Mit Beschluss des Antrages „Forderung nach dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur internationalen Initiative Open Government Partnership“ (Drucksache 16/4437) der Fraktion der PIRATEN hat der Landtag Nordrhein-Westfalen in seiner 45. Sitzung eine mögliche Mitgliedschaft Deutschlands in der Open Government Partnership initiiert.
Die Forderung, die Bundesrepublik Deutschland solle sich in der internationalen Initiative „Open Government Partnership“ zur Konkretisierung eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns engagieren, wurde von der Landesregierung zeitnah im Rahmen einer Bundesratsinitiative aufgegriffen und im Bund vertreten.
Der Bundesrat hat die Bundesratsinitiative des Landes Nordrhein-Westfalens zum Beitritt Deutschlands an der internationalen Initiative Open Government Partnership unterstützt und die Bundesregierung hat die Initiative aus den Bundesländern aufgegriffen. Am 7. April 2016 erklärte die Bundesregierung anlässlich des Deutsch-Französischen Ministerrats:
„Deutschland und Frankreich haben sich verpflichtet, die demokratischen Praktiken zu erneuern, indem sie die Transparenz und Beteiligung der Staatsbürger erhöhen. In diesem Sinne hat Deutschland beschlossen, seine Kandidatur für die Partnerschaft für eine offene Regierung („Open Government Partnership“) einzureichen, deren Vorsitz Frankreich ab Oktober 2016 innehaben wird.“ Weiterlesen »
In der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen JEN, werden seit 1993 die Brennelemente des im Jahre 1988 stillgelegten AVR-Versuchskernkraftwerks in 152 Transport- und Lagerbehälter der Bauart CASTOR THTR/AVR aufbewahrt.
Die gemäß § 6 Atomgesetz hierfür erteilte Aufbewahrungsgenehmigung des Bundesamts für Strahlenschutz war bis zu 30.06.2013 befristet. Vom 01.07.2013 bis 01.07.2014 wurde die Aufbewahrung durch zwei zeitlich befristete atomaufsichtliche Anordnungen des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen (Wirtschaftsministerium) als zuständiger atomrechtlicher Aufsichtsbehörde nach § 19 Abs. 3 Atomgesetz vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des dem Bundesamt für Strahlenschutz vorliegenden Antrags geregelt.
Aufgrund eines Gutachtens, das eine Erdbebengefährdung und Bodenverflüssigung befürchtete, wurde am 2.7.2014 mit der dritten atomaufsichtlichen Anordnung durch das Wirtschaftsministerium die unverzügliche Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR-Behälterlager angeordnet. Dazu gab es eine weitere Anordnung an das Forschungszentrum Jülich, ein Konzept zur Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR-Behälterlager in einem Variantenvergleich vorzulegen. Weiterlesen »
Antrag im Plenum 09.06.2016, TOP 10, ca. 15.35 Uhr
I. Sachverhalt
Angesichts der zunehmenden Finanznöte der Schulträger, versuchen Schulen an zusätzliche Mittel zu kommen. Dabei hat neben der traditionellen Unterstützung durch Fördervereine das sogenannte Schulsponsoring an Bedeutung gewonnen. Allerdings stellen sich bei Drittmittelfinanzierungen durch Sponsoring schwierige Rechtsfragen.
Das nordrhein-westfälische Schulgesetz erlaubt in §99 Abs. 1 Schulsponsoring nur unter bestimmten Bedingungen. Voraussetzungen für zulässiges Schulsponsoring sind, dass die Hinweise auf die Leistungen von Sponsoren mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule vereinbar sind und dass die Werbewirkung deutlich hinter dem schulischen Nutzen zurücktritt. Die Entscheidung über ein Schulsponsoring trifft für die Schule die Schulleiterin oder der Schulleiter mit Zustimmung der Schulkonferenz und des Schulträgers.
Werbung hingegen ist an nordrhein-westfälischen Schulen grundsätzlich verboten. (§99 Abs. 2 SchulG). Hierfür gibt es gute Gründe. Das allgemeine Werbeverbot ist als eine konkrete Ausprägung der Unparteilichkeit der Schule anzusehen. Daher untersagt es jede Werbung, die nicht schulischen Zwecken dient, insbesondere jede Art wirtschaftlicher oder parteipolitischer Werbung. Das Werbeverbot berücksichtigt außerdem, dass die Schülerinnen und Schüler sich in der Schule Werbung kaum entziehen können und im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Schulverhältnisses nicht einer privaten Interessen dienenden „Zwangswerbung“ ausgesetzt werden dürfen. (Vgl. Schulrechtshandbuch NRW, Kommentar zum Schulgesetz NRW mit Ratgeber und ergänzenden Vorschriften, hrsg. v. Christian Jülich. In Zusammenarbeit mit Werner van den Hövel, Köln/Neuwied 2005 ff.) Weiterlesen »
Der eSport (Abk. für elektronischer Sport, auch E-Sports), also der sportliche Wettstreit zwischen Menschen mittels Computerspielen, ist längst keine Nischenbetätigung mehr. Seitdem sich ganze Generationen von Computerspielbegeisterten in den 1990er Jahren zu so genannten LAN-Partys getroffen haben, ist die eSport-Szene enorm gewachsen. Neben dem Spielen in der Freizeit und einer ambitionierten Amateursportszene hat sich inzwischen auch eine professionelle eSport-Szene mit eigenen Ligen, Titeln und Preisgeldern herausgebildet.
Die Electronic Sports League (ESL), die aus der 1997 gegründeten Deutschen Clanliga (DeCL) hervorging, bietet mit der ESL Play eine weltweit führende Plattform für über sechs Millionen Mitglieder, die bereits an knapp 80.000 Turnieren teilgenommen haben. Zahlreiche weitere Ligen und Turniere richten sich weltweit ebenfalls gezielt an professionelle Spieler. Jüngst hat das Unternehmen ESL zusammen mit acht bekannten Teams die Wesa gegründet, die „World Esports Association“. Die Turniere sind längst zum Massenphänomen geworden und Millionen Zuschauer verfolgen die Übertragungen der Partien sowohl online im Stream als auch offline in Großhallen. Die Besucher- und Zugriffzahlen (etwa auf Twitch TV) oder die zahlreichen Zugriffe auf Webvideoformate wie „Let`s Play“ (wie auf Youtube) zeigen, dass es sich nicht länger um einen Nischensport handelt, sondern der eSport mit seiner hohen Vielfalt und seinen niedrigen Einstiegshürden mittlerweile auf dem Weg ist, ein Breitensport, insbesondere für die jüngere Generation, zu werden. Weiterlesen »
Antrag im Plenum 09.06.2016, TOP 14, ca. 17.35 Uhr
Herausragende Initiativen, Vereine und Veranstaltungen erfahren zu häufig nicht die Beachtung, die ihr Engagement verdienen würde. Vielfach müssen selbst in herausragenden Fällen große Anstrengungen unternommen werden, um ein Projekt in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
Zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements und um zukünftig sicherzustellen, dass herausragende Initiativen, Vereine und Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen eine Plattform dafür bekommen, die Beachtung und Öffentlichkeit zu erfahren, die ihnen zu stünde, muss die Landesregierung gemeinsam mit dem Landtag aktiv werden.
Eine netzbasierte Plattform soll – angelehnt an die Aktion „Hol den Bürgermeister“ aus Heidelberg – die Möglichkeit bieten, Projekte einzustellen und zu bewerben. Herausragende Bewerbungen sollen aktiv gefördert werden, indem die Ministerpräsidentin/der Ministerpräsidenten ähnlich der Aktion „Tatkrafttage“ ebendiese mehrmals im Jahr besucht und somit den Blick der Öffentlichkeit auf die Projekte richtet. Weiterlesen »
Archivierter Live-Stream der Debatte vom Mittwoch, 15. März 2017, auf Facebook, YouTube und Twitter.
I. Sachverhalt
Das Ziel der Landesregierung im Rahmen präventiver Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei ist unter anderem die Reduzierung von Verkehrsunfällen. Dabei hat sich die Verkehrsüberwachung an der Unfallentwicklung und insbesondere an Unfällen mit schweren Folgen auszurichten. Nach Angaben des Innenministeriums NRW ist im Jahr 2014 ein Anstieg der Verkehrstoten zu verzeichnen. Zu den Hauptunfallursachen gehören zu hohe Geschwindigkeit, Alkohol und Drogen am Steuer sowie diverse Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung.
Die Antwort auf die Kleine Anfrage 16/8140 zeigt den Kontrollschwerpunkt der landeseigenen Ermittlungsbehörden auf. Hier werden Drogenfahrten gegenüber Alkoholfahrten viel häufiger zur Anzeige gebracht. So kamen im Jahr 2013 in NRW auf jeden Unfall mit Personenschaden unter Alkoholeinfluss 2,6 Anzeigen. Hingegen auf jeden registrierten Unfall unter Einfluss anderer berauschender Mittel kamen im Jahr 2013 schon 28,6 Anzeigen. Der Ermittlungsdruck bei Drogenfahrten ist demzufolge circa zehnmal höher als bei Alkoholfahrten.
Insgesamt ist die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden unter Alkoholeinfluss (2.407 im Jahr 2013) aber ungleich höher, als die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden unter Einfluss von anderen berauschenden Mitteln (354 im Jahr 2013) wie aus der Kleinen Anfrage 16/8140 hervorgeht.
Obwohl die Verkehrssicherheit nachweislich insbesondere durch Alkohol am Steuer gefährdet wird, ist für Cannabiskonsumenten die Wahrscheinlichkeit den Führerschein zu verlieren aufgrund falscher Prioritätensetzung sowie unverhältnismäßiger Anwendung von Verwaltungsrecht enorm gestiegen.
Der Entzug der Fahrerlaubnis erfolgt bereits bei erstmaligem Nachweis ab 1,0 ng THC/ml im Blutserum. So ist es durchaus denkbar, dass ein Cannabiskonsument in einer Verkehrskontrolle mit 1,0 ng THC/ml Blutserum getestet wird, der Konsum allerdings Tage zurückliegt und sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliegt.
Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat in dem Urteil vom 21. Dezember 2004 – 1 BvR 2652/03 – festgestellt, dass § 24 a Abs. 2 Satz 1 und 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) verfassungsgemäß ist. So handelt ordnungswidrig, wer unter Wirkung von Cannabis im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Ausschlaggebend für die Verhängung einer Ordnungswidrigkeit ist demzufolge die Wirkung eines berauschenden Mittels und nicht deren Nachweis.
Die Grenzwertkommission, eine fachübergreifende Arbeitsgruppe, die die Bundesregierung berät und von der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Gesellschaft für Forensische und Toxikologische Chemie gegründet worden ist, empfiehlt einen Grenzwert von 3,0 ng THC/ml Blutserum. Danach liegt also eine Wirkung auf einen Betroffenen ab 3,0 ng THC/ml Blutserum vor. Somit ist die Verhängung von Ordnungswidrigkeiten beim schlichten Nachweis von bis zu 2,9 ng THC/ml Blutserum gemäß dem BVG-Urteil von 2004, wonach eine Wirkung festgestellt werden muss, verfassungswidrig.
Ungeachtet der wissenschaftlichen Erkenntnisse und des BVG-Urteils unterstellen die Verwaltungsbehörden dem Verkehrsteilnehmer ein „fehlendes Trennungsvermögen“, wenn sie von einem erstmaligen Nachweis von 1,0 ng THC/ml im Blutserum Kenntnis erhalten, was zum sofortigen und völligen Verlust der Fahrerlaubnis nach Verwaltungsrecht führt.
Im Gegensatz dazu wird der erstmalige Alkoholverstoß im Straßenverkehr (mehr als 0,5 Promille Blutalkoholkonzentration BAK) nach Gesetzeslage mit Bußgeld und einem einmonatigen Fahrverbot geahndet. Den Betroffenen wir nach dem ersten Alkoholverstoß kein „fehlendes Trennungsvermögen“ unterstellt. Selbst Zweifel an der Trennungsbereitschaft, die die Anordnung einer medizinisch psychologischen Untersuchung (MPU) zur Folge hätte, werden seitens der Verwaltungsbehörde erst nach dem zweiten Verstoß festgestellt. Ein Entzug der Fahrerlaubnis erfolgt hier regelhaft erst dann, wenn das geforderte Gutachten nicht eingereicht oder für den Betroffenen negativ ausfällt.
Die obersten Landesbehörden sind nach §73 und §74 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) für die Fahrerlaubnisbehörden zuständig. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Führerscheinstellen die verwaltungsrechtlichen Normen der Fahrerlaubnisverordnung und deren Anlage korrekt auslegen.
II. Der Landtag stellt fest:
Alkohol am Steuer gehört zu den häufigsten Unfallursachen und gefährdet die Verkehrssicherheit erheblich.
Der niedrige Ermittlungsdruck bei Alkoholfahrten im Vergleich zu Cannabisfahrten wirkt sich direkt auf die Anzahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss aus und gefährdet somit die Verkehrssicherheit.
Die Diskriminierung von Cannabiskonsumenten auf Kosten der Verkehrssicherheit ist unverantwortlich.
Ohne konkrete und erwiesene Gefährdungskonstellation werden Grundrechte (Gleichbehandlungsgrundsatz) ausgehebelt und Cannabiskonsumenten diskriminiert.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf
den Runderlass „Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei NRW“ dahingehend umzusetzen, dass die Ermittlungsbehörden den Ermittlungsdruck bei Alkoholfahrten erhöhen, um die Verkehrssicherheit nicht zu gefährden.
per Runderlass die Fahrerlaubnisbehörden anzuweisen die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) wie folgt anzuwenden: Erst nach wiederholtem Nachweis im Straßenverkehr von 3,0 ng THC/ml Blutserum oder mehr ist eine MPU gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 FeV anzuordnen. Die Feststellung „fehlendes Trennungsvermögen“ gemäß Anlage 9.2.1 ist analog zu Alkohol erst dann zu treffen, wenn die Trennungsbereitschaft nicht über das angeordnete MPU-Gutachten nachgewiesen werden kann.
sich im Bundesrat für die Änderung von § 14 und Anlage 4 der FeV einzusetzen. Mit der Änderung von § 14 und der Anlage 4 der FeV soll eine Angleichung der Maßstäbe im Umgang mit Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr erreicht werden. Eine verkehrsunabhängige Überprüfung der Fahreignung soll gewahrt bleiben, wenn Tatsachen die Annahme einer Abhängigkeit (ICD10) oder eines Missbrauchs (DSM IV) begründen.
sich im Bundesrat für die Änderung der Anlage zu § 24a StVG einzusetzen. Mit der Änderung soll den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in Bezug auf die akute Wirkungsdauer von Cannabis Rechnung getragen werden. So treten Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit bei circa 5 ng THC/ml Blutserum auf, die mit denen zu vergleichen sind, die bei etwa 0,5 Promille BAK auftreten. Dieser Cannabisgrenzwert von 5 ng THC/ml Blutserum soll explizit in die Anlage zu §24a StVG aufgenommen werden.
den Ausbau der Forschungsvorhaben zum Gefahrenpotenzial von Betäubungsmitteln im Straßenverkehr voranzutreiben.
sich für die Aktualisierung des Unterrichtsstoffes in den Fahrschulen insbesondere bezüglich der Auswirkungen von Mischkonsum auf die Fahrtauglichkeit einzusetzen.
sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass ein bundeseinheitliches Verfahren zur toxikologischen Bestimmung der Konsumfrequenz eingeführt wird.
Antrag im Plenum: Donnerstag, 12. Mai 2016, TOP 5, ca. 13.45 Uhr
I. Sachverhalt
Am 02. Mai 2016 wurde nach knapp dreijährigen Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der US-amerikanischen Regierung der aktuelle Stand des Handels- und Investitionsabkommens TTIP geleakt. Das schon zuvor höchst umstrittene Abkommen, der institutionelle Rahmen der Verhandlungen sowie die Verhandlungsführung haben durch die veröffentlichten Inhalte einen immensen öffentlichen Vertrauensverlust erfahren.
Der massive Vertrauensverlust in die europäischen Verhandlungsführer liegt zum einen in den Verhandlungsinhalten begründet. Nach vorläufiger Auswertung der Papiere muss der Eindruck entstehen, dass die US-Seite insbesondere auf die Einflussnahme auf die europäische Gesetzgebung abzielt: So sollen laut TTIP-Leaks einer Expertenkommission mit Vertretern beider Seiten Kompetenzen bei künftigen Gesetzesvorhaben oder Vertragsänderungen eingeräumt werden. Auch legen die veröffentlichten Leaks nahe, dass gewohnte Standards des europäischen Verbraucherschutzes, vor allem das bewährte Vorsorgeprinzip, durch TTIP ausgehöhlt oder sogar abgeschafft werden könnten. Die Kommission konnte diese und andere Befürchtungen zu keinem Zeitpunkt entkräften.
Zum anderen hat sich die EU-Kommission mit ihrer restriktiven Öffentlichkeitspolitik, die nur sehr zaghaft auf die Forderungen aus der Zivilgesellschaft nach mehr Transparenz und demokratischer Einflussnahme regierte, in den Augen der Menschen in Deutschland und NRW als Verhandlungsführer selbst diskreditiert. Die Beschwichtigungen der EU-Kommission infolge der Leaks klingen wenig glaubwürdig.
II. Der Landtag stellt fest
Das Vertrauen der Öffentlichkeit in das TTIP-Abkommen, den institutionellen Rahmen der Verhandlungen sowie die Verhandlungsführung der EU-Kommission ist nachhaltig erschüttert. Auf dieser Basis ist eine Fortsetzung der Verhandlungen nicht möglich.
III. Der Landtag beschließt
Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf, sich auf allen politischen Ebenen für ein Ende der aktuellen TTIP-Verhandlungen und einen demokratischen, transparenten und zivilgesellschaftlich getragenen Neustart einzusetzen.
Antrag im Plenum: Mittwoch, 11. Mai 2016, TOP 9, ca. 16.25 Uhr
I. Sachverhalt
Betriebsprüfer sind Ländersache
Die Finanzverwaltungen der Länder sind im bundesrepublikanischen System für die Durchsetzung der Steuergesetze verantwortlich. Nach der Betriebsprüfungsstatistik des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahre 2012 beträgt der durchschnittliche Prüfungsturnus bei Großbetrieben etwa 4,5 Jahre, bei Mittelbetrieben etwa 15 Jahre und bei Kleinbetrieben ungefähr 30 Jahre. Kleinstbetriebe wurden statistisch nur alle 100 Jahre – also faktisch nie geprüft. Nach geltendem Recht im Bereich der Steuergesetzgebung gelten Fristen von 10 und 5 Jahren. Nachweislich ist der aktuelle Einsatz von Betriebsprüfern in der Bundesrepublik zu mangelhaft, um dem Gesetz ausreichend Geltung zu verschaffen.
Standortvorteil „fehlende Betriebsprüfer“
Politisch brisant wird diese Thematik zusätzlich, wenn Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland den Standortvorteil „fehlender“ Betriebsprüfer nutzen und damit Unternehmensansiedlungen fördern. So sinngemäß ausgeführt von Dieter Ondracek in der Süddeutschen Zeitung (online) am 04.03.2011. Er bezog sich hauptsächlich auf süddeutsche Bundesländer. Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen bemängelte am 17.02.2016 in der Rheinischen Post (online) sogar die mangelnde Ausstattung der Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen. Diese Frage wurde seitens der Piratenfraktion bereits im letzten regulären Beratungsverfahren zum Haushalt 2016 während der Anhörung und der dazu geführten Plenardebatten eindeutig thematisiert. Vollkommen unklar bleibt die Aussage des Finanzministers Nordrhein-Westfalens Dr. Norbert Walter-Borjans in der Debatte zu den Panama-Papers am 20.04.2016, als er sich dahingehend äußerte, dass der „Ressortminister mit dem Haushaltsminister sprechen müsse“, um über die Erhöhung der Stellen im Bereich der Betriebsprüfungen und anderen zu streiten. Weiterlesen »
Antrag im Plenum: Mittwoch, 11. Mai 2016, TOP 4, ca. 12.35 Uhr
I. Sachverhalt
Im Frühjahr 2015 sammelte die Initiative ‚G9Jetzt!‘ über 100.000 Unterschriften für eine Rückkehr zu G9 und übergaben sie dem Landtag. Jetzt hat die Landeselternschaft der Gymnasien in Nordrhein-Westfalen auf ihrer Mitgliederversammlung am Samstag (16.4.2016) die Ergebnisse einer Umfrage mit rund 54.000 Beteiligten präsentiert: 80 Prozent aller Befragten sind für G9 und damit dreizehn Schuljahre an den Gymnasien.
Die Elternschaft der nordrhein-westfälischen Gymnasien war schon lange unzufrieden mit der Situation an den Schulen. Daher beschloss der Verband eine Basisbefragung der Mitglieder. Darüber hinaus wurde eine Online-Befragung angeboten, bei der neben Eltern und Schülern auch Lehrer, Schulleiter und außerschulisches Personal ihre Meinung kundtun konnten.
Das Ergebnis der Umfrage ist eindeutig für G9!
Die Landeselternschaft der Gymnasien beauftragte Professor Dr. Rainer Dollase von der Universität Bielefeld mit der Durchführung der Befragung zu Akzeptanz und Ausgestaltung von G8 bzw. G9. An der Umfrage haben 54.644 Menschen teilgenommen. Dies geschah sowohl online als auch per Papierfragebogen. 88 Prozent der Onlineantworten und 79 Prozent der Postantworten sprachen sich für das neunjährige Gymnasium aus. Das ist auch eine Bestätigung der bisherigen Untersuchungsergebnisse repräsentativer Meinungsumfragen im Jahre 2014, die 76% (Forsa) bzw. 79% (Emnid für JAKO) festgestellt hatten. Weiterlesen »
Die Zuschauer zu grüßen hat sich im Landtag von Nordrhein-Westfalen mit dem Einzug der PIRATEN zu einer gängigen und mittlerweile auch von einigen anderen Abgeordneten[1] gern gelebten Praxis entwickelt.
Das Präsidium des Landtages beauftragte zwischen Dezember 2015 und Februar 2016 ein Gutachten[2], inwieweit Abgeordnete Besucher ansprechen dürfen. Anlass bot eine Situation am 4. Dezember 2015 im Plenum: Der Abgeordnete Oliver Bayer hatte den Zuschauern und Abgeordneten einen komplexeren Sachverhalt erklären wollen. Vizepräsident Keymis unterbrach ihn und mahnte Weimar an.
Das Gutachten trägt den Titel „Zulässigkeit der Kommunikation zwischen Abgeordneten und Besuchern während der Plenardebatte mit Bezügen zur historischen Entwicklung“ und sollte ausdrücklich auch Bezüge zur historischen Entwicklung darstellen.
Das Gutachten selbst weist darauf hin, dass bei der Ansprache des Publikums die Intention entscheidend ist. Auf der einen Seite steht die Strategie demokratiefeindlicher Kräfte, wie ehemals die NSDAP „Sand ins Getriebe zu streuen, Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen, die parlamentarische Arbeit möglichst dadurch zu behindern, daß man ihre Regeln anzweifelte.“[3]Diese Kräfte möchten Volk und Parlament voneinander entfernen und Regeln brechen, um zu polarisieren.
Auf der anderen Seite steht die Intention, den Parlamentarismus schrittweise weiterzuentwickeln und dadurch zu stärken. Dazu gehört es, einer Entfremdung und Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, indem die Kommunikation gesellschaftlichen Entwicklungen folgt. Implizite Regeln des Parlaments unterliegen einem Wandel und dieser muss den stark gestiegenen Anforderungen an Transparenz, Bürgerbeteiligung und Offenheit folgen können.
Das Gutachten spricht dabei von Errungenschaften und formuliert: „Hier ist auch ein Wertewandel zu berücksichtigen. Transparenz und Öffentlichkeit haben heute einen anderen Stellenwert als noch vor einigen Jahren.“[4] Damit zeigt es, dass sich der Parlamentarismus ändern kann und weiter verändern muss und dass dies ein guter Prozess ist. Alle Bemühungen um Transparenz, auch das Streamen von Anhörungen und zukünftig hoffentlich Ausschusssitzungen und auch die Rede für diejenigen, die zuhören, sind positive Entwicklungen, die dann nachhaltig zu Veränderungen führen, wenn sie nach und nach von mehreren Fraktionen aufgenommen und angenommen werden.
Gleichzeitig zeigt das Gutachten auf, welche Diskrepanz entstehen kann, wenn Veränderung und Anspruch bzw. Anschein auseinanderdriften: „Die Debatte im Plenum dient nicht mehr der Suche nach der richtigen Lösung, sie zwingt Regierung und Opposition vielmehr dazu ihre jeweilige Politik darzulegen und Meinungsunterschiede öffentlich auszutragen.“[5]Ging es in Plenardebatten ursprünglich um Entscheidungsfindung, so werden heute nur noch Stellungnahmen für die Öffentlichkeit abgegeben. Dennoch wird der Anschein vermittelt, die Debatten seien Ergebnisoffen. Reine Showdebatten, welche weder ergebnisoffen, noch bezüglich ihrer Rolle und Funktion für die Öffentlichkeit transparent sind, stärken allerdings nicht den Parlamentarismus, sondern fördern Politikverdrossenheit.
Unverständliche und an den jeweiligen Sachfragen vorbeigehende Parteipolitik im Parlament, Fraktionszwang und die Verbannung von Entscheidungsfindungen in nichtöffentliche und inoffizielle Treffen außerhalb der offiziellen parlamentarischen Institutionen, sind Entwicklungen, die mutmaßlich den Erwartungen der Gesellschaft entgegengesetzt verlaufen sind. Es bleibt ein Problem des Systems, wenn Entscheidungen politisch von der Regierung getroffen werden und die Regierungsfraktionen diese Entscheidungen im Parlament lediglich exekutieren. Die Regierung nimmt sogar mit der Beantragung von Unterrichtungen und der Ausweitung von Redezeiten in dieser Legislaturperiode zunehmend direkt Einfluss auf die Schwerpunktsetzung und den organisatorischen Verlauf der Parlamentsdebatten. Errungenschaften des Parlamentarismus bleiben dabei auf der Strecke. So führt der fehlende Respekt für das Freie Mandat im Landtag NRW immer wieder zu Missverständnissen zwischen Parlament und Öffentlichkeit.
Die Folge dieser Praxis entgegen des Anspruchs des Parlaments ist eine Debattenkultur, die zu einer Kultur der Mittelmäßigkeit auch bezüglich der politischen Ziele und Ergebnisse für Nordrhein-Westfalen führt. Denn oftmals werden ohne breite Aussprache und ohne jede ergebnisoffene Beteiligung in der Fraktions- und Parteispitze vorgefasste elitäre Positionen durch das Parlament gebracht, die singulär Partikularinteressen bedienen oder die sich am Ende als wenig oder gar nicht zu Ende durchdacht erweisen. In anderen Fällen, man sieht es an der Verfassungskommission, weicht der eigene Anspruch an Offenheit und Transparenz während eines langen Prozesses schlussendlich einem davon weitgehend abgekoppelten elitären Entscheidungsverfahren.
Die sukzessive Weiterentwicklung der Debattenkultur und der expliziten wie impliziten Regeln des Parlamentarismus in NRW ist daher wünschenswert und sollte aktiv und progressiv betrieben werden. Demokratie darf für die „Alteingesessenen“ und „Entscheider“ unbequem sein und die Regeln des Parlaments dürfen nicht vorwiegend zur „Durchregierbarkeit“ hin optimiert werden. Technische und gesellschaftliche Entwicklungen im Zuge der Digitalen Revolution bieten die Chance, dem Ruf der Gesellschaft nach Bürgerbeteiligung und Transparenz zu folgen (siehe u.a. den Umsetzungsstand der Kremser Erklärung).
Das aktuelle parlamentarische System ist grundsätzlich stabil und funktionsfähig, es benötigt allerdings ein Update in der Debattenkultur von innen heraus. Gleichzeitig müssen die Erwartungen der Gesellschaft bekannt sein. Für Entwicklungen der Demokratie, die weit über die Debattenkultur hinausgehen und eine Verfassungsänderung benötigen, ist auch ein entsprechender Volksentscheid angebracht.
II. Der Landtag stellt fest:
Das nordrhein-westfälische Parlament hat keine fortschrittliche Debattenkultur, die den Erwartungen der Gesellschaft hinsichtlich Offenheit, Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Ehrlichkeit folgen kann.
Eine grundsätzliche Abwehrmauer gegen Entwicklungen, die aus der Innensicht lediglich unbequem oder gar aus strategischen Gründen inakzeptabel erscheinen, richtet sich immer auch gegen Offenheit, Transparenz und demokratische Beteiligung.
Der Parlamentarismus darf, kann und muss sich weiterentwickeln, um den Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden.
III. Beschlussfassung
Das nordrhein-westfälische Parlament braucht eine fortschrittliche Debattenkultur, die den Erwartungen der Gesellschaft hinsichtlich Offenheit, Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Ehrlichkeit folgt. Es verpflichtet sich diesen Werten.
[1] vgl. Gutachten, S.20: in einer Stichprobe lebten diese Praxis 24 von 124 der Redenden, davon 15 Angehörige der Piratenfraktion. Im Bundestag ergab eine ähnliche Stichprobe: 22 von 152.
[2] Gutachten „Zulässigkeit der Kommunikation zwischen Abgeordneten und Besuchern während der Plenardebatte mit Bezügen zur historischen Entwicklung“
[3] Mergel, Parlamentarische Kultur in der Weimarer Republik. Politische Kommunikation, symbolische Politik und Öffentlichkeit im Reichstag, S. 448; zitiert im Gutachten, S. 14.