Zwischen Meinungsfreiheit, Transparenz und Verantwortung
Nach ziemlich genau 6 Monaten im Landtag befinden wir uns nun an einem entscheidenden Punkt. Es stellt sich die Frage, was wollen wir in den noch verbleibenden 4,5 Jahren erreichen. Welche Ziele hat sich der einzelne MdL gesetzt? Gibt es gemeinsame Ziele, die wir als Fraktion umsetzen wollen und wenn es die gibt, wie setzen wir diese Ziele um.
Ich finde es letztendlich gut, dass wir, durch die Twitteraktion von Birgit, uns nicht länger vor diesen Fragen drücken können. Ich stelle mich ausdrücklich hinter Birgit, da sie nicht die Ursache des Problems ist, sondern symptomatisch für unser aller Problem. Wie gehen wir mit Transparenz und Meinungsfreiheit um. Wie sieht es mit der uns übertragenen Verantwortung aus. Joachim, Daniel und ich werden uns dazu übernächste Woche im Ältestenrat äußern müssen. Diese Sitzung wird wegweisend für unsere weitere Arbeit im Landtag sein. Wir werden Stellung beziehen müssen, ob wir uns auf vorhandene Regeln einlassen und weiterhin inhaltlich als Partner ernst genommen werden wollen.
Meinungsfreiheit ist für uns ein sehr hohes Gut. Jeder soll seinen Meinung überall frei vertreten können. Das ist unstrittig und wir sollten diesen Anspruch niemals aufgeben.
Wir stehen für Transparenz und gläserne Politik, auch von diesem Anspruch werden wir keinen Millimeter abweichen.
Aber wie sieht es mit unserer Verantwortung aus? Die Partei hat uns als Listenkandidaten gewählt und ihre ganze Hoffnung auf uns gesetzt. Hundertausende von Menschen haben uns gewählt und uns so ihr Vertrauen ausgesprochen. Die Basis, zu der ich mich auch zähle, hat im Wahlkampf bis zur Erschöpfung für uns und unsere Ziele geworben. Nicht zuletzt auch unsere Mitarbeiter, die uns stellenweise bis tief in die Nacht durch ihre Arbeit unterstützen. Alle schauen nun zu Recht, wie wir mit dieser Verantwortung umgehen.
Das Spannungsfeld zwischen Transparenz, Meinungsfreiheit und der übertragenen Verantwortung stellt uns nun vor erhebliche Probleme. Als Personen von öffentlichem Interesse gibt es plötzlich Reaktionen, die wir als Privatperson niemals hervorgerufen hätten. Die Medien und die anderen Fraktionen bewerten unser Verhalten und wir müssen die von ihnen gezogenen Konsequenzen aushalten.
Wir werden Wege finden müssen, uns in diesem Spannungsfeld zu bewegen.
Was heißt in diesem Spannungsfeld verantwortliches Handeln? Es ist ein BEWUSSTES Handeln. Man ist sich im Klaren darüber, dass es eine Reaktion geben kann und schätzt diese ein und ab. Ich nehme dann die Reaktionen bewusst in Kauf, kein Problem. Dann kann und darf man sich über entsprechende Reaktionen auch nicht wundern.
Wichtiger ist für mich jedoch die Überlegung, welche Konsequenzen mein Handeln für andere Personen hat. Werden andere durch mein Handeln mit einbezogen und schlimmstenfalls beeinträchtigt. Zwinge ich durch mein Handeln andere in Situationen, die von diesen als sehr unangenehm empfunden werden? Werden diese in ihrer Arbeit beeinträchtigt.
Wir sind im Landtag auf ein System gestoßen, das von recht starren Regeln und internen Verabredungen geprägt ist, die uns zum einen sehr fremd und zum anderen für wenig akzeptabel gehalten werden. Trotzdem sind wir ein Teil dieses Systems. Wir können nun mehrere Wege beschreiten. Wir können so weiter machen wie bisher. Jeder handelt so, wie er es für richtig hält, ohne auf die Konsequenzen Rücksicht zu nehmen. Dann sind wir ein lockerer Haufen von 20 Piraten ohne Regeln und Verbindlichkeiten. Konsequenterweise muss man dann aber auch überlegen, ob die Fraktion dann überhaupt Sinn macht. Dann können wir die Fraktion auch auflösen. Wir brauchen dann keinen Vorstand und festgelegte Zuständigkeiten. Wenn wir diesen Weg gehen, werden uns die anderen Fraktionen die Zusammenarbeit aufkündigen und wir werden, wie früher die Linken, als lästiges Übel gelten. Es wird keine konstruktive Zusammenarbeit mehr geben.
Wir können die entstandene Situation jetzt aber auch als Chance begreifen. Wir können uns gemeinsam Ziele setzen und uns über Wege verständigen, wie wir diese erreichen. Dann kann jeder durch BEWUSSTES Handeln an der Umsetzung dieser Ziele mitwirken, Handeln wird dadurch an der Zielsetzung gemessen und bewertet. Sicherlich wird dann jeder einmal eine Kröte schlucken müssen. Sicherlich wird jeder dann mal persönliche Interessen zurückstellen müssen. Dies hat meines Erachtens aber weder was mit der Freiheit des Abgeordnetenmandats noch mit Fraktionszwang zu tun. Es geht um den Willen und die Bereitschaft, an einem Strang zu ziehen. Dennoch wird jeder sein eigenes Handeln selber bestimmen und dann auch verantworten.
Schaffen wir es ein Team zu werden und uns an Regeln zu halten, dann heißt das nicht, dass wir alles akzeptieren und kommentarlos hinnehmen. Wir haben dann die Möglichkeit durch zielbewusstes Handeln an der richtigen Stelle und zum richtigen Zeitpunkt, Regeln zu verändern.
Wenn uns dies gelingt, werden wir erfolgreich im Landtag arbeiten können. Die letzten Tage haben deutlich gezeigt, dass wir inhaltlich gut aufgestellt sind. Die Reaktionen aus den anderen Fraktionen haben deutlich gemacht, dass man konstruktiv mit uns zusammenarbeiten will. Lasst uns offen darüber reden und einen gemeinsamen Weg finden.
Just my 2 cent
Viele Grüße von eurer
PGF