Grumpys Lesezeug vom 06.12.2013

Veröffentlicht am von unter Marc 'Grumpy' Olejak, Persönliche Blogposts, Presse, Service.

Ich hoffe, Ihr wart alle unartig – mehr Rute, weniger Schoki – Disclaimer – der folgende Text kann Spuren von Ironie beinhalten.

anonymouse.org – es gibt ja immer wieder Diskussionen wie man Artikel verlinken sollte, könnte, verweigern müßte – gerade in Zeiten des Leistungsschutzrechts für „Verlage“ und der drohenden Verschärfung mittels kostenpflichtigen „Neutralitätszwangs“ unter der Großen Koalition für die innovationsbefreiten Verlage. Ein Proxy bietet sich da an – eventuell vergesse ich mal den einen oder anderen Link der LSR-Presse da durch zu jagen – dies möge man mir bitte verzeihen.

WAZ: Rot-Grün macht Weg frei für Kohlekraftwerk Datteln IV – Wahrscheinlich irgendwas mit parlamentarischen Zwängen zum Wohle des „Industriestandorts“ NRW, der Arbeitsplätze und natürlich dem EEG geschuldet, oder so. Ungefähr so wie bei der Vorratsdatenspeicherung, der Videoüberwachung im öffentlichen Raum oder dem Einsatz bezahlter Verbrecher als V-Leute. Die Grünen NRW können sich auch gerne in Triple-V umtaufen.

WAZ: Land NRW bleibt wohl auf Kosten für Essener Problemstollen sitzen – was beim Bergbau und der Bahn geht… das ist doch DIE Lösung auch für e.on & Datteln IV – rückwirkend nochmal alles zum Schwarzbau erklären und das Land übernimmt alle Kosten – bekommt Rot-Grün bestimmt hin.

WAZ: Wie im Actionfilm – So klingt die neue Sirene der Polizei NRW – ich hätte da direkt einen Imagevorschlag für den fehlgegangenen Hip-Hop Videoauftritt der NRW-Polizei – nehmt Euch doch Dänemark als Beispiel.

SPON: Goldene Runkelrübe: Schmähpreis für die schlechtesten Karriereseiten – Und nochmal die amtlichen Glückwunsche an das Ministerium für Inneres und Kommunales, die Polizei NRW und die Unterbezahlten, die sich das Ganze ausgedacht haben. Yo, brother, Sister – put your hands in the air!!! *woop-woop*

PCgames: Landeskriminalamt NRW will Internet-Kriminalität bekämpfen – Im Netz finden Verbrechen statt! NEIN WIRKLICH!!!! Lobenswert ist es natürlich, dass man irgendwann auch mal seine Arbeit macht. Dabei dann zufällig sogar über Verbrechen zu stolpern… es gelten übrigens mittlerweile mehr Gesetze für die Netzwelt als für den Fleischraum. Da niemand von den Piraten dort geladen war, können wir auch nicht sagen, ob die Flipcharts im Tagungsraum auch nur im Ansatz die Antikorruptionsrichtlinien der EU widergaben.

ZEIT: Automobilmarkt: GM zieht Chevrolet aus Europa zurück – Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll – das Konzept als billige Zweitverwertermarke veraltete Opel als Daewoo verkaufen zu wollen, welches dann als Chevrolet umgelabelet wurden, verstirbt zu Recht – General Motors gibt da jetzt alles vor allem im Bereich der Krisen-PR. Das jetzt als Rettungsgewinn für Opel hinzustellen, mit denen es ja sowieso auch am „Industriestandort NRW“ bergab geht… Dunning-Kruger – ein-deu-tig.

Handelsblatt: Freizügigkeit: Kritik von Sinti und Roma – Ich möchte nochmal festhalten – Deutschland hat unter IM Friedrich weder das von der EU-Kommission geforderte Integrationskonzept vorgelegt, noch die von der EU zur Verfügung stehenden Hilfsgelder zu Integrationsförderung beantragt – aber halt auf die Minderheiten einschlagen, das geht.

netzpolitik: SPD geht mit BKA gegen politischen Telefonstreich vor – Wird spannend bei der Argumentation, die durch die politischen Vertreter und öffentlichen Aussagen der Partei gegen eine satirische Gruppe strafrechtlich zu verwenden. Letztlich ein wunderschöner Spiegel, in den die Verantwortlichen der SPD (und deren Spin-Doktoren) da jetzt schauen dürfen.

taz: DDR-Bürgerrechtler gegen NSA: Halten wir die Demokratie am Leben! – Ganz ehrlich? E-N-D-L-I-C-H! Bin ja erstaunt, dass das so lange gedauert hat – können doch nicht nur alles Fans des Merkelismus sein – mehr davon!

law blog: Abmahnung gegen Stream-Nutzer – Wie zum Teufel (ausser über die NSA/GCHQ/BND…) sind die an die IP des Betrachters gekommen?

VOCER: Eine Plattform für Scharlatane – Schönes Schmierenstück, ne falsch – schönes Stück über die Schmierage im Qualitätsjournalismus am Beispiel des Schweizer Fernsehens – vermisse da noch die Globuli-Kuschler… muß man wissen.

EU Commission: Evaluierungsbericht zum TFTP-Abkommen (Englisch) – [PDF] Ist ja alles halb so schlimm meint die Kommission… gehen Sie bitte weiter, es gibt nichts zu sehen…

Evaluierungsbericht zum PNR-Abkommen (Englisch) – [PDF] … auch hier ist alles ja überhaupt nicht schlimm und aussetzungswürdig. Die paar Fluggastdaten – leider noch nichts zum neuen russischen Projekt des Austausches von Fluggastdaten mit der EU.

Kurz vor Schluss:

Julia Seeliger: Assange – Ja, Julian Assange mag ein Arschloch sein, auch gerne ein seelisch Versehrter für die Betrachter des gewählteren Ausdruckstons – nichtsdestotrotz ist seine Arbeit für Wikileaks im Gesamten zu würdigen. Ohne Wikileaks kein Snowden – damit das klar ist.

Twitter / photobix: An den schneepolitischen Sprecher … – mehr Lack saufen – dann gleitet man auch von alleine…

G! gutjahrs blog: Die Vorratsdaten-Verräter – Eigentlich Punktlandung – doch unterschlägt der von mir geschätzte G! die Tatsache, dass die SPD seit 2006 unter IM Schily mit Hilfe von Zypries die Vorratsdatenspeicherung zur gezielten Tötung kleiner Kätzchen einsetzen will. Die CDU ist da wenigstens resonanzbefreit und bleibt standhaft, während die SPD weiterhin versucht so zu tun, als wolle sie „irgendwas mit Bürgerrechten“… zertreten vielleicht?

PS: Abonnenten meines RSS-Feeds sind nach wie vor im zeitlichen Vorteil

 

Gemeinsame Sache? Ja, genau!

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Im heutigen Familienausschuss wurde unser Antrag

Größere Wertschätzung der Fankultur – Fanprojekte nachhaltig fördern!

abschließend beraten – so der Plan.

Anhand dieses Antrags möchte ich Euch aufzeigen, wie Politik im Landtag NRW offenbar funktioniert. Oder eben nicht. Vielleicht lest Ihr Euch auch nochmal den Blogbeitrag “Wen juckt schon so ein Koalitionsvertrag” durch. Beide Blogbeiträge zeigen auf, was in der alteingesessenen Politik falsch läuft.

Ich fange aber mal ganz vorne an:

2. Juli 2013: Einbringung unseres Antrags

Wir reichen unseren Antrag in Drucksache 16/3433 ein:

Größere Wertschätzung der Fankultur – Fanprojekte nachhaltig fördern!

9. Juli 2013: Einbringung eines Entschließungsantrags von rot-grün

SPD und Bündnis 90 / Grüne reichen einen Entschließungsantrag zu unserem Antrag ein.

Fürs Protokoll und weil’s später nochmal relevant wird: Nach Antragsschluss! (Anträge können im Landtag NRW immer bis zum Dienstag der Vorplenarwoche, 14 Uhr eingereicht werden .. danach sind nur noch Änderungsanträge oder Entschließungsanträge zu bereits eingereichten Anträgen und Gesetzentwürfen möglich).

Zum inhaltlichen gibt’s nicht so wahnsinnig viel zu sagen. GuttenPlag hätte wahre Freude an dem Text. Im Endeffekt ist der Inhalt nahezu identisch – die Worte sind andere, der Inhalt fast gleich. Immerhin hat man sich die Mühe gegeben und den Antrag umgeschrieben … ich muss sogar zugeben: der Einleitungstext ist in Teilen besser als unser Antrag – auch dazu später mehr.

10. Juli 2013: 36. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen

Wir beraten unseren Antrag erstmalig – gemeinsam mit dem Entschließungsantrag – im Plenum. Wer die Debatte nochmal verfolgen möchte, kann das gerne hier tun. Wer es nachlesen möchte, hier entlang.

19. September 2013: 19. Sitzung Ausschuss Familie, Kinder und Jugend

Der Antrag steht erstmalig zur Beratung im Familienausschuss auf der Tagesordnung. Wir beantragen, dass der TOP geschoben wird, da wir eine Basis für einen gemeinsamen Antrag sehen. Alle Fraktionen zeigen sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden. Es wird Wert darauf gelegt, dass die Abgeordneten aus dem Sportausschuss beteiligt werden. Ich kündige an, dass wir versuchen werden, auf Referentenebene an einem gemeinsamen Antrag zu arbeiten. Wir übernehmen hierbei die Federführung.

1. Oktober 2013: 12. Sitzung des Sportausschusses

Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragen wir, dass der TOP abgesetzt wird, da wir die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags sehen und dies gern prüfen möchten. Dies ist interfraktionell Konsens.

17. Oktober 2013: Treffen auf Referentenebene

Nach einigen Mailkontakten findet das erste Treffen auf Referentenebene statt. Ich fasse mal zusammen, was unser Referent dazu berichtet hat:

Nach kurzer Diskussion waren wir der Meinung, dass die Anträge sich nicht großartig unterscheiden. Daraufhin Vorschlag von SPD/Grüne sich Ihrem Antrag in der Form anzuschließen und den PIRATEN Antrag zurückzuziehen. Zunächst Ablehnung dieses Vorschlags.

Gegenvorschlag: der Antrag von SPD/Grüne wird wie folgt geändert: Prüfauftrag für die Landesregierung in welchen Ligen Fanprojekte eingerichtet werden sollten, Prüfautrag für die Landesregierung, ob der aktuelle Stellenschlüssel der Fanprojekte überarbeitet werden muss.

CDU und FDP würden einen derartigen Antrag auch befürworten, SPD/Grüne hält Rücksprache und meldet sich danach wieder.

Diese Meldung erfolgte dann, aber irgendwie mit recht überraschendem Ergebnis:

6. November 2013: Mail aus der grünen Landtagsfraktion

Aus Gründen des Datenschutzes verzichte ich hier auf Nennung des Namens und des genauen Wortlauts der Mail. Sinngemäß steht drin, dass die regierungstragenden Fraktionen keine Zeit mehr verstreichen lassen wollen und den Piratenantrag ablehnen, den rot-grünen Antrag annehmen werden. Ein gemeinsamer Antrag mache keinen Sinn.

Nun gut … schade. Vor allem vor dem Hintergrund der großen Übereinstimmung. Offenbar ist auch nichts mehr von dem übrig, was der Kollege Weske noch im Plenum vollmundig beschrieb:

Unserer Meinung nach hätten die Fanprojekte in unserem Land statt diesem Schnellschuss einen umfassenden Antrag verdient, der ihre vielen verschiedenen Probleme aufgreift.

Aber, es geht weiter … und so richtig lustig wird’s erst noch…

12. November 2013: 13. Sitzung des Sportausschusses

Zu Beginn der Beratung habe ich nochmal dargestellt, wie der parlamentarische Beratungsverlauf ablief. Gleichzeitig brachte ich mein Bedauern zum Ausdruck, dass wir es nicht geschafft haben, in einer Sache, hinter deren Zielsetzung wir uns fraktionsübergreifend einig sind, einen gemeinsam Antrag zu stellen. Abschließend warb ich erneut für unseren Antrag, weil er in einigen Punkten in der Beschlussfassung konkreter sei, signalisierte aber nach wie vor Bereitschaft, auch den rot-grünen Antrag mitzutragen.

Auch die anderen Fraktionen gingen erneut auf die Anträge ein. Es wurden einige Kritikpunkte an unserem Antrag genannt, die CDU-Fraktion signalisierte, dass sie unserem Antrag zustimmen werde. Konzentrieren will ich mich an dieser Stelle aber vor allem auf die Aussagen der rot-grünen Redebeiträge. Rainer Bischoff, der sportpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion bedauerte, dass es zu keinem gemeinsamen Antrag gekommen ist, begründete dies aber in der Hauptsache damit, dass wir PIRATEN ja auf unseren Antrag bestanden hätte. Josefine Paul bekräftigte erneut, wie hoch der Stellenwert der Fanprojekte in NRW sei. Aus meiner so ganz persönlichen, subjektiven Sicht argumentierte sie auch für die Beschlussfassungspunkte unseres Antrags – aber: in der Konsequenz werde man natürlich unseren Antrag ablehnen.

In meinem abschließenden Wortbeitrag ging ich erneut kurz auf die Kritikpunkte ein. Zum Schluß war mir allerdings wichtig, den Vorwurf auszuräumen, dass wir auf unserem Antrag bestanden hätten und nur auf Basis dessen einen gemeinsamen Antrag hätten erarbeiten wollen. Ich gab das wieder, was ich Euch da oben als Zusammenfassung vom 17. Oktober auch hier geschrieben habe.

Meine Aussagen sorgten offenbar für reichlich Verwirrung. Die SPD-Fraktion bat um kurze Unterbrechung der Sitzung um sich zu beraten. Ergebnis der Beratung war, dass man den Antrag ohne Votum an den federführenden Ausschuss abgeben wolle. Wir stimmen dem selbstverständlich zu.

Irgendwas muss passiert sein, dass die SPD-Fraktion unseren Antrag plötzlich nicht mehr ablehnen wollte. Wie auch immer .. wir werteten das als Signal, dass vielleicht doch noch ein gemeinsamer Antrag eine Chance haben könnte. Unser Referent Sebastian und ich haben noch am Abend den ursprünglichen Entschließungsantrag von rot-grün mit den gewünschten Forderungspunkten ergänzt und an die anderen Fraktionen geschickt.

14. November 2013: 25. Sitzung Ausschuss Familie, Kinder und Jugend

Spannend, spannend .. unser neuerlicher Versuch eines gemeinsamen Antrags scheint nun doch noch mal Anklang zu finden. Es gibt erneute Signale seitens rot-grün, dass wir einen weiteren Anlauf starten, einen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen. So, wie ich es zwei Tage zuvor nochmal gemailt habe – auf Basis des rot-grünen Entschließungsantrags.

Ich bin gespannt. Nicht.

25. November 2013: Am Rande des Plenums

Nach vielen konstruktiven Gesprächen auf Referentenebene mit SPD, CDU und FDP, kommt heute die Rückmeldung der Grünen. Sinngemäß wird an den geänderten Punkten des Originalantrags rumgemäkelt, verbleiben soll letzlich nur die Aufforderung an die Landesregierung, regelmäßig zu berichten.

WTF!

28. November 2013: Am Rande des Plenums

Ich spreche kurz mit Josefine Paul, der zuständigen Abgeordneten der Grünen. Bevor wir überhaupt dazu kommen, die einzelnen Beschlusspunkte mal durchzusprechen, wird von Anfang signalisiert, dass die neutralere Formulierung hinsichtlich des in Sachen Fanprojektförderung flexiblen Kinder- und Jugendförderplans bei den Grünen keinen Anklang findet. Sie bestünden darauf, dass das überschwengliche Lob auf die Landesregierung zwingend Bestandteil des Antrags bleiben muss.

Nochmal: WTF!

3. Dezember 2013: 25. Sitzung Ausschuss Familie, Kinder und Jugend

Da SPD / Grüne ja nun klar signalisiert haben, dass das nichts mit einer gemeinsamen Initiative wird, schicken wir einen letzten Entwurf an CDU und FDP. Neuer Plan ist, einen gemeinsamen Antrag dieser drei Fraktion ins Dezember-Plenum erneut einzubringen und dann direkt abstimmen zu lassen.

5. Dezember 2013: 26. Sitzung Ausschuss Familie, Kinder und Jugend

Die Spannung ist raus. Es ist klar, wie rot-grün sich heute verhalten wird. CDU und FDP signalisieren erneut Bereitschaft, mit uns den Antrag gemeinsam zu stellen.

In letzter Konsequenz ziehe ich unseren ursprünglichen Antrag zurück – und damit auch den Entschließungsantrag von SPD und Grünen. Josefine Paul bedauert das, kritisiert, dass wir dann im Dezember direkt abstimmen wollen und der Antrag dann nicht mehr beraten werden könne.

Hallo? Wir beraten diesen Antrag nun seit Monaten … grad die grüne Landtagsfraktion entpuppte sich hierbei als diejenige, die immer und immer wieder auf die Bremse trat. Nach unserem Verständnis von Politik hätte der Antrag längst abschließend als gemeinsamer Antrag beraten werden können. Aber … um es klar zu sagen: Das ist nicht Ziel dieser regierungstragenden Fraktionen. Gemeinsame Initiativen sind nicht erwünscht. Dies ergibt sich übrigens auch bei mehreren weiteren Tagesordnungspunkten im Ausschuss an diesem Tag. Immer und immer wieder sind es SPD und Grüne, die gemeinsamen Initiativen im Weg stehen.

Ausblick

Wie geht es weiter? Wir werden den Antrag nun im kommenden Plenum erneut einbringen, mitsamt aller eingearbeiten Änderungswünsche der anderen Fraktionen. Wir übernehmen viel Text aus dem rot-grünen Antrag, wir übernehmen gern die Verbesserungsvorschläge. Wir sind zu gemeinsamen Anträgen bereit.

Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen leider nicht. Politik 1.0? Vielleicht ne frühe alpha …

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gastbeitrag: Alle reden von Inklusion, der LVR will sie abschaffen.

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Liebe Lesende,

an dieser Stelle folgt nun ein Gastbeitrag des von mir sehr geschätzten Manfred Schramm:

Alle reden von Inklusion, der LVR will sie abschaffen.

4. 12. 2013

Am 6. Dezember will der Landschaftsverband Rheinland den Rückzug aus der Refinanzierung der Therapiekosten in den integrativen Kindergärten beschliessen.

Das bedeutet die deutliche Schlechterstellung von behinderten und förderbedürftigen Kindern in Kindertagesstätten.
Unter dem Deckmantel der ‘Erfüllung von Inklusionsanforderungen’ sollen de facto in erster Linie Einsparungen erzielt werden.

Zum politischen Umfeld:
Bundes- und Landespolitik schreiben sich Inklusion und Bildungsrepublik auf die Fahnen und lassen die handelnden Personen – Schulämter, Jugendämter, Lehrer, Erzieher, Therapeuten und letztlich die Kinder und Eltern – im Stich.

Kein Kind zurück lassen” tragen NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann und NRW-Familienministerin Ute Schäfer seit lange als werbewirksamen Leitspruch vor sich her.
Bundeskanzlerin Angela Merkel ruft die “Bildungsrepublik Deutschland” aus und will Bildungspolitik zur Chefsache machen (schon 2009).

Große Worte, wo bleiben die Taten?

Die von der Politik allein gelassenen bemühen sich nach Kräften und versuchen nun – vermutlich aus der Not heraus – sich aus so mancher finanzieller Verantwortung zu stehlen.

Zurück zum LVR und zur Sache:
Seit 1983 werden Integrative Kitas vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) finanziell gefördert. Konkret bezieht sich die Bezuschussung auf integrative Gruppen, in denen fünf Kinder mit und zehn Kinder ohne Behinderung pädagogisch und therapeutisch gefördert werden. Die finanzielle Förderung entlastet dabei sowohl die Eltern als auch den Träger der Kita und die Kommune.

Aufgrund der Forderung der UN-Konvention zur Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung wurde für diesen Bereich ein neues Konzept entwickelt, für das derzeit die Weichen gestellt werden.

Inklusive Bildung, die die bestmögliche Förderung aller Kinder realisiert, braucht bestmögliche Rahmenbedingungen.
Dazu gehören:

  • Die Wahrung der Chancengleichheit für alle Kinder und Familien;
  • Die Erweiterung der Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte im Bereich inklusiver Bildung;
  • Das Arbeiten im interdisziplinären Team (Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Therapeuten und den Erziehern ermöglicht einen ganzheitlichen Blick auf das Kind);
  • Die Kontinuität der Therapien;
  • Flexible Gruppengrößen und Altersstrukturen (angepasst an die Kinder in der Gruppe);
  • Die Förderung der Kinder im Alltagsgeschehen;
  • Die Entlastung der Eltern (zeitlich und finanziell);
  • Eine Elternberatung und -begleitung;
  • Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Seit Anfang des Kindergartenjahres 2012/2013 wurden durch den LVR bereits einige Veränderungen für neu aufgenommene Kinder mit einem integrativen Kindergartenplatz umgesetzt:

  1. Die Kosten für das Mittagessen werden nicht mehr übernommen;
  2. Die Elternbeiträge werden nicht mehr übernommen;
  3. Fahrtkosten zur Kindertageseinrichtung werden nicht mehr übernommen;

Weitere Änderungen betreffen die Träger der Einrichtungen und die Kommunen:

  1. Die anteilige Finanzierung der vom Gruppendienst freigestellten Leitung
    wurde gestrichen;
  2. Der Jugendamtsanteil wird bis Ende 2013 sukzessive abgebaut;
  3. Der Trägeranteil wurde in eine Pauschale umgewandelt;
  4. Therapeuten dürfen nur noch befristet eingestellt werden.

Neben diesen schon einschneidenden Veränderungen durch den LVR ist in einem weiteren Schritt das sogenannte „kindbezogene Förderverfahren“ geplant.
Hierbei rückt die Förderung von einem oder mehreren Kindern mit Behinderung in Regelkindergärten in den Vordergrund (Einzelintegration).
Durch den Wegfall und die Kürzungen der oben aufgeführten Finanzmittel und der in diesem Zusammenhang geplanten umfassenden Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an den Kosten der therapeutischen Versorgung, werden die Therapieformen, wie sie derweil von angestellten Therapeuten in den integrativen KiTas angeboten werden, langfristig der Vergangenheit angehören.
Therapie gibt es dann nur noch auf Rezept!

Es ist zu befürchten, dass die geplanten Einschnitte des LVR zu einer deutlichen Verschlechterung der Rahmenbedingungen führen werden.
Die geplanten Veränderungen führen zu einer weiteren Ausgrenzung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf.
Das Ziel von Inklusion soll jedoch das gemeinsame Miteinander sein und die Umgestaltung der Einrichtungen sollte bestmögliche räumliche und personelle Voraussetzungen für alle Kinder umfassen.
Wenn die Kinder mit Beeinträchtigung für ihre Entwicklung nicht mehr die bestmögliche Förderung erfahren, werden wir als Gesellschaft dem Anspruch der Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung nicht mehr gerecht.
Der Verlust von finanziellen Zuwendungen lässt die betroffenen Kinder zu Leidtragenden werden und schwächt damit gerade die, denen es gilt einen sicheren Einstieg in das Leben zu ermöglichen.
Durch den Wegfall der fest angestellten Therapeuten in den integrativen Kitas wird sich die therapeutische Förderung in Praxen und/oder in Einzelsitzungen innerhalb der Einrichtung verlagern.
Das Fachwissen und die interdisziplinäre Förderplanung, die Förderung im Alltagsgeschehen, so wie der kurzfristige Austausch und die damit verbundene spontane Reaktion auf die Bedürfnisse des
Kindes gehen dadurch verloren. Förderbedürftige Kinder und ihre Eltern werden sich ausgegrenzt fühlen.
Die Forderung der UN-Konvention zur Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung wird ad absurdum geführt.

Der LVR muß diese Änderungen dringend neu überdenken; das NRW-Familienministerium und die NRW-Landespolitiker müssen die Finanzierung der von ihnen gewollten inklusiven Förderung deutlich verbessern und dies den Landesjugendämtern signalisieren.
Schönen Worten müssen endlich Taten folgen.
Sonst wird auf Dauer die Inklusion in NRW-Kitas exkludiert!

 

 

 

Kurzer Bericht über Ausschussreise nach Brüssel

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Europa und Eine Welt (A06), Nico Kern, Persönliche Blogposts.

Am 3. und 4. Dezember reiste ich mit dem gesamten Ausschuss für Europa und Eine Welt zur NRW-Vertretung in Brüssel. Dort gab es in kurzer Folge mehrere europapolitische Informationsvorträge und auch unsere Ausschusssitzung. Themen der Vorträge: Möglichkeiten und Ziele der Mitwirkung von NRW an der EU-Gesetzgebung, ein Gedankenaustausch zu aktuellen EU-Themen, sowie eine Präsentation zur wirtschaftspolitischen Koordinierung von der Abteilungsleiterin der zuständigen Generaldirektion „Wirtschaft und Finanzen“. Hier entspann sich eine kontroverse Diskussion: Es wurde deutlich, dass die Austeritätspolitik (Kürzungspolitik) der EU-Kommission im NRW-Europa-Ausschuss teilweise unterstützt, aber auch deutliche Kritik erfährt. Insbesondere in Hinblick auf die Jugendarbeitslosigkeit in den südlichen Ländern, wurde mehr Einsatz von der EU eingefordert.

Bei einem Arbeitsfrühstück mit Mitgliedern des Europaparlaments aus NRW haben wir u.a. ausführlich über die Zuwanderung aus osteuropäischen Ländern gesprochen und die Probleme, die dabei vor allem in manchen Städten des Ruhrgebiets auftreten.

In unserer Ausschusssitzung am Mittwoch haben wir uns von den Fachreferenten der Landesvertretung über die Bereiche EU-USA-Freihandelsabkommen (TTIP), Datenschutz-Grundverordnung und Verkehrspolitik schwerpunktmäßig informieren lassen. Dabei ist klar, dass uns insbesondere das TTIP in 2014 noch intensiv beschäftigen wird. Zwei Verhandlungsrunden zwischen EU und USA fanden bereits statt. Über den Verhandlungsstand werden aber noch nicht einmal alle EU-Parlamentarier in Kenntnis gesetzt, sondern nur die Mitglieder von zwei Ausschüssen, die jedoch zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Das lässt nichts Gutes erwarten…

Ein Bericht des Generaldirektors der Generalsekträtariats des EU-Rates über seine Arbeit bildete den Abschluss unserer Reise. Dabei wurde uns auf amüsante Weise vermittelt, mit welchen Schwierigkeiten auch diese Arbeit verbunden ist. Hier müssen nämlich die Interessen der Mitgliedstaaten der EU auf einen Nenner gebracht werden. Dass dies keine leichte Aufgabe ist, glaubt man gerne, wenn man nur an Großbritannien denkt. Darauf, ob die Briten die EU verlassen oder nicht, möchte aktuell niemand viel Geld verwetten. Aber klar ist, dass die Interessen des Finanzplatzes London bei der Entscheidung über den Verbleib in der EU wesentlich ins Gewicht fallen werden.

Es bleibt also spannend…

 

 

Zusehen – betroffen sein – und wegschauen?

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Regionalkonferenz zur Entwicklung eines integrierten Handlungskonzeptes gegen Rechtsextremismus und Rassismus der Landesregierung

(An der Stelle muss auch nochmal kritisch der Extremismusbegriff hinterfragt werden. Hufeisentheorie und so…)

Flyer:

http://mobile-beratung-nrw.de/attachments/article/106/Flyer_Koeln.pdf

Weil die anderen Termine für mich nicht so gut passten, bin ich heute nach Köln gefahren. Die Rede der Bürgermeisterin zum Auftakt der Konferenz als Appell für Zusammenarbeit verschiedener Gruppen gegen Rassismus, aber auch angrenzender Themen wie Homophobie wirkte durchaus authentisch. Ich kenne mich zu wenig in Köln aus, um zu beurteilen, wie viel in Köln wirklich getan wird gegen z.B. Fremdenfeindlichkeit. Allerdings kenne ich Köln als sehr weltoffene Stadt mit toleranten Menschen und vielen linken Projekten.

Weil der Staatssekretär, der danach reden sollte, zu spät war, kam erst der Beitrag des Poetryslammer Jan Philipp Zymny. Was allerdings ganz lustig anfing, wurde schnell unschön. Lustig machen über geschlechtergerechte oder diskriminierungsfreie Sprache. Verteidigung von N-Wort-Gebrauch. Ich ahne zwar, dass er möglicherweise darauf hinaus will, dass man Kinder durch Verbot von Wörtern in Büchern nicht vor der Wirklichkeit schützen kann. Und dass wir uns deshalb nicht von Verantwortung frei machen können, Kinder und Jugendliche politisch zu bilden. Oder dass Hass Nazis nicht verschwinden lässt. Dass man überlegen muss, wieso Menschen zu Nazis werden. Kann man machen. Die Art und Form finde ich trotzdem zutiefst problematisch. (Witze, die Nazis lustig finden könnten…und die Frage, ob man sich über Juden, Frauen, Behinderte lustig machen darf. Jeder habe ja das Recht, dass man sich über sie lustig macht. Sich nicht über Gruppen lustig zu machen, wäre also ausgrenzend.) Äh. Nö. Schlicht. Nein. (An der Stelle hat mich nur davon abgehalten, den Raum pöbelnd zu verlassen, dass man darüber diskutieren muss.) Sprache transportiert Werte. Ich empfand den Vortrag deshalb nicht witzig, sondern erschreckend unreflektiert. Erschreckend unreflektiert, weil diskriminierende Sprache und rechte Gewalt zwei Ausdrucksweisen eines Grundproblems sind: einer Gesellschaft, die auf Konkurrenz und Gewalt beruht statt auf Solidarität und gegenseitiger Hilfe. Diskriminierende Sprache ist nicht witzig, weil hiermit Sexismus und Rassismus als Ausdruck von struktureller Gewalt fortgeführt wird.

(Ihr lest an der Stelle einfach mal was von Anatol Stefanowitsch zum Thema.)

Der Staatssekretär hat dann mal kurz dargestellt, was eigentlich die Idee hinter dem Handlungskonzeptes ist. Zunächst Hinweis darauf, dass es weit mehr Opfer rechter Gewalt gibt, als bisher zumindest öffentlich war.

Auftrag aufgrund des Koalitionsvertrages (also, weil man es muss, nicht aus Überzeugung?). Anbindung beim Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport.

Idee: Angebote bündeln und “neue Impulse setzen”

Ziel: NRW ist ein Land, in dem Menschen respektvoll miteinander umgehen und das soll auch so bleiben.

(An der Stelle würde ich mir einmal ehrliche Aussagen wünschen, dazu, dass an vielen Stellen Politik, Justiz, Medien und Gesellschaft bisher erschreckend versagt hat und das immer noch tut.)

Lobend erwähnt werden die Beratungsstellen für Opfer von rechter Gewalt. (Für Back up in Dortmund kann ich die großartige Arbeit bestätigen.) Weiterhin gibt es ein Aussteigerprogramm.

Leitfragen: Was sind die relevanten Handlungsfelder? (Schule, Jugendeinrichtungen etc.)
Welcher Beitrag kann in verschiedenen Handlungsfeldern geleistet werden? Was sind geeignete Maßnahmen? (Ende 2014 soll das Konzept stehen)

Worldcafé

1. Tisch: Thema: Wo brennt’s? sehr unterschiedliche Menschen (Flüchtlingsrat NRW, Bezirksbürgermeisterin, KJG, Menschen aus Pädagogik etc.), erkannt wird, dass das Problem Rassismus in der Mitte der Gesellschaft existent ist, auch durch Medien und Politik befeuert, Problem bei Fußballfans (Aachen, Herausdrängen der Ultras, Angriff einer Demo (wurde von Polizei quasi nicht verhindert), vielfältige rechte Gruppierungen (Die Rechte, NPD, Kameradschaften), Unsicherheiten bei Menschen, bürgerliches Klientel, was mit rassistischen Äußerungen kommt, Informationen der Polizei über angemeldete Demos der Rechten werden nicht weitergegeben, trotz gegenteiliger Absprache)

2. Tisch: Thema: Wer muss einbezogen werden? Antifaschistische Bündnisse mehr einbeziehen und nicht kriminalisieren, weniger Repression gegen Antifa-Gruppen, Medien (vor allem wegen von Vorurteilen gegen linke, angeblich gewaltbereite Antifa-Menschen geprägte Berichterstattung von Demos sowie Verschärfung von Rassismus durch Medien), Schulen, Lehramtsanwärter*innen, Unis (auch zu Positionierung bringen), Migrant*innen-und Flüchtlingsorganisationen, Transparenz herstellen über Aktionen/Handlungskonzepte, Vernetzung verbessern

3. Tisch: Thema: Was wird gebraucht? Mehr Vernetzung, weniger gegeneinander, Transparenz der Angebote, mehr Betroffene einbeziehen, finanzielle Mittel für Projekte, politische Bildung, Kommunikation verbessern, Spannungsverhältnis abbauen (weniger Repression gegen linke Gruppierungen)

Die Ergebnisse wurden vor der großen Gruppe nochmal vorgestellt.

Wo brennt es?
Rechte im ländlichen Raum, Aufwind von rechten, parlamentarischen Gruppen, Rechte in der Fußballszene, Rassismus in der Bevölkerung, zu wenig in Lehrplänen in der Schule, institutioneller Rassismus (in Behörden, bei der Polizei etc.), Konkurrenzgesellschaft, Abstiegsängste als Ursache.

Was funktioniert gut?
Ehrenamtliches Engagement gegen Rechts, besonders bei konkreten Anlässen wie Demos
Mobilisierung klappt
Problem dabei: Polizeigewalt, Überwachung durch Polizei
Teilweise gute Vernetzung, gute Beratungsstellen
Verbot von Kameradschaften, aber man sollte sich darauf nicht verlassen (keine Beruhigung dadurch, Nazis sind deshalb nicht weg)
Diskriminierung melden und viele Infos:
http://www.nrwgegendiskriminierung.de

Was wird gebraucht?
Besser vernetzen, online Infos, Datenbanken, Schulen: Demokratieverständnis, Leistungsdruck, zu wenig Selbstwirksamkeit, Förderung von lokalen Strukturen (auch finanziell), Sensibilisierung, (Problem: wenn ich das in meinem Verein, meiner Gruppe, meiner Partei anspreche, bin ich schnell “Nestbeschmutzerin”)

Wer muss einbezogen werden und wie?
Verschiedene Akteure sollen gemeinsam gegen Rechte aktiv sein, trotz unterschiedlicher Weltanschauung, Problembewusstsein verbessern (bei der Polizei zum Beispiel), Prävention (Lehrer*innen, Lehrpläne, Interessenvertretungen von Schüler*innen und Student*innen), Unis, Sportverbände, Unternehmerverbände, Migrant*innenvertretungen

Was wird vom Land erwartet?
Dauerhafte Finanzierung von Projekten (muss überparteilich Konsens sein), Bekämpfung von institutionellem Rassismus, Stärkung des Ehrenamtes, mehr “runde Tische”, Flüchtlingspolitik verbessern(Unterbringung verbessern, in normalen Wohnungen z.B.), Fehlinformationen vermeiden oder abbauen

Fazit:

Den zweiten Teil mit dem Worldcafé fand ich recht gelungen, weil sehr viele unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichsten Gruppierungen/Institutionen miteinander bis Gespräch kamen. Was dann letztendlich für das Handlungskonzept von der Regierung konkret kommt, bleibt abzuwarten (und ja: Da bin ich aus antifaschistischer Perspektive eher mal skeptisch.)
Zynisch könnte man sagen: Vorwiegend weiße Männer reden über Diskriminierung
Positiv überrascht war ich aber vom Ansprechen von institutionellem Rassismus und struktureller Gewalt.

#Vorratsdatenspeicherung im Landtag NRW – oder: Parlamentarische Zwänge tun manchmal weh

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

alone-62253_640Am vergangenen Mittwoch, den 27. November wurde im Landtag NRW unter Tagesordnungspunkt 6 etwa gegen 21 Uhr über unseren Antrag debattiert, sich auf allen Ebenen gegen die Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Dazu haben wir einen Antrag remixt, der im Schleswig-Holsteinischen Landtag bereits behandelt wurde, und ihn nahezu wortgleich ins Plenum eingebracht.

Er lautete wie folgt:

Vorratsdatenspeicherung stoppen!

I. Der Landtag stellt fest:
Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte der Bürger unseres Landes.
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
sich auf allen politischen Ebenen, auf EU-Ebene, im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Kurz, knackig, unmissverständlich.

Während der entsprechende Antrag in Schleswig-Holstein von Piraten, SPD, Grünen und SSW eingebracht und gemeinsam beschlossen wurde, ist dieser Antrag in Nordrhein-Westfalen durchgefallen. Neben CDU und SPD haben auch die Grünen gegen diesen Antrag gestimmt. Letztere aus “parlamentarischen Zwängen”, genauer gesagt aufgrund ihres Koalitionsvertrages mit der SPD. Wollen hat man schon gemocht, aber dürfen hat man sich nicht getraut. Hier haben die Aussagen wieder einmal nicht zum Handeln gepasst.

Die Debatte ist insgesamt höchst aufschlussreich. Hans-Willi Körfges (SPD) redet über alles mögliche, aber nicht über die Sache. Verena Schäffer (Grüne) argumentiert für unseren Antrag, stellt aber fest, ihn ablehnen zu müssen. Daniel Sieveke (CDU) findet den Antrag eine Missachtung des Parlaments, weil er ja nur aus zwei Zeilen besteht. Eine Begründung, warum der Antrag in Schleswig-Holstein gut, aber bei uns schlecht ist, hat niemand von ihnen geliefert. Lediglich die FDP hat mit uns gegen die Vorratsdatenspeicherung und für unseren Antrag gestimmt. Besonderes Highlight ist der Beitrag von Innenminster Jäger (SPD). Er lässt wirklich kein Argument aus der Gruselkiste der Angstmacher aus. Wer die Debatte nachsehen will, kann das hier tun:

Bei der namentlichen Abstimmung sind bei manchen Grünen die körperlichen Beschwerden, “Nein” zu sagen, quasi spürbar.

Meinen Redebeitrag zum Nachlesen gibt es hier.

Im Anschluss an dieses interessante Abstimmverhalten haben wir ein Pressestatement herausgegeben, dessen Videoaufzeichnung Ihr hier sehen könnt:

Ich freue mich auf Feedback!

Strafen und Überwachung für alle Fans – Bankrotterklärung der Politik

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Das Neueste, Frank Herrmann, Persönliche Blogposts.

Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ erklärte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius am Samstag, dass er sich auf der in dieser Woche stattfindenden Innenministerkonferenz für das niederländische Modell bei sogenannten „Hochrisikospielen“ einsetzen möchte. Ihm schwebt vor, dass bei bestimmten Spielen alle anreisenden Fans der Auswärtsmannschaft ihre Karten erst nach einer persönlichen Identifizierung ausgehändigt bekommen, und dies auch nur, wenn sie per festgelegter und organisierter Reise mit Sonderbussen zum Spielort fahren. Dieses Modell greift massiv in die Freizügigkeit und in die Persönlichkeitsrechte der Fans ein. Wieder einmal zeigt sich ein Innenminister vollkommen gleichgültig gegenüber der massiven Verletzung von Bürgerrechten. Im selben Interview gibt er übrigens selbst zu bedenken, dass die vom DFB als Strafe gegen Vereine verhängten „Geisterspiele“ nicht toll sind, weil alle Fans von solchen Kollektivmaßnahmen getroffen werden. Aber wenn alle Auswärtsfans ihre persönlichen Daten abgeben müssen und in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt werden, dann ist das für Boris Pistorius anscheinend OK.

Schon jetzt sprechen viele Interessenvertreter von Fußballfans von einer Datensammelhysterie. Mit personalisierten Tickets ist ein Missbrauch durch Behörden und Vereine vorprogrammiert. Selbst der DFB und die DFL haben in ihrer Stellungnahme zu einer Anhörung im Frühjahr dieses Jahres im Landtag NRW geschrieben: „Personalisierte Tickets ermöglichen keinen wirkungsvollen Sicherheitsgewinn und sind nach den Erfahrungen u. a. der WM 2006 nicht vollständig kontrollierbar. Zudem steht der Sicherheitszugewinn in keinem Verhältnis zum Datenschutz und der praktischen Umsetzung.“ Hört, hört!

Heute legte der Chef der diesjährigen Herbstkonferenz der Innenminister noch einmal nach: Der Rheinischen Post sagte er, dass er gerne gegen alle ermitteln würde, die sich innerhalb einer Gruppe bewegen, aus der heraus Straftaten begangen werden. Die Total-Aushebelung der Unschuldsvermutung begründet Boris Pistorius ganz lapidar damit, dass niemand „zufällig“ in solche Gruppen hineingerate. Aber genau solche Fälle beschreiben Hunderte von Berichten auf den Fanforen. Ein weiteres argumentatives Armutszeugnis wird in beiden Interviews angeführt: Die Arbeit der Fanprojekte sei gut, aber bei „roher Gewalt“ könnten sie nichts ausrichten. Zunächst einmal ist das Zünden von Pyrotechnik keine „rohe Gewalt“, und außerdem sollte Niedersachsen die Fanprojekte überhaupt erst einmal nach dem NKSS-Stellenschlüssel – übrigens von 1993 – mit ausreichend Mitarbeitern austatten, und zwar bevor der Innenminister in der Presse behauptet, dass „wir in diesem Bereich auch mit Fanprojekten […] nicht mehr weiterkommen.“

Es ist sehr bedauerlich, dass Herr Pistorius sich nun auch noch in die Reihe der Scharfmacher und hysterischen Innenminister einreiht. Zunächst wirkte er noch besonnen, denn vor dem Niedersachsenderby sprach er mit Fans und versuchte neue Wege in der festgefahrenen Gewaltdiskussion rund um Fußballspiele zu gehen. Und nun muss man von einem Minister einer Landesregierung solche Sätze lesen, die die Situation rund um das Niedersachsenderby angeblich beschreiben sollen: „Wer so etwas sieht, fühlt sich wie im Krieg.“ Es geht unseren Innenministern nicht mehr um die Realität, sondern nur noch um Profilierung gegenüber der anderen bissigen Kampfhunde. Egal bei welchem Thema – die Lösung unserer Innenminister lautet immer: mehr Drohungen, mehr Strafen, mehr Überwachung. Das ist die Bankrotterklärung der Politik gegenüber den stetig größer werdenden gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit!

Bundestag ohne Koalition?

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Passend zu meinem letzten Artikel über “Die Tücken unserer Parlamente” denke ich einfach mal laut und vielleicht etwas naiv weiter nach…

Derzeit wird viel diskutiert über eine mögliche Koalition von SPD und CDU.

Wäre denn der Bundestag und damit die Politik in unserem Land nicht “spannender”, wenn es gar keine Koalition gäbe?

Wenn Positionen jedes Mal ausgehandelt werden müssten und Debatten damit “echter” würden?

Wenn die Mehrheiten nicht immer im Voraus klar wären, sondern Entscheidungen von Themen abhängig waren und nicht von Koalitionsverträgen?

Ich freue mich über Anregungen, Meinungen, Diskussionsbeiträge.

Die Tücken unserer Parlamente

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(oder: the system is broken)

Was geschah:

Gestern gab es im Landtag NRW unter anderem einen recht knapp gehaltenen Antrag von uns bezüglich Vorratsdatenspeicherung. Der Text lautete:

Der Landtag stellt fest:

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte der Bürger unseres Landes.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
sich auf allen politischen Ebenen, auf EU-Ebene, im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Natürlich ist das ein Showantrag. Was auch sonst? Es war weitgehend klar, wie da abgestimmt wird. (Das ist es im Parlament übrigens meistens. Leider.)

Das Interessante an diesem Antrag ist aber Folgendes:

Der Antrag ist so originär gar nicht von uns. Er stammt aus Schleswig-Holstein. Von Piraten, SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und SSW.

http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1200/drucksache-18-1285.pdf

Der erste Satz unseres Antrages ist original übernommen aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW.

VII.3 Innenpolitik:

“Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte. Deshalb werden wir uns auf Europa- und Bundesebene im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einsetzen.”

In NRW stimmen nun SPD und Grüne gegen den Antrag von uns. Warum eigentlich? Weil er von uns kommt? Nicht nur. Im Koalitionsvertragim Bund der noch ganz frischen Koalition von CDU und SPD steht zur Vorratsdatenspeicherung:

“Die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten werden wir umsetzen. Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen. Die Speicherung der deutschen Telekommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikationsunternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen. Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken.”

Die SPD hat sich also an die Vorgaben aus dem Bund gehalten. Die Grünen mussten sich dem anschließen, weil sie zwar gegen Vorratsdatenspeicherung sind (natürlich auch weiterhin), aber versprochen haben, mit dem Koalitionspartner zu stimmen. Das sind also diese “parlamentarischen Zwänge”.

Aus die Maus.

Mir tut sowas weh. Ich möchte nicht gegen meine Überzeugungen handeln und auch nicht dagegen abstimmen. Nicht aufgrund eines wie auch immer ausgestalteten “Fraktionszwangs”, aber es täte mir auch weh im Rahmen einer Zusammenarbeit wie einer Koalition. Sicher gibt es Kompromisse, aber auch die haben halt ihre Grenzen. Zumindest für mich.

Es ist aber ein grundsätzliches Systemproblem. Parlamentarismus führt unweigerlich zum Wunsch nach Macht. Zum Streben, eine Regierung zu bilden oder daran beteiligt zu werden, um etwas bewirken zu können. (Ich denke: Machtstrukturen kann und sollte eins aber immer wieder anzweifeln, hinterfragen, wenn möglich nach anderen hierarchiefreieren Systemen streben. Dem gegenüber steht aber eben diese Macht, die sich selbst erhält und verstärkt und zur Not Widerstände (auch gewaltsam?) beseitigt.)

Ist das im Parlament also alles nur Schein?
(Die Kurzfassung: An vielen Stellen: JA!)

Von Marc-Uwe Kling – Tütensuppentotalitarismus
Da sagt das Känguru: “Ich darf nicht wählen und ich will auch nicht. Der Wahlschein suggeriert Freiheit. Aber in Wirklichkeit: Alles Kapitalismus, alles Nestlé….”

Ich verstehe Nichtwähler*innen. Instinktiv ist Menschen, selbst wenn sie keine Ahnung haben, was so genau in Parlamenten abläuft, klar, dass es eigentlich nur Schein einer Debatte ist. Wenn die Regierungskoalition erst einmal feststeht, sind die Mehrheiten klar und dann sind sämtliche Diskussionen dort zwar mitunter hübsch anzusehen und zu hören, ändern aber genau nichts mehr am Abstimmungsverhalten.

Da werden Stunden zum Haushalt geredet. Das ist durchaus gut für die Nachvollziehbarkeit. An der Abstimmung ändert das aber nichts. Nie. (Oder hat da je nach 12 Stunden Debatte irgendwo irgendeine Regierung mal gesagt: “Ja. So haben wir das noch nie gesehen. Wir machen das jetzt anders.” Nö. Nie.)

Fazit:

Der geneigte Leser ahnt schon: Auch ich habe da nicht die allumfassende Lösung. Aber: So macht unsere Demokratie für viele Menschen keinen “Spaß”. Sie erfassen, dass ihr Einfluss zu gering ist mit Wahlen alle paar Jahre und resignieren. Weil wir als Wähler*innen nichts bewirken.

Gefährlich daran ist, dass davon oftmals die konservativen Kräfte profitieren. Menschen aus der linken Szene ziehen sich offensichtlich eher aus “dem System” zurück, an das sie ohnehin nicht glauben.

Spannender wären Debatten, wenn die Mehrheiten fallbezogen immer wieder neu ausgehandelt werden müssten. Wenn man die Behäbigkeit wegnimmt. Wenn dem System die Gewissheit fehlen würde. So aber hängen wir fest in einem Konstrukt aus Koalitionen und Zwängen.

Das Problem: Der gefühlte Wunsch der Deutschen nach Sicherheit. Sicher ist das System unserer “Demokratie”. Aber es ist durchsetzt von Zwängen, die nicht mehr zeitgemäß sind.

(Ich weiß nicht, ob ich noch erlebe, dass und wie es sich ändert. Weil dieses System auch von Beharrlichkeit ist. Weil es um Besitzstandswahrung geht. Um Posten. Um Geld. Um Macht. Und an der Stelle müssen sich die Piraten nicht vormachen, dass sie in ähnlicher Situation sicher seien könnten, anders zu handeln. Wir haben nur das Glück, bisher nie in einer Regierung zu sein. Wir sind aber nicht per se bessere Menschen.)

Große Koalition der Lobbyisten

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scene-97966_640Schon in den Koalitionsverhandlungen zeichnet sich ab, was wir unter einer #GroKo zu erwarten haben: Den Durchmarsch der Lobbyisten. Ich habe ein paar besonders erschreckende Beispiele aus den Verhandlungen hier gesammelt. Derweil übt sich der Bundestag in Arbeitsverweigerung…

Verkohlung der Bundesrepublik

• Unter Führung von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Kraft für die SPD und Bundes”umwelt”minister Altmaier für die CDU wurde die Kehrtwende von den erneuerbaren Energien zu den Interessen von Großkonzernen wie RWE und EON vereinbart. KohleKraft tut das offenbar so gut, dass ein Kraftwerksbranchen-Lobbyist witzelte: “Frau Kraft macht gerade meinen Job“.
• Auf Wunsch der RWE sollen Erzeuger erneuerbarer Energien verpflichtet werden, einen Vertrag mit den Großkonzernen abzuschließen, der dazu führen dürfte, dass sie 6ct pro produzierter Kilowattstunde an die Multis bezahlen müssen.
• Mit den just eingegangenen Spenden des Evonik-Konzerns (90.000 Euro für die SPD, 70.000 Euro für die CDU) hat das gewiss gar nichts zu tun. Hauptaktionär der Evonik ist übrigens die RAG-Stiftung der RAG Aktiengesellschaft, einst Ruhrkohle AG genannt.
• Ich wollte es nicht glauben – bis Hannelore Kraft es mir persönlich erklärt hat.

Die Koalition der Drossel

• Einen ordentlichen Ausschuss für Internet und digitale Gesellschaft wird es im Bundestag nicht geben, genauso verzichtet man auf ursprüngliche Pläne für einen Internet(staats)minister.
• Die Telekom bekommt wieder Zugriff auf die letzte Meile, durch den Abbau der Netzregulierung. Angela Merkel nennt das den Telekommunikationssektor “etwas besser” zu “ordnen”.
• Ein bisschen Netzneutralität möchte man. Einer “Vielzahl von Managed Services” erteilt man eine Absage – was aber heißt, dass man einige Managed Services durchaus dulden würde. Also wird es doch ein Zwei-Klassen-Internet geben, die erste Klasse wird nur etwas exklusiver.
• Die Netzneutralität im Mobilfunkbereich ist noch schwammiger: Internettelefonie wird erlaubt (ist ja toll), kostet aber extra. Eine kreative Auslegung von Neutralität.
• Der Abschnitt zu Urheberrecht aus der Arbeitsgruppe Innen & Justiz liest sich wie aus der Feder der Content-Lobby-Verbände. Böse Erinnerungen an ACTA und co. werden wach.

Aktionismus statt Strafrecht

• Im Strafrecht plant die Große Koalition die Einführung eines Auto-Fahrverbotes für Straftäter. Hätten sie doch bitte vorher mal jemanden gefragt, der sich damit auskennt. Altbekannter Aktionismus, der nachher wieder vom Bundesverfassungsgericht repariert werden muss.
• Bei Massen-DNA-Tests geraten jetzt auch automatisch die Verwandten ins Fadenkreuz – durch sogenannte “Beinahe-Treffer”. Mit einer Unschuldsvermutung hat das nichts mehr zu tun, wohl eher mit Sippenhaft.

Der Sieger, der keiner ist

Während die Presse ein mediales Zerrbild des Verhandlungsstandes berichtet (die CDU habe ihren Markenkern verraten meldet beispielsweise das Handelsblatt) stellt sich der Verhandlungsstand im Grunde anders da: “Nicht einmal ansatzweise gibt es großkoalitionäre Absichten, das umzusetzen, was die SPD im Wahlkampf verheißen hatte” nennt es Arno Klönne bei Heise.

Letzte Chance Mitgliederbefragung?

Die SPD hat sich die Bestätigung ihrer Basis vorbehalten – eine Mitgliederbefragung soll über den Koalitionsvertrag entscheiden. Tatsächlich ist das nur eine Inszenierung und hat keinerlei Bindungswirkung. Eine Mitgliederbefragung ist in der Satzung der SPD nicht vorgesehen, es ist eben kein Mitgliederentscheid. Die Spitze der SPD muss sich nicht daran halten – sie kann sich die Erlaubnis dann trotzdem auf einem kleinen Parteitag mit Delegierten abholen. Und die Spitze droht im Falle eines nichtpassenden Votums schon mit Rücktritt.

Es ist also egal, was die Mitglieder wollen. Ein Trauerspiel. Schreiner haben Hochkonjunktur: Schleifspuren von über den Tisch gezogenen SPD-Mitgliedern entfernen. Ein klares Signal der SPD-Basis, dass ihr Werte und Überzeugungen mehr bedeuten als Ministerposten für ihre Granden würde ich mir dennoch sehr wünschen.

Es sieht nicht gut aus für die nächsten vier Jahre.