Abschied von der Arbeitsgesellschaft: Im Informationszeitalter brauchen wir eine Volksabstimmung über das Bedingungslose Grundeinkommen

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21. April 2016, TOP ), ca. 15.35 Uhr

Drucksache 16/11692

I. Sachverhalt

Die heutige Arbeitsgesellschaft fordert einen hohen Preis: hohe Arbeitslosigkeit, hohe soziale Ungleichheit, schlechte und teils prekäre Arbeitsbedingungen. Wer nicht oder nur teilweise arbeitet, droht aus der (Arbeits-) Gesellschaft ausgegrenzt zu werden. Wir brauchen daher eine neue Wertschätzung von Einsatz und Kreativität in unserer Gesellschaft. Dazu muss sich der Arbeitsbegriff ändern. Mit der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens würde sich der Arbeitsbegriff sofort und unmittelbar verändern. Doch nicht nur unser Verständnis von Arbeit ist im Wandel, ebenso wird sich die gesamte Arbeitswelt durch die Digitale Revolution fundamental verändern. Die Menschen stehen vor der Wahl, wie sie in Zukunft arbeiten und leben wollen. Wir müssen den Wandel der Arbeitsgesellschaft und die Digitale Revolution für uns nutzen, sie gestalten und somit unsere soziale Sicherheit steigern und garantieren.

Die Schaffung sozialer Sicherheit kann nicht länger allein an individuelle Arbeitsverhältnisse geknüpft werden, sondern muss als gesellschaftlicher Auftrag verstanden werden. Nur wer frei und selbstbestimmt entscheiden kann, welche Leistung erbracht oder welche Arbeit geleistet wird, erfährt Wertschätzung. Wer einen Teil seines Einkommens bedingungslos erhält, kann wesentlich freier und selbstbestimmter eine Stelle antreten, über das Gehalt verhandeln oder ein Ehrenamt wahrnehmen. Die Selbstbestimmung vieler Menschen wird somit keine leere Floskel mehr sein, sondern Realität.

Die technologische Entwicklung ermöglicht es grundsätzlich, dass nicht mehr jede monotone oder sogar gefährliche Aufgabe von Menschenhand erledigt werden muss. Dies ist ein großer Fortschritt. Doch spiegelt sich die individuelle Wertschätzung für erbrachte Leistungen für die Gesellschaft nicht auch im Aufbau unserer Sozialsysteme wieder, wird die Umwandlung von Arbeitsplätzen in automatisierte, computergesteuerte Prozesse lediglich die aktuellen ungleichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse verfestigen und die Digitalisierung wird allein denjenigen zugute kommen, die schon heute in der ökonomischen und sozialen Hierarchie oben stehen.

Daher ist das Streben nach absoluter Vollbeschäftigung weder zeitgemäß noch sozial wünschenswert. Ebenso veraltet sind bürokratische und hierarchische Sozialleistungen wie Hartz IV, das viele Menschen oftmals als Schikane mit System erleben. Stattdessen sollten wir uns dafür einsetzen, dass alle Menschen gerecht und bedingungslos am Gesamtwohlstand beteiligt werden.

Die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens, das die Ziele des „Rechts auf sichere Existenz und gesellschaftlicher Teilhabe“ darstellt, soll:

  • die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
  • einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
  • ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zur Leistungserbringung garantiert werden.

Wir wissen, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen den Sozialstaat wesentlich verändern wird. Statt mit klassischer Parteipolitik muss dessen Einführung daher mit einer breiten Beteiligung der Bürger einhergehen.

Wir nehmen viele engagierte Menschen wahr, die sich seit Jahren in- und außerhalb von Parteien für ein Bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen. Wir wollen dieses Engagement auf die politische Bühne des Bundestages bringen und mit den dortigen Möglichkeiten eine breite und vor allem fundierte Diskussion in der Gesellschaft unterstützen.

Dazu benötigt man eine konkrete Ausarbeitung und Berechnung neuer sowie die Bewertung bestehender Grundeinkommens-Modelle. Für jedes Konzept sollen die voraussichtlichen Konsequenzen sowie Vor- und Nachteile aufgezeigt und der Öffentlichkeit transparent dargestellt werden.

Zeitgleich müssen die politischen Voraussetzungen dafür geschaffen sein, dass noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode die gesetzlichen Grundlagen für Volksabstimmungen auf Bundesebene geschaffen werden. Sie sollen den Bürgern ermöglichen, die einzelnen Grundeinkommens-Modelle als Gesetzesentwurf direkt zur Abstimmung zu stellen. Um dabei über eine Vielfalt an Konzepten gleichzeitig entscheiden zu können, sollen Volksabstimmungen auch mit Präferenzwahlverfahren durchgeführt werden können.

Veränderung der Lebenswirklichkeiten durch die Digitale Revolution

Die etablierte ökonomische, politische und soziale Struktur ist inkompatibel mit dem Stand der Technologie und den daraus resultierenden gesamtgesellschaftlichen Veränderungen.

Die fortschreitende Digitalisierung führt unter den jetzigen Bedingungen zu einer Verlagerung von Arbeit zu Kapital. Ob Roboter oder Algorithmen; immer mehr Arbeitsplätze werden durch die Digitalisierung in automatisierte, computergesteuerte Prozesse umgewandelt. Dabei sind bisher weite Teile der sozialen Sicherungssysteme stark veraltet. Abzusehen ist heute schon, dass in der Phase des Übergangs in die durchweg digitalisierte Lebenswirklichkeit mindestens ein Drittel aller herkömmlichen Arbeitsplätze, so wie wir sie bisher gekannt haben, vom Wegfall bedroht sind. Dies betrifft nicht nur Beschäftigungsverhältnisse mit simplen Tätigkeiten, sondern auch Arbeitsplätze von vermeintlich höher- und hochqualifizierten Menschen.

Dennoch ist die öffentliche Hand mit dem gegenwärtigen Steuersystem und der Sozialversicherung überhaupt nicht vorbereitet auf die technologisch exponentiell wachsenden Umwälzungen und deren revolutionierenden Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur in NRW, der Bundesrepublik und der ganzen Welt.

Die Digitalisierungsdividende nutzen

Dabei könnten die notwendigen Steuermittel durchaus erwirtschaftet werden. Dafür muss wieder zum Prinzip der Einheitlichkeit der Besteuerung zurückgekehrt werden. Das bedeutet insbesondere die Rücknahme jeglicher Privilegien bei der Besteuerung von Kapitalerträgen sowie die Bekämpfung des Ausnutzens ruinöser Steuervermeidungsstrategien. Außerdem muss der Bedeutungsgewinn von immateriellen im Verhältnis zu materiellen Gütern innerhalb des Produktionsprozesses auch im Steuer- und Sozialsystem seinen Niederschlag finden.

Dieses wäre ein erster Schritt, um hin zu einer auskömmlichen Finanzierung der öffentlichen Hand und zu einer höheren Einkommensgerechtigkeit über die Abschöpfung einer „Digitalisierungsdividende“ zu kommen.

Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) einführen

Neben der immer weiter aufgehenden Schere bei der Vermögens- und Einkommensverteilung wird es in Zukunft darum gehen, wie wir die enormen Effizienzsteigerungen aufgrund der Digitalisierung von Arbeit sinnvoll zum Wohle der Gemeinschaft einsetzen.

Wir wollen die Digitalisierungsdividende nutzen, um ein sozial gerechtes Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) zu finanzieren. Das BGE bietet die Basis und damit die Wahlfreiheit für sinnstiftende Arbeit und Tätigkeiten. Die Menschen sollen ihre Potenziale und Talente so ausschöpfen können, wie sie es für richtig halten. Kleinteilige und ergebnislose Diskussionen um die Stärkung von Zivilgesellschaft und Ehrenamt, die Bekämpfung der Folgen des Burn-Out-Syndroms, welche immer häufiger durch den zunehmenden Arbeitsstress hervorgerufen werden, oder um die Entwicklung finanzierbarer Konzepte für lebenslanges Lernen, erübrigten sich durch die Einführung eines BGE größtenteils.

Nur durch das Ergreifen der Digitalisierungchancen und durch die Einführung eines BGE als moderne und selbstbestimmte Form sozialer Sicherheit kann Nordrhein-Westfalen mittel- bis langfristig für die Menschen lebenswert bleiben.

Es gibt eine Mehrheit für ein Bedinungsloses Grundeinkommen in Deutschland

Das Meinungsforschungsinstitut YouGov hat Ende Januar 2016 festgestellt, dass 53% bei einer repräsentativen Umfrage in Deutschland sich prinzipiell für das Bedingungslose Grundeinkommen aussprechen würden.

Kritik an der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wird häufig an der in Frage stehenden Finanzierung eines entsprechenden Modells entgegengebracht. Hier ist festzuhalten, dass bereits im Jahr 2006 das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages „Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland“ ergab, dass durch Neuverteilung aller bereits bestehender Sozialtransfers sofort ein Bedingungsloses Grundeinkommen von ca. 645 Euro pro Person und Monat gezahlt werden könnte, ohne dass es eine zusätzliche Finanzierung dazu bräuchte (Stand 2006). Eingerechnet sind bei diesem Betrag noch nicht die freiwerdenden Mittel durch den Abbau des Bürokratieapparats zur Verwaltung der Sozialtransfers.

II. Der Landtag stellt fest

a) Ein Bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland ist zeitgemäß und realisierbar. Die verschiedenen Modelle gilt es öffentlich zu diskutieren und in einen Entscheidungsprozess zu bringen.

b) Das Bedingungslose Grundeinkommen muss zur auskömmlichen Finanzierung des menschlichen Grundbedarfs und zur Teilhabe am öffentlichen Leben ausreichend sein. Die Höhe muss daher weit über der heutigen Armutsgefährdungsgrenze liegen.
III. Der Landtag beschließt

die Landesregierung aufzufordern eine Bundesratsinitiative zu starten mit dem Ziel, dass auf Bundesebene eine Volksabstimmung über die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens stattfinden kann.

Urteil des Bundesverfassungsgericht sofort umsetzen. Akkreditierung rechtssicher gestalten und staatliche Verantwortung für die Hochschulen endlich wahrnehmen

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20. April 2016, TOP 12, ca. 18.15 Uhr

Drucksache 16/11690

I. Ausgangslage

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 17.Februar 2016 eine Grundsatzentscheidung über einen Mangel an hinreichender gesetzlicher Steuerung im Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Frage der Akkreditierung von Studiengängen getroffen.

So stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Regelungen über die Akkreditierung von Studiengängen des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach Studiengänge durch Agenturen „nach den geltenden Regelungen“ akkreditiert werden müssen,  mit dem Grundgesetz (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar sind. Der Erste Senat hatte dies in einem Verfahren der konkreten Normenkontrolle auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Arnsberg entschieden. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit steht zwar Vorgaben zur Qualitätssicherung von Studienangeboten grundsätzlich nicht entgegen.

Der Gesetzgeber dürfe jedoch inhaltliche und verfahrens- und organisationsbezogene Anforderungen an eine Akkreditierung nicht aus der Hand geben, sondern habe hinreichende gesetzliche Vorgaben zu machen.

Wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung von Studiengängen darf der Gesetzgeber jedoch nicht anderen Akteuren überlassen, sondern müsse sie unter Beachtung der Eigenrationalität der Wissenschaft selbst treffen.

Das Gericht fordert die Landesgesetzgeber auf, verfassungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2018 an zu treffen.

Weiter urteilt das Gericht, § 72 Absatz 2 Satz 6 und § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung des Hochschulfreiheitsgesetzes vom 31. Oktober 2006 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 2006, Seite 474) sowie § 73 Absatz 4 und § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16. September 2014 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 2014, Seite 547) sind mit Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes unvereinbar.

Die Akkreditierung ist mit schwerwiegenden Eingriffen in die Wissenschaftsfreiheit verbunden, die der Gesetzgeber nicht anderen Akteuren überlassen darf. Um dem Gesetzesvorbehalt zu genügen, muss er dafür die notwendigen gesetzlichen Vorgaben selbst treffen.

Auch durch die sog. Weiterentwicklung des Hochschulfreiheitsgesetzes in das sog. Hochschulzukunftsgesetz wurde es versäumt, die Akkreditierungsagenturen, wie bei den freischwebenden, niemand verantwortlichen Hochschulräten mit den nötigen staatlichen Kontrollen zu belegen und sie weiter unter dem Prinzip „Kontrolle ohne Verantwortung“ bewegen zu lassen. Es besteht in den aktuellen gesetzlichen Regelungen zur Qualitätssicherung der Lehre ein „Mangel an hinreichender gesetzlicher Steuerung“.

II. Der Landtag stellt fest

  • Der Landtag hat die Normierung inhaltlicher und verfahrens- und organisationsbezogener Anforderungen an die Akkreditierung faktisch aus der Hand gegeben und auch die Gesetzesnovelle nicht zur Abhilfe genutzt.
  • Ähnlich wie bei den Akkreditierungsagenturen stellen auch die Mitwirkungs- und Aufsichtsrechte der Hochschulräte einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit dar. Auch hier ist die hinreichende Teilhabe der Wissenschaft selbst nicht durch den Gesetzgeber garantiert und der Schutz vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen nicht gewährleistet.
  • Das geltende Hochschulgesetz in NRW ist mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG nicht vereinbar, da der Gesetzgeber wesentliche Entscheidungen über die Qualitätssicherung der Lehre, aber auch über den Schutz der Wissenschaftler/innen vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen im Wissenschaftssystem weitgehend anderen Akteuren überlassen und unter Beachtung der Eigenrationalität der Wissenschaft nicht selbst getroffen hat.
  • Der Schutz der Wissenschaftsfreiheit wird den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durch das Hochschulzukunftsgesetz nicht garantiert.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  • dem Landtag unverzüglich eine Gesetzesnovelle vorzulegen, die diese verfassungswidrigen Missstände beseitigt.
  • analog zur Regelung der Verfassungsmäßigkeit der Akkreditierungsagenturen auch die mit Entscheidungsbefugnissen im Wissenschaftssystem ausgestatteten Hochschulräte im Lichte dieses Urteils erneut zu prüfen und nötige Korrekturen und die nötigen Korrekturen in die Gesetzesnovelle einzuarbeiten.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Kein generelles Handyverbot an Schulen in Nordrhein-Westfalen: Das Smartphone als Teil der Lebenswirklichkeit von Jugendlichen respektieren

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21. April 2016, TOP 6, ca. 15.15 Uhr

Drucksache 16/11691

I. Sachverhalt

Immer wieder wird in den Medien über Handyverbote an Schulen in Nordrhein-Westfalen berichtet. Dort wo keine generellen Handyverbote ausgesprochen werden, gibt es oft sogenannte „Handynutzungsordnungen“ mit restriktiven Charakter: Geräte müssen weggesperrt und dürfen nicht genutzt werden. Dabei ist das Smartphone ein Alltagsgegenstand insbesondere für Menschen unter 18 Jahren. Die zunehmende Diskrepanz in der Wahrnehmung des Smartphones zwischen Schülerinnen und Schülern auf der einen Seite und dem Lehrpersonal auf der anderen erreicht mittlerweile bedenkliche Ausmaße. Dies führt auf beiden Seiten zu grassierendem Unmut.

Die Gründe dafür sind historischer Natur. Während junge Menschen unter 18 Jahren fast vollends mit dieser Technologie aufgewachsen sind und sie komplett in ihren Alltag integriert haben, nehmen die meisten Lehrkörper intelligente Mobiltelefone als potenziell störend im Schulalltag wahr. Heute sind Smartphones pädagogisch noch kaum in den Unterricht integriert – auch weil, auf Seiten der „Institution Schule“ Expertise fehlt, den wahren Mehrwert dieser Technologie für das Lernen zu erkennen.

Jede verfügbare digitale Technologie beinhaltet positives Potenzial, das es zu heben gilt. Dabei sind wir bei Smartphones der jüngsten Generation ungefähr bei der 180-fachen Rechenleistung, die zur ersten Mondlandung benötigt wurde. Digitale Technologien, insbesondere Smartphones, üben auf Jugendliche aufgrund ihres enormen Innovationspotenzials eine hohe Faszination aus: Durch immer kürzere Innovationszyklen werden laufend neue Funktionen, Kommunikationsmuster und soziale Interaktionsmöglichkeiten entdeckt bzw. geschaffen.

Dem entgegen steht die weitverbreitete Auffassung vieler Lehrkörper und Schulkonferenzen in Nordrhein-Westfalen, wonach das Smartphone aus dem Schulalltag verbannt werden sollte.

Natürlich gibt es bei jeder Technologie auch Missbrauchspotenzial, sowohl hinsichtlich der angemessenen Nutzung als auch der Nutzungsdauer. Ein generelles Handyverbot an Schulen wird der Tragweite der Situation allerdings nicht gerecht.

Sowohl Lehrerinnen und Lehrer als auch die Eltern sind aufgerufen, das Smartphone als Alltagsgegenstand in der Lebenswirklichkeit von Jugendlichen zu begreifen. Daher führt nur das Vorleben vernünftiger Normen bei der Nutzung und die differenzierte Sanktion bei Regelverstößen langfristig und vor allem außerhalb der Schulzeit zu einer Verbesserung des Nutzungsverhaltens. Denn ein Handyverbot in der Schule wird erzieherisch das Verhalten am Nachmittag oder am Wochenende kaum verändern.

Handyverbote werden von der Schulkonferenz der jeweiligen Schule beschlossen. In weiterführenden Schulen sind Vertreterinnen und Vertreter der Schülerschaft hier mit einem Drittel Stimmanteil vertreten. Die Eltern und Lehrerinnen und Lehrer stellen jeweils ein weiteres Drittel. Somit hat in der Regel eine Mehrheit der Schulkonferenzen einen weniger positiven Zugang zu dieser digitalen Technologie. Da es sich aus Schülersicht um einen wichtigen Alltagsgegenstand handelt, gilt es hier, besondere Rücksicht zu nehmen.

II. Der Landtag beschließt

Die Landesregierung wird aufgefordert, im ganzen Land dafür zu werben, dass das „generelle“ oder „allgemeine“ Handyverbot keinen sinnvollen Ansatz in der modernen Schulpolitik darstellt. Lehrerinnen und Lehrer sollten ermuntert werden, in die Medienwirklichkeit von Jugendlichen einzutauchen und mit ihnen zusammen über eine reflektierte Nutzung des Smartphones zu diskutieren. Dabei müssen insbesondere Potenziale für den Unterricht erkannt werden und mögliche Gefahren für den einzelnen Schüler und die Gesellschaft thematisiert werden.
Mitschnitt der kompletten Debatte:

Lobbyismus transparent machen – Einführung eines Lobbyregisters in NRW

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I. Sachverhalt

„Demokratie baut auf Freiheit und Gleichheit der Bürger auf. Die Gleichheit der Mitwirkungsmöglichkeiten ist grundlegend für die Demokratie. Zentrale Bedeutung kommt der Chancengleichheit bei der politischen Willensbildung des Volkes zu“, so heißt es in einem juristischen Kommentar zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.[1] Für die Gesamtheit der Staatsbürger in der repräsentativen Demokratie erschöpfen sich die Einflussmöglichkeiten weitgehend im Recht auf Teilnahme an periodisch stattfindenden Wahlen. Dabei ist zu konstatieren, dass die Beteiligung bei Landtagswahlen in NRW seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts zurückgegangen ist und sich inzwischen bei ca. 60% einzupendeln scheint (bei ca. 13,2 Mio. Wahlberechtigten). Bei Kommunalwahlen in NRW liegt die Beteiligung im Landesdurchschnitt nur bei ca. 50%, Tendenz fallend. Volksabstimmungen sind auf Bundesebene grundsätzlich nicht vorgesehen (Ausnahmen: Artikel 29 und Artikel 146 Grundgesetz) und auf Landesebene in NRW mit hohen Hürden verbunden. Kommunale Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheide finden in NRW nur punktuell statt,[2] was ebenfalls durch hohe Hürden bedingt ist. Es bleiben den Bürgern mittelbare Partizipationsmöglichkeiten über die Mitgliedschaft in politischen Parteien. Allerdings ist dort nur ein Bruchteil der Bevölkerung organisiert, wovon wiederum nur ein kleiner Teil auch tatsächlich politisch aktiv ist, Tendenz, ebenfalls fallend.

Somit kann festgestellt werden, dass in der repräsentativen Demokratie die verfassungsmäßigen Mitwirkungsmöglichkeiten wesentlich begrenzt sind, wobei innerhalb dieser Möglichkeiten der Grundsatz formaler Gleichheit aller Staatsbürger gilt.

Neben den geregelten verfassungsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeiten für die Staatsbürger besteht ein anderes, ungeregeltes System der Geltendmachung von subjektiven Interessen im politischen Willensbildungsprozess: der Lobbyismus. Lobbyismus kann definiert werden als Einflussnahme organisierter Gruppen auf die Exekutive und Legislative zwecks Durchsetzung ihrer Gruppeninteressen durch Pflege persönlicher Beziehungen. Damit steht Lobbyismus in einem Spannungsverhältnis zu demokratischen Anforderungen. Lobbyismus beeinträchtigt das Prinzip der Chancengleichheit, weil systematisch und durch Pflege persönlicher Beziehungen auf die Exekutive und Legislative einwirkende Gruppen gegenüber dem einzelnen Staatsbürger ein großes Machtübergewicht haben. Darüber hinaus berührt Lobbyismus das Gebot der Transparenz politischer Willensbildung, weil er auch in Teilen jenseits demokratischer Öffentlichkeit stattfindet. Schließlich steht Lobbyismus in einem Spannungsverhältnis zum Gemeinwohl, weil Lobbyisten die Verwirklichung von Partikularinteressen anstreben.

Dagegen wird oftmals erklärt, dass effiziente Politik ohne externes Fachwissen kaum noch möglich sei. Die Einbeziehung organisierter Interessengruppen sei zudem in einem modernen parlamentarisch-repräsentativen System Ausdruck demokratischer Offenheit. Tatsächlich scheinen in Anbetracht des stetig wachsenden Wissensvolumens die Kapazitäten insbesondere der Legislative zu dessen Bewältigung begrenzt. Die Anhörung betroffener Bevölkerungsgruppen bzw. deren organisierter Interessenvertreter in Gesetzgebungsverfahren erscheint aus rechtsstaatlicher Perspektive ohne Frage angezeigt. Die mit Lobbyismus verbundenen Vorteile lösen allerdings die verfassungsrechtlichen Probleme nicht auf.

Um in einem ersten Schritt Lobbyismus transparent und die Geltendmachung von Partikularinteressen für die Menschen im Land nachvollziehbar zu machen, ist die Einführung eines öffentlichen Lobbyregisters erforderlich.

Zusätzlich bedarf es offener, auch im Internet einsehbarer, zeitlich aktueller Statistiken, welcher Verband, welche Interessenvertretung, organisierte Gruppe oder Einzelvertreter wie oft und zu welchen Themen einzelne Mandatsträger, Ausschüsse, das Parlament oder die Landesregierung beraten hat. Dabei ist auszuweisen, von wem die Initiative dazu ausgegangen ist.

 

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

Die Landesregierung bringt bis Ende 2016 einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Lobbyregisters in den Landtag ein. Das Lobbyregister hat folgende Merkmale aufzuweisen:

a) Jede Person, die im Auftrag ihres Arbeitgebers, Kunden oder ihrer Lobbygruppe über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten pro Kalenderjahr wenigstens 20% ihrer Arbeitszeit für Kontaktanbahnung und Kommunikation mit Mitgliedern der Landesregierung oder deren Mitarbeitern aufwendet (Lobbyist), hat ihre Tätigkeit unter Angabe

  • ihres Namens
  • der Namen des Arbeitgebers, des Kunden oder der Lobbygruppe
  • des Lobbythemas
  • des für die Lobbytätigkeit bereitgestellten Budgets

im Lobbyregister zu veröffentlichen. Das soll auch für Rechtsanwälte gelten, soweit sie als Lobbyisten tätig werden.

b) Das Lobbyregister wird als öffentliche, nutzerfreundliche und barrierefreie Online-Datenbank ausgestaltet.

c) In dieser Datenbank werden alle Kontakte auch nach Häufigkeit und Dauer erfasst, sowie aufgeführt, von wem die Kontaktinitiative ausging.

d) Die Angaben der Lobbyisten im Lobbyregister werden von einen Lobbyismus-Beauftragten auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft. Bei einem Verstoß gegen Veröffentlichungspflichten kann dieser Sanktionen verhängen.

e) Jeder Bürger hat das Recht, dem Lobbyismus-Beauftragten Hinweise zu geben und Beschwerden zu Veröffentlichungen im Lobbyregister zu erheben.

 

III. Der Landtag verpflichtet sich,

noch in dieser Wahlperiode eine analoge Regelung zu II. zwecks transparenter Darstellung des Lobbyismus im Landtag zu entwickeln und einzuführen. Zusätzlich werden alle Beratungen in Ausschüssen, Arbeitsgruppen und Fraktionen erfasst.

[1]Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 Rn. 16, 19, 20; 7. Auflage, München 2014

[2]vgl. die Übersichten auf http://nrw.mehr-demokratie.de

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„Die Energiewende braucht Bürgerenergie – Ausschreibungen verhindern Bürgerenergie“

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I. Sachverhalt

Bürgerenergieprojekte sind unverzichtbarer Bestandteil des Gemeinschaftswerks der Energiewende. Nur sie schaffen die notwendige Akzeptanz vor Ort, insbesondere gilt das beim Ausbau der Windenergie.

Die Projekte der Bürger holen die Wertschöpfung zurück in die Regionen und schaffen die Möglichkeit für eine echte Beteiligung. Darüber hinaus können sie den Städten und Gemeinden helfen, die Energieversorgung wieder auf das Fundament einer kommunalen Basis zu stellen.

Die derzeit bei der Neufassung des EEG geplanten Ausschreibungsmodelle gefährden Bürgerenergieprojekte massiv. Teilnehmer an Ausschreibungen haben im Vorfeld hohe Kosten zu tragen um überhaupt dabei sein zu können. Das Risiko dann bei der Ausschreibung nicht zum Zuge zu kommen („Zuschlagsrisiko“) macht die Mehrheit der Projekte praktisch unmöglich. Oft stehen dann auch die vorgesehenen Flächen nicht mehr zu Verfügung, da nur die Partizipation der Menschen vor Ort die Voraussetzung für die Aktzeptanz der Anlagen schafft.

Durch Ausschreibungen werden große Unternehmen bevorzugt. Denn diese können die Planungskosten von Projekten, die keine Förderberechtigung erhalten, auf andere Projekte umlegen. Außerdem haben sie die Möglichkeit erhebliche Rabatte durch Großaufträge auszuhandeln. Durch die geplanten Ausschreibungen werden Bürgerinnen und Bürger in einen unfairen Wettbewerb gegen wesentlich größere Marktteilnehmer und Finanzinvestoren gezwungen.

Der aktuelle EEG-Entwurf sieht vor, dass nur Projekte, die kleiner als 1 Megawatt sind, von Ausschreibungen ausgenommen werden. Dies hätte jedoch für heutige Windenergieprojekte, bei denen bereits eine einzelne Anlage regelmäßig 2,5 Megawatt oder mehr Leistung aufweist, praktisch keine Relevanz.

Das neue Konzept zum Erhalt der Akteursvielfalt sieht vor, dass bestimmte, lokal verankerte Bürgerenergiegesellschaften leichter an den Ausschreibungen teilnehmen können. Dazu sollen die Teilnahmevoraussetzungen für diese Gesellschaften abgesenkt werden. Sie sollen im Gegensatz zu den anderen Akteuren z.B. bereits vor der Erteilung einer BImSchG-Genehmigung für eine Windkraftanlage ein Gebot im Rahmen der Ausschreibung abgeben können. Allerdings ergeben sich für die Bürgerenergieprojekte viele Kosten erst im Laufe des Planungsprozesses, so dass das zunächst abgegebene Gebot unter Umständen nicht haltbar ist. Eine mögliche Ursache dafür ist auch der lange Zeitraum von der ersten Idee bis zur Realisierung des Projekts. Die vorgesehenen Regelungen für den Erhalt der Akteursvielfalt sind somit insgesamt völlig unzureichend um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Die Akteursvielfalt bei der Energiewende kann nur gewährleistet werden, wenn Bürgerenergieprojekte von den geplanten Ausschreibungen so weit wie möglich ausgenommen werden und sie stattdessen weiterhin die bewährte, feste Einspeisevergütung erhalten. Durch eine klare Definition von Bürgerwindakteuren ließen sich dabei auch die Befürchtungen ausräumen, dass künftig Großinvestoren die Regelung ausnutzen und nur noch kleinere Bürgerwindparks bauen. Eine solche Definition ist kein wirkliches Problem, es gibt bereits gute und trennscharfe Vorschläge dafür.

Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager äußerte kürzlich, dass eine Befreiung von der Ausschreibungspflicht für Projekte bis 18 Megawatt mit den EU-Beihilfeleitlinien vereinbar sei. Es ist also zu erwarten, dass es von Seiten der EU keine Einwände geben wird.

 

II. Der Landtag stellt fest:

Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie von einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung getragen wird. Insbesondere beim Ausbau der Windenergie, aber auch bei der Fotovoltaik, sind Bürgerenergieprojekte unverzichtbar um die Aktzeptanz vor Ort herzustellen. Die Neufassung des EEG muss im Rahmen der Beihilferichtlinien der EU so gestaltet werden, dass Bürgerenergieprojekte nicht ausgebremst werden.

 

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, auf allen Ebenen darauf hinzuwirken, dass Bürgerenergieprojekte bis 18 Megawatt grundsätzlich von Ausschreibungen befreit werden.

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15.000 Tote pro Jahr in NRW durch Luftverschmutzung – NRW braucht Ziele für den Schutz von Gesundheit und Leben: Emissionsfreier Verkehr in unseren Städten.

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I. Sachverhalt

Luftverschmutzung ist nach wie vor das größte Umweltproblem in Europa, insbesondere gilt das für Städte und Ballungsräume. Unser Land NRW ist in besonderem Maß davon betroffen.

Luftverschmutzung ist für die Natur und das Klima gefährlich, vor allem führt sie zu Erkrankungen bei den Menschen und verursacht direkt und indirekt zahlreiche Todesfälle. Das belegen mehrere Studien: Mehr als 90 Prozent der städtischen Bevölkerung in Europa ist jeden Tag gesundheitsschädlicher Luftbelastung ausgesetzt. In Europa fordert Luftverschmutzung nach Angaben der Europäischen Umweltagentur jährlich ca. 430.000 vorzeitige Todesfälle. In Deutschland sterben pro Jahr mehr als 47.000 Menschen aufgrund der zu hohen Feinstaubbelastung.

Für Nordrhein-Westfalen bedeutet das: über 15.200 Tote, ein Vielfaches an Erkrankten und ein milliardenschwerer volkswirtschaftlicher Schaden. Bereits in den 90er Jahren gab es Kampagnen, u.a. von Greenpeace, gegen die verkehrsbedingte Belastung der Luft mit krebserregenden Schadstoffen. Alleine in NRW sterben Jahr für Jahr mehr Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung als weltweit Opfer von Terroranschlägen werden.

In den Städten sind insbesondere Abgase von Dieselmotoren in Pkws, Bussen, Lkws aber auch Baumaschinen sowie Binnenschiffen nach wie vor die Hauptquelle für die Luftverschmutzung. Sie verursachen umwelt- und gesundheitsschädlichen Feinstaub (PM10) und Stickstoffoxide (NOx). Die Deutsche Umwelthilfe macht allein die Dieselfahrzeuge für 26 Prozent der Stickstoffdioxid-Belastung in Städten verantwortlich. Ebenso problematisch ist auch der primäre und sekundäre Feinstaub aus Dieselabgasen. Dafür legt die Euro-6-Norm strenge Grenzwerte fest – diese gelten jedoch nur für Neuwagen und wirken nur, wenn sie auch eingehalten werden.

Der Schutz des Lebens und der Gesundheit muss das oberste Ziel des politischen Handelns jeder Regierung sein. Der Skandal um den Betrug von VW bei den Abgaswerten beweist, dass endlich konsequent gehandelt werden muss. Es führt kein Weg daran vorbei, den Ausstieg aus dem Zeitalter der Verbrennungsmotoren aktiv voran zu treiben. Den verschiedenen Varianten des Elektroantriebs gehört die Zukunft. Die Landesregierung muss ihrer Verantwortung für die Gesundheit und das Leben der Menschen in NRW gerecht werden.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Die Luftverschmutzung durch Fahrzeuge aller Art mit Verbrennungsmotoren ist insbesondere in den Ballungsräumen eine akute Gefahr für die Gesundheit und das Leben der betroffenen Menschen. Umweltzonen und ähnliche Maßnahmen sind nicht geeignet, hier wirklich Abhilfe zu schaffen.
  • Das Ziel der Politik muss eine deutliche Reduzierung der Verkehrstoten durch Luftverschmutzung sein.
  • Im innerstädtischen Verkehr gibt es ein besonders großes Potential für Elektromobilität. Das betrifft vor allem Busse und andere Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) über die existierenden elektrischen Bahnen und Straßenbahnen hinaus. NRW soll daher das sekundäre Ziel verfolgen, Marktführer für Elektro-ÖPNV zu werden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. sich auf allen Ebenen für Regeln und Gesetze einzusetzen, die mittelfristig geeignet sind, die direkten verkehrsbedingten Emissionen in den Ballungsräumen auf null zu reduzieren.
  1. die direkten Emissionen des ÖPNV in NRW jeweils spätestens mit dem Beginn neuer Vertragszeiträume auf null zu reduzieren. Das bedeutet: 100% E-Fahrzeuge im ÖPNV.
  1. als Schwerpunkt des Landes die Entwicklung, die Produktion und den Einsatz von Elektrobussen zu fördern.
  1. sich konsequent für den Umstieg auf elektrische Antriebssysteme bei allen Arten von Fahrzeugen einzusetzen.
  1. die Beschaffung von Elektrofahrzeugen in öffentlichen Fuhrparks des Landes deutlich und konsequent zu erhöhen.
  1. sich aktiv gegen jede Gesetzgebung einzusetzen, die weiterhin Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren durch Subventionen begünstigt.
  2. als Ziel ihres Handelns dem Schutz der Gesundheit und des Lebens der Bürgerinnen und Bürger oberste Priorität zu geben.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

„Safe Harbor“ mit neuem Anstrich: Der Datenschutz-Deal „EU-US Privacy Shield“ gewährt in NRW lebenden Menschen keinen Schutz vor anlassloser Massenüberwachung

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I. Sachverhalt

Ende Februar hat die Europäische Kommission das bereits angekündigte Legislativpaket zum sogenannten „EU-US Privacy Shield“ veröffentlicht. Die Einigung zwischen der Europäischen Kommission und der US-amerikanischen Regierung soll zukünftig den Datenaustausch zwischen beiden Regionen regeln, insbesondere den Verkehr personenbezogener Kundendaten. In erster Linie geht es der Kommission darum, das Vertrauen der in der EU lebenden Menschen, in den Schutz ihrer personenbezogenen Daten vor der anlasslosen Massenüberwachung durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden, zurückzugewinnen.

Kern der Einigung ist eine neue „Adäquanzentscheidung“, die beweisen soll, dass die Datenschutzregeln in den USA grundsätzlich denen in der EU „angemessen“ sind. Aus den veröffentlichten Dokumenten geht hervor, dass mit dem „Privacy Shield“ vor allem die staatliche Kontrolle der geltenden Rechtslage in den USA, sowie die Beschwerdemöglichkeiten betroffener Bürger verbessert werden sollen.

Gleichzeitig wird in den Texten mehr als deutlich, dass die USA zu keinerlei Zugeständnissen bezüglich ihrer eigenen Aktivitäten zur Massenüberwachung bereit sind. Der US-amerikanische Director of National Intelligence James Clapper sagte in einem mitveröffentlichten Schreiben lediglich zu, dass die USA technische Aufklärung nur nutzen würden, um ihre nationale Sicherheit und ihre außenpolitischen Interessen zu stärken, sowie ihre Bürger und die ihrer Alliierten und Partner vor Schaden zu bewahren. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der im Rahmen des „EU-US Privacy Shields“ zugestandene „begrenzte Datenzugriff“ auch weiterhin die Verwendung von Massenüberwachungsdaten in sechs definierten Fällen erlaubt: So kann nicht davon ausgegangen werden, dass weitgefasste Nutzungsgründe wie „Cybersecurity“ oder „länderübergreifende kriminelle Bedrohungen“ zu einer restriktiveren Verwendung von in der EU erhobenen personenbezogenen Daten führt. Auch die durch den aktuellen Stand des „Privacy Shield“-Deals erfolgte Zusicherung der US-Regierung zur Einhaltung ihrer eigenen Überwachungsgesetze stellt eine Selbstverständlichkeit dar und ist keine substanzielle Weiterentwicklung eines Datenschutzabkommens.

Auch die geplante Ansiedlung einer (formal unabhängigen) Ombudsperson im US-Außenministerium, welche eine bessere Durchsetzbarkeit von Rechten gegenüber den US-Behörden garantieren soll, erntete scharfe Kritik. Die Europäische Ombudsfrau (oder Europäische Bürgerbeauftragte) Emily O’Reilly sah sich sogar genötigt der zuständigen EU-Kommissarin einen offenen Brief zu schicken, in dem sie sich über die Verwendung des Begriffes „Ombusman“ für die getroffene Regelung beschwerte, da sie den Bürgern vollkommene Unabhängigkeit der Stelle suggerieren würde.

Ein neues Abkommen zwischen der EU und den USA war insbesondere deshalb notwendig geworden, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 06. Oktober 2015 die Entscheidung zu „Safe Harbor“ der Europäischen Kommission für ungültig erklärt hatte (Rechtssache C-362/14). Die Safe-Harbor-Entscheidung aus dem Jahr 2000 genehmigte per se die Übermittlung personenbezogener Daten an Unternehmen in den Vereinigten Staaten, da davon ausgegangen wurde, dass US-Firmen gleichwertige Datenschutzstandards wie die innerhalb der EU gewähren. Hauptbegründung im EuGH-Urteil: Das ursprünglich definierte gleichwertige Datenschutzniveau zwischen den USA und der EU habe heute keinen Bestand mehr. Somit hat der EuGH die Grundannahme von Safe Harbor, das gleichwertige Schutzniveau, abgelehnt. Gleichzeitig hatte der EuGH mit seinem Urteil unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die nationalen Datenschutzbehörden bei vermuteten bzw. beklagten Grundrechtsverletzungen nicht untätig bleiben und sich auf EU-Entscheidungen berufen dürfen.

Das veröffentlichte Legislativpaket zum „EU-US Privacy Shield“ wurde von der Kommission noch nicht final verabschiedet. Zuerst muss noch das Gremium der EU-Datenschutzbehörden, die „Artikel 29-Gruppe“, sich zu dem Paket verhalten. Dessen Stellungnahme wird für Mitte April erwartet.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Das veröffentlichte Legislativpaket zum „EU-US Privacy Shield“ stellt insbesondere hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten gegenüber der anlasslosen Massenüberwachung durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden keine substanzielle Weiterentwicklung der für ungültig erklärten Safe Harbor-Entscheidung dar.
  2. Die anlasslose Massenüberwachung von in Europa lebenden Menschen durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden und die damit verbundenen Grundrechtsverletzungen werden mit dem aktuellen Stand des „EU-US Privacy Shields“ nicht verhindert werden können.
  3. Der zentrale Kritikpunkt des EuGH an der Safe Harbor-Entscheidung, nämlich dass man nicht von einem gleichwertigen Schutzniveau in der EU und den USA ausgehen kann, wird im veröffentlichten Stand des „EU-US Privacy Shields“ nicht ausgeräumt.

III. Der Landtag beschließt

  1. Der Landtag fordert die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, sich auf allen politischen Ebenen für ein wirksames Datenschutzniveau im „EU-US Privacy Shield“, das in Nordrhein-Westfalen lebenden Menschen echten Schutz vor der anlasslosen Massenüberwachung durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden und die damit verbundenen Grundrechtsverletzungen bietet, einzusetzen.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Informationsfreiheit schützen – Transparenz und einfachen Zugang zur staatlichen Informationen sicherstellen

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

Das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) dient dem Zweck, jeder natürlichen Person den Zugang zu von öffentlichen Stellen gehaltenen Informationen zu gewährleisten. Das Informations-freiheitsgesetz gewährt dabei jeder Person einen voraussetzungslosen Zugang zu Informationen von öffentlichen Stellen in Nordrhein-Westfalen.

Es soll den Menschen im Land Einblick in die Verwaltung ermöglichen und so Transparenz und Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Hand stärken. Denn im Zuge der Öffnung der Verwaltung und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an demokratischen Prozessen müssen ihnen auch die Informationen und Kenntnisse der öffentlichen Hand bekannt sein, um sich fundiert einbringen und entscheiden zu können.

Dafür ist ein barrierefreier und niedrigschwelliger Zugang zu Informationen notwendig, welcher vom Gesetzgeber im IFG NRW auch formfrei gestaltet wurde. Das Recht auf Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen ist mit der Einführung des Informations-freiheitsgesetzes im Jahr 2001 eingerichtet und im Jahr 2014 durch Streichung der Befristung dauerhaft etabliert worden.

Mit ihrer Stellungnahme (Vorlage 16/3580) zum 22. Datenschutz- und Informations-freiheitsbericht hat die Landesregierung jedoch Rechtsunsicherheit bei den Bürgerinnen und Bürgern und bei den öffentlichen Stellen in Nordrhein-Westfalen erzeugt. Die Stellungnahme wirft Fragen auf, die ein grundlegendes Missverständnis über die Funktions- und Arbeitsweise der Webseite ‚FragDenStaat.de‘ in den aufgeworfenen Fragestellungen um bevollmächtigte Vertretung der Antragsteller und der Veröffentlichung der Vorgänge widerspiegeln.

Nach dem IFG NRW können Informationsfreiheitsanträge schriftlich, mündlich oder elektronisch gestellt werden und die öffentliche Verwaltung nimmt diese beispielsweise per Post, per Telefon oder per Email entgegen. So ist es völlig unerheblich, ob die Emails per Outlook, Thunderbird, ‚FragDenStaat.de‘ oder anderen Services geschrieben werden, die Email bleibt eine Anfrage nach dem IFG NRW. Auch die aufgeworfene Fragestellung zur Bevollmächtigung von ‚FragDenStaat.de‘ als Vertreter der Antragsteller ist vor dem Hintergrund der Arbeitsweise von ‚FragDenStaat.de‘ fehlplatziert, denn an keiner Stelle tritt ‚FragDenStaat.de‘ selbst als Antragsteller auf. Stattdessen verschicken die Menschen über ‚FragDenStaat.de‘ selbst ihre Emails an die Verwaltungen.

Da die Stellungnahme der Landesregierung bereits von Kommunen zum Anlass genommen worden ist, Informationsfreiheitsanträge über ‚FragDenStaat.de‘ mit Hinweis auf eben diese Stellungnahme nicht ordnungsgemäß zu bescheiden, besteht Handlungsbedarf auf Seiten des Landes. Die Landesregierung muss den Kommunen ein Vorbild sein und sollte das Recht auf Informationsfreiheit schützen und gewährleisten.

 

II. Der Landtag stellt fest

  1. Informationsfreiheitsanträge können elektronisch, d.h. auch per Email, gestellt werden.
  2. Per Email eingehende Informationsfreiheitsanträge müssen bearbeitet werden, unabhängig davon, mit welchem Service oder welcher Software der Absender die Email erstellt hat.
  3. Eine amtliche Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz kann von den Antragstellern ohne Einschränkungen veröffentlicht und verbreitet werden.
  4. Die Webseite ‚FragDenStaat.de‘ leistet einen wichtigen und wertvollen Beitrag zum niedrigschwelligen Einstieg zur Nutzung des Rechts auf Informationsfreiheit.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. Den öffentlichen Stellen ein Informationsblatt über die Webseite ‚FragDenStaat.de‘ zur Verfügung zu stellen und darin klarzustellen, dass per Email eingegangene Informationsfreiheitsanträge auch als solche zu behandeln sind
  2. Im Rahmen der kontinuierlichen Weiterbildung öffentlich Beschäftigter sicherzustellen, dass das Recht auf Informationsfreiheit allen Leitern von öffentlichen Stellen bekannt ist.

70 Jahre Landeszentrale für politische Bildung: Wir brauchen jetzt mehr politische Bildung für alle

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

Vor 70 Jahren wurde in NRW die „Staatsbürgerliche Bildungsstelle“ gegründet, die am 1. Oktober 1967 in „Landeszentrale für politische Bildung“ umbenannt wurde. Die Aufgaben der „Landeszentrale für politische Bildung“ sind vielfältig: Sie soll die demokratisch-politische Kultur, Demokratiekompetenz, den kritischen Umgang mit Medien und die Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte fördern sowie die Teilhabe an politischen Prozessen und das politische und bürgerschaftliche Engagement steigern. Je nach aktueller Herausforderung setzt sie jährliche Schwerpunkte.

Seit vielen Jahren zeichnet sich in NRW ab, dass Menschen- und Demokratiefeindlichkeit in erschreckendem Ausmaß zunehmen. In den letzten Monaten ist besonders die Gruppe der Flüchtlinge ins Visier der Rechtspopulisten und Rechten gera-ten. Am Dienstag, den 26.01.2016 veröffentlichte das nordrhein-westfälische Innen-ministerium die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte. Seit 2014 hat sich die Zahl der flüchtlingsfeindlichen Straftaten von 25 auf 214 im Jahr 2015 verachtfacht.

Lange Zeit wurde diese Entwicklung in NRW und Deutschland verharmlost: Die Aufklärungsquote bei menschenfeindlichen Straftaten ist sehr niedrig und die Dunkelziffer ist viel zu hoch. Seit Jahren wird bemängelt, dass Hasskriminalität oft von Polizei, Politik und Justiz unterschätzt wird. Das hat nicht zuletzt die Aufdeckung der Gewalttaten des NSU verdeutlicht. Seit Jahren warnen Experten vor der zunehmenden Radikalisierung von sogenannten Rechtspopulisten, deren Positionen durch demokratische Parteien zum Teil aufgegriffen werden.

Dieses Wochenende wurde leider wieder ein Höhepunkt menschenfeindlicher Ausschreitungen erreicht: Im sächsischen Clausnitz setzte eine rassistische Menge einen Bus mit Familien über Stunden fest, die zu einer Flüchtlingsunterkunft gefahren wurden. Die Gruppe hatte mit drei Autos die Straße zum Flüchtlingsheim versperrt. Die Frauen und Kinder im Bus äußerten in Interviews, dass sie Angst um ihr Leben gehabt hätten. Kurz danach brannte wieder eine Flüchtlingsunterkunft – diesmal in Bautzen und unter Beifall von Schaulustigen.

Im Landtag wurde nach Silvester eine verstärkte demokratische und politische Bildung von Flüchtlingen gefordert. Es sollte aber mittlerweile allen klar sein, wie wichtig es ist, dass parallel zu solchen Forderungen immer Position gegen die Zunahme der demokratie- und menschenfeindlichen Einstellungen bezogen werden muss. Es braucht eine politische Bildungsoffensive, und zwar für alle. Politische Bildung ist der Schlüssel zur Vermeidung von Rassismus und religiöser Radikalisierung sowie zur Förderung des Pluralismus und der Demokratie. Es ist fatal, wenn im Landtag der Eindruck vermittelt wird, dass nur Neuankömmlinge Nachhilfe im Bereich Grundrechte und staatsbürgerliche Pflichten brauchen würden. Auch haben nicht nur Neuankömmlinge Nachholbedarf, wenn es um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern geht. Das wird leider zurzeit wieder einmal offensichtlich: In Köln stehen Vorwürfe im Raum, dass Wachleute geflüchtete Frauen auf sexueller Grundlage beleidigt hätten. Die hiesige Gesellschaft hat mit Sexismus und sexualisierter Gewalt seit Jahrzehnten zu kämpfen. So wurde erst am 15. Mai 1997 die Gleichstellung des Strafbestands der Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe im Bundestag beschlossen. Bis dato konnte sexualisierte Gewalt innerhalb der Ehe allenfalls als „schwere Nötigung” angezeigt werden.

In der letzten Woche kündigte das Niedersachsen an, das Angebot der politischen Bildung auszuweiten. Es ist auch in NRW höchste Zeit, gegen Vorurteile Position zu beziehen und Werte wie Solidarität, Toleranz und Hilfsbereitschaft hochzuhalten.

 

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Wir verurteilen menschenfeindliche Anschläge, Ausschreitungen, Hetze und deren ideologische Unterstützung durch Parteien, bestimmten Medien und Institutionen auf das Schärfste.
  2. Der Landtag setzt ein Zeichen für Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit und bedankt sich bei allen Initiativen und Institutionen, die sich seit Jahrzehnten gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Sexismus, Nationalismus und für Vielfalt, Humanität und Demokratie einsetzen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. den Etat für die „Landeszentrale für politische Bildung“ zu verdoppeln.
  2. zivilgesellschaftliche Organisationen in die Analyse, Dokumentation und Entwicklung von Abwehrmaßnahmen gegen Menschenfeindlichkeit viel stärker als bisher einzubeziehen und ihre wertvolle Arbeit auf eine Langzeitfinanzierung umzustellen.

Die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen muss sicher bleiben – die Gesundheit der Patientinnen und Patienten darf nicht zum Spielball von Kriminellen im Netz werden!

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

In den letzten Wochen und Monaten wurden zahlreiche Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen (u.a. in Neuss, Arnsberg, Kleve, Mönchengladbach, Essen) Opfer einer breit gestreuten Attacke durch Schadsoftware: In den meisten Fällen gelang es Kriminellen, zum Beispiel mithilfe fingierter E-Mails oder infizierter Webseiten, Schadsoftware zu installieren. Bei der Software handelte es sich um den Typus „Ransomware“. Diese besonders heimtückische Art der Schadsoftware verschlüsselt nach der Infektion unbemerkt sämtliche Datenträger des Angriffsziels, sodass nicht mehr auf die Daten zugegriffen werden kann. In den betroffenen Krankenhäusern wurden die EDV-Systeme nach den Angriffen aus Sicherheitsgründen komplett vom Netz genommen und heruntergefahren. Im Neusser Lukaskrankenhaus mussten aus diesem Grund Operationen verschoben und Herzinfarktpatienten in andere Krankenhäuser mit funktionierender IT-Infrastruktur verlegt werden.

Die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen stehen derzeit vor einer großen Herausforderung: Viele medizinische Geräte laufen noch unter veralteten Betriebssystemen, die von den Herstellern nicht mehr gewartet oder mit Updates versorgt werden. So endete der Support für die 2001 auf den Markt gekommene „embedded“-Version von Windows XP am 12. Januar 2016. Die Arbeit mit 15 Jahre alter Software macht Krankenhäuser zu einem leichten Ziel für Kriminelle und ist die eigentliche Ursache für eine landesweite – aller Wahrscheinlichkeit nach bundesweite – Sicherheitskatastrophe im Gesundheitswesen, die mit vorausschauender Politik und Investitionen in die sogenannte „Kritische Infrastruktur“ hätte verhindert werden können.

Dabei ist es gerade im Gesundheitswesen dringend geboten, die Vulnerabilität der IT-Systeme und die damit einhergehenden Risiken weitestgehend zu minimieren und die Resilienz der Systeme zu stärken. Denn insbesondere im Gesundheitswesen handelt es sich zumeist um überlebensnotwendige Infrastrukturen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung es zu erheblichen Störungen oder anderen dramatischen Folgen kommen kann. Kettenreaktionen, bei denen der Ausfall einer Kritischen Infrastruktur zum Ausfall einer anderen Infrastruktur führen würde, Versorgungsengpässe und gar Todesfälle sind absehbar.

Bereits im Februar 2011 hat das damalige Bundeskabinett eine Cyber-Sicherheitsstrategie zum Schutz von Kritischer Infrastruktur beschlossen. Am 15. Juli 2015 trat das Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz) in Kraft. Betreiber Kritischer Infrastrukturen werden darin verpflichtet, ein Mindestniveau an IT-Sicherheit einzuhalten und dem Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) Sicherheitsvorfälle zu melden.

Bis heute ist allerdings unklar, welche der 365 Krankenhäuser in NRW davon betroffen sein werden und was einen „meldepflichtigen Sicherheitsvorfall“ darstellt. Möglicherweise werden 35 bis 50 Krankenhäuser der Schwerpunkt- und Maximalversorgung in NRW von dem IT-Sicherheitsgesetz adressiert.

Die aktuellen Computerangriffe auf zufällig ausgewählte Krankenhäuser verdeutlichen, dass über die vom IT-Sicherheitsgesetz angesprochenen Krankenhäuser hinaus, alle Krankenhäuser auf den neuesten Stand der Technik aufgerüstet werden müssen.

So wird mit dem Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendung im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) ein konkreter Fahrplan für die Digitalisierung der Krankenhäuser, insbesondere die Einführung von digitalen Stammdaten und elektronischen Patientenakten sowie die bundesweite Einführung einer Telematik-Infrastruktur, festgeschrieben. Dabei sollen sämtliche Arztpraxen und Krankenhäuser bis 2018 flächendeckend an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen werden (flächendeckender Roll-out).

Es zeigt sich, dass die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die mit dem IT-Sicherheitsgesetz und dem E-Health-Gesetz einhergehen, erhebliche Anforderungen an den neuesten Stand der Technik in allen Krankenhäusern in NRW stellen. Jedoch mangelt es an einer flächendeckenden auskömmlichen Bereitstellung von Investitionsmitteln, um die gesetzlichen Anforderungen erfüllen zu können.

Die Landesregierung, die nach §18 Krankenhausgestaltungsgesetz NRW (KHGG NRW) neben der Förderung von Neubauten, Umbauten und Erweiterungsbauten auch für die Förderung der Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von mehr als drei Jahren bis zu 15 Jahren (EDV-Systeme) zuständig ist, stellt für das Haushaltsjahr 2016 rund 500 Millionen Euro für sämtliche Investitionsbedarfe zur Verfügung.

Die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen investieren nach Angaben der Krankenhausgesellschaft 1,5 Prozent ihres Budgets in die IT-Infrastruktur. Im Vergleich dazu liegt die Investitionsquote bei den Sparkassen bei zehn bis 15 Prozent.

Bei 365 Krankenhäusern in NRW mit einem Gesamtbudget von 16 Milliarden Euro wird so von den Kliniken im Durchschnitt nur rund 700.000 Euro jährlich (inklusive Personalkosten) in den IT-Bereich investiert. Der in Fachkreisen geschätzte Bedarf liegt im Durchschnitt pro Krankenhaus allerdings bei circa drei Millionen Euro jährlich. Während der Gesamtbedarf an IT-Investitionsmitteln damit bei rund einer Milliarde Euro liegt, stagniert der Landesförderbetrag seit Jahrzehnten.

Im Jahr 1992 lag die Investitionskostenfinanzierung der Bundesländer noch bei 3,8 Milliarden Euro. Zwanzig Jahre später im Jahr 2012 haben die Bundesländer nur noch 2,6 Milliarden Euro im Bereich Investitionskostenförderung für Krankenhäuser zur Verfügung gestellt. Die Fördersumme der Bundesländer reduzierte sich somit um rund 30 Prozent. Der Anteil der Bundesländer an den Krankenhauskosten ist insgesamt von zehn auf drei Prozent gefallen. Als direkte Folge dieser mangelnden Investitionskostenförderung der Landesregierungen ist eine veraltete IT-Infrastruktur festzustellen.

Computerangriffe auf Kritische Infrastrukturen können nicht alleine durch die Verabschiedung von Gesetzen oder die schlichte Installation von Virenscannern verhindert werden. Vielmehr müssen die Systeme auf dem aktuellsten Stand der Technik sein und die Personen, die diese Systeme bedienen, müssen digitale Infektionsgefahren erkennen und vermeiden können. Bei der Gewinnung von IT-Fachkräften konkurrieren Krankenhäuser jedoch häufig mit Arbeitgebern aus der IT-Branche, die überdurchschnittliche Gehälter bezahlen.

Die Schwierigkeit, IT-Abteilungen in Krankenhäuser kompetent zu besetzen, kann auch dazu führen, dass EDV-Systeme entsprechend schlecht gewartet werden, Datensicherungen nicht immer aktuell sind und das medizinische Personal nicht richtig über die Gefahren und Vermeidung von Infektionen der IT-Systeme aufgeklärt und geschult werden.

 

II. Der Landtag stellt fest

  1. Die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen ist marode und veraltet.
  1. Die marode und veraltete Infrastruktur der Krankenhäuser bietet Kriminellen aus aller Welt eine große Angriffsfläche und gefährdet das Leben der Patientinnen und Patienten.
  1. Die Landesregierung ist für die Investitionskostenförderung und damit unmittelbar für die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen zuständig.

 

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

 

  1. Die Investitionskostenförderung für Krankenhäuser um 500 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro anzuheben.
  2. Ein Konzept für die Einführung von verpflichtenden und regelmäßigen IT-Sicherheitsaudits für Krankenhausbetreiber zu entwickeln.
  3. Sich für die Gewinnung von kompetenten IT-Fachkräften in Krankenhäusern einzusetzen.
  4. In Zusammenarbeit mit der Krankenhausgesellschaft die bestehenden Angebote von IT-Schulungen für Mitarbeiter weiter zu entwickeln und auszuweiten.

Mitschnitt der kompletten Debatte zum Antrag:

Protokoll der Rede von Daniel Düngel:

Daniel Düngel (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden über IT-Sicherheit in Krankenhäusern. Ich will kurz auf das eingehen, was in den vergangenen Wochen passiert ist. In Nordrhein-Westfalen sind rund 30 Krankenhäuser Ziel von Kriminellen geworden. Es wurden EDV-Systeme der Krankenhäuser mit Computerviren infiziert. Die Folge dieser Infektionen war: Die Krankenhäuser konnten nicht auf Daten zugreifen. Nur gegen ein Lösegeld – also Erpressung – sollten die Daten wieder freigegeben werden.

Einige Krankenhäuser haben sich daraufhin von der Versorgung abmelden müssen.

(Widerspruch von Ministerin Barbara Steffens)

Patienten mussten verlegt werden.

(Widerspruch von Ministerin Barbara Steffens)

Geplante Operationen mussten verschoben werden. Nun können wir feststellen: Wir haben letzte Woche im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales über dieses Thema bereits gesprochen. Die Ministerin hat dazu einen Bericht vorgelegt und hat versucht, das Thema etwas herunterzuspielen.

(Ministerin Barbara Steffens: Nein, das ist doch Quatsch!)

Es ist zum Glück in diesem Fall nichts Schlimmes passiert. Das können wir erst einmal festhalten.

Was finden wir in den Krankenhäusern vor? Wir haben veraltete Computersysteme. Die Krankenhäuser nutzen Windows XP, zumindest in besagtem Fall. Das ist Software, die mittlerweile selbst vom Hersteller nicht mehr unterstützt und supportet wird. Wenn ich in die Runde frage, wer von Ihnen noch ein derart altes Betriebssystem auf seinem Rechner hat – sei es dienstlich oder privat –, werden wahrscheinlich nicht allzu viele Hände nach oben gehen.

(Zuruf von der CDU: Ich!)

Wir alle versuchen, die Software möglichst aktuell zu halten, damit Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden können – übrigens auch das Gesundheitsministerium. Danach hatte ich letzte Woche auch gefragt. Im Gesundheitsministerium gibt es selbstverständlich keine Soft- und Hardware mehr, die mit Windows XP betrieben wird.

(Zustimmung von Ministerin Barbara Steffens)

Das ist schon einmal ganz gut. Allerdings: Im Gesundheitsministerium reden wir eben nicht von kritischer Infrastruktur. In den Krankenhäusern ist es offenbar dem Gesundheitsministerium wurscht, welche Software dort benutzt wird.

(Ministerin Barbara Steffens: Quatsch!)

Übrigens – den Schwenk darf ich mir an der Stelle erlauben –: Wir reden hier über Windows XP, also über ein Betriebssystem, das natürlich längst nicht mehr unterstützt wird und damit längst unsicher ist. Aber eigentlich können wir festhalten, dass alle Windows-Betriebssysteme als nicht sicher gelten und wir uns eigentlich an der Stelle über offene Standards wie Linux unterhalten sollten.

(Beifall von den PIRATEN)

Was kann passieren? Krankenhäuser können gezielt angegriffen werden. Die Versorgung in einem ganzen Regierungsbezirk kann gefährdet werden. Die Daten werden nicht nur in Geiselhaft genommen, sondern werden möglicherweise veröffentlicht. Das sind mögliche Szenarien, die dann passieren können.

Die Frage ist: Wer ist dafür verantwortlich? Unseres Erachtens muss die Landesregierung genug finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit die Krankenhäuser ihre IT-Infrastruktur auf aktuellem Stand halten können.

(Zuruf von der Regierungsbank: Die Krankenhäuser haben genug Geld!)

Die Ministerin sagte im Ausschuss, dafür sei sie letztlich nicht zuständig.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: So ist das!)

Das ist einfach. Mich erinnert das dann eher an die bildlichen drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

(Ministerin Barbara Steffens: Das ist eine Unverschämtheit!)

Nichts sehen“ ist der Innenminister; der sieht nichts. Die Gesundheitsministerin will nicht auf Ratschläge hören.

(Ministerin Barbara Steffens: Das ist Quatsch!)

Und die Ministerpräsidentin – gute Besserung an der Stelle – sagt überhaupt nichts zu diesen Vorfällen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Die Ministerin stellt auch nicht die Ärzte direkt an!)

Wie hätte das verhindert werden können? Was muss in Zukunft passieren? Unser Antrag liefert dazu Lösungsansätze. Wir brauchen eben finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser, dass dort die IT-Infrastruktur aufgebessert werden kann. Das sehen Sie.

Wir müssen die Mitarbeiter sensibilisieren für dieses Thema. Schulungen und Sicherheitsaudits sind erforderlich. All das greift unser Antrag auf. Wir werden, da wir hier Wissensdefizite festgestellt haben – das hat sich im Ausschuss ganz klar gezeigt –, selbstverständlich zu diesem Antrag eine Anhörung beantragen, damit wir uns den Rat von externen Sachverständigen ins Haus holen können.

Zum Abschluss: Wie sehen die Lösungen der anderen aus? Auf Bundesebene erfährt unser Antrag durchaus Unterstützung. Karl Josef Laumann – in diesem Hause ja nicht unbekannt – hat zum Beispiel auch die Erhöhung der Investitionskosten auf Landesebene gefordert. Was macht die Gesundheitsministerin? Sie wartet ab, was der Bund unternimmt. Das, liebe Frau Ministerin Steffens, hilft uns aber, wenn wir auf das IT-Sicherheitsgesetz warten, nicht in der Fläche.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Daniel Düngel (PIRATEN): Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. – Die Krankenhäuser, so sagt sie, müssten aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen und in eine sichere Infrastruktur investieren. Wie wollen Sie das machen, wenn die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stehen? Frau Steffens macht weiter wie bisher. Wann ist der Zeitpunkt gekommen, zu reagieren, zu handeln? Ich frage allen Ernstes, ob erst Patienten in den Krankenhäusern sterben müssen, damit das Gesundheitsministerium aufwacht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)