Flüchtlingsgipfel: Erst zu spät, dann zu knapp bemessen

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Zu den Ergebnissen des Bund-Länder-Gipfels sagt Dietmar Schulz, Haushaltspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Der Flüchtlingsgipfel bringt viel Licht, aber auch viel Schatten. Die Länder haben die Not der Flüchtlinge und die Last der Kommunen für ein kurzfristiges Aufatmen der Finanzminister regelrecht verkauft.  Das Gipfelergebnis kann nur ein erster Anfang sein. 670 Euro pro Flüchtling für die ersten fünf Monate sind der wichtige Einstieg in eine strukturelle Finanzierung dieser großen Aufgabe durch den Bund. Die Frage, was nach diesen fünf Monaten passiert, bleibt aber völlig offen. Dennoch müssen die jetzt verabredeten Gelder schnellstens dort ankommen, wo sie dringend gebraucht werden: in den Kommunen. Wir fordern schon lange einheitliche Standards für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge – Zuwendungen müssen an diese Standards geknüpft werden. Sonst machen Pauschalen keinen Sinn.“

Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion NRW im Innenausschuss:

„Wir befinden uns in der bisher größten humanitären Notlage in Europa in diesem Jahrtausend. Bund und Länder stellen aber lediglich eine Portokasse zur Verfügung. Das Ergebnis des Gipfels ist eine Pleite für die Landesregierung. Für die Kommunen bleibt völlig offen, wie aktuell die Lasten weiter geschultert werden sollen. Die weitere für das Jahr 2015 angekündigte Milliarde vom Bund bedeutet für NRW nach Königsteiner Schlüssel rund 217 Millionen Euro. Diese Zahlung muss vollständig an die Kommunen ausgezahlt werden und zwar zusätzlich zu den vom Land bereits angekündigten 217 Millionen Euro. Alles andere wäre ein Vertrauensbruch gegenüber den Kommunen.“

3. Nachtragshaushalt 2015 – Warum erst jetzt?

Veröffentlicht am von unter Das Neueste, Finanzen, Gesetzesentwürfe, Haushalts- und Finanzausschuss (A07), Homepage, Innenausschuss (A09), Kommunales, Pressemitteilungen, Schule und Weiterbildung (A15).

Es wäre zu müßig, wiederholt darauf hinzuweisen, dass sämtliche Flüchtlingsorganisationen und auch die Piratenfraktion seit deutlich mehr als einem Jahr auf starkes Anwachsen der Flüchtlingszugänge in Europa und auch in Deutschland hingewiesen haben. Aber sicher seit Mitte 2015 war klar, dass die Maßnahmen und Ausgabenprognosen der Landesregierung um Hunderte Millionen EUR hinter den sich abzeichnenden Erfordernissen zurück bleiben. Seit Mitte August fordert die Piratenfraktion den 3. Nachtragshaushalt.

Dietmar Schulz, haushalts- und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion zum jetzt vorgelegten 3. Nachtragshaushalt:

Warum legt die Landesregierung den 3. Nachtragshaushalt für Flüchtlinge erst Ende September 2015 vor? Die Zahlen waren Mitte August klar; die hieraus resultierenden Anforderungen auch, nämlich hochgerechnet am Prognose-Volumen 800T Flüchtlinge. Der 3. Nachtragshaushalt hätte Anfang September im letzten Plenum vorgelegt werden können und müssen, falls die Landesregierung ihre Hausaufgaben rechtzeitig gemacht hätte. Stattdessen gab es viele Worte der Absichtserklärungen, um diese Untätigkeit zuzuschütten. Wollte oder konnte die Landesregierung nicht? Weiterlesen »

Willkommenskultur Flüchtlinge

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ENTWURF

Die Fraktion hat am 22.09.2015 beschlossen, diesen Antrag nicht abstimmen zu lassen.

 

Willkommenskultur leben, Geflüchteten sicheres Asyl bieten, Integration fördern!

I. Ausgangslage

Laut vieler, übereinstimmender Medienberichte plant die Bundesregierung einschneidende Einschränkungen im Aufenthalts-, Asyl- und Sozialrecht.

So sollen Flüchtlinge, die unter die Dublin-III-Verordnung fallen und für deren Asylantrag ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist, keine Bezüge mehr aus dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Lediglich Reiseproviant und eine Fahrkarte zurück (§ 1a Abs. 3 AsylblG-Entwurf) sollen gewährt werden. Dass würde zur Folge haben, dass in Deutschland zahlreiche Flüchtlinge in der Obdachlosigkeit landen. Dabei stellte erst

2012 das BVerfG [1] klar, dass ein Absenken der Sozialleistungen unter das soziokulturelle Existenzminimum mit dem Verfassungsrecht unvereinbar ist. Auch widerspricht eine solche Regelung diametral dem Art. 3 Abs. 3 unserer Grundgesetzes [2]. Niemand darf wegen seiner Herkunft benachteiligt werden.

Der Art. 3 GG wird aber auch bei der Diskussion um s.g. „sichere Drittstaaten“ immer wieder ignoriert.

Aber nicht nur nach Herkunftsland soll verstärkt differenziert werden, nein auch nach Vermögensstand. So war es bisher möglich Flüchtlinge per „Verpflichtungserklärung“ einen Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Wie lange diese Verpflichtungserklärungen gelten war bisher umstritten. Daher gab es in Nordrhein-Westfalen eine praktikable Lösung.

Sobald einem Geflüchteten ein Schutzstatus mit Aufenthaltserlaubnis gem.§ 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG erteilt wird zuerkannt wurde, sollte die Verpflichtungserklärung erlöschen. Dies soll ebenfalls gekippt werden.

In Zukunft soll anscheinend die Verpflichtungserklärung auch dann noch gelten, wenn der oder die Betroffene als Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter anerkannt wurde (§ 68a Abs. 2 AufenthG). Wie reich soll eine Familie sein, um sich das leisten zu können?

Selbst die eigentlich zu Recht fast abgeschafften Ausbildungs- und Arbeitsverbote sollen nicht nur wieder eingeführt, sondern noch verschärft werden. So sollen selbst in Schulbildung befindliche Geflüchtete, die nicht mehr schulpflichtig sind, aus den Schulen gerissen und abgeschoben werden. Studierende werden dazu gezwungen ihr Studium abzubrechen und auszureisen.

Die strukturelle und politisch verursachte Überforderung des BAMF und die daraus resultierenden Provisorien sollen zur Regel werden. So soll beispielsweise die „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“ (sog. BÜMA), die es nur gibt, weil das BAMF nicht zeitnah mit der Bearbeitung der Anträge beginnen kann auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt werden (§ 63a AsylVfG). Damit würde das Scheitern einer Bundesbehörde, des BAMF, zum gesetzmäßigen Regelfall. Auch soll die bereits jetzt überforderte Bundespolizei vom BAMF die Zuständigkeit übertragen bekommen zu prüfen, ob Deutschland für einen Asylantrag zuständig ist oder nicht (§ 18b Abs. 2 AsylVfG). Wohl wissend, dass selbst gut ausgebildete Mitarbeiter des BAMF das zeitnah nicht leisten können, soll das jetzt die für diese Aufgabe nicht ausgebildete Bundespolizei tun.

Die vorgesehene Regelung, wonach Asylsuchende künftig nicht mehr drei, sondern sechs Monate in den Erstaufnahmelagern bleiben müssen (§ 47 Abs.1 S. 1 AsylVfG), wird ein Übriges dazu leisten eine Integration möglichst zu erschweren.

All diese, teilweise grundgesetzwidrigen, Gesetzesvorhaben müssen verhindert werden.

 

II. Daher fordert der Landtag die Landesregierung auf

sich auf Bundesebene für ein humanitäres Asylrecht einzusetzen, die o.g., geplanten Gesetzesänderungen abzulehnen, den Zugang zu Obdach, Versorgung, dem soziokulturellen Existenzminimum sicher zu stellen und die Integration Geflüchteter unverzüglich zu ermöglichen. Dazu gehört auch ein Zugang zum Arbeitsmarkt ohne künstliche Beschränkungen.

 

 

[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20120718_1bvl001010.html

[2] Art 3 (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

 

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Michele Marsching

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Marc Olejak

und Fraktion

Internetversorgung Flüchtlinge

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Unser Antrag im September-Plenum:

Mittwoch, 30. September 2015, TOP 6, ca. 14.20 Uhr

Schutzsuchende ans Netz – freien und offenen Internetzugang in den Erstaufnahme- und zentralen Unterbringungseinrichtungen bereitstellen
Drucksache 16/9784

In den Unterbringungseinrichtungen muss es einen freien und offenen Internetzugang geben. Die Freifunkinitiativen in NRW sollen dabei mit einbezogen werden. Geflüchteten muss eine barrierefreie und zeitlich unbegrenzte Nutzung des Internets ermöglicht werden. Das Internet stellt für die Schutzsuchenden oftmals die einzige Mög lichkeit zur Kommunikation mit Freunden und Familie dar. Der Zugang fördert die gesellschaftliche Teilhabe der Geflüchteten ab dem Tag ihrer Ankunft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Integration.


Lukas Lamla, Abgeordneter der Piratenfraktion NRW:

„Wir müssen Geflüchtete ans Netz bringen. Unterkünfte für Geflüchtete brauchen einen Internetzugang. Zur Unterstützung müssen unbedingt die Freifunkinitiativen in NRW mit einbezogen werden.

Mit einem Internetzugang können die Menschen nicht nur Kontakt in die Heimat halten, sondern auch zu Freunden und Verwandten, die auf der ganzen Welt verstreut sind. Außerdem hilft das Internet beim Erlernen der deutschen Sprache. Der Zugang ist ein wichtiger Beitrag zur Integration.“

2015-09-30_Lukas Lamla_Internet für Flüchtlinge

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Videomitschnitt der kompletten Debatte:

Wortprotokoll der Rede von Lukas Lamla:

Lukas Lamla (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe  Zuschauer  am  Stream!  Die  Versorgung  von  Geflüchteten  ist  eine  der  Herausforderungen,  der  wir  uns  hier  in  Europa  stellen  müssen.  Tag  für  Tag  arbe iten  viele  Tausende Menschen – darunter  viele  Ehrenamtliche – dafür,  den  Schutzsuchenden  eine  menschenwürdige Existenz zu ermöglichen. Trotz  vieler  Probleme  und  Sprachbarrieren  halten  die  Menschen  bei  uns  im  Land  zusammen und arbeiten daran, unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu machen. Dafür haben sie unsere volle Anerkennung und Unterstützung verdient.

(Beifall von den PIRATEN)

Auch  in  den  sozialen  Netzwerken  organisieren  sich  die  Menschen.  Sie  gründen  Gruppen, sammeln  Kleider,  sammeln  Sachspenden,  organisieren  Hilfsangebote  und  Sprachkurse.  Ohne das Netz wäre diese schnelle Hilfe oftmals nicht möglich. Das  digitale  Zeitalter  hat  aber  nicht  nur  bei  uns  vieles  verändert. Weltweit  gehören  Smartphones – und damit der Zugang zum Internet – zum Mittelpunkte des Alltags. So verwundert es nicht, dass die Vertriebenen heute meist nur ein Smartphone bei sich tragen, auf dem jedoch ihre wertvollsten Schätze zu finden sind: Familienfotos, Bilder aus der Heimat, abfotografierte Zeugnisse von Schulen und Universitäten, Geburtsurkunden und nicht zuletzt Telefonnummern und E-Mail-Adressen von Verwandten, Freunden und Begleitern. Dokumente  aus  Papier  haben  in  der  Regel  die  Reise  über  das  Meer  in  einem  Boot  nicht überstanden – im Gegensatz  zu  einem  kleinen,  mehrfach  in  Folie  eingepackten  Handy. Meist sind die Inhalte auf den Smartphones der einzige verbliebene Nachweis der Identität der Menschen. Das ist – neben ihrem Leben und ihren Familien  – das Kostbarste, was sie noch besitzen.

So verwundert es nicht, dass die Flüchtlingshilfe in der heutigen Zeit auch einen Fokus auf die  digitale  Teilhabe  richten  muss.  Geflüchtete  suchen  nach  ihrer  Ankunft  häufig  Zugang zum  Internet.  Man  will  der  Familie  in  der Heimat  sagen,  dass  man  angekommen  ist  und dass  es  einem  gut  geht.  Man  will auch  schauen,  wo  sich  andere  Familienmitglieder  befinden, die auf der Flucht getrennt worden sind, und ob sie überhaupt noch leben. Jeder, der einmal erlebt hat, welche Erleichterung in den Augen der Menschen zu sehen ist, wenn ihr Smartphone anzeigt, dass eine Verbindung zum Internet besteht, wird wissen, wie wichtig ein barrierefreier Zugang zum Internet für diese Menschen ist. Wer dann auch noch sieht, wie ganze Familien den Zugang zum Internet nutzen, um aus eigenem Antrieb heraus die deutsche Sprache zu nutzen, dem wird klar, wie groß der Integrationswille ist. Es werden Onlinesprachkurse gemacht  sowie  TV-Programme  und  Videos  in  einfacher  Sprache  geschaut. Schon die Kleinsten dort versuchen, nachzuplappern, was sie dort gerade hören

Doch Internetzugänge in Unterbringungen für Geflüchtete sind heute eher die Ausnahme als die Regel. Meist sind es private Personen, die diesen Bedarf erkannt haben und sich darum bemühen,  Abhilfe  zu  schaffen.  Allen  voran  sind hier  die  Freifunker  und  Freifunkerinnen  zu nennen, die aktuell viel Zeit investieren,

(Beifall von den PIRATEN)

Bewohner in der Nähe von Unterbringungseinrichtungen zu überzeugen, einen Teil ihrer Internetkapazität  für  Geflüchtete  freizugeben – trotz  Störerhaftung  und  anderer  Monsterkonstrukte in der Gesetzeswelt. Mit viel Aufwand wird dieses WLAN dann teils über weite Strecken  in  die  Unterkünfte  gebracht.  Das  gelingt  aber  nicht  immer.  Auch  die  Freifunker  und Freifunkerinnen sowie die Freifunkvereine stoßen an ihre Belastungsgrenzen. Diese Situation könne n wir heute mit einer einfachen politischen Entscheidung verbessern, wenn  wir  alle  der  Meinung  sind,  dass  ein  Internetzugang  neben  Strom  und  Wasser  zur  Grundausstattung einer Geflüchtetenunterkunft gehören soll. Dann würden wir einen großen Beitrag zur Verbesserung der aktuellen Situation leisten. Ich  würde  mich  daher  freuen,  wenn  Sie  unserem  Antrag  zustimmen  würden.  Vermutlich werden  Sie  das  aber  nicht  tun,  da  just  heute von  Rot-Grün  ein  eigener  Entschließungsantrag  veröffentlicht  wurde.  Ich  wundere mich  schon,  dass  in  diesem ausgerechnet  die Telekom so massiv in den Vordergrund geschoben wird. Nur am Rande: Ausgerechnet die Telekom ist es, die mit Abmahnanwälten wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen gegen Freifunkinitiativen vorgeht. Auch sehr bedaue rlich ist, dass nach dem rot-grünen Antrag ausschließlich Regelunterbringungseinrichtungen mit Hotspots ausgestattet werden sollen. Zum einen ist das besonders traurig,  weil  neben  den  ca.  20  Regelunterbringungseinrichtungen  noch  über  100  weitere Notunterkünfte  und  Zeltstädte  in  NRW  existieren.  Diese  sollen  anscheinend  nicht  mitberücksichtigt werden.

Der Begriff „Hotspot“ ist zudem vermutlich aus der Feder der Telekom-Marketingabteilung gekommen. Was Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, wahrscheinlich meinen, sind Access Points. Da gibt es einen deutlichen Unterschied vor allem auf der technischen Ebene; denn ein Hotspot lässt keine Konnektivität zwischen den Clients zu. Das ist also genau das Gegenteil der Ziele der Freifunkinitiativen. Wir werden daher die Forderungen des rot-grünen Antrages in Einzelabstimmungen behandeln  und uns  bei  den Forderungen  1  und  2 enthalten,  da  wir  zwar  die  grobe  Richtung  begrüßen, diesen Antrag aber so nicht mittragen werden.

Dem Punkt 3 stimmen wir zu, da die Freifunkinitiativen eine wichtige Schlüsselposition innehaben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Walter-Borjans legt sich mit 10-Mrd-Forderung für Flüchtlinge ins Zeug aber bleibt den 3. Nachtragshaushalt für 2015 schuldig!

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Zur Forderung des NRW-Finanzministers Walter-Borjans an den Bund in Höhe von 10 Mrd EUR für 2016:

Mit verhaltener Freude nehme ich zur Kenntnis, dass der Finanzminister – wenn auch recht spät – das Heft des Handelns in Anbetracht des sich erwartbar rasant nach oben entwickelnden Flüchtlings- und Asylbewerberaufkommens endlich in die Hand nimmt. Die Konkretisierung der notwendigen Forderung von 10 Mrd EUR durch Walter-Borjans deckt sich im Wesentlichen mit unserem Ultimatum vom 18.August des Jahres welches in der Haushaltsdebatte am 3. September bekräftigt wurde. Ein Zuwarten auf einen Flüchtlingsgipfel Ende September in Berlin oder auf eine nächste Plenarwoche im Landtag NRW Anfang Oktober verbietet sich. Hier muss umgehend gehandelt und gezahlt werden, zumal die Landesregierung schon mindestens 1 Monat hinter den Entwicklungen hinterher hinkt. Weiterlesen »

Landesregierung muss sich mehr um Opfer des Rechtsterrorismus kümmern

Veröffentlicht am von unter Homepage, Innenausschuss (A09), Pressemitteilungen.

Die Landesregierung setzt bei der Bekämpfung des Rechtsterrorismus weiter auf den Verfassungsschutz. Ein Umdenken angesichts des hohen prozentualen Anstiegs der rechtsextremen Übergriffe in NRW findet nicht statt.

Ende Juli gab das Bundesinnenministerium bekannt, dass sich die Anzahl der rechtsextremen Übergriffe in NRW fast verdoppelt hat. NRW ist somit von den alten Bundesländern das Land mit der höchsten Quote an Übergriffen. Aber in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage wiegelt Innenminister Jäger ab, dass es sich bei den in 2015 registrierten Straftaten in NRW überwiegend um Propagandadelikte, Volksverhetzungen sowie Sachbeschädigungen handelt. Weiterlesen »

Flüchtlingspolitik: Landesregierung macht sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig

Veröffentlicht am von unter Homepage, Innenausschuss (A09), Pressemitteilungen.

2015-09-02_Michele Marsching_FlüchtlingePiraten fordern ein Ministerium für Integration, Flucht und Einwanderung

Zu der heutigen Debatte um die aktuelle Flüchtlingspolitik in NRW sagt Michele Marsching, Vorsitzender der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Die Landesregierung macht sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig. Seit 2012 fordern wir den migrationspolitischen Rettungseinsatz – doch von der Landesregierung kommen lediglich warme Worte, statt notwendige Taten:

Frau Kraft sagt: Die anderen EU-Mitgliedstaaten sollen ihre Verantwortung wahrnehmen. Wir sagen: Auch mit Verteilungsschlüssel würde NRW ähnliche Aufnahmezahlen verzeichnen.

Frau Kraft sagt: Der Bund muss seinen Verpflichtungen nachkommen.

Wir sagen: Geld steht heute schon zur Verfügung. Das Land NRW hat im ersten Halbjahr 2015 rund 2,2 Milliarden Euro mehr Steuern eingenommen. Frau Kraft soll dieses Geld nehmen und in eine humane Flüchtlingsaufnahme in NRW investieren. Welchen Deal man mit dem Bund macht, ist den Menschen und den Kommunen erstmal egal.

Frau Kraft sagt: Mit diesen Flüchtlingszahlen konnte niemand rechnen.

Wir sagen: Doch! Wir haben seit Jahren genug Beweise dafür, dass mehr Menschen zu uns kommen werden.“

 

Frank Herrmann, Flüchtlingspolitische2015-09-02 Frank Herrmann_Flüchtlinger Sprecher der Piratenfraktion NRW:

„Das Gebot der Stunde heißt ‚Taten statt schwafeln!‘. Angesichts der vielen Krisen und Kriege in und um Europa werden in den nächsten Monaten weiter Menschen zu uns kommen. Die Landesregierung hat sich auf diese Herausforderung nicht vorbereitet. In NRW stehen nur deshalb mittlerweile dutzende Zeltstädte. Der einzige Hoffnungsschimmer ist die enorme Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Diese Menschen müssen gefördert werden! Mit ihrer Untätigkeit und Unfähigkeit setzt die Landesregierung auch das aufs Spiel. NRW ist ein Aufnahmeland. Wir fordern, dass sich Frau Kraft der politischen Verantwortung stellt. Wir brauchen ein Ministerium für Integration, Flucht und Einwanderung, damit endlich an einer humanen, dezentralen und nachhaltigen Flüchtlingsaufnahme gearbeitet wird.“

 

 

Antrag der Piratenfraktion: Aus der Vergangenheit lernen: Nordrhein-Westfalen muss sich der politischen Verantwortung als Aufnahmeland stellen!

Flickenteppich: Krankenkarte für Flüchtlinge

Veröffentlicht am von unter Homepage, Innenausschuss (A09), Pressemitteilungen.

Landesregierung nimmt sich Piraten-Idee an und setzt sie stümperhaft um

Zur Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge sagt Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion NRW im Innenausschuss:

„Endlich bekommen Flüchtlinge in NRW grundsätzlich die Möglichkeit, ohne bürokratische Hürden zum Arzt zu gehen. Wir haben mit unserem Antrag die Einführung einer flächendeckenden Krankenkarte gefordert, damit alle Flüchtlinge medizinisch versorgt werden können. Die Landesregierung hat sich dieser Idee angenommen und sich heute mit den Krankenkassen auf die Einführung einer Gesundheitskarte verständigt.

Leider macht sie das stümperhaft – sie war nicht verhandlungsstark. Da es den Kommunen vor Ort freigestellt wird, ob sie diesem Rahmenvertrag beitreten, werden Flüchtlinge diskriminiert, nur weil sie in unterschiedlichen Unterbringungen wohnen. Ihre medizinische Versorgung hängt von dem Wohlwollen einer jeden Kommune ab.

Dass sich nun die Landesregierung feiert, können wir nicht nachvollziehen. Verantwortung und Kosten bleiben an den Kommunen hängen. Den Flüchtlingen wird – zumindest landesweit – nicht geholfen.“

Piraten-Antrag, Drucksache 16/6675, Anonyme Krankenkarte einführen – Medizinische Versorgung für Flüchtlinge in Nord-rhein-Westfalen sicherstellen

 

Aus der Vergangenheit lernen: Nordrhein-Westfalen muss sich der politischen Verantwortung als Aufnahmeland stellen!

Veröffentlicht am von unter Anträge.

Unser Antrag im Plenum (02.-04. September 2015)

Aus der Vergangenheit lernen: Nordrhein-Westfalen muss sich der politischen Verantwortung als Aufnahmeland stellen!
Drucksache 16/9588

Zusammenfassung:

Seit Jahrzehnten ist Einwanderung in NRW ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft. Einwanderung hat NRW voran gebracht. Ohne die ehemaligen Migranten, die längst Bürger unseres Landes geworden sind, wären wir in jeder Hinsicht ärmer. Wir Piraten wollen, dass diese Realität endlich anerkannt wird und auch praktische Konsequenzen hat. Eine Politik, die auf Abschreckung setzt, hat in einem modernen Einwanderungsland ausgedient. Die Landesregierung muss sich dieser Herausforderung der humanen Flüchtlingsaufnahme endlich stellen. Wir fordern außerdem ein Ministerium für Flucht, Integration und Einwanderung, dass dafür sorgt, dass Flüchtlinge in Deutschland sicher, human und gleichberechtigt leben können.


2015-09-02_Michele Marsching_FlüchtlingeMichele Marsching, Vorsitzender der Piratenfraktion im Landtag NRW:

„Die Landesregierung macht sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig. Seit 2012 fordern wir den migrationspolitischen Rettungseinsatz – doch von der Landesregierung kommen lediglich warme Worte, statt notwendige Taten:

Frau Kraft sagt: Die anderen EU-Mitgliedstaaten sollen ihre Verantwortung wahrnehmen. Wir sagen: Auch mit Verteilungsschlüssel würde NRW ähnliche Aufnahmezahlen verzeichnen.

Frau Kraft sagt: Der Bund muss seinen Verpflichtungen nachkommen.

Wir sagen: Geld steht heute schon zur Verfügung. Das Land NRW hat im ersten Halbjahr 2015 rund 2,2 Milliarden Euro mehr Steuern eingenommen. Frau Kraft soll dieses Geld nehmen und in eine humane Flüchtlingsaufnahme in NRW investieren. Welchen Deal man mit dem Bund macht, ist den Menschen und den Kommunen erstmal egal.

Frau Kraft sagt: Mit diesen Flüchtlingszahlen konnte niemand rechnen.

Wir sagen: Doch! Wir haben seit Jahren genug Beweise dafür, dass mehr Menschen zu uns kommen werden.“

Protokoll der Rede von Michele Marsching:

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Nun spricht als nächster Redner für die Fraktion der Piraten der Fraktionsvorsitzende, Herr Marsching.

Michele Marsching (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer zu Hause und auf der Tribüne! Liebe Flüchtlinge! Refugees, welcome! Wir Piraten heißen euch willkommen in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den PIRATEN)

Liebe Frau Ministerpräsidentin, starke Rede. Läuft bei Ihnen. Alles wird gut. Sie packen es jetzt an.

Zum Thema „klare Worte“ muss ich sagen, Herr Mostofizadeh: Das waren meiner Meinung nach eher die Worte nach vier Klaren als klare Worte.

(Beifall von den PIRATEN – Zurufe von der CDU: Oh! – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Denn da, wo das Land etwas tun kann, packt es nicht an.

Ich war in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Essen. Wir sind damals mit Windeln und mit Kosmetika gekommen. Die Wachleute haben uns gefragt: „Was wollt ihr denn hier?“ und wollten uns schon wegschicken. Ich wette, wäre ich nicht Landtagsabgeordneter gewesen, wir hätten wieder gehen müssen. Dann wurde versprochen, dass alles besser wird. Wir haben geredet.

Vorgestern ist eine Mitarbeiterin zu derselben Erstaufnahmeeinrichtung in Essen gegangen. Sie hat vorher die Helfer gefragt: Was kann ich mitbringen, was ist gefragt? Es wurde gesagt: Für die Kinder kannst du etwas mitbringen. Die freuen sich immer und haben hier keine so gute Versorgung; denn das Mindeste, das die Flüchtlinge bekommen, berücksichtigt die Kinder nicht in dem Maße, wie sie es bräuchten.

Also hat sie Bonbons und Luftballons gekauft und ist zu der Erstaufnahmeeinrichtung gefahren. Sie war nicht einmal auf dem Gelände, da kamen die Sicherheitsleute und haben ihr gesagt – Zitat –: Ihr könnt hier kein halbes Schwein mit Reis abgeben, oder – das finde ich viel schlimmer, das zeigt, dass das Land am falschen Ende spart, nämlich bei privaten Sicherheitsleuten – seid Ihr hier, um die Affen im Zoo zu füttern? – Das, meine Damen und Herren, darf an einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes einfach nicht passieren.

(Beifall von den PIRATEN)

Bringen wir die weltweite Situation der Flüchtlinge einmal auf den Punkt: 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Sie fliehen vor Kriegen, die auch mit deutschen Waffenexporten geführt werden. Sie fliehen vor Verfolgung durch Unrechtsregime, die auch die Rückendeckung und den Schutz der deutschen Bundesregierung genießen. Sie fliehen vor Armut, die auch durch den europäischen Wirtschaftskolonialismus auf dem Balkan noch verschärft wird.

Kurzum: Wir Deutschen haben eine politische Verantwortung, und wir haben die politische Pflicht, die Folgen der humanitären Krisen zu bewältigen.

Es ist Ihre Aufgabe, Frau Ministerpräsidentin, es ist die Aufgabe der Landesregierung, politische Lösungen vorzulegen und umzusetzen. Man muss nicht die lange Zeit warten, bis das Parlament wieder zusammentritt, das kann man auch in der Sommerpause tun. Sie müssen endlich Verantwortung übernehmen.

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Von 60 Millionen Menschen auf der Flucht werden in diesem Jahr etwa 800.000 nach Deutschland kommen, und 170.000 – wir haben es schon gehört – kommen nach Nordrhein-Westfalen. Das ist im Durchschnitt weniger als 1 % der hiesigen Bevölkerung.

Immer wieder wird die überwältigende Dimension der Migrationsströme beschworen, aber die Untätigkeit der Landesregierung, der politische Unwille in den letzten drei Jahren lässt das Ganze erst zum Problem werden. Wir haben keine Flüchtlingskrise, wir haben eine politische Krise.

(Beifall von den PIRATEN)

Bis heute hat uns die Landesregierung kein geschlossenes Konzept für eine moderne Flüchtlings- und Asylpolitik vorgelegt. Sie haben allerdings tausendundeine Ausreden, warum Sie bisher untätig gewesen sind.

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Sie sagen: Die anderen EU-Staaten sollen doch bitte in die Verantwortung genommen werden. Wir sagen Ihnen: Auch mit einem Verteilschlüssel würde NRW ähnliche Aufnahmezahlen verzeichnen.

Sie sagen: Der Bund muss endlich seinen Verpflichtungen nachkommen. Wir sagen: Das Geld ist da. Im ersten Halbjahr hat Nordrhein-Westfalen 2,2 Milliarden € mehr an Steuern eingenommen. Nutzen Sie dieses Geld, und sorgen Sie für eine humane Flüchtlingsaufnahme im Land. Denn ganz ehrlich: Welchen Deal Sie mit dem Bund machen, das ist den Menschen und den Kommunen erst einmal sehr egal.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie sagen: Mit diesen Flüchtlingszahlen konnte doch niemand rechnen. Wir sagen Ihnen: Doch; denn wir haben seit Jahren Belege dafür, dass immer mehr Menschen zu uns kommen werden. Die Belege kommen nicht von uns, sondern vom UN-Flüchtlingshilfswerk, von Amnesty International. Sie sind seit Jahren öffentlich einsehbar.

(Minister Ralf Jäger: Völliger Quatsch!)

– Herr Minister Jäger, nehmen wir einmal an, Sie wussten wirklich nichts von diesen weltweiten Migrationsströmen. Dann sind Sie nicht wie Frau Kraft im Sommerfunkloch, dann sind Sie seit vier Jahren im Dauerfunkloch, oder – diese Möglichkeit scheint mir viel wahrscheinlicher – Sie haben das Problem jahrelang ignoriert. Das halten wir für den viel, viel größeren Skandal.

(Beifall von den PIRATEN)

Dabei gab es zuhauf Belege. Schon im Herbst 2011 musste eine kommunale Massenunterkunft in der Kölner Herkulesstraße aufgemacht werden. Im September 2012 ist das Erstaufnahmesystem zum ersten Mal komplett zusammengebrochen. Aber es brauchte erst Burbach, es brauchte erst Bad Berleburg, und es brauchte erst Essen, damit im Innenministerium überhaupt etwas passiert. Ich frage mich: Konnten Sie von dieser sich zuspitzenden Situation wirklich nichts wissen? Ich sage: Doch, das konnten Sie. Und Sie sind trotzdem untätig geblieben.

Wir fordern, in dieser politischen Krise ein Ministerium für Integration, Flucht und Einwanderung einzurichten. Das kann Abhilfe schaffen.

Denn die Flüchtlinge sind hier. Sie werden hierbleiben, und es werden mehr. Die Probleme verschwinden nicht von alleine und nicht durch Aussitzen. Denn nichts zu machen, das ist Schande mit System.

(Beifall von den PIRATEN)

Seit unserem Einzug in den Landtag konfrontieren wir Sie regelmäßig mit dem Versagen in der Flüchtlingsaufnahme. Seit drei Jahren bekommen Sie von uns unterschriftsreife Anträge. Alles, wirklich alles wird seit drei Jahren von Ihnen systematisch belächelt und von der rot-grünen Regierungsmehrheit abgelehnt.

Schon im Jahr 2012 haben wir gesehen, dass NRW eine Neukonzeption bei Aufnahme und Unterbringung braucht. Das haben wir seitdem in zahlreichen Anträgen zu einer humanen, zu einer dezentralen Unterbringung gefordert. Dazu hätte es einer frühzeitigen Bestandsaufnahme bedurft. In Schleswig-Holstein hat man das gemacht. Unter anderem deshalb steht das Land heute besser da als wir.

Außerdem haben wir in den Jahren 2013, 2014 und 2015 präzise Haushaltsänderungsanträge zur Flüchtlingsaufnahme eingebracht. Jeder einzelne wurde hier im Haus abgelehnt. Herr Jäger, Frau Ministerpräsidentin, Ihre Politik der Ausreden hat drastische Folgen. Ihr programmierter Notstand zündet Flüchtlingsheime an. So sieht es aus.

(Beifall von den PIRATEN – Widerspruch von der SPD, den GRÜNEN und der Regierungsbank – Minister Johannes Remmel: Unverschämtheit!)

Das ist Wasser auf die Mühlen derjenigen Nazis, die sich davor stellen und grölen.

Eins möchte ich ganz persönlich sagen: Ich nehme mir heraus, jeden Einzelnen als Paraderassisten zu bezeichnen, der Ausländer in gute und in schlechte sortiert.

(Zuruf: Unglaublich!)

Die Landesregierung hat keinerlei Vorkehrungen getroffen. Die rot-grüne Regierung hat billigend in Kauf genommen, dass unser Land und unsere Kommunen bei dem Anstieg der Flüchtlingszahlen nicht über ausreichende Kapazitäten verfügen. So entsteht der Eindruck, dass die vor Krieg und vor Verfolgung flüchtenden Menschen NRW überfordern würden. So bereitet man den Boden für Ängste und Sozialneid in der Bevölkerung. So drückt man – bildlich gesehen – dem Heidenau-Nazi den Brandsatz in die Hand. Es ist einfach so.

Diese rassistischen Übergriffe gibt es auch in NRW, man kann sie nicht wegreden. Frau Ministerpräsidentin hat das in der letzten Woche zugegeben, sie hat es gesagt. Hier in NRW hat sich die Zahl der rechtsextremen Übergriffe seit dem letzten Jahr verfünffacht. Damit ist die Zahl stärker gestiegen als in Sachsen-Anhalt oder in Sachsen. Auch da werden wieder die Augen verschlossen.

Herr Minister Jäger behauptet, der Fremdenhass sei schon ein gesamtdeutsches Problem, aber in dem einen oder anderen ostdeutschen Bundesland kenne man sich mit Migration und Integration nicht so aus wie bei uns seit vielen Jahrhunderten. – Das hat er im WDR-Interview am letzten Montag geäußert.

Herr Laschet sagt, in NRW würde zumindest keiner derjenigen auf die Straße gehen, die jene beschimpfen, die helfen wollen. Dann lade ich Sie ein: Am 18. September trifft sich DÜGIDA wieder hier am Hauptbahnhof. Am 12. September treffen sich die Republikaner in Köln. Ungefähr jedes Wochenende treffen sich die Rechten in Dortmund. Am letzten Wochenende haben sie in Oberhausen vor dem Flüchtlingsheim gestanden und „Sieg Heil“ gerufen. Ich lade Sie ein. Kommen Sie zu den Gegendemonstrationen und sehen sich die Leute an, die all jene beschimpfen, die helfen wollen. Die gibt es leider auch in Nordrhein-Westfalen.

Die Ignoranz gegenüber der Dimension der Probleme in Nordrhein-Westfalen halten wir – und das wird so bleiben, solange niemand handelt – für eine Schande. Sie reichen die Verantwortung immer weiter. Die Kommunen sagen: Das Land ist in der Pflicht. Das Land sagt: Der Bund ist in der Pflicht. Der Bund sagt: Die EU muss handeln.

Auf gar keinen Fall diskutieren wir über eine Aufweichung der Standards. Auf gar keinen Fall reden wir über Taschengeldkürzungen oder über vermeintlich sichere Herkunftsländer. Es gibt eine EU-Richtlinie, es gibt die Verfassung, und das halten wir hoch. Man ändert Gesetze nicht einfach nur deswegen, weil einem die Fallzahlen gerade nicht passen.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich möchte aber den Menschen in NRW danken, die sich engagieren. Auf jeden Fall heißen wir die Geflüchteten willkommen. Wir haben ausreichende Kapazitäten. Wir schaffen das. Deutschland kann ohne Probleme 800.000 Menschen aufnehmen. Ohne diese Freiwilligen wären die Folgen des Regierungsversagens gar nicht auszumalen. Daher von unserer Seite vielen, vielen, vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Jetzt hören wir in der Unterrichtung – von Vizepräsident Uhlenberg gerade so schön als Regierungserklärung bezeichnet –, dass die Landesregierung mal wieder das Blaue vom Himmel verspricht: Alles wird gut, viele Appelle. Fast eine Viertelstunde würdigen Sie, Frau Ministerpräsidentin – Sie ist gerade nicht da; gut, egal – …

(Widerspruch bei der SPD: Doch! – [Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sitzt in den Abgeordnetenreihen der SPD-Fraktion.])

– ach, da vorne sitzen Sie, Entschuldigung, das war nicht vorwurfsvoll gemeint –, … bürgerschaftliches Engagement, aber hier im Hohen Hause sollten wir über politische Lösungen reden. Bürgerschaftliches Engagement ist super und unentbehrlich, aber das zu loben ist hier im Haus nicht genug, Frau Ministerpräsidentin. Sie können nicht darauf hoffen, dass die Zivilgesellschaft regelmäßig die rot-grüne Landesregierung rettet.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP)

Seit 2012 fordert die Piratenfraktion in diesem Haus einen migrationspolitischen Rettungseinsatz. Die Landesregierung macht sich unterdessen schuldig, und zwar der fortlaufenden unterlassenen Hilfeleistung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)


Frank Herrmann, Flüchtlingspolitische2015-09-02 Frank Herrmann_Flüchtlinger Sprecher der Piratenfraktion NRW:

„Das Gebot der Stunde heißt ‚Taten statt schwafeln!‘. Angesichts der vielen Krisen und Kriege in und um Europa werden in den nächsten Monaten weiter Menschen zu uns kommen. Die Landesregierung hat sich auf diese Herausforderung nicht vorbereitet. Der einzige Hoffnungsschimmer ist die enorme Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Diese Menschen müssen gefördert werden! Mit ihrer Untätigkeit und Unfähigkeit setzt die Landesregierung auch das aufs Spiel. NRW ist ein Aufnahmeland. Wir fordern, dass sich Frau Kraft der politischen Verantwortung stellt. Wir brauchen ein Ministerium für Integration, Flucht und Einwanderung, damit endlich an einer humanen, dezentralen und nachhaltigen Flüchtlingsaufnahme gearbeitet wird.“

 

 

Protokoll der Rede von Frank Herrmann:

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Herrmann das Wort.

Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Ganz kurz zum Thema „sichere Herkunftsstaaten“: Herr Kuper, Herr Laschet, zu Ihrem Antrag nur so viel: Wir haben einen Entschließungsantrag dazu gemacht. Ich denke, da steht alles drin. Lesen Sie sich ihn bitte durch. Ich möchte mich jetzt nicht weiter zu dem auslassen, was Sie geschrieben haben. Sichere Herkunftsstaaten gibt es nicht. Frau Düker hat gerade auf unseren Besuch im Kosovo hingewiesen. Insofern: Lesen Sie bitte unseren Antrag. Ich erwarte übrigens nach den Äußerungen von Herrn Körfges und Frau Düker auch die Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Frau Düker, Herr Körfges, Ihre Reinwaschungen, die wir jetzt die ganze Zeit gehört haben, sind schwer zu ertragen.

(Beifall von den PIRATEN – Zurufe: Oh!)

Das meiste von dem, was Sie in ihrem achtseitigen Entschließungsantrag fordern und was Frau Ministerpräsidentin Kraft hier vorgetragen hat, ist gut und richtig. Aber das hätten Sie schon vor zwei Jahren niederschreiben und umsetzen müssen.

(Beifall von den PIRATEN)

Seit 2012 haben wir all das niedergeschrieben – aber unsere Anträge haben Sie alle abgelehnt. Ob Erleichterung bei der Arbeitsaufnahme, Suche nach Unterbringung, Neukonzeption der Landesaufnahme oder die Krankenkarte für Flüchtlinge – alles abgelehnt. Sie kommen erst in Bewegung, wenn es gar nicht anders geht, und das zum Schaden der Menschen, die hier Schutz und Hilfe suchen.

Die Menschen ersticken in Lkws, ertrinken im Mittelmeer oder werden auf der Flucht erschossen. Auf Kos, auf Lesbos und auf anderen Inseln warten sie auch heute noch auf Fähren, die nicht kommen. In Bahnhöfen warten sie auf Züge, die nicht fahren. Und sie warten und verhungern an den Zäunen der Festung Europa.

Ich schäme mich als Europäer, auch weil das Ganze schon so lange geht. Seit Jahren werden die Grenzen verstärkt und nicht geöffnet. Das ist die falsche Politik.

(Beifall von den PIRATEN)

Wenn die Menschen es dann auf nicht legalen Wegen – denn legale Wege gibt es ja nicht – nach Deutschland und nach Nordrhein-Westfalen geschafft haben, dann leben sie in Zelten, in verschimmelten Massenunterkünften, in Turnhallen und in Containern. Sie dürfen nicht arbeiten, sie dürfen sich ihren Wohnsitz nicht aussuchen, sie werden sozial, medizinisch und psychologisch unterversorgt. Sie werden vom deutschen Gesetzgeber behandelt wie Menschen zweiter Klasse.

Seit Jahrzehnten leben Geflüchtete so in Massenunterkünften in Deutschland. Integration war und ist nicht gewollt. Das muss sich endlich ändern.

(Beifall von den PIRATEN)

In diesem Plenarsaal wurde am 30. April dieses Jahres nach einer Bootskatastrophe mit 700 getöteten Menschen beschlossen, dass es kein „Weiter so!“ in der Flüchtlingspolitik geben darf, dass endlich Konsequenzen aus den Fluchttragödien und der großen Anzahl der Toten gezogen werden.

Aber seither ist alles leider noch schlimmer geworden, auch hier im Land. In Nordrhein-Westfalen haben wir jetzt Zeltstädte. Vor einem Jahr war die geplante Zeltstadt in Duisburg-Walsum noch ein bundesweiter Skandal. Vor genau einem Jahr, nämlich Anfang September 2014, wurde hier im Plenum über unsere Forderung im Antrag „Keine Zeltstädte in Nordrhein-Westfalen – Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten, Schulen und Turnhallen verhindern“ diskutiert. Uns wurde vorgeworfen, dass wir schwarzmalen würden. Damals hieß es, dass unsere Vorschläge doch schon längst umgesetzt würden, dass es eine Bestandsaufnahme zur Unterbringungsmöglichkeit gebe und dass Zeltstädte natürlich keine menschenwürdige Unterbringung bieten würden.

Meine Damen und Herren, Herr Yetim, Frau Düker, Herr Minister Jäger, wo stehen wir heute? Heute ist in die Unterbringung in Zelten eine unorthodoxe Lösung. Die Landesregierung betreibt nicht nur eine Zeltstadt. Nein, in den kommenden Wochen werden es sechs Zeltstädte mit jeweils bis zu 1.000 Menschen sein.

Die erste Zeltstadt wurde dieses Wochenende in Köln eröffnet. Sie soll bis Januar stehen bleiben. Das heißt, im kalten Winter sollen sich dort 900 Männer, Frauen und Kinder in Unisex-Containern duschen und in flattrigen Zelten ihre Tage verbringen.

(Minister Ralf Jäger: Flattrige Zelte?)

Ich kann nur hoffen, dass wir in Nordrhein-Westfalen keine Bilder wie aus Dresden, Hamburg oder Wetzlar produzieren. Dort haben Menschen mit Hungerstreik gegen ihre Unterbringung protestiert. Die Presse schreibt dort, dass in diesen Zeltstädten eine humanitäre Katastrophe stattfindet – und das mitten in Deutschland.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Traurig!)

Nach der ersten Ankündigung der Landesregierung, dass sie Zelte baue, haben direkt diverse Kommunen nachgezogen. Ich habe es genau hier schon einmal gesagt: Wenn das Land kein Vorbild ist, machen es die Kommunen garantiert nicht besser. – Und genau so ist es passiert. So sind nun Zeltstädte für die Unterbringung von Flüchtlingen fast zu einem Standard geworden. Was für eine Schande!

(Beifall von den PIRATEN)

Ich war schon in sehr, sehr vielen schlechten Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen. Liebe Landesregierung, eine Zeltstadt mag in den Ländern rund um Syrien das einzige Mittel sein, aber eine Zeltstadt für ein reiches Aufnahmeland wie Deutschland ist wirklich beschämend.

Sie, die Landesregierung, Herr Minister Jäger, tragen für diese Zustände die Verantwortung. Es ist Ihr fundamentales Organisationsversagen, Ihre mangelnde Vorbereitung. Sie haben auf diesem unsäglichen Verantwortungsverschiebebahnhof zwischen Kommunen, Land, Bund und Europa immer ganz vorne mitgespielt. Sie wurden seit 2012 diverse Male vorgewarnt, aber Sie und Ihr Ministerium blieben bis zur Schande von Burbach untätig, und diese weltweit bemerkte Schande hat immer noch nichts wirklich nachhaltig verändert.

Keine Provisorien mehr, feste Bauten ab Oktober.“ Das hat Ministerpräsident Reiner Haseloff gestern mitgeteilt. Solche klaren Worte hätte ich von Ihnen erwartet. Aber da kommt gar nichts, und das ist traurig.

Dass sich nun auch die „Elefanten“ im Bund – Sigmar Gabriel und inzwischen auch die Kanzlerin – anscheinend endlich der gesellschaftlichen und menschlichen Herausforderung stellen wollen, war überfällig. Taten sehe ich allerdings nicht, und wenn doch, kommt das jetzt viel zu spät. Es ist für mich absolut unverständlich, warum die Verantwortlichen erst reagieren, wenn es schon zur humanitären Katastrophe gekommen ist, wenn die Problemlösung zigmal mehr kostet, wenn der Aufwand tausendmal mehr Kraft fordert.

Der einzige Hoffnungsschimmer ist die enorme Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, der Menschen hier im Land. Und diese setzen Sie mit Ihrer Untätigkeit und Unfähigkeit aufs Spiel.

Mit unserem heutigen Antrag, der ein für alle Mal klarstellen will, dass Deutschland ein Aufnahmeland ist, fordern wir, dass in Nordrhein-Westfalen endlich Konzepte für Bürgerengagement eingeführt werden. Die Hilfsbereitschaft muss koordiniert werden. Das passiert für die Landesaufnahmen aber fast gar nicht. Es braucht mehr Struktur und mehr Koordination. Einzelinitiativen wie die der Bezirksregierung Köln müssen gestärkt werden. Hier wird zurzeit die Hilfsbereitschaft der Menschen für die Zeltstadt Köln via Twitter koordiniert, und das funktioniert sehr gut; das ist ein hervorragendes Beispiel.

Eine weitere Forderung bzw. ein Vorschlag aus unserem Antrag ist die Schaffung eines Ministeriums für Integration, Flucht und Einwanderung. Wir haben das schon mehrfach gefordert und fänden die Probleme dort auf jeden Fall besser angesiedelt als beim Innenministerium. Denn wir müssen uns den Menschen zuwenden und sie nicht abwehren.

(Minister Ralf Jäger: Ich finde das schon in Ordnung!)

Zukünftig müssen Europa, Deutschland, das Land Nordrhein-Westfalen und die Kommunen Geld und Ressourcen in die Integration und in Strukturmaßnahmen wie den Wohnungsbau stecken, statt Energie in Abwehrmaßnahmen zu verschwenden.

Wie der Migrationsforscher François Gemenne in einem Interview im „stern“ sagte, haben Abwehrmaßnahmen überhaupt keinen Einfluss auf Migrationsströme. Das Einzige, was sie beeinflussen, sind das Geschäft und die Gewinnmargen der Schlepper. Je restriktiver die Abwehrmaßnahmen sind, desto höher sind die Gewinne der Schlepper. Das ist die Realität, und deshalb brauchen wir die legale Zuwanderung.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir brauchen ein Miteinander und kein Gegeneinander. Denn nur ein Miteinander macht uns, die Gesellschaft, stark. Wir Piraten werden unsere ganze Kraft für eine Gesellschaft von gegenseitiger Hilfe und Respekt einsetzen.

Refugees Welcome!

(Beifall von den PIRATEN)


Abstimmungsergebnis:

Der Antrag wurde nach Beratung einstimmig an den Innenausschuss – federführend -, an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie an den Integrationsausschuss überwiesen; die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.

„Und plötzlich waren es so viele…“

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Das Neueste, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts, Politik.

Um es gleich vorweg zu sagen: Es ist meine Überzeugung, dass wir alle Geflüchteten, die bei uns Schutz und Hilfe suchen, Willkommen heißen und unterstützen sollten. Und zwar egal, welcher Herkunft sie sind. Es zeichnet die Menschen in Nordrhein-Westfalen aus, dass sie genau das auch tun und nicht auf die Vorbehalte oder das Streuen von Ressentiments einiger Bürgermeister und Landräte hereinfallen, sondern sehen, dass die Geflüchteten echte Not erlitten haben und Hilfe brauchen. Dass ohne die Unterstützung der Menschen die Flüchtlingsaufnahme völlig zusammenbrechen würde, weiß auch Innenminister Jäger. Dafür hat er sich jetzt in der ersten Videobotschaft seit 4 Jahren auf der Webseite des Innenministeriums bei den ehrenamtlichen Helfern bedankt. Das war gut und wichtig und wir unterstützen das.

Ohne die vielen freiwillig helfenden Menschen in Nordrhein-Westfalen würde das völlige Versagen der Landesregierung bei der Flüchtlingsaufnahme noch viel deutlicher erkennbar sein.

Politische Zahlenspiele

Es ist schwer zu ertragen wie in den letzten Wochen und Monaten mit Schicksalen Politik gemacht wurde. In der direkten Begegnung mit Geflüchteten erkennt man, das es hier um echte Not geht, um Menschen, die Hilfe brauchen. Im Abstand der Masse und mit den Schlagzeilen der Presse können die eigenen politischen Interessen dagegen leichter vertreten werden: ‚Mehr Geld für Kommunen‘, ‚Wenige Ausländer‘ usw.
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