Warum ein No-Spy-Gütesiegel für Hardware sinnlos ist

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

data-87148_640Der SPD-nahe Verein „Zentrum für digitalen Fortschritt” D64 e.V. fordert ein Gütesiegel für NSA-freie Hardware. Gesche Joost, Beiratsvorsitzende des D64 und EU-Internetbotschafterin der Bundesregierung verlangt, dass Hardware ohne ein solches Siegel nicht mehr in die EU eingeführt werden dürfe.

Diese Vorschläge enthüllen ein bestürzendes Ausmaß an Naivität.

US-amerikanische Unternehmen arbeiten schon seit Jahren mit den Nachrichtendiensten zusammen. Es bleibt ihnen nach dortiger Gesetzeslage gar keine andere Wahl, der USA Patriot Act und andere Gesetze räumen den Geheimdiensten weitgehende Rechte ein. Über Spionagemaßnahmen und Überwachungseinrichtungen zu reden wird den Unternehmen anschließend regelmäßig untersagt, dafür sorgt dann eine in den sogenannten National Security Letters enthaltene Gag Order.

Ein US-Unternehmen kann also durchaus dazu genötigt sein, ein solches Siegel wider besseres Wissen an ihre Produkte zu kleben.

Aber auch ohne Wissen des Unternehmens können Hintertüren eingebaut sein. Es können Sicherheitslücken vorhanden sein, die dem Hersteller nicht bekannt sind, über die die Experten der NSA aber im Bilde sind. Aus Unterlagen des Whistleblowers Edward Snowden geht hervor, dass die NSA-Spezialabteilung ANT solche Sicherheitslücken gezielt sucht, und Spionagewerkzeuge dafür baut. Selbstverständlich würde sie die Kenntnis über diese Lücken nicht preisgeben. Und selbstverständlich würde sie der zertifizierenden Stelle das niemals verraten.

Geschlossene Firmware lässt sich nicht prüfen

Hardware ist typischerweise mit Firmware ausgestattet, die öffentlich nicht zur Verfügung steht. Eine externe Stelle ist nicht in der Lage, solche Software gründlich auf Fehler oder Hintertüren zu überprüfen. Wie also soll ein vertrauenswürdiges Zertifikat entstehen?

Das Gütesiegel dieser Art ohnehin keine Sicherheit darstellen weiß man nicht erst seit dem Skandal mit fehlerhaften Brustimplantaten, die vom TÜV Rheinland zertifiziert waren.

Es gibt nur eine erfolgversprechende Lösung: Hardware muss mit einer offenen Schnittstellenbeschreibung übergeben werden. Firm- und Betriebssystemsoftware muss offen vorliegen. Nur so lässt sich die Funktionalität solcher Software prüfen. Nur so kann unternehmens- und damit geheimdienstunabhängige Firmware entstehen. Idealerweise bildet sich eine Open Source-Bewegung, die offene Firmware für diese Geräte schreibt. Code wird von vielen Augen begutachtet, Sicherheit wird öffentlich überprüfbar, Fehler werden schneller behoben. Gag-Orders sind nicht mehr möglich.

Open Source als Chance

Genau darin besteht eine Chance für europäische Unternehmen: Hardware mit offenen Spezifikationen vorlegen, Entwicklung und Support für open-source-basierte Firmware leisten, Systeme basierend auf solchen Komponenten bauen und anbieten. Mit steigendem Sicherheitsbewusstsein kann dieser Produktvorteil zu einem Wirtschaftsschub führen, der europäischen Unternehmen unmittelbar nutzt.

Paradoxerweise ist gerade der Heartbleed-Bug ein Beleg dafür, dass Open Source prinzipiell sicherer ist als geschlossene Software. Beim Heartbleed-Bug handelte es sich um einen schwerwiegenden Programmierfehler in der Open Source-Bibliothek OpenSSL, der das Auslesen von sensiblen Serverinhalten inklusive Benutzernamen und Passwörtern ermöglichte.

Nur weil es sich um ein quelloffenes Projekt war, konnte der Fehler von unabhängiger Stelle gefunden und so schnell behoben werden. Nur deswegen gelang die umgehende Information der Öffentlichkeit so gründlich. Das Auffinden von Fehlern ist kein Hinweis auf eine grundsätzliche Schwäche eines Systems, sondern das Zeichen eines erfolgreichen Tests.

Kein Vertrauen in No-Spy-Versprechen

Ein No-Spy-Siegel hingegen würde vermutlich ohnehin denselben Weg gehen wie der Wunsch Deutschlands nach einem No-Spy-Abkommen: Es wird von US-amerikanischer Seite schlicht ignoriert werden. Darüber hinaus würde es die Nutzer in trügerischer Sicherheit wiegen.

Der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla erklärte beeits im August 2013 den Spionageangriff westlicher Geheimdienste für beendet. Auch er setzte auf schriftliche Versicherungen, die er von US-amerikanischen Partnern erhalten hatte. Wie unfassbar falsch er damit lag, wissen wir mittlerweile. Es gibt guten Grund, solchen Garantien auch in Zukunft gründlich zu misstrauen.

Joachim Paul zum Wissenschaftsgesetz NRW

Veröffentlicht am von unter Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie (A10), Joachim Paul, Reden.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Top 10. Wissenschaftsgesetz NRW  (WissG)

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN
Unser Redner: Joachim Paul
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
Zusammenfassung des Antrags:

Das Wissenschaftsgesetz NRW soll den Hochschulen einen verbindlichen Rahmen für mehr Transparenz, Demokratisierung und Selbstverwaltung bieten. Außerdem steigert er die Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule, da die Mitarbeiter in den Landesdienst zurückgeholt werden. Eine weitere zentrale Forderung ist Open Access. Wer mit öffentlichen Geldern forscht, soll die Erkenntnisse dem Bürger zur Verfügung stellen. Der Gesetzentwurf stellt endlich wieder die Wissenschaftler in den Fokus.

 

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Protokoll der Rede von Joachim Paul

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke:

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 10 Wissenschaftsgesetz NRW (WissG)  Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5747 erste Lesung Ich eröffne die Aussprache und erteile jetzt für die antragstellende Piratenfraktion Herrn Kollegen Dr. Paul das Wort. Bitte, legen Sie los.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte zu dieser späten Stunde natürlich auch ein bisschen Zeit sparen, allerdings bin ich Fraktion und Partei an der Stelle etwas Detailliertes schuldig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten mit einem Zitat beginnen. Dieses Zitat stammt aus einer Erklärung eines Zusammenschlusses von 40 Studierendengruppen der Volkswirtschaftslehre aus 19 Ländern, mehr als die Hälfte davon aus der Europäischen Union, von Mai dieses Jahres auch Deutschland ist dabei : „Neben den für gewöhnlich gelehrten auf der Neoklassik basierenden Ansätzen ist es notwendig, andere Schulen einzubeziehen. Beispiele für diese Schulen sind die klassische, die post-keynesianische, die institutionelle, die ökologische, die feministische, die marxistische und“ man höre und staune! „die österreichische Tradition. Die meisten Studierenden der Volkswirtschaftslehre verlassen die Universität, ohne jemals von einer dieser Perspektiven auch nur gehört zu haben.“ Weiterlesen »

Michele Marsching zur Umsetzung der Kremser Erklärung

Veröffentlicht am von unter Kultur- und Medien (A12), Michele Marsching, Reden.

Donnerstag, 15. Mai 2014

 

Top 5. Kremser Erklärung mit Leben füllen: Transparenz herstellen, Bürgerbeteiligung  einführen, Open Data und Open Government vorleben

Antrag der Fraktion der PIRATEN

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses Drucksache 16/5786

Unser Redner: Michele Marsching
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung
Audiomitschnitt der kompletten Debatte anhören
Redebeitrag von Michele Marsching ab min. 20:45
Protokoll der Rede von Michele Marsching

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Wedel.  Für die Piraten spricht Herr Kollege Marsching.

Michele Marsching (PIRATEN): Vielen Dank.  Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Beim letzten Plenum haben wir einen Antrag zur Kremser Erklärung eingebracht, jenem Dokument, in dem sich der Landtag dazu verpflichtet, zu den bereits vorhandenen und ich möchte das noch einmal betonen recht zahlreichen und schon recht guten Maßnahmen noch mehr Anstrengungen in Richtung Open Government und Open Data zu leisten. Während der Vorbereitung des vorliegenden Antrags sind wir in unserer Fraktion mehrfach zu der Auffassung gelangt, dass die Landtagspräsidentin eine sehr zukunftsorientierte Frau ist. Weiterlesen »

Frank Herrmann zur Transparenz und Informationsfreiheit in NRW

Veröffentlicht am von unter Frank Herrmann, Kultur- und Medien (A12), Reden.

Donnerstag, 10. April 2014

 

Top 10. Gesetz zur Verwirklichung von Transparenz und Informationsfreiheit im Land Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN
Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses
Unser Redner: Frank Herrmann
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung

Audiomitschnitt der kompletten Debatte anhören

Audiomitschnitt der kompletten Debatte als Download

Protokoll der Rede von Frank Herrmann

 

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Wedel.  Für die Piraten spricht Herr Kollege Herrmann.

Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger am Livestream! Es ist ein bisschen schade, dass niemand von Ihnen zur Weiterentwicklung des Gesetzentwurfes beigetragen hat. Einen Änderungsantrag von Ihnen habe ich nicht gesehen, aber viel Kritik gehört. Der Landtag Nordrhein-Westfalen kann einen Meilenstein in Transparenz setzen, wenn er den vorliegenden Gesetzentwurf so annimmt. Weiterlesen »

Unsere Anträge im April-Plenum

Veröffentlicht am von unter Das Neueste, Homepage, Pressemitteilungen.

Mit Anträgen zu folgenden Themen gehen wir in das April-Plenum (9./10. April 2014): Partizipation auf Kommunalebene, Finanzierung der Entsorgung von Atomanlage, Evonik-Parteispendenaffäre, Cannabis legalisieren, Open Access im Hochschulgesetz, Transparenz und Informationsfreiheit in NRW, Bürgerbeteiligung im Landtag NRW einführen. Alle Anträge kurz zusammengefasst… Weiterlesen »

Antrag: Kremser Erklärung mit Leben füllen: Transparenz herstellen, Bürgerbeteiligung einführen, Open Data und Open Government vorleben

Veröffentlicht am von unter Anträge, Hauptausschuss (A05), Michele Marsching.

01.04.2014

Kremser Erklärung mit Leben füllen: Transparenz herstellen, Bürgerbeteiligung einführen, Open Data und Open Government vorleben

 

Urheber: PIRATEN
Drucksache 16/5479.pdf

Der Antrag wurde entsprechend der Beschlussempfehlung – Drucksache 16/5786 – mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der PIRATEN abgelehnt.

Energiewende – machbar und zukunftsweisend!

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Kai Schmalenbach, Persönliche Blogposts, Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk (A18).

(Ein Gastbeitrag von Thomas Blechschmidt und Dr. Michael Berndt sowie Jörg Dürre für die AG Energiepolitik)

 

Mussten dennoch zehntausende Bundesbürger auf die Straße, um für die
Energiewende zu kämpfen? Das ist ein Armutszeugnis für die
Regierenden!  Immer noch halten nach einer Umfrage des Bundesverband
der Energie- und  Wasserwirtschaft 89% der Bundesbürger die
Energiewende für „sehr  wichtig“ oder „wichtig“. Aber mehr als jeder
zweite ist der Auffassung,  dass die Energiewende „weniger gut“ oder
„gar nicht gut“ vorankommt[1].

Die  Piratenpartei fordert,  dass die Energiewirtschaft zu einem
dezentralen, transparenten,  umweltschonenden und nachhaltigem System
ausgebaut werden soll. Die  Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen
und Atomkraft ist durch den  Einsatz nachhaltiger, erneuerbarer
Ressourcen zu ersetzen. Das Ziel muss  dabei sein, preisgünstige und
umweltfreundliche Energie  bereitzustellen, um in Zukunft einen hohen
Lebensstandard und hohe  Lebensqualität zu ermöglichen [2].

Und nichts ist mittlerweile so  kostengünstig, wie die »Erneuerbaren
Energien« es sind:

So  ist z. B. die Braunkohleverstromung nur scheinbar günstig. Nach
eigenen  Angaben hat die RWE AG im Jahr 2013 den mit Braunkohle
erzeugten Strom  für durchschnittlich 5,1 ct/ kWh abgesetzt [3].
Hierzu kommen nach  Schätzungen des Umweltbundesamtes aber noch
Umweltkosten (durch  Schadstoffemissionen und Treibhausgase) in Höhe
von 10,75 ct/ kWh [4].  Damit ergäben sich gesellschaftliche
(volkswirtschaftliche) Kosten in  der Größenordnung 16ct/ kWh bei der
Braunkohlestromerzeugung. Dabei sind  die Beihilfen und
Steuervergünstigungen auf Kosten der Steuerzahler  noch gar nicht
eingerechnet. Dem gegenüber stehen Stromgestehungskosten  z.B. von
Windkraftanlagen an Land je nach Standort zwischen 4,5 und 10,7
ct/kWh [5] und Umweltkosten von 0,26 ct/kWh [4]. Auch mit
Photovoltaik-Freiflächenanlagen kann bei nachweisbaren Gesamtkosten
von 7-11 ct/kWh [4,5] der Strom bereits heute günstiger als mit Kohle
erzeugt werden. Ebenso werden zukünftig erforderliche Maßnahmen zur
Versorgungssicherheit den Strompreis nur geringfügig erhöhen:  Durch
das Vorhalten von Reservekraftwerken oder die Schaffung eines  neuen
sogenannten Kapazitätsmarktes – hier werden aktuell mögliche
jährliche Zusatzkosten von ca. 3 Mrd. € diskutiert [6] – würde bei
einem  Nettostromverbrauch von ca. 570 Mrd. kWh jährlich, der
Strompreis aus  Erneuerbaren Energien nur um lediglich weitere 0,5
ct/kWh steigen!

Die  Piratenpartei setzt sich für ein  Energiespeicherfördergesetz
ein, um ähnlich dem EEG, Investitionsanreize  zum Aufbau von
Stromspeichern zu schaffen, welche die dezentrale  Energieversorgung
unterstützen. Dabei ist darauf zu achten, dass die  Förderung einen
bedarfsgerechten Ausbau berücksichtigt [7].

Der  Ausbau der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung erspart
unserer  Gesellschaft aber nicht nur Kosten, sondern schafft
zusätzliche  hochwertige Arbeitsplätze. Im Jahr 2012 waren in der
deutschen  Braunkohleindustrie direkt und indirekt ca. 86.000 Menschen
beschäftigt  [8]. Es wurden 161 Mrd. kWh Strom erzeugt [9]. Im
gleichen Jahr waren im  Bereich der erneuerbaren Energien 377.000
Menschen beschäftigt [10] und  es wurden hier 144 Mrd. kWh Strom
erzeugt [9]. Also ein weiterer Grund,  möglichst schnell vom
Kohlestrom zum erneuerbaren Strom zu wechseln!

Beim  Strom erweist sich die Sorge um das Netz zunehmend als
unbegründet!  Denn bereits heute leisten unsere Stromnetze schon
vielmehr als ihnen  zugestanden wird: »…um den neuen
Herausforderungen durch die  Integration erneuerbarer Energien (Anteil
von 39 Prozent an der  Stromerzeugung) gerecht zu werden und
gleichzeitig eine sichere und  wirtschaftliche Stromversorgung zu
gewährleisten… müssen bis zum Jahr  2020/25 je nachdem, welche
Übertragungstechnik eingesetzt wird,  zusätzliche Trassen auf der
Höchstspannungsebene mit einer Länge von  1700 bis 3600 km gebaut
werden, bei gleichzeitiger Optimierung des  bestehenden
Verbundnetzes«, so die Studie der deutschen Energieagentur  (dena) aus
dem Jahr 2010, mit der immer noch neue Stromtrassen begründet  werden
[11]. Von den im Energieleitungsausbaugesetz (ENLAG)  vorgesehenen
neuen Stromtrassen von fast 1.900 Kilometern wurden bislang  jedoch
nur ca. 270 Kilometer (Stand November 2013) tatsächlich in  Betrieb
genommen [12]. Dennoch war der Anteil von erneuerbarem Strom  während
des Sturmtiefs „Xaver“ am 06. Dezember, einem industriellen
Arbeitstag, fast den ganzen Tag über genau diese 39% [13]! Und das
Netz  hat diesen Anteil verkraftet! Und auch z.B. im regionalen
Verteilnetz  der EON -Gesellschaft E.DIS AG „liegt der Anteil grünen
Stroms im  E.DIS-Netz heute schon bei rund 80 Prozent des gesamten
Netzabsatzes  [14].

Darüber hinaus sind längst deutlich abweichende Ansätze zur
Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Netze erarbeitet worden. Die
einfache Addition der Spitzenlasten aus den Standardlastprofilen
heraus  ergibt jedenfalls keine sachgerechte Grundlage für den Glauben
an die  Notwendigkeit der Höchstspannungsleitungen.

Hierzu Thomas Blechschmidt, Koordinator der AG Energiepolitik: »Auch
im Süden erweisen sich die Befürchtungen als unbegründet. Bei meinen
Besuchen der Leitstellen für die Überwachung der Übertragungs- und
Verteilnetze in Schwaben erhielt ich zur Frage nach dem Verhältnis von
verfügbarer Leistung zu maximal auftretendem Lastabruf die
Information,  dass einer höchsten je abgerufenen Last von 1.972 MW
glatt 5.000 MW  verfügbare Leistung in bayerisch Schwaben
gegenüberstehen. Wozu brauchen  wir also eine Höchstspannungstrasse?
Selbst nach Abschalten der beiden  AKW-Blöcke in Gundremmingen mit
2.688 MW haben wir noch ausreichend  Leistung im Land. Unser Netz hier
ist selbst bei Spitzeneinspeisung von  PV-Strom noch immer nicht
ausgereizt.«

Die  Energiewende muss solidarisch finanziert werden [15]! Heute
profitieren  2098 Unternehmen in Deutschland von der besonderen
Ausgleichsregelung  des EEG [16] mit einer geschätzten Befreiung von
der EEG-Umlage von mehr  als 5 Mrd. € [17]! Nach Berechnungen des
Bundesverbandes Erneuerbare  Energie e.V. betragen die reinen
Förderkosten für Strom aus Wind-,  Solar- und Bioenergie  sowie
Wasserkraft und Geothermie im nächsten Jahr  mit 2,54 ct/kWh nicht
einmal die Hälfte der EEG-Umlage von 6,4 ct/kWh  EEG-Umlage) [18].
Seit Jahren fordert die Piratenpartei, dass die Zahl  der von der
EEG-Umlage befreiten Unternehmen deutlich reduziert werden  muss! Nur
Unternehmen, die tatsächlich von den niedrigen Strompreisen
existenziell abhängig sind, sollen eine Reduzierung oder Befreiung
erhalten [15]. Denn heute müssen finanzschwache Familien mit ihrer
privaten Stromrechnung auch Tochterunternehmen von Konzernen wie z.B.
Shell, BAYER, BASF [16] über die EEG-Umlage subventionieren, die jedes
Jahr  Milliardengewinne erwirtschaften! Und wieso müssen diese
Familien 2,05  ct/kWh Stromsteuer bezahlen, die fast vollständig in
die deutsche  Rentenversicherung fließen [19]?

Doch Piraten denken weiter. Die Stromerzeugung mit Erneuerbaren
Energien ist nur ein Teil der Energiewende. Weitere wesentliche
Bereiche sind die Energieeffizienz bei Gebäuden und die
Elektromobilität.

Durch  die aktuelle Förderpolitik werden Technologien gefördert, die
mit  enormen Energieaufwand die vorletzten 10% Prozent Einsparung über
mehr  Wärmedämmung herausholen. Die Basismaßnahmen aber, die bereits
70% und   mehr Energieeinsparung bewirken, werden
unverständlicherweise nicht gefördert [20]. Eine Förderung
entsprechend der tatsächlichen Verringerung des  Primärenergiebedarfs
wäre richtig. Nennenswerte Förderung gibt es aber  erst ab Erreichen
von mindestens 70% der Standardwerte für Wärmebedarf [21]. Doch  diese
Förderung wiegt am Ende die Mehrkosten nicht auf. Zudem fehlt  eine
Verpflichtung der Vermieter auf Energieeffizienz. Der
„Energieausweis“ ist hier noch immer kein ausreichendes  Instrument.

Zu  wenig berücksichtigt wird bisher auch der Aspekt der
„energetischen  Amortisation“ von eingesetzten Materialien zur
Wärmedämmung. Der Energieaufwand bei der Herstellung von Dämmstoffen
ist beträchtlich: Für  1 m² PUR mit 10 cm Dicke z. B. werden 133 kWh
zur Herstellung benötigt.  Nicht gerechnet Anbringung, Verschnitt und
spätere Entsorgung. Dämmt  man ein Einfamilienhaus der 80er Jahre mit
250 m² Aussenfläche mit 10 cm  PUR – was bei einem Standardgebäude in
der Regel nicht ausreicht, um  die geforderte Norm zu erreichen – so
liegt der energetische Aufwand bei  einmalig 33.500 kWh für die
Dämmung. Bei einer Einsparung von ca. 7.200  kWh pro Jahr. Die
energetische Amortisation liegt also bei ca. 5  Jahren. Die
wirtschaftliche Amortisation liegt auch bei steigenden
Brennstoffkosten bei mehreren Jahrzehnten. Also die Energieeffizienz
zu fördern wäre richtig [22]!

Auch die Wärmeerzeugung läuft hierzulande leider noch immer vielfach
mittels Verbrennung fossiler Brennstoffe. Thomas Blechschmidt:
»Anstatt weiterhin den Mythos von der deutschen Vorreiterrolle in
Sachen Energieeffizienz und Energiewende zu hegen und zu pflegen, wäre
es aus Sicht der Piraten wesentlich bedeutender, die Anstrengungen
anderer Länder intensiv zu untersuchen und für die eigenen Länder in
Betracht zu ziehen!« Dänemark  und Schweden sind an dieser Stelle
schon weiter. Dort werden  Verbrennungsheizungen mit fossilen
Energieträgern nicht mehr neu  zugelassen und die Bestände abgebaut.
Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist in Dänemark die Regel,
Wärmepumpen sind auf dem Vormarsch und in Schweden in 95% der
Neubauten das Maß der Dinge [23]; [24]. »Auch  in den deutschen
Ländern wären Wasser-Wärmepumpen im Bereich der  flächigen Siedlungen
und „kalte Nahwärme“ oder ggf. heiße Nahwärme aus  KWK – an Stelle des
immer noch selbstverständlichen Einbaus von  Gasthermen – in Neubauten
ein Meilenstein in Richtung Energiewende. Die  Förderung wenig
effizienter  Luft-Wärmepumpen [25] ist einzustellen, um unnötigen
Stromverbrauch  einzudämmen. Schweden hat übrigens bereits seit den
90er Jahren eine  CO2-Steuer und dadurch keinen Schaden an seiner
Stellung als   Industrieland hinnehmen müssen«, so Thomas Blechschmidt
[26].

Zu einer erfolgreichen Energiewende gehört auch das Thema Elektromobilität.

Schon Anfang der 90er Jahre fuhren in Los Angeles Elektroautos (EV1)
mit einer Reichweite von ca. 200 km [27]. Warum schaffen die
Elektromobile der deutschen Autokonzerne dann im Jahr 2014 immer nur
noch Reichweiten von höchstens 190 km? Das Model S des amerikanischen
Herstellers  TESLA hingegen überzeugt heute schon seine Käufer durch
Reichweiten bis  500 km, die auch im Winter nur um ein moderates,
vertretbares Maß  absinken.

Die Piraten wollen die Chancen der Elektromobilität intensiv nutzen.
Die Jahresfahrleistung von privaten PKWs beträgt durchschnittlich nur
14.300 km [28], die problemlos elektrisch mit regenerativen Strom
zurückgelegt werden könnten: Bei  40 Millionen zugelassenen Fahrzeugen
mit einem  Gesamtkraftstoffverbrauch von 26,8 Mrd. Litern Benzin plus
9,8 Mrd.  Litern Diesel im Jahr 2008 [29] ergibt sich für die privaten
Haushalte  ein Primärenergieeinsatz von rund 41 TWh. Ganz Deutschland
verbraucht ca. 600 TWh Strom, davon 23% erneuerbar. Die gleichen
Fahrleistungen mit Elektrofahrzeugen ergeben höchstens einen
Strombedarf von 5,7 TWh. Die Elektromobilität bietet somit die Chance
zur Erreichung von Nachhaltigkeit im Verkehr zu günstigen Preisen.

Die teilweise in der Kritik stehenden Biokraftstoffe kosten für die
gleiche Strecke ungefähr das Doppelte gegenüber Ökostrom. Die
gleichberechtigte  Anrechnung von Fahrleistungen mit heimischem
Ökostrom auf die 10% Quote  könnte sogar zur Verminderung der EEG
Umlage genutzt werden [30]. Die  Piratenpartei befürwortet eine offene
Diskussion zu Kosten und der  zusätzlichen Anrechenbarkeit von
Ökostrom auf die sogenannte  Biokraftstoffquote, wie es bereits in der
EU Richtlinie vorgesehen ist.  Der Flächenverbrauch für Öko-
Verkehrsenergie könnte ganz nebenbei erheblich gesenkt werden, da
durch Solarstrom fast achtzig mal mehr Kilometer Reichweite von
gleicher Fläche zu erzielen sind.[31]

Deutschland hat heute noch immer ein Schienennetz, von dem lediglich
knapp 50% elektrifiziert sind – der Rest fährt mit Dieselkraftstoff
[32]. Unterschiedliche Antriebe führen zu vielen Lokomotivwechseln und
Rangierfahrten. Reststrecken oder Teilstrecken der Transportaufgabe
müssen mit Dieseltraktion gelöst werden. Ein durchgängig
elektrifiziertes Schienennetz würde eine deutlich höhere
Transportleistung ermöglichen. Da mit wäre die Bahn gegenüber dem LKW
öfter die bessere Wahl. Sämtliche westeuropäischen Nachbarn haben seit
Jahrzehnten die wichtigsten Strecken vollständig elektrifiziert. Wir
haben an dieser Stelle erheblichen Handlungsbedarf, denn eine
Elektrifizierung brächte wie beim Automobilverkehr eine erhebliche
Einsparung an Energie und Schadstoffemissionen und vermeidet Verkehr
auf Autobahnen.

Die Piratenpartei verlangt Rechtssicherheit für die Bürgerbeteiligung
an der Energiewende. Entscheidungen dürfen dabei nicht über die Köpfe
der Bürger hinweg getroffen werden. Der Vorrang von Eigeninitiativen
der Bürger vor staatlicher Vorwegnahme der Planungen soll
gewährleistet werden. Energiegenossenschaften und wirkliche
Bürgerbeteiligungsformen dienen dabei als wesentlicher Baustein der
Energiewende.

Die Piratenpartei fordert die Regierung und besonders den in der
Hauptverantwortung stehenden Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf,
die bisher so erfolgreiche Energiewende konsequent fortzuführen, statt
nun auf begonnenem Weg eine Kehrtwende zu vollführen. Die Belastung
der Eigenerzeugung erneuerbaren Stroms ist dabei zu unterlassen.

Wir Piraten kämpfen weiter für eine Energiewende in Bürgerhand!

Quellen:

[1] Pressemitteilung des BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. vom 11.02.2014
[2] Bundestagswahlprogramm der Piratenpartei Deutschland, Seite 55;
[3] RWE AG: Geschäftsbericht 2013, Seite 43;
[4] Umweltbundesamt: „Schätzungen der Umweltkosten in den Bereichen Energie und Verkehr“, August 2012, Seite 6;
[5] Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE: „Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien“, Studie Version November 2013, Seite 2;
[6] http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-11/subventionen-kraftwerke-diw
[7] Bundestagswahlprogramm der Piratenpartei Deutschland, Seite 57;
[8] Bundesverband Braunkohle: „10 Jahre Braunkohle als Wirtschaftsfaktor“; 
[9] AG Energiebilanzen;
[10] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,   Faltblatt: Erneuerbar beschäftigt!  Stand: Aug.2013, Seite 7;
[11] „dena Netzstudie II (November 2010)“;
[12] Bundesnetzagentur: Pressemitteilung vom 11.12.2013;
[13] EEX-Transparenzplattform, Gesetzliche Veröffentlichungspflichten der Übertragungsnetzbetreiber, Anzeigetag 06.12.2013
[14] E.DIS AG
[15] Bundestagswahlprogramm der Piratenpartei Deutschland, Seite 56; 
[16] Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle;
[17] Windkraft-Journal;
[18] Pressemitteilung des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. vom 04. September 2013:
[19] Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern;
[20] http://www.thomasblechschmidt.de/fakten-und-hintergrundinfos-zum-thema-waermedaemmung/
[21] https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestandsimmobilien/
[22] Informationen berechnet aus http://www.ivpu.de/pdf/oekobilanz.pdf  und frei verfügbarem Fachwissen.
[23] http://www.energiesparen-im-haushalt.de/energie/bauen-und-modernisieren/hausbau-regenerative-energie/energiebewusst-bauen-wohnen/emission-alternative-heizung/heizen-mit-erdwaerme.html
[24] https://www.lew.de/CLP/DOWNLOADS/PRODUKTINFOS/VDZ_BROSCHUERE_WAERMEPUMPEN_IM_NEUBAU.PDF
[25] http://www.bafa.de/bafa/de/energie/erneuerbare_energien/index.html
[26] http://www.arte.tv/de/co2-steuer-keine-einigkeit-auf-eu-ebene/2965384,CmC=2970712.html
[27] Dokumentation:“Warum das Elektroauto sterben musste  ...“
[28] http://www.motor-talk.de/news/nur-ein-prozent-faehrt-wirklich-viel-t4635782.html
[29] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/73902/umfrage/pkw—kraftstoffverbrauch-der-privaten-haushalte-in-deutschland/
[30] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:140:0016:01:DE:HTML EU Richtlinie 2009/28
[31] Potential interactions with the electricity supply (Deliverable 3). Flächenverbrauch auf S.50
[32] https://www.allianz-pro-schiene.de/presse/pressemitteilungen/2012/019-elektromobilitaet-deutschland-bei-bahn-elektrifizierung-mittelmass/

#Zensurheberrecht – Stellungnahme vom BMI

Veröffentlicht am von unter Das Neueste, Homepage, Leaks, Pressemitteilungen.

Bundesinnenminister de Maizière missbraucht Urheberrecht für Zensur

Das Bundesinnenministerium versucht sich an der Zensur: Innenminister de Maizière hat dem Open-Data-Projekt „www.FragDenStaat.de“ eine Unterlassungserklärung zustellen lassen, womit er die Veröffentlichung einer Stellungnahme aus „Urheberschutzgründen“ verhindern will. Piraten im Landtag unterstützen das Open-Data-Projekt und veröffentlichen auch diese Stellungnahme.

In der fraglichen Stellungnahme raten die Hausjuristen des  Innenministeriums bei der Änderung des Europawahlgesetzes von einer  Prozenthürde ab, da diese nach einem Urteil des  Bundesverfassungsgerichts vom November 2011 verfassungswidrig sei.  Entgegen dieser Stellungnahme beschloss der Bundestag im Juni 2013 eine  3%-Hürde für die Europawahl, die im Mai 2014 stattfindet. Die  Veröffentlichung dieses Widerspruchs zwischen interner Rechtsauffassung  und politischem Handeln möchte das Innenministerium nicht veröffentlicht sehen.

 

Daniel Schwerd, Netz- und Medienpolitischer Sprecher der Piratenfraktion:

„Schon wieder hat Minister de Maizière zugeschlagen: Er missbraucht den Urheberschutz, um eine staatliche Zensur durchzusetzen. Weiterlesen »