Keine geheimen Datensammlungen über Fußballfans! Kontrolle und Transparenz ermöglichen – Betroffene proaktiv informieren

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I. Sachverhalt

Immer wieder werden eklatante Datenschutzverstöße bekannt, wenn es um polizeiliche oder nachrichtendienstliche Speicherungen von Personen und personenbezogenen Hinweisen in Dateien geht. Zuletzt beanstandeten die Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder rechtswidrige Speicherung in der sogenannten „Falldatei-Rauschgift“. In der Datei wurden Personen wegen Bagatelldelikten gespeichert sowie Kontaktpersonen erfasst, die in keinerlei Zusammenhang mit Rauschgift stehen.

Währenddessen kämpft die Deutsche AIDS-Hilfe in NRW gegen die Stigmatisierung von HIV-Positiven als ansteckend (ANST) in Polizeidatenbanken wie dem Auskunftssystem „POLAS NRW“. In einer Erklärung im Oktober dieses Jahres forderte die Deutsche AIDS-Hilfe die Innenminister aller Bundesländer auf, die Kennzeichnung von Menschen mit ANST zu beenden. Es gibt weitere problematische Personenbezogene Hinweise, wie die Antwort auf eine Anfrage der Piratenfraktion („Personengebundene Hinweise in polizeilichen Datenbanken“, Drucksache 16/10114) zeigt. In Niedersachsen wurden 2013 beim dortigen Verfassungsschutz rechtswidrige Speicherungen entdeckt. Dies führte dazu, dass mehr als die Hälfte der Datenbestände der Amtsdatei des niedersächsischen Verfassungsschutzes gelöscht oder korrigiert werden musste.

In NRW wird insbesondere über die polizeiliche Speicherung von Informationen über Fußballfans gestritten. Fans können viele Nachteile durch eine Abspeicherung ihrer Daten erleben: Beispielsweise werden aus diesen Dateien personenbezogene Daten an Vereine und Verkehrsunternehmen weitergeleitet, was zu Stadionverboten oder Absagen für Fan-Busfahrten führen kann.

Seit 1994 führt das Bundeskriminalamt auf Grundlage des BKA-Gesetzes die durch Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren eingerichtete Verbunddatei „Gewalttäter Sport“. Zurzeit sind ca. 13.000 Personen in dieser Volltext-Datei verzeichnet. Die Eintragungen in die Datei für Gewalttäter rund um Sportveranstaltungen erfolgt nicht aufgrund von Gewalttaten, wie der Name vermuten lässt. Für die Eintragung können einfache Personalienfeststellungen, Platzverweise, der Besitz von Pyrotechnik oder eine Ingewahrsamnahme im Zusammenhang mit einem Sportereignis genügen. Dabei reicht die Einleitung eines polizeilichen Ermittlungsverfahren wegen unterschiedlichster Straftatbestände, darunter Diebstahl oder Beleidigung, aus.

Die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens führt nicht automatisch zur Löschung. Meistens wird die grundsätzlich zugelassene Speicherdauer von fünf Jahren ausgeschöpft. Gespeichert werden nicht nur Vorfälle im Stadion, sondern auch bei An- und Abreise oder an „Treffpunkten“ von Fans. Zugriff auf die DGS haben die Polizeibehörden der Länder, das BKA sowie die Bundespolizei. Da für Eintragungen und Pflege der Bestände das Tatortprinzip gilt, erfolgt ein Großteil der Datenerhebungen und Speicherungen durch das Land NRW. Gemäß § 8 Abs. 4 BKAG dürfen auch Kontakt -und Begleitpersonen, Hinweisgeber und sonstige Auskunftspersonen gespeichert werden, soweit dies zur Verhütung oder zur Vorsorge für die künftige Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. In NRW werden dabei eingetragene Personen nicht über eine Speicherung informiert und müssen selbstständig Auskunft bei der Zentralen Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS) verlangen. Das Bundesland Bremen hat sich 2013 dafür entschieden, gespeicherte Personen proaktiv über einen Eintrag in der DGS zu informieren.

Neben der DGS führen Kreispolizeibehörden einiger Bundesländer noch eigene Arbeitsdateien ihrer „Szenekundigen Beamten“ (SKB). Solche Arbeitsdateien wurden durch die Antwort auf die Kleine Anfrage „Geheime Amtsdateien von Szenekundigen Beamten (SKB) über Fußballfans“ im September 2015 bekannt. Nordrhein-westfälische Behörden führten zum damaligen Zeitpunkt die Daten von 6.500 Bürgern und Bürgerinnen in den SKB-Dateien. Für eine Eintragung gelten noch weichere Kriterien als bei der DGS. Dies führt dazu, dass in NRW viel mehr Personen in den „SKB-Dateien“ landen als in der Verbunddatei DGS. Da die Dateien bis 2015 in NRW unbekannt waren, gab es für Fans nicht einmal die Möglichkeit, sich über eine Speicherung zu informieren. Auskünfte darüber, welche Anlässe zu den Speicherungen der Personen führen, wurden bis heute nicht offengelegt.

Die Entdeckung der geheimen SKB-Dateien hat in verschiedenen Bundesländern zur Überprüfung der Datenbestände geführt: Der Hamburgische Landesdatenschutzbeauftragte beanstandete die dortige SKB-Landesdatei als „zum großen Teil rechtswidrig“. Die Polizei musste daraufhin 900 von 2.200 Personen aus der Datenbank entfernen. In Niedersachsen werden Überprüfungen und die Zusammenlegung der dortigen SKB-Dateien erwartet, nachdem ein Fan vor dem OVG Lüneburg geklagt hatte und Teillöschungen vorgenommen werden mussten. In Schleswig-Holstein wurden als Folge der Aufdeckung der dortigen Datei „Fußball SH“ alle Personen über den Umstand der Speicherung informiert.

Diese Vorgehensweise wäre für die DGS sowie für die nordrhein-westfälischen SKB-Dateien wünschenswert, da gespeicherte Fans die Möglichkeit erhalten, die Rechtmäßigkeit des Eintrags überprüfen zu lassen. Die Landesregierung NRW gibt bei der Gruppe der sogenannten „Intensivtäter“ an, dass die Mitteilung über die Beobachtung durch Sicherheitsbehörden einen präventiven Effekt habe. In der Stellungnahme 16/1558 an den Landtag NRW schreibt der Rechtsanwalt Jan-Rüdiger Albert: „Eine Mitteilungspflicht an die Betroffenen über die Eintragung ist erforderlich, da für die Eintragung nicht einmal ein Ermittlungsverfahren eingeleitet sein muss. Darüber hinaus wird nicht jedes Ermittlungsverfahren dem Betroffenen bekannt gemacht, auch die Einstellung nicht, § 170 Abs. 2 StPO. Es handelt sich auch nicht etwa nur um ein reines Polizeiinternum, da die DGS-Eintragung eine Ausschreibung mit sich führt, die mit erheblichen Nachteilen für die Eingetragenen verbunden ist. Die Speicherung als solche stellt einen Grundrechtseingriff dar (informationelle Selbstbestimmung). Die Mitteilungspflicht ist in besonderem Maße wegen der schwierigen Rechts- und Praxisfragen im Zusammenhang mit der Löschung der Daten zwingend erforderlich.“

Ebenso ist der Aufwand für potenziell betroffene Personen, ihr Recht auf Auskunft gemäß §18 DSG NRW wahrzunehmen, unverhältnismäßig, wenn keine definierte Stelle zuständig ist.

Es ist nicht verständlich, warum Fans nicht über eine Eintragung informiert werden sollten. Transparenz kann im Bereich der Sicherheit rund um die Stadien einen präventiven Effekt haben und die Dialogbereitschaft zwischen Polizei und Fans fördern.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 

  1. alle betroffenen Personen über einen Eintrag durch nordrhein-westfälische Behörden in die Verbunddatei DGS und über Speicherungen in anderweitigen lokalen „SKB-Dateien“, die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen geführt werden, zu informieren.
  2. eine Prüfung des Datenbestandes der sogenannten „SKB-Dateien“ und deren Anwendung sowie Nutzung seitens der Sicherheitsbehörden durch eine unabhängige Stelle zu veranlassen und dem Landtag bis zum 31.03.2017 zu berichten.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Videoüberwachung im ÖPNV ist Symbolpolitik auf Kosten der Freiheit

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Frank Herrmann, Sprecher für Privatsphäre und Datenschutz der Piratenfraktion NRW, zum Beschluss der Verkehrsministerkonferenz, die flächendeckende Videoüberwachung im ÖPNV einzuführen:

Die Verkehrsminister stellen die Grundrechte auf den Kopf. Es ist absurd, dass die Menschen für ihre eigene Sicherheit total überwacht werden sollen. Die Einführung einer anlasslosen Videoüberwachung ist ein Angriff auf die Freiheit und Privatsphäre aller Bürger.

 

Videoüberwachung verhindert keine Straftaten. Videoüberwachung hilft auch den Opfern nicht. Die Kameras schauen nur tatenlos zu, sie sind ein reines Placebo in der Sicherheitsdebatte.

 

Sicherheitheit im ÖPNV wird nachweislich durch helle und offene Innenräume und beleuchtete Bahnsteige realisiert, nicht mit einer anlasslosen Videoüberwachung. Die Landesregierung muss sich an ihre verfassungsrechtliche Aufgabe erinnern, den Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung der Bürger zu stärken und zu verteidigen.“

 

„Safe Harbor“ mit neuem Anstrich: Der Datenschutz-Deal „EU-US Privacy Shield“ gewährt in NRW lebenden Menschen keinen Schutz vor anlassloser Massenüberwachung

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I. Sachverhalt

Ende Februar hat die Europäische Kommission das bereits angekündigte Legislativpaket zum sogenannten „EU-US Privacy Shield“ veröffentlicht. Die Einigung zwischen der Europäischen Kommission und der US-amerikanischen Regierung soll zukünftig den Datenaustausch zwischen beiden Regionen regeln, insbesondere den Verkehr personenbezogener Kundendaten. In erster Linie geht es der Kommission darum, das Vertrauen der in der EU lebenden Menschen, in den Schutz ihrer personenbezogenen Daten vor der anlasslosen Massenüberwachung durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden, zurückzugewinnen.

Kern der Einigung ist eine neue „Adäquanzentscheidung“, die beweisen soll, dass die Datenschutzregeln in den USA grundsätzlich denen in der EU „angemessen“ sind. Aus den veröffentlichten Dokumenten geht hervor, dass mit dem „Privacy Shield“ vor allem die staatliche Kontrolle der geltenden Rechtslage in den USA, sowie die Beschwerdemöglichkeiten betroffener Bürger verbessert werden sollen.

Gleichzeitig wird in den Texten mehr als deutlich, dass die USA zu keinerlei Zugeständnissen bezüglich ihrer eigenen Aktivitäten zur Massenüberwachung bereit sind. Der US-amerikanische Director of National Intelligence James Clapper sagte in einem mitveröffentlichten Schreiben lediglich zu, dass die USA technische Aufklärung nur nutzen würden, um ihre nationale Sicherheit und ihre außenpolitischen Interessen zu stärken, sowie ihre Bürger und die ihrer Alliierten und Partner vor Schaden zu bewahren. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der im Rahmen des „EU-US Privacy Shields“ zugestandene „begrenzte Datenzugriff“ auch weiterhin die Verwendung von Massenüberwachungsdaten in sechs definierten Fällen erlaubt: So kann nicht davon ausgegangen werden, dass weitgefasste Nutzungsgründe wie „Cybersecurity“ oder „länderübergreifende kriminelle Bedrohungen“ zu einer restriktiveren Verwendung von in der EU erhobenen personenbezogenen Daten führt. Auch die durch den aktuellen Stand des „Privacy Shield“-Deals erfolgte Zusicherung der US-Regierung zur Einhaltung ihrer eigenen Überwachungsgesetze stellt eine Selbstverständlichkeit dar und ist keine substanzielle Weiterentwicklung eines Datenschutzabkommens.

Auch die geplante Ansiedlung einer (formal unabhängigen) Ombudsperson im US-Außenministerium, welche eine bessere Durchsetzbarkeit von Rechten gegenüber den US-Behörden garantieren soll, erntete scharfe Kritik. Die Europäische Ombudsfrau (oder Europäische Bürgerbeauftragte) Emily O’Reilly sah sich sogar genötigt der zuständigen EU-Kommissarin einen offenen Brief zu schicken, in dem sie sich über die Verwendung des Begriffes „Ombusman“ für die getroffene Regelung beschwerte, da sie den Bürgern vollkommene Unabhängigkeit der Stelle suggerieren würde.

Ein neues Abkommen zwischen der EU und den USA war insbesondere deshalb notwendig geworden, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 06. Oktober 2015 die Entscheidung zu „Safe Harbor“ der Europäischen Kommission für ungültig erklärt hatte (Rechtssache C-362/14). Die Safe-Harbor-Entscheidung aus dem Jahr 2000 genehmigte per se die Übermittlung personenbezogener Daten an Unternehmen in den Vereinigten Staaten, da davon ausgegangen wurde, dass US-Firmen gleichwertige Datenschutzstandards wie die innerhalb der EU gewähren. Hauptbegründung im EuGH-Urteil: Das ursprünglich definierte gleichwertige Datenschutzniveau zwischen den USA und der EU habe heute keinen Bestand mehr. Somit hat der EuGH die Grundannahme von Safe Harbor, das gleichwertige Schutzniveau, abgelehnt. Gleichzeitig hatte der EuGH mit seinem Urteil unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die nationalen Datenschutzbehörden bei vermuteten bzw. beklagten Grundrechtsverletzungen nicht untätig bleiben und sich auf EU-Entscheidungen berufen dürfen.

Das veröffentlichte Legislativpaket zum „EU-US Privacy Shield“ wurde von der Kommission noch nicht final verabschiedet. Zuerst muss noch das Gremium der EU-Datenschutzbehörden, die „Artikel 29-Gruppe“, sich zu dem Paket verhalten. Dessen Stellungnahme wird für Mitte April erwartet.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Das veröffentlichte Legislativpaket zum „EU-US Privacy Shield“ stellt insbesondere hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten gegenüber der anlasslosen Massenüberwachung durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden keine substanzielle Weiterentwicklung der für ungültig erklärten Safe Harbor-Entscheidung dar.
  2. Die anlasslose Massenüberwachung von in Europa lebenden Menschen durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden und die damit verbundenen Grundrechtsverletzungen werden mit dem aktuellen Stand des „EU-US Privacy Shields“ nicht verhindert werden können.
  3. Der zentrale Kritikpunkt des EuGH an der Safe Harbor-Entscheidung, nämlich dass man nicht von einem gleichwertigen Schutzniveau in der EU und den USA ausgehen kann, wird im veröffentlichten Stand des „EU-US Privacy Shields“ nicht ausgeräumt.

III. Der Landtag beschließt

  1. Der Landtag fordert die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, sich auf allen politischen Ebenen für ein wirksames Datenschutzniveau im „EU-US Privacy Shield“, das in Nordrhein-Westfalen lebenden Menschen echten Schutz vor der anlasslosen Massenüberwachung durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden und die damit verbundenen Grundrechtsverletzungen bietet, einzusetzen.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Datenschutzkultur an Schulen verbessern

Veröffentlicht am von unter Homepage, Schule und Weiterbildung (A15).

Monika Pieper, Bildungspolitische Sprecherin der Piratenfraktion NRW, zur Anhörung von Sachverständigen zum Antrag der Piratenfraktion NRW „Datenschutzkultur an Schulen verbessern“:

Das Thema Datenschutz muss in den Schulen mehr in den Fokus rücken. Die steigende Bedeutung des Datenschutzes in der digitalen Welt muss sich sowohl im Unterricht als auch in der Lehrerausbildung und -fortbildung widerspiegeln. Das hat das heutige Sachverständigengespräch sehr deutlich gemacht.

 

Man kann von Kindern und Jugendlichen keinen verantwortungsvollen Umgang mit ihren persönlichen Daten erwarten, wenn das Thema an der Schule stiefmütterlich behandelt wird. Schüler, Lehrer und Eltern müssen für Datenschutz sensibilisiert werden.

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Mehr politische Widersprüchlichkeit geht nicht: CDU und SPD bejubeln erst die Aufkündigung von Safe Harbor und führen dann die anlasslose Vorratsdatenspeicherung (VDS) wieder ein

Veröffentlicht am von unter Anträge.

Unser Antrag im Plenum:

Donnerstag, 05. November 2015, TOP 3, ca. 12.05 Uhr

Mehr politische Widersprüchlichkeit geht nicht: CDU und SPD bejubeln erst die Aufkündigung von Safe Harbor und führen dann die anlasslose Vorratsdatenspeicherung (VDS) wieder ein
Drucksache 16/10061

Eine grundsätzliche Begrüßung des EuGH-Urteils zu Safe Harbor und die Wiedereinführung einer anlasslosen VDS sind politisch vollkommen widersprüchlich. Das Urteil des EuGH zur Safe-Harbor-Entscheidung stärkt die individuellen Grundrechte von in der EU lebenden Menschen und die Verantwortung der Datenschutzaufsichtsbehörden. Aber die vom Bundestag beschlossene Regelung zur Vorratsdatenspeicherung stellt eine anlasslose und massenhafte Vorratsdatenspeicherung dar und ist ein tiefgreifender Eingriff in die Grundrechte der in der EU lebenden Menschen.


2015-11-05_Nico Kern_Safe Harbor

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nico Kern, Europapolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW

Mit der Vorratsdatenspeicherung tragen CDU und SPD unsere Grundrechte zu Grabe. Gleichzeitig bejubeln sie die Verteidigung jener Grundrechte durch das Safe Harbor-Urteil. Ist das exzessive Widersprüchlichkeit, kollektive Schizophrenie oder doch nur maßlose Verlogenheit?

Komplette Debatte zu diesem TOP:

Nach EuGH-Urteil: Jetzt Übermittlung von personenbezogenen Daten stoppen

Veröffentlicht am von unter Homepage, Innenausschuss (A09).

2015-10-06_Frank Herrmann_EuGH Datenschutzabkommen USAFrank Herrmann, Sprecher für Datenschutz, zu dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches ein Datenschutzabkommen zwischen Europa und den USA für ungültig erklärt:

 

 

Die Datenschutzbehörden, insbesondere die Landesbeauftragte für den Datenschutz in NRW, sind jetzt gefordert, Datenübermittlungen an US-Behörden zu überprüfen. Der Verfassungsschutz und die Polizei NRW müssen die direkte oder indirekte Übermittlung und Weitergabe von personenbezogenen Daten an US-Behörden aussetzen, solange ungeklärt ist, ob die Daten überhaupt übermittelt werden dürfen. Minister Jäger muss die Datenlecks heute noch schließen. Weiterlesen »

Überwachung von Fußball-Fans in NRW ohne Transparenz

Veröffentlicht am von unter Homepage, Innenausschuss (A09), Pressemitteilungen.

NRW-Polizei legt geheime Datensammlungen über 6.500 Fußballfans an

Eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Frank Herrmann bestätigt: die Polizei in Nordrhein-Westfalen legt geheime Datensammlungen von Fußball-Fans an.

Frank Herrmann, Sprecher für Privatsphäre und Datenschutz:

„Die Polizeibehörden speichern Daten von 6.500 Fussballfans in geheimen Dateien und die Landesregierung gibt gleichzeitig keine Auskunft warum die Eintragungen überhaupt erfolgen – das ist ein Skandal.

Mit diesen Daten werden Fans davon abgehalten, zu Auswärtsspielen zu fahren, es werden Meldeauflagen ausgesprochen oder es wird der Kauf eines Tickets verhindert. Wenn aber die Existenz der Datensammlungen gar nicht bekannt ist, kann sich der Fan auch nicht gegen eine Eintragung wehren oder sein Auskunftsrecht in Anspruch nehmen. Solche Dateien widersprechen sämtlichen rechtsstaatlichen Prinzipien und sind ein schwerer Verstoss gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen. Weiterlesen »

Ohne Wahl keine Demokratie: Das Wahlverfahren des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit muss für alternative Kandidaten geöffnet werden!

Veröffentlicht am von unter Anträge.

Unser Antrag für das Plenum (02.-04. September 2015)

Ohne Wahl keine Demokratie: Das Wahlverfahren des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit muss für alternative Kandidaten geöffnet werden!
Drucksache 16/9593

Zusammenfassung:

Alleine die Landesregierung hat das Recht, einen Kandidaten für die Nachfolge des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu präsentieren. Die Fraktionen im Landtag haben keine Möglichkeit, einen eigenen, vielleicht besser geeigneten, Kandidaten ins Rennen zu schicken. Mit dem Antrag wollen wir mehr Demokratie bei der Wahl des LDI erreichen. Jeder Experte soll sich selbst für das Amt bewerben können und auch die Landtagsfraktionen sollen das Recht erhalten, einen Kandidaten vorzuschlagen.

Frank Herrmann, Sprecher für Privatspähre und Datenschutz der Piratenfraktion NRW

Eine gute Datenschutzkontrollbehörde muss unabhängig sein. Wie unabhängig ist aber ein Landesdatenschutzbeauftragter, der von der Regierung benannt wird, die er kontrollieren soll? Das jetzige Wahlverfahren macht den Bock zum Gärtner. Wir brauchen mehr Demokratie und Beteiligungsmöglichkeiten bei der Wahl des Landesdatenschutzbeauftragten. Jede Person, die die entsprechenden Kompetenzen hat, soll sich bewerben dürfen.

2015-09-02_Frank Herrmann_Wahl LDI

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Mitschnitt der kompletten Debatte:


Protokoll der Rede von Frank Herrmann:

Frank Herrmann (PIRATEN): Ich warte dann auf Ihren vertrauensvollen und zurückhaltenden Hinweis. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause im Stream! Eine Wahl ohne Alternativen ist keine Wahl, und eine Demokratie ohne Wahl ist keine Demokratie. – So kurz und prägnant lässt sich das Problem der Bestimmung des Kandidaten für die Position des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen fassen.

Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass es dabei nicht nur um ein Demokratiedefizit im Wahlprozess selbst geht, sondern auch um die negativen Auswirkungen, die das aktuelle Verfahren auf den Datenschutz in unserem Land hat.

(Thomas Stotko [SPD]: Das ist eine Frechheit!)

Das Amt des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit soll und muss unabhängig sein – unabhängig, um mit höchster Kompetenz und frei von Rücksichtnahmen und Abhängigkeiten die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz bei den öffentlichen Stellen im Land sicherzustellen.

Eine weitere Aufgabe des Landesbeauftragten ist die Sicherstellung des Rechts auf Information für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen. Unabhängigkeit ist auch hier unbedingte Voraussetzung. Die Unabhängigkeit kann aber infrage gestellt werden, wenn die Landesregierung die einzige Institution ist, die die Person, die sie nachher kontrollieren soll, selbst vorschlägt. Im Sinne der Gewaltenteilung muss also eine deutliche Trennung zwischen der Exekutive und dem Amt des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vorgenommen werden.

Wie sich die Situation hier in Nordrhein-Westfalen diesbezüglich präsentiert, mutet nahezu grotesk an. Denn die Trennung ist hier nur eine vermeintliche. Bei der Wahl des LDI handelt es sich schlichtweg nicht um eine Wahl, sondern um einen rein formalen Akt, der lediglich dazu dient, dem Prozess nach außen hin einen demokratischen Anstrich zu geben. Blickt man hinter die Fassade, bleibt allerdings vom schönen Schein nicht mehr viel übrig.

Wird, wie aktuell von der Landesregierung praktiziert, nur ein Kandidat bzw. eine Kandidatin für den Posten des LDI nominiert, so ergeben sich daraus gleich mehrere Probleme:

Zum einen fehlt es im Vorfeld der vermeintlichen Wahl an der Entfaltung eines Diskurses, der sich ergeben würde, wenn verschiedene Kandidaten ihre Ideen und ihre möglichen Ausrichtungen des Amtes diskutieren und präsentieren müssten. Kurz gesagt: Es fehlt an Öffentlichkeit und damit an Transparenz.

Herr Minister Jäger, hören Sie bitte zu, denn da haben Sie immer Nachholbedarf! Deshalb sage ich es Ihnen noch mal: Öffentlichkeit und Transparenz, beides sind grundlegende Elemente der Demokratie.

Zum Zweiten wäre durch eine öffentliche Ausschreibung und eine entsprechende Anhörung potenzieller Kandidaten auch ein wichtiger Schritt im Sinne der Qualitätssicherung getan. Nur ein solcher Prozess ermöglicht es, den fachlich und bezüglich seiner Persönlichkeit besten Kandidaten für das Amt des LDI zu finden. Im Sinne einer qualitativen Auswahl wäre es also auch für die Landesregierung wünschenswert und notwendig, den Prozess zu öffnen, statt sich als allein vorschlagsberechtigte Partei schlichtweg dem Verdacht auszusetzen, verdienten Mitarbeitern einen Posten zukommen zu lassen.

(Beifall von den PIRATEN)

Ganz explizit möchte ich an dieser Stelle betonen, dass es mir hier bereits um das Verdachtsmoment geht, welches vermieden werden muss. Ich möchte diesen Einwand keineswegs als konkreten Vorwurf oder gar Kritik an der Qualifikation der aktuellen Kandidatin Frau Block verstanden wissen. Es geht mir bei diesem Punkt einzig und allein um eine rein inhaltliche Kritik am Auswahlverfahren und nicht um eine irgendwie geartete Kritik an der Person – ganz deutlich.

(Zuruf: Nein!)

Zum Dritten handelt es sich bei der sogenannten Wahl des LDI im eigentlichen Sinne gar nicht um eine Wahl. Der Definition nach handelt es sich bei der Wahl um die Möglichkeit der Entscheidung zwischen zwei oder mehreren Alternativen. Eine Alternative sieht die Landesregierung allerdings im vorliegenden Fall gar nicht vor. De facto handelt es sich also nicht um eine Wahl, sondern um ein Verfahren nach dem Motto: Friss oder stirb! Es geht nur um die Ernennung des eigenen Kandidaten ohne Rücksicht auf die Grundprinzipien der Demokratie. Dieser Umstand ist nicht hinnehmbar. Daher wollen wir Piraten eine Demokratisierung dieses Prozesses erreichen und fordern dazu eine Öffnung des Amtes mit Einbindung des Landtags bei Auswahl und Vorschlag der Bewerber.

Ich freue mich auf Ihre Anmerkungen zu unserem Antrag und auf die Beratungen im Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)


Abstimmungsergebnis:

Der Antrag wurde nach Beratung einstimmig an den Innenausschuss überwiesen; die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen.

Von wegen Landesverrat durch Netzpolitik.org! Der Angriff auf die Demokratie und die Grundwerte kommt aus Regierungskreisen! – Teil 2/2 –

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Bürgerrechte, Dietmar Schulz, Persönliche Blogposts, Presse, Pressemitteilungen, Rechtsausschuss (A14).

Ich fordere, was wir Piraten fordern und setze noch eins drauf:

tl;dr: Unabhängigkeit Justiz, insbesondere der Staatsanwaltschaften und des Verfassungsschutzes bei maximaler parlamentarischer Kontrolle sowie politische Weisung nur mit qualifizierter parlamentarischer Mehrheit.

Und nun im Langtext:

Auch die aktuelle „Affäre“ um die Strafanzeige und das Ermittlungsverfahren gegen Journalisten von „netzpolitik.org“ zeigt, dass es im politischen Raum eine unheilige Allianz von Weisungsgebundenheit auf der einen und Abhängigkeit von höchstrangigen Beamten von Bundesbehörden auf der anderen Seite gibt. Folge: Gefährdung unserer Verfassung und der aus ihr fließenden Grundrechte und Gefährdung der Demokratie an sich.

I. Ausgangslage: Gegen Journalisten eines Internetblogs – netzpolitik.org – wird wegen Landesverrats ermittelt, weil die, Ihnen zugespielte Dokumente veröffentlichen (Snowden lässt grüßen!).

Da existiert ein Chef des Bundesamts für den Verfassungsschutz; operativer Leiter an der Schnittstelle zwischen Geheimdienst (Bundesnachrichtendienst) und politischem Raum und weisungsgebunden von Seiten des Bundesinnenministers.

Da existiert ein Chef der Generalbundesanwaltschaft; operativer Leiter von strafrechtlichen Ermittlungen im Interesse von Staatsschutz, Verfassungsschutz und Geheimdiensten und gleichermaßen weisungsgebunden. Weisungen erteilt ihm der Bundesjustizminister. Hier soll es keinerlei Weisungen von Seiten des BMJV gegeben haben.

Da gibt es einen Bundesinnenminister, der über Staatssekretäre verfügt, die ihn – glaubt man den Berichten – nicht über den Umstand informieren, dass der Chef des Verfassungsschutzes eine Strafanzeige erstattet oder dies nur beiläufig geschieht, sofern nicht eine Sache „von Gewicht“ vorliegt.

Tatsächlich obliegt es dem Generalbundesanwalt in eigener Kompetenz zu entscheiden, ob nach Prüfung von einem Anfangsverdacht auszugehen ist, der die Einleitung eines gegen Journalisten gerichteten Ermittlungsverfahrens rechtfertigt.

Eine Strafanzeige, welche unter völliger Ignoranz oder gar Missachtung des Grundrechts auf Pressefreiheit, sodann ein Ermittlungsverfahren durch den Generalbundesanwalt auslöst, das seit 50 Jahren, seit der „Spiegel-Affäre“ seinesgleichen nicht kennt und lautere Journalisten unter den Verdacht des „Landesverrats“ stellt wäre demzufolge nur dann denkbar, wenn eine vorherige rechtliche Überprüfung stattgefunden hätte, ob ein Staatsgeheimnis vorlag, welches die Journalisten verraten haben und dies auch subjektiv den Tatbestand deckt, um die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland in Ansehung durch eine ausländische Macht zu gefährden.

Jener Innenminister will von all dem nichts gewusst haben, liest man. Macht aber nichts, denn der Verfassungsschutzchef hat ja nichts Schlimmes gemacht, sondern nur seinen Job, weil er nicht für die Öffentlichkeit vorgesehene Dokumente als aus dem politischen Raum an die Presse durchgestochen weiß, was ihn massiv ärgert und von ihm in der Strafanzeige als „Staatsgeheimnisse“ klassifiziert werden. Nur so kann an ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats überhaupt nur gedacht werden; anderenfalls aber eher an nichts außer an eben jenes Ärgernis, welches den Verfassungsschutzchef umtreibt, dass der Politische Raum Dienst- oder Staatsgeheimnisse an die Presse und damit die Öffentlichkeit durchsticht.

Kommt hinzu, dass in den Dokumenten nichts anderes steht als das, was der Verfassungsschutzchef schon in zahlreichen öffentlichen Reden und Dossiers als unumgänglich bezeichnet, nämlich: Den Verfassungsschutz mit weitreichenden Möglichkeiten der flächendeckenden Überwachung von Kommunikation der in Deutschland und auch außerhalb Deutschlands lebenden Menschen auszustatten und hierfür auch die operativen Instrumente verfügbar zu machen oder zu halten.

Jener Justizminister, der angeblich den Generalbundesanwalt in Kenntnis dieser Strafanzeige und ihrer Problematik (Pressefreiheit) gewarnt haben will, dass ein solches Ermittlungsverfahren problematisch sei. Nein, dieser Justizminister hat keine eigene Prüfung der Rechtsfragen vorgenommen und dann den Generalbundesanwalt angewiesen, das Verfahren sofort einzustellen. Nein, er hat den Dingen ihren Lauf gelassen oder möglicherweise – auch das ist zurzeit noch nicht bekannt – den Generalbundesanwalt machen lassen, was auf´s Gleiche hinaus läuft.

Hat Maas (BMJV) den Generalbundesanwalt damit sogar bestärkt, ihn am Ende gar durch Unterlassen politischer Intervention und damit durch Unterlassen der Anwendung seines Weisungsrechts indirekt angewiesen, das Ermittlungsverfahren fortzusetzen?

Warum verkündet jener Justziminister nicht in diesen Tagen, dass er bereits seit Mai über die Strafanzeige und die Bedenken des Generalbundesanwalts im Bilde ist? Und doch – so zeigt die heutige Bundespressekonferenz – soll Maas, also der BMJV davon gewusst haben.

Stattdessen wiegelt Maas ab und behauptet wahrheitswidrig, er habe den Generalbundesanwalt angewiesen, das Ermittlungsverfahren gegen die Journalisten Beckedahl und Meister „ruhen“ zu lassen. Etwas, was untechnisch gesprochen der Generalbundesanwalt schon selbst seit Mitte Mai tut, will also der BMJV nun veranlasst haben. Tatsächlich ruhen die Verfahren indessen nicht, sondern werden nur deshalb zurzeit nicht weiter betrieben, weil ein Rechtsgutachten, welches bereits im Mai vom Generalbundesanwalt in Ansehung der Strafanzeige seitens des Verfassungsschutzchefs in Auftrag gegeben wurde, aussteht.

Nun hört man in der Bundespressekonferenz, dass bereits Maaßen, also der Chef des Bundesamts für den Verfassungsschutz vor seiner Strafanzeige eine rechtliche Begutachtung vorliegen gehabt haben soll. Ein Gutachten, das selbst unter Geheimschutz-Verschluss gehalten wird. Hört! Hört!

Die Frage muss gestellt werden: Warum geht der Staat, warum gehen die Ministerien nicht offensiv TRANSPARENT mit der später ohnehin herauskommenden Tatsachenlage und Erkenntnislage um und veröffentlichen dieses Gutachten?

Gleichzeitig wissen aber alle Beteiligten (Verfassungsschutz-Chef, Innenministerium, Generalbundesanwalt, Justizministerium), dass es sich bei den von netzpolitik.org und also den beiden Journalisten Beckedahl und Meister veröffentlichten Dokumenten zwar um sog. „Verschluss-Sachen“ (für den internen Dienstgebrauch) handelt, die zwar Dienstgeheimnisse sein mögen, aber keinesfalls Staatsgeheimnis sind. Lediglich die Klassifizierung in einem geheimen Gutachten soll die Annahme eines Staatsgeheimnisses rechtfertigen. Möglicherweise ist dem aber nicht so, weshalb die Bewertung der Vorgänge noch eine weitere Wendung wird erfahren müssen, sobald das Gutachten öffentlich sein wird.

Kurze Zeit nachdem diese Umstände bekannt werden und auch, dass der Generalbundesanwalt entsprechende Pressemitteilungen herausgegeben hat (der Tagesspiegel.online berichtete am Sonntag, 2.8.2015 unter Verlinkung auf die Seite des Generalbundesanwalts) passiert in der Nacht vom 2.8. auf den 3.8. plötzlich ein angeblicher Hackerangriff auf die Homepage des Generalbundesanwalts, in dessen Folge sämtliche Pressemitteilungen des Generalbundesanwalts von der Seite verschwinden!

Nun könnte man allerlei Vermutungen darüber anstellen, wem solche Verfahren politisch oder sonstwie nutzen. Man könnte Mutmaßungen über Weisungen anstellen. Man könnte sogar so weit gehen, dass aus den genannten und relevanten politischen Kreisen – das können solche der Regierung sein und auch solche der nicht mehr parlamentarischen Opposition (FDP) – unter gleichzeitiger Instrumentalisierung von Verfassungsorganen (Verfassungsschutz, Generalbundesanwalt) ein Staatsstreich geplant ist und durchgeführt werden soll, der die Schwächung der aktuellen Bündnis-Regierung aus CDU/CSU und SPD zum Inhalt hat; mit der Folge, dass infolge Koalitionszerwürfnis Neuwahlen erzwungen würden, in deren Folge die CDU/CSU als möglicherweise mit absoluter Mehrheit ausgestattete Alleinregierung hervor geht; ob nun mit einer wiedererstarkenden FDP im Parlament oder ohne sie. Es wäre gleich.

Und wie selbstverständlich betont das BMJV bzw. sein Pressesprecher, dass der BMJV bislang keine politische Weisung ausgebracht hat, weil nur dann eine Weisung erfolge, wenn ein Ermittlungsorgan (hier: Generalbundesanwalt) in strafrechtlich relevanter Weise von seinem Ermittlungsrecht Gebrauch macht oder keinen Gebrauch macht.

Mit anderen Worten soll hier vermittelt werden: Der Gelackmeierte ist immer der Generalbundesanwalt, weil nur der es in der Hand hat!

Wer soll das glauben, wenn man hört, dass Maas, also der BMJV schon im Mai den Generalbundesanwalt angewiesen hat, darauf zu achten, dass Ermittlungen gegenüber Journalisten im Lichte der Pressefreiheit problematisch seien und warum lässt der BMJV dann den Ermittlungen freien, weiterhin ungeprüften Lauf?

Prüft der Weisungsberechtigte und Dienstherr also nicht, wie weiter mit dem durch Strafanzeige veranlassten Ermittlungsverfahren umgegangen wird?

Das wäre lächerlich und entlarvte – falls – die völlige Inkompetenz eines Justizministers und seines gesamten Apparates in Hinblick auf die in seinem Beritt liegende Wahrung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wozu auch die Wahrung von Grundrechten durch Behörden gehört.

II. Unabhängigkeit der Justiz, insbesondere der Staatsanwaltschaften und des Verfassungsschutzes bei größtmöglicher parlamentarischer Kontrolle unerlässlich

Über einen Umstand darf aber letztlich kein Zweifel bestehen:

Es ist zwingend erforderlich, dass in der Bundesrepublik endlich eine völlige Unabhängigkeit der Justiz und vor allem auch der Staatsanwaltschaften einschließlich der Generalbunesanwaltschaft gesetzlich fundiert hergestellt werden muss.

Das gleiche gilt hinsichtlich des Verfassungsschutzes.

Außerdem ist es unerlässlich, eine weitest gehende parlamentarische Kontrolle der Staatsanwaltschaften herzustellen.

Eine ebenso weitest gehende parlamentarische und vor allem uneingeschränkte Kontrolle des Verfassungsschutzes und der Geheimdienste ist ebenfalls herzustellen.

Alles unter Klarstellung, dass keine Regierung und vor allem kein einzelnes Regierungsmitglied zur Weisung gegenüber Staatsanwälten, dem Generalbundesanwalt, dem Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und ihren jeweiligen Chefs befugt sein dürfen.

Wir brauchen keine Staatlichen Behörden, die es nicht schaffen, Deutschland vor staatsfeindlichen Bestrebungen wie den NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) oder den Auswüchsen rechter (neo-nationalsozialistischer) Gesinnung, fremdenfeindlichen und damit verfassungsfeindlichen Übergriffen auf Menschen, die in unserem Land um Asyl und Schutz nachsuchen zu schützen.

Auch brauchen wir keine Staatsbehörden, die stattdessen – ob nun von einzelnen Politikern so gefordert oder operativ bzw. exekutiv von anderen Chefs von Behörden erwünscht (wie hier: Chef des BfV) – offen anstreben, flächendeckende Überwachungsmaßnahmen anlasslos und unter generalverdächtigender Weise zu implementieren.

Dies, um auf die Menschen durch die Regierungen, die sie demokratisch legitimiert haben im Endeffekt in ihren Freiheitsrechten zu beschneiden und dabei nicht davor haltzumachen, unter Inkaufnahme der Verletzung elementarer, unveränderbarer Grundrechte (u.a. auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, des Kommunikations- und Postgeheimnisses, der Privatsphäre, der informationellen Selbstbestimmung, der Pressefreiheit und am Ende der Versammlungsfreiheit) Machtstrukturen zu begründen oder zu fördern, die im besten Fall als autokratisch, im worst case-Szenario als totalitär zu bezeichnen sind; aber in keinem Fall demokratisch. Demokratie würde in diesem Fall nur noch zur Goutierung allen staatlichen Handelns nach einer Wahl mutieren und damit einer vollständigen Entdemokratisierung hoheitlicher Exekutive degradiert; nichts anderes zeichnet insoweit einen jeden Polizeistaat aus.

Was wir zurzeit erleben ist ein Missbrauch staatlicher Weisungsbefugnisse und damit staatlicher Gewalt oder die nachgerade blinde Außerachtlassung staatlicher, demokratisch legitimierter Weisungsrechte, um bloß nicht dem Verdacht zu erliegen, politisch angewiesen zu haben, wo politische Weisung erlaubt und auch im Lichte der Verfassung angezeigt ist.

Dabei weisen sich nun die Protagonisten wechselseitig die Verantwortlichkeiten zu und können dies ungehindert tun, weil es an eindeutigem Regelungswerk fehlt.

Genau dieses Vakuum in der öffentlichen Wahrnehmung, das daraus entsteht, dass Weisungsrechte zwar bestehen, diese aber angeblich nie ausgeübt werden – wer auch immer das glauben soll?! – gilt es zu schließen und damit solchen Weisungsrechten ein für allemal einen Riegel vorzuschieben.

Dazu gilt es, dieser Möglichkeit der politischen Weisung im Interesse des Rechtsstaats unumwunden Einhalt zu gebieten.

Eine deutsche Regierung, die nicht Verfassungskonformität und jeden Verdacht, gegen die Verfassung zu verstoßen unmissverständlich geißelt und auch personell Zug um Zug bekämpft, ist anderenfalls der Stimmen nicht wert, die sie in diese Machtstellung brachten.

III. Wir brauchen eine Therapie:

Die Therapie lautet: Stärkung der Demokratie durch Transparenz politischen – auch parlamentarischen und vor allem exekutiven – Handelns und optimale (gesellschaftliche und soziale) politische Teilhabe unter größtmöglicher Wahrung von Privatsphäre, informationeller Selbstbestimmung und der Gewährleistung unabdingbarer Gewaltenteilung.

Optimierung der Gewaltenteilung haben wir Piraten herzustellen versucht; im Kleinen als Anfang … und ohne politischen Erfolg, weil der politische Wille der in Regierung verantworteten Parteien fehlt: Durch Anträge auf Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz, respektive der Staatsanwaltschaften. Durch Initiativen im Landtag Nordrhein-Westfalens und im Landtag von Schleswig-Holstein. Erfolglos, weil wortreich von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen niederargumentiert und niedergestimmt.

Fragt sich, warum das so ist. Es ist eine Frage der Zementierung von Macht! Keine Frage.

Gleichermaßen verhält es sich mit den Bestrebungen des BfV, die massenhafte, selektorengesteuerte Kommunikations-Überwachung Deutschlands und der hier lebenden Menschen zu implementieren. Und selbstverständlich ist da die Vorratsdatenspeicherung nur ein Anfang.

Der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz gewährleisten Würde und Freiheit des Menschen. Die moderne freiheitlich-demokratische Gesellschaftsform wurde in der Vergangenheit auch unter Einsatz zahlloser Menschenleben erkämpft und verteidigt.

Allein das 20. Jahrhundert kennt in Deutschland zwei Diktaturen, deren Schrecken wesentlich durch den fehlenden Respekt vor dem einzelnen Menschen und durch allgegenwärtige Kontrolle gekennzeichnet war. Von den technischen Mitteln heutiger Zeit haben aber die Diktatoren aller Zeiten nicht einmal zu Träumen gewagt. Die überwachte Gesellschaft entsteht momentan allein dadurch, dass sie technisch möglich geworden ist und den Interessen von Wirtschaft und Staat gleichermaßen dient. Die Piratenpartei sagt dieser Überwachung entschieden den Kampf an. Jeder einzelne Schritt auf dem Weg zum Überwachungsstaat mag noch so überzeugend begründet sein, doch wir Europäer wissen aus Erfahrung, wohin dieser Weg führt, und dahin wollen wir auf keinen Fall.

Eine möglichst große und sinnvolle Gewaltenteilung im Staat erachten wir Piraten als absolut notwendig. Gerade die Unabhängigkeit der Judikative, vor allem des Bundesverfassungsgerichtes, gilt es zu stärken und zu fördern, da es sich mehrfach als Schützer der Grundrechte der Einzelnen vor Legislative und Exekutive erwiesen hat.

Wir Piraten sind überzeugt, dass die Gemeinschaft einzelne Mitbürger nicht bevormunden darf. Damit der Bürger eine wohl überlegte Entscheidung treffen kann, benötigt er eine gute, dezentrale, möglichst unabhängige, vielstimmige und stets wachsame Publikative aus Presse, Blogs und anderen Formen von medialer Öffentlichkeit. Sie ist daher für das einwandfreie Funktionieren der Demokratie unabdingbar. Diese kritische Publikative zu ermöglichen und vor Einschränkungen zu schützen, sehen wir als wichtige Aufgabe des Staates und eines jeden Demokraten an.

Im Gegensatz zu Bevormundung ist es die Aufgabe des Staates, die Grundrechte des Einzelnen zu achten und zu wahren und ihn vor Grundrechtseinschränkungen, auch gegenüber der Mehrheit, zu schützen. Die Freiheit des Einzelnen findet selbstverständlich dort ihre Grenzen, wo die Freiheit eines anderen unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.

Piraten fordern daher die Herstellung und Bewahrung einer völlig politisch unabhängigen Justiz und besonders der Staatsanwaltschaften einschließlich des Generalbundesanwalts und der Verfassungsschutzbehörden.

Gleichzeitig fordern Piraten eine unverzügliche Stärkung der parlamentarischen Kontrolle von Justiz und Verfassungsschutz. Bereits die Möglichkeit des Verdachts von Einflussnahme durch die Politik ist zu beseitigen. Eine Kontrolle ist unterdessen unerlässlich.

Soweit dennoch an politische Weisungen zu denken ist, müssen politische Weisungen in diese Richtung (Justiz, Staatsanwaltschaftn etc., Verfassungsschutz, Nachrichten-/Geheimdienst) auf Länderebene und auf Bundesebene dort, wo dies aus Gründen der Staatssicherheit oder zum Zweck der Wahrung von Grundrechten unerlässlich ist, einer qualifizierten Mehrheit in den Parlamenten im Sinne von Art. 79 Abs. 2 Grundgesetz unterworfen werden und dürfen keiner Einzelverantwortung (keinem Einzelweisungsrecht z.B. eines Ministers) anheim gestellt sein.

Menschen in Deutschland! Wehret den Anfängen von Unfreiheit durch staatliche Gewalt und durch die Schaffung von Instrumenten staatlicher Überwachungsmaßnahmen und ihre flächendeckende, verdachtsunabhängige Anwendung!

Was muss ich da noch anfügen?

Richtig: Wählt und fördert ‪#‎Piraten‬! Denn die ‪#‎Piratenpartei‬ ist nach nunmehr als Totalausfall in punkto Bürgerrechte zu konstatierender FDP die einzige bürgerrechtliche Bewegung und politische Kraft, die im Zeitalter der digitalen Revolution glaubhaft mit Antworten auf die vielen Fragen von Freiheit und Teilhabe aufwarten kann und die freiheitlichen Interessen der Menschen in unserem Land und in Europa unvorbelastet vertreten kann. Alle anderen Parteien haben sich systematisch und politisch in den vergangenen Jahrzehnten als untauglich erwiesen, jene Antworten ernstlich suchen und geben zu wollen.