Mit folgenden Änderungsanträgen zum Haushalt 2014 gehen wir in die 2. Lesung. Dietmar Schulz, Haushalts- und Finanzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion:
„Unsere Änderungsanträge konzentrieren sich auf eine transparente Politik, auf den Einsatz von Lernmitteln, die frei kopiert und verändert werden dürfen sowie auf die Themenbereiche Bildung und öffentlicher Personennahverkehr.
Die größte Umschichtung nehmen wir im Bereich der Bildung mit 102 Millionen Euro für den Erhalt der sehr erfolgreichen und notwendigen Schulsozialarbeit vor. Diese wurde bislang vom Bund finanziert. Die Mehrausgaben, die wir fordern, finanzieren wir durch das Streichen der Förderung im Atomkraftwerksbereich und durch Mehreinnahmen, die dem Land durch den Länderfinanzausgleich zufließen. Außerdem kalkulieren wir mit verringerten Ausgaben für Zinsen, die laut Finanzministerium durch die Absenkung des Leitzinssatzes möglich sind. Anders als SPD, Grüne und CDU geben wir damit klar an, womit wir unsere Ausgaben außerhalb einer zusätzlichen Neuverschuldung finanzieren; jedenfalls scheidet für uns als Finanzreservoir intransparente, globale Minderausgaben aus.
Weiterhin kritisieren wir erhebliche strukturelle Defizite des geplanten Landeshaushalts, die bis heute trotz kostenaufwändiger Beratung durch ein Effizienzteam nicht ansatzweise beseitigt wurden. Um den Haushalt mittelfristig auszugleichen, setzen wir u. a. auf das Schließen von konkreten, legalen Steuerschlupflöchern. Hierfür haben wir bereits den Antrag zu den Lizenzboxen eingereicht. Denn: Mit den rot/grünen Lippenbekenntnissen schließt man keine Finanzlöcher.“
Änderungsantrag #01:
„Spekulationsbremse“
Die Landesregierung hat nach dem Haushaltsgesetz die Möglichkeit, mit bis zu 2 Mrd. Euro pro Haushaltsjahr zum Zweck der Steuerung u.a. von Zinsänderungsrisiken zu spekulieren. Nach überzeugender Darstellung des Finanzministeriums hat sie diese Möglichkeit nur zu sinnvollen Umstrukturierungen und nicht zu Spekulationen im eigentlichen Sinn genutzt. Wir wollen die Möglichkeit erhalten, sinnvolle Umstrukturierungen durchzuführen, aber gleichzeitig vorsorglich die Möglichkeit beseitigen, dass das Land legal spekuliert. Auch Prof. Burghof, Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen, sprach in der Anhörung zum Haushaltsgesetz die Gefahr an, dass vor Wahlen oder im Zuge der Schuldenbremse ein Land mit Geldern spekulieren könnte, um vorgegebene Ziele doch noch zu erreichen.
Änderungsantrag #02
„Transparenz beim Verkauf von Landesimmobilien“
Ziel dieses Antrages zur Änderung des Haushaltsgesetzes ist es, das Verfahren beim Verkauf von Immobilien des Landes transparent zu machen – und zwar auch dann, wenn die Immobilie künftig sozialen Zwecken dienen soll. Dieser Antrag schreibt daher eine öffentliche Ausschreibung zwingend vor. Rot-Grün hatte 2013 einen Absatz im Haushaltsgesetz eingeführt, der den Verkauf von Landesimmobilien explizit ohne Ausschreibung vorsieht. Diese Regelung hat die rot-grüne Koalition zum Verkauf eines Grundstückes durchgesetzt, ohne dass plausibel dargelegt werden konnte, nach welchen Kriterien der Käufer den Zuschlag erhalten hat. Die Piraten stellen diesen Antrag gemeinsam mit der CDU-Fraktion.
Änderungsanträge #03 bis #05 – Kapitel 01 010
Technische Ausstattung zur audiovisuellen Übertragung
Um die Arbeit des Landtags für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer zu machen und damit das Verständnis für und das Interesse an Politik zu stärken, soll in allen fünf Fraktionsräumen im Landtag NRW die Möglichkeit geschaffen werden, Sitzungen audiovisuell live zu übertragen, aufzuzeichnen und dauerhaft über das Internet abrufbar zu machen. Die Menschen im Land sind im Schnitt 169 Minuten pro Tag im Internet unterwegs – das sind fast 3 Stunden täglich! In jedem Haushalt mit Internetanschluss sind über fünf internetfähige Geräte vorhanden. Diese Tür zum Bürger muss die Landespolitik nutzen, um die Bürger da abzuholen, wo sie sind: im Internet. Nur ein informierter Bürger kann sich an der Politik beteiligen. Für die notwendige Technik und den personellen Aufwand für den Einbau fordern wir im Haushalt 2014 insgesamt 285.000 Euro. Sollte man aus Kostengründen auf die Live-Veröffentlichung verzichten müssen, fordern wir mit unserem Änderungsantrag #04 eine zeitversetzte Veröffentlichung (230.000 Euro), bzw. mit unserem Änderungsantrag #05 eine Veröffentlichung ausschließlich mit Ton und nicht per Video (80.000 Euro).
Änderungsantrag #06 – Kapitel 03 020
Aufwendungen für Leistungen anderer IT-Dienstleister für ressortübergreifende E-Government-Infrastruktur
Die Bürger im Land brauchen eine NRW-Version der Bundesplattform www.GovData.de. Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW wird beauftragt, mit 250.000 Euro diese Open Data-Plattform als eine Open-Source-Variante zu erstellen. Dabei soll der Schwerpunkt darauf liegen, jeder Kommune eine eigene Instanz auf der Landesplattform zur Verfügung zu stellen bzw. eine Installation auf einem Server der jeweiligen Kommune zu ermöglichen.
Änderungsantrag #07 – Kapitel 05 020
Ausschreibung für Offene Lernmittel
Im März 2013 waren sich die Sachverständigen in der Anhörung des Ausschusses Schule und Weiterbildung einig: Der Einsatz digitaler Lernmaterialien unter freien Lizenzen ist unbedingt voranzutreiben – die Landesregierung soll die Nutzung freier Lernmaterialien in den Schulen des Landes unbedingt unterstützen. Es ist nur konsequent, dass wir für den kommenden Haushalt 800.000 Euro beantragen, mit denen die Produktion von Lernmitteln unter freier Lizenz angeregt werden soll. Denn aktuell laufen Lehrer tagtäglich Gefahr, zu Raubkopierern zu werden, sobald sie digitale Medien für den Unterricht nutzen.
Änderungsantrag #08 – Kapitel 05 020
Stiftung Partner für Schule NRW / Medienberatung NRW / „Medienpass NRW“
Die Landesregierung will die „Medienberatung NRW“ mit 174.600 Euro finanzieren. Wir beantragen, diesen Betrag um 67.975 Euro auf 242.575 Euro zu erhöhen. Dies ist der Betrag, der zwischen der Landesregierung und den Landschaftsverbänden im Kostenplan vereinbart ist. Die Erhöhung ist notwendig, um der wachsenden Bedeutung digitaler Medien an den Schulen gerecht zu werden.
Änderungsanträge #09 und #10 – Kapitel 05 390
Förderung von Schulträgern öffentlicher Grundschulen bei Investionen für den Ausbau des Gemeinsamen Lernens (Inklusion)
Ab dem Schuljahr 2013/2014 wird das „Gemeinsame Lernen“ von Kindern mit und ohne sonderpädagigischen Förderbedarfen in allen Grundschulen des Landes zum Regelfall. Wir fordern, dass die Schulträger mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden. Vielmehr müssen sie bei den erforderlichen Investitionen unterstützt werden. Als Sofortmaßnahme für einen erfolgreichen Start in das „Gemeinsame Lernen“ gilt es jetzt die Ausstattung aller Grundschulen zu verbessern, die bisher noch keine Kinder mit sonderpädagigischem Förderbedarf unterrichten. Dafür sollen für private Grundschulen 362.500 Euro bereitgestellt werden, für öffentlichen Grundschulen zusammen 17,5 Mio. Euro. Diese Summen entsprechen der Erhöhung der Investionsmittel, die das Land als Schulträger der staatlichen Schulen schon mit dem Haushalt 2013 mit Hinweis auf Mehrbedarfe im Zuge der Inklusion vorgenommen hat.
Änderungsantrag #11 – Kapitel 07 040
Kinder- und Jugendförderplan
Der Kinder- und Jugendförderplan teilt sich in verschiedene Förderbereiche sowie in Struktur- und Projektförderung auf. Die Gelder werden über die zwei Landesjugendämter verwaltet. Aufgrund der Form der Beantragung der Projektgelder kommt es nie zur Ausschüttung des gesamten Volumens des Kinder- und Jugendförderplans. Im Jahr 2012 blieben rund 5 Mio. Euro in diesem Haushaltstitel übrig. Um der Kinder- und Jugendhilfe den gesamten Betrag von rund 100 Mio. Euro zu Gute kommen zu lassen, ist es nötig, den Ansatz um 5 Mio. Euro zu erhöhen. So können die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe auch steigende Sach- und Personalkosten auffangen.
Änderungsantrag #12 – Kapitel 09 110
ÖPNV-Gutachten
Eine Anhörung zu Datenmaterial im Bereich Straßenverkehr und ÖPNV ergab: Viele Daten sind vorhanden, doch nicht zugänglich oder nicht miteinander verknüpft. Eine zuverlässige und durchgängige Aufbereitung, Zusammenführung und Ergänzung der Daten, z.B. durch die Verkehrszentrale bei Straßen.NRW, würde helfen, Verkehr gegenwartsgerecht und zukunftsfähig zu gestalten. Hierfür veranschlagen wir 200.000 EUR.
Änderungsantrag #13 – Kapitel 09 140
Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände für Vorhaben des Radwegebaus an kommunalen und überörtlichen Straßen
Der Ausbau eines inner- und interkommunalen Radschnellwegenetzes leistet einen wichtigen Beitrag, nachhaltige und vor allem schadstoffreduzierte Mobilität zu fördern. Der so formulierte Anspruch und die Planungen der Landesregierung brauchen eine entsprechende Berücksichtigung im Haushalt, die bisher gänzlich fehlt. Der Betrag muss als lohnende Investition in die Verkehrswende dauerhaft bereitgestellt werden.
Damit die Gemeinden nicht nachher die Kosten für die Planungen zu tragen haben, beantragen wir die entsprechende Mittelzuweisung, die etwaige Leistungen des Landes an Landstraßen ergänzt.
Änderungsantrag #16 – Kapitel 11 041
Zuschüsse des Landes zur Fortführung der Schulsozialarbeit
Die Schulsozialarbeit fungiert als professionelles Bindeglied zwischen Jugendhilfe und Schule und organisiert den Kontakt zu vielen weiteren Kooperationspartnern, Einrichtungen und Trägern. Durch die Schulsozialarbeit wird eine essentiell notwendige Arbeit für Kinder und Jugendliche und für Lehrer und Eltern geleistet, die an jeder Schule, unabhängig von der Schulform, und beim Ausbau von Ganztag und Inklusion dringend gebraucht wird. Diese Arbeit braucht Kontinuität und Qualität durch eine personell gut aufgestellte Schulsozialarbeit.
Änderungsantrag #17 – Kapitel 15 260
Zentrale Stelle Gesunde Kindheit
Die „Zentrale Stelle Gesunde Kindheit“ sammelt alle Daten der Teilnehmer an der Kindervorsorgeuntersuchung. Mit der Speicherung und Auswertung dieser Daten sollen Kindeswohlgefährdungen aufgedeckt werden. Der Erfolg dieser Maßnahme lässt sich weder quantitativ noch qualitativ nachweisen. Auch der vielseits geäußerte Nebeneffekt, dass dadurch die Teilnahme an der Kindervorsorgeuntersuchung steigt, ist nicht haltbar, da sich die Teilnahmequote an dieser Untersuchung in anderen Bundesländern auch erhöht hat – ohne vergleichbare Datensammlung. Die frei werdenden Mittel sollen an anderer Stelle sinnvoll – ohne Sammlung, Speicherung und Auswertung der sensiblen Daten – in den Kinderschutz investiert werden.
Änderungsanträge #18 und #19 – 20 020
Zuschüsse im Zusammenhang mit der geordneten Stilllegung des THTR 300 in Hamm-Uentrop
Langfristig wollen und müssen wir ohne Atomkraftwerke auskommen. Konsequent ist, die Zuschüsse und Verpflichtungsermächtigungen zu Gunsten von Atomkraftwerksbetreibern komplett zu streichen, wo dies nicht zweifelsfrei nach bestehenden Verträgen geboten ist.
Änderungsantrag #20 – 03 030
Flüchtlinge
Aufgrund der Zunahme von weltweiten Konflikten steigen auch die Flüchtlingszahlen in NRW. Seit vielen Jahren betreuen unterschiedlichste Beratungsstellen die ankommenden Flüchtlinge. Es gibt ein breites Angebot, das von der Asylverfahrensberatung bis zur psychologischen Betreuung von traumatisierten reicht. Durch die steigenden Zahlen wird eine Erhöhung des Ansatzes unumgänglich, um die hochwertige Beratung von Flüchtlingen auf dem gleichen Niveau wie in den vergangenen Jahren zu gewährleisten.
Änderungsanträge #21 und #22
Länderfinanzausgleich
Das Land NRW erhält durch den Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisungen voraussichtlich 60 Mio. Euro mehr, als im ursprünglichen Entwurf der Landesregierung vorgesehen, wie aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums hervorgeht.
Änderungsanträge #23 und #24
Zinsen
Die Ausgaben für Zinsen liegen nicht zuletzt wegen der Senkung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank voraussichtlich um mehr als 25 Mio. Euro niedriger, als aus dem ursprünflichen Entwurf der Landesregierung hervorgeht. Außerdem sind laut Finanzministerium keine Zuweisungen an die Beteiligungsgesellschaft des Landes NRW mbH mehr notwendig.