Innenminister Jäger nimmt das Revierderby zum Anlass, Repressionen gegen Fussballfans weiter zu verschärfen
In einem Interview mit dem WDR hat der NRW-Innenminister heute härtere Strafen gegen renitente Ultras sowie mehr Kontrollen und weitreichende Maßnahmen gegen alle Fußballfans angekündigt.
Während des Spiels Dortmund gegen Schalke am 20.10.12, das 80.000 Menschen besuchten, kam es im Umfeld des Stadions zu Ausschreitungen und 11 Verletzten. Diese bedauerlichen Vorfälle werden seit dem Wochenende von der Presse, der Polizei und nun auch vom Innenminister Jäger skandalisiert.
Einige Fangruppen wie die Ultras werden kriminalisiert, und ihnen wird einseitig die Schuld zugewiesen. Innenminister Jäger unterstellt Ultras im Interview Gewalttätigkeit und Gewaltbereitschaft. Diese Fans hätten es auf Randale angelegt. Dabei hatte er in einem Bericht am 6.3.12 im Sportausschuss noch festgestellt: „Die Ultras haben damit eine neue positive Fankultur geschaffen, die vielen jungen Menschen eine gemeinsame, erlebnisorientierte Freizeitgestaltung sowie einen starken Zusammenhalt in der Gruppe bietet.“ Jetzt kommt es ohne genaue Analyse der Umstände zur Vorverurteilung der angesprochenen Fangruppen und zu hysterischen Forderungen nach mehr Repressionen.
Wenn man sich die Situation am Samstag genauer ansieht, muss man allerdings feststellen, dass einige Fehler in der Vor- und Nachbereitung der Exekutive und in ihrer Beurteilung während der Situation liegen. In der Berichterstattung hielten sich einige Beteiligten nicht an die Wahrheit, z. B. teilte die Polizei mit, dass eine Kneipe zerlegt worden sei, musste dies aber am 22.10. korrigieren. In den so genannten Fanbriefen der Polizei an die Fans von Schalke 04 und Borussia Dortmund werden beide Gruppen zu ein und derselben Haltestelle geführt. Ein fataler Fehler, wie sich am Wochenende zeigte. Augenzeugen und auch einige Polizisten kritisierten die mangelnde Umsetzung früherer Erkenntnisse zu diesem brisanten Revierderby. Immer wieder kommt es bei diesen Derby zu Problemen, weil die Stimmung der Fans sehr aufgeheizt ist. Diese beiden Fangemeinden pflegen seit Jahrzehnten ein sehr schwieriges und emotional aufgeladenes Verhältnis. Fazit vieler Fans, die am Spieltag in Dortmund dabei waren: Die Gesamtlage habe nicht großartig anders gewirkt als bei früheren Derbys. Allerdings hätten viele Beamte ungenügend vorbereitet gewirkt, als wäre ihnen gar nicht klar gewesen, um was für eine brisante Veranstaltung es sich handelte.
Hinzu kommt, dass die Stimmung bei den Fans in den letzten Monaten emotional sehr aufgeladen ist. Besonders das Papier „Sicheres Stadionerlebnis“, das vollständig unter Ausschluss von Fans oder Fanvertretern entstanden ist, stößt auf Kritik. Auch viele Vereine lehnen das Konzept ab. Innenminister Jäger wirbt für die Maßnahmen, die im Papier vorgeschlagen werden. Dass die Fans nicht einbezogen wurden, scheint ihn nicht zu stören. Dabei steht im Koalitionsvertrag auf Seite 126: „Den eingeschlagenen Weg für ´Mehr Sicherheit bei Fußballspielen´ wollen wir konsequent fortsetzen. […] Darüber hinaus wollen wir den Dialog zwischen Politik, Vereinen und Verbänden sowie der Polizei und den Fans fördern. Wir sind der Ansicht, dass eine Strategie, die allein auf Repression setzt, dem Problem nicht gerecht wird.“
Leider findet dieser Dialog überhaupt nicht statt. Wann wird der Minister denn mit den Fans reden, und wann wird er auf die Verbände einwirken, damit diese den von ihnen abgebrochenen Dialog wieder aufnehmen?
Wir jedenfalls sprechen mit den Fans! Im November zum dritten Mal.
https://blog.piratenpartei-nrw.de/fraktion/2012/10/23/pressemitteilung-18/
Frank Herrmann, Obmann im Innenausschuss