Innenminister Jäger muss sich fragen lassen, wie er es künftig mit Transparenz und seiner Dienst- und Fachaufsicht hält. Vergangenen Freitag war offenbar Schluss mit Transparenz und seine selbsternannte Allgewaltenherrlichkeit feierte Urständ in Form der Bevorteilung einer ihm unterstellten Behörde (Bezirksregierung Köln) einerseits und der Missachtung von Abgeordnetenrechten auf Seiten MdL.
Jäger und Walsken grenzen Gruppen oder Einzelne grundlos aus Zeltstadt in Köln aus, verhindern eine natürliche Kontaktaufnahme zu Flüchtlingen, machen Chorweiler zum Ort eines Quasi-Internierungslagers und Jäger selbst zum willfährigen Wächter einer NRW-Hegemonie!
Ich fordere Innenminister Jäger aufgrund des Vorfalls vom 11.9. in Zusammenhang mit seiner Verweigerung der Aufhebung der Weisung der Regierungspräsidentin Köln, mich als Mitglied des Landtags NRW an der Ausübung meines Mandats zu hindern, auf, entweder sein Amt als Innenminister zur Verfügung zu stellen oder auf sein Landtagsmandat zu verzichten.
Why?
Am Freitag, den 11.9.2015 machte ich mich – ursprünglich wollte ich Donnerstag schon fahren, was terminlich und organisatorisch nicht ging – auf nach Köln-Chorweiler zur dortigen Erstaufnahmeeinrichtung (EAE), einer Zeltstadt. „Im Schlepptau“ Thomas Hegenbarth, Ratsmitglied der Stadt Köln zum Zwecke der Assistenz und Klärung der Möglichkeiten der Installation von Freifunk für die Flüchtlinge in Chorweiler sowie eine Abgeordnetenmitarbeiterin (Name aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes N.N.).
Beabsichtigt war vor allem die Einnahme von Augenschein vor Ort über Belegungs- und Ausstattungssituation in der Einrichtung sowie der Kontakt mit Flüchtlingen, um etwas über ihre zeitaktuellen Erfahrungen in der Einrichtung zu hören und damit die Wahrnehmung meines Selbstinformationsrechts als Abgeordneter und Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen. Außerdem schwang die Hoffnung mit, nach dem Bericht einer Kölner Zeitung (Donnerstag) ein aufklärendes Wort des Leiters der Einrichtung über die Hygiene-Situation in der Einrichtung nach der Ruchbarmachung einer e-Coli-Bakterienverseuchung des Trinkwassers zu erhalten.
Ca. 11 Uhr Ankunft:
Wir begeben uns zum durch Bauzäune markierten Eingangs-/Einfahrtbereich der EAE. Von einer Sicherheitskraft nach dem Begehr gefragt, gab ich mich als MdL zu erkennen und fragte nach dem Leiter der Einrichtung, die von der Johanniter Unfallhilfe geführt wird. Jener Leiter der Einrichtung stand hinter mir und gab sich zu erkennen. Es entwickelte ein freundliches, teils informatives Gespräch, welches u.a. die Kontaktherstellung mit einer Einrichtung des Stadtsportamts zum Zweck der Prüfung einer Freifunk-Installation zur Versorgung der EAE beinhaltete.
Eine Nachfrage bezüglich der Coli-Bakterien wurde wie folgt beantwortet: Die verwendeten Duschcontainer seien nach Anschluss ans Wassernetz gespült und gereinigt und dabei oder danach Wasserproben genommen worden, um eine etwaige bakterielle Belastung von Leitungen zu prüfen. Diese Überprüfung habe einen Befall mit e-coli-Bakterien ergeben, weshalb die Duschen geschlossen werden mussten. Ob die Duschen in der seit 3 Wochen geöffneten und genutzten EAE zuvor genutzt wurden, konnte nicht ermittelt werden. Fraglich bleibt, weshalb die Überprüfung erst 3 Wochen nach Eröffnung der Einrichtung erfolgte.
Eine Nachfrage wegen zahlreicher „Besuche“ eines Kammerjägers: Allgemein wiederholend und insbesondere zur Vermeidung von Rattenbefall findet eine Bearbeitung der EAE durch Kammerjäger häufiger statt.
Im Ergebnis zeigte sich der Leiter der Einrichtung völlig offen und sofort bereit für eine Besichtigung der Einrichtung. Nach Auskunft des Leiters der Einrichtung stehe einem Rundgang und einer Besichtigung NICHTS im Wege. Stop! Es müsse sich wegen einer „allgemeinen Dienstanweisung der Bezirksregierung“ noch absichern und bei der Vertreterin der Bezirksregierung vor Ort nachfragen.
Ca. 30! Minuten später: Eine „Mitarbeiterin der Bezirksregierung“ erscheint, verlangt Namen und Funktionsangaben der Beteiligten. Sie bedeutet, dass aufgrund der Tatsache der Nichtankündigung und weil mit der Bezirksregierung kein Termin vereinbart worden sei, eine Besichtigung oder Begehung bzw. Inaugenscheinseinnahme der EAE nicht möglich sei. Sie fuchtelt mit einem Zettel herum, auf dem Name und Telefonnummer eines Mitarbeiters der Regierungspräsidentin Köln (Walsken) verzeichnet sind. Ich könne mich dorthin wenden und nähere Angaben erhalten.
Kernaussage der Mitarbeiterin: Du kommst hier nicht rein! Das hat die Regierungspräsidentin so entschieden, als sie eine allgemeine Dienstanweisung an EAE-Leiter rausgab, dass keine Personen ohne Termin EAEs betreten dürfen und eine Ausnahme werde nicht gemacht.
Es beginnt eine regelrechte Telefon-Odyssee
Telefonat mit besagtem Mitarbeiter der Regierungspräsidentin: Selbes Ergebnis wie vor. Kernaussage auf Nachfrage des Verfassers dieses Postings, also meiner selbst: „Ich verweigere in Stellvertretung der Regierungspräsidentin und in meiner Eigenschaft als ihr Sprachrohr Ihnen, Herr Abgeordneter, den Zutritt zur EAE Köln-Chorweiler und habe die Bediensteten vor Ort angewiesen, dementsprechend zu handeln.“
Schließlich hätten auch andere Landtagsabgeordnete und – hui! – sogar Bundestagsabgeordnete brav einen Termin vorher ausgehandelt. Das müsse mir dann also auch möglich sein. Auf den Hinweis, dass der unangekündigte Besuch zwar einerseits als solcher beabsichtigt ist und dieser ohne Einschränkung zu gewähren ist, sofern nicht gewichtige Gründe dagegen sprächen, aber der Leiter der Einrichtung keine Bedenken habe, führt zu keiner Änderung der Auffassung.
Es gehe „um´s Prinzip. Ein Zutritt werde verweigert.“
Kurze Zeit später; Telefonatversuch mit dem Staatssekretär des Innenministeriums NRW (Nebe): Herr Nebe befindet sich im Urlaub. Stellvertreter sei Leiter der Abteilung IV, Ministerialdirigent Düren.
Ok … den nehme ich …
Düren (aufgebracht wegen einer kleinen Anfrage der FDP) und nach meiner Schilderung der Sachlage: Werde die Verweigerung der Zutrittserlaubnis und damit die Entscheidung der Regierungspräsidentin wohl aufheben … oh wait! Nein, ich werde das erst mal eben mit dem Innenminister klären.
Warten!
Ca. 20 Minuten später: Anruf aus dem Büro des Innenministers. Mitarbeiterin teilt mit, sie werde das nach Rücksprache mit dem Innenminister mit der Bezirksregierung „klären“ und innerhalb von 10 Minuten zurückrufen.
25 Minuten später: Mein Anruf bei besagter Mitarbeiterin des Büros des Innenministeriums. Öffnende Information, dass nach Rücksprache mit der Bezirksregierung einem Zutritt zum Gelände und damit einer Inaugenscheinseinnahme nichts (mehr) im Weg stehe. Allerdings unter Hinweis darauf, dass bei mir eine Person sei – Stadtrat Köln – die vor 2 ½ Wochen Fotos aus der leeren Zeltstadt veröffentlicht hatte, was er unterlassen möge und was ich einzuhalten versichere (meinerseits „Fotografierverbot an Stadtrat“ … eher ironisch, während dennoch keine Fotos beabsichtigt sind). Man möge sich melden, falls es nunmehr beim Einlass noch Probleme gebe.
Auf geht´s! Denke ich…denken wir …
Erneutes Einlassbegehren unter Schilderung des Vorstehenden gegenüber bereits oben erwähnter Mitarbeiterin der Bezirksregierung (N.N., Name dem Verfasser bekannt). Besagte will meiner 1:1 vermittelten und soeben erhaltenen Information aus dem Innenministerium keinen Glauben schenken (so erwartet). Erneute Nachfrage bezüglich unserer Namen … Sie wolle nochmal eben mit ihrer vorgesetzten Dienststelle (Bezirksregierung) Rücksprache nehmen. Wir sollen bitte draußen warten.
Gesagt, getan.
Ca. 30 Minuten später: Mitarbeiterin der Bezirksregierung erscheint. Teilt mit, dass meine Ansage nicht mehr aktuell sei, weil der persönliche Referent der Regierungspräsidentin ihr – während die „Regierungspräsidentin daneben gestanden“ habe – mitgeteilt habe, dass kein Zutritt zu gewähren sei.
Mitarbeiterin hat erneut Zettel auf dem ein Name und Telefonnummern verzeichnet sind: Der Leiter der EAE vom Anfang unseres Besuchs, der keine Einwände gegen eine Besichtigung hatte. Sie bedeutet, ich könne mit diesem (Leiter der EAE) – gerne auch für Sonntag und zu jeder anderen Zeit – einen Termin ausmachen (Anmerkung: jenem Leiter der EAE, der 3 ½ Stunden zuvor keine Bedenken geäußert hatte, die Besichtigung unter seiner Begleitung durchzuführen!), aber heute werde halt kein Einlass gewährt.
Na sowas, denke ich … da siehst du nun aber ziemlich dumm aus und vor allem wie ein Lügner (der ich gerade zuvor eben jene gegenteilige Informatioin aus dem Ministerbüro erhalten habe … ach so … übrigens … da über Autotelefon und Freisprechanlage zufälligerweise unter Zeugen… nämlich besagten Stadtrats der Stadt Köln … hm … blöd)
Erneuter Anruf im Büro des Innenministers: Schilderung des gerade Vernommenen und Äußerung äußersten Befremdens mit der erneuten Bitte verbunden, eine unverzügliche Klärung der Angelegenheit in meinem Sinne zu vermitteln. Hektische Inaussichtstellung der Rücksprache mit Innenminister und eines erneuten Rückrufs.
30 Minuten später: Rückruf aus dem Büro des Innenministers. Es täte leid, aber Regierungspräsidentin Walsken habe mit Innenminister Jäger gesprochen, ihren Standpunkt vermittelt, es sei auf jeden Fall ein Termin mit der Bezirksregierung auszumachen. Innenminister Jäger habe daraufhin für die so getroffene Entscheidung freie Handhabe erteilt. Auf mein Bemerken, dass hierdurch eine indirekte Verweigerung der Wahrnehmung meiner Recht als Abgeordneter des Landtags untergraben würden, versicherte mich die hörbar bemühte Mitarbeiterin des Ministers des Verständnisses und warb für die Bestätigung ihres Engagements, könne aber jetzt auch nichts weiter tun. Done!
Verkündung an meine Delegation: „Wir ziehen ab. Der Zutritt wird verweigert.“
Innenminister Jäger MdL (man beachte die Klammerwirkung der Funktionen):
Als Innenminister ist Jäger Teil der Exekutive (Landesregierung). Als MdL ist Jäger Teil der Legislative und geborenes Mitglied des Regierungs-Kontrollorgans Landtag NRW. Als Chef der Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht der Bezirksregierungen (Landesmittelbehörde) und damit der Regierungspräsidentin Köln (Walsken) ist Jäger als Innenminister und Teil der Exekutive (oberste Landesbehörde) zugleich in seiner Eigenschaft als MdL Teil des politischen Wettbewerbs und wiederum zugleich als Teil der Exekutive zu Auskunft und der Zulassung seiner und der parlamentarischen Kontrolle seiner Mittelbehörden verpflichtet.
Ein unauflösbarer Widerspruch, der zwangsläufig zu ebenso unauflösbaren Interessenkollisionen führt, solange Jäger MdL und Minister ist.
Sieht es aber dann wie hier so aus, dass Jäger als Innenminister mit MdL-Attitüde Abgeordneten-Kollegen direkt oder indirekt Steine in den Weg legt oder – wie hier – gar Knüppel zwischen die Beine wirft, ist es jedenfalls vorbei mit der Unabhängigkeit als Abgeordneter Mandatsträger des Landtags NRW.
Jedenfalls hat sich Jäger durch sein Verhalten als „Verhinderungsminister“ und Minister für Intransparenz, Vertuschung und Verheimlichung selbst abgestempelt.
Was festzuhalten bleibt, ist eine unbotmäßige Diminuierung seiner selbst (als Innenminister und Teil der Exekutive), die es unausweichlich macht, dass Jäger sein Mandat als Landtagsabgeordneter entweder zurückzugeben hat oder als Innenminister unter Aufrechterhaltung des Mandats als Landtagsabgeordneter zurücktritt, wenn er sein Amt so gebraucht, wie er glaubt, es tun zu können, um dabei Abgeordnetenrechte mit Füßen zu treten.
Tut er beides nicht, wird er sich wohl oder übel (untechnisch/politisch) dem Vorwurf der Selbst- oder Drittbegünstigung im Amt (audrücklich nicht im Sinne von § 257 StGB) ausgesetzt sehen (müssen). Die aktive oder passive Behinderung meiner Mandatsausübung wird letztlich justiziabel sein und ist so untragbar wie unfassbar.
Keine Frage, die Situation der massenhaften Zureise von Flüchtlingen auch in NRW ist dramatisch. Es gibt Krisenstäbe und Krisensitzungen. Aber der Innenminister, der mit einem wesentlichen Teil seines Ministeriums nichts anderes zu tun hat, als sich derzeit als Manager zu bewähren, hat in einer Reihe des Versagens nunmehr auch als parlamentarisch kontrollierter Teil der Exekutive unter völliger Verkennung von Recht und Gesetz versagt.
Auch hat der Innenminister des Landes NRW abgesehen vom Vorstehenden in dem unterlassenen Bemühen der Mobilisierung der zivilen Kräfte des Katastrophenschutzes versagt. Er hat nicht nur sein Ministerium nicht im Griff, sondern offensichtlich gleiten ihm auch alle ihm nachgeordneten Behörden aus den Händen.
Fazit als Abgeordneter: Kann ich meinen Landtagsausweis eigentlich auch gleich in die Tonne kloppen. Ein Ausweis, auf dem explizit steht „Alle Dienststellen werden gebeten, das Landtagsmitglied bei der Ausübung des Mandats zu unterstützen“ ist nicht mal das Plastik wert, auf dem dies gedruckt ist. Der Innenminister des Landes NRW sieht in der Umsetzung des Petitums ebensowenig eine Notwendigkeit, wie die Regierungspräsidentin Köln. Schande!
Abschließende Anmerkung: Ich habe bewusst nicht die Polizei gerufen, die mir als „Dienststelle“ nach Legitimation durch den Abgeordnetenausweis gar hätte den Zutritt zur Einrichtung bahnen müssen! Es hätte keinen Sinn gemacht, denn der oberste Chef der Polizei in NRW, eben jener Innenminister Jäger hatte soeben als schlechtestes Vorbild meine Rechte als Abgeordneter mit Füßen getreten, um seiner Parteikollegin, der Regierungspräsidentin Köln, Gisela Walsken, nach dem Mund zu reden. Was oder wem also hätte das genutzt? Den von einem Hygiene-Skandal und entwürdigenden Umständen betroffenen Flüchtlingen in Köln-Chorweiler möglicherweise am Wenigsten.
Die Zeltstadt in Köln-Chorweiler wie auch die anderen Zeltstädte in NRW für die Aufnahme von Flüchtlingen sind umgehend dicht zu machen und die Flüchtlinge in adäquate, witterungsfeste und vor allem menschenwürdige, insbesondere hygienisch unbedenkliche Unterkünfte zu verlegen. Abgesehen einmal vom Hygiene-Skandal in Köln werden die EU-Aufnahmerichtlinien für Flüchtlinge nicht nur in NRW weiterhin nicht erfüllt.
Darüber darf letztlich auch der Umstand nicht hinwegtäuschen, dass aus Sicht der öffentlichen Kräfte innerhalb der letzten Wochen der Zuzug von Flüchtlingen in den letzten Wochen und Monaten und weiterhin auf Sicht nicht abbrechen würde, zumal dies zumindest aus Sicht zahlreicher Menschenrechtsorganisationen und auch der Piraten NRW erwartbar war. Alles zu späte Handeln der etablierten Politik einschließlich der Regierungskreise, Mittelbehörden und Unterbehörden ist ein Armutszeugnis und zeigt, dass die notwendigen exekutiven Gesichtspunkte prospektiv und präventiv völlig außer acht gelassen wurden.