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I. Ausgangslage

Verpflichtung KR selbst und zur Bekanntmachung

1992 unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland das UN-„Übereinkommen über die Rechte des Kindes“[1], auch bekannt als „Kinderrechtskonvention.“ Mit dem Inkrafttreten 1992 und der Rücknahme geäußerter Vorbehalte verpflichteten sich Politik und Gesellschaft Kindern und Jugendlichen umfassende Schutz-, Förderungs- und Beteiligungsrechte im öffentlichen und privaten Raum zu garantieren. Die Anerkennung dieser Verpflichtung bestätigten Nordrhein-Westfalens Regierungsfraktionen im vergangenen Jahr noch einmal explizit. Ebenso explizit wurde bei dieser Gelegenheit geschildert, dass es in unserem Land noch immer dazu kommt, dass Kinder und Jugendliche in ihren anerkannten Menschenrechten verletzt werden. Offen zugegeben wird weiterhin:

„Nüchtern betrachtet muss festgestellt werden, dass die UN-KRK in zahlreichen Bereichen unzureichend umgesetzt und noch immer zu wenig bekannt ist.“[2]

Dieser Zustand ist im Jahr 2017 – also nachdem ein Vierteljahrhundert vergangen ist – nicht mehr zu tolerieren. Tatsächlich ist die Unkenntnis bezüglich der Menschenrechte der Kinder in Deutschlang erschreckend. Seit 2002 veröffentlicht das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. jährlich den sogenannten „Kinderreport“. Hierfür werden sowohl Jugendliche und Kinder ab 10 Jahren als auch Erwachsene in repräsentativen Umfragen auch zur Bekanntheit der Kinderrechte und der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen befragt. Die Ergebnisse der jüngsten Befragungen im Kinderreport Deutschland 2016 verdeutlichen, dass eine Intensivierung der Anstrengung zur Bekanntmachung der Rechte von Kindern und Jugendlichen dringendst geboten ist. Die den Teilnehmern gestellte Frage lautete: „Ist dir/Ihnen bekannt, dass es weltweit geltende Rechte von Kindern gibt, die in einer UN-Kinderrechtskonvention festgelegt sind?“

Nur 15% der Kinder und Jugendlichen und sogar nur 14% der Erwachsenen wählten die Antwortmöglichkeit „da kennt ich mich ganz gut aus“. 62% der Minderjährigen und 77% der Erwachsenen gab hingegen zu: „Das Thema Kinderrechte kenne ich nur vom Namen her“ – und immerhin 23% der Kinder und Jugendlichen und 9% der Erwachsenen sagte, „davon habe ich noch nichts gehört oder gelesen“.[3]

Wenn 85% der Kinder und Jugendlichen und 86% der Erwachsenen in Deutschland Kinderrechte allenfalls vom Namen her kennen, kann niemand aufrichtig davon ausgehen, dass diese im Alltag zu jeder Zeit respektiert werden. Im Gegenteil formuliert das Kinderhilfswerk zutreffend: „Nur wer ein Recht kennt, kann sich aktiv darauf berufen und seine Umsetzung befördern oder einfordern.“[4]

Sachverständige bezeichnen Deutschland nicht umsonst als „Entwicklungsland in Sachen Kinderrechte“.[5] An dieser Stelle muss auch das Land Nordrhein-Westfalen seine Verpflichtungen wahrnehmen und alles in seinen Möglichkeiten Liegende tun, um die verhängnisvolle Unwissenheit in der Bevölkerung zu bekämpfen.

Eine Vorreiterrolle hatte sich NRW vor der Jahrtausendwende schon einmal erarbeitet, als es als einziges Bundesland neben Sachsen-Anhalt einen Kinderrechtsbeauftragten beschäftigte und zum Beispiel mit kindgerechten Publikationen vorbildliche Wege einschlug. Nachdem sich der Landtag im vergangenen Jahr leider entschied, dem Antrag der PIRATEN auf die Wiedereinsetzung eines bzw. einer unabhängigen Landesbeauftragten für die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen in NRW nicht zu folgen, müssen Landesparlament und insbesondere Landesregierung sich der Verantwortung selbst stellen und Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, der fatalen Unkenntnis in Bezug auf die Rechte des Kindes entgegenzuwirken.

Das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen zitierte Herrn Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, schon vor zwei Jahren mit den Worten:

„Die Ergebnisse des Kinderreports 2015 zeigen, dass wir in Deutschland eine Bildungsoffensive in Sachen Kinderrechte brauchen, die Kinder und Erwachsene erreicht. Kinderrechte sind kein Gedöns, sie gehören ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit.“[6]

Diese Aussage hat nicht an Gültigkeit verloren. Der jüngst glücklicherweise nochmals bekundete Wille, „dafür Sorge zu tragen, dass die UN-Kinderrechtskonvention in Nordrhein-Westfalen einen höheren Bekanntheitsgrad erlangt“[7], muss sich nun in konkreten Maßnahmen niederschlagen, wie sie auch von Bürgern im Beteiligungsverfahren „Digitaler Kompass“[8] online und in Workshops in Zusammenarbeit mit der Piratenfraktion erarbeitet wurden.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Kinderrechte sind Menschenrechte. Das Land Nordrhein-Westfalen und seine Regierung bekennen sich weiterhin zum UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes und den daraus erwachsenden Verpflichtungen.
  2. Die Landesregierung muss dafür Sorge tragen, dass Kinder in Nordrhein-Westfalen nicht in ihren Menschenrechten verletzt werden und steht hier umso mehr in Verantwortung, solange kein Landesbeauftragter für die Rechte und Belange von Kindern mit dieser Aufgabe betraut ist.
  3. Damit Kinder und Jugendliche in ihren Rechten respektiert werden, müssen diese sowohl ihnen als auch allen anderen bekannt sein. Zu viele Menschen in unserem Land kennen „Kinderrechte“ jedoch nur vom Namen her oder sogar gar nicht.
  4. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine ihrem Alter angemessene Beteiligung in allen sie betreffenden Fragen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. endlich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um alle Menschen in Nordrhein-Westfalen über die Menschenrechte der Kinder zu informieren und dafür erforderliche finanzielle Mittel bereitzustellen.
  2. sicherzustellen, dass die Aufklärung über die Rechte von Kindern und Jugendlichen und Hilfsangebote für in ihren Rechten verletze Minderjährige Teil der Ausbildung aller Fachkräfte wird, deren Handeln Kinder betrifft – und dafür Sorge zu tragen, dass das bereits tätige Personal bei Bedarf Fortbildungen zu diesen Inhalten erhält.
  3. Kindern und Jugendlichen Informationen über ihre Rechte, Hilfsangebote und Beteiligungsmöglichkeiten leicht zugänglich zu machen und altersgerecht zu präsentieren. Sie sollen in dieser Form insbesondere auch auf den Webseiten aller Bildungseinrichtungen zu finden sein.
  4. Kinder und Jugendliche verschiedenen Alters insbesondere insofern am Prozess zu beteiligen, als dass sie die Möglichkeit erhalten, Missstände und Schwierigkeiten in Bezug auf die Achtung ihrer Rechte aus ihrer Sicht zu schildern und ihre Beschwerden und Wünschen in der Realisierung der oben genannten Maßnahmen bestmöglich zu berücksichtigen.

[1] http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CRC/crc_de.pdf.

[2] Drs. 16/12116, S.1.

[3] Deutsches Kinderhilfswerk e.V.: „Kinderreport Deutschland 2016“, S.10.

https://images.dkhw.de/fileadmin/Redaktion/1_Unsere_Arbeit/1_Schwerpunkte/2_Kinderrechte/2.2_Kinderreport_2015_2016/Kinderreport_2016_Deutsches_Kinderhilfswerk.pdf?_ga=1.109763589.1899096621.1473865514.

[4] Ebd. S.9.

[5] APr 16/1350, S.11.

[6] http://www.familie-in-nrw.de/archiv-meldungen.html?&no_cache=1&tx_prnews[showUid]=1097&tx_prnews[originalPid]=1669&tx_prnews[tstamp]=1424358062&tx_prnews[rel]=1109%2C1106%2C1105%2C1104%2C1103%2C1101%2C1097%2C1096.

[7] Drs. 16/1216, S.14.

[8] http://www.digitaler-kompass.de/.

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