Ich habe in der Haushaltsdebatte am vergangenen Donnerstag zwei Reden gehalten, die mittlerweile befreit worden sind.
Zum Medienhaushalt:
Zum Wirtschaftshaushalt:
Über Feedback freue ich mich!
Ich habe in der Haushaltsdebatte am vergangenen Donnerstag zwei Reden gehalten, die mittlerweile befreit worden sind.
Zum Medienhaushalt:
Zum Wirtschaftshaushalt:
Über Feedback freue ich mich!
Besuch in der JVA Willich 2
https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/justizimwww/justizvollzug/willich2/index.php
Gestern also war mein Termin in der oben genannten Justizvollzugsanstalt. Ich wollte mich schon länger mit den pädagogischen Konzepten in unseren JVAs beschäftigen. Man kann da aber in NRW nicht einfach hingehen, auch nicht als Abgeordnete. Das Justizministerium möchte das erst genehmigen. Also schreibt man zig Mails hin und her, bis das dann klappt.
(Ergänzend hier, dass die Kontakte mit der JVA selber total angenehm waren.)
Ich weiß nicht, ob es tatsächlich so wäre, dass man abgewiesen würde, wenn man mal unangekündigt vor so einer Institution stehen würde. Ich wollte das nicht gleich ausprobieren.
Als Referendarin hatte ich mal mit einem Lehrer zu tun, der für eine Zeit in einer JVA unterrichtet hat.
Seitdem habe ich zwar immer mal darüber nachgedacht, wie das wohl sein mag, mich aber nie konkret damit beschäftigt.
Am Einlass muss man das Handy/Smartphones etc. abgeben. Das iPad lassen sie mir, obwohl da auch eine SIM-Karte drin ist.
Inhaftierte dürfen lt. Gesetz derzeit zwei Mal im Monat Besuch empfangen. Im Frauenhaus ist dies über die gesetzliche Regelung hinaus auf vier Mal im Monat ausgedehnt worden, weil der Kontakt mit der Familie als förderlich und hilfreich angesehen wird.
Das recht neue Frauenhaus (aus dem Jahr 2009) wirkt hell und freundlich. Wirklich nicht so, wie ich mir so einen Knast vorgestellt habe. Wobei mein Fotografinnen-Herz an dem alten Haus auch Freude hätte. Eine Fotoreihe von dem langsam verfallenden Gebäude, bevor es abgerissen wird, wäre sicher ein Vergnügen. Ich weiß nicht, ob man dafür eine Genehmigung bekommen kann.
In der JVA Willich 2 sind derzeit ca. 190 Inhaftierte gesamt, davon ca. 22, die die Schule besuchen.
Alter ca. 25 bis 55
Es ist möglich, hier den Abschluss der Hauptschule oder den mittleren Schulabschluss zu erwerben.
Die meisten Teilnehmerinnen der Kurse schaffen den Schulabschluss (95 Prozent).
Die Prüfungsvorschläge sind zur Bezirksregierung einzureichen (wie durchaus auch an normalen Schulen üblich.
Das Niveau ist vergleichbar mit Kursen der Volkshochschule.
Außerdem wird Deutsch als Fremdsprache im Freizeitbereich angeboten, also abends. An dem Kurs können max 20 Frauen teilnehmen.
Das Abitur oder Fachabitur kann in Köln erworben werden (Inhaftierte können dann dorthin wechseln). Schülerinnen, die weiter zu einer anderen Schule gehen, kommen im allgemeinen gut klar. Sonst gibt es wenig Vergleich mit anderen Schulen, was auch Vorteile haben kann, zum Beispiel weniger Leistungsdruck.
Nachmittags können Schülerinnen die LehrerInnen kontaktieren. Es ist immer mindestens ein/e AnsprechpartnerIn im Flur. Die LehrerInnen haben ausdrücklich auch großes Interesse, den Frauen die Angst vor Schule nehmen. Viele haben von früher schlechte Erfahrungen mit Schule. Der Anteil an Frauen ohne Schul- oder Berufsabschluss ist sehr hoch. Die Lehrer haben normal 30 Tage Urlaub. Dadurch, dass die für andere Schulen geltenden Ferienzeiten wegfallen, bleibt mehr Freiraum fürs Lernen, was ebenfalls den Druck beim Lernen für die Frauen verringert.
Natürlich kann die Arbeit dort auch schwierig sein für die LehrerInnen: Hintergründe zum Beispiel:. Nicht alle TäterInnen sind auch Opfer, aber immer mal wird man natürlich mit belastenden Hintergründen konfrontiert. Als LehrerIn ist man auch recht nach dran an den Frauen und deren Geschichten.
Interessant ist auch der Hinweis einer Lehrerin, dass Frauen aus anderen Gründen straffällig werden als Männer. Darüber muss ich mich unbedingt noch weiter informieren. Frauen werden immer wieder auch aufgrund von Abhängigkeiten straffällig.
Ansonsten ist aber auch der Anteil an Straftaten aus dem Bereich des Betäubungsmittelgesetzes und damit verbundener Beschaffungskriminalität recht hoch: 70 Prozent.
Insgesamt ist sehr viel Begeisterung von allen LehrerInnen zu spüren. Alle scheinen sehr viel Freude an der Arbeit zu haben und berichten mit viel spürbarem Herzblut davon und auch von den Frauen, mit denen sie zu tun haben.
Für mich gewöhnungsbedürftig wäre die Tatsache, dass es in JVAs kein Internet gibt für die Inhaftierten.
Theoretisch gibt es wohl eine Plattform für das Lernen in JVAs, welche von der Universität Berlin entwickelt wurde. Fast alle Bundesländer setzen diese ein, nur NRW und Bayern nicht.
Wenn man Bildung will, gehört das Internet für mich ganz selbstverständlich dazu. Insofern müssen wir uns mit der Zukunft der Bildung im Strafvollzug beschäftigen.
Wenigstens den Einsatz der Plattform halte ich auch für NRW für erstrebenswert. Das wird dann wohl ein Antrag von mir für den Landtag.
Hier die Plattform:
http://www.ibi.tu-berlin.de/projekte/elis_plattf/elis_plattf.htm
Neben der Schule gibt es diverse Arbeitsmöglichkeiten in unterschiedlichen Werkstätten für die inhaftierten Frauen. Dabei: eine Näherei, Montagehallen, eine großartige Halle für Holzarbeiten (wo z.B sehr schöner Schmuck oder Dekoobjekte hergestellt werden, die man hoffentlich bald über den “Knastladen” auch online erwerben kann) und den Garten- und Landschaftsbau, der auch das Außengelände betreut.
Ich schätze, dass viele LehrerInnen, PsychologInnen, SozialpädagoInnen etc. eine JVA gar nicht als attraktiven Arbeitsort vor Augen haben. Ich hatte aber aufgrund der Zeit und der Gespräche dort den Eindruck, dass die Arbeit in einer JVA auch sehr spannend und erfüllend sein kann. Zum Vergleich wäre es aber sicher sinnvoll, sich eine weitere JVA anzusehen.
Zum Schluss noch eine Literaturempfehlung zum Thema von einer der LehrerInnen vor Ort:
Knast. Joe Bausch
Das lese ich als nächstes.
Meine subjektive Meinung zum Thema Abgeordneteneinkünfte als Grundlage für den einen oder anderen, mein Engagement in dieser Sache einzuordnen. Ich arbeite im Arbeitskreis “Transparenz von Abgeordneteneinkünften” der Landtagsfraktion mit, bin über die Arbeitsgruppe zur GO im Landtag daran aktiv und hinterfrage die Aktionen aus den anderen Bundesländern kritisch.
Zunächst meine persönliche Situation: Ich bin Mitinhaber einer Zwei-Personen-GbR, die ich 2004 gegründet habe. Aus den Gewinnen habe ich schwankend zum Familien-Lebensunterhalt beigetragen. Ich habe sonst keine weiteren Einkünfte, von den Mini-Zinsen auf die Altersrücklagen und Sparbücher mal abgesehen.
Die Vereinbarung aus Saarbrücken lautete wohl, dass die Piraten für totale post-private Transparenz stehen. Dieser Einstellung muss ich vehement widersprechen. Müsste ein Abgeordneter in meiner Situation seine Daten alle offenlegen, so wie z. B. von Patrick Breyer gefordert, verletzte er damit ebenso sowohl den Datenschutz seines Geschäftspartners (50/50 Aufteilung), als auch sehr private Daten wie die Tatsache, dass mein Sohn kein leibliches Kind ist (was andere Betroffene evtl. zum Schutz der Kindesentwicklung nicht preisgeben wollen) oder die Einkünfte seiner Ehefrau/seines Partners. Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin prinzipiell für den gläsernen Abgeordneten, aber wir befinden uns hier in einem Spannungsfeld zwischen Datenschutz und berechtigten Interessen den Öffentlichkeit, das müssen wir viel breiter Diskutieren.
Ein zweiter Punkt ist die ewig währende Neiddebatte. Die Bundeskanzlerin verdient “unglaubliche” 24.165,-€ im Monat. Gemessen an ihrer Verantwortung und dem immensen Verlust von Privatleben und Privatheit im Allgemeinen sind es dann aber doch “nur” 24.165,-€. Verglichen mit einem mittleren Managergehalt sind das Peanuts(!) und diese Frau ist für einige Entscheidungen verantwortlich, die 80 Mio. Deutsche betreffen! Wir sollten den Verdienst und die Leistung von Menschen immer mit Ihrem Gehalt in Relation setzen. Dabei muss der typisch deutsche Neidreflex endlich mal abtrainiert werden. Ich fühle bspw. gar keinen Neid gegen eine Topmanagerin, die genauso morgens aufsteht wie ich, sich zur Arbeit schleppt wie ich, für ihr Geld hart arbeitet wie ich und abends übermüdet ins Bett fällt wie ich. Sie bekommt dafür ein vielfaches an Geld, selbst gegenüber meinem großzügigen Salär. Na und?
Ein Letztes, ich habe in meinem Leben eins gelernt: Je rigoroser Regeln gefasst werden, desto stärker wird der Drang diese Zwänge zu umgehen. Denkt nur an unser Steuersystem! Die Überprüfung der Beeinflussbarkeit von Politikern ist eine Aufgabe des öffentlichen Interesses. Der soziale Druck vor der Wiederwahl muss hoch genug sein, um die Bewerber zur Offenlegung zu drängen. Gesetze können hier nur flankieren. Alle möglichen Schlupflöcher können wir eh nicht schließen. Zur Not überschreibt ein Abgeordneter die Firma auf seine Frau (wie in NRW schon geschehen), zur Not lasse ich mir das Geld weglegen und nach der Mandatierung auszahlen. Irgendein Weg findet sich immer.
Daher sollten wir einen gesunden Mittelweg finden und nicht mit der Brechstange durch jede Tür rennen. Der Arbeitskreis der Fraktion ist da schon auf einem guten Weg. Diesen sollten wir weiter gehen – bevor wir eine Aktion mit dem Kopf durch die Wand über alle Fraktionen lostreten.
Ob man es glaubt oder nicht, dieser Artikel liegt schon seit über einer Woche hier rum, lange bevor mal wieder ein Tweet von unserer politischen Arbeit in NRW ablenken konnte. Mit einigen Ergänzungen möchte ich ihn daher heute morgen abschicken:
Ich möchte über ein grundsätzliches Problem der Mitglieder der Piratenpartei mit den Medien schreiben. Schon vor den Twitter-Beiträgen von Birgit habe ich festgestellt, dass wir uns selber zu Meistern darin erklären, immer neue Säue durchs Dorf zu treiben. Ob das der Rücktritt eines NRW-Geschäftsführers, der Streit im Bundesvorstand, eine Unstimmigkeit bei den Sozialpiraten oder die neueste Berichterstattung aus dem Landtag ist, macht dabei keinen Unterschied.
Piraten sind im Umgang mit Medien unerfahren, immer noch! Selbst ich als MdL und Ex-Vorsitzender, der monatelang tagtäglich mit Medien zu tun hatte, würde das von mir behaupten. Noch immer fallen wir auf allerlei Tricks herein und auch die Fraktionäre sind noch lange keine professionellen Politiker oder Medienprofis. Medien verkaufen Auflage! War es vor kurzem noch schick, positiv über die Piraten zu schreiben, wird jetzt immer über uns geschrieben, wenn wir mit dem Fuß im Hundehaufen stehen.
Der wichtigste Faktor hierbei? Leute, es ist Bundestags-Wahlkampf! Die PIRATEN in NRW liefern (auch in den Augen der anderen Fraktionen und vieler Journalisten) eine sehr gute inhaltliche Arbeit ab. Trotzdem tauchen wir damit nicht in der Presse auf, auf “Skandale” stürzen sich jedoch sofort alle wie die Hyänen. Aktuelles Beispiel: Birgit mit ihrem eher harmlosen Tweet, der von allen Landtagsvizepräsidenten kommentiert wird. Nur die Präsidentin umschreibt die “Affäre” mit ruhigeren Worten…
Wir können das den Medien ankreiden, können darüber nachdenken, nur noch im Web2.0 zu veröffentlichen. Wir können uns hinstellen und die Dummheit der Empfänger beschimpfen, die der BILD glauben und alles für die Wahrheit halten, was Theo Schumacher in die WAZ/NRW bläst. Oder wir können hier im Landtag an uns arbeiten und uns klar machen, dass wir immer auf mehreren Ebenen mehrere Zielgruppen ansprechen müssen. Am Ende gilt der Satz: “Mensch, genau diese Leute haben uns gewählt!”
Das grundsätzlichste Problem der PIRATEN ist jedoch der jederzeitige Umgang miteinander, den wir unbedingt ändern müssen: Der Selbstverstärkungseffekt. Da wir ständig durchs Netz wandern, immer am Puls der Zeit, bekommen wir jeden negativen Bericht sofort mit. Aus unserer Filterblase heraus setzt ein natürlicher Effekt und wir versuchen uns gegen diesen Angriff zu wehren. Leider halten wir es eher wie die Wildhunde, die kranke und schwache Tiere ausstoßen, als wie die Menschen, die versuchen in ihrer Gruppe zu retten, wer zu retten ist: Wir hacken auf Mitpiraten ein, dass die Fetzen fliegen.
Wenn dann mal wieder die aktivsten aufhören, weil sie komplett die Lust verloren haben, wenn “Porno-Rya” darüber nachdenkt die Fraktion zu verlassen, anstatt sich einfach mehr auf politische Arbeit zu konzentrieren, dann haben wir erreicht, was wir nicht erreichen wollten. Der nächste Skandal wartet schon darauf, durch das virtuelle Dorf zu ziehen, die nächsten Nichtversteher stehen bereit, den Medien alles zu glauben und das falsche Bild zu zementieren.
Was aber würde ich tun? Meine Empfehlung: Einfach mal die sog. “Skandale” aussitzen. Einfach mal die Brust rausstrecken und sagen “Ja, das habe ich getan, das ist im Internet normal und ich bin ein ganz normaler Mensch.” Die Sachlage hochhalten: 13 Stunden Sitzungen sind ohne Pausen einfach nicht auszuhalten. Bei den anderen Fraktionen macht man das mit den Besuchergruppen und dem Nur-zum-abstimmen-erscheinen. Wir versuchen so oft und lange wie möglich am Platz zu sein.
Jedes Thema ist wichtig, alle Redner haben das Recht auf ein Auditorium, also lasst uns über Pausen und maximale Endzeiten (Vertagung) reden. Lasst uns einfach mehr Plenartage planen. Wenn die Kameras vom WDR gehen, wird es eh so laut, dass konzentriertes zuhören kaum möglich ist (zur Info: genau zu der Zeit wird der Stream RICHTIG voll…). Machen wir doch mal das mit dem gemeinsamen Verbessern der Arbeit im NRW-Parlament, das ist allemal konstruktiver, als sich selbst zu zerfleischen.
Haushaltskürzungen sind kein Wert an sich. Wenn das Land weniger Geld bereitstellt und damit zunächst auch weniger Schulden aufnimmt, mag das gut klingen; Wenn dadurch an anderer Stelle oder zukünftig allerdings höhere Kosten entstehen, dann ist die „Haushaltssanierung“ Augenwischerei. Weiterlesen »
Haushaltskürzungen sind kein Wert an sich. Wenn das Land weniger Geld bereitstellt und damit zunächst auch weniger Schulden aufnimmt, mag das gut klingen; Wenn dadurch an anderer Stelle oder zukünftig allerdings höhere Kosten entstehen, dann ist die “Haushaltssanierung” Augenwischerei.
Mit dem Argument der “Haushaltssanierung” als höchstes Gut der Landespolitik gelingt es der Landesregierung zahlreiche Forderungen zu stellen, ohne sie umsetzen zu müssen. In den meisten Fällen wird die Verantwortung auf den Bund geschoben, in anderen auf die lange Bank.
Für die rot-grüne Landesregierung gilt: Wir fordern. Andere müssten eigentlich bezahlen.
Das führt zu dem Kuriosum, dass im Koalitionsvertrag und in den Regierungserklärungen Pläne aufgestellt werden, die mit dem Haushaltsplan völlig unvereinbar sind. Die Milliarde für die WestLB ist zwar vorhanden, Gelder für Investitionen jedoch werden gekürzt.
Die Piratenfraktion hat zum Haushalt 2012 einige Änderungsanträge eingebracht, um andere Finanztöpfe oder die Finanztöpfe der Zukunft zu entlasten. Vielfach geht es um dringende Investitionen, die aufgeschoben deutlich teurer kämen.
Viel Kritik anderer Fraktionen brachte den Piraten der Vorschlag ein, den Verbundsatz von 23% auf 24% (ehemals lag er bei 28,5%) zu erhöhen. Tatsächlich schlägt die Maßnahme mit 369 Millionen Euro zu Buche. Doch das Geld ist nicht weg. Es entlastet die strukturell unterfinanzierten Kommunen, die sich das gleiche Geld zu viel höheren Zinsen leihen müssten, als es das Land tun kann. Insgesamt geben die Menschen in NRW also mehr Geld aus, wenn der Verbundsatz nicht erhöht wird. Die 24% sehen nur für die Landesregierung schlechter aus – sie könnte damit nicht auf ihre tolle “Haushaltssanierung” verweisen.
Unsere weiteren Vorschläge enthalten geringere Beträge und sollen u.a. auch den Ministern der Landesregierung helfen, ihre selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Zu oft zieht sich die Landesregierung vor der eigenen Verantwortung zurück und gibt allein der Bundesregierung die Schuld.
Ein Beispiel dafür ist das Programm „Soziale Stadt“, welches vom Bund und den Ländern getragen wird. In der Praxis leitet das Land die Gelder des Bundes weiter. Der Bund hat nun die Mittel stark gekürzt.
Die bisherigen Projekte waren allerdings im Schnitt sehr erfolgreich. Zudem sind die Investitionen in solche Städtebauprojekte kein verlorenes Geld. Je nach Berechnung löst ein Euro an Städtebaufördermitteln bis zu acht weiteren Euro an Investitionen aus.
Minister Groschek sieht das Programm „Soziale Stadt“ als Kernelement seiner vorsorgenden Politik bezüglich des demografischen Wandels und urbaner Lebensqualität. Er bezeichnet die Kürzung des Programms durch den Bund als “unverantwortlich” und “gesellschaftspolitische Erbsünde”.
Doch die Landesregierung tut nichts, um die große finanzielle Lücke, die der Bund gerissen hat, auszugleichen. Sie beschränkt sich auf Kritik am Bund und hebt unschuldig die Arme: “Sorry, wir konnten unsere eigenen Forderungen leider nicht umsetzen”.
Wir möchten den Minister und die Landesregierung in ihrer Arbeit unterstützen, indem wir die Aufstockung der Mittel um 2,7 Millionen Euro durch Landesmittel auf zumindest das Niveau von 2010 beantragten.
Das gleiche Prinzip gilt auch für den „Stadtumbau West“. Auch hier zeigt sich die für die rot-grüne Regierung typische Kombination aus guten Absichten und fehlender Entschlossenheit. Auch hier haben wir beantragt, das Budget wieder auf den Stand von 2010 aufzustocken.
Zu teuer? Nein, denn die finanziellen Effekte sind höher als die Ausgaben – im sozialen Bereich, in der Wirtschaft, bei der Stadtentwicklung.
Nachsorge ist teurer als Vorsorge: Es ist beispielsweise zu erwarten, dass die Empfehlungen der “Enquete-Kommission Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren” nicht billig werden. Vermutlich müssen wir für frühere “Haushaltseinsparungen” tief in die Tasche greifen, womöglich versilbertes Tafelsilber teuer zurückkaufen.
Um die verschieden problematischen Wohnungssituationen in NRW zu verbessern, setzt die Landesregierung auf sozialen Wohnungsbau, hat hierzu die Prioritäten von der Eigenheimförderung hin zu studentischem und sozialem Mietwohnungsbau verschoben. Auch das klingt gut, doch auch hier vergisst die Landesregierung selbst Verantwortung zu übernehmen.
Pauschale Fördermittel alleine reichen nicht: Die Regierung möchte Prioritäten in angespannten Wohnungsmärkten setzen. Allerdings muss das Land dabei auch selbst Vorbild sein und bei seinen eigenen Liegenschaften vernünftige Quoten für sozialen Wohnungsbau fordern, wenn das möglich ist – und nicht 5% wie bei der Ulmer Höh‘ in Düsseldorf. Da liegen Anspruch und Wirklichkeit der Landesregierung auseinander. Die scharfe Kritik des Ministers an der Wohnungspolitik der Stadt Düsseldorf bleibt unglaubwürdig, wenn bei eigenen Liegenschaften andere Maßstäbe gelten.
Wir Piraten erwarten von der Landesregierung die Umsetzung der im rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschriebenen wohnungs- und sozialpolitischen Ziele. Die Ziele sind schöne Absichtserklärungen, die sich jedoch nicht immer in den Handlungen der Regierung zeigen – vor allem nicht im Haushalt 2012.
In Bezug auf die eigene Unterlassung versteckt sich die Regierung hinter den Fehlern der Bundespolitik.
Der Bestand des Verkehrsnetzes ist gefährdet. Zu lange galt “Neubau vor Instandhaltung”. Zu viele Brücken und Tunnel in NRW sind sanierungsbedürftig und müssen jetzt instand gesetzt werden.
Die Haushaltsmittel reichen weder für Straße noch Schiene aus, um den Bestand langfristig zu erhalten.
Wir können uns ein “weiter so” nicht mehr leisten – aus rein ökonomischen Gründen.
Dazu kommt, dass auch indirekte Kosten in die Priorisierung bei der Verkehrsplanung einfließen müssen: dabei müssen nicht nur Kosten für Klimaschutz und Umweltschäden sowie die sozialen Kosten berücksichtigt werden. Eine verantwortungsvolle Verkehrspolitik beugt Ausgaben an anderer Stelle vor.
Und langfristig muss man auch die individuellen Aufwendungen für Mobilität, also eigene Autos gesamtgesellschaftlich als Opportunitätskosten einbeziehen. Weniger Verkehrsflächen, weniger Lärm, mehr Raum für Stadtleben. All dies muss in eine Gesamtrechnung einfließen.
Die Probleme des Verkehrssystems in NRW sind groß – wir brauchen neue Lösungen. Wir müssen den ohnehin bevorstehenden Verkehrswandel als Chance auffassen eine Verkehrswende zu gestalten!
Im Ansatz haben Rot-Grün die Idee verstanden. Zaghaft hat Verkehrsminister Groschek in seiner “Kleinen Regierungserklärung” in die richtige Richtung gewiesen. Allerdings bleibt der Ansatz konservativ und mutlos.
Die Landesregierung begnügt sich auch hier wieder damit, Verantwortung an den Bund abzugeben anstatt selber tätig zu werden. Hier müssen wir die Regierung motivieren!
Ja, ein Großteil des Geldes, das zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in NRW notwendig ist, kommt vom Bund und NRW wird dort weit unterdurchschnittlich berücksichtigt. Alle Fraktionen sind sich einig, dass der Verkehrshaushalt dauerhaft viel zu klein ist, die Landesregierung will mit dem Verkehrshaushalt jedoch zur “Haushaltssanierung” beitragen.
Bei den PIRATEN steht die konstruktiv gestaltete Verkehrswende ganz oben auf der Agenda.
Dass grundsätzlich genug Geld vorhanden ist, zeigen nicht nur Prestigeprojekte wie der Flughafen Berlin oder Bahnhof Stuttgart, .. oder die 1,6 Milliarden Euro, die für den Ankauf von EADS-Anteilen freigegeben wurden.
Nicht vergessen: die 5 Milliarden Euro für die Abwrackprämie 2009. Diese 5 Milliarden haben NICHTS bewirkt. Sie haben weder bei Verkehrsproblemen noch den Autobauern geholfen: OPEL steht in NRW weiterhin vor dem Ende und FORD in Köln wird wohl nur überleben, weil das Werk in Genk (Belgien) geschlossen wird!
Hat nichts mit dem NRW-Haushalt zu tun? Weil es da um wichtigere Dinge ging? Wichtiger als eine funktionierende Infrastruktur? Sicher nicht.
Wenn im Bund 5 Milliarden Euro als Geschenk für die Automobilindustrie möglich sind, dann muss weit weniger Geld für die Begleitung der Verkehrswende ebenfalls möglich sein. Ab 2013 hoffentlich wenigstens die 750 Millionen Mobilitätsbetreuungsgeld.
Übrigens: Ein Blick in die Schweiz genügt, um zu sehen, wie sich Investitionen in Bereich des ÖPV und des Güterschienenverkehrs rentieren.
Die Landesregierung weiß das, schiebt jedoch wiederum alle Verantwortung von sich. Im Haushalt wird für den Posten “Förderung der Eisenbahnen und des öffentlichen Nahverkehrs” beinahe ausschließlich Geld des Bundes weitergeleitet. Allein für den Ausbildungsverkehr und das Sozialticket fließen Landesgelder.
Das Sozialticket jedoch ist ein erschreckendes Beispiel für die Mutlosigkeit der Regierung. Es ist doppelt so teuer wie der in den SGR-II-Regelsätzen verankerte Betrag für Mobilität und verfehlt das Ziel “Mobilität für alle”. Auch Minister Groschek hat befunden, dass das Grundrecht auf Mobilität für alle damit noch nicht umgesetzt wurde! Er verwies aber auf die zu geringen Regelsätze – der Bund müsse sich darum kümmern.
Der Haushalt 2012 behandelt ein Haushaltsjahr, welches bei der Verabschiedung fast vorüber sein wird. Dennoch können wir noch etwas tun, um Hürden für die Zukunft abzubauen .. und voran zu kommen.
Die Piratenfraktion möchte die Investitionsförderung für den ÖPNV aus Bundesfinanzhilfen nach dem Entflechtungsgesetz mit Landesmitteln aufstocken. Hier sind Kürzungen in Höhe von mindestens 17 Mio. Euro im Vergleich zu 2010 vorgesehen.
Das Geld wird dringend benötigt, um Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV zu decken. Der Bedarf durch zunehmend notwendigere Erhaltungsinvestitionen steigt. (sanierungsbedürftige Brücken, Tunnel, Trassen). Eigentlich soll zudem die Attraktivität des ÖPNV verbessert werden. Kommunen können kaum zusätzliches Geld aufbringen.
Wir schlagen daher eine Aufstockung der Mittel um 64 Millionen Euro vor, damit noch 2012 die Sanierungsarbeiten und Investitionen in den ÖPNV angegangen werden können!
Weiterhin möchten wir das Budget für ÖPNV-Gutachten erhöhen. Es muss sichergestellt sein, dass die angegangenen Maßnahmen wie beabsichtigt Wirkung zeigen. Dazu benötigen wir eine entsprechende Datenlage, Modelle, Simulationen und Machbarkeitsstudien – als Grundlage für innovative Konzepte wie den fahrscheinfreien Nahverkehr.
Der Haushaltsposten leitet Regionalisierungsmittel aus dem Bundeshaushalt für ÖPNV-Gutachten weiter. Der zusätzliche Bedarf (350.000,00 Euro) müsste aus Landesmitteln gedeckt werden.
Die zusätzlichen Mittel sollen zur Erstellung eines unabhängigen Gutachtens zur Gesamtkostenanalyse des öffentlichen Personennahverkehrs in NRW genutzt werden. – Einschließlich aller Kommunalhaushalte, Subventionen und Beteiligungen sämtlicher beteiligter und beitragender Unternehmen – inkl. Stadtwerke.
In einem zweiten Schritt sollen darauf aufbauend Modelle, Simulationen und Machbarkeitsstudien zur Realisierung einer vollständigen Finanzierung des Personennahverkehrs zur entgeltfreien Bereitstellung für die Bürger erstellt werden. Das heißt, wir möchten – je nach Datenlage – Studien zur Evaluierung der Möglichkeiten des fahrscheinlosen ÖPNV und ähnlicher Projekte fördern.
Selbstverständlich müssen auch die Daten wie Kosten und Fahrgastzahlen sowie erste Studien frei verfügbar gemacht werden. Damit werden die Kreativität und das Engagement der Menschen in NRW geweckt. Womöglich entdecken wir neue Lösungswege für unsere Verkehrsprobleme.
Zur Verwirklichung eines wirklich klimaschonenden, sozial ausgewogenen und die Lebensqualität steigernden Verkehrssystems in NRW müssen wir auch über neue Finanzierungsstrukturen nachdenken und den Kommunen die Freiheit ermöglichen innovative Konzepte umzusetzen.
Ich bin mir sicher, dass letzteres ein großes Thema in 2013 und 2014 sein wird. Zusätzliche Einnahmequellen der Kommunen dürfen aber nicht dazu führen, dass sich die Landesregierung noch weiter von ihrer finanziellen Verantwortung zurückzieht.
Die Landesregierung muss gewillt sein, Pläne und Forderungen, die sie selbst aufstellt, auch selbst zu bezahlen. Ja, natürlich ist es nicht das Geld der Landesregierung, das hier ausgegeben wird. Es ist das Geld der hier lebenden Menschen.
Genau das ist der Knackpunkt: Es ist immer das Geld der Menschen, egal ob es aus dem EU-, Bundes-, Landes oder Kommunalhaushalt kommt, ob eine entsprechende Abgabe direkt gezahlt wird oder indirekte Kosten entstehen.
Es wird Zeit, an der generellen Misere sämtlicher Finanzpolitik etwas zu ändern: Es muss weiter gedacht werden als bis an die Ränder isolierter Finanztöpfe und kurzer Legislaturperioden.
..und einer muss damit anfangen.
Daniel Schwerd (MdL, PIRATEN-Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien) besucht „Spielraum“ – Institut zur Förderung von Medienkompetenz an der FH Köln.
Datum: 12. November 2012, ab 15:00 Uhr,
Ort: Fachhochschule Köln, Ubierring 48, 50678 Köln.
Im Rahmen der „Aktionen vor Ort“ des „Tags der Medienkompetenz“ (26. November 2012, Düsseldorf) besucht Daniel Schwerd (MdL, PIRATEN-Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien) das Projekt „Spielraum“ im Institut zu Förderung von Medienkompetenz an der FH Köln.
Das Projekt „Spielraum“ will Medienkompetenz mit mehreren Praxisprojekten im Bereich Games fördern. Dabei wenden sich die Verantwortlichen auf der einen Seite an Eltern, Lehrer, Pädagogen und andere Multiplikatoren. Die Angebote „gameskompakt – Medienkompetenz im Koffer“ und „gameskompakt.de – Medienkompetenz im Internet“ bieten neben Arbeitsmaterialien auch ganz konkrete Anregungen, um sich mit dem Thema Computer- und Videospiele auseinanderzusetzen.
Schülerinnen und Schüler hingegen werden seit Anfang 2012 mit der Kampagne „Dein Spiel. Dein Leben“ (http://dein-spiel-dein-leben.de) für die Nutzung virtueller Spielwelten sensibilisiert. Ziel der Aufklärungskampagne, die in einem Peer-to-Peer-Prozess maßgeblich von Jugendlichen selbst für ihre Altersgenossen entwickelt wurde, ist ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit Games.
Der Besuch Daniel Schwerds findet im Rahmen der „Aktionen vor Ort“ des „Tags der Medienkompetenz 2012“ statt. Dabei besuchen Landtagsabgeordnete eine ausgewählte Medieneinrichtung in ihrem Wahlkreis oder darüber hinaus und diskutieren über aktuelle medienpolitische Themen. „Wir wollen Politik und Medienbildungseinrichtungen zusammenbringen und so den Diskurs fördern“, so Dr. Harald Gapski, Projektleiter des Tags der Medienkompetenz (TdM).
Der „Tag der Medienkompetenz 2012“ ist eine Veranstaltung des Landtags und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Er wird vom Grimme-Institut durchgeführt.
Weitere Informationen unter www.tagdermedienkompetenz.de.
Guten Tag,
Seit der Staat sich nicht mehr in die Genitalorganisation sowie die hormonelle Selbstregulation seiner Bürger einmischt, haben wir nicht nur einen Fortschritt in Sachen Humanisierung von Sexualität und sexueller Kommunikation zu verzeichnen.
Seit vor allem der Markt auch hier reguliert und im wahrsten Sinne des Wortes auch seinen Strich zieht, wird zugleich die Kluft zwischen humanisierter Sexualität und organisierter Lieblosigkeit deutlich.
Sexualverhalten aber ist Sozialverhalten. Nicht nur im nonverbalen, auch im verbalen Bereich.
Jeder von uns schleppt bewusst, unbewusst oder vorbewusst Prägungen, Lernerfahrungen im Bereich des sexuellen Verhaltens mit sich.
Nur wenige haben Sexualität als ein Feld offenen Erfahrungslernens kennengelernt.
Normalität im Bereich des Sexuellen ist bekanntlich und massenmedial unterfüttert nur im Konsens des Vorurteils erfahrbar.
Nicht nur die Gedanken sind frei. Auch die Entscheidungen potentieller Empfänger von Botschaften.
Niemand ist gezwungen, sich die nachmitternächtlichen Weich- und Hartfleischprogrammanteile bei RTL und anderen Sendern anzusehen, Telefonsexwerbung zu beachten oder Twitter-Tweets zu abonnieren, wo man sich vielleicht an schlüpfrig zu interpretierenden Zeilen erregen oder aufregen kann.
Auch die Entscheidung zur Teilnahme an medialen und netzmedialen Erregungswellen, das Herumspielen am Skandalon sowie das Gieren nach medialen Urknallphänomenen ist letztlich eine individuelle Angelegenheit.
Ich halte es für sinnvoll, mit Frau Rydlewski über ihre inhaltliche Arbeit zu diskutieren.
Ob sie nun Bratkartoffeln mit oder ohne Speck isst, oder Sachen in den Mund nimmt, die andere nicht einmal in die Hand nehmen, geht uns und andere nichts an, es sei denn, wir wollen mit ihr Bratkartoffeln essen, uns über Kochrezepte, das gemeinsame Kochen oder aus Gründen persönlicher Interessiertheit übers Vögeln austauschen oder zum Sex verabreden.
Sex ist nun mal – glücklicherweise – auch in nichtmonogamen, anderen Organisationsformen kein Straftatbestand mehr.
Damit keine Missverständnisse aufkommen und in eigener Sache:
Donnerstag und Freitag letzter Woche war ich unglaublich wütend und verärgert.
Ich finde Frau Rydlewskis Verhalten – aus dem Landtag heraus – natürlich reichlich naiv, unangemessen und unangebracht, sie müsste inzwischen genügend reflektiert sein und auch wissen, dass es Medien und politische Gegner gibt, die nur auf so etwas warten.
Ein Faktencheck der Ausrichtung und Effizienz des eigenen politischen Handelns ist daher durchaus notwendig.
Darüber hinaus nehme ich am gesellschaftlichen Diskurs zum Verhältnis Privatheit/Öffentlichkeit teil und habe klare und dezidierte Standpunkte zur Idee der sogenannten Postprivatheit (Postprivacy), die ich in zwei Blogbeiträgen “Informationelle Selbstgestaltung vs. Inkontinenz” und “Filtersouveränität schon am Ende” in April und Mai 2011 veröffentlicht habe sowie in einem Beitrag für die Zeitschrift merz (medien + erziehung Nr. 3, Juni 2012, S. 28-30) mit dem Titel Privatsphäre/ Datenschutz/ Kontrollverlust.
Ich glaube an die Kraft dialektisch-rationaler Reflexion. Auch bei den Piraten.
Und jetzt wird wieder Politik gemacht, mit Piraten und unseren politischen Konkurrenten.
Wichtige Probleme gibt’s nämlich genug.
Schönen Restsonntag,
Joachim Paul aka Nick H.
Fraktionsvorsitzender der Piratenfraktion NRW
Zunächst: Nein. Natürlich wird es keinen Fraktionszwang geben. Und nein, liebe Ruhrbarone, auch die Auflösung der Fraktion wird es nicht geben. Unsere Parlamentarische Geschäftsführerin hat einfach mal ein wenig gebloggt.
Wir sind auf einem guten Weg. Das sag ich nicht, um mir die Sache selbst schön zu reden. Das sage ich, weil ich die Entwicklung sehe, weil ich überzeugt davon bin. Es ist nicht leicht, wenn sich eine komplette Fraktion neu in einem Landtag ansiedeln möchte. Schwieriger wird es noch dadurch, weil sich diese Partei anschickt, Dinge anders machen zu wollen als andere. Einen neuen Stil in die Politik bringen möchte. Leichter wird es auch nicht, wenn ein Landtag sich, was die Arbeitsabläufe angeht, nach außen abschottet. Beispiele? Gerne:
Diese Liste ließe sich schier endlos fortführen. Das Hauptproblem: Es gibt Absprachen. Nicht nachvollziehbare (aka intransparente) Absprachen. Das muss abgestellt werden.
Nein, ich schreie jetzt hier nicht nach völliger Transparenz. Ich habe zwar bislang keine Ältestenratsitzung miterlebt, die irgendwie auch nur annähernd hätte “geheim” stattfinden müssen – aber ich kann damit einigermaßen leben. Wenngleich wir eher darüber im ÄR reden sollten als über die Twitterei einer Abgeordneten - aber darauf komme ich gleich nochmal zu sprechen.
Nun … all das und die klitzekleine Problematik, dass ein gesamter Mitarbeiterstab aufgebaut werden muss, bringt eine neue Fraktion erstmal dazu, de facto nicht sofort handlungsfähig zu sein.
Dieser Zustand ist aber seit etwa September / Oktober nicht mehr gegeben. Die Folge?
Wir beteiligen uns auch deutlich wahrnehmbar im Plenum. Anträge werden auf Bitten der PGF-Runde zurückgehalten, andere werden ohne Debatte eingebracht – weil die Zeit zu knapp war! Merkste was? “Zu wenig Zeit”. I lol’d.
Aber natürlich spielten wir mit. Machen mit bei dem Beratungsspielchen zu einem bereits ausgegebenen Haushalt. Warum? Weil wir nicht als Sturrköppe in den Landtag eingezogen sind. Weil wir tatsächlich was erreichen wollen. Da unsere Mehrheit in den Plenarsitzungen leider immer nur vorübergehend ist, brauchen wir die anderen Fraktionen.
Meine ultimativ subjektive Meinung dazu? Die anderen Fraktionen schätzen das. Sie gehen intern gut mit uns um. Das Verhältnis ist ordentlich bis gut. Viele von uns pflegen ein gutes Verhältnis zu den Fachpolitikern der anderen Fraktionen. Je mehr Öffentlichkeit hergestellt wird, desto stärker verändert sich dieses Verhalten aber. Es dreht sich ins Gegenteil. Das ist parteitypischer Beissreflex. Daran werden wir uns gewöhnen müssen. Wichtiger ist mir aber im Moment das Innenverhältnis und dieses nehme ich insgesamt als recht positiv wahr.
Für mich kann ich das speziell im Präsidium bestätigen. Die Sitzungen dort sind sehr angenehme Runden in der auch wirklich informell und zielorientiert gesprochen werden kann. Danke dafür!
Unser Abstimmungsverhalten
Die Piraten in den Medien
Auch hier zunächst mal: Es ist momentan schick, etwas gegen die Piraten zu schreiben. Vor einem halben Jahr war es eben umgekehrt schick, uns zu hypen. Ich habe ja auch der Oberhausener NRZ gegenüber gesagt, dass wir durchaus Angriffsflächen bieten. Einige davon liegen begründet in unseren offenen Strukturen, andere aber auch darin, dass sich immer wieder mal Piraten falsch verhalten – aber letzteres ist ja wohl durchaus menschlich.
Interessanter Fakt in Sachen “Lecktüre”: Bei 80% der Präsidiumsmitglieder wurden Statements von überregionalen Medien angefragt. Drei meiner Kollegen äußerten sich. Die Präsidentin selber hielt sich zurück – Carina Gödecke wird sich bestimmt morgen auf ihrer Webseite im Wochenrückblick hierzu äußern. An der Stelle übrigens mal eine Leseempfehlung
Bei mir landete nur eine Anfrage eines lokalen Redakteurs der hiesigen NRZ. Entstanden daraus ist dann übrigens ein Artikel der lesenswerteren Kategorie. Überregional? Fehlanzeige!
Wer’s wissen will: Ich finde den “Leck”-Tweet unnötig. Vor allem finde ich in auch doof, weil er möglicherweise den Kollegen Marsching bedrängt und ihn vielleicht in Erklärungsnot bringt. Für mich persönlich gehen die Äusserungen ein Stück zu weit in mein Privatleben und hier zudem noch in Bezug auf einen Kollegen. Aber: Mich interessieren solche Tweets auch schlicht nicht. Ich blende sowas aus und lese einfach weiter. Aber, um es mit Voltaire zu sagen:
Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.
Und dann frage ich mich doch: Welchen Nachrichtenwert hat diese Tweetgeschichte über Birgit? Wen juckt denn sowas ernsthaft? Was sagt das denn über die politische Arbeit von Birgit aus? Birgit hat öffentlich geäußert, dass ihr die Tage zu lang, zu anstrengend waren. Zur Erinnerung: Mittwoch / Donnerstag verbrachten wir 25 von 36 Stunden im Plenarsaal. Ja, das wird gut bezahlt (fun-fact: neben den MdL sind auch unzählige Mitarbeiter der Verwaltung, der Fraktionen und der MdL im Einsatz!). Und, ja, das macht einfach keinen Sinn. Niemand kann sich in der gesamten Zeit ausreichend konzentrieren (aber das tuen ja sowieso eher wenige im Landtag). Wir müssen daran was ändern. Niemand von uns will weniger Plenarstunden (siehe oben), aber diese müssen besser verteilt werden. Dann müssen es eben 40 Plenartage sein, wenn 30 nicht ausreichen.
Uns sowas wie Faulheit vorzuwerfen ist da schon dreist. Ich kann nur für mich sprechen, aber meine Arbeitswochen sind seit sechs Monaten selten unter 60 bis 70 Stunden. Keine Klage darüber! Der Job macht einen Riesenspaß, und, ja – mein Kollege Dr. Papke äußerte sich ja auch entsprechend – es ist eine Ehre, Abgeordneter des Landtags NRW zu sein.
Aber wenn der Rahmen nicht mehr passt, muss er eben angepasst werden. Diese Diskussion nehmen wir mit in die Arbeitsgruppe zur Geschäftsordnung.
Wie geht’s weiter?
Als eine gewisse Art der Problemanalyse sehe ich dann schon eher den Kommentar von Theo Schumacher in DerWesten. Mich hat der Kommentar dann am Ende sogar wieder ein wenig aufgemuntert. Vielleicht besucht uns Herr Schumacher mal im Rahmen der nächsten Plenarwoche, dann kann man sich in der inhaltlichen Sache ein bisschen näher unterhalten.
Sicher sind das keine piratigen Schlagwörter, wenn im Kommentar vom Nichteinschreiten des Fraktionsvorsitzenden gesprochen wird. Den brauchen wir hierfür auch gar nicht. Ein wenig mehr Disziplin kann uns aber sicher nicht schaden. Aber das muss von innen heraus kommen. Wir müssen lernen, wie bestimmte Handlungen von uns nach außen transportiert und interpretiert werden. Wir können es doof finden, dass die Zeitungen nicht über Inhalte schreiben, wenn wir Angriffsflächen bieten. Ich jedenfalls ärgere mich tierisch, dass NICHTS wirklich NICHTS über unsere politischen Statements der letzten Tage zu lesen ist. Wenn wir aber weiter daran arbeiten, kommen die Medien nicht daran vorbei, auch positive Berichte zu bringen. Soll heißen: Nein, kein Zwang nur noch “Ordentliches” zu twittern (was ist überhaupt dieses “Ordentliches”?), aber vielleicht mehr Selbstreflexion.
Vielleicht, und das wäre ein anderer Ansatz, kommt auch jemand auf die Diskussion, den “Pressehahn” komplett zuzudrehen. Nur noch bloggen, keine PM, keine Interviews. Wir können auch Fundamentalopposition machen. Mein Jogginganzug liegt für den Fall der Fälle gebügelt im Schrank. Es könnte sogar sein, dass das auf Dauer klappt. Aber kurz- bis mittelfristig werden wir dann überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Schließlich wollen wir offenen Diskurs mit allen Beteiligten. Nein, das ist nicht der Weg, den ich gehen möchte. Ob der Weg, den wir nun gehen, der Richtige sein wird, werden wir allerdings erst in Monaten oder in Jahren wissen – trotz entsprechendem Antrag für den kommenden Bundesparteitag, sind Zeitreisen ja noch nicht möglich
Wir haben in diesem Netz einen großen Vorteil. Wir sind schneller, besser vernetzt und sind im versierten Umgang damit den Etablierten um Meilen voraus. Nutzen wir das. Lasst uns versuchen, mehr Politisches über unsere Kanäle zu verbreitern. Fangt mit diesem Blogbeitrag und den von meinen Fraktionskollegen an. Retweetet. Jeder. Verbreitet positive Artikel, wie z.B. den im WDRBlog. Und wenn dann mal ein Shitstorm, ein Gate oder was auch immer kommt: Sprecht mit dem Betroffenen. Fragt ihn erst. Nicht sofort draufhauen. Ich jedenfalls werde versuchen, demnächst so zu handeln. Natürlich werde ich auch weiterhin Privates twittern. Wenn ich irgendwas scheiße finde, werde ich das auch weiterhin mitteilen. Dafür werde ich auch meine Wortwahl nicht ändern. Aber ich werde zukünftig zumindest immer erst versuchen, mir alle Seiten anzuhören und mir in Ruhe ein Bild machen. Und negative Berichte über uns werde ich lesen. Aber ich werde ihnen nicht weitere Aufmerksamkeit schenken und gratis Werbung dafür machen. Gemeinsam können wir es schaffen, dass mehr über unsere politische Arbeit im Netz herumgeistert und auch die klassischen Medien dies aufgreifen.
Ich habe das Freitag schon auf der Mailingliste der AG ÖA versucht. Das wird schwierig. Aber vielleicht habe ich mit meinen Hinweisen ja den ein oder anderen doch zurückhalten können. Und wenn das mehr so machen und wir uns gegenseitig immer und immer wieder dazu auffordern und daran erinnern, dann kann das funktionieren.
Mein Schluss:
Wenn man in einem Fußballspiel mitspielen möchte, muss man erstmal die Regeln akzeptieren. Wenn ich den Ball mit der Hand stoppe, pfeift der Schiri gegen mich. Mach ich das mehrmals, fliege ich vom Platz. Das kann ich blöd finden, mitspielen kann ich trotzdem nicht mehr. Wenn ich die Regeln verändern will, muss ich gegen harte Bollwerke ankämpfen und Mehrheiten finden.
Jetzt ist Politik kein Spiel, aber auch hier gibt’s Regeln, die wir nicht aufgestellt haben. Nur sind wir nicht der FC Bayern, Schalke oder Dortmund. Wir sind allenfalls RWO, WSV oder RWE. Wir werden das System aber nicht von jetzt auf gleich ändern können. Aber wenn wir Spiele gewinnen, Erfolge erzielen, werden wir aufsteigen. Wir sind qualifiziert, um im kommenden Jahr um den Aufstieg in die Bundesliga, sprich Bundestag zu spielen. Wenn wir fleißig trainieren in den kommenden Wochen, Eigentore vermeiden und zwischendurch ein paar Tore schießen, werden wir ganz oben mit dabei sein.
In diesem Sinne: Glück auf!
Vorwort: Danke an die Freunde, die den Text vorab gelesen haben. Ich habe mich nicht mehr getraut, ihn einfach zu veröffentlichen. Da ist irgendetwas kaputt gegangen…
Mal wieder haben Tweets von mir für mediale Aufregung gesorgt. Davon war ein Tweet ein Zitat einer Aussage von jemandem. (In der Presse wird es direkt mir in den Mund gelegt.) Vorher hatte ich es in einem anderen Tweet gewagt -nach 14 Stunden Sitzung- auf Twitter in einem kommentierten Retweet (also der Aussage von jemand anderem) zu äußern, ich sei müde. “Langweile” kam als Ausdruck nie vor.
Monika Pieper hat dazu schon Stellung bezogen: http://monika-pieper.de/2012/11/674/
Wichtig dabei auch der Kommentar der Fraktionskollegin Simone Brand, die verdeutlicht, dass durch meine “unbedachte Äußerung” die großen Zeitungen jetzt nicht, wie ursprünglich geplant, über das Transparenzgesetz geschrieben haben, sondern lieber den angeblichen Skandal aufwärmten. An der Stelle ist halt irgendwie Schluss damit, dass man einfach schreiben darf, was man will. Oder? (Ich füge mal den Gedanken ein, dass mein Glaube an Zusagen der großen Zeitung mit vier Buchstaben eher gering ist.)
Im Ältestenrat des Landtages wird mein Twitterverhalten wohl auch noch thematisiert werden.
Was nun?
Es gibt jetzt diverse Alternativen (vermutlich mehr, als mir auf Anhieb gerade einfallen):
Die ganz Eiligen erwarten sofortigen Rücktritt von mir. Schließlich hätte ich der Arbeit der Fraktion geschadet und überhaupt wollen wir ja in diesen Bundestag.
Dann ist es natürlich möglich, dass ich jetzt weitgehend nichts Privates mehr schreibe. Schließlich sind wir in der Fraktion nun Politiker und da müssen wir uns an die Regeln halten. Das heißt im Klartext: Ich muss jeden Tweet darauf überprüfen, ob er noch den Normen entspricht, die an Politiker im allgemeinen so angelegt werden. Das klingt einfach, ist es aber in der Realität gar nicht. Ist ein Retweet noch ok oder wird das dann wieder mir in den Mund gelegt? Was genau entspricht den gesellschaftlichen Normen? Interessant dabei natürlich, dass viele Neufollower mir gerade aus Sensationsgier folgen. Viele springen auch schnell wieder ab, wenn es dann auf einmal um Bildungspolitik geht. Das Gefühl von Doppelmoral an diversen Stellen kommt durchaus auch mal auf.
Theoretisch wäre natürlich auch möglich, dass ich einfach weitermache wie bisher.
Ich weiß ehrlich gestanden nicht genau, wofür uns Menschen gewählt haben. Wofür wählen Protestwähler, wofür wählen uns Stammwähler, wofür wählen uns Menschen, die vorher nicht gewählt haben? Inhalte einzubringen in Parlamente, halte ich absolut für wichtig. Und. Überraschung: Das tun wir auch! Moni schreibt, dass man uns aber nur ernst nimmt, wenn wir die Regeln befolgen. (Mich gruselt es schon ein wenig, wenn im Parlament darüber Worte verloren werden, dass mein Fraktionskollege Hans-Jörg Rohwedder bei seiner Rede versehentlich vergessen hat, das Jackett anzuziehen. Aber auch das gehört halt zu diesen Regeln und der Sache mit der Würde des Hauses. Etwas traurig übrigens an der Stelle, dass gerade viele von den Grünen da geklatscht haben.)
Haben die Menschen uns denn wirklich dafür gewählt, möglichst schnell zu werden wie die anderen Politiker?
Gunter Dueck hat letztens zu mir gesagt, dass wir nicht gleichzeitig Inhalt und Form ändern könnten. Vielleicht hat er Recht.
Aber da bleibt ein wenig ein ungutes Gefühl…
Ich habe faktisch nichts Schlimmes getan. Ich habe niemanden betrogen, nicht gelogen, mich nicht bereichert etc. Es gibt Werte, die ich nicht verkaufen will…
Gehört dazu auch, sich nicht zu verbiegen?
(An der Stelle übrigens mein großer Respekt vor Frau Milz, die das irgendwie durchzieht in diesem Parlament….in der CDU.)
Man bekommt Burn-Out, wenn man seine Werte nicht leben kann….
Es bleiben viele Fragen für mich… (Vielleicht können wir ein paar davon beim Treffen der Spackeria diskutieren):
Wären die Äußerungen bei einem Mann ein Problem gewesen?
Welche Art Politiker wollen Bürger eigentlich? (Einer hat mir auf Twitter vorgeworfen, dass ich dort antworte…. Ich solle lieber arbeiten…. Gehört Kommunikation nicht auch zur Arbeit eines Politikers?)
Welche Vorstellungen haben Menschen von der Arbeit eines Politikers?
(Natürlich ist es einfacher, sich nicht gleichzeitig auch noch mit der Überwindung gesellschaftlicher Normen zu beschäftigen. Ecken, Kanten machen angreifbar. Offen twittern macht angreifbar. Muss man sich nicht unbedingt antun. Ist halt auch sehr anstrengend….aber wie sinnvoll ist es, jetzt anders zu twittern als vor der Wahl?)
Welche Rollenerwartungen werden an Politiker gestellt? (Und welche davon wollen wir auch wirklich erfüllen?)
Wie viel Macht haben Medien? (Und wie sehr lassen wir uns davon beeinflussen in unserem Handeln?)
Und etwas spezieller: Was wollen Wähler von den Piraten?