommen gleichgültig gegenüber der massiven Verletzung von Bürgerrechten. Im selben Interview gibt er übrigens selbst zu bedenken, dass die vom DFB als Strafe gegen Vereine verhängten „Geisterspiele“ nicht toll sind, weil alle Fans von solchen Kollektivmaßnahmen getroffen werden. Aber wenn alle Auswärtsfans ihre persönlichen Daten abgeben müssen und in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt werden, dann ist das für Boris Pistorius anscheinend OK.

Schon jetzt sprechen viele Interessenvertreter von Fußballfans von einer Datensammelhysterie. Mit personalisierten Tickets ist ein Missbrauch durch Behörden und Vereine vorprogrammiert. Selbst der DFB und die DFL haben in ihrer Stellungnahme zu einer Anhörung im Frühjahr dieses Jahres im Landtag NRW geschrieben: „Personalisierte Tickets ermöglichen keinen wirkungsvollen Sicherheitsgewinn und sind nach den Erfahrungen u. a. der WM 2006 nicht vollständig kontrollierbar. Zudem steht der Sicherheitszugewinn in keinem Verhältnis zum Datenschutz und der praktischen Umsetzung.“ Hört, hört!

Heute legte der Chef der diesjährigen Herbstkonferenz der Innenminister noch einmal nach: Der Rheinischen Post sagte er, dass er gerne gegen alle ermitteln würde, die sich innerhalb einer Gruppe bewegen, aus der heraus Straftaten begangen werden. Die Total-Aushebelung der Unschuldsvermutung begründet Boris Pistorius ganz lapidar damit, dass niemand „zufällig“ in solche Gruppen hineingerate. Aber genau solche Fälle beschreiben Hunderte von Berichten auf den Fanforen. Ein weiteres argumentatives Armutszeugnis wird in beiden Interviews angeführt: Die Arbeit der Fanprojekte sei gut, aber bei „roher Gewalt“ könnten sie nichts ausrichten. Zunächst einmal ist das Zünden von Pyrotechnik keine „rohe Gewalt“, und außerdem sollte Niedersachsen die Fanprojekte überhaupt erst einmal nach dem NKSS-Stellenschlüssel – übrigens von 1993 – mit ausreichend Mitarbeitern austatten, und zwar bevor der Innenminister in der Presse behauptet, dass „wir in diesem Bereich auch mit Fanprojekten […] nicht mehr weiterkommen.“

Es ist sehr bedauerlich, dass Herr Pistorius sich nun auch noch in die Reihe der Scharfmacher und hysterischen Innenminister einreiht. Zunächst wirkte er noch besonnen, denn vor dem Niedersachsenderby sprach er mit Fans und versuchte neue Wege in der festgefahrenen Gewaltdiskussion rund um Fußballspiele zu gehen. Und nun muss man von einem Minister einer Landesregierung solche Sätze lesen, die die Situation rund um das Niedersachsenderby angeblich beschreiben sollen: „Wer so etwas sieht, fühlt sich wie im Krieg.“ Es geht unseren Innenministern nicht mehr um die Realität, sondern nur noch um Profilierung gegenüber der anderen bissigen Kampfhunde. Egal bei welchem Thema – die Lösung unserer Innenminister lautet immer: mehr Drohungen, mehr Strafen, mehr Überwachung. Das ist die Bankrotterklärung der Politik gegenüber den stetig größer werdenden gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit!

Das war das 6. Fanhearing im Landtag: weiter geht es 2014

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Das Neueste, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Zum sechsten Mal haben wir uns am Montag mit Fußball-Fans getroffen, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, aus ihrer Sicht die Situation in Fußballstadien und die aktuellen Probleme bei Fußballspielen darzustellen. Gestern ging es um die Konsequenzen der Ausschreitungen beim Revierderby, um Stadionverbote und den Einfluss von Rechtsextremen auf den Fußball.

Revierderby am 26.10.13 auf Schalke

Alle Beteiligten stimmten darin überein, dass beim letzten Revierderby Grenzen überschritten wurden und dass es jetzt noch schwieriger sein wird, gegen polizeiliche Repression zu argumentieren und das Thema Fanrechte in der Öffentlichkeit und in Gremien positiv zu besetzen. Das unkontrollierte Abfackeln von Pyrotechnik, in diesem Fall durch Anhänger des BVB, beim Revierderby war unverantwortlich, und es ist begrüßenswert, dass die Fanprojekte, die BVB-Förder- und Fanabteilungen, der Verein und auch Ultra-Gruppen schnell reagiert haben und diese Aktionen verurteilten. Kontrovers wurde darüber diskutiert, ob die Polizei rund um das Derby Fehler gemacht hatte. Auch über die Situation in Essen, als Fans, auf dem Weg zum Derby, auf das Gleisbett gelaufen sind, wurde diskutiert: Hätte es Maßnahmen der Polizei bedurft, hätte sie die Leute festhalten oder stärker kontrollieren müssen? In den Bussen der Polizei, in denen die Fans zum Spiel gebracht wurden, ist im Gegensatz zur Presseberichterstattung übrigens nichts kaputt gegangen, und es wurden auch keine Notfallhämmer geklaut. Die kleinen Hämmer, mit denen die Bereichssicherung eingeschlagen wurde, stammten somit nicht aus den Polizeibussen. Hier lautete schließlich das Fazit, dass die Polizei einiges richtig gemacht habe. Die Presseberichterstattung wurde kritisiert: Erstens seien die Berichte nicht objektiv, und zweitens heizten die vielen Artikel die Stimmung im Vorfeld von Risikospielen noch zusätzlich an. Die Selbstreinigung der Fußballfanszene wurde gefordert, was prompt zur Forderung nach einer Selbstreinigung der Polizei führte: In der Polizei herrsche z. B. ein Korpsgeist und viele würden sich selbst als unfehlbar betrachten. Der Polizei mangele es nicht nur an einer öffentlichen Fehlerkultur, sondern es gebe auch intern keine Möglichkeit, Hinweise und Beschwerden über schlecht organisierte Einsätze oder fehlerhaftes Verhalten von z. B. Kollegen oder Vorgesetzten an eine interne Ermittlungsbehörde zu richten. Im Februar wird unser Antrag zum Whistleblowerschutz in NRW in einem Sachverständigengespräch erörtert. Wir erhoffen uns viel Input, wie man in NRW Hinweisgeber besser schützen kann – auch innerhalb des Polizeisystems.

Zurück zum Derby: Viele Teilnehmer erklärten, dass die Fans mit dem vermehrten Abbrennen von Pyrotechnik auf die verstärkte Repression der Polizei, des DFB und der Vereine reagierten.Das Zünden von Pyrotechnik wird in den Fanszenen oft auch als „unübersehbarer Stinkefinger“ Richtung der Ordnungsbehörden verstanden, um zu demonstrieren, was sie von Kollektivstrafen, Überwachungsmaßnahmen mit militärischen Mitteln, Ausspionierung und Verletzung der Persönlichkeitsrechte halten. Statt besonnen zu reagieren, militarisiere die Polizei die Fanüberwachung. Und das beträfe nicht nur die Ultras, sondern alle Fans. Und hier liegt doch gerade das Problem: Pauschal stehen alle Fans unter Verdacht. Es wird nicht mehr differenziert, nach gezielten Lösungsansätzen und Maßnahmen gesucht. Es fehlt die Verhältnismäßigkeit.

(Anmerkung: Gerade ist mit SiKomFan! ein Forschungsprojekt der Bundesregierung mit Beteiligung des „Who is who“ der Überwachungstechnologie-Forschung wie z.B. der Firma Cassidian gestartet. http://www.sikomfan.de/). Im nächsten Fanhearing werden wir uns mit der technischen Überwachung in und rund um die Stadien beschäftigen.

Fazit der meisten Anwesenden: Die Fans der beiden Revierclubs müssen abrüsten. Die Polizei und Innenminister Jäger wurden auch aufgefordert, ihre Strategie zu überdenken. Wir empfehlen Herrn Jäger, sich ein Beispiel an seinem Amtskollegen in Niedersachsen zu nehmen. Boris Pistorius hatte sich im Vorfeld des Niedersachsenderbys dem Dialog mit Fans gestellt und zu einem Runden Tisch geladen. Es gab dann zwar auch dort in der Summe viel zu viel Fehlverhalten, aber es wurde ein Anfang gemacht, aufeinander zu zugehen.

Richtlinie zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten

Das zweite Thema des Abends war das leidige Thema Stadionverbote. Der DFB wird in den nächsten Tagen seine neuen Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten vorstellen. In der Presse wurde nun schon vorab berichtet, dass durch die Richtlinie mit Verlängerungen von Stadionverboten zu rechnen sei. In der gestrigen Runde war es strittig, ob die überarbeitete Richtlinie Verbesserungen für die von Stadionverboten betroffenen Fans ermöglichen wird. Zumindest wird den Bezugsvereinen ein bisschen mehr Mitspracherecht bei der Vergabe von bundesweiten Stadionverboten eingeräumt. Zukünftig sollen sie um eine Stellungnahme gebeten werden. Auch der Stellungnahme von Betroffenen soll ein größeres Gewicht zukommen. Insgesamt haben sich ein paar Kann- in Soll-Vorschriften geändert. Erst die Praxis wird zeigen, ob es Verbesserungen für die Betroffenen gibt. Denn es kommt vor allem auf die Umsetzung vor Ort an. Hier braucht man auch qualifiziertes Personal, dass die richtige Prognosen erstellt, damit nicht noch mehr Jugendliche schlechte Erfahrungen mit der Obrigkeit machen. Das System der Stadionverbote muss auch noch einmal komplett aufgerollt werden. Denn im Moment werden oft auch Unschuldige mit einem Stadionverbot belegt. Erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung sollte ein Stadionverbot verhängt werden können und nicht schon bei Verdacht oder bei Bagatelldelikten. Die Fans äußerten ihre Vermutung, dass die Polizei bei den Vereinen Stadionverbote anrege, weil sie mit den eigenen strafrechtlichen Mitteln, die mit sehr viel höheren rechtsstaatlichen Hürden verknüpft sind, nicht weiterzukommen glaube.

Fazit: Es ist zumindest nicht schlimmer geworden. Wir bleiben bei dem Thema am Ball. Dieser Blogpost ist zum Lesen empfohlen: http://www.fankultur.com/bolzplatz/spielfeld/hintergrund/1628-die-neuen-stadionverbotsrichtlinien-was-hat-sich-geaendert.

Rechtsextremismus und Rassismus

Zu Recht wurde von Teilnehmern angemerkt, dass den Themen „Rassismus“ und „Rechtsextreme, -offene und -orientierte Fans“ mehr Bedeutung zukommen müsse. Hier geht es nämlich nicht um Böller, Bengalos und Sachbeschädigung, sondern um Gewalt von Neonazis gegen offene und tolerante Fangruppierungen. Seit 1,5 Jahren engagiert sich zum Beispiel die „Kohorte Duisburg“ und wird seither von rechtsorientierten Fans der Duisburger Szene unter Druck gesetzt, keine Zeichen gegen Rassismus und für Vielfalt zu setzen, sowie bedroht und angegriffen. Erschreckend war die Aussage, dass im Moment nur die Polizei ein professionelles Verhalten in Duisburg an den Tag lege. Der Verein stritt zunächst ab, dass es in Duisburg überhaupt Probleme gebe. Durch massiven Druck auch von Seiten der Presse nahm der Verein diese Aussage jedoch  zurück und bemüht sich seither um Schadensbegrenzung. Die Vereine und die Gesellschaft müssen bemerken, dass diese Ultra-Gruppen einen Gewinn darstellen, weil sie aufklären und sich aktiv für Vielfalt einsetzen.

Jahrelang ignorierten und leugneten viele Vereine, dass es Probleme mit Rechtsextremen in der Kurve gibt. Das führt nun u.a. zu Solidarisierungseffekten der Anhängerschaft mit  den Rechten. So war es auch bei Alemannia Aachen: Hier besuchen die Aachener Ultras das Stadion nicht mehr, weil sie keine Unterstützung gegen die Rechtsextremen Mitglieder der „Karlsbande“ erhielten, von denen sie regelmäßig angegriffen worden waren.

Auch die Fanprojekte beobachten das Roll-Back der Rechtsextremen mit Sorge: Das Problem gab es zwar immer, aber die Rechten hätten sich aufgrund der Vormachtsstellung der Ultras lange nicht mehr offen geäußert. Durch die Repression gegen die Ultras, z. B. durch Stadionverbote, haben sie nun wieder mehr Gelegenheit, die Stimmungsoberhand zu bekommen. Die Befürchtung der Teilnehmer ist, dass es in Zukunft vermehrt zu diesen Problemen kommen wird, weil die Rechtsextremen sehen, dass sie mit dieser Taktik Erfolg haben.

Was kann nun aktiv getan werden? Wir brauchen echte Präventiv-Programme, und zwar nicht nur für Jugendliche. Plakative Good-Will-Aktionen wie die „Rote Karte gegen Rassismus“ bringen nichts konkretes. Sie sind reine Alibi-Veranstaltungen und können am Ende sogar kontraproduktiov wirken.  Die  Erwachsenenprävention kommt beim Thema Rassismus viel zu kurz. Insgesamt sind die Vereine große Akteure der Stadtgesellschaft und haben ein großes Potential, positiv auf ihre Anhänger einzuwirken. Es ist daher notwendig, dass die Vereine sich Hilfe von außen holen. Z. B. lässt sich Borussia Dortmund gerade von Wissenschaftlern beraten und macht sehr gute Erfahrungen. Einige Vereine wie Bremen und Schalke leisten sehr gute Arbeit. Hier sollten sich andere Vereine einiges abschauen. Die Teilnehmer regten auch an, dass das Innenministerium eine Studie bei der KOS über Rassismus und Bedarfsanalysen in den einzelnen Vereinen  in Auftrag gibt.

Wir bedanken uns herzlich für eure Teilnahme und die vielen Anregungen. Uns hat das Hearing sehr viel Spaß gemacht und wir hoffen, dass es im nächsten Jahr munter weitergeht. Ein Thema haben wir für das nächste Fanhearing ja schon gesetzt. Wenn ihr Infos und Anregungen habt, dann schreibt doch bitte an: marie.kuster@landtag.nrw.de

 

Am 20.11.2013 wieder Bürgersprechstunde des Petitionsausschusses.

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Marc 'Grumpy' Olejak, Michele Marsching, Persönliche Blogposts, Petitionsausschuss (A13), Presse.

In Rücksprache mit dem Petitionsreferat möchten wir auf die wieder anstehende Bürgersprechstunde des Petitionsausschusses hinweisen.

Sie fühlen sich durch Entscheidungen nordrhein-westfälischer Behörden oder anderer öffentlicher Einrichtungen unseres Landes benachteiligt oder ungerecht behandelt? Dann können Sie sich an den Petitionsausschuss des Landtags wenden. Über ihn können Sie erwirken, dass eine solche Entscheidung für Sie kostenfrei überprüft wird.

Die nächste Sprechstunde ist am Mittwoch, 20.11.2013, in der Villa Horion des Landtags, Johannes Rau Platz, 40213 Düsseldorf. Bürgerinnen und Bürger, die Probleme mit Behörden im Lande haben, können sich hierfür telefonisch unter der Rufnummer 0211/884-2506 jeweils in der Zeit von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr anmelden. Wichtig: Ohne vorherige Anmeldung ist die Teilnahme an der Sprechstunde leider nicht möglich.

In jedem Jahr machen schon rund 5.000 Menschen von ihrem Petitionsrecht Gebrauch und wenden sich mit einer Eingabe an das nordrhein-westfälische Landesparlament. Der Petitionsausschuss nimmt sich jeder einzelnen Eingabe an.

Weitere Informationen und Grundlagen zum Petitionsverfahren finden sich in den Seiten des Landtags NRW oder in der Broschüre des Ausschusses (PDF), die Ihnen der Landtag auch gerne postalisch zusendet (Bestellung per Mail).

Kontakt zum Petitionsausschuss: Telefon: (0211) 884-2143 oder -2259 oder -2299 oder -2506, Fax: (0211) 884-3004, E-Mail: petitionsausschuss@landtag.nrw.de

Pressemitteilung des Landtags NRW zum gleichen Thema: Petitionsausschuss – Anmeldung für Sprechstunde startet

Überwachung überall: Bundeskanzlerin aufgewacht?

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Frank Herrmann, Homepage, Persönliche Blogposts.

Erschreckend deutlich wird nun, welchen Stellenwert die Bürgerrechte der 80 Millionen Menschen in Deutschland für die Bundeskanzlerin tatsächlich haben – nämlich gar keinen!
„Die Vorwürfe sind vom Tisch“, sagte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) schon vor Monaten. Merkel selbst erklärte der  Bevölkerung im August frech: „Ich habe keinen Grund, an den Angaben der USA zur Einhaltung deutschen Rechts zu zweifeln“.

Überwachung – Datenschutzbeauftragte warnen vor Gewöhnungsprozess

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Das Neueste, Frank Herrmann, Homepage, Pressemitteilungen.

Wir müssen endlich notwendige Konsequenzen aus dem Überwachungsskandal ziehen – was die Piratenfraktion im Landtag NRW schon lange fordert, ist jetzt auch das Ergebnis der Herbstkonferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern. Die Datenschutzbeauftragten warnen davor, dass sich unsere Gesellschaft an stetige Überwachung und Grundrechtsverletzungen gewöhnt. Weiterlesen »

„Wir brauchen endlich eine realistische Erfassung von Sicherheitsproblemen“

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Das Neueste, Frank Herrmann, Homepage, Innenausschuss (A09), Pressemitteilungen.

Der Sportausschuss des Landtags NRW hat unseren Antrag diskutiert, die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) umfassend zu reformieren. Das Ergebnis: Es wird ein Sachverständigengespräch im Innenausschuss geben.

Erst kürzlich hat das Oberverwaltungsgericht in Münster bestätigt, dass Darstellungen im ZIS-Jahresbericht 2011/12 rechtswidrig waren und massiv gegen Persönlichkeitsrechte von Fans verstießen. Weiterlesen »

Vereinbarung zwischen FC Schalke 04 und Innenminister Jäger: Kritik an Polizeieinsätzen auf Schalke zukünftig nur noch im stillen Kämmerlein

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Das Possenspiel um die Kritik am Einsatz der Gelsenkirchener Polizei beim Spiel Schalke 04 gegen PAOK Saloniki vor gut drei Wochen reißt nicht ab. Nachdem sich das Schalke-Vorstandsmitglied Peter Peters zunächst hinter die Vereinsmitglieder und Fans gestellt und den bis heute nicht nachvollziehbar begründeten Blocksturm der Polizei kritisiert hatte, erklärte Innenminister Jäger am vergangenen Donnerstag, dass zukünftig die Polizei nicht mehr vor Ort präsent sein werde. Heute, am Samstagmorgen, haben sich Jäger und Peters getroffen und eine Erklärung verabschiedet, nach der in Zukunft Kritik seitens des Vereins nur noch nicht öffentlich geäußert werden soll!

Es ist schwer zu glauben, aber in der gemeinsamen Erklärung steht tatsächlich:

„Kritik und unterschiedliche Bewertungen von Sicherheitsfragen bei Fußallspielen werden künftig zwischen den Partnern Schalke 04 und der Polizei erörtert, nicht aber öffentlich.“

Gerade jetzt, wo dringend geklärt werden müsste, ob die Polizei vielleicht durch einen Übersetzungsfehler von falschen Voraussetzungen bei der Beurteilung des Einsatzes ausgegangen ist, wird der Vereinsführung ein Maulkorb verpasst. Das ist absurd! Auch das Vorstandsmitglied Peter Peters muss sich hier erklären und darlegen, was ihn zu einer solchen Erklärung veranlasst hat und warum er den Fans und Mitgliedern des Vereins nun so in den Rücken fällt!

Natürlich gehört Gewalt nicht ins Stadion, und gekämpft werden muss auf dem Rasen, nicht auf den Zuschauertribünen. Aber wenn eine Polizeihundertschaft während eines Spiels in voller Kampfmontur in einen voll besetzten Fanblock einmarschiert und 80 Personen mit Pfefferspray und Schlagstöcken verletzt, dann muss hier Kritik möglich sein. Der Innenminister hat dazu offensichtlich jede Übersicht verloren. Natürlich sollte eine Polizei keine Fehler machen, aber wenn das dann doch passiert, dann muss mit aller Transparenz öffentlich aufgeklärt werden, damit das Vertrauen in die Fähigkeiten und das Verantwortungsbewusstsein der Beamten erhalten bleibt. Geheimhaltungsvereinbarungen sind genau der falsche Weg.

Wir werden den bereits von uns angeforderten weiteren Bericht zu den Vorfällen auf jeden Fall umgehend veröffentlichen.

Der von der Polizei bisher vorgelegte Bericht zu den Vorfällen ist nämlich äußerst dürftig und führt als alleinige Begründung für den Einsatz eine Fahne mit gelber Sonne und der Aufschrift ‚Nord-Mazedonien‘ auf. Diese soll die griechischen Fans so sehr aufgeregt haben, dass ein Platzsturm – nach Aussage der Polizei ‚unmittelbar‘ – bevorstand und deshalb die Fahne aus dem Schalker Fan-Block entfernt werden sollte. Die besagte Fahne trug allerdings neben der gelben Sonne nur die Inschrift ‚Komiti Düsseldorf‘, den Namen des Fan-Clubs, der dieses Fahne schon zu vielen Spielen ins Stadion mitgebracht hatte. Die Polizei hat diese nicht ganz unbedeutende Unstimmigkeit bisher in keiner Weise aufgeklärt! Fortsetzung folgt…