Anhörung Kunstverkäufe

Veröffentlicht am von unter Kultur- und Medien (A12), Lukas Lamla, Persönliche Blogposts.

Am 24. Februar 2015 wurden im NRW Landtag Experten aus der Kunstszene zur kulturpolitischen Bewertung von Kunstverkäufen aus landeseigenen Betrieben angehört. Die durch den Verkauf der beiden Warhol Bilder „Triple Elvis“ und „Four Malons“ im November 2014 begonnene Debatte, weitete sich nach Bekanntwerden von Plänen zur Veräußerung der Kunstsammlung der ehemaligen WestLB aus. Auch die Sammlung des WDR, die aufgrund der desaströsen Finanzlage der Sendeanstalt zur Disposition stehen soll, ist nun in den Fokus der Diskussion gerückt.
 
Die Kunsthistoriker Prof. Dr. Dieter Ronte (Bonn) und Prof. Dr. Gerd Blum (Kunstakademie Münster) sprachen über den Imageschaden, den das Land Nordrhein-Westfalen in jüngster Zeit durch den Verkauf von Kunst im öffentlichen Besitz erlitten hat. Man war sich einig, dass die verkaufsfreudige Haltung der Landesregierung gegenüber der Kunst aus landeseigenen Betrieben, im absoluten Gegensatz zum Geist des jüngst verabschiedeten Kulturfördergesetzes steht. 
 
Vielmehr  versuche man in Regierungskreisen die Diskussion aus der kulturpolitischen Debatte herauszuziehen und dem weniger ästhetischen, nur auf Kosten-Nutzen bedachten Finanzressort zuzuweisen. Prof. Barbara Welzel vom Verband deutscher Kunsthistoriker wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Protestbrief ihres Verbandes von der Staatskanzlei „zuständigkeitshalber“ an das Finanzministerium weitergeleitet worden ist. Dies zeigt, dass dieser Debatte seitens der Staatskanzlei und auch von Frau Kraft als Ministerpräsidentin, dass kulturelle, ästhetische Werte fast nur noch mit deren finanziellen Nutzen gemessern werden. Besonders pikant in dieser Hinsicht ist vor allem, dass der Protestbrief des Deutschen Künstlerbundes geänzlich unbeantwortet blieb. Der Ausschuss nahm dies zur Kenntnis und entschuldigte sich formell bei Frau Knobloch vom Deutschen Künstlerbund entsprechend. Was übrig bleibt, ist der Eindruck einer neuen Qualität von Missachtung von Kunst als zweckfreier, ästhetischer Wert durch die Landesregierung.
 
Die geladenen Experten waren sich bezüglich der finanzpolitischen Dimension der Debatte um die Kunstverkäufe einig, dass das kurzfristige kapitalistische Denken keinesfalls von ökonomischem Sachverstand gekennzeichnet ist. Prof. Dr. Blum von der Kunstakademie Münster wies darauf hin, dass ein Verbleib der Sammlung in NRW für die Öffentlichkeit als Standortfaktor einen ökonomischen Wert habe, der bisher verkannt worden ist. 
 
Doch jenseits des ökonomischen Wertes von Kunstwerken, hat vor allem Prof. Dr. Barbara Welzel von der TU Dortmund, auf die Frage nach möglichen Folgen des Verkaufs von Kunstwerken im öffentlichen Besitz klare Worte gefunden. In Zukunft wären wir aufgrund des Ausverkaufs künstlerischer und ästhetischer Werte massiven Traditionsverlusten ausgesetzt. Solche Verluste gab es bisher nur in Kriegszeiten.
 
Bazon Brock, Professor für Ästhetik und Kulturvermittlung, sagte, dass hier Gemeingüter, ästhetische Werte, kurz- und mittelfristigen Bedürfnissen der jeweiligen Kassenlage zum Opfer fallen. Das Gemeingut öffentlicher Kunstbesitz wird zur Handelsware degradiert. Vor allem, wenn ein Finanzminister die Bewertung von Kunstwerken als eine Aufgabe des Kunstmarktes ansieht und diese Verkäufe den Künstlern als Dienst zur Bewertung ihrer Werke anpreist. Hier wird laut Brock „die kapitalistische Logik mit der kabarettistischen vermählt“[1].
 
Am Ende des Hearings wurde von den Vertreterinnen der bildenden Künstler, Andrea Knobloch vom Deutschen Künstlerbund und Frederike van Duiven vom Bund Bildender Künstlerinnen und Künstler, die Zusammensetzung der Beteiligten am Runden Tisch des Kulturministeriums stark kritisiert. Künstlervertreter hatten zu Beginn der Planungsphase für den runden Tisch aus eigenem Antrieb Hilfe angeboten, sie wurden jedoch freundlich ausgeladen und darauf hingewiesen, dass die Debatte sie nicht direkt betrifft.[2] Beide Vertreterinnen der Künstlerverbände betonten, dass die Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern als Urheber bei dieser finanzpolitischen Debatte notwendig ist. 
 
Es bleibt am Ende zu hoffen, dass für den nächsten Termin des Runden Tisches die Künstlervertreter beteiligt werden. Genauso muss die Situation der WDR Sammlung mit in die Debatte um Kunst in öffentlicher Hand einbezogen werden.  
Zu guter Letzt bleibt zu würdigen, dass Frau Prof. Dr. Welzel die anwesenden Politiker eindringlich davor gewarnt hat, die Debatte um Kunstverkäufe aus öffentlicher Hand zur Parteipolitik zu machen. Sie forderte die Mitglieder des Kulturausschusses vielmehr dazu auf, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und dafür Sorge zu tragen, dass für den Kunst- und Kulturstandort NRW den Verbleib der Portigon-Sammlung für die Öffentlichkeit in unserem Land bedeutet. 
[1] Brock, Bazon: Stellungnahme Ausschuss für Kultur und Medien des Landes NRW „Kunst im Landesbesitz“, 24.02.2015. Stellungnahme 16/2613, S. 2
[2] Van Duiven, Frederike: Stellungnahme des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler in NRW e.V. zu Kunst im Landesbesitz. Hearing des Ausschusses für Kunst [sic!] und Medien am 24. 02. 2015. S. 2. Stellungnahme 16/2612
Unsere Position:

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH als zentraler Kooperationspartner der Landesregierung bei der Umsetzung der Eine-Welt-Strategie: Was kostet diese Zusammenarbeit das Land NRW wirklich?

Veröffentlicht am von unter Kleine Anfragen, Nico Kern.

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH als zentraler Kooperationspartner der Landesregierung bei der Umsetzung der Eine-Welt-Strategie: Was kostet diese Zusammenarbeit das Land NRW wirklich?

Kleine Anfrage 3159

Nicolaus Kern

Drucksache 16/7985

24.02.2015

Antwort MBEM Drucksache 16/8236  20.03.2015

Anhörung Abschiebungshaftvollzug – Warum?

Veröffentlicht am von unter Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Hier gibt es Antworten auf die Frage, wieso wir eine Anhörung zum Übergangsgesetz für den Abschiebungshaftvollzug beantragen

 

Was ist euer Problem mit dem Gesetzentwurf zum Abschiebungshaftvollzug? 

Es ist wichtig, gerade nach dem großen Flüchtlingsskandal rund um Burbach und der Situation in Flüchtlingsaufnahmeeinrichtungen sowie wichtiger gerichtlicher Entscheidungen zum Abschiebungshaftvollzug, einen humanen Abschiebungshaftvollzug in einem eindeutigen Gesetz zu formulieren. Dieser Verpflichtung ist die Landesregierung auch ein halbes Jahr nach der Schließung des ehemaligen Abschiebungshaftgefängnisses, der JVA Büren, nicht nachgekommen, sondern hat einen richtigen Gesetzentwurf verschleppt.

Obwohl längst absehbar war, dass auf eine Rückführung oder die Überstellung in ein anderes EU-Land wartende Abschiebehäftlinge nicht in normalen Gefängnissen festgehalten werden dürfen, befand sich in Büren bis zum 26. Juli 2014 Europas größtes Abschiebegefängnis; eine Einrichtung, in der seit 2010 nicht weniger als 5.000 Abschiebehäftlinge gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht wurden. Im Juli 2014 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Abschiebehäftlinge nicht in normalen Gefängnissen festgehalten werden dürfen, solange sie auf eine Rückführung oder die Überstellung in ein anderes EU-Land warten. Die  Landesregierung in NRW sah diese Vorgaben an eine spezielle Hafteinrichtung in der JVA Büren auch nach dem Urteil als erfüllt an und hielt zunächst am Standort Büren fest. Erst das BGH-Urteil vom 25. Juli.2014, dass die JVA Büren die Voraussetzungen einer speziellen Hafteinrichtung nicht erfüllt, veranlasste die Landesregierung, Flüchtlinge nach Berlin zu verlegen. Im Dezember 2014 legten die regierungstragenden Fraktionen dann einen Gesetzentwurf für ein Fünf-Paragrafengesetz vor, das die Wiederinbetriebnahme der ehemaligen JVA als spezielles Abschiebungshaftgefängnis vorschreiben soll, aber Fragen über die Ausgestaltung außen vor lässt. Die Landesregierung will zwar in einer Rechtsverordnung weitere Regelungen treffen, die aber außerhalb des Gesetzes stünden und es offen ließen, ob damit der Rechtsprechung der Gerichtshöfe Sorge getragen werden würde. Das Trennungsgebot zwischen Strafvollzug und Abschiebungshaftvollzug ist kein Selbstzweck, sondern muss in der Ausgestaltung des Vollzuges berücksichtigt werden. Dabei gilt wie so oft: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Deshalb wollen wir eine Anhörung beantragen.

Was sagt ihr zu den Vorwürfen, dass ihr jetzt zulasst, das Geflüchtete erst einmal weiterhin nach Berlin transportiert werden müssen statt in Büren untergebracht werden zu können?

Dass weiterhin Menschen in aufwendigen Transporten zwischen NRW und Berlin hin- und hergefahren werden müssen, finden wir schrecklich. Die Geflüchteten, die oft schon sehr viel durchgemacht haben, werden damit weiterem Stress ausgesetzt, den wir eigentlich verhindern wollen. Wir haben unsere Entscheidung gründlich überlegt und vorab viel darüber diskutiert.

Die Pläne der Landesregierung, schnell wieder in einer nicht fertiggestellten JVA Büren ohne entsprechende Standards und Regelungen an eine humane Abschiebungshaft, halten wir allerdings für grundlegend falsch. In dem Gesetzentwurf gibt es keine Ausführungen, wie den Standards entsprochen werden sollen. SPD und Grüne geben sich, der Landesregierung, einen Freifahrtschein. Die vergangen Monate haben gezeigt, dass wir in NRW noch weit weg von einem humanen und verantwortungsbewussten Umgang mit Geflüchteten sind.

Dazu passt auch, dass die Landesregierung von notwendigen (d.h. rechtlich notwendigen) Umbaumaßnahmen der ehemaligen JVA Büren in einer Höhe von 20 Millionen Euro ausgeht. Die Umbaumaßnahmen können damit bis zur geplanten Inbetriebnahme im April dieses Jahres nicht ansatzweise umgesetzt worden sein.

Nichtsdestotrotz hätten wir uns auf einen Kompromiss eingelassen, der unsere Sorgen zwar nicht auflöst, aber das Potenzial hätte, sie zu mindern. Wir fordern einen starken Beirat, der die Einhaltung der Standards und rechtlichen Anforderungen kontrolliert, den Schutz besonderer Schutzbedürftiger überprüft und die Umbaumaßnahmen begleitet. Der Beirat würde als Sprachrohr der Flüchtlinge für Öffentlichkeit sorgen, wäre sie benötigt.

Habt ihr einen Kompromissvorschlag?

Wenn es um Menschen und schwere Schicksale geht, sind Kompromisse kaum machbar.

Wir finden es schlechten Stil, dass die Landesregierung trotz vieler Anzeichen und Gutachten vor dem BGH-Urteil und weiteren sechs Monaten nach dem Urteil des BGH nicht in der Lage war, einen vollumfänglichen, den Anforderungen gerecht werdenden Gesetzentwurf vorzulegen, um dann festzustellen, dass es angeblich kurzfristig eines unausgegorenen Übergangsgesetzes bedarf.

Nichtsdestotrotz hätten wir uns vor dem Hintergrund der Transporte nach Berlin auf ein Übergangsgesetz eingelassen, wären Regelungen zur Sicherstellung hoher Standards eingebracht worden, die unsere Zweifel an der sachgerechten Ausgestaltung wenn nicht verschwinden lassen, zumindest mildern können.

Gibt es keine bessere Einrichtung als eine ehemalige Justizvollzugsanstalt?

Die Landesregierung gibt an, dass sie die möglichen Liegenschaften geprüft hätte und dabei Büren die beste Wahl gewesen ist. Es sind allerdings auch nur ehemalige JVAs geprüft worden. Das halten wir für falsch. Eine andere Möglichkeit wäre, eine Anlage komplett nach hohen Standards und gerichtlichen Erkenntnissen neu zu bauen. So etwas ist aber gar nicht in Erwägung gezogen worden. Mit einem kurzfristigen Übergangsgesetz werden wir den Standort Büren ohne große Debatte als Abschiebungshaftanstalt zementieren.

Seid ihr nicht gegen Abschiebungshaft? Warum lehnt ihr das Gesetz dann nicht einfach ab?

Wir Piraten sind gegen Abschiebungen und gegen Abschiebungshaft – das ist klar. Wenn wir das Übergangsgesetz ablehnten, würde es ohne juristische Prüfung von den regierungstragenden Fraktionen angenommen. Ohne eine intensive Debatte darf dies nicht passieren.

Würde es nicht ausreichen, die Exekutive zur Verordnung über die Abschiebungshaft zu ermächtigen?

Nein! Die Landesregierung (= Exekutive) hat ihren Vertrauensvorschuss in Hinblick auf Flüchtlingspolitik zunächst einmal aufgebraucht. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, die Exekutive zur Rechtssetzung zu ermächtigen. Damit wird jedoch die Legislative (= Parlament) auf eine nachträgliche Kontrolle beschränkt und hat keine Möglichkeit, auf das Rechtssetzungsverfahren Einfluss zu nehmen. Das halten wir angesichts der bisherigen Erfahrungen bezüglich der Landesregierung in Hinblick auf Flüchtlings- und Integrationspolitik für keinen gangbaren Weg. Das Mindeste, was wir hätten erwarten dürfen, wäre nach immerhin bald einem halben Jahr die Vorlage zumindest eines Referentenentwurfs bzgl. einer entsprechenden Verordnung gewesen. Diese Zeit hat die Landesregierung nicht genutzt, sondern trotz der erkannten Notwendigkeiten glatt verschlafen. Ein ordentliches parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren erscheint unter diesen Bedingungen unausweichlich, zumal die Regierungskoalition aktuell die als Kompromiss vorgeschlagene Einrichtung eines Beirats für die Abschiebeeinrichtung der ehemaligen JVA Büren rundheraus abgelehnt hat.

 

Änderungsantrag zum Gesetzentwurf
„Gesetz über den Vollzug der Abschiebungshaft in Nordrhein-Westfalen (Ab-schiebungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – AHaftVollzG NRW)“
Drs. 16/7545