Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 41 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zum Vorgehen der nordrhein-westfälischen Landesregierung und ihrer Sicherheitsbehörden im Fall des islamistischen Attentäters Anis Amri („Untersuchungsausschuss Fall Amri“)

Veröffentlicht am von unter Anträge.

Antrag

der Fraktion der CDU

der Fraktion der PIRATEN

I. Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

Der Landtag Nordrhein-Westfalen setzt einen aus 12 stimmberechtigten Mitgliedern und einer entsprechenden Zahl von stellvertretenden Mitgliedern bestehenden Untersuchungsausschuss ein.

Die Verteilung der zu vergebenden Sitze im Untersuchungsausschuss erfolgt folgendermaßen:

SPD                                                  5 Mitglieder

CDU                                                  3 Mitglieder

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN        2 Mitglieder

FDP                                                   1 Mitglied

PIRATEN                                         1 Mitglied

II. Sachverhalt

Am 19. Dezember 2016 verübte der tunesische Staatsbürger Anis Amri auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz ein verheerendes Attentat, indem er einen Lastkraftwagen in die Menschenmenge steuerte. Zwölf Menschen kamen ums Leben, mehr als 50 wurden teils schwer verletzt. Der Attentäter selbst wurde nach seiner Flucht über die Niederlande in den frühen Morgenstunden des 23. Dezember 2016 von Einsatzkräften der italienischen Polizei nahe der Stadt Mailand erschossen. Im Fall Amris handelt es sich um den folgenschwersten islamistischen Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die zentralen Fragen, die sich für die Angehörigen der Opfer, die Öffentlichkeit und die Politik nach dem Attentat stellen, sind: Hätte der vollziehbar ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerber Amri vor dem 19. Dezember 2016 festgesetzt und so von seinem Anschlag abgehalten werden können? In wessen Verantwortung hat es gelegen, Maßnahmen zur Festsetzung Amris zu ergreifen?

In diesem Zusammenhang ist Nordrhein-Westfalen in das Zentrum der bundesweiten Debatte über den Fall Amri und die Innere Sicherheit gerückt. Ursächlich dafür ist die Tatsache, dass es sich bei Amri um einen behördenbekannten, ausreisepflichtigen islamistischen Gefährder handelte, gegen den mehrere Ermittlungsverfahren anhängig gewesen sind und für den die nordrhein-westfälischen Behörden in mehrfacher Hinsicht die Zuständigkeit hatten. Dies ist einer von Bund und Ländern einvernehmlich erstellten Chronologie zum Behördenhandeln im Fall Amri sowie den Dokumenten der bisherigen Aufarbeitung im Bundestag sowie im Berliner Abgeordnetenhaus zu entnehmen.

Der Chronologie nach wurde die Ersteinstufung von Amri als Gefährder am 17. Februar 2016 vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen vorgenommen. Nachdem Amri ab 10. März 2016 für zwei Monate in Berlin als Gefährder geführt wurde, erfolgte seine Wiedereinstufung als Gefährder in Nordrhein-Westfalen am 10. Mai 2016. Zudem waren es nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18. Januar 2017 die nordrhein-westfälischen Behörden, die Amri am 13. Oktober 2016 als sogenannten „Foreign Fighter“ in das INPOL-System eingetragen haben.

Der Chronologie ist ebenfalls zu entnehmen, dass Amri am 18. August 2015 durch die Bezirksregierung Arnsberg dem Ausländeramt Kleve und von dort aus der Stadt Emmerich zugewiesen wurde. Seinen Asylantrag stellte Amri am 28. April 2016 in der BAMF-Außenstelle Dortmund. Am 30. Mai 2016 erfolgte der Bescheid des BAMF, der den Antrag als offensichtlich unbegründet ablehnte. Seit dem 11. Juni 2016 hatte der Asylbescheid Bestandskraft, womit Amri vollziehbar ausreisepflichtig war. Zuständig für den Vollzug war bis zum Dezember 2016 die Ausländerbehörde in Kleve, ab Mai 2016 unter Federführung des LKA Nordrhein-Westfalen. So erklärte der Staatssekretär des Berliner Innensenators, Torsten Akmann, in der Sondersitzung des Innenausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses am 21. Dezember 2016: „Folgerichtig stufte dann das LKA Nordrhein-Westfalen Amri am 10. Mai 2016 aufgrund der Erkenntnislage auch wieder als Gefährder ein, und das war der Fall sozusagen bis zum heutigen Tage. Es wurde dann damals mit dem Bundeskriminalamt auch vereinbart, dass sich das LKA Nordrhein-Westfalen dringlich um eine Abschiebung des Amri kümmern sollte und sämtliche ausländerrechtlichen Maßnahmen auch initiieren und koordinieren sollte.“ (Protokoll, S. 10). Diese Vereinbarung wurde in den Sitzungen des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) zu Amri am 15. Juni, 19. Juli, 19. August 2016 und 2. November 2016 bestätigt. In der Sitzung vom 19. Juli wurde explizit festgehalten, dass das MIK NW die Passbeschaffungsmaßnahmen zusammen mit der ABH Kleve prioritär durchführt.

Es hat zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen diverser Straftaten gegen Amri im Laufe seines Aufenthalts in Deutschland gegeben. Dazu gehören Verfahren wegen Delikten wie besonders schwerer Diebstahl, Körperverletzung, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Urkundenfälschung und Leistungsbetrug. Bei einer Zusammenführung der Ermittlungsverfahren zu einem Sammelverfahren wäre es auf dieser Entscheidungsgrundlage unter Umständen möglich gewesen, Amri in Untersuchungshaft zu nehmen. Die Chronologie des Bundes und der Länder hält in einem Eintrag für den 13. April 2016 fest: „LKA NW prüft in Abstimmung mit dem LKA BE bzw. der GStA Berlin die zeitnahe Vorlage der verdichteten Erkenntnisse zu den verschiedenen ausländerrechtlichen Aufenthalten und Anmeldungen des AMRI bei einer zuständigen Staatsanwaltschaft. Ziel soll in diesem Zusammenhang die Prüfung der Einleitung eines Strafverfahrens wegen gewerbsmäßigem Betruges und fortgesetzter mittelbarer Falschbeurkundung sein, um in diesem Verfahren ggf. eigenständige prozessuale Maßnahmen ergreifen zu können.“

Diese Sachverhalte machen deutlich, dass die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden nicht nur ausländerrechtlich für Amri zuständig waren. Ihnen kamen ebenso Zuständigkeiten bei der Führung Amris als Gefährder und seiner strafrechtlichen Verfolgung zu. Seit Bekanntwerden der Täterschaft Amris wurden in der Öffentlichkeit mehrere Möglichkeiten erörtert, auf welchem Wege die nordrhein-westfälischen Behörden den späteren Attentäter im Vorfeld des Anschlags hätten festsetzen oder seinen Aktionsradius erheblich einschränken können:

  • Auferlegung polizeilicher Meldeauflagen gem. § 8 Abs. 1 PolG NRW.
  • Anordnung von Untersuchungshaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens.
  • Ausweisung nach §§ 53 ff. AufenthG.
  • Abschiebungsanordnung nach § 58 a AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3, Satz 1, Nr. 1 AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3, Satz 1, Nr. 2 AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3, Satz 1, Nr. 5 AufenthG.

Der nordrhein-westfälische Innenminister und sein Ministerium vertreten bisher den Standpunkt, dass keine der oben genannten Möglichkeiten umsetzbar gewesen sei. Meldeauflagen wären im Falle Amris nutzlos gewesen und hätten befürchten lassen, dass er „sein konspiratives Handeln nochmals verstärken würd[e], und dass er abtauchen und seine Bewegungen, Kontakte sowie Kommunikation in höchstem Maße verschleiern würde.“ (Bericht des Landesinnenministeriums an den Innenausschuss vom 16. Januar 2017, S. 10). Die Anordnung von Untersuchungshaft wäre, so die Argumentation, im Verfahren gegen Amri wegen Leistungsbetrugs unverhältnismäßig gewesen. Für eine Ausweisung Amris hätten die gerichtsverwertbaren Erkenntnisse hinsichtlich der Gefährdung nicht vorgelegen. Für eine Abschiebehaft hätten zwar Haftgründe vorgelegen, gleichzeitig jedoch auch der Ausschlussgrund, dass es angesichts der bisherigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den tunesischen Behörden ausgeschlossen gewesen sei, die Abschiebung innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Fristen durchführen zu können. An diesen Einschätzungen hat sich mannigfaltige Kritik entzündet. Zahlreiche Rechtsexperten und der Bundesminister des Innern haben die Darstellung der nordrhein-westfälischen Landesregierung deutlich zurückgewiesen. Die Darstellung des nordrhein-westfälischen Landesinnenministers sowie der Ministerpräsidentin, man sei bei der versuchten Festsetzung Amris „an die Grenze des Rechtsstaats“ gegangen, wurde ebenfalls von verschiedenen Seiten zurückgewiesen, so etwa vom Deutschen Richterbund. Dessen Vorsitzender Jens Gnisa erläuterte gegenüber der Rheinischen Post (1. Februar 2017): „Ich finde es wenig fair von Innenminister Jäger, so zu tun, als würden die Gerichte unüberbrückbare Hürden für Abschiebungshaft herstellen.“ Wenn die Behörden keine Haft beantragten, seien den Gerichten die Hände gebunden.

Neben der Frage, inwieweit das Handeln der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden vor dem Anschlag in Berlin unzulänglich und fehlerhaft war, ist auch der Umgang der Landesregierung mit dem Fall Amri nach Bekanntwerden seiner Täterschaft in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Die offiziellen Darstellungen der Ministerpräsidentin, des Innenministers und seiner leitenden Beamten zu folgenden Aspekten des Falles Amri haben zahlreiche Widersprüche und Fragen aufgeworfen:

  • Ablauf des Passersatzverfahrens und der diesbezüglichen Kommunikation der nordrhein-westfälischen Behörden mit den zuständigen tunesischen Stellen;
  • Informationsaustausch zwischen dem Innenministerium, den Landesoberbehörden und den untergeordneten Stellen;
  • Ablauf der Ermittlungsverfahren gegen Amri bei den betreffenden nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften;
  • mögliche Zusammenführung der Verfahren zu einem Sammelverfahren;
  • Rolle des Innenministeriums und der Ausländerbehörde Kleve im Rahmen der Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg;
  • Einschätzung der Gefährlichkeit Amris;
  • Kommunikation, Aufgabenteilung und Lageeinschätzungen im GTAZ und der Sicherheitskonferenz (Siko) NRW;
  • Wechsel des Lebensmittelpunktes Amris im Jahr 2016 und Zuständigkeiten der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden;
  • Kontakte zwischen nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden und Anis Amri zur Informationsgewinnung über die islamistische Szene.

Ebenfalls stellt sich die Frage, ob ein möglicher Geheimnisverrat aus nordrhein-westfälischen Sicherheitskreisen Auswirkungen auf das Fluchtverhalten Amris und damit den Fahndungserfolg der deutschen Behörden nach dem Attentat hatte. Verschiedene Informationen deuten darauf hin, dass Amri auf seiner Flucht über Nordrhein-Westfalen in die Niederlande gelangt ist. So soll nach Medienberichten ein vom BKA als glaubwürdig eingeschätzter Zeuge Amri am 21. Dezember 2016 morgens um 7.00 Uhr nahe seiner Flüchtlingsunterkunft in Emmerich gesehen haben. Nach verschiedenen Presseberichten sollen im Laufe des Vormittags desselben Tages in einem Internetcafé in Emmerich Nachrichten vom persönlichen Email-Account Amris versandt und der persönliche Facebook-Account Amris gelöscht worden sein. Um 11.30 Uhr wurde Amri schließlich von Kameras auf dem Bahnhof von Njmwegen, 40 Kilometer von Emmerich entfernt, gefilmt. Informationen über anstehende Maßnahmen der Polizei sollen ausweislich von Agenturmeldungen bereits am Vormittag von „Sicherheitskreisen“ in Nordrhein-Westfalen an Medien weitergegeben worden sein. Ermittlungen wegen Geheimnisverrats hat der Landesinnenminister nach eigener Aussage im Innenausschuss des Landtags weder bisher eingeleitet noch für die Zukunft geplant.

Die Menschen in Deutschland schauen im Fall Amri seit Wochen auf Nordrhein-Westfalen und seine Verantwortungsträger. Der Landtag ist es den Opfern des bisher verheerendsten islamistischen Terroranschlags auf deutschem Boden schuldig, für eine gründliche Aufklärung des Falls zu sorgen. Nur so können wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat wiederherstellen und aus den Fehlern der Vergangenheit wichtige Lehren für den Kampf gegen Terrorismus ziehen.

III. Untersuchungsauftrag

Der Ausschuss erhält den Auftrag, mögliche Versäumnisse, Unterlassungen, Fehleinschätzungen und etwaiges Fehlverhalten der Landesregierung, einschließlich des Ministeriums für Inneres und Kommunales, des Justizministeriums und der Staatskanzlei, und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Sicherheits-, Justiz-, Kommunal- und sonstigen Behörden im Land Nordrhein-Westfalen beim Umgang mit dem tunesischen Islamisten Anis Amri, seinem Umfeld und möglichen Unterstützern vor dem Anschlag in Berlin am 19. Dezember 2016 sowie im Hinblick auf die Reaktionen von Mitgliedern der Landesregierung, innerbehördliche und inner- und interministerielle Informationsflüsse und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Kommunikation gegenüber dem Parlament aller beteiligten Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen nach dem Anschlag zu untersuchen.

IV. Untersuchungszeitraum

Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich auf den Zeitraum vom 6. Juli 2015, dem Tag der Erstfeststellung des Aufenthalts von Amri in Deutschland durch die Polizei Freiburg, bis zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses.

V. Fragenkomplexe

Im Rahmen seines Untersuchungsauftrages hat der Untersuchungsausschuss insbesondere, aber nicht ausschließlich, die nachfolgend aufgelisteten Fragenkomplexe aufzuklären:

1) Möglichkeiten der Festsetzung Amris

 a. Was hielt den nordrhein-westfälischen Innenminister und seine Behörden davon ab, im Fall Amri eine Sicherungshaft zumindest richterlich prüfen zu lassen?

b. Warum wurde die Prognose über die zu erwartende Dauer der Abschiebung nicht zu verschiedenen Zeitpunkten im Passersatzverfahren erneut durchgeführt?

c. Welcher zusätzlichen Erkenntnisse über den Radikalisierungsgrad Amris und seine terroristischen Vorhaben hätte es bedurft, um zu gerichtsverwertbaren Erkenntnissen für eine Ausweisungsverfügung zu kommen?

d. Wieso verzichteten der nordrhein-westfälische Innenminister und die ihm unterstellten Behörden darauf, gegen Amri polizeiliche oder aufenthaltsrechtliche Meldeauflagen zu verhängen?

e. Welche Informationen in Bezug auf Mehrfach-Identitäten, Reisetätigkeiten und sonstige Verstöße Amris gegen asyl- oder ausländerrechtliche Vorschriften haben Sicherheitsbehörden den zuständigen Ausländerbehörden zur Verfügung gestellt?

f. Wieso verzichteten der Innenminister und die ihm unterstellten Behörden darauf, gegen die Mehrfach-Identitäten und weitere Verstöße gegen asyl- oder ausländerrechtliche Vorschriften von Anis Amri vorzugehen?

g. Welche Vorkehrungen waren von Seiten des Innenministeriums getroffen worden, um den Schutz der Bevölkerung vor islamistischen Gefährdern auch mit Mitteln des Aufenthaltsrechts zu gewährleisten?

h. Wie gestaltete sich vor dem Anschlag das Melde- und Berichtswesen innerhalb des Innenministeriums und zwischen dem Innenministerium und seinen Behörden über islamistische Gefährder und den Umgang mit ihnen?

i. Welche Maßnahmen wurden von Seiten des Innenministers sowie der ihm unterstellten Behörden mittlerweile getroffen, damit sich in einem zukünftigen, vergleichbaren Fall (ausreisepflichtiger straffälliger Gefährder) eine terroristische Gefahr für die Bevölkerung nicht wieder realisiert?

j. Welche Vorkehrungen hatten der Justizminister sowie die ihm unterstellten Behörden zum Umgang mit ausreisepflichtigen Gefährdern vor dem Anschlag getroffen, damit sich die von ihnen ausgehende Gefahr für die Bevölkerung nicht realisiert?

2) Flucht Amris und möglicher Geheimnisverrat

a. Welche Maßnahmen haben die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden ergriffen, nachdem ihnen bekannt war, dass Anis Amri Tatverdächtiger des mehrfachen Mordes in Berlin war?

b. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob Amri über Nordrhein-Westfalen in die Niederlande geflohen ist?

c. Warum wurden nach dem Anschlag Verbleibskontrollen in Emmerich durchgeführt, obwohl Amri zweieinhalb Wochen zuvor dort amtlich abgemeldet wurde und im Personagramm zu Amri vom 14.12.2016 nur Aufenthalte in Berlin genannt werden?

d. Welche Verbleibskontrollen wurden in Nordrhein-Westfalen durchgeführt und warum am jeweiligen Ort?

e. Wie genau verliefen die Fahndungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen?

f. Welche Nachforschungen wurden eingeleitet, um auszuschließen, dass es während der Fahndungsmaßnahmen nach Amri zu Geheimnisverrat durch Mitarbeiter des Innenministeriums und der ihm zugeordneten Behörden gekommen ist?

g. Haben der Innenminister oder Beamte aus seinem Verantwortungsbereich in Rahmen solcher Nachforschungen mit den Journalisten gesprochen, die die Meldung über unmittelbar bevorstehende polizeiliche Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen am Vormittag des 21.12.2016 verbreitetet haben?

3)Darstellungen des Innenministers, seiner leitenden Beamten und der Ministerpräsidentin nach dem Anschlag in Berlin

3.1)   Passersatzverfahren mit Tunesien

a. Wie lauten die Einschätzungen der tunesischen Behörden zum Hergang des Passersatzpapierverfahrens für Anis Amri?

b. Warum erklärte der Innenminister zunächst im Rahmen der Pressekonferenz am 21.12.2016, dass die Passersatzpapiere des Anis Amri an diesem Tag bei der ZAB Köln eingegangen seien?

c. Auf welche Tatsachen stützt der Innenminister folgende Behauptung?„Dass letztendlich die PEP am 21. Dezember 2016 per E-Mail durch das tunesische Generalkonsulat angekündigt wurden, ist nur darauf zurückzuführen, dass an diesem Tag die Öffentlichkeitsfahndung nach Anis Amri stattgefunden hat. Ansonsten hätte das noch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gedauert.“

d. Warum wurde das erste Passersatzpapierverfahren unter explizitem Verzicht auf die Angabe des Gefährderstatus von Amri und unter dem Hauptnamen Ahmed AlMasri geführt statt unter dem Hauptnamen Anis Amri?

e. Was haben der Innenminister und die ihm unterstellten Behörden in der Zeit vor dem Anschlag mit tunesischen Stellen unternommen, um die Zusammenarbeit bei Passersatzpapierverfahren zu verbessern?

f. Warum hat das Landesinnenministerium das Unterstützungsangebot des Bundesinnenministeriums für das Passersatzpapierverfahren zu keinem Zeitpunkt in Anspruch genommen?

g. Was haben die nordrhein-westfälischen Behörden seit der Einstufung Amris als Gefährder im Februar 2016 unternommen, um die für die Bereitstellung von tunesischen Passersatzpapieren erforderlichen Handflächenabdrücke von ihm zu bekommen?

3.2)    Informationsaustausch zwischen dem Innenministerium, den Landesoberbehörden und den untergeordneten Stellen sowie entsprechenden Stellen in anderen Bundesländern oder des Bundes

a. Durch welche Organisationsprozesse hat das Landesinnenministerium – gegebenenfalls gemeinsam mit dem Justizministerium – sichergestellt, dass alle mit dem Fall Amri betrauten Behörden in Nordrhein-Westfalen, in anderen Bundesländern sowie im Bund alle relevanten Informationen über den späteren Attentäter erhielten?

b. Wieso wurde die Behörde, die ausländerrechtlich die Federführung im Fall Amri hatte, nicht von dessen Vorstrafen und Ermittlungsverfahren gegen ihn informiert?

c. Wie erklärt sich der Widerspruch zwischen den Angaben über den Grund für die Einstellung der Verfahren gegen Amri durch die Staatsanwaltschaft Duisburg einerseits und denen in der Chronologie von Bund und Ländern andererseits (Paragraf 154 f bzw. b StPO)?

d. Wie gestaltete sich der Informationsaustausch zu den ausländer- und asylrechtlichen Fragen im Fall Amri zwischen den Behördenstellen in Dortmund, Oberhausen, Köln, Arnsberg, Hemer, Rüthen, Kleve und Emmerich?

3.3)   Ermittlungsverfahren gegen Amri und mögliche Verfahrensverbindung zu einem Sammelverfahren

a. Warum wurden die gegen Amri anhängigen Verfahren nie zu einem Sammelverfahren zusammengeführt?

b. Warum wurden der in der Bund-Länder-Chronologie genannte Vorwurf des „gewerbsmäßigen Betrugs“ gegen Amri und die in einer Antwort der Bundesregierung genannte Vermutung, dass dieser Betrug nicht nur vorübergehend war, sondern seinem Lebensunterhalt diente, bisher in keiner offiziellen Darstellung des Landesinnenministeriums erwähnt?

c. Gibt es einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Siko-NRW-Sitzung zu Amri und der Verfahrenseinstellung gegen Amri in Duisburg, die am selben Tag (23.11.2016) erfolgten?

3.4)   Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg

a. Welche nordrhein-westfälischen Behörden und welche Stellen innerhalb dieser Behörden hatten bezüglich der Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg zu welchem Zeitpunkt direkten Kontakt mit welchen Behörden in Baden-Württemberg?

b. Was genau wurde im Rahmen dieser Kontakte besprochen?

c. Inwiefern wurde seitens der Behörden in Nordrhein-Westfalen eine Verlängerung der Haft zur Vorbereitung der Abschiebung in Betracht gezogen oder geprüft?

d. Welche Erkenntnis hat die Landesregierung darüber, warum die Behörden in Baden-Württemberg das Verfahren nach § 154f StPO vorläufig eingestellt haben?

e. Welche Aufenthaltsorte von Amri haben die nordrhein-westfälischen Behörden den Behörden in Baden-Württemberg mitgeteilt?

f. Haben nordrhein-westfälische Behörden die Einstellung des Verfahrens nach § 154f StPO angeregt oder eingefordert?

g. Wer gab den Fahndungshinweis, der zur Verhaftung Amris führte, an die Behörden in Baden-Württemberg: das LKA Berlin oder das LKA NRW?

3.5)   Entwicklung der Gefährlichkeit Amris

a. In welchen Informations- und Meldesystemen der deutschen und nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden war Anis Amri unter welchem Status wann registriert?

b. Warum haben der Innenminister oder seine leitenden Beamten die Einstufung Amris als „Foreign Fighter“ im Oktober 2016 bis zur Sitzung des Innenausschusses am 2. Februar bei keinem Auftritt und bei keiner Erklärung erwähnt – und dann auch nur auf Nachfrage?

c. Welche in den GTAZ-Sitzungen zu Amri teilnehmende Behörde hat zu welchem Zeitpunkt die Einschätzung geäußert, dass Amri in das Drogenmilieu abrutsche und deswegen die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung durch ihn abnehme?

d. Gehört es zum Standard der Gefährder-Bewertung durch die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden, dass eine wachsende Nähe eines Gefährders zum Drogenmilieu oder der allgemeinen Kriminalität gleichzeitig eine geringere terroristische Gefährlichkeit der Person indiziert?

3.6)   Kommunikation und Aufgabenteilung im GTAZ

a. Welche Zuständigkeiten im Fall Amri wurden in welcher Sitzung des GTAZ auf welche Sicherheitsbehörden übertragen?

b. Welche Personen haben seitens der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden an den GTAZ-Sitzungen zu Amri teilgenommen?

c. Wie wurde der Informationsaustausch zwischen den mit dem Fall Amri betrauten Bundes- und Landesbehörden außerhalb der GTAZ-Sitzungen organisiert?

d. Warum haben der Innenminister und auch die Ministerpräsidentin bis zum 2. Februar 2017 nicht einmal öffentlich darauf hingewiesen, dass sich nicht nur das GTAZ, sondern auch die Siko NRW insgesamt sieben Mal mit Amri auseinandergesetzt hat?

d. Warum sprach der Innenminister in seinen öffentlichen Auftritten bis zum 2. Februar 2017 von 40 Behörden im GTAZ, die die Einschätzungen zu Amri gemeinsam getroffen hätten, obwohl an den Besprechungen zu Amri ausweislich der bisher verfügbaren Informationen nur maximal 10 Behörden beteiligt waren?

e. Warum sind in der Erklärung des Landeskriminaldirektors im Innenausschuss am 5. Januar 2017 alle wesentlichen Informationen mit NRW-Bezug aus den Protokollen der GTAZ-Sitzungen ausgelassen worden?

3.7)   Arbeit der Sicherheitskonferenz NRW

a. Was wurde in den einzelnen Sitzungen der Siko NRW zu Amri besprochen?

b. Welche Personen nahmen an den Sitzungen der Siko NRW jeweils teil?

c. Welche neuen Erkenntnisse zu Amri oder sonstige Ergebnisse der Sitzungen wurden an die weiteren mit dem Fall befassten Behörden des Bundes und der Länder weitergesteuert?

3.8)   Wechsel des Lebensmittelpunktes Amris

a. Zu welchen Zeitpunkten hatte Amri wo seinen Lebensmittelpunkt?

b. Auf welche belegten Tatsachen gründet sich die Einschätzung der Landesregierung von der Verlagerung des Lebensmittelpunktes Amris nach Berlin konkret?

c. Worauf gründet sich die Einschätzung des Landesinnenministeriums, dass Amri in den in der Tabelle des Landesinnenministeriums vom 16. Januar 2017 mit „Aufenthalt unbekannt“ etikettierten Feldern auf jeden Fall nicht in Nordrhein-Westfalen, sondern in anderen „Zuständigkeitsbereichen“ aufhältig gewesen sein soll?

d. Aufgrund welcher Erkenntnisse geht das Landesinnenministerium davon aus, Amri habe ab Februar seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin verlegt, wenn im Oktober offenbar eine Ortung seines Handy nötig war, um herauszufinden, wo er sich befand?

3.9)   Zuständigkeiten der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden

a. Warum hat der Innenminister in seinen Statements bis zum 5. Januar die Wiedereinstufung Amris als Gefährder in Nordrhein-Westfalen im Mai 2016 nicht erwähnt?

b. Warum hat die Ministerpräsidentin auf ihrer Jahresauftaktpressekonferenz 2017 zwar die Ausstufung Amris als Gefährder im März, nicht aber seine Wiedereinstufung in Nordrhein-Westfalen zwei Monate später erwähnt?

c. Wie erfolgte die Vorbereitung der Ministerpräsidentin auf Fragen zum Themenkomplex Amri im Rahmen der Pressekonferenz?

d. Haben nordrhein-westfälische Behörden die Observation Amris übernommen, als dieser im Mai, Juni und August in Dortmund und am Niederrhein war?

e. Wurde das LKA Berlin über die Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg und seine Aufenthalte in Nordrhein-Westfalen im August informiert?

f. Ist es zu fehlerhaften bzw. veralteten Angaben zu den Aufenthaltsorten im Personagramm Amris gekommen?

3.10)   Kontakte zwischen nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden und Amri

a. Welche direkten Kontakte haben zwischen den nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden, ihren Ermittlern, V-Männern, Informanten oder Gewährspersonen auf der einen und Amri auf der anderen Seite stattgefunden?

b. Welche Rolle spielte Amri für die Informationsgewinnung der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden über die islamistische Szene jenseits des Strukturverfahrens gegen die Gruppe um Abu Walaa?

c. Wie und wann kam im Fall Amri und der Beschäftigung der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden mit ihm die „Richtlinie für die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden, des Bundesnachrichtendienstes (BND), des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden in Staatsschutzangelegenheiten (= Zusammenarbeitsrichtlinie)“ zum Tragen?

VI. Schlussfolgerungen

Der Untersuchungsausschuss soll zudem prüfen, welche Schlussfolgerungen aus dem Umgang der Landesregierung, einschließlich des Ministeriums für Inneres und Kommunales, des Justizministeriums und der Staatskanzlei, und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Sicherheits-, Justiz-, Kommunal- und sonstigen Behörden im Land Nordrhein-Westfalen mit dem Terroristen Anis Amri und aus ihrem Verhalten nach dem Anschlag am 19. Dezember 2016

  • im Hinblick auf den künftigen Umgang mit in Nordrhein-Westfalen eingestuften oder gemeldeten ausländischen Gefährdern;
  • in Bezug auf die Zusammenarbeit und Kommunikation der Behörden in Nordrhein-Westfalen bei ausländerrechtlichen Fragen;
  • in Bezug auf die Zusammenarbeit und Kommunikation nordrhein-westfälischer und der jeweiligen Heimatbehörden bei ausländerrechtlichen Fragen;
  • im Hinblick auf die Zusammenarbeit und Kommunikation der Behörden in Nordrhein-Westfalen bei der Strafverfolgung ausländischer Gefährder;
  • in Bezug auf die Arbeit der Sicherheitskonferenz NRW und ihr Wirken im Rahmen der Abstimmungen im GTAZ sowie
  • in Bezug auf die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung sowie der Kommunikation gegenüber dem Parlament in und nach Terrorlagen gezogen werden müssen.

VII. Teilweiser und vollständiger Abschlussbericht

Der Untersuchungsausschuss wird beauftragt, soweit möglich nach Abschluss seiner Untersuchungen dem Landtag gemäß § 24 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen einen Abschlussbericht vorzulegen.

Sollte ein Abschlussbericht nicht vorgelegt werden können, stellen wir den Antrag nach § 24 Abs. 4 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen, über die in dieser Wahlperiode behandelten Teile der Untersuchung einen Teilbericht zu erstatten.

Der Abschlussbericht oder der Teilbericht erfolgen schriftlich. Darüber hinaus kann der Landtag oder der Antragsteller jederzeit einen Bericht, über in sich abgeschlossene und kohärente Sachverhalte, die in Gemäßheit des Einsetzungsbeschlusses getrennt werden können, ohne dass der Einsetzungsbeschluss in seiner Gänze betroffen wird und nicht dadurch eine vorweggenommene Beweiswürdigung verursacht, anfordern.

Die Antragssteller sind sich bewusst, dass es mit Blick auf die nur noch wenige Monate andauernde Wahlperiode unwahrscheinlich ist, dass dieser Untersuchungsausschuss bis zur Zusammensetzung eines neuen Landtags alle Untersuchungsbereiche und Fragenkomplexe in der gebotenen Tiefe wird behandeln können. Die Antragssteller sprechen sich deswegen dafür aus, dass ein Untersuchungsausschuss zu diesem Untersuchungsgegenstand in der neuen Wahlperiode erneut eingesetzt wird.

VIII. Einholung externen Sachverstandes

Der Untersuchungsausschuss kann jederzeit externen Sachverstand einholen, sofern dieser zur Erfüllung des Auftrags notwendig ist und im unmittelbaren Sachzusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag steht.

Ebenso darf externer Sachverstand zur Klärung von Fragestellungen in Anspruch genommen werden, wenn Rechte des Untersuchungsausschusses oder damit in Verbindung stehende Verfahrensfragen von grundlegender oder auch situativer Notwendigkeit betroffen sind, ohne deren Beantwortung ein Fortführen der Untersuchung nicht oder nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung möglich ist.

Die hierzu notwendigen Mittel sind dem Ausschuss zu gewähren.

 IX. Ausstattung und Personal

Dem Untersuchungsausschuss und den Fraktionen werden bis zum Ende des Verfahrens zur Verfügung gestellt:

  1. Allen Fraktionen und den Mitarbeitern des Ausschusses werden die erforderlichen Räume im Landtag und die entsprechenden technischen Ausstattungen zur Verfügung gestellt.
  2. Dem Ausschuss und dem/der Vorsitzenden werden gestellt:
    a. 1,5 Stellen für Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des höheren Dienstes;
    b. Eine weitere personelle Unterstützung aus dem höheren/gehobenen Dienst sowie aus dem Assistenzbereich.
  3. Den fünf Fraktionen im Landtag werden gestellt:
    a. Die erforderlichen Mittel für je 1,5 Stellen für Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des höheren Dienstes;
    b. Eine Halbtagskraft zur Assistenz.

Bezogen auf die Abrechnung können wahlweise Pauschalbeträge bis zur Verabschiedung des Untersuchungsausschussberichts je angefangenen Monat der Tätigkeit gewährt werden. Alternativ werden die Kosten des tatsächlichen Personaleinsatzes abgerechnet.
Mitschnitt der kompletten Debatte:

Das Land NRW muss die Freigabe von Cannabis in lizenzierten kommunalen Abgabestellen unterstützen!

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

Der freizeitorientierte Konsum von Cannabis ist in Deutschland und in NRW immer noch und weiterhin verboten. Zahlreiche gesellschaftliche Probleme resultieren aus diesem Verbot: Kriminalisierung und Diskriminierung von Bürgerinnen und Bürgern, unkontrollierter Handel mit verunreinigten und gesundheitsschädlichen Cannabissubstanzen auf dem Schwarzmarkt und ein enormer aber wirkungsloser Einsatz von Polizei zur Bekämpfung der illegalen Strukturen. Weltweit werden Auswege aus dieser gescheiterten Verbotspolitik gesucht, diskutiert und teilweise umgesetzt. Da in Deutschland auf Bundesebne eine Abkehr der gescheiterten Verbotspolitik nicht zu erwarten ist, nimmt der Druck auf Lands- und kommunaler Ebene, wie kürzlich in Berlin oder Köln, zu.

Auch der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf beauftragte seinen Gesundheitsausschuss bereits im letzten Jahr damit, Lösungen zu finden, die modellhaft an die Stelle dieser bisherigen Verbotsstrukturen treten können und zugleich stärker auf Aufklärung, Prävention und Hilfe setzen. So veranstaltete das Gesundheitsdezernat der Stadt Düsseldorf am 07. Dezember 2016 eine Fachtagung zum Thema „Gesundheitspolitischer Spielraum von Kommunen“, um die Chancen und Risiken des Betriebs von lizenzierten Abgabestellen für Cannabisprodukte für Erwachsene zu diskutieren.

Ein wissenschaftlich begleitetes, zeitlich und räumlich begrenztes Modellprojekt zur lizenzierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene könnte laut Experten eine Lösung für die mit der Prohibition einhergehenden Probleme darstellen. Im Rahmen eines solchen Projektes ließe sich klären, ob Personen mit problematischen Konsummustern durch die legale Abgabe besser erreicht und gesundheitliche Schädigungen verringert werden können. Zudem könnte untersucht werden, inwieweit der Jugendschutz und die öffentliche Sicherheit von einer Zerschlagung des Schwarzmarktes konkret profitiert.

Die Veranstalter der Fachtagung in Düsseldorf sowie die anwesenden Experten beziffern die Kosten der Beantragung eines solchen Projektes auf circa 20.000 Euro. Darüber hinaus müssten für die Durchführung noch einmal circa 1.000.000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Landeshauptstadt Düsseldorf kann diese Kosten ohne die Kooperation mit anderen Kommunen und ohne die Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen nicht aufbringen.

Am 29. November 2016 fand am Berufskolleg des Bistum Münster die 19. Podiumsdiskussion der Reihe „Schüler diskutieren mit Experten“ statt. Neben einem leitenden Oberstaatsanwalt und einer leitenden Ärztin einer Klinik für Sucht- und Traumapatienten war auch die Gesundheitsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen), zu Gast auf dem Podium.

Laut Medienberichterstattung vom 30. November 2016[1] und der medialen Aufbereitung der Podiumsdiskussion durch das Berufskolleg des Bistum Münster[2] sieht die grüne Gesundheitsministerin die Freigabe des Verkaufs von Cannabis in streng kontrollierten Spezialgeschäften oder Apotheken „als beste Lösung“.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Zahlreiche Kommunen (Düsseldorf, Münster, etc.) in Nordrhein-Westfalen haben großes Interesse lizenzierte Abgabestellen für Cannabisprodukte einzurichten.
  2. Die Entwicklung, Beantragung und Durchführung eines Modellprojekts zur Einrichtung von lizenzierten Abgabestellen für Cannabisprodukte ist mit finanziellem Aufwand verbunden.
  3. Die Gesundheitsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen setzt sich öffentlich für Modellprojekte zur Schaffung von lizenzierten Abgabestellen von Cannabisprodukten ein und muss diesem öffentlichen Einsatz mit konkretem Regierungshandeln endlich Rechnung tragen.

III. Der Landtag beschließt

  1. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, insbesondere das Gesundheitsministerium unter Führung von Barbara Steffens (Bündnis 90/ Die Grünen), stellt unkompliziert einen Fördertopf bereit, um Kommunen bei der Entwicklung, Antragstellung und Durchführung von Modellprojekten zur Einrichtung von lizenzierten Abgabestellen finanziell zu unterstützen.

[1] Vgl http://www.rp-online.de/nrw/staedte/geldern/hitzige-debatte-ueber-cannabiskonsum-aid-1.6430366 (Zuletzt aufgerufen am 12.01.2016).

[2] Vgl. http://www.lfs-berufskolleg-geldern.de/cms/?p=12399 (Zuletzt aufgerufen am 12.01.2016).

Endlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2000 umsetzen: Keine verfassungswidrigen Funktionszulagen an Mitglieder des Landtags mehr zahlen!

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 21.07.2000 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Juli 2000 – 2 BvH 3/91 – R, siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2000/07/hs20000721_2bvh000391.html) festgestellt, dass „Regelungen über ergänzende Entschädigungen für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, für die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen und für die Ausschussvorsitzenden mit dem Verfassungsrecht unvereinbar sind. Sie verstoßen gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten“. Es hat ausgeführt, dass „mit der Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen an stellvertretende Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen und Ausschussvorsitzende das Tor geöffnet wäre zu einem differenzierten, Abhängigkeiten erzeugenden oder verstärkenden Entschädigungssystem, das unvereinbar mit dem Grundsatz der Abgeordnetengleichheit“ ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 75).

Der Landesrechnungshof des Landes NRW hat seine Prüfungsergebnisse bzgl. der Fraktionen des Landtags NRW in der 15. Wahlperiode SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Haushaltsjahre 09.06.2010 – 30.05.2012) mit Schreiben vom 18.05.2016 zusammengefasst. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass der Empfängerkreis von Funktionszulagen über den im Urteil des Bundesverfassungsge­richts genannten Personenkreis, der nur die Präsidentin bzw. den Prä­sidenten, die Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen und die Fraktionsvorsitzenden umfasst, hinausgeht, und die Rechtmäßigkeit einzelner Funktionszulagen in Frage ge­stellt. Der Landesrechnungshof plädiert daher für eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen und regt insbesondere an, dass die Fraktionen in ihren Rechenschaftsberichten – über den bisher im Gesetz vorgeschriebe­nen Ausweis des Gesamtbetrages der Entschädigungen an Fraktionsmitglieder mit be­sonderen Funktionen hinaus – auch angeben müssen, welche Funktionsstellen beson­ders vergütet worden sind. Die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bei ihrer Stellungnahme zu den Feststellungen und Empfehlungen des Landesrechnungshofs geäußert, dass sie keinen Anpassungs- bzw. Änderungsbedarf sehen (siehe zum Ganzen die Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags vom 05.01.2017, S. 4 f., Drucksache 16/13925).

II. Der Landtag beschließt:

  1. Alle Fraktionen des Landtags betrachten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2000 ­- 2 BvH 3/91 – als rechtsverbindlich.
  1. Alle Fraktionen des Landtags bringen in die Februar-Sitzung einen gemeinsamen Gesetzentwurf ein, durch den die Empfehlungen des Landesrechnungshofs NRW vom 18.05.2016 zur Änderung des Abgeordneten- und Fraktionsgesetzes bzgl. der Funktionszulagen in der laufenden Wahlperiode umgesetzt werden.

Bürgerinnen und Bürger über die Menschenrechte des Kindes informieren – Landesregierung muss ihrer Pflicht nachkommen

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Ausgangslage

Verpflichtung KR selbst und zur Bekanntmachung

1992 unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland das UN-„Übereinkommen über die Rechte des Kindes“[1], auch bekannt als „Kinderrechtskonvention.“ Mit dem Inkrafttreten 1992 und der Rücknahme geäußerter Vorbehalte verpflichteten sich Politik und Gesellschaft Kindern und Jugendlichen umfassende Schutz-, Förderungs- und Beteiligungsrechte im öffentlichen und privaten Raum zu garantieren. Die Anerkennung dieser Verpflichtung bestätigten Nordrhein-Westfalens Regierungsfraktionen im vergangenen Jahr noch einmal explizit. Ebenso explizit wurde bei dieser Gelegenheit geschildert, dass es in unserem Land noch immer dazu kommt, dass Kinder und Jugendliche in ihren anerkannten Menschenrechten verletzt werden. Offen zugegeben wird weiterhin:

„Nüchtern betrachtet muss festgestellt werden, dass die UN-KRK in zahlreichen Bereichen unzureichend umgesetzt und noch immer zu wenig bekannt ist.“[2]

Dieser Zustand ist im Jahr 2017 – also nachdem ein Vierteljahrhundert vergangen ist – nicht mehr zu tolerieren. Tatsächlich ist die Unkenntnis bezüglich der Menschenrechte der Kinder in Deutschlang erschreckend. Seit 2002 veröffentlicht das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. jährlich den sogenannten „Kinderreport“. Hierfür werden sowohl Jugendliche und Kinder ab 10 Jahren als auch Erwachsene in repräsentativen Umfragen auch zur Bekanntheit der Kinderrechte und der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen befragt. Die Ergebnisse der jüngsten Befragungen im Kinderreport Deutschland 2016 verdeutlichen, dass eine Intensivierung der Anstrengung zur Bekanntmachung der Rechte von Kindern und Jugendlichen dringendst geboten ist. Die den Teilnehmern gestellte Frage lautete: „Ist dir/Ihnen bekannt, dass es weltweit geltende Rechte von Kindern gibt, die in einer UN-Kinderrechtskonvention festgelegt sind?“

Nur 15% der Kinder und Jugendlichen und sogar nur 14% der Erwachsenen wählten die Antwortmöglichkeit „da kennt ich mich ganz gut aus“. 62% der Minderjährigen und 77% der Erwachsenen gab hingegen zu: „Das Thema Kinderrechte kenne ich nur vom Namen her“ – und immerhin 23% der Kinder und Jugendlichen und 9% der Erwachsenen sagte, „davon habe ich noch nichts gehört oder gelesen“.[3]

Wenn 85% der Kinder und Jugendlichen und 86% der Erwachsenen in Deutschland Kinderrechte allenfalls vom Namen her kennen, kann niemand aufrichtig davon ausgehen, dass diese im Alltag zu jeder Zeit respektiert werden. Im Gegenteil formuliert das Kinderhilfswerk zutreffend: „Nur wer ein Recht kennt, kann sich aktiv darauf berufen und seine Umsetzung befördern oder einfordern.“[4]

Sachverständige bezeichnen Deutschland nicht umsonst als „Entwicklungsland in Sachen Kinderrechte“.[5] An dieser Stelle muss auch das Land Nordrhein-Westfalen seine Verpflichtungen wahrnehmen und alles in seinen Möglichkeiten Liegende tun, um die verhängnisvolle Unwissenheit in der Bevölkerung zu bekämpfen.

Eine Vorreiterrolle hatte sich NRW vor der Jahrtausendwende schon einmal erarbeitet, als es als einziges Bundesland neben Sachsen-Anhalt einen Kinderrechtsbeauftragten beschäftigte und zum Beispiel mit kindgerechten Publikationen vorbildliche Wege einschlug. Nachdem sich der Landtag im vergangenen Jahr leider entschied, dem Antrag der PIRATEN auf die Wiedereinsetzung eines bzw. einer unabhängigen Landesbeauftragten für die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen in NRW nicht zu folgen, müssen Landesparlament und insbesondere Landesregierung sich der Verantwortung selbst stellen und Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, der fatalen Unkenntnis in Bezug auf die Rechte des Kindes entgegenzuwirken.

Das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen zitierte Herrn Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, schon vor zwei Jahren mit den Worten:

„Die Ergebnisse des Kinderreports 2015 zeigen, dass wir in Deutschland eine Bildungsoffensive in Sachen Kinderrechte brauchen, die Kinder und Erwachsene erreicht. Kinderrechte sind kein Gedöns, sie gehören ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit.“[6]

Diese Aussage hat nicht an Gültigkeit verloren. Der jüngst glücklicherweise nochmals bekundete Wille, „dafür Sorge zu tragen, dass die UN-Kinderrechtskonvention in Nordrhein-Westfalen einen höheren Bekanntheitsgrad erlangt“[7], muss sich nun in konkreten Maßnahmen niederschlagen, wie sie auch von Bürgern im Beteiligungsverfahren „Digitaler Kompass“[8] online und in Workshops in Zusammenarbeit mit der Piratenfraktion erarbeitet wurden.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Kinderrechte sind Menschenrechte. Das Land Nordrhein-Westfalen und seine Regierung bekennen sich weiterhin zum UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes und den daraus erwachsenden Verpflichtungen.
  2. Die Landesregierung muss dafür Sorge tragen, dass Kinder in Nordrhein-Westfalen nicht in ihren Menschenrechten verletzt werden und steht hier umso mehr in Verantwortung, solange kein Landesbeauftragter für die Rechte und Belange von Kindern mit dieser Aufgabe betraut ist.
  3. Damit Kinder und Jugendliche in ihren Rechten respektiert werden, müssen diese sowohl ihnen als auch allen anderen bekannt sein. Zu viele Menschen in unserem Land kennen „Kinderrechte“ jedoch nur vom Namen her oder sogar gar nicht.
  4. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine ihrem Alter angemessene Beteiligung in allen sie betreffenden Fragen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. endlich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um alle Menschen in Nordrhein-Westfalen über die Menschenrechte der Kinder zu informieren und dafür erforderliche finanzielle Mittel bereitzustellen.
  2. sicherzustellen, dass die Aufklärung über die Rechte von Kindern und Jugendlichen und Hilfsangebote für in ihren Rechten verletze Minderjährige Teil der Ausbildung aller Fachkräfte wird, deren Handeln Kinder betrifft – und dafür Sorge zu tragen, dass das bereits tätige Personal bei Bedarf Fortbildungen zu diesen Inhalten erhält.
  3. Kindern und Jugendlichen Informationen über ihre Rechte, Hilfsangebote und Beteiligungsmöglichkeiten leicht zugänglich zu machen und altersgerecht zu präsentieren. Sie sollen in dieser Form insbesondere auch auf den Webseiten aller Bildungseinrichtungen zu finden sein.
  4. Kinder und Jugendliche verschiedenen Alters insbesondere insofern am Prozess zu beteiligen, als dass sie die Möglichkeit erhalten, Missstände und Schwierigkeiten in Bezug auf die Achtung ihrer Rechte aus ihrer Sicht zu schildern und ihre Beschwerden und Wünschen in der Realisierung der oben genannten Maßnahmen bestmöglich zu berücksichtigen.

[1] http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CRC/crc_de.pdf.

[2] Drs. 16/12116, S.1.

[3] Deutsches Kinderhilfswerk e.V.: „Kinderreport Deutschland 2016“, S.10.

https://images.dkhw.de/fileadmin/Redaktion/1_Unsere_Arbeit/1_Schwerpunkte/2_Kinderrechte/2.2_Kinderreport_2015_2016/Kinderreport_2016_Deutsches_Kinderhilfswerk.pdf?_ga=1.109763589.1899096621.1473865514.

[4] Ebd. S.9.

[5] APr 16/1350, S.11.

[6] http://www.familie-in-nrw.de/archiv-meldungen.html?&no_cache=1&tx_prnews[showUid]=1097&tx_prnews[originalPid]=1669&tx_prnews[tstamp]=1424358062&tx_prnews[rel]=1109%2C1106%2C1105%2C1104%2C1103%2C1101%2C1097%2C1096.

[7] Drs. 16/1216, S.14.

[8] http://www.digitaler-kompass.de/.

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid – Zweites Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren

Veröffentlicht am von unter Anträge.

 

Gesetzentwurf der Fraktion der Piraten

 

 

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid – Zweites Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren

 

 

 

Artikel 1

 

Das Gesetz über das Verfahren bei Volksini­tiative, Volksbegehren und Volksentscheid in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2004 (GV. NRW. S. 542), das zu­letzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) geändert wor­den ist, wird wie folgt geändert:

 

 

 

 

§ 12 wird wie folgt geändert:

 

Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

 

„bis zum Abschluss des Volksbegehrens auszulegen.“

 

 

 

Artikel 2

 

Inkrafttreten

 

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

Auszug aus den geltenden Gesetzes­be­stimmungen

 

 

Gesetz über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (VIVBVEG)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

12 Absatz 2

Die Gemeinden sind verpflichtet,

1. vorschriftsmäßige Eintragungslisten innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Zulassungsentscheidung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen entgegenzunehmen und

2. während der fünften bis zweiundzwanzigsten Woche nach der Veröffentlichung für die Eintragung auszulegen.

Eintragungslisten, die nicht innerhalb der vorgenannten Frist von vier Wochen den Gemeinden zugehen, werden nicht ausgelegt.

 

 

 

Begründung

Bei der Durchführung eines Volksbegehrens können sich die Stimmberechtigen nach dem Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (VIVBVEG) in Listen, die von den Gemeindebehörden ausgelegt werden (amtliche Listenauslegung), und – nach Zulassung – in Listen, die von den Antragstellern des Volksbegehrens ausgelegt werden (freie Unterschriftensammlung), eintragen. Die Dauer der amtlichen Listenauslegung beträgt 18 Wochen, während die freie Unterschriftensammlung 12 Monate dauert (vgl. § 18a Absatz 1 VIVBVEG).

Erfahrungsgemäß erfolgt die amtliche Listenauslegung eher zum Beginn eines Volksbegehrens, während sich viele Menschen aber erst zum Ende des Volksbegehrens in die Unterschriftenlisten eintragen wollen  (vgl. zu den Fristen etwa die Bekanntmachung  über die Zulassung der amtlichen Listenauslegung und der parallelen Durchführung der freien Unterschriftensammlung für das Volksbegehren „G9 jetzt!“ des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 14. Dezember 2016, https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?print=1&anw_nr=1&gld_nr=%201&ugl_nr=1000&val=&ver=10&aufgehoben=N&keyword=Volksbegehren&bes_id=35844).

Zweck des Zweiten Gesetzes über die Erleichterung von Volksbegehren ist es, die Eintragungsfristen weitgehend zu harmonisieren und den Stimmberechtigten die Möglichkeit zu geben, ihre Stimmen bis zum Abschluss des Volksbegehrens direkt bei den Gemeinden abzugeben.

Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen – Absenkung des Eingangsquorums des Artikel 68 Landesverfassung NW

Veröffentlicht am von unter Anträge.

A. Problem

Nach Artikel 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen (LV NW) bekundet das Volk seinen Willen durch Wahl, Volksbegehren und Volksentschied.

16 Landtagswahlen hat es seit der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen gegeben. Zudem fanden bisher 3 Volksbegehren statt, während es zu einem Volksentscheid in der Geschichte des Landes noch nicht gekommen ist.

Die durch die Landesverfassung gewollte Willensbekundung nach Artikel 2 LV NW hat es somit in über 70 Jahres des Landes Nordrhein-Westfalen noch nicht oft gegeben. Hintergrund waren und sind die hohen Hürden in Bezug auf die Quoren.

Die Fraktionsvorsitzenden der im Landtag Nordrhein-Westfalen vertretenen Parteien haben sich in einer Sitzung im März 2016 auf eine Absenkung des Eingangsquorums in Artikel 69 Absatz 1 Satz 7 LV NW auf 5% als Kompromiss geeinigt.

Dabei haben sich die Fraktionsvorsitzenden von dem Gedanken leiten lassen, dass die in Artikel 2 LV NW genannte Willensbekundung nur dann effektiv sein kann, wenn die Hürden des Volksbegehrens abgesenkt werden.

Nachdem dieser Kompromiss im Zuge der allgemeinen Diskussion über das Wahlalter nicht mehr durchzusetzbar war, wurde eine Absenkung des Quorums nach Artikel 68 Absatz 1 Satz 7 LV NW nicht weiter verfolgt.

Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Feststellung:

Die Volkswillenbekundung nach Artikel 2 der LV NW ist aufgrund der hohen Hürden des Artikel 68 LV NW praktisch nicht angewandt wird.

B. Lösung

Die Absenkung des Eingangsquorums bei Volksbegehren.

C. Alternativen

Beibehaltung des bestehenden Rechts.

D. Kosten

Keine.


G e g e n ü b e r s t e l l u n g

 

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN     Auszug aus den geltenden

Gesetzesbestimmungen

 

Gesetz zur Änderung der Verfassung für

das Land Nordrhein-Westfalen

 

Artikel I

Änderung der Verfassung                                 Verfassung für das Land Nordrhein-

für das Land Nordrhein-Westfalen                  Westfalen

 

Die  Verfassung  für  das  Land  Nordrhein-

Westfalen  vom  28.  Juni  1950  (GV.  NRW.

127), die zuletzt durch Gesetz vom

  1. Oktober 2016 (GV. NRW. S. 860),

in Kraft getreten am 5. November 2016

geändert worden ist, wird wie folgt

geändert:

                                                                             

Artikel 68 wird wie folgt geändert:                               Artikel 68

                                                                                             (1) Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben.

                                                                                              Dem Volksbegehren muß ein ausgearbeiteter und mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen.

                                                                                              Ein Volksbegehren ist nur auf Gebieten zulässig, die der Gesetzgebungsgewalt des Landes unterliegen.

                                                                                              Über Finanzfragen, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen ist ein Volksbegehren nicht zulässig.

                                                                                              Über die Zulässigkeit entscheidet die Landesregierung.

                                                                                              Gegen die Entscheidung ist die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes zulässig.

 

(2) Das Volksbegehren ist nur rechtswirksam,          (2) Das Volksbegehren ist nur

wenn es von mindestens 5 vom Hundert                     rechtswirksam,

der Stimmberechtigten gestellt ist.                                 wenn es von mindestens 8 vom Hundert der Stimmberechtigten gestellt ist.

                                                                                             (2) Das Volksbegehren ist von der Landesregierung unter Darlegung ihres Standpunktes unverzüglich dem Landtag zu unterbreiten.

                                                                                             Entspricht der Landtag dem Volksbegehren nicht, so ist binnen zehn Wochen ein Volksentscheid herbeizuführen.

                                                                                             Entspricht der Landtag dem Volksbegehren, so unterbleibt der Volksentscheid.

                                                                                             (3) Die Abstimmung kann nur bejahend oder verneinend sein. Es entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen,

                                                                                              sofern diese Mehrheit mindestens 15 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt.

                                                                                             (4) Die Vorschriften des Artikels 31 Abs. 1 bis 3 über das Wahlrecht und Wahlverfahren finden auf das Stimmrecht und das

                                                                                              Abstimmungsverfahren entsprechende Anwendung. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.

 

 

Artikel 2

Inkrafttreten

 

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner

Verkündung in Kraft.

 

Begründung:

Nach Artikel 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen (LV NW) bekundet das Volk seinen Willen durch Wahl, Volksbegehren und Volksentschied.

16 Landtagswahlen hat es seit der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen gegeben. Zudem fanden bisher 3 Volksbegehren statt, während es zu einem Volksentscheid in der Geschichte des Landes noch nicht gekommen ist.

Die durch die Landesverfassung gewollte Willensbekundung nach Artikel 2 LV NW hat es somit in über 70 Jahres des Landes Nordrhein-Westfalen noch nicht oft gegeben. Hintergrund waren und sind die hohen Hürden in Bezug auf die Quoren. (siehe dazu auch in Bezug auf die Geschichte: Dr. Thomas Mann, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Artikel 68 Rn 33)

Dieses haben auch die Abgeordneten der 16. Wahlperiode des Landtags gesehen, und nahmen sich eine Überprüfung des jetzigen Zustands in Bezug auf die Volksgesetzgebung durch eine Verfassungskommission vor. (siehe dazu den Einsetzungsantrag: 16/3428, S.2 unten, der die Durchführung und Folgewirkungen von Volksinitiativen, Art. 67a, Volksbegehren, Art. 68 und Volksentscheiden, Art. 69 explizit anspricht)

Es wurde eine öffentliche Anhörung der Verfassungskommission am 1. September 2014 zum Themenkomplex II „Partizipation – Weiterentwicklung der Demokratie in NRW“ durchgeführt. (siehe dazu ausführlich auch die Anhörungsseite der Verfassungskommissionsseite auf der Homepage des Landtags)

Die Fraktionsvorsitzenden der im Landtag Nordrhein-Westfalen vertretenen Parteien haben sich dann in ihrer Sitzung mit den Obleuten der Fraktionen in der Verfassungskommission am 15. März 2016 auf eine Absenkung des sog. „Eingangsquorums“ (oder auch Einzeichnerquorum genannt) in Artikel 69 Absatz 1 Satz 7 LV NW auf 5% geeinigt.

Dabei haben sich die Fraktionsvorsitzenden von dem Gedanken leiten lassen, dass die in Artikel 2 LV NW genannte Willensbekundung nur dann effektiv sein kann, wenn die Hürden des Volksbegehrens abgesenkt werden.

Aufgrund der unterschiedlichen Argumentationen und Ausgangslagen waren die 5% ein beachtlicher Kompromiss.

Denn: Die Fraktion der PIRATEN forderte zunächst eine Streichung, auf jeden Fall aber eine signifikante Absenkung auf 2%. Die CDU-Fraktion wollte es ursprünglich bei den bisherigen 8% belassen. Die regierungstragenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hatten sich auf 4% geeinigt. Die Fraktion der FDP wollte auch eine Senkung auf 4-6%.

Als die CDU-Fraktion sich eine Senkung vorstellen konnte, hat der Fraktionsvorsitzender der FDP den Vorschlag gemacht die goldene Mitte von 5% zu nehmen.

Mit diesem Kompromiss waren alle Fraktionen einverstanden.

Nachdem dieser Kompromiss im Zuge der allgemeinen Diskussion über das Wahlalter nicht mehr durchsetzbar war, wurde eine Absenkung des Quorums nach Artikel 68 Absatz 1 Satz 7 LV NW nicht weiter verfolgt.

Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Feststellung:

Die Volkswillenbekundung nach Artikel 2 der LV NW wird aufgrund der hohen Hürden des Artikel 68 LV NW praktisch nicht angewandt.

Es ist deshalb auf den Kompromiss aller Fraktionsvorsitzenden des 15. März 2016 zurückzukommen.

Dieser kann nicht deshalb falsch sein, weil andere Forderungen in der Verfassungskommission (so berechtigt oder unberechtigt sie auch sein mögen) sich erfüllt haben, oder auch nicht.

Politik in Nordrhein-Westfalen und damit die Ausgestaltung des Lebens der Menschen in unserem Land, darf sich nicht darin erschöpfen, dass immer alles mit allem zusammenhängt.

Dieses ist nur scheinbar so. Gerade die Vereinbarung der Fraktionsvorsitzenden vom 15. März 2016 zeigt, dass ein erkannter problematischer Zustand durch Abwägung der Argumente zu einem alle befriedigenden Kompromiss führt, der die Menschen in diesem Land ein Stück weiter bringen kann.

Anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Jetzt Moratorium für Umsetzung in Deutschland einrichten

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Dezember 2016[1], wonach eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht mit europäischem Recht vereinbar ist, sind die Gesetze zu Vorratsdatenspeicherungen in Großbritannien und Schweden direkt gekippt worden. Das Unionsrecht untersagt eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten. Auch in Deutschland gibt es eine ähnliche Vorratsdatenspeicherung, die allgemein und unterschiedslos alle Telekommunikationsteilnehmer überwachen soll.

Das Gericht führt aus, eine  solche  nationale  Regelung  überschreite die  Grenzen  des absolut Notwendigen  und  kann  nicht  als  in  einer  demokratischen Gesellschaft   gerechtfertigt   angesehen   werden,   wie   es   die Richtlinie im   Licht der Grundrechtecharta verlangt.

Die Pressemitteilung[2] des EuGH formuliert es deutlich: „Die Mitgliedstaaten dürfen den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste keine allgemeine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung auferlegen.“

Zurzeit stehen zahlreiche nordrhein-westfälische Unternehmen, aber auch gemeinnützige Organisationen wie einzelne Freifunk-Vereine vor der sehr kostenintensiven Aufgabe, die deutsche Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Für die ehrenamtlich organisierten Freifunk-Initiativen ist die deutsche Vorratsdatenspeicherung existenzbedrohend. Es ist zu erwarten, dass die auch das Bundesverfassungsgericht nach dem Urteil des EuGH zu einem vergleichbaren Urteil kommt und die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung für grundrechtswidrig erklärt. Die Unternehmen hätten dann völlig unnötig die hohen Kosten der Umsetzung getragen.

Es ist daher von besonderer Bedeutung, sehr zeitnah die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung zu stoppen und so den drohenden Schaden abzuwehren. Der unverhältnismäßige und unvergleichbar große Grundrechtseingriff in die Privatsphäre von Millionen von Menschen muss vor dem Hintergrund dieses Urteils abgewehrt werden. Zudem wären die Schäden für nordrhein-westfälische Unternehmen substanziell, wenn sie die Kosten für die Umsetzung tragen und anschließend die Regelung gekippt wird.

Auch die Langzeitfolgen für die sehr aktive Freifunk-Community in NRW sind bislang nicht abschätzbar, wenn an der bestehenden Regelung festgehalten wird.

Es ist im Interesse Nordrhein-Westfalens unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe gegen seine Bürgerinnen und Bürger zu verhindern und Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure vor europarechtswidriger Regulierung zu schützen.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen die Grundrechtecharta der Europäischen Union.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. sich auf allen Ebenen für die Abschaffung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.
  2. die Bundesregierung aufzufordern, ein Umsetzungs-Moratorium für die Vorratsdatenspeicherung anzuordnen, um Unternehmen und Freifunk-Initiativen nicht unnötig zu Schaden kommen zu lassen
  3. sich im Bundesrat für eine Initiative zur Abschaffung der durch das „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ eingeführten anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen

 

[1]Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-203/15,Tele2 Sverige AB/Post-och telestyrelsen, und C-698/15,Secretary of State for the Home Department/Tom Watson u. a

[2]Pressemitteilung des EuGH http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-12/cp160145de.pdf

Flächendeckend Mängelmelder für ortsbezogene Hinweise einrichten

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

Um die öffentliche Infrastruktur instand halten und verbessern zu können, sind die verantwortlichen Stellen vielfach auf Hinweise der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Das gilt beispielsweise für Mängel an der öffentlichen Infrastruktur wie Schlaglöcher, verschmutzte Spielplätze oder schadhafte Spielgeräte, beschädigte Schilder oder defekte Straßenbeleuchtung ebenso wie für fehlende Barrierefreiheit oder wild entsorgten Müll, von dem Umweltgefahren ausgehen können.

Entsprechende Meldungen scheitern bisher aber häufig daran, dass sich die zuständige Ansprechperson nicht finden lässt. Meldungen über die herkömmlichen Kanäle sind außerdem aufwändig und der Bürgerin / dem Bürger bleibt häufig verborgen, wie damit weiter verfahren wird.

Neben einer zentralen Telefonnummer – analog der einheitlichen „Behördentelefonnummer“ 115 in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens – kann ein internetgestütztes Portal Abhilfe schaffen: Auf einer Karte können Bürgerinnen und Bürger die betroffene Stelle markieren und eine Beschreibung des Problems, gegebenenfalls verbunden mit einem Foto, eingeben. Die eingehenden Meldungen werden an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Für die Bürgerin / den Bürger entfällt somit die zeitraubende Aufgabe, die richtige Ansprechperson ausfindig machen zu müssen. Andere Bürgerinnen und Bürger sehen, dass an dem Problem gearbeitet wird. Die zuständige Stelle gibt auf der Plattform eine Rückmeldung, ob und wann eine Beseitigung des gemeldeten Mangels möglich ist, ggf. auch, dass dies aus bestimmten Gründen nicht möglich ist. Auf diese Weise lässt sich einfach und direkt Transparenz über behördliches Tun herstellen. Das Petitionswesen des Landes zeigt, dass die Unzufriedenheit der Petentinnen und Petenten häufig im Mangel an Rückmeldung begründet ist.

II. Der Landtag stellt fest

Bestehende kommerzielle Angebote verletzen den Datenschutz und werden von den Kommunen vielfach nicht akzeptiert. Ein entsprechendes Meldesystem muss öffentlich, zentral, einheitlich und verbindlich realisiert werden. Deshalb sollte das Land einen entsprechenden nicht-kommerziellen Dienst anbieten, wie es beispielsweise Rheinland-Pfalz bereits tut. Damit wird die Hoheit der Kommunen nicht verletzt, ihnen wird aber eine Hilfe angeboten, die sie für sich nutzen können.

Das frühzeitige Melden und Beseitigen von Infrastrukturmängeln kann den Haushalt entlasten. Zeitnahe Meldungen über Umweltbelastungen (z.B. ausgelaufenes Öl) helfen, Umweltschäden zu minimieren. Im Idealfall kann die Meldung sogar eine erste Anfahrt der zuständigen Behörde überflüssig machen, da das Ausmaß des Schadens durch ein beigefügtes Bild eingeschätzt werden kann und angemessene Maßnahmen unmittelbar eingeleitet werden können. Durch eine GPS-Lokalisierung ist den zuständigen Stellen auch der genaue Standort des Schadens bekannt. Neben finanziellen Aspekten kann durch die Internetplattform auch die Sicherheit auf den Straßen und in öffentlichen Gebäuden erhöht werden, denn ein zugewachsenes Verkehrsschild beispielsweise kann die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

in Abstimmung mit den Kommunen ein zentrales und landesweit anonym nutzbares Internetportal einzurichten oder einrichten zu lassen, über welches Bürgerinnen und Bürger landesweit Hinweise und Anregungen zu Straßen, Radwegen, öffentlichen Gebäuden oder anderer staatlicher Infrastruktur (z.B. Spielplätze, Schilder) geografisch auf einer Karte kennzeichnen, mit einem Foto versehen und auf Wunsch auch zur Bearbeitung einreichen können. Die Einreichung soll auch über mobile Endgeräte wie Smartphones möglich sein. Meldungen sollen an die zuständige Stelle weiter geleitet werden. Die Meldungen und der Stand ihrer Bearbeitung sollen öffentlich einsehbar sein.

Rahmenvertrag zwischen Kultusministerkonferenz (KMK) und VG Wort gefährdet gute Lehre

Veröffentlicht am von unter Anträge.

I. Sachverhalt

Die Kultusministerkonferenz und die Verwertungsgesellschaft WORT (VG Wort) haben einen Rahmenvertrag für die Nutzung der urheberrechtlich geschützten Lernmaterialen geschlossen. Im Statement der KMK vom 5.Oktober 2016 heißt es:

Ab 1. Januar 2017 sind die an Hochschulen nach § 52a UrhG vorgenommenen Nutzungen urheberrechtlich geschützter Schriftwerke und Teilen davon auf der Basis einer Einzelerfassung durch die dem Rahmenvertrag beitretenden Hochschulen selbst mit der VG WORT abzurechnen.

Die Länder tragen damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom März 2013 Rechnung. Danach ist die Vergütung künftig auf Basis einer Erfassung und Meldung der einzelnen an den Hochschulen vorgenommenen Nutzungen über eine von der VG Wort bereitgestellte Eingabemaske zu ermitteln.

Mit dem Beitritt zu dem Rahmenvertrag verpflichtet sich die jeweilige Hochschule zur Erfassung und Meldung werkbezogener Nutzungsdaten an die VG WORT über ein von dieser bereitgestelltes Meldeportal sowie zur Zahlung einer angemessenen Vergütung an die VG WORT.

Dies stellt die Hochschulen vor einen riesigen bürokratischen Aufwand, der Unmengen an Ressourcen und Geldern verschlingen wird. Dies belegt der Abschlussbericht der Universität Osnabrück, die in einem Pilotprojekt die Datenerfassung für den neu vereinbarten Rahmenvertrag mit der VG WORT für das  Wintersemester 2014/15 einmal durchgespielt hat.

Dort ist in den Schlußbemerkungen zu lesen:

Den erfolgten Meldungen mit einem Kostenumfang von ca. 5.000€ (bei 0,8ct/Seite/Teilnehmer) stehen erhebliche Aufwände bei Verwaltung, Serviceeinrichtungen und Lehrenden gegenüber. So investierten Lehrende mindestens 3.900 Minuten = 65 Stunden in die reinen Meldevorgänge, zusätzliche Recherchen, Informationen und Rückfragen nicht eingerechnet. Für den laufenden Support, um Lehrende zu informieren und zu beraten, wären für die Universität Osnabrück dauerhaft ca. 25% einer qualifizierten Stelle notwendig. Weiterer Aufwand würde zukünftig durch die interne Abrechnung entstehen, die nicht Teil des Pilotprojektes war.

Diese Ergebnisse sind alarmierend und fügen dem Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen nachhaltig einen Schaden zu. Ungeachtet der Tatsache, dass die Bereitstellung von Lehr – und Lernmaterialen im Zuge der Wissens – und Informationsgesellschaft grundsätzlich zu überdenken ist, ist der Rahmenvertrag entgegen der sonstigen Strategie der Digitalisierung auch im Wissenschaftsbereich wesensfremd und innovationshemmend.

Mittlerweile verhandeln die Hochschulen mit der VG WORT über einen neuen Abrechnungsmodus analog der Pauschalberechnung des Jahres 2016.

II. Der Landtag stellt fest

  • Der abgeschlossene Rahmenvertrag der KMK und VG WORT verschlechtert die Qualität der Lehre, weil er unnötig Ressourcen bindet.
  • Die KMK hat sich durch die Verlagerung der Abrechnung auf die Hochschulen aus der Verantwortung gezogen.

 

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  • umgehend über die KMK eine Neuverhandlung des Rahmenvertrages mit der VG WORT zu beginnen
  • die Hochschulen umfassend bei der Umsetzung zu beraten und zu unterstützen
  • die notwendigen Mittel für die Vergütung der VG WORT den Hochschulen bereitzustellen
  • freie Lehr – und Lernmaterialien zu fördern und die nötige Infrastruktur vorzuhalten

Videomitschnitt der kompletten Debatte:

Abschiebestopp sofort: Afghanistan ist nicht sicher!

Veröffentlicht am von unter Anträge.

Bereits im Vorfeld der diesjährigen Herbstkonferenz der Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern wurde angekündigt, dass u.a. über Abschiebungen nach Afghanistan beraten werden sollte. Bundesinnenminister Thomas de Mazière drängt schon lange darauf, möglichst viele Menschen in das Krisengebiet zurückzuschieben.

Zu diesem Zwecke hat die Bundesregierung am 02. Oktober 2016 eine Gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit in Fragen der Migration zwischen Deutschland und Afghanistan unterzeichnet. In der Pressemitteilung des BMI heißt es dazu: „Damit besteht nunmehr eine klare und verlässliche Arbeitsgrundlage für die künftige Zusammenarbeit beider Länder insbesondere in den Bereichen freiwillige Rückkehr und Rückführung der jeweiligen Staatsangehörigen in ihr Heimatland.“

Spätestens seit dem jüngsten Anschlag auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-i-Sharif im Norden Afghanistans ist auch einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, dass Afghanistan für Geflüchtete nicht sicher sein kann. Dennoch forderte de Maizière die Länder auf, das Abkommen „zügig mit Leben zu füllen“. Ein Blick auf die landesweit zunehmend eskalierende Gewalt in Afghanistan reicht allerdings aus, um zu begreifen, dass „Rückführungen“ mit unkalkulierbaren Risiken für die Betroffenen einhergehen. Anlässlich der Übergabe der Erkenntnissammlung „Erkenntnisquellen zur Sicherheits- und Gefährdungslage in Afghanistan“ von offiziellen Stellen und Nichtregierungsorganisationen zur prekären Rückkehrsituation versprach der Innenminister von Schleswig-Holstein, sich bei der Innenministerkonferenz gegen Abschiebungen nach Afghanistan auszusprechen. Die Position der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist bislang nicht bekannt – weder dem Parlament noch der Öffentlichkeit.

Afghanische Flüchtlinge haben in Deutschland schon jetzt mit enormen Nachteilen zu kämpfen. Sie dürfen z. B. während der laufenden Asylverfahren nicht an Integrations- und Sprachkursen teilnehmen. Das ist verwunderlich angesichts der relativ hohen Schutzquote von Afghanen.

Das Land NRW sollte dafür sorgen, dass die Einschätzungen von Menschenrechtsorganisationen über die Sicherheitslage in Afghanistan gleichberechtigt in die Beurteilung, ob nach Afghanistan abgeschoben werden kann, einbezogen werden. Bis dahin sollte NRW vom Landesrecht Gebrauch machen, einen Abschiebstopp zu verhängen. Dieser kann auch wiederholt erlassen werden. Das wurde von mehreren rechtlichen Stellungnahmen zum § 60a Abs.1 AufenthG festgestellt.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 

  1. durch einen sofortigen Abschiebestopp nach §60a Abs. 1 AufenthG sicherzustellen, dass in den nächsten Monaten keine Personen nach Afghanistan abgeschoben werden.
  2. sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass der Bundesinnenminister die Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen nach § 23 Abs. 1 AufenthG für Flüchtlinge aus Afghanistan ermöglicht, so dass NRW die entsprechende Regelungen anordnen kann.