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Gastbeitrag von Alex Kohler und Dennis Wuffka

Panama Papers, Dunkle Machenschaften und warum wir Whistleblowerschutz brauchen!

Es ging gestern wie ein Erdbeben durch die internationale Presse: Unzählige hochrangige Politiker, Unternehmer, Funktionäre und sogar Spitzensportler sollen geheime Briefkastenfirmen in Übersee besitzen oder besessen haben.
Das Ziel solcher Machenschaften ist es meist, am Staat vorbei Geld außer Landes zu bringen und so eine nicht unerhebliche Menge Steuern zu sparen. Nicht selten dient es auch als geheimer Sparstrumpf im Falle einer Strafverfolgung im eigenen Land.

In der illustren Gruppe finden sich neben autokratischen Staatschefs wie dem neuen König von Saudi Arabien auch der argentinische sowie isländische Präsident. Gerade letzterer wird damit zur personifizierten Hybris, versuchte er sich doch öffentlich stets als gnadenloser Aufklärer der dunklen Geschäftspraktiken von isländischen Banken zu profilieren. Damit steht die gesamte isländische Regierungspartei vor einem massiven Glaubwürdigkeitsproblem.

Das ganze Ausmaß der Offshoreleaks ist noch nicht absehbar, jedoch zeigt der aktuelle Fall einmal mehr, dass wir – nicht zuletzt auch in Deutschland – mehr Transparenz in wichtigen Staatsämtern dringend brauchen. Auch dem Schutz von Whistleblowern sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn ohne diese hätten solch schwerwiegende Verstöße gegen Recht und Ordnung nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Die Piratenpartei ist hier die einzige Partei, die dies in ausreichendem Maße im Parteiprogramm berücksichtigt hat, und deshalb wiederholen wir unsere Forderung.

PIRATEN - BUNDESVORSTAND - STEFAN KOERNER - FOTO be-him CC BY NC ND
PIRATEN – BUNDESVORSTAND – STEFAN KOERNER – FOTO be-him CC BY NC ND

Stefan Körner, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland:

»Die Piratenpartei fordert einen effektiven Schutz von Whistleblowern, damit das Aufdecken von Missständen nicht zu einer Gefahr für den Hinweisgeber wird. Dies ist nur mit einem eigenen Gesetz möglich. Dass ein solches Gesetz notwendig ist, zeigt nicht zuletzt der Fall von Chelsea Manning, die in den USA wegen der Weitergabe von geheimen Dokumenten über Folter durch US-Streitkräfte in den USA in Haft sitzt.«

Die internationale Recherchegruppe um die Süddeutsche Zeitung, konnte mit ihren 400 Journalisten bisher nur die Spitze des Eisberges analysieren. Der Datensatz ist einfach zu umfangreich mit einer Größe von 2,6 Terabyte Daten, 11,5 Millionen Dokumenten, 214.000 Briefkastenfirmen.

Dies führt schon jetzt zu einigen politischen Verwerfungen, im eingangs erwähnten Island ist die Regierungskoalition schon seit Längerem in den Umfragen hinter die Piratenpartei gerutscht.

 

 

 

Die Frage ist nun, wie geht es insgesamt weiter:

· Wie kann unabhängiger investigativer Journalismus in Zeiten des Internets gefördert werden?

· Welche Konsequenzen werden sich international aus diesem Leak ergeben?

· Wie können Whistlebower noch besser geschützt werden?

· Wie kann man soche Finanzakrobatik schon im Vorfeld verhindern?

· Wie kann investigativer Journalismus gestärkt werden?

· Wie kann man durch diese gewaltige investigative Rechercheleistung nachhaltige Änderungen ermöglichen?

 

PANAMA + FREEPIK - CC BY SA
PANAMA + FREEPIK – CC BY SA

 

  1. No Such Agency

    Was eine Begeisterung für einen Leak, bei dem es nun um Vermögende geht, um Flüchtlinge, um Wirtschaftsflüchtlinge.

    Als die Steuersünder CD in NRW gekauft worden ist, haben die Piraten den Minister noch angezeigt.
    http://www.welt.de/politik/deutschland/article108663412/Steuer-CD-Piraten-zeigen-Finanzminister-an.html

    Sich darüber aufregen, dass jemand wie die NSA jemanden abschnorchelt, sich aber dann über das Ergebnis freuen, dass man aus der Abschnorchelei etwas verwertbares finden konnte.

    Heute stellen sich die PIRATEN in den Schatten der NSA und sonnen sich am Ergebnis und fordern mit viel Ironie mehr Datenschutz. Es kommt wohl darauf an, wen die NSA mit ihren Daten anprangern kann. Die NSA, kann also ganz legitim Daten sammeln, diese jemandem zuspielen und sich dann auch noch auf einen Whistleblowerschutz freuen.

    Die MEP Reda hat ein ähnliches Problem mit dem VW Dieselgate. Darf der Staat Software knacken, um an Betriebsgeheimnisse zu gelangen? Ist sowas wie das iPhone bei Apple.
    http://www.reuters.com/article/us-apple-encryption-letter
    The Federal Bureau of Investigation has assured law enforcement across the United States that it will help unlock mobile devices such as iPhones involved in investigations when it is allowed by law and policy.

    • die NSA mit Wistleblower auf eine Stufe zustellen ist sehr weit hergeholt. Die NSA schnorchelt Daten zur Überwachung, Manipulation und zum Schaden der Zivilgesellschaften ab. Wistleblower decken diese nur auf und wollen damit Zivilgesellschaften stärken.
      Dass sich die PIRATEN im Schatten der NSA stellen und sich sonnen sehe ich nicht so, und die Piraten auch nicht.

      mit piratischen grüssen tomas

    • Seepferdchen

      Hey beruhigt euch mal wieder Leute. Haben wir wirklich je daran gezweifelt, dass das, was hier exemplarisch in einem 2.6 TB umfassenden Dokumentenstapel aufgedeckt wurde, tatsächlich stattfindet?

      Überdies: JA – das Ganze ist zu 99% tatsächlich legal. Nimmt man die Sichtweise von Anwälten und nationale Gesetze hinzu, landet man vermutlich sogar bei 99.9%.

      Gegenfragen dazu:
      1. WER sorgt dafür, all` diese Machenschaften durch entsprechende Gesetze zu legalisieren?
      2. Ist alles, was legal ist, auch RICHTIG?
      3. Müssten nicht ein paar „WERs“ aus 1. ausgetauscht werden, um die Dinge zu ändern?

    • RealUlli

      Ich sehe das mal als ganz simpel an. Wenn der Minister eine illegal exportierte CD *kauft* ist das kein Whistleblowing sondern Gewinnerzielungsabsicht des „Whistleblowers“. Wenn ein Whistleblower die CD veroeffentlicht und dann eine (vorher ausgeschriebene) Belohnung einstreicht ist das etwas anderes.

      Die Aufregung wegen der Panama Papers ist aber vermutlich wirklich etwas scheinheilig – das ist kein Whistleblowing sondern Anrichten maximalen Schadens. Es gibt auch ziemlich viele gute Gruende warum man eine Briefkastenfirma im Ausland haben koennte, viele davon voellig legal. Und „Whistleblowing“ mit der Dokumentation voellig legaler Aktionen ist IMHO kein Whistleblowing sondern Rufschaedigung. Es gibt z.B. genug Piloten in Deutschland, die ihren fliegenden Oldtimer ausgeflaggt haben (z.B. nach England) um unsinnigen Vorschriften in Deutschland zu entgehen. Das ist voellig legal und wird in Fachzeitschriften auch manchmal empfohlen. Ob man dafuer eine Briefkastenfirma braucht weiss ich nicht.

      D.h. wenn ein Whistleblower eine illegale Machenschaft eines Einzelnen oder einer Organisation aufdeckt ist das Whistleblowing. Wenn er einfach wahllos mehr oder weniger brisante Daten in die Welt blaest ist das ein Verstoss gegen den Datenschutz, auch wenn vielleicht einige illegale Aktionen dadurch aufgedeckt werden koennten.

      IMHO haben die Panama Papers nichts mit Whistleblowing zu tun (oder nur recht wenig).

  2. wirdmandochnochsagendürfen

    Cameron hat es mit den Panorama Papers auch erwischt. Reuters so auf Twitter
    https://twitter.com/ReutersIndia/status/716965816701468672
    UK PM #Cameron’s spokeswoman says family investments are „private matter“ http://reut.rs/1qpMqHP #PanamaPapers
    Ein Kommentator dazu
    https://twitter.com/RasPi123/status/717066679008804864
    @ReutersIndia “Nothing to hide, nothing to fear”, eh, Dave?

    Ob das Finanzamt mit einer Steuererklärung zufrieden ist, auf der steht: Das ist meine ganz persönliche Angelegenheit, von der sie sich gefälligst fernzuhalten haben.

  3. ach was alles legal

    Das sind die Panama Trade Agreements, das TTIP für Deutschland. Die Geschäfte sind alle legal, nur halt angepaßt und außergewöhnlich. Es wird nichts anderes als Empörung geben, da alle Geschäfte rechtens verlaufen sind.
    https://www.reddit.com/r/SandersForPresident/comments/4ddijk/bernie_speaking_about_panama_tax_evasion_in_a/
    „Finally, Mr. President, let’s talk about the Panama Free Trade Agreement.

    Panama’s entire annual economic output is only $26.7 billion a year, or about two-tenths of one percent of the U.S. economy. No-one can legitimately make the claim that approving this free trade agreement will significantly increase American jobs.

    Then, why would we be considering a stand-alone free trade agreement with this country?

    Well, it turns out that Panama is a world leader when it comes to allowing wealthy Americans and large corporations to evade U.S. taxes by stashing their cash in off-shore tax havens. And, the Panama Free Trade Agreement would make this bad situation much worse.

    Und much worse heißt nunmal nicht gleich illegal. Alle anderen Länder werden vermutlich ähnliche Handelsabkommen mit Panama geschlossen haben und nicht nur Obama seit 2011.

  4. Wenn es stimmt, was die Journalisten von der SZ schreiben, dass eben 100te von diesen Profis an der Aufdröselung mitgearbeitet haben, dann ist es wahrlich kein Wunder, dass wir in dem Jahr, in dem sie an diesem Projekt saßen, um ein einziges Modell einer Briefkastenfirma aufzuarbeiten, (wir) nichts anderes in der Zwischenzeit an investigativem Journalismus zu lesen bekamen, weil halt alle Kräfte gebunden waren.
    Die haben doch selbst an den Steuerschlupflöcher-Gesetzestexten mitgeschrieben oder jene fertig vorgelet, kaum ein Parlament ist mehr an solcher Schreibarbeit beteiligt. Dann haben sie im Gesetz ein paar Passagen modernisiert, ihre Verträge bei der Briefkastenfirma angepasst und weiter gings. Man konnte dann sogar sagen, dass das Steuergesetz in der Legislaturperiode bereits angepasst wurde und blieb für die restliche Zeit mit weiteren Gesetzes/Vertragsveränderungen verschont.
    Selbst der Isländische Ministerpräsiden hatte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geschäfte, bis man ihm wohl hoch und heilig versicherte, er habe nichts zu befürchten. Was folgte war ein Rücktritt vom Rücktritt:
    https://twitter.com/rmilneNordic/status/717467131709952002/photo/1
    „Here’s the full email from Iceland’s government PR claiming prime minister did not in fact resign“
    Da braucht es noch ein paar Wärmezelte für die isländischen Demonstranten und gebt ihnen was anderes als Lebensmittel (Eier) zu werfen. Die harten Baumwollwattepads tun’s doch auch oder irgendwelche Softbälle, dann hat man zusätzliche Fitness.

    Die Panama Papers, das ist ein Werbe PR Stunt für Reiche Menschen, um sie davon zu überzeugen endlich solche Handelsvereinbarungen wie TTIP zu unterzeichnen. Die Firmen teilen sich, die Produktionsstätten gehen an Niedriglohnländer und die Steuern gehen an Briefkastenfirmen.

    Wenn es bei den Panama Papern um eines geht, dann um uns. Ein kleiner Teil von uns spitzt bereits heraus und pellt sich von den anderen. Oder glaubt einer tatsächlich, dass man einem Saudi Arabischen Königsgott Steuerhinterziehung vorwerfen könnte, nur weil er auch Briefkastenfirma spielen will. Das ist wie bei unserer Krankenversicherung, die kriegen Pickel, wenn die daran denken, sie müssen in die gleiche Kasse einzahlen wie ein Werkvertragsangestellter.
    Einer der auch in den Briefkastenfirmen sich tummelt, nicht zwangsläufig in den Panama Papers ist, ist Reservella. Sagt keinem was, was? Aber das ist die Gesellschaft, die z.B. The Pirate Bay finanziell unterstützt.
    https://torrentfreak.com/panama-papers-endanger-anonymity-of-pirate-sites-160405/
    „TorrentFreak spoke with several Pirate Bay insiders who confirm that Reservella should not appear in the Panama Papers, nor do they expect any other TPB-info to turn up from the leaked documents.

    Still, the privacy element will certainly have several other “pirate” sites worried that their owners may be exposed in the future. Thus far no public directory of names and companies have been released, but if that happens there is bound to be more panic.“
    Und es geht auch um Kim Dot Com, also vielmehr um seine Partner, die wohl auch auf „Off Shore“ machen.
    „In fact, Van der Kolk says that the reason to use an offshore company was to remain anonymous and hide their ties to Megaupload.
    “The British Virgin Islands are for companies what Mega is for files: privacy, at least as long as the information does not leak from the trust office!” Van der Kolk says.“

    Die sollen aus den Briefkastenfirmmodellen verschwinden, ihre Finanzen offenlegen, damit die Streamingportale und die Torrents und alles verschwinden.

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