Besuch von Flüchtlingsunterkünften in Ratingen

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Zusammen mit zwei Mitgliedern des Arbeitskreises Flüchtlingspolitik, inkludierende Integration und Antidiskriminierung in NRW der Piratenpartei war ich am Mittwoch, dem 9. Juli, in Ratingen, um mir ein Bild von den Flüchtlingsunterkünften vor Ort zu machen. Gemeinsam mit der Verwaltung schauten wir uns die die vor kurzem renovierte und vergrößerte Unterkunft „Am Gratenpoet“ und den Jahrzehnte alten Komplex „Am Sondert“ an. Hintergrund ist der Piraten-Antrag im Landtag NRW, in dem wir die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen in ganz NRW fordern. Die Flüchtlingsunterkunft „Am Sondert“ wurde zudem in einer Broschüre des Flüchtlingsrates NRW als ein „sehr schlechtes Beispiel“ einer Flüchtlingsunterbringung genannt. Davon wollten wir – Piraten – uns selbst überzeugen.

Mein Fazit des Besuchs: Die Stadt und die Mitarbeiter haben in den letzten Jahren einiges nachgeholt und zumindest am Gratenpoet gibt man sich sichtlich Mühe, dass Familien und Einzelpersonen menschenwürdig untergebracht werden. Zwar gibt es Gemeinschaftsküchen und -badezimmer, aber zum Glück eigene Räume für jeden Einzelnen. Hervorzuheben ist auch das großartige Engagement der vielen ehrenamtlichen Helfer, von denen wir  zufällig zwei vor Ort getroffen haben.

Der Flüchtlingskomplex „Am Sondert“ sollte dagegen mittelfristig abgebaut werden, denn durch die Unterbringung einer „homogenen“ Flüchtlingsgruppe weit draußen und isoliert schafft man sich dort erst die Probleme, die man an anderer Stelle wieder bekämpfen muss. Einen Ratsantrag, den Komplex „Am Sondert“ aufzulösen, gab es  schon 2010. Die Stadt muss daher insgesamt umdenken und die Menschen in privaten und dezentralen Wohnungen unterbringen. Zu diesem Zweck sollte sie auch selber Wohnungen von Privatpersonen anmieten. Für ein an das „Leverkusener Modell“ angelehntes Unterbringungskonzept werde ich – auch in Zusammenarbeit mit der Piratenfraktion im Rat der Stadt Ratingen – in den nächsten Monaten werben.

Neues vom bösen Internet der Dinge: Scanner verbinden sich mit chinesischem Militär

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BügeleisenIhr erinnert Euch an die “Zombie-Bügeleisen“? Es ging um Bügeleisen und andere Haushaltsgeräte, die versteckte WLAN-Chips enhieltn. Diese attackierten Netzwerke, um sie zum Versand von Spam-Nachrichten zu missbrauchen.

Das dies nur eine verhältnismäßig harmlose Variante eines neuen, gar nicht so ungefährlichen Angriffsvektors auf IT-Sicherheit darstellt, habe ich damals schon prophezeit.

Jetzt berichtet CSO Online über eine mehrstufige Attacke, in die Scanner verwickelt sind, und dessen Ziel Logistikunternehmen sind. Angeblich enthält die Betriebssystemsoftware von bestimmten Scannern chinesischer Produktion Schadcode, welcher durch die Firewall hindurch Kontakt mit einem chinesischen Steuerungsserver aufnimmt, welcher mit dem chinesichem Militär in Verbindung stehen soll. Über diesen Steuerungsserver wird das komprmittierte Netz dann kontrolliert. Infiziert werden Server, die den Begriff “finance” im Namen tragen.

Es bleibt dabei: Was technisch möglich ist, wird auch gemacht. Etwas anderes zu vermuten ist naiv.

Komm uns besuchen!

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Der Landtag NRW öffnet seine Pforten: Wenn ihr euch das rundeste Gebäude von ganz NRW anschauen magst, dann kommt: Ab dem 31. August bis zum 19. Oktober ist der Landtag sonntags jeweils von 11 bis 16 Uhr für Besucher geöffnet.

Wer Fragen zum Gebäude, zur Architektur oder zur Arbeit der nordrhein-westfälischen Abgeordneten hat, kann sich vor Ort an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Besucherdienstes wenden. Diese führen Interessierte jeweils um 12 Uhr, 14 Uhr und 15 Uhr durch das Landtagsgebäude.

Ausgenommen vom Sonntagsbesuchsprogramm ist der Weltkindertag am 14. September 2014.

Gruppen mit mehr als fünf Personen werden um vorherige Anmeldung gebeten

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

Pläne durchleuchtet: Dobrindts PKW-Maut ist ein Placebo.

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Die Bundesautobahn A2Am Montag hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt in Berlin sein Konzept für eine PKW-Maut vorgestellt. Oliver Bayer, Sprecher der Piratenfraktion im Verkehrsausschuss des Landtags NRW, Carsten Spengler und Ralf Muschall haben nach der Pressekonferenz gemeinsam die Pläne durchleuchtet:

Dobrindts PKW-Maut ist ein wirkungsloses Placebo. Da uns weisgemacht wird, eine weitere Medizin sei nicht nötig, ist die PKW-Maut eine Fehlbehandlung mit schwerwiegenden Folgen für die Infrastruktur.

Die für das Verkehrssystem lebensnotwendige Vorgabe an den neuen Bundesverkehrsminister lautete »zusätzlich 28,8 Milliarden Euro, um die politischen Versäumnisse der Vergangenheit auszubessern und die Verkehrsinfrastruktur zu retten«. Daraus wurden im Koalitionsvertrag 5 Milliarden, von denen 6,7 Milliarden bereits verplant sind. Eine Minusrunde von 1,7 Milliarden für die Infrastruktur.
Die PKW-Maut dient Minister Dobrindt nun als Alibi, die gleiche bayrische Verkehrspolitik betreiben zu können wie bisher – mit Diskriminierung und Schönrechnerei populistisch aufgetischt. Dabei hat uns genau diese kurzsichtige Politik in die Lage gebracht, die nun Vorwand für die PKW-Maut ist.

Minister Dobrindt nennt sie jetzt lieber »Infrastrukturabgabe«, obwohl die Einnahmen wie bei der KFZ-Steuer weiter in den allgemeinen Bundeshaushalt fließen sollen. Bei einer Infrastrukturabgabe, müssen allerdings auch Schiene, Wasserstraße und vor allem der ÖPNV von den Einnahmen profitieren.
Und wenn diese Infrastrukturabgabe auch für Kommunal- und Landesstraßen gilt, müssen natürlich auch die Kommunen und Länder anteilig an den Einnahmen beteiligt werden, und zwar unabhängig von dem Gedanken, dass zeitgleich die KFZ-Steuer sinkt. Beide Ansprüche sollte Minister Dobrindt ernst nehmen, um dem Placebo wenigstens etwas Wirkstoff mitzugeben.

Seine Versprechen wird Dobrindt so oder so nicht halten können: Die prognostizierten Einnahmen von 625 Millionen Euro bei 260 Millionen Euro Systemkosten sind viel zu optimistisch, und selbstverständlich sind auch die inländischen Autofahrenden an den Kosten beteiligt: Da der Betrag der KFZ-Steuer zukünftig geteilt werden soll, zahlen alle Autofahrenden einen Teil der Verwaltungskosten der PKW-Maut. Dieses Geld kommt nicht mehr der Infrastruktur oder dem allgemeinen Steuerhaushalt zugute. Dobrindt nennt es »KFZ-Steuer-System reformieren«; »deformieren« wäre korrekter gewesen.

Letztlich würde Dobrindts PKW-Maut eine europäische Mautrisierung nach sich ziehen. Unsere inländischen Autofahrenden würden in den Niederlanden, Belgien und Dänemark zahlen und ganz Europa sich um die Verwaltung von Mautsystemen kümmern müssen. Straßen und Bahnstrecken in Deutschland blieben weiter sanierungsbedürftig.

Dobrindts »Infrastrukturabgabe« basiert auf einem veralteten System. Die Konstruktion hat Fehler und ist weder innovativ noch bringt sie die Komponenten intelligent zusammen.

LKW dürfen mautfrei durch Dörfer brettern, während PKW demnächst dafür eine Maut zahlen müssen und kleine LKW ab 3,5 Tonnen womöglich ebenfalls befreit bleiben. Diesel-Fahrzeuge zahlen eine deutlich höhere »Infrastrukturabgabe«, obwohl sie die Infrastruktur gar nicht stärker belasten. Die Lenkungswirkung der Infrastrukturabgabe ist daher insgesamt fragwürdig.

Ungeklärt ist auch, wie Minister Dobrindt sein Versprechen umsetzen möchte, dass inländische Autofahrende »sich um nichts kümmern« müssen. Wie kommen die Daten von der Bundesfinanzverwaltung datenschutzkonform zu der Behörde, die die Vignetten ausstellt?

Mit der »Infrastrukturabgabe« werden die dringenden Probleme und Aufgaben in der Verkehrspolitik, wichtige Weichenstellungen, von der Bundesregierung in die nächste Legislaturperiode vertagt. Selbst die Instandhaltung der Verkehrswege wird versäumt, da das eingenommene Geld kaum weiterhilft, wenn an anderen Stellen viel größere Summen gestrichen werden. Jede bereits diskutierte Alternative von der Ausweitung der LKW-Maut für alle Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auf allen Straßen bis zur Kraftstoffabgabe würden hier bessere Ergebnisse erzielen.

Maut bleibt Maut

Mit Dobrindts PKW-Maut erhalten wir ein schlechtes und teures Zusatzfeature des Systems, welches uns erst in die Instandhaltungskatastrophe der Verkehrsinfrastruktur geführt hat. Damit werden echte Innovationen für eine sinnvolle Infrastrukturabgabe und die notwendige Verkehrswende auf Dauer erschwert.
Die bayrische Dobrindt-Maut ist ein Alibi dafür, mit der katastrophalen Verkehrspolitik der vergangenen Jahre fortzufahren wie bisher. Selbst wenn ein paar Millionen zusätzlich in die Verkehrsinfrastruktur fließen würden, wäre das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Teuer bezahlt dadurch, dass sich hinter den Kulissen nichts ändert. Daran ändert auch die Umbenennung von Maut in »Infrastrukturabgabe« für Inländer nichts. Maut bleibt Maut.
Dobrindts Innovation in der Verkehrspolitik ist lediglich, dass die Vignetten automatisch per Post zugestellt werden.

Dass die Bayern-CSU aus politischen Geisterfahrern ohne Sachkenntnis besteht, war klar! Noch schlimmer ist, dass SPD und CDU dieser Politik folgen und 260 Millionen Euro in die Verwaltung stecken wollen, anstatt direkt in die Straßen und Schienen. Der eigene Machterhalt ist der Großen Koalition offenbar wichtiger als der Erhalt der Infrastruktur.

Mehr dazu auch im Blogbeitrag von Oliver Bayer vom Sonntag: Verrechnet und Verarscht: PKW-Maut schadet der Infrastruktur-Erneuerung

 

Bild: CC-BY-SA-3.0 Kira Nerys

TOR und die Sprache der Bilder …

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Ja tach auch.

Ein wenig befremdet bin ich über die Aufregung, die Tweets von Daniel Schwerd, Lukas Lamla und mir bei Einigen hervorgerufen haben.
In denen wir uns – bildsprachlich begleitet – als TORroristen bezeichnet haben, als Nutzer und Unterstützer des TOR-Netzwerks.

WTFs und och-Nös haben wir geerntet. “Geschmacklos” und “schlimm” waren weitere Urteile. Weil wir in einem angenäherten Terroristen-Outfit posiert haben.

Ein Bild, eine Beschreibung, ist nie die Sache selbst. Wenn das so wäre, dann reicht im Restaurant auch der Verzehr der bloßen Speisekarte.

maltistor

Das ganze Bild – links oben @maltis reallife-Vermummung

Kurz zum Hintergrund: Die NSA macht Jagd auf Betreiber und Nutzer des TOR-Netzwerks und stigmatisiert diese als Extremisten. Wer das Netz anonym nutzen will, um seine Privatsphäre zu schützen, ist für die NSA ein Extremist.
Hier ein paar Berichte, die dies belegen:
Heise News -> XKeyscore-Quellcode: Tor-Nutzer werden von der NSA als Extremisten markiert und überwacht
Heise Security -> Neues von der NSA: “Tor stinkt”
ZEIT ONLINE -> NSA hält alle Tor-Nutzer für verdächtig
Tagesschau.de -> Deutsche im Visier des US-Geheimdienstes: Von der NSA als Extremist gebrandmarkt

Wir haben dazu eine alte Piratentaktik angewendet. Nimm das Schimpfwort, mit dem man dich belegt, und trage es wie einen Orden.

netnrdtor

Das ganze Bild – links oben @netnrd s reallife-Vermummung

Nochmal genau nachdenken bitte, was verdient die Aufregung, wo ist der Skandal und was ist geschmacklos und schlimm?

Die “Vermummung” von uns Piraten? Oder die Pappmache-Kalaschnikow, das Bild von der AK47 im Bild? Also das Bild im Bild?

Oder doch eher die Tatsache, dass der US-Geheimdienst Leute, die anonym surfen wollen, mit Power-Algorithmen wie XKeyscore ausspäht und als Extremisten brandmarkt?
Reicht dafür geschmacklos und schlimm überhaupt aus?

Sind “unsere” Drohnen schon programmiert?

nickhtor

Das ganze Bild – links oben meine reallife-Vermummung

Auch wenn ich wenig Hoffnung habe, ich appelliere insbesondere an die Print-Medien, zur Aufklärung* der Gesellschaft beizutragen.

Wo führt es hin, wenn im Lande Leibnizens, Kants, Hegels, Goethes, Schillers, Schellings und Einsteins eine simple dialektische Bildsprache nicht mehr verstanden wird? **
Oder wenn man sie nicht verstehen will?

Dann ist Schluss mit Bildung, Kultur und Emanzipation, und der Letzte macht das Licht aus. Punkt.

Bis dann, Nick H. aka Joachim Paul

* Aufklärung: die vom Kant ….
**: Der Hegel ist eh alles schuld. Oder war’s doch der Leibniz? …

Unsere Initiativen zum ÖPNV im Landtag Juni/Juli 2014

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1. Enquete-Kommission zu Finanzierungsoptionen des ÖP(N)V Unser Antrag wurde am 4. Juli 2014 im Landtag NRW einstimmig angenommen und die Enquete-Kommission zu Finanzierungoptionen des öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen eingesetzt. Sie startet voraussichtlich im November 2014 und wird zwei Jahre lang das Thema intensiv behandeln. Antrag/Einsetzungsbeschluss: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-5959.pdf Ein Blogpost dazu: http://www.oliver-bayer.de/independence-day-fuer-den-oepnv-enquete-im-landtag-nrw-wird-eingerichtet/ 2. Anhörung zum Antrag “Mobilität für alle! Sozialticket flächendeckend […]

Verrechnet und Verarscht: PKW-Maut schadet der Infrastruktur-Erneuerung

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Die Verkehrsminister verrechnen sich um Milliarden und das dringend gebotene Umsteuern in der Verkehrspolitik pervertiert trotz akuter Probleme zum “Dobrindt-Egofeldzug”, der sinnvolle Weichenstellungen wirksam torpediert. Die Bundespolitik reagiert scheinbar endlich auf jahrzehntelange Fehler in der Verkehrspolitik, macht aber dann doch einfach mal weiter wie bisher und vertagt die dringenden Probleme in die nächste Legislaturperiode: Doch […]

Independence Day für den ÖPNV: Enquete im Landtag NRW wird eingerichtet

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Am Freitag, 4. Juli 2014 stimmte der Landtag NRW einstimmig für den Antrag der Piratenfraktion zur Einrichtung einer Enquete-Kommission zu Finanzierungsoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels (FINÖPV). Die Finanzierung von Infrastruktur ist ein großes Thema der nächsten Jahre. Und die Bedeutung des Themas wird mit dem Handlungsdruck zunehmen. […]

Anmerkungen zur Kolumne und zum Vortrag von Sascha Lobo „Mensch-Maschine“ vom 02.07.2014 in Spiegel-Online

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Gastbeitrag von Eberhard von Goldammer [*]

Link zur hier besprochenen Kolumne von Sascha Lobo: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/ueberwachung-und-kontrollwahn-dahinter-steckt-kybernetik-a-978704.html

Den Kontrollstaat, so wie wir ihn heute erleben, konnte man schon Ende der 80er Jahre voraussagen, nachdem – erst die US-amerikanische – und einige Zeit später die deutsche Forscher-‘Elite’ die Neuroinformatik für sich wiederentdeckt hatte und meinte, damit nicht nur „neue“ wissenschaftliche Wege zu begehen, sondern auch noch menschenähnliche Maschinen – was die kognitiven Fähigkeiten anbelangt – konstruieren und bauen zu können. Auf der Basis dieser verkürzten Denkweise der (Neuro-)Informatiker konnte und musste es zu einem Kontrollstaat kommen. Das lässt sich auch detailliert begründen, würde aber an dieser Stelle den Rahmen sprengen. D.h. die Gesellschaft – also auch das Land NRW – hat mit der Förderung dieses Wissenschaftszweiges, der ja auch heute noch gefördert wird, das mitfinanziert, was Sascha Lobo in seinem Artikel/Vortrag und viele andere heute so heftig kritisieren. Vorhersagbar war es – Alternativen wurden damals abgewürgt. Ein Beispiel ist das unter [1] beschriebene und das ist leider nur ein Fall von mehreren.

Aus konzeptioneller Sicht war das, was da großartig gepriesen und dann großzügig mit Steuergeldern gefördert wurde, alles andere als neu, denn es war bereits in den 50er Jahren entwickelt worden – neu war nur die Hardware, die um Größenordnungen effizienter geworden war – im Sinne der elektronischen Datenverarbeitung und nicht der Kybernetik(!); – denn aus konzeptioneller Sicht hat sich seit Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) – dem eigentlichen „Namenspatron“ (patron saint, wie Norbert Wiener in benannt hat) der Kybernetiker – nicht wirklich grundlegendes verändert.[2] Der heutige Computer lässt sich immer noch mechanisch abbilden: Zahn oder Lücke, Null oder Eins – das hatte schon Leibniz erkannt und technisch umgesetzt. Was bis heute aber noch nicht wirklich gelungen ist, ist die Umsetzung der Leibniz’schenVision einer „characteristica universalis“. Gerade die Europäer hätten allen Grund diese Vision von einem ihrer größten Vor-Denker in die Realität umzusetzen; – leider geschieht das nicht, obwohl die Voraussetzungen, wie das angegangen werden muss, seit etwa 40 Jahren bekannt und jedermann/frau zugänglich – d.h. gedruckt vorhanden – sind.

Vorausberechnungen oder Voraussagen zu machen, ist eigentlich der Wunsch und das Ziel aller Wissenschaftler und nicht eine spezifisch kybernetische Angelegenheit, wie das von Sascha Lobo beschrieben wird.
Überwachung von Teilen oder gar der gesamten Bevölkerung war immer, d.h. zu allen Zeiten die Aufgabe von Geheimdiensten/Geheimpolizei wie Gestapo, KGB, Verfassungsschutz und eben auch NSA, um nur einige zu benennen. Mit anderen Worten: Zu behaupten, dass „der Urgrund der Überwachung die Kybernetik sei“, wie es Sascha Lobo in seinem Beitrag tut – das ist schlichtweg Unsinn. Der arme Norbert Wiener: man kann ihn nicht für alles verantwortlich machen und erst recht nicht für die heutigen Zustände der USA und deren Geheimdienste.

Und schließlich: Karl Steinbuch hat Ende der 60er Jahre als der erste (Informatik)-Studiengang an der TU Karlsruhe im WS 69/70 eingerichtet wurde, nicht den Namen „Kybernetik“, sondern „Informatik“ gewählt – und das war gut so, denn die Künstliche Intelligenz-Forschung, wie wir sie heute kennen, ist meilenweit von dem entfernt, was die Begründer der Kybernetik[3] sich einst vorgestellt und erträumt hatten – um das zu erreichen, benötigt man einen grundlegenden wissenschaftlichen Paradigmenwechsel – also eine Erweiterung der Logik und Mathematik, wie sie durch die Polykontexturalitätstheorie des Philosophen und Logikers Gotthard Günther (1900-1984) in die Wissenschaft eingeführt wurde. Eigentlich ist Gotthard Günther der bedeutendste Kybernetiker des 20. Jhd. und durchaus in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit seinem großen Vorgänger Leibniz, in dessen Tradition sein Oeuvre – work in progress wie er es nannte – anzusehen und einzuordnen ist. Das gilt auch und ganz besonders vor dem Hintergrund, dass der Scientific Mainstream seine Arbeiten heute (.. noch ..) gar nicht wahrhaben will und sein Oeuvre schlichtweg ignoriert oder gar diskreditiert.

Endnoten:

[*] Zum Autor Eberhard von Goldammer, siehe: http://www.vordenker.de/vgo/vgo_publiste.pdf

[1]
(a) Eberhard von Goldammer & Rudolf Kaehr: ‘Lernen’ in Maschinen und lebenden Systemen, in: Design & Elektronik, Ausgabe 6 vom 21. März 1989, S. 146-151— als pdf-Datei: http://www.vordenker.de/vgo/lernen-maschinen-leben.pdf
Das ist eine konzeptionelle Kritik an der damals so hochgejubelten Neuroinformatik, die nicht immer auf Gegenliebe gestoßen ist.
(b) Eberhard von Goldammer & Peter Rath: „Historischer Rückblick und Anmerkungen zu einem Projekt, das an einer Privat-Universität unerwünscht war … sowie Wissenschaftszensur oder Universität nach Gutsherrenart – Eine ‘Elite’ in Deutschen Landen“, in: www.vordenker.de, 2007.
URL: http://www.vordenker.de/vgo/vgo_ein-ungeliebtes-forschungsprojekt.pdf
Das nur zur der oben gemachten Aussage “Alternativen wurden abgewürgt“ – auch das bezieht sich auf die 80er Jahre und es ist leider nicht das einzige Beispiel. In den 90ern war die Republik vereinigungsbesoffen und hatte dann auch keinerlei Interesse an solchen Themen.

[2] Eberhard von Goldammer: Leibniz … reloaded oder UniversalSCHRIFTsprache – Vision oder Illusion?, in: www.vordenker.de, 2011
URL: http://www.vordenker.de/vgo/anmerkungen_leibniz_a.pdf

[3] Es gab nicht nur einen “Vater” der Kybernetik. Man kann der Einfachheit halber vielleicht auf das Biological Computer Laboratory (BCL) verweisen, an dem eine ganze Reihe bekannter Wissenschaftler gearbeitet haben, die alle irgendwie für die Vaterschaft eines Gebietes stehen, das alles andere als militaristisch angedacht war. Den von Sascha Lobo und vielen anderen unterstellten Militarismus – wenn man diese Sicht einmal einnimmt – ist eine unmittelbare Folge der strikt monokontexturalen Logik und Mathematik, mit der das Gebiet in der Folgezeit bearbeitet wurde. Auf dieser Grundlage lässt sich Kybernetik im ursprünglichen Sinne nicht betreiben und entartet allenfalls zur elektronischen Datenverarbeitung – was ja tatsächlich geschehen ist. Lebende Systeme, um die es in der Kybernetik primär ging, sind nun einmal nicht monokontextural und damit monothematisch zu bearbeiten – das wussten schon die Urväter der Kybernetik – im Gegensatz zu ihren heutigen Kollegen aus der Informatik und/oder der Künstlichen Intelligenz (siehe: Macy-Konferenzen: http://de.wikipedia.org/wiki/Macy-Konferenzen).
URL zum BCL: http://de.wikipedia.org/wiki/Biological_Computer_Laboratory und http://bcl.ece.illinois.edu/
Geschichte des BCL: http://www.univie.ac.at/constructivism/papers/mueller/mueller00-bcl.html

 

Machtspielchen

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Ich war gestern auf einer Demo gegen Polizeigewalt in Münster.

Die Demo lief bis fast zum Ende sehr ruhig. (Man könnte jetzt durchaus den Widerspruch aufmachen von Demonstrant*innen, die Parolen gegen “Bullen” rufen, aber nicht die zweite Straßenseite mitbenutzen wollen, weil das nicht vereinbart wurde. Aber gut. Das ist dann nochmal eine andere Diskussion.)

Zum Schluss gab es dann eine längere Phase der Eskalation. Ein Demonstrant wurde aus mir unbekanntem Grund festgenommen. Die Festnahme wurde von Polizist*innen zunächst am Rande abgeschirmt. Pfefferspray gezückt. Das Übliche, sag ich jetzt mal fast… Die Demonstrant*innen versuchten entsprechend darum herum, Bilder zu machen, denn der Festgenommene schrie und mehrere Polizist*innen knieten auf ihm. Die Polizist*innen schleiften den Festgenommenen dann zwischen zwei etwas entfernt geparkte Polizeibullis und platzierten sich so darum herum, dass man kaum sehen konnte, was mit dem Festgenommenen passierte.

Ich habe dann meinen Ausweis gezückt und um Erklärung gebeten. Weiterhin bestand ich mehrfach und an unterschiedlichen Stellen darauf, zusehen zu dürfen, was mir bis zum Schluss verwehrt wurde mit der Begründung, das würde die “Maßnahme” stören. Der Demonstrant schrie und wimmerte. Gelegentlich gelang mir ein Blick auf die Szene, weil ich mich zwischen zwei Polizeiketten gedrängelt hatte. Ein Polizist kniete auf dem Kopf des Demonstranten, mehrere auf dem Körper. Vom Demonstranten sah ich vor Polizisten über ihm kaum etwas. Die Antworten der Polizist*innen auf meine Anmerkung, ich würde nichts sehen können, waren teilweise zynisch. Sie seien halt so breit.

Der Demonstrant wurde irgendwann in einen weiteren Polizeiwagen gebracht. Er soll verletzt gewesen sein, was indirekt ein Polizist auf Nachfrage bestätigte, weil er auf meine Frage, ob der Mann einen Arzt brauche und warum kein Krankenwagen vor Ort geholt würde, antwortete, im Gewahrsam sei ein Arzt. Es sei deshalb unnötig. (Dabei muss ich ergänzen, dass gefühlt die ganze Aktion sicher eine halbe Stunde ging und es deshalb durchaus möglich und m.E. notwenig gewesen wäre, einen Krankenwagen vor Ort hinzuzuziehen.)

Langer Rede, kurzer Sinn: Ich habe die Erfahrung, dass ich als Mandatsträgerin von solchen “Maßnahmen” ferngehalten werde, schon oft gemacht. Da wird dann so lange herumdiskutiert, bis alles vorbei ist. Man wird weggeschubst. Es wird behauptet, das sei zu meinem Schutz. Es wird behauptet, man müsse erst mit irgendwem im Einsatzzentrum sprechen usw.

Ich sehe das als große Gefahr an, weil da ein Raum ist für das Handeln von Polizist*innen, der sich jeder Kontrolle von Presse oder auch Mandatsträger*innen entzieht und der natürlich derart unbeobachtet Möglichkeiten für Missbrauch von Macht und Gewalt bietet.