Konkrete Erwartungen an den zweiten Flüchtlingsgipfel in NRW

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Am Mittwoch, 15. April 2015, findet der zweite Flüchtlingsgipfel NRW statt.

Frank Herrmann, Flüchtlingspolitischer Sprecher:

„Es müssen endlich verbindliche Standards für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in ganz NRW eingeführt werden. Dabei sind die Kommunen ausdrücklich mit einzubeziehen. Fehlende Gelder dürfen kein Grund sein, Flüchtlinge nicht menschenwürdig unterzubringen. Weiterlesen »

Wegweiser: keine Zeit für Experimente!

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Innenminister Jäger hat angekündigt, das Präventionsprojekt „Wegweiser“ gegen gewaltbereite Salafisten ausweiten zu wollen.Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion NRW im Innenausschuss:

„Zivilgesellschaftliche Organisationen wie z. B. Hayat arbeiten seit Jahren sehr erfolgreich im Bereich Deradikalisierung, bekommen aber keine Unterstützung der Landesregierung. Statt diesen Organisationen finanziell unter die Arme zu greifen, versucht die Landesregierung krampfhaft ihr eigenes, dem Verfassungsschutz angegliedertes Programm ‚Wegweiser‘ zu etablieren.

Warum ausgerechnet der Verfassungsschutz Sozialarbeit leisten soll, erschließt sich uns nicht. Weiterlesen »

Blitzmarathon: Attacke auf die Autofahrer

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Und sie tun es schon wieder: die Innenminister haben für den 16./17. April einen bundesweiten Blitzmarathon angekündigt. Unser Innenpolitischer Sprecher Dirk Schatz sagt zu dieser PR-Aktion: 

„Völlig sinnbefreit attackieren wieder tausende Beamte die Autofahrer. Doch tatsächlich werden lediglich die Ressourcen der Polizei verschwendet.

3/4 aller Todesfälle mit Autos, bei denen Geschwindigkeit eine Rolle spielt, passieren nicht wegen überhöhter, sondern wegen nicht angepasster Geschwindigkeit. 50 km/h können auf einer laubverschmutzten Landstraße schon zu viel sein, obwohl eigentlich 100 km/h erlaubt gewesen wären. Die Geschwindigkeitsvorgaben sind eben nicht als ‚sichere Höchstgeschwindigkeit’ zu verstehen. Weiterlesen »

Abschiebungshaft: Rot-Grüner Gesetzentwurf ist verfassungs- und europarechtswidrig

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Morgen (Donnerstag, 26.03.2015) steht um 10 Uhr die von uns beantragte Anhörung zum SPD/Grünen-Gesetzentwurf zum Abschiebungshaftvollzug auf der Tagesordnung des Innenausschusses. Ein Blick in die eingegangenen Stellungnahmen zeigt bereits vorab: Die Experten kritisieren den Entwurf scharf und raten an, dieses Gesetz nicht zu beschließen. Dem Entwurf fehlen demnach wesentliche Regelungen, die europa- und verfassungsrechtlich geboten sind. Wir fordern die Rücknahme des Gesetzentwurfs. Die Anhörung wird live auf www.landtag.nrw.de gestreamt. Weiterlesen »

Zur Debatte: Salafismusprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

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„Rot/Grün kratzt lieber an der Oberfläche, als konkrete Maßnahmen gegen Salafismus zu entwickeln“

Zur  heutigen Plenardebatte zu „Salafismusprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ sagt Michele Marsching, Religionspolitischer Sprecher:

„Der Umgang der Landesregierung mit Radikalisierungen im Salafismus ist vage und nicht ausgewogen. Während die Landesregierung kurzerhand viel Geld für mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden in die Hand nimmt, bleibt die wichtige Prävention und Deradikalisierung drastisch unterentwickelt. Rot/Grün gibt sich mit ihrem Antrag die wenig ambitionierte Aufgabe, ‚erst einmal ein Konzept zu entwickeln‘. Ohne Zeitrahmen, ohne klare Zusage, Geld in die Hand zu nehmen und ohne wissenschaftliche Begleitung der Projekte ist das ‚Handlungskonzept‘ allerdings nur ein Feigenblatt.“ Weiterlesen »

Dirk Schatz zur Änderung der Meldeauflagen im Polizeigesetz

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Mittwoch, 18. März 2015

 

Top 17. Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (Meldeauflagen als polizeiliche Standardmaßnahmen)

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU
Drucksache 16/5038
2. Lesung
Mdl Dirk Schatz/Foto A.KnipschildUnser Redner: Dirk Schatz
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
Audiomitschnitt der Rede von Dirk Schatz anhören

Audiomitschnitt der Rede von Dirk Schatz als Download

Protokoll der Rede von Dirk Schatz

Dirk Schatz (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss fairerweise sagen, dass das Ergebnis der Anhörung sehr knapp war. Ich glaube, es lag bei 4:3, was die Sachverständigen betrifft: Vier waren gegen eine Aufnahme in das Gesetz, drei waren dafür. Das Hauptargument der Gegner war immer wie es auch hier schon öfter gesagt wurde : Es wird ja schon gemacht. Es besteht eine Rechtsgrundlage, nämlich die Generalklausel des Polizeigesetzes. Das ist so weit auch anerkannt. Weiterlesen »

Datenschutzgesetz muss Privatheit von Polizeibeamten sichern

Veröffentlicht am von unter Das Neueste, Homepage, Innenausschuss (A09), Pressemitteilungen.

Nach dem Entwurf der Landesregierung sollen nicht nur die Leitstellen ihre eigenen Einsatzkräfte orten dürfen, sondern auch eine unbestimmte Gruppe von Anwendern soll sämtliche Einsatzkräfte in NRW orten können. Während die Nutzung von Positionsdaten durch die Leitstellen auch in anderen Ländern schon geübte Praxis ist, geht der Vorschlag der Regierung weit über das datenschutzrechtlich zulässige hinaus. Weiterlesen »

Anhörung Abschiebungshaftvollzug – Warum?

Veröffentlicht am von unter Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Hier gibt es Antworten auf die Frage, wieso wir eine Anhörung zum Übergangsgesetz für den Abschiebungshaftvollzug beantragen

 

Was ist euer Problem mit dem Gesetzentwurf zum Abschiebungshaftvollzug? 

Es ist wichtig, gerade nach dem großen Flüchtlingsskandal rund um Burbach und der Situation in Flüchtlingsaufnahmeeinrichtungen sowie wichtiger gerichtlicher Entscheidungen zum Abschiebungshaftvollzug, einen humanen Abschiebungshaftvollzug in einem eindeutigen Gesetz zu formulieren. Dieser Verpflichtung ist die Landesregierung auch ein halbes Jahr nach der Schließung des ehemaligen Abschiebungshaftgefängnisses, der JVA Büren, nicht nachgekommen, sondern hat einen richtigen Gesetzentwurf verschleppt.

Obwohl längst absehbar war, dass auf eine Rückführung oder die Überstellung in ein anderes EU-Land wartende Abschiebehäftlinge nicht in normalen Gefängnissen festgehalten werden dürfen, befand sich in Büren bis zum 26. Juli 2014 Europas größtes Abschiebegefängnis; eine Einrichtung, in der seit 2010 nicht weniger als 5.000 Abschiebehäftlinge gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht wurden. Im Juli 2014 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Abschiebehäftlinge nicht in normalen Gefängnissen festgehalten werden dürfen, solange sie auf eine Rückführung oder die Überstellung in ein anderes EU-Land warten. Die  Landesregierung in NRW sah diese Vorgaben an eine spezielle Hafteinrichtung in der JVA Büren auch nach dem Urteil als erfüllt an und hielt zunächst am Standort Büren fest. Erst das BGH-Urteil vom 25. Juli.2014, dass die JVA Büren die Voraussetzungen einer speziellen Hafteinrichtung nicht erfüllt, veranlasste die Landesregierung, Flüchtlinge nach Berlin zu verlegen. Im Dezember 2014 legten die regierungstragenden Fraktionen dann einen Gesetzentwurf für ein Fünf-Paragrafengesetz vor, das die Wiederinbetriebnahme der ehemaligen JVA als spezielles Abschiebungshaftgefängnis vorschreiben soll, aber Fragen über die Ausgestaltung außen vor lässt. Die Landesregierung will zwar in einer Rechtsverordnung weitere Regelungen treffen, die aber außerhalb des Gesetzes stünden und es offen ließen, ob damit der Rechtsprechung der Gerichtshöfe Sorge getragen werden würde. Das Trennungsgebot zwischen Strafvollzug und Abschiebungshaftvollzug ist kein Selbstzweck, sondern muss in der Ausgestaltung des Vollzuges berücksichtigt werden. Dabei gilt wie so oft: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Deshalb wollen wir eine Anhörung beantragen.

Was sagt ihr zu den Vorwürfen, dass ihr jetzt zulasst, das Geflüchtete erst einmal weiterhin nach Berlin transportiert werden müssen statt in Büren untergebracht werden zu können?

Dass weiterhin Menschen in aufwendigen Transporten zwischen NRW und Berlin hin- und hergefahren werden müssen, finden wir schrecklich. Die Geflüchteten, die oft schon sehr viel durchgemacht haben, werden damit weiterem Stress ausgesetzt, den wir eigentlich verhindern wollen. Wir haben unsere Entscheidung gründlich überlegt und vorab viel darüber diskutiert.

Die Pläne der Landesregierung, schnell wieder in einer nicht fertiggestellten JVA Büren ohne entsprechende Standards und Regelungen an eine humane Abschiebungshaft, halten wir allerdings für grundlegend falsch. In dem Gesetzentwurf gibt es keine Ausführungen, wie den Standards entsprochen werden sollen. SPD und Grüne geben sich, der Landesregierung, einen Freifahrtschein. Die vergangen Monate haben gezeigt, dass wir in NRW noch weit weg von einem humanen und verantwortungsbewussten Umgang mit Geflüchteten sind.

Dazu passt auch, dass die Landesregierung von notwendigen (d.h. rechtlich notwendigen) Umbaumaßnahmen der ehemaligen JVA Büren in einer Höhe von 20 Millionen Euro ausgeht. Die Umbaumaßnahmen können damit bis zur geplanten Inbetriebnahme im April dieses Jahres nicht ansatzweise umgesetzt worden sein.

Nichtsdestotrotz hätten wir uns auf einen Kompromiss eingelassen, der unsere Sorgen zwar nicht auflöst, aber das Potenzial hätte, sie zu mindern. Wir fordern einen starken Beirat, der die Einhaltung der Standards und rechtlichen Anforderungen kontrolliert, den Schutz besonderer Schutzbedürftiger überprüft und die Umbaumaßnahmen begleitet. Der Beirat würde als Sprachrohr der Flüchtlinge für Öffentlichkeit sorgen, wäre sie benötigt.

Habt ihr einen Kompromissvorschlag?

Wenn es um Menschen und schwere Schicksale geht, sind Kompromisse kaum machbar.

Wir finden es schlechten Stil, dass die Landesregierung trotz vieler Anzeichen und Gutachten vor dem BGH-Urteil und weiteren sechs Monaten nach dem Urteil des BGH nicht in der Lage war, einen vollumfänglichen, den Anforderungen gerecht werdenden Gesetzentwurf vorzulegen, um dann festzustellen, dass es angeblich kurzfristig eines unausgegorenen Übergangsgesetzes bedarf.

Nichtsdestotrotz hätten wir uns vor dem Hintergrund der Transporte nach Berlin auf ein Übergangsgesetz eingelassen, wären Regelungen zur Sicherstellung hoher Standards eingebracht worden, die unsere Zweifel an der sachgerechten Ausgestaltung wenn nicht verschwinden lassen, zumindest mildern können.

Gibt es keine bessere Einrichtung als eine ehemalige Justizvollzugsanstalt?

Die Landesregierung gibt an, dass sie die möglichen Liegenschaften geprüft hätte und dabei Büren die beste Wahl gewesen ist. Es sind allerdings auch nur ehemalige JVAs geprüft worden. Das halten wir für falsch. Eine andere Möglichkeit wäre, eine Anlage komplett nach hohen Standards und gerichtlichen Erkenntnissen neu zu bauen. So etwas ist aber gar nicht in Erwägung gezogen worden. Mit einem kurzfristigen Übergangsgesetz werden wir den Standort Büren ohne große Debatte als Abschiebungshaftanstalt zementieren.

Seid ihr nicht gegen Abschiebungshaft? Warum lehnt ihr das Gesetz dann nicht einfach ab?

Wir Piraten sind gegen Abschiebungen und gegen Abschiebungshaft – das ist klar. Wenn wir das Übergangsgesetz ablehnten, würde es ohne juristische Prüfung von den regierungstragenden Fraktionen angenommen. Ohne eine intensive Debatte darf dies nicht passieren.

Würde es nicht ausreichen, die Exekutive zur Verordnung über die Abschiebungshaft zu ermächtigen?

Nein! Die Landesregierung (= Exekutive) hat ihren Vertrauensvorschuss in Hinblick auf Flüchtlingspolitik zunächst einmal aufgebraucht. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, die Exekutive zur Rechtssetzung zu ermächtigen. Damit wird jedoch die Legislative (= Parlament) auf eine nachträgliche Kontrolle beschränkt und hat keine Möglichkeit, auf das Rechtssetzungsverfahren Einfluss zu nehmen. Das halten wir angesichts der bisherigen Erfahrungen bezüglich der Landesregierung in Hinblick auf Flüchtlings- und Integrationspolitik für keinen gangbaren Weg. Das Mindeste, was wir hätten erwarten dürfen, wäre nach immerhin bald einem halben Jahr die Vorlage zumindest eines Referentenentwurfs bzgl. einer entsprechenden Verordnung gewesen. Diese Zeit hat die Landesregierung nicht genutzt, sondern trotz der erkannten Notwendigkeiten glatt verschlafen. Ein ordentliches parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren erscheint unter diesen Bedingungen unausweichlich, zumal die Regierungskoalition aktuell die als Kompromiss vorgeschlagene Einrichtung eines Beirats für die Abschiebeeinrichtung der ehemaligen JVA Büren rundheraus abgelehnt hat.

 

Änderungsantrag zum Gesetzentwurf
„Gesetz über den Vollzug der Abschiebungshaft in Nordrhein-Westfalen (Ab-schiebungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – AHaftVollzG NRW)“
Drs. 16/7545

 

Intensivtäterkonzept, unsinnige Zahlenspiele, unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstellen und das 9. Fanhearing

Veröffentlicht am von unter Bürgerrechte, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

DSC_0012In den letzten Wochen war im Bereich der Sicherheitspolitik rund um Fußballspiele wieder eine Menge los. Nach dem zuversichtlichen Abschluss des letzten Jahres mit dem Pilotversuch „Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen“ und der Einsicht von Innenminister Jäger, dass die Aussagekraft von Erkenntnissen der „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS) nach den Kölner HoGeSa-Ausschreitungen unzureichend sei, scheint es nun ein Rollback der alten Konzepte zu geben.

Intensivtäterkonzept und unsinnige Zahlenspiele

Ganz nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ hat unser Innenminister parallel zu dem sehr erfolgversprechenden und unterstützenswerten Pilotprojekt – bei Nicht-Risikospielen die Präsenz der Polizei zu reduzieren und diese deeskalierend aus dem Sichtfeld der Fans zu entfernen – ein Konzept für Vorverurteilungen in die Wege geleitet. Zukünftig sollen Ermittlungsverfahren gegen nicht näher definierte sogenannte „Intensivtäter“ bei der Staatsanwaltschaft des Angeklagten-Wohnsitzes zentralisiert werden. Dies bedeutet nicht nur eine Abkehr vom Tatortprinzip, sondern verstößt aufgrund der Täterorientierung des Konzepts zugleich gegen die Unschuldsvermutung.

Nicht nur von Fanvertreten hagelt es Kritik: Auch der Bund der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen e.V. zeigt sich wenig erfreut über die zu erwartende Mehrbelastung der Justiz. In der Pressemitteilung heißt es, die Verfahren würden sich verlängern und das Konzept werde besonders NRW stark belasten – u. a. weil hier die meisten Fußballvereine ansässig sind. Für uns Piraten war auch sehr schnell klar, dass der angekündigt intensive Austausch von Informationen, Mutmaßungen und Verdächtigungen zwischen Richtern, Staatsanwälten und Kriminalbeamten faire Verfahren unmöglich machen wird. Am kommenden Donnerstag werden wir über das Konzept im Innenausschuss sprechen und meine Fraktion wird das Vorhaben in aller Schärfe kritisieren. Uns stört insbesondere die völlige Unbestimmtheit und Willkürlichkeit der Definition, wer oder was ein Intensivtäter ist. Aus dem Pool der umstrittenen Datei Gewalttäter Sport (DGS) sollen solche „Intensivtäter“ heraussortiert werden. Dabei ist der Begriff „Gewalttäter“ durch Politik und Sicherheitsbehörden doch schon bei den mehr als 13.000 Eintragungen in die DGS auf Biegen und Brechen ausgedehnt worden, was 2013 einen Rüffel des Verwaltungsgerichts Münster zur Folge hatte.

Die Basis für eine Einstufung als sogenannter Intensivtäter oder auch Gewalttäter darf nur die Anzahl tatsächlicher Verurteilungen wegen schwerer Gewaltdelikte sein, nicht irgendwelche Mutmaßungen und Vorverurteilungen der Ermittlungsbehörden wegen Landfriedensbruchs. Auf keinen Fall dürfen die ZIS-Zahlen ins Feld geführt werden, denn hier geben Polizeibeamte und SKB bekanntermaßen nur sehr grobe und ungefilterte Einschätzungen über das Gewaltpotential ab. Professor Feltes hat zuletzt empfohlen, die Zahlen der ZIS komplett zu ignorieren und noch im letzten Jahr musste unser Innenminister kleinlaut zugeben, dass die Zahlen nicht dazu taugten, das Potential von rechten Gewalttätern rund um den Fußballsport auch nur annähernd einzuschätzen. Die Reform der ZIS haben wir hier im Landtag mehrfach thematisiert, u. a. in einer Anhörung. Trotz der berechtigten Kritik der Experten wurde eine Reform durch Rot-Grün aber abgelehnt.
Fazit: Statt den Pilotversuch zur Reduzierung von Polizeikräften bei Fußballspielen weiter auszubauen, statt z.B. die polizeiliche Nachbereitung transparenter zu gestalten und zu diesem Zweck Berichte aus der Fanszene einzuholen, werden Fanrechte wieder beschnitten und eine Lex Fußball geschaffen.

Beschwerde- und unabhängige Ermittlungsstellen

Ein sehr wichtiges Anliegen der Piratenfraktion im Landtag ist die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle für Bürger und Polizei in NRW. Immer wieder zeigt sich, dass die Polizei ein strukturelles Problem hat, wo es darum geht, eigenes Fehlverhalten z. B. bei Fußballspielen aufzuklären. Deshalb haben im Jahre 2013 nicht weniger als 3.960 Beschwerden gegen Polizeibeamte in NRW lediglich zu zwei Disziplinar- und/oder Strafverfahren geführt. Fälle von strittigem Polizeiverhalten, das einer unabhängigen Überprüfung bedurft hätte, gibt es in NRW genug, dennoch ist grundsätzlich diejenige Polizeibehörde für die Bearbeitung zuständig, deren Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter betroffen ist. So hat die Polizeibehörde in Gelsenkirchen die Anzeigen und Beschwerden von Fans nach dem Blocksturm beim Fußballspiel FC Schalke 04 gegen PAOK Saloniki am 21.08.2013 selbst bearbeitet. Trotz der Ankündigung, dieses fatale Ereignis komplett aufklären zu wollen, gibt es immer noch keinen Bericht des Innenministeriums über die vielen Fehlentscheidungen bei diesem unverhältnismäßigen Polizeieinsatz, der zu mehr als 80 Verletzten geführt hat. Und noch ein weiterer Polizeieinsatz in Gelsenkirchen müsste dringend unabhängig aufgearbeitet werden: Nach einem Faustschlag eines Beamten Anfang des Jahres starb ein mutmaßlicher Gewalttäter und Brandstifter im Krankenhaus. Gegen vier am Einsatz beteiligte Polizisten wird ermittelt. Der Fall wirft viele Fragen auf, so wurde die interne Ermittlung im Polizeipräsidium Gelsenkirchen etwa u.a. von einem Mitarbeiter durchgeführt, der zu einem der vier Beamten in einem verwandtschaftlichen Verhältnis steht. Des Weiteren gibt es Zeugenberichte, die den Ablauf des Geschehens in einer Weise beschreiben, die von der offiziellen Version abweicht. Das böse Wort „Vertuschung“ macht die Runde und die BAG der kritischen Polizisten hat die Einrichtung „einer Mordkommission aus einem anderen Bundesland“ gefordert.

In anderen Staaten gibt es unabhängige Stellen zur Untersuchung von Beschwerden gegen Polizisten schon sehr lange. Betroffene haben dort ein Recht darauf, dass ihr Fall unabhängig, unverzüglich und öffentlich überprüfbar untersucht wird. Auch wird die Sicht des Betroffenen stark in die Ermittlung einbezogen. Es ist auch von enormer Wichtigkeit, dass Stellen eingerichtet werden, an die sich Polizeibeamte selbst und anonym wenden können. Wie schwer es ist, gegen Kollegen auszusagen, zeigt der Fall der menschenverachtenden Anfeindungen gegen eine Polizeianwärterin in Aachen. Dieser Fall wäre gewiss nicht über Monate hinweg unentdeckt geblieben, wenn die junge Frau sich anonym an eine Hinweisgeberstelle für Polizisten hätte wenden können. Wir wollen daher, dass sich ebenso Polizeibeamte ohne Einhaltung des Dienstwegs an die in NRW einzurichtende Beschwerdestelle wenden können.

Bundesländer wie Rheinland-Pfalz und Niedersachsen sind im letzten Jahr den richtigen Schritt gegangen und haben unabhängige Beschwerdestellen für Bürger und Polizei geschaffen. Rheinland-Pfalz hat seit einigen Monaten einen Polizeibeauftragten. Beide Ansätze bedürfen zwar noch Nachbesserungen, immerhin hat man aber in unseren Nachbarbundesländern eingesehen, dass die deutsche Blockadehaltung aufhören muss. NRW ist von dieser Einsicht noch weit entfernt: Auf meine Anfrage, ob die Einrichtung solcher Stellen geplant sei, wurde mir nur mit einem lapidaren Nein geantwortet. Trotz eines Beschwerdeberichts, wie er zum ersten Mal 2014 erstellt wurde, kann die Landesregierung zum Inhalt von fast 4.000 Beschwerden keinerlei Aussagen treffen. Sie weiß weder, ob es vermehrt zu Beschwerden im Bereich von Fußballspielen kommt oder ob Beschwerden erfolgen, weil sich Betroffene durch Polizisten diskriminiert fühlen. Das heißt allerdings im Umkehrschluss auch, dass keine spezifischen Maßnahmen ergriffen werden können, um Fehlverhalten qualitativ auszuwerten und so zukünftig zu verhindern. Eine reine quantitative Auswertung des Beschwerdeaufkommens trägt nicht zu einer verbesserten Fehlerkorrektur- und kultur der Polizei bei und dürfte sich strenggenommen auch nicht Beschwerdemanagement nennen.

Rückblick auf das 9. Fanhearing

Das Thema Beschwerdestellen wurde auch beim letzten Fanhearing am 19. Januar 2015 ausführlich besprochen. Die Fanseite bezeichnete die Antwort der Landesregierung auf meine kleine Anfrage dort als eine Frechheit. Empört zeigten sich die Fans darüber, dass die die Untersuchung von Beschwerden gegen den Polizeieinsatz auf Schalke einfach eingestellt worden seien, und sie bezweifelten, ob dies bei einer unabhängigen Stelle genauso passiert wäre. Das Einstellen von Ermittlungen gegen Polizeibeamte ohne jede Begründung führt zu einem großen Vertrauensverlust in der Szene. Es zeigt sich, wie überfällig vertrauensbildende Maßnahmen durch eine unabhängige Stelle wären und wie wichtig es ist, dass die Politik als Vermittlerin zwischen Polizei und Fans agiert und die Voraussetzungen für das Vertrauen schafft.

Leider scheint es wieder vermehrt zu schweren polizeilichen Eingriffen zu kommen: Die Fans berichteten, dass zurzeit wieder Meldeauflagen und Bereichsbetretungsverbote nach dem Gießkannenprinzip verhängt würden. Bundesweit machte hierzu das Beispiel Freiburg Schlagzeilen. Auch die Anhörung im Landtag NRW zu Meldeauflagen zeigte, wie verhärtet die Fronten sind: Während die Fanprojekte und die Wissenschaft die Wirkung dieser stark in die Grundrechte eingreifenden Maßnahmen bezweifelten und Evaluationen forderten, konnten die Polizeigewerkschaften nicht einmal genau angeben, wie viele Meldeauflagen in NRW verhängt worden waren, zeigten sich aber dennoch von der positiven Wirkung des Mittels felsenfest überzeugt. Ein Experte der Piratenfraktion und Fanprojektmitarbeiter berichtete beim Fanhearing von seinen Erfahrungen in der Anhörung. Mehrmals sei ihm das Wort entzogen worden, weil er auch über die Wirkung von polizeilicher Gewalt auf die Fans gesprochen habe. Auch deshalb wurde beim Fanhearing die Bedeutung der Unabhängigkeit von Fanprojekten erneut unterstrichen. Diese soll zukünftig noch dadurch gestärkt werden, dass für die Berufsgruppe ein Zeugnisverweigerungsrecht gefordert werden soll, wie es Anwälte, Geistliche und Journalisten haben. Darüber wird auf verschiedenen Ebenen verhandelt.

Ein positives Fazit wurde über das Pilotprojekt gezogen: Weniger Polizeipräsenz rund um die Stadien wirke deeskalierend und diese Strategie solle ausgeweitet werden. Die Fans gaben aber zu bedenken, dass die Zahlen der ZIS nicht zur Einstufung von Spielen als Risikospiele taugten, und haben als Beispiel die Ausschreitungen rund um das Spiel Hertha BSC gegen Schalke 04 am 18.10. genannt. Die beiden Fangruppierungen seien seit Jahren völlig verfeindet, daher hätte das Spiel als Risikospiel eingeschätzt werden müssen. Ein solches Übersehen wäre nicht passiert, hätte man die Expertise der Fans in die Bewertung der Lage einbezogen.

Auch wurde vorgeschlagen, den Fanreiseverkehr weiter auszubauen. Sonderzüge für Fans würden gut angenommen, aber lange Strecken ohne Halt erzeugten schlechte Stimmung. Die Toiletten in den Zügen funktionierten oft nicht und man könne sich unterwegs nicht mit Essen und Getränken versorgen. Am besten seien von den Vereinen selbst organisierte Züge mit eigenen Ordnern; Bielefeld führe dies schon seit 20 Jahren mustergültig vor. Leider gebe es aber immer weniger Sonderzüge, das Angebot an Waggons werde immer kleiner. Das Thema Fanreiseverkehr habe ich in die Bahnsprechstunde im Landtag mitgenommen und werde die Anregungen dort anbringen.

Kurz angeschnitten wurde auch das Thema HoGeSa. Meine Anfrage nach Präventionsprogrammen gegen Rechtsextremismus brachte zum Vorschein, dass es keine spezifischen Angebote für Erwachsene gibt. Hier sahen auch die Teilnehmer des Fanhearings Nachholbedarf. Des Weiteren wurde diskutiert, wie sich die Pegida-Bewegung und ihre Ableger auf die Fußballfankultur auswirken werden. Viele Vereine wie Aachen, Braunschweig und Duisburg sind schon zu Zeiten vor Pegida und Co. gegenüber den rechten Fangruppierungen eingeknickt, es bleibt abzuwarten, wie sich die Fußballvereine angesicht des gesamtgesellschaftlichen Rechtsrucks verhalten werden. Das Thema muss jedenfalls weiter vertieft werden und allen muss klar sein, dass die Mär vom unpolitischen Sport genau das ist: ein Märchen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit darf keinen Platz im Fußball haben. Das haben wir auch im Landtag immer wieder angemahnt und werden das Problem im Ausschuss weiter diskutieren.

Intensiv diskutiert wurde das private Strafen-System des DFB, dessen Satzung privatrechtliche Sanktionen gegen Mitgliedsvereine erlaubt. Mit hohen Geldstrafen soll der gastgebende Club für das Fehlverhalten von Fans haften. Dabei geht es um empfindlich hohe Strafen, die die Vereine an die mutmaßlichen Störer weiterreichen. Dieses Verfahren ist umstritten, denn das DFB-Sportgericht ist eine zivilrechtliche Verbandsverwaltung, die die Entscheidung ordentlicher Gerichte nicht ersetzt. Das Vorgehen des DFB-Sportgerichts wird neuerdings durch das sogenannte „9-Punkte-Papier (Verfolgung und Ahndung von Zuschauerfehlverhalten)“ unterstützt. Viele Fanhilfen kritisieren dieses Papier: Es fehle u.a. an konkreten Definitionen, was z. B. eine grob unsportliche Verunglimpfung sein soll. Fan-Kritik am Verband kann damit schon als Verunglimpfung geahndet werden. Vor allem wird die Pyrodiskussion befeuert, denn bei sachgerechter Anwendung von Feuerwerkskörpern kommt es nicht zu Schäden, dennoch ziehen Pyroaktionen im Stadion saftige Bußgelder nach sich. Der DFB will mit hohen Strafen dafür sorgen, dass Pyrotechnik aus dem Stadion verbannt wird, obwohl dieses Mittel für die meisten aktiven Fangruppierungen zu ihrer Kultur gehört. Der unsachgemäße Umgang mit Pyrotechnik birgt ohne Zweifel Verletzungsgefahren, das Abbrennen von geprüfter Pyrotechnik in definierten Bereichen des Stadions wäre aber ein denkbarer Kompromiss.

Beim nächsten Fanhearing im Mai/Juni werden wir diese Thematik weiterverfolgen und uns u.a Themen wie der Funkzellenabfrage und der Fehlspeicherungen in Dateien widmen.

Wir stellen uns gegen Abschiebungshaftvollzug

Veröffentlicht am von unter Das Neueste, Homepage, Innenausschuss (A09), Pressemitteilungen.

Keinen Blankoscheck für die Landesregierung durch ein inhaltsarmes Gesetz

Die Piratenfraktion NRW will den inhaltsarmen Gesetzentwurf von SPD und Grünen zum Abschiebungshaftvollzug nicht übereilt im Landtag passieren lassen. Sie fordert eine juristische Klärung, ob der Entwurf Anforderungen an eine humane Vollzugseinrichtung, Standards für besonders Schutzbedürftige und weiteren europarechtlichen Regelungen überhaupt nur im Ansatz genügt. Einen Blankoscheck durch Ermächtigung zum intransparenten und der parlamentarischen Befassung zunächst entzogenen Erlass von Rechtsverordnungen wird es mit den Piraten nicht geben. Der Kompromissvorschlag der Piraten, einen Beirat zur Überprüfung der Standards zu schaffen, wurde zuvor abgelehnt. Weiterlesen »