Anträge – Piratenfraktion im Landtag NRW https://www.piratenfraktion-nrw.de Blog der 20 Piraten - Klarmachen zum Ändern! Wed, 31 May 2017 22:04:58 +0000 de-DE hourly 1 Überwachung und Datenzugriff im Bereich der Telekommunikation, Fortsetzung: Werden Funkzellenabfragen, Stille SMS und IMSI – Catcher zum Standard bei Ermittlungen nordrhein – westfälischer Sicherheitsbehörden? https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/04/ueberwachung-und-datenzugriff-im-bereich-der-telekommunikation-fortsetzung-werden-funkzellenabfragen-stille-sms-und-imsi-catcher-zum-standard-bei-ermittlungen-nordrhein-westfaelischer-sicherhei/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/04/ueberwachung-und-datenzugriff-im-bereich-der-telekommunikation-fortsetzung-werden-funkzellenabfragen-stille-sms-und-imsi-catcher-zum-standard-bei-ermittlungen-nordrhein-westfaelischer-sicherhei/#respond Mon, 10 Apr 2017 11:11:02 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=453036 Große Anfrage

Drucksache 16/13803

 

Antwort der Landesregierung

Drucksache 16/14528

 

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Einmischen, aber richtig! Jugendpartizipation stärken! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/einmischen-aber-richtig-jugendpartizipation-staerken/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/einmischen-aber-richtig-jugendpartizipation-staerken/#respond Wed, 29 Mar 2017 15:02:45 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452885 Weiterlesen »]]> Gemeinsamer Antrag der SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN

I. Ausgangslage

Junge Menschen sind in vielfältiger Weise von landespolitischen Entscheidungen betroffen. Sie sind politisch interessiert und engagiert, das legt auch der 10. Kinder- und Jugendbericht dar, in dem festgestellt wird: Junge Menschen engagieren sich stark in Verbänden und Organisationen, Schulen oder für soziale, kulturelle und sportliche Zwecke. Kinder und Jugendliche haben nach der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Beteiligung. Der Schlüssel dazu ist eine aktive einmischende Jugendpolitik, die die Bedürfnisse und Vorstellungen junger Menschen aufgreift, vor allem Partizipation ermöglicht und junge Menschen als Vertreterinnen und Vertreter eigener politischer Interessen ernst nimmt.

Die Frage, wie die politischen Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen auf Landesebene gestärkt werden können, wurde in dieser Wahlperiode von den jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Landtagsfraktionen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des Landesjugendrings, des Kinder- und Jugendrats NRW und der LandesschülerInnenvertretung im Rahmen von insgesamt vier Workshops intensiv diskutiert.

Um den konstruktiven Dialog in der nächsten Wahlperiode fortzusetzen, wurde am 10. November 2016 von allen Beteiligten eine Absichtserklärung unterzeichnet, die zum einen die auf den Workshops erreichten Zwischenergebnisse festhalten und zum anderen die Fortsetzung des Prozesses zur Weiterentwicklung von Jugendbeteiligung auf Landesebene in Nordrhein-Westfalen in der kommenden Wahlperiode fördern soll.

II. Der Landtag begrüßt

  • dass die Landtagsfraktionen ihren Willen bekräftigen, den Prozess „Jugendpartizipation“ auch über die 16. Wahlperiode hinaus gemeinsam mit den jugendpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Landtagsfraktionen und mit Vertreterinnen und Vertretern des Landesjugendrings, des Kinder- und Jugendrats NRW und der LandesschülerInnenvertretung fortzusetzen. Ziel soll es sein, den Prozess zur Beteiligung junger Menschen auf Landesebene sicherzustellen und voranzutreiben. Dabei sollen die Interessen und Bedürfnisse der Jugendlichen sowie nach Möglichkeit wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem In- und Ausland berücksichtigt werden.
  • dass die Landtagsfraktionen ihren Wunsch bekräftigen, den Prozess der politischen Partizipation von jungen Menschen so zu gestalten, dass diese Gesellschaft und Politik mitgestalten können und die Politik ihre Belange mitdenkt.
  • dass die Landtagsfraktionen die Idee eines Forums junger Menschen zur Beteiligung im Sinne der Vereinbarungen vom 10. November 2016 anerkennen und zusammen mit den jungen Menschen in Nordrhein-Westfalen weiterentwickeln wollen.
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PKW-Maut von CDU, SPD und CSU durch den Bundesrat stoppen. https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/pkw-maut-von-cdu-spd-und-csu-durch-den-bundesrat-stoppen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/pkw-maut-von-cdu-spd-und-csu-durch-den-bundesrat-stoppen/#respond Wed, 29 Mar 2017 14:42:42 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452881 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Am 24. März 2017 hat der Bundestag in namentlicher Abstimmung mit Stimmen von Abgeordneten der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion der für die Einführung der „PKW-Maut nach Dobrindt“ erforderlichen Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes zugestimmt. Die geplante PKW-Maut steht damit vor der Einführung, sofern nicht von den Mitgliedern des Bundesrats ein Vermittlungsausschuss angerufen wird. Der Vermittlungsausschuss kann die PKW-Maut bis zur Bundestagswahl verzögern und dadurch erneut auf den Prüfstand stellen. Die Bundesländer können jedoch auch entscheidende Änderungen erreichen.

Hierbei ist es von größter Bedeutung, dass nicht ein ungenügender Kompromiss geschlossen wird, sondern wirklich Verbesserungen und vor allem Vereinfachungen erreicht werden.

Die NRW-Landesregierung stellt in Aussicht, der teuren PKW-Maut letztlich zuzustimmen, wenn Ausnahmen für Grenzregionen ermöglicht würden. Zwar wurde die PKW-Maut auf Grund der Grenzsituation mit der Schweiz und Österreich erfunden, dennoch ist das Anliegen zunächst verständlich: Die Grenzregionen würden wirtschaftlich und gesellschaftlich besonders stark unter der Einführung der PKW-Maut leiden.

Allerdings würden zusätzliche Ausnahmen die sowieso unnötig komplexe PKW-Maut weiter verkomplizieren und verteuern. Die PKW-Maut muss – sofern sie nicht zu verhindern ist – insgesamt deutlich vereinfacht werden, denn nur dann besteht die Chance, dass durch sie überhaupt Geld eingenommen werden kann.

Die derzeit geplante Maut-Infrastruktur hat eine Komplexität, die für die Aufgaben, die geplanten Tarife, nicht benötigt wird. Eine solche überdimensionierte Überwachungs­infrastruktur wäre allemal für kombinierte Kilometer- und Zeittarife notwendig. Eine angemessenere, einfache Ausführung einer PKW-Maut ist die Vignette. Die intelligenteste Variante jedoch ist Nutzung der Energiesteuer (Mineralölsteuer). Eine entsprechende Erhöhung der Energiesteuer würde kaum bürokratischen Aufwand bedeuten und das Geld könnte nahezu vollständig für die Infrastruktur verwendet werden. Es ergäbe sich sogar ohne zusätzlichen Aufwand eine politisch wünschenswerte Lenkungswirkung – ganz ohne die Risiken, die bei dem Aufbau einer Überwachungsinfrastruktur entstehen würden.

Die PKW-Maut hat wirksame Finanzierungs-Lösungen und die Debatte um die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur bereits über Jahre blockiert. Sie darf nicht zusätzlich der Einführung von Straßenprivatisierungen dienen. Im Gegenteil müssen die verkehrsträgerübergreifende Sanierung der Infrastruktur und die priorisierte Investition in eine smartgerechte Verkehrswende zu den wichtigsten verkehrspolitischen Themen werden.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

in einem Vermittlungsausschuss des Bundestags und Bundesrats, zur PKW-Maut (Infrastrukturabgabengesetz) die folgenden Forderungen einzubringen und zu verhandeln:

  • Die Nutzung von intelligenten und einfachen Alternativen zur PKW-Maut, wie die Energiesteuer.
  • Die massive Vereinfachung der PKW-Maut z.B. auf Basis von Vignetten.
  • Ein allumfassendes und dauerhaftes Verbot der Nutzung der Maut-Infrastruktur für jegliche Zwecke, die nicht der Mauterfassung dienen.
  • Das dauerhafte Ausschließen der Nutzung der PKW-Maut, der Maut-Daten oder der Maut-Infrastruktur für die Privatisierung von Autobahnen und Bundesstraßen sowie für die entsprechende Abrechnung – einschließlich aller Statistiken, die zur Privatisierung und Bewertung herangezogen werden.
  • Neue finanzielle Mittel müssen mit hoher Priorität für die Verkehrswende aufgebracht werden. Dazu gehören die Finanzierung der Sanierung alter Stadtbahntrassen und -tunnel durch den Bund und die Investition des Bundes in einen massiven Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs.
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Das Fach Informatik an allen nordrhein-westfälischen Schulen stärken! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/das-fach-informatik-an-allen-nordrhein-westfaelischen-schulen-staerken/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/das-fach-informatik-an-allen-nordrhein-westfaelischen-schulen-staerken/#respond Wed, 29 Mar 2017 14:41:04 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452879 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

In der Diskussion über die Bildungsaufgaben für ein Leben in der digitali­sierten Welt wird der hohe Stellenwert des Fachs Informatik allgemein an­erkannt. Denn: „Informatik ist die Be­zugswissenschaft sowohl für die di­gitale Bildung wie auch für die Entwicklung der Medien­kompetenz und für den Übergang von der Industriegesellschaft zur Informationsgesell­schaft.“ (Fachgruppe Informatische Bildung Nordrhein-Westfalen in der Gesellschaft für Infor­matik, Stellungnahme 16/3815) Diesem hohen Stellenwert für eine zeitgemäße Allgemeinbil­dung kann nicht allei­n mit der Vermittlung von informatischen Grundkenntnissen in anderen Fächern entspro­chen werden.

Ein Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus zeigt, dass in anderen Ländern bereits An­sätze existieren, um informatisches Denken bereits für Kinder im Grundschulalter verfügbar zu ma­chen. Beispielsweise in England wurde zum Schuljahr 2014/15 das Fach „Computing“ als Pflichtfach ab der 1. Klasse eingeführt. Neben dem Erwerb von Medienkompetenz zielt der Kernlehrplan in England auch darauf ab, ein Verständnis für grundlegende Konzepte der In­formatik bei den Schülerinnen und Schülern zu schaffen (vgl. Renate Acht, Wie passt ein Video durchs Kabel? Informatische Bildung im Primarbereich, in: Schule NRW, 07/08 2015, S. 327ff.). Auch in Nordrhein-Westfalen ist mit dem Projekt „Informatik an Grundschulen“ ein erster Schritt in diese Richtung unternommen worden. In diesem Projekt wird an fünf Grund­schulen in NRW erprobt, wie informatische Bildung ohne den Einsatz von Informatiksyste­men für Grundschülerinnen und Grundschüler gestaltet werden kann.

Im Ganzen betrachtet ist das Fach Informatik an den nordrhein-westfäli­schen Schulen im Ver­gleich zu den meisten anderen Fächer nur schwach vertreten. Gegenwärtig wird Informa­tik als Wahlpflichtfach in der Sekun­darstufe I angeboten. Zu Beginn der gymnasialen Ober­stufe kann es als Grundkurs gewählt werden und in der Qualifikationsphase auch als Leis­tungskurs weitergeführt werden. So kann Informatikunterricht zwar an der Mehrzahl der wei­terführenden Schulen angeboten werden, aber auf das Fach entfällt nur ein kleiner Unter­richtsanteil. 

Es wird auch nur von relativ wenig Schülerinnen und Schülern in der gymnasia­len Oberstufe gewählt. Dabei belegen in der gymnasialen Oberstufe nur sehr wenige Schüle­rinnen das Fach. Im Schuljahr 2015/16 wur­den in der gymnasialen Oberstufe insgesamt 42041 Schülerinnen und Schüler im Fach Infor­matik unterrichtet, darunter ledig­lich 10472 Schülerinnen. Unter den 1576 Schülerinnen und Schülern, die im Schuljahr 2015/16 in der Qualifikationsphase Informatik als Leistungskurs be­legt haben, finden sich nur 287 Schüle­rinnen (vgl. Das Schulwesen in Nordrhein-Westfalen aus quantitativer Sicht 2015/16, hrsg. v. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Lan­des Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2016, S. 92).

Auch wird das Fach Informatik oftmals von Lehrerinnen und Lehrern unter­richtet, die keine Lehrbefähigung für dieses Fach haben. Im Bericht zur Aktuellen Situation bezüglich des Fachs Informatik (Vorlage 16/4904) gibt die rot-grünen Landesregierung zum fachfremd er­teilten Unterricht im Fach Informatik für das Schul­jahr 2016/17 Quoten zwischen 36,2% an Gymnasien und 82,8% an Hauptschulen an. Dies zeigt, dass Fachlehrer für Informatik in den Kollegien nicht ausreichend vertreten sind. Es ist anzunehmen, dass sich die Situation in Zukunft noch verschärft. Hierauf weist bei­spielsweise Klaus Klemm in seiner aktualisierten Version der Studie „Lehrerinnen und Lehrer der MINT-Fächer: Zur Bedarfs- und Angebots­entwicklung in den allgemein bildenden Schu­len der Sekundarstufen I und II am Beispiel Nordrhein-Westfalens“ aus wem Juli 2015 hin. Für die Bestandsentwick­lung der Lehrkräfte dieses Fachs bis zum Schuljahr 2025/26 erwartet Klemm einen Rück­gang auf 52% des Wer­tes des Schul­jahrs 2012/13. Als Bedarfsdeckungs­quote bis zum Schuljahr 2025/26 prognos­tiziert Klemm für das Fach Informatik lediglich eine Quote von 25%.

II. Der Landtag stellt fest

  • Angesichts der zentralen Bedeutung des Fachs Informatik für die Bildung in der digi­talisierten Welt ist anzustreben, dass mehr Kinder und Jugendliche in die­sem Fach unterrichtet werden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  • wirksame Maßnahmen zur Stärkung des Fachs Informatik zu ergreifen und dabei insbeson­dere gegenüber den Hochschulen, die Standorte der Lehrerausbildung sind, anzuregen, die Kapazitäten für die Lehramtsstudiengänge für das Fach Informatik auszubauen, so dass auf Zulassungsbeschrän­kungen für diese Studiengänge möglichst verzichtet werden kann.
  • in der Lehramtszulassungsverordnung das Studienfach Informatik bei den Studien­gängen der weiterführenden Schulen (§3 Abs. 2 und §4 Abs. 2) in die Liste jener Fä­cher aufzunehmen, die mit einem beliebi­gen zweiten Fach kombiniert werden können.
  • das Projekt „Informatik an Grundschulen“ mit dem Ziel fortzuführen, die verbindliche Aufnahme von Lerninhalten der informatischen All­gemeinbildung in den Unterricht der Grundschulen vorzu­bereiten.
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Die Game- und Netzkultur lebt mit dem Streaming: Veraltete Rundfunkkonzepte der Medienanstalten müssen für das digitale Zeitalter neu konzipiert werden! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/die-game-und-netzkultur-lebt-mit-dem-streaming-veraltete-rundfunkkonzepte-der-medienanstalten-muessen-fuer-das-digitale-zeitalter-neu-konzipiert-werden/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/die-game-und-netzkultur-lebt-mit-dem-streaming-veraltete-rundfunkkonzepte-der-medienanstalten-muessen-fuer-das-digitale-zeitalter-neu-konzipiert-werden/#respond Wed, 29 Mar 2017 14:23:15 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452876 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Gemäß des aktuell gültigen Rundfunkstaatsvertrages braucht ein regelmäßig ausgestrahltes Liveprogramm für über 500 Personen eine Zulassung als Rundfunkangebot. Demnach hat am 21. März die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten beschlossen, einem beliebten Streaming-Kanal aus NRW, der auf der Streaming-Plattform „Twitch“ den Betrieb untersagen, wenn kein Zulassungsantrag gestellt wird.

Diese Einschätzung des ZAK entspricht der zurzeit gültigen Rechtslage. Problematisch ist jedoch die Übertragung von Regelungen, die für traditionellen Rundfunk geschaffen worden sind, auf das Internet. Streaming-Angebote, wie im aktuellen Fall für das sogenannte „Let’s Play“ – der Liveübertragung von Gaminghandlungen ins Netz – sind fluktuierend. Die Streaming-Angebote sind nicht immer mit kommerziellen Absichten verbunden.

Jede Privatperson im Netz kann mit entsprechender Motivation selbst zum Live-Sender werden und damit Teil einer netztypischen „n:n-Kommunikation“ (Nutzer zu Nutzer). Diese Form der Kommunikation bedeutet, dass ein Sender gleichzeitig Empfänger ist und diese Rolle sich je nach Blickwinkel und aktueller Aktivität ändern kann. Ein Sender nach traditioneller Auffassung von Rundfunk strahlt aus und wird von einem Publikum empfangen. Der Sender selbst ist kein Empfänger.

Zusätzlich muss beachtet werden, dass die Anbieter von solchen Live-Streams nicht die Inhaber der jeweiligen technischen Plattform sind, von der aus sie ihr Angebot zur Verfügung stellen. Daher ist es notwendig, die Rolle der jeweiligen Streaming-Plattform zu evaluieren.

II. Der Landtag stellt fest

  • Die aktuell gültige Rechtslage im Rundfunkstaatsvertrag für genehmigungspflichtigen Rundfunk ist für die Art und Form von Video-Liveübertragungen im Internet nicht in allen Aspekten übertragbar.
  • Für die Live-Übertragungen von Audioinhalten gelten nicht dieselben Regeln.
  • Einzelpersonen ohne kommerzielle Interessen können potenziell ein großes Publikum im Netz erreichen. Dies würde nach derzeitiger Rechtslage zu hohem bürokratischen Genehmigungsaufwand führen, der nicht gerechtfertigt ist und Innovation hindert.
  • Die Situation bezüglich Live-Streaming-Angeboten muss bezüglich der Anbieter von technischen Streaming-Plattformen und der jeweiligen einzelnen Streamer getrennt evaluiert werden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  • Die Unterschiede zwischen traditionellem Rundfunk und Live-Streaming-Angeboten im Internet zu evaluieren
  • die Unterschiede zwischen den jeweiligen Technischen Streaming-Plattformen und einzelnen Live-Streamern zu untersuchen
  • Die Ergebnisse der oben genannten Prüfaufträge für die Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages zu nutzen
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Lehren aus der Legislaturperiode ziehen: Der Landtag muss Grundpfeiler einer effektiven Breitbandpolitik setzen. https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/lehren-aus-der-legislaturperiode-ziehen-der-landtag-muss-grundpfeiler-einer-effektiven-breitbandpolitik-setzen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/lehren-aus-der-legislaturperiode-ziehen-der-landtag-muss-grundpfeiler-einer-effektiven-breitbandpolitik-setzen/#respond Thu, 09 Mar 2017 11:42:55 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452663 Weiterlesen »]]>

I. Ausgangslage

Die Entwicklung einer leistungsfähigen und flächendeckenden digitalen Infrastruktur ist für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen von entscheidender Bedeutung im digitalen Zeitalter. Gesellschaftliche Teilhabe, die Attraktivität des ländlichen Raums sowie die Umstellung auf digitale Wertschöpfung hängen direkt von der Existenz eines schnellen Netzzugangs ab.
Im Laufe dieser Legislaturperiode hat diese Erkenntnis dazu geführt, dass der Förderung des Breitbandausbaus vermehrt Relevanz in der Bundes- wie in der Landespolitik beigemessen wurde.

Die Förderpolitik steht dabei vor zwei grundlegenden Herausforderungen. Zum einen gilt es, die digitale Spaltung zu überwinden, also Regionen mit schlechter Kommunikations­infrastruktur nicht weiter zurückfallen zu lassen. Und zum anderen müssen zukunftsfeste Glasfasernetze gelegt werden, um dem steigenden Bedarf von Unternehmen, öffentlichen Institutionen und Privathaushalten gerecht zu werden.

Trotz eines verstärkten Engagements der Landesregierung konnten für beide genannten Kernziele keine Durchbrüche erreicht werden. Im ländlichen Raum ist mehr als jeder zweite Haushalt von einer 50 Mbit/s-Versorgung abgeschnitten. Und auch die schnellen Glasfaseranschlüsse sind mit einem Verbreitungsgrad von nur 6,9 Prozent noch immer sehr selten in Nordrhein-Westfalen.

Daher ist es wichtig, die notwendigen Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, um der Breitbandförderung in Zukunft mehr Effektivität zu verleihen:

a) Anstatt wie in der Vergangenheit auf kurzfristige Ausbauziele (z.B. 50 Mbit/s) zu setzen, die nach kurzer Zeit nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen und durch neue Förderprogramme ertüchtigt werden müssen, ist es notwendig, echte Glasfaseranschlüsse als Infrastrukturziel der Breitbandförderung zu definieren.

Denn Glasfaseranschlüsse bieten viele Vorteile. Sie zeichnen sich neben der hohen Geschwindigkeit durch weitere Qualitätsmerkmale, wie geringe Energiekosten, geringe Latenz und symmetrische Bandbreiten aus. Auch der zukünftige Mobilfunkstandard 5G ist von einem engmaschigen Glasfasernetz abhängig.

b) Nur wenn der Glasfaserausbau als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge begriffen wird im Kontext der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse, ist eine flächendeckende Versorgung in den nächsten Jahren realistisch.

c) Unrealistisch hingegen sind Förderziele, ohne Zwischenziele (Meilensteine) definiert und ein entsprechendes Monitoring eingesetzt zu haben. Dies muss in Zukunft beachtet werden.

d) Regionale Netzbetreiber auf Glasfaserbasis und Netze in Bürgerhand müssen in das Zentrum der Förderpolitik gestellt werden. Allen Initiativen auf Bundes- und EU-Ebene mit der Absicht, das Kommunikationsnetz im Sinne eines „national champions“ zu re-monopolisieren, ist entschieden entgegenzutreten.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Trotz eines verstärkten Engagements der Bundes- und Landespolitik sind die zwei Kernziele der Breitbandförderung, nämlich die digitale Spaltung zu überwinden und zukunftsfeste Kommunikationsnetze aufzubauen, nach wie vor ungelöst.
  • Nordrhein-Westfalen hat aufgrund des hohen Urbanisierungsgrads eine vergleichsweise gut ausgebaute Infrastruktur mit Kupferkabeln. Dies darf in Zeiten der Gigabit-Kommunikation jedoch nicht dazu führen, dass Investitionen in Glasfasernetze unterbleiben.
  • Der Landtag begrüßt die Absichtserklärung der Landesregierung, eine flächendeckende Gigabit-Infrastruktur bis in das Jahr 2025 zu errichten. Weiterhin ungeklärt sind die Instrumente mit denen das Ziel erreicht werden soll sowie die zu erreichenden Zwischenziele (Meilensteine).

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • den Breitbandausbau auf Basis der folgenden Kernpunkte verstärkt zu fördern und sich auf allen politischen Ebenen für diese einzusetzen:
  • Der Breitbandförderung ist an dem Infrastrukturziel Glasfaserausbau (FttB/H) auszurichten.
  • Die Versorgung mit schnellem Internet muss als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge definiert werden, da es einen wichtigen Baustein für die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse darstellt.
  • Zudem müssen zukünftig überprüfbare Zwischenziele (Meilensteine) benannt und eingehalten werden. Ein entsprechendes Monitoring ist einzurichten.
  • Weiterhin ist die Förder- und Regulierungspolitik verstärkt auf regionale Netzbetreiber sowie auf die Chancen von Netzen in Bürgerhand auszurichten. Eine Stärkung der marktbeherrschenden Unternehmen und damit eine Re-Monopolisierung der Netze ist hingegen abzulehnen.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

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Lehren aus der Causa Wendt ziehen – ungerechtfertigte Freistellungspraxis zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für Gewerkschafter beenden https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/lehren-aus-der-causa-wendt-ziehen-ungerechtfertigte-freistellungspraxis-zu-lasten-der-steuerzahlerinnen-und-steuerzahler-fuer-gewerkschafter-beenden/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/lehren-aus-der-causa-wendt-ziehen-ungerechtfertigte-freistellungspraxis-zu-lasten-der-steuerzahlerinnen-und-steuerzahler-fuer-gewerkschafter-beenden/#comments Thu, 09 Mar 2017 11:40:24 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452661 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Nach Berichten der Fernsehsendung „Report München“, wurde bekannt, dass der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Reiner Wendt bereits seit Dezember 2000 ohne gesetzliche Grundlage freigestellt wurde.

Diese Praxis wurde auch in zwei weiteren Fällen aufgedeckt und zeigt, dass systematisch in Landesregierungen, genehme Menschen mit solchen Besoldungen und Posten bedacht werden. Diese Versorgungspraxis ohne Gegenleistung ist ein neuerlicher Skandal und widerspricht jeglichen Grundsätzen des Beamtenrechtes des Landes Nordrhein-Westfalen.

Nicht auszuschließen ist, dass es in anderen Zuständigkeitsbereichen der Landesregierung zu ähnlichen Praktiken gekommen ist.

Innenminister Jäger sagte in der Pressekonferenz am 06.März 2017, dass es eine faktische Freistellung wie im Fall Wendt werde es nicht mehr geben. Der Raum für gewerkschaftliche Arbeit solle dennoch erhalten bleiben. „Möglicherweise hat sich da in der Verwaltungspraxis etwas verselbstständigt.“

Zum wiederholten Male offenbaren der Innenminister und diese Landesregierung Versäumnisse in der Amtsführung.

II. Der Landtag beschließt:

  1. eine sofortige Beendigung der Freistellung ohne gesetzliche Grundlage von Landesbeamtinnen und Landesbeamten
  1. eine lückenlose Aufklärung der Causa Wendt und dem zuständigen Ausschuss im Landtag einen Abschlussbericht vorzulegen
  1. alle Beamtenverhältnisse und Angestelltenverhältnisse im Landesdienst zu überprüfen, ob ähnliche Freistellungen ohne gesetzliche Grundlage bestehen und dem Landtag umgehend darüber zu berichten.
  1. Die Landesbetriebe und die Hochschulen des Landes darauf zu überprüfen, ob ähnliche Freistellungen ohne gesetzliche Grundlage bestehen und dem Landtag umgehend darüber zu berichten.

Redebeitrag von Torsten Sommer in der Plenardebatte zu Causa Wendt:

Redebeitrag von Frank Herrmann in der Plenardebatte zu Cause Wendt:

Komplette Debatte:

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Für die Einführung eines spartenübergreifenden Creative Commons Preises in NRW! Freien Zugang von digitalisierten Kunst- und Kulturgütern für die Zukunft absichern und die Verwendung von freien Lizenzen anregen. https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/fuer-die-einfuehrung-eines-spartenuebergreifenden-creative-commons-preises-in-nrw-freien-zugang-von-digitalisierten-kunst-und-kulturguetern-fuer-die-zukunft-absichern-und-die-verwendung-von-freien-l/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/fuer-die-einfuehrung-eines-spartenuebergreifenden-creative-commons-preises-in-nrw-freien-zugang-von-digitalisierten-kunst-und-kulturguetern-fuer-die-zukunft-absichern-und-die-verwendung-von-freien-l/#respond Thu, 09 Mar 2017 11:39:18 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452659 Weiterlesen »]]>

I. Sachverhalt

Die Digitalisierung von Kunst- und Kulturgütern, gerade derer im Besitz der vielfältigen Museen in NRW, unterliegt in vielen Fällen urheberrechtlichen Schranken. Die Werke dessen Urheberrechtsschutz bereits abgelaufen ist, könnten jedoch bereits digitalisiert werden und gemeinfrei der Netzöffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Für die Werke, dessen Schutz noch besteht, müssen Kulturinstitutionen Lizenzen und Bedingungen aushandeln, wenn sie einzelne Stücke oder Sammlungen im Netz zur Verfügung stellen wollen.

Aufgrund dieser Situation wurden alternative Lizenzen entwickelt, die als Zusatz zum bestehenden Urheberrecht verwendet werden können. Diese Creative Commons Lizenzen (dt. Übersetzung: „kreatives Allgemeingut“) ermöglichen es Künstlerinnen und Künstlern unter sechs verschiedenen Lizenzverträgen die Vertragsart zu wählen, die ihren Wünschen und Bedürfnissen zur Veröffentlichung am besten entspricht. Die Verträge legen fest, ob der Name der Autorin oder des Autors erscheinen soll, oder ob das Werk bearbeitet, also geremixed werden darf.

Bei Creative Commons Lizenzen werden Bedingungen zur kommerziellen Weiternutzung aufgestellt. Creative Commons ergänzt und ersetzt das bisherige „Alle Rechte vorbehalten“ mit „Einige Rechte vorbehalten“. Für die Nutzung der Lizenzen entstehen keine Kosten, während das „klassische“ Urheberrecht in Deutschland gültig bleibt.

Die Nutzung von Creative Commons Lizenzen ermöglicht es, die Bereitstellung aktueller und neuester Werke für die Digitalisierung und der frei zugänglichen Veröffentlichung im Netz einfacher und effektiver zu gestalten.

Dieses Lizensierungsmodell muss einen größeren Bekanntheitsgrad erreichen, damit es häufiger in der Praxis genutzt wird. Aus diesem Grund stellt ein spartenübergreifender Förderpreis für Creative Commons Werke einen sinnvollen Anreiz  für Kreative, Künstlerinnen und Künstler in NRW sich mit diesen alternativen Lizenzmodellen auseinanderzusetzen und diese für sich zu nutzen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat bereits dafür gesorgt, dass sich entsprechende Infrastruktur bezüglich der proaktiven Verwendung von Creative Commons Lizenzen bereits im Land etabliert. Die alternative Verwertungsgesellschaft für Musik, C3S, hat sich aufgrund von Fördermitteln vom Kreativcluster in Düsseldorf niedergelassen.

Diese Förderpraxis kann durch die Einrichtung eines spartenübergreifenden Förderpreises für Werke unter Creative Commons Lizenz weiter ausgebaut, intensiviert und verbessert werden. Ein Förderpreis weckt Anreize in der Kunst- und Kulturlandschaft, genauso wie die Verwendung freier Lizenzen für die Digitalisierung aktuellster und neuer Werke urheberrechtliche Schranken senkt. 

II. Der Landtag stellt fest

  • Nebst der priorisierten Digitalisierung von bereits gemeinfreien Werken, Kunst- und Kulturgütern, kann ein zukunftsfähiger Umgang mit digitalisierten Inhalten durch die Förderung der Verwendung von freien Lizensierungsmodellen sein.
  • Creative Commons Lizenzen sind in ihrer Vielfalt für die Bedürfnisse von Künstlerinnen und Künstlern und kreative Menschen in NRW attraktiv. Ein spartenübergreifender Wettbewerb trägt dazu bei, dass mehr kreative Menschen diese Lizenzen kennen und anwenden.
  • Das Land Nordrhein-Westfalen hat bereits in der Vergangenheit aktiv zur Etablierung der Verwendung von alternativen Lizenzmodellen wie Creative Commons beigetragen. Ein Beispiel ist hier die Förderung der Entwicklung von Abrechnungssoftware für die alternative Verwertungsgesellschaft C3S mit Sitz in Düsseldorf.
  • Ein spartenübergreifender Förderpreis für Werke die unter Creative Commons Lizenz veröffentlicht werden ist ein angemessener Anreiz um die Bekanntheit und Beliebtheit dieser Lizensierungsmodelle zu befördern.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  • die jährliche Verleihung eines spartenübergreifenden Förderpreises für Werke unter Creative Commons Lizenz zu prüfen
  • den Landtag über den Fortgang dieses Prüfungsverfahren regelmäßig zu informieren
  • die Bekanntheit alternativer Lizensierungsmodelle wie Creative Commons in der Kunst- und Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens durch weitere Maßnahmen zu fördern
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Bus und Bahn fahrscheinfrei – Modellprojekt zum Bürgerticket durchführen! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/bus-und-bahn-fahrscheinfrei-modellprojekt-zum-buergerticket-durchfuehren/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/bus-und-bahn-fahrscheinfrei-modellprojekt-zum-buergerticket-durchfuehren/#respond Thu, 09 Mar 2017 11:37:30 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452657 Weiterlesen »]]>

I. Sachverhalt

Der notwendige Trendbruch bei der Senkung der verkehrsbedingten Emissionen ist bisher nicht eingetreten. Umweltzonen, Feinstaubalarme und Einfahrverbote für Dieselfahrzeuge gefährden die Mobilität der Bevölkerung. Um einen Stillstand zu vermeiden, bedarf es einer zuverlässigen Mobilitätsalternative. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) übernimmt hier die Schlüsselposition.

Aufgrund des gesellschaftlichen Wandels wird ein räumlich und zeitlich differenzierteres Verkehrsangebot benötigt. Nur wenn der ÖPNV eine vergleichbare Qualität und Flexibilität wie das Auto liefert, lassen die Menschen das Auto stehen. Hierfür ist jedoch ein massiver Ausbau des vorhandenen ÖPNV-Angebots erforderlich.

Die vorhandenen, finanziellen Mittel für den Nahverkehr reichen allerdings noch nicht einmal aus, um das vorhandene ÖPNV-Angebot aufrecht zu erhalten. Um eine weitere Kürzung des Nahverkehrsangebots zu vermeiden, müssten die Fahrpreise angehoben werden. Ein steigendes Fahrkartenpreisniveau bei gleichzeitig sinkender Angebotsqualität wird nur wenige Autofahrer zum Umsteigen bewegen können.

Während es perspektivisch einen besseren ÖPNV geben muss, ist dessen Finanzierung absolut unsicher. Selbst wenn die Bürgerinnen und Bürger den ÖPNV nutzen wollen, können sie es oftmals nicht, weil kein attraktives Angebot zur Verfügung steht. Aus objektiven und subjektiven Zwängen heraus wird die Mehrheit der Bevölkerung weiterhin den Pkw vorziehen, um den sozialisierten und gesellschaftlich geforderten Grad an Flexibilität aufrechterhalten zu können.

Mit diesem Grunddilemma hat sich die Enquetekommission FINÖPV intensiv auseinandergesetzt und Handlungsempfehlungen an die Landesregierung ausgesprochen. Diese Empfehlungen werden entsprechend des Plenarbeschlusses bei der weiteren Regierungstätigkeit berücksichtigt. Hierzu gehört die Auseinandersetzung mit weiteren (kommunalen) Finanzierungsinstrumenten für den ÖPNV.

Angesichts der massiven Anforderungen an den öffentlichen Nahverkehr muss die ÖPNV-Finanzierung der Zukunft ein oder mehrere Finanzierungsinstrumente enthalten, welche

  • ausreichende und stetige Finanzmittel generieren, um die notwendige Angebotsausweitung des ÖPNV zu ermöglichen.
  • motivierend auf den freiwilligen Wechsel hin zum klimaschonenden Nahverkehr wirken.

Ein vielversprechendes Finanzierungsinstrument, das diese Anforderungen erfüllt, ist das “Bürgerticket”; nach dem Vorbild der Semestertickets werden die Fahrgelderlöse durch eine gemeinschaftliche Finanzierung über Beiträge kompensiert. Über dieses Instrument wird bereits in einigen Bundesländern[1], einem Verkehrsverbund[2] und zahlreichen Kommunen[3] diskutiert. Auch die Enquetekommission FINÖPV hat sich damit intensiv auseinandergesetzt. Kontrovers blieb allerdings die Übertragbarkeit in die Praxis auf Grund der beabsichtigten radikalen sowie weitgehenden Umstellung auf einen fahrscheinfreien Betrieb.

Die Befürworter versprechen sich davon eine zuverlässige Finanzierungsbasis des ÖPNV sowie hohe Fahrgastzugewinne. Die Gegner monieren die Zahlungsverpflichtung, obwohl nicht alle den ÖPNV nutzen (möchten) sowie die Notwendigkeit, die ÖPNV-Infrastruktur für den erwarteten Fahrgastzuwachs ausbauen zu müssen. Inwieweit diese Argumente tatsächlich zutreffen, kann nur in einem praxisnahen Pilotprojekt empirisch überprüft werden. Daher muss das “Bürgerticket” nun in einem Modellprojekt erprobt werden.

Letztendlich beleuchten mehrere Gutachten Chancen und Risiken einer solchen radikalen Abkehr von der konventionellen Finanzierungspraxis über Waben, Tarife und Fahrscheine.[4] Aus rechtlicher Sicht ist eine Beitragsfinanzierung des ÖPNV durch die Bürgerinnen und Bürger dann zulässig, wenn eine Mindestbedienung mit ÖPNV sichergestellt ist. Der Landesgesetzgeber ist befugt, die Kommunen zur Erhebung zweckgebundener Beiträge zu ermächtigen.[5] Ob die Kommunen davon Gebrauch machen, obliegt dann der jeweiligen Kommunalpolitik.

Um Klarheit über erwartbare Chancen und Risiken zu gewinnen und um daraus die nötigen Erkenntnisse für die zukünftige politische Entscheidung ziehen zu können, bedarf es weiterer empirischer Erkenntnisse, die durch ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt gewonnen werden könnten.

Eine Machbarkeitsstudie für NRW hat einen fahrscheinfreien Nahverkehr für die Stadt Wuppertal (Großstadt), den Kreis Recklinghausen (Ballungsraum) und Bad Salzuflen (Kleinstadt) untersucht.[6] Für den Einstieg in eine Bürgerticketfinanzierung wird gutachterlich empfohlen, zunächst in einer Kleinstadt anzufangen. Parallel dazu verfolgt eine Bürgerinitiative in der Großstadt Wuppertal die Einführung eines beitragsfinanzierten, fahrscheinfreien Nahverkehrs innerhalb des VRR. Beide Ansätze sind vielversprechend und müssen vom Land und der Landesregierung unterstützt werden.

II. Der Landtag stellt fest:

Die gesellschaftlichen, technischen und ökonomischen Herausforderungen an den ÖPNV setzen eine entsprechende Innovationskraft der Nahverkehrsbranche voraus. Zudem sind neue – auch unkonventionelle – Formen der Nahverkehrsfinanzierung notwendig, um eine Unabhängigkeit von Bundes- und Landesmitteln einerseits sowie eine Begrenzung des Tarifniveaus andererseits zu erreichen. Das in vielen NRW-Kommunen und anderen Bundesländern diskutierte Finanzierungsmodell eines kommunalen, zweckgebundenen ÖPNV-Beitrages (Bürgerticket) ist ein innovatives Finanzierungsinstrument, für das in einem Modellprojekt umfassende Erfahrungswerte gesammelt werden müssen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. ein Modellprojekt in einer oder mehreren dafür geeigneten Städten und Regionen (wie Wuppertal, Bad Salzuflen oder Recklinghausen) zu unterstützen und zu ermöglichen.
  1. dieses Modellprojekt jeweils aufgrund des besonderen Landesinteresses gemäß § 14 ÖPNVG NRW als förderfähig einzustufen, weil die empirischen Untersuchungsdaten eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs in NRW sein werden.
  1. die juristischen, betrieblichen und gesellschaftlichen Herausforderungen des Finanzierungsinstrumentes „Bürgerticket“ im Rahmen der Modellprojekte in einer wissenschaftlichen Studie untersuchen zu lassen.
  1. künftige Modellversuche zu neuen ÖPNV-Finanzierungsinstrumenten im Sinne einer Experimentierklausel innerhalb des Kommunalabgabengesetzes (KAG) zu ermöglichen.[7]

 

[1] Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen, Thüringen.

[2] Mitteldeutscher Verkehrsverbund.

[3] U. a. Tübingen, Leipzig, Halle, Osnabrück, Mannheim, Wuppertal.

[4] Maaß et al. (2015): Fahrscheinlos. Grundlagen und Machbarkeitsstudie Fahrscheinloser ÖPNV in Berlin. Berlin; Seiler, Romy (2015): Akzeptanz von einwohnerbezogenen Nahverkehrsabgaben zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Bewertungsbedingungen von Grundbesitzabgabe und Bürgerticket am Beispiel Leipzig. Dresden; Jansen, Ulrich et al. (2016): Mobilität in Nordrhein-Westfalen. Situation und Zukunftsperspektiven. Berlin; Waluga, Gregor (2017): Flexibilisierung des öffentlichen Personennahverkehrs durch ein umlagefinanziertes Bürgerticket. München. (Im Erscheinen); etc.

[5] Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.) (2012): Umlagefinanzierung für den fahrscheinlosen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Berlin; Maaß et al. (2015): Fahrscheinlos. Grundlagen und Machbarkeitsstudie Fahrscheinloser ÖPNV in Berlin. Berlin.

[6] tjm-consulting mobilitätsmanagement (2017): Machbarkeitsstudie Bus und Bahn fahrscheinfrei in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf.

[7] Ähnlich der Experimentierklausel zur Erprobung neuer Verkehrsarten im § 2 Abs. 7 PBefG „Zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag im Einzelfall Abweichungen von Vorschriften dieses Gesetzes oder von auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Dauer von höchstens vier Jahren genehmigen, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen“.

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Kinder brauchen smarte Lösungen für eine gerechte Zukunft. Kindergrundsicherung vorantreiben und Kinderarmut ein Ende setzen! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/kinder-brauchen-smarte-loesungen-fuer-eine-gerechte-zukunft-kindergrundsicherung-vorantreiben-und-kinderarmut-ein-ende-setzen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/kinder-brauchen-smarte-loesungen-fuer-eine-gerechte-zukunft-kindergrundsicherung-vorantreiben-und-kinderarmut-ein-ende-setzen/#respond Thu, 09 Mar 2017 11:33:53 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452653 Weiterlesen »]]> I. Ausgangslage

Die Zahl der Kinder, die in einkommensarmen Familien leben, stieg in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren an. In manchen Stadtteilen lebt nach Auskünften der Freien Wohlfahrtspflege NRW sogar jedes zweite Kind in Armut.[1] Die Landesregierung bekennt in ihrem 10. Kinder- und Jugendbericht: „Nach dem aktuellen Landessozialbericht NRW (vgl. Kapitel 2.4) sind Kinder und Jugendliche in besonderem Maße von Armut betroffen. Sie leben zu einem überdurchschnittlichen Anteil in Haushalten, die von relativer Einkommensarmut betroffen sind: Die Armutsrisikoquote von Minderjährigen lag 2014 bei 21,9 Prozent und damit deutlich höher als in der Bevölkerung insgesamt (16,2 %).“[2]

Auch wachsen immer mehr Kinder in Familien auf, die auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. In Nordrhein-Westfalen hat sich der Anteil dieser Kinder und Jugendlichen in den vergangenen Jahren auf 18,6% erhöht und liegt sowohl über dem bundes- als auch dem westdeutschen Durchschnitt (14,3%, 12,4%). Die große Mehrheit (81,1%) der betroffenen Sieben- bis Fünfzehnjährigen verbleibt länger als ein Jahr im SGB-II-Bezug, immer noch mehr als die Hälfte (58,3%) sogar länger als drei Jahre[3] oder gar ein Jahrzehnt (51,1%).[4] Überproportional häufig betroffen sind sowohl Familien mit alleinerziehenden Elternteilen als auch solche mit mehr als drei Kindern.

„Armut bedeutet gleichzeitig immer auch Gefährdungen wie mangelnde Gesundheit, Bildung und gesellschaftliche Teilhabe“, wie die Landesregierung treffend feststellt.[5]

Die Bertelsmann Stiftung konstatiert anlässlich ihrer jüngsten Studie zu Kinderarmut in Deutschland: „Je länger Kinder in Armut leben, desto negativer sind die Folgen. Verglichen mit Gleichaltrigen aus Familien mit gesichertem Einkommen sind arme Kinder häufiger sozial isoliert, materiell unterversorgt und gesundheitlich beeinträchtigt. Sie haben oft kein eigenes Zimmer und damit keinen Rückzugsort, ernähren sich ungesünder, Monatstickets für den Nahverkehr sind kaum finanzierbar und außerschulische Bildung, Hobbies oder Urlaub ein Luxus. Außerdem haben arme Kinder einen weitaus beschwerlicheren Bildungsweg vor sich.  Antje Funcke von der Bertelsmann Stiftung führte anlässlich der Enquetekommission zur Zukunft der Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen aus, dass Armut sich nicht nur negativ auf die späteren Bildungschancen auswirkt. „Denn mit Armutserfahrungen gehen vielfach schlechtere Bildungschancen, gesundheitliche Beeinträchtigungen, ein geringeres psychisches Wohlbefinden und ein niedrigeres Selbstbewusstsein einher.”[6]

Das Deutsche Kinderhilfswerk ergänzt: „Hinzu kommen die gestiegene Zahl der zu uns geflüchteten Kinder und Jugendlichen und eine nicht in den Statistiken auftauchende Dunkelziffer von in verdeckter Armut lebenden Familien. Gerade die Tatsache, dass konjunkturelle Aufschwünge der letzten Jahre kaum zu einer Abnahme der Kinderarmut beigetragen haben, macht deutlich, dass wir ein strukturelles Problem haben, dem Politik und Gesellschaft mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und Kompetenzen entgegentreten müssen.“[7]

Alle Kinder haben – unabhängig von Verdiensten, Stand oder Einkommen ihrer Eltern – von Geburt an ein Recht auf soziale Sicherheit und einen angemessenen Lebensstandard.  Kinderarmut steht nicht nur diesen Rechten diametral entgegen, sondern beeinträchtigt die betroffenen Kinder und Jugendlichen auch in der Wahrnehmung zahlreicher anderer Rechte, beispielsweise des Rechtes auf Information und Beteiligung, bestmögliche Gesundheit, Bildung oder Beteiligung an Freizeit, kulturellem und künstlerischem Leben.

Sie verringert dabei nicht nur die Lebensqualität im Jetzt, sondern wirkt sich auch fatal auf die Entwicklung und das ganze weitere Leben aus. Der Bildungserfolg hängt in kaum einem anderen Staat so stark von der sozialen Herkunft ab wie in Deutschland[8] und der Armutsbericht erinnert regelmäßig daran, dass die Gruppe der Menschen mit dem niedrigsten Einkommen sogar eine um zehn Jahre geringere Lebenserwartung aufweist als die derer mit dem höchsten Einkommen.

Dass konjunkturelle Aufschwünge der letzten Jahre kaum etwas an der verbreiteten Kinderarmut geändert haben, verdeutlicht den Reformbedarf.

Steuerliche Leistungen, Geldleistungen, Leistungen der Sozialversicherung und des Realtransfers –  es gibt rund 156 ehe- und familienpolitische Leistungen.[9] Dieses Nebeneinander geht mit hohem bürokratischen Aufwand einher und ist für die Familien schwer zu durchschauen. Längst nicht allen ist klar, welche Leistungen ihnen und ihren Kindern zustehen.

Darüber hinaus schlagen sich in der aktuellen Förderpolitik keinesfalls die Grundsätze nieder, dass dem Staat „jedes Kind gleich viel wert ist“ und allen Kindern die gleichen Chancen eröffnet werden. Es findet eine Ungleichbehandlung statt, die nur als besonders ungerecht bezeichnet werden kann, da Kinder aus einkommensstarken Familien im aktuellen System stärker profitieren als solche mit einkommensschwachen oder erwerbslosen Eltern.

Gutverdienende Eltern können Kinderfreibeträge von bis zu 287€ monatlich geltend machen, während das Kindergeld für Kinder mit weniger einkommensstarken Eltern monatlich zwischen 192€ (für das erste und zweite Kind) und 223€ (für das vierte Kind) beträgt. Bei besonders bedürftigen Kindern im SGB-II-Bezug wird das Kindergeld sogar komplett auf den Regelsatz angerechnet.[10] Sie leiden außerdem darunter, dass die eigentlich dafür vorgesehenen Leistungen (Kinderregelsatz und das Bildungs- und Teilhabepaket) nicht ausreichen, um nicht nur ihre physische Existenz abzusichern, sondern ihnen auch tatsächlich gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Um all diesen Missständen Abhilfe zu schaffen, setzen sich immer mehr Experten für eine Kindergrundsicherung ein. Als sinnvolles Instrument gegen folgenreiche Kinderarmut, unnötige Bürokratie und ungerechte Förderungsunterschiede oder -entscheide muss diese vor allem das reale soziokulturelle Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen abdecken. Die Kindergrundsicherung darf nicht die Leistungen für Familien in besonderen Lebenslagen schmälern, sondern muss im Gegenteil zu einer finanziellen Entlastung beitragen.

Nicht nur Wohlfahrtsorganisationen wie der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und die Freie Wohlfahrtspflege NRW[11] fordern die Einführung einer Kindergrundsicherung. In der Anhörung am 27.10.2016 im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend des Landtages von Nordrhein-Westfalen sprachen sich alle zur Kindergrundsicherung stellungnehmenden Sachverständigen für sie aus.[12] Das gilt ebenso für die Anhörung der Enquetekommission V am 29.2.2016 zu finanziellen Entlastungsmöglichkeiten für Familien, in der eine intensive Diskussion über die Kindergrundsicherung geführt wurde. Dort befürworteten das Deutsche Kinderhilfswerk, Dr. Irene Becker, Werner Rätz sowie der Bundesverband des Familienverbundes der Katholiken die Einführung einer Kindergrundsicherung.[13] Die Enquetekommission zur Zukunft der Familienpolitik fasste den mehrheitlich abgestimmten Beschluss, eine Kindergrundsicherung auf Bundesebene einzuführen deren Höhe eine soziokulturelle Teilhabe sichert und für die alle Kinder anspruchsberechtigt sind.[14]

Die Kindergrundsicherung kann somit einen wichtigen materiellen Beitrag zur Bekämpfung von Kinderarmut leisten. Flankiert werden muss dieser auch weiterhin von infrastruktureller Armutsprävention. Zeitpolitik kann neben finanzieller Entlastung von Familien sinnvolle politische Impulse zur Unterstützung des Alltags von Familien geben. Dies ist insbesondere sinnvoll, damit sich die Zahl der behördlichen Anlaufstellen reduzieren lässt oder durch die Entwicklung von kommunalen Zeitleitplänen. Kindertageseinrichtungen und Tagespflege müssen auskömmlich finanziert werden, um ihrem Auftrag der Förderung, Erziehung und frühkindlichen Bildung nachkommen zu können. Auch Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen dürfen nicht chronisch unterfinanziert sein, wenn sie in der Lage sein sollen, Benachteiligungen auszugleichen und den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Eltern müssen ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen dürfen und in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt werden. Darüber hinaus waren sich in der öffentlichen Anhörung der Enquetekommission zur Zukunft der Familienpolitik zu finanziellen Entlastungsmöglichkeiten für Familien die Sachverständigen größtenteils einig, dass eine Kindergrundsicherung ein Schritt in die Richtung zu einem bedingungslosen Grundeinkommen für Erwachsene ist.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Kinder haben ein Recht auf soziale Sicherheit und einen angemessenen Lebensstandard. Das aktuellen Sozialleistungen im SGB-II zugrunde gelegte “Existenzminimum” für Kinder und Jugendliche ist nicht sachgerecht bestimmt und erweist sich nicht als Garant für echte gesellschaftliche Teilhabe.
  • Die Einführung einer Kindergrundsicherung ist zentraler Baustein zukunftsorientierter Familienpolitik. Sie ist geeignet, die finanzielle Situation von Kindern erheblich zu verbessern und zudem Chancengleichheit in Bildung, Gesundheit und gesellschaftlicher Teilhabe herzustellen.
  • Der Landtag bekennt sich deshalb zur Kindergrundsicherung als Mittel, Kinderarmut und die strukturelle Benachteiligung ärmerer Kinder zu bekämpfen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • in Ministerkonferenzen, bei der Bundesregierung, den Bundesministerien und im Bundesrat auf die Einführung einer Kindergrundsicherung hinzuwirken, die ihrer Höhe nach mindestens das soziokulturelle Existenzminimum absichert und somit auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Eventuellen individuellen Sonder- und Mehrbedarfen muss weiterhin Rechnung getragen werden.
  • sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass das soziokulturelle Existenzminimum für Kinder und Jugendliche wahrheitsgemäß bestimmt wird. Es muss auf ihren tatsächlichen Bedürfnissen basieren und auch ihre eigene Auffassung bezüglich dieser berücksichtigen.

[1] Stellungnahme 16/4330, Freie Wohlfahrtspflege NRW.

[2] Vgl auch 10. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, S.94. https://www.mfkjks.nrw/sites/default/files/asset/document/10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0.pdf.

[3] Factsheet: Kinderarmut. Kinder im SGB-II-Bezug in Deutschland, https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Factsheet_WB_Kinderarmut_DE_09_2016.pdf. Vgl auch 10. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, S. 88. https://www.mfkjks.nrw/sites/default/files/asset/document/10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0.pdf.

[4] Stellungnahme 16/4330.

[5] 10. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, S. 88. https://www.mfkjks.nrw/sites/default/files/asset/document/10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0.pdf.

[6] Sabine Andresen, Danijela Galic: „Kinder. Armut. Familie. Alltagsbewältigung und Wege zu wirksamer Unterstützung“ 2015, S. 7; http://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/imported/leseprobe/LP_978-3-86793-657-6_1.pdf.

[7] Stellungnahme (16/4338) des Deutschen Kinderhilfswerkes zur Anhörung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend des Landtages NRW am 27.10.2016 zum Thema „Kindergrundsicherung“.

[8] Vgl. Marlies Tepe (GEW), http://www.heute.de/deutsche-jugendliche-mit-guten-startchancen-anteil-der-menschen-ohne-bildungsabschluss-stagniert-45231478.html.

[9] Stellungnahme 16/4330, vgl. BMFSFJ: „Endbericht: Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland“ 2016, https://www.bmfsfj.de/blob/73850/1cea4bc07edb6697571c03c739ece52f/gesamtevaluation-endbericht-data.pdf.

[10] Vgl. Stellungnahme 16/4338.

[11] Siehe Stellungnahme 16/4339.

[12] Stellungnahmen 16/4326, 16/4331, 16/4338, 16/4360, 16/4387.

[13] Siehe EKPr 16/14.

[14] Drucksache 16/14000, S. 135.

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Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen – Einheitliche Quoren von 20% in der Landesverfassung im sogenannten „parlamentarischen Betrieb“ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/gesetz-zur-aenderung-der-verfassung-fuer-das-land-nordrhein-westfalen-einheitliche-quoren-von-20-in-der-landesverfassung-im-sogenannten-parlamentarischen-betrieb/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/gesetz-zur-aenderung-der-verfassung-fuer-das-land-nordrhein-westfalen-einheitliche-quoren-von-20-in-der-landesverfassung-im-sogenannten-parlamentarischen-betrieb/#respond Thu, 09 Mar 2017 11:28:08 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452651 Weiterlesen »]]> A. Problem

Die Verfassungskommission des Landtags Nordrhein-Westfalen hat sich im Zeitraum 2013 bis 2016 neben den Quoren in der Volksgesetzgebung ähnlich intensiv mit den Quoren im sogenannten „parlamentarischen Betrieb“ beschäftigt.

Der Abschlussbericht des Verfassungskommission, Drucksache 16/12400 vom Juni 2016, geht unter Punkt 12 und 13 auf den Seiten 52 bis 54 eher weniger intensiv darauf ein.

Prägnant ist dagegen der Grund der Nichtumsetzung auf S. 13 des Abschlussberichts genannt:

„Eine Lösung konnte zwischen den Fraktionen nicht gefunden werden, da dieser Punkt mit den politischen Punkten Wahlrecht, direkte Demokratie, Schuldenbremse und Individualverfassungsbeschwerde verknüpft war und insoweit keine Gesamtlösung gefunden werden konnte.“

Genauso wie beim Thema der Volksgesetzgebung hat es auch hier einen tragfähigen Konsens aller im Landtag vertretenen Fraktionen beim Treffen der Fraktionsvorsitzenden am 15. März 2017 gegeben:

Hintergrund war, dass sich alle konsensual auf 20% bei allen in Rede stehenden, oben aufgeführten Punkten einigen konnten.

Somit wurde erstmals ein Konsenspakt bei einem Themenbereich „geschnürt“.

Dieses sollte beibehalten bleiben, weshalb die einheitlichen Quoren bei 20% im sogenannten „parlamentarischen Betrieb“ liegen sollten.

B. Lösung

Die Vereinheitlichung der Quoren bei 20% in der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen.

C. Alternativen

Beibehaltung des bestehenden Rechts.

D. Kosten

Keine.

 

G e g e n ü b e r s t e l l u n g

 

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN     Auszug aus den geltenden Gesetzesbestimmungen

 

Gesetz zur Änderung der Verfassung für
das Land Nordrhein-Westfalen

Artikel I
Änderung der Verfassung                                 Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen
für das Land Nordrhein-Westfalen

 

Die  Verfassung  für  das  Land  Nordrhein-
Westfalen  vom  28.  Juni  1950  (GV.  NRW.
127), die zuletzt durch Gesetz vom
25. Oktober 2016 (GV. NRW. S. 860),
in Kraft getreten am 5. November 2016
geändert worden ist, wird wie folgt
geändert:                                                                    

Artikel 38 wird wie folgt geändert:                     Artikel 38

                                                                                   (1) Der Landtag wählt den Präsidenten, dessen Stellvertreter und die übrigen Mitglieder des Präsidiums. Er gibt sich seine Geschäftsordnung.
                                                                                   (2) Bis zur Wahl des neuen Präsidiums führt das bisherige Präsidium die Geschäfte weiter.
                                                                                   (3) Der Landtag wird jeweils durch den Präsidenten einberufen.

(4) Auf Antrag der Landesregierung                  (4) Auf Antrag der Landesregierung oder eines Viertels seiner Mitglieder muß der Landtag unverzüglich einberufen werden.
oder eines Fünftels seiner Mitglieder              
muß der Landtag unverzüglich                          
einberufen werden.                                                        

 

 

Artikel 75 wird wie folgt geändert:                     Artikel 75
                                                                                   
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet:
                                                                                     1. in den Fällen der Artikel 32 und 33,
                                                                                     2. über die Auslegung der Verfassung aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer
                                                                                          Beteiligter, die durch diese Verfassung oder in der Geschäftsordnung eines obersten Landesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind,

3. bei Meinungsverschiedenheiten oder             3. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit dieser Verfassung auf Antrag der Landesregierung
   Zweifeln über die Vereinbarkeit von                       oder eines Drittels der Mitglieder des Landtags,
Landesrecht mit dieser Verfassung                   
auf Antrag der Landesregierung oder               
eines Fünftels der Mitglieder des Landtags,                                                                                    
                                                                                     4. in sonstigen durch Gesetz zugewiesenen Fällen.

 

 

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft

Begründung

Die Verfassungskommission des Landtags Nordrhein-Westfalen hat sich im Zeitraum 2013 bis 2016 neben den Quoren in der Volksgesetzgebung ähnlich intensiv mit den Quoren im sogenannten „parlamentarischen Betrieb“ beschäftigt.

Dazu gehört die Einberufung des Landtags nach Artikel 38 Absatz IV der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen (LV NW), die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) nach Artikel 41 Absatz I Satz 1 LV NW und die Erhebung einer abstrakten Normenkontrollklage vor dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VGH NW) nach Artikel 75 Nummer 3 LV NW.

(Bzgl. der Anhörung in der Verfassungskommission am 7. April 2014 zum Themenkomplex I “Parlamentarismus“ und “Landesregierung“ wird auf das Gremienprotokoll 16/4 des Landtags verwiesen.)

Der Abschlussbericht des Verfassungskommission, Drucksache 16/12400 vom Juni 2016, geht unter Punkt 12 und 13 auf den Seiten 52 bis 54 eher weniger intensiv darauf ein.

Er skizziert grundsätzlich die Problemstellungen und den Diskussionsverlauf zu den einzelnen oben genannten Themen.

Prägnant ist dagegen der Grund der Nichtumsetzung genannt:

„Eine Lösung konnte zwischen den Fraktionen nicht gefunden werden, da dieser Punkt mit den politischen Punkten Wahlrecht, direkte Demokratie, Schuldenbremse und Individualverfassungsbeschwerde verknüpft war und insoweit keine Gesamtlösung gefunden werden konnte.“

Dabei wird in Klammern auf S.13 des Abschlussberichts verwiesen, eine Seite auf die mehrmals im gesamten Abschlussbericht Bezug genommen wird.

Dort liegt in einem Satz der Ausschlag für das gesamte „auf Eis legen“ der wichtigsten Punkte der Verfassungskommission:

„Bei den im zweiten Abschnitt erörterten -politischen- Fragestellungen (Quoren, Wahlrecht, Direkte Demokratie, Schuldenbremse, Individualverfassungsbeschwerde) konnte keine Lösung zwischen den Fraktionen gefunden werden.“ (S.13 des Abschlussbericht, unten)

Genauso wie beim Thema der Volksgesetzgebung hat es auch hier einen tragfähigen Konsens aller im Landtag vertretenen Fraktionen beim Treffen der Fraktionsvorsitzenden am 15. März 2017 gegeben:

Nachdem die kleineren Fraktionen (Bündnis 90/Die Grünen, FDP und PIRATEN) sich für eine Absenkung des Quorums bzw. ein 2-Fraktionen-Recht bei der Einsetzung eines PUA eingesetzt hatten, verblieb es letztlich bei der 20%-Regelung.

Hintergrund war, dass sich alle konsensual auf 20% bei allen in Rede stehenden, oben aufgeführten Punkten einigen konnten.

Somit wurde erstmals ein Konsenspakt bei einem Themenbereich „geschnürt“.

Dieses sollte beibehalten bleiben, weshalb die einheitlichen Quoren bei 20% im sogenannten „parlamentarischen Betrieb“ liegen sollten.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/gesetz-zur-aenderung-der-verfassung-fuer-das-land-nordrhein-westfalen-einheitliche-quoren-von-20-in-der-landesverfassung-im-sogenannten-parlamentarischen-betrieb/feed/ 0
Gesetz zur Harmonisierung und Stärkung des Informationsfreiheitsrechts und Zugang zu maschinenlesbaren Daten (OpenData-Gesetz) https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/gesetz-zur-harmonisierung-und-staerkung-des-informationsfreiheitsrechts-und-zugang-zu-maschinenlesbaren-daten-opendata-gesetz/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/gesetz-zur-harmonisierung-und-staerkung-des-informationsfreiheitsrechts-und-zugang-zu-maschinenlesbaren-daten-opendata-gesetz/#respond Thu, 09 Mar 2017 11:20:00 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452649 Weiterlesen »]]> Artikel 1

Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes NRW

Das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) vom 25. April 1998 (GV. NW. 1998 S. 265), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622), wird wie folgt geändert:

  1. In § 4 Absatz 1 Satz 1 werden hinter dem Wort „natürliche“ die Worte „oder juristische“ ergänzt.
  2. In § 5 Absatz 1 Satz 5 wird hinter dem Wort „Informationszugangs“ eingefügt: „, insbesondere der Informationszugang zu Daten oder Informationen in elektronischer und maschinenlesbarer Form“
  3. In § 5 Absatz 2 Satz 3 Halbsatz werden hinter den Worten „bei mündlicher“ die Worte „oder elektronischer“ eingefügt.

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

Zu Artikel 1:

1.

Der Bund sowie die Bundesländer Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen gewähren auch juristischen Personen ein Informationszugangsrecht. Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland mit einem Informationsfreiheitsgesetz, das  juristischen Personen kein Antragsrecht einräumt. Der Änderung harmonisiert an dieser Stelle das Informationsfreiheitsrecht und schafft so ein Informationszugangsrecht für alle Personen. Davon sollen Bürgeriniativen, Journalisten und Medienhäuser profitieren.

2.

Die Spezifizierung der Möglichkeit, auf unterschiedliche Arten Informationszugang zu gewähren, soll ein Recht auf elektronische und maschinenlesbare Dateien für die Antragstellerin oder den Antragsteller formulieren, soweit diese der Behörde vorliegen.

3.

Analog zu § 4 Absatz 1 eGovG NRW soll den Behörden die Möglichkeit gegeben werden, auf elektronische Kommunikation der antragsstellenden Person auch elektronisch zu antworten.

Zu Artikel 2:

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten.

Mitschnitt der kompletten Debatte

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/gesetz-zur-harmonisierung-und-staerkung-des-informationsfreiheitsrechts-und-zugang-zu-maschinenlesbaren-daten-opendata-gesetz/feed/ 0
Open-Data eröffnet neue Wege im Öffentlichen Nahverkehr: Die sofortige Freigabe von Live-Fahrplandaten und Mobilitätsinformationen erspart uns Lebens- und Wartezeit. https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/open-data-eroeffnet-neue-wege-im-oeffentlichen-nahverkehr-die-sofortige-freigabe-von-live-fahrplandaten-und-mobilitaetsinformationen-erspart-uns-lebens-und-wartezeit/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/open-data-eroeffnet-neue-wege-im-oeffentlichen-nahverkehr-die-sofortige-freigabe-von-live-fahrplandaten-und-mobilitaetsinformationen-erspart-uns-lebens-und-wartezeit/#respond Thu, 09 Mar 2017 11:17:55 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452646 Weiterlesen »]]>

I. Ausgangslage

Viele eigentlich sinnvoll nutzbare Daten, welche im nordrhein-westfälischen Öffentlichen Personennahverkehr anfallen, liegen wie auf einer riesigen Datenabfallhalde ungenutzt herum. Fehlende offene Schnittstellen und Standards verschließen den Weg für neue Ideen und einen besseren Service im Sinne der Kundinnen und Kunden in Bus und Bahn.

Dabei zeigen erfolgreiche Mobilitäts-Apps, wie aussichtsreich die Nutzung offener Daten sein kann. Die Beispiele stammen zwar überwiegend aus dem englischsprachigen Raum und nicht aus Deutschland, aber auch hierzulande gibt es – trotz einer fehlenden Open-Data-Strategie – bereits geniale Apps, wie „SZ Zugmonitor“ oder „Öffi“. Diese Apps leisten einen wesentlichen Beitrag zur Mobilitätsabwicklung und Zufriedenheit der Fahrgäste. Dennoch bedeutet die fehlende Open-Data-Gesamtstrategie des Landes bislang insgesamt eine verpasste Chance für einen besseren Kundenservice im Nahverkehr.

Dabei hat sich längst eine motivierte Open-Data-Szene etabliert, die nur darauf wartet, endlich umfassend mit den Daten arbeiten zu können. Seit der Auftaktveranstaltung von Open.NRW der Landesregierung warten jedoch viele begeisterte und engagierte Digital-Experten noch immer auf die vollständige Freigabe aller Mobilitätsdaten – seien es historische Daten oder Livedaten in Echtzeit.

Währenddessen nimmt das Engagement des Öffentlichen Nahverkehrs etwa beim „Datenrecycling“, also der Aufbereitung der Daten, um diese zum Wohle der Allgemeinheit zielgerichtet einzusetzen, oder durch die Ausrichtung von „Hackathons“ zu. Diese Anstrengungen sind allerdings zumeist punktuell. Die dezentrale Organisation der Verkehrsbetriebe stellt offenkundig eine besondere Herausforderung auf dem Weg zu mehr Kooperationen und einer flächendeckenden Bereitstellung der Mobilitätsdaten dar. Zwar gibt es bereits erste definierte Schnittstellen, um zwischen den Betrieben, Verbünden und Partnern Daten auszutauschen (VDV-Schrift 453), aber noch werden nicht alle Daten offen gelegt. Bei einigen Verkehrsverbünden ist es nach Aussagen von Branchenkennern und engagierten Expertinnen und Experten der Open-Data-Bewegung einfach, einen Zugang zu erhalten. Bei anderen hingegen ist es nahezu unmöglich, auf die Schnittstellen zuzugreifen.

Dabei bleiben viele wichtige Vorteile, die mit Open-Data Einzug halten können, ungenutzt. Es gibt zum Beispiel noch immer kein Microrouting innerhalb der Bahnhöfe. So werden nur pauschale Erfahrungswerte für die Wegberechnung angesetzt, so dass Fahr- und Umsteigeempfehlungen millionenfach an der Realität vorbeigehen. Den Fahrgästen werden so unnötige Wartezeiten zugemutet.

Auch Anbieter wie Google, die aufgrund ihrer Nachfragemacht über (intransparente) Exklusivverträge verfügen, berücksichtigen nicht die Feinheiten des nordrhein-westfälischen Nahverkehrssystems. Wenn es beispielsweise im Zuge von Verspätungen kurzfristige Absprachen zwischen der Deutschen Bahn und den Verkehrsbetrieben vor Ort gibt, um zwecks Anschlussgewährleistung eine Abfahrt hinauszuzögern, werden diese Informationen und Daten u. a. von Google nicht berücksichtigt. Aus Kundensicht bedeutet dies dann oftmals schlimme Zeitverluste. Zudem finden Bürgerbusse noch keine Berücksichtigung. Den Kundeninnen und Kunden werden Störungsmeldungen oder Echtzeit-Verkehrsinformationen wie die Anzahl freier Parkplätze (z. B. P&R-Plätze) oder mögliche vorhandene Barrieren für Rollstuhlfahrer, wie defekte Aufzüge, vorenthalten.

Die Wut und Enttäuschung über solche Fehler oder über grundsätzlich falsche Routen erfährt dann häufig nicht das Datenmodell von Google, sondern vor allem das Personal und die Fahrerinnen- und Fahrer der Verkehrsbetriebe vor Ort. Und die ÖPNV-Branche in Gänze erscheint in einem schlechten Licht. Dies ist leicht zu vermeiden – vor allem, wenn die Verkehrsbetriebe in Zukunft durch engere Kooperationen und Absprachen im Rahmen einer Open-Data-Gesamtstrategie die Informationsdefizite selbst beseitigen oder zumindest in einem ersten Schritt die Informationen und Datensätze flächendeckend für professionelle Open-Data-Enthusiasten frei, offen und in Echtzeit zur Verfügung stellen.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Im Informationszeitalter müssen Verkehrsinformationen in angemessener Weise schnellstmöglich an die Kundeninnen- und Kunden übermittelt werden. Bei Open-Data geht es nicht um private und personenbezogene Daten. Es geht um die einfache Weiterverwendung öffentlicher, nicht-personenbezogener Rohdaten, die maschinenlesbar im Netz für potentielle Nachnutzer zur Verfügung gestellt werden. Dies muss zum Branchenstandard werden. Es reicht nicht länger aus, Daten und Infos auf einer separaten Unternehmenshomepage bereitzustellen.
  • Es reicht ebenfalls nicht aus, dass den Kundeninnen und Kunden Verkehrsinformationen allein über die Anbieterportale der Verkehrsunternehmen und der Deutschen Bahn bereitgestellt werden. Alle Fahrplandaten müssen in Echtzeit offen und barrierefrei für diese sowie für die Open-Data-Szene und Drittanbieter zur Verfügung stehen. Dadurch wird es innovativen Initiativen und Projekten ermöglicht, auf Basis dieser Daten eigene Anwendungen und Angebote zu entwickeln.
  • Die Verkehrsunternehmen haben punktuell bereits wertvolle Vorarbeiten geleistet. Sie bzw. das Land sollten aufgrund des verbleibenden, aber verhältnismäßig geringen Aufwandes für die Schaffung eines flächendeckenden Angebotes nicht länger auf eine allgemeine Regelung verzichten.
  • Das Open-Data-Prinzip fördert Innovationen, neue Ideen sowie Geschäftsmodelle und damit den Technologiestandort. Die Erfahrung in anderen Ländern und Städten zeigt, dass nach der umfangreichen Veröffentlichung von Verkehrsdaten in der Folge die Anzahl an Programmen und Apps stark ansteigt und der Verkehr mit viel weniger Problemen ablaufen kann. Diese Chance muss nun auch NRW entschlossen nutzen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. alle rechtlich möglichen Wege auszuschöpfen, um dafür Sorge zu tragen, dass die nordrhein-westfälischen Nahverkehrs-Anbieter verpflichtet werden, die Mobilitätsdaten kostenfrei und uneingeschränkt sowie in Echtzeit für potentielle Nachnutzer zur Verfügung zu stellen. Die finanzielle Förderung des ÖPNV durch das Land sollte in Zukunft stets an die Bedingung geknüpft werden, dass die Verkehrsunternehmen die erforderlichen Daten zur Verfügung stellen.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

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Antrag: Lehren aus der Causa Wendt ziehen https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/antrag-lehren-aus-der-causa-wendt-ziehen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/03/antrag-lehren-aus-der-causa-wendt-ziehen/#comments Tue, 07 Mar 2017 10:17:53 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452601 Weiterlesen »]]> Lehren aus der Causa Wendt ziehen – Ungerechtfertigte Freistellungspraxis zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für Gewerkschafter beenden

I. Sachverhalt

Nach Berichten der Fernsehsendung „Report München“, wurde bekannt, dass der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Reiner Wendt bereits seit Dezember 2000 ohne gesetzliche Grundlage freigestellt wurde. Diese Praxis wurde auch in zwei weiteren Fällen aufgedeckt und zeigt, dass systematisch in Landesregierungen, genehme Menschen mit solchen Besoldungen und Posten bedacht werden. Diese Versorgungspraxis ohne Gegenleistung ist ein neuerlicher Skandal und widerspricht jeglichen Grundsätzen des Beamtenrechtes des Landes Nordrhein-Westfalen. Nicht auszuschließen ist, dass es in anderen Zuständigkeitsbereichen der Landesregierung zu ähnlichen Praktiken gekommen ist.

Innenminister Jäger sagte in der Pressekonferenz am 06.März 2017, dass es eine faktische Freistellung wie im Fall Wendt werde es nicht mehr geben. Der Raum für gewerkschaftliche Arbeit solle dennoch erhalten bleiben. „Möglicherweise hat sich da in der Verwaltungspraxis etwas verselbstständigt.“ Zum wiederholten Male offenbaren der Innenminister und diese Landesregierung Versäumnisse in der Amtsführung.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

– eine sofortige Beendigung der Freistellung ohne gesetzliche Grundlage von Landesbeamtinnen und Landesbeamten
– eine lückenlose Aufklärung der Causa Wendt und dem zuständigen Ausschuss im Landtag einen Abschlussbericht vorzulegen
– alle Beamtenverhältnisse und Angestelltenverhältnisse im Landesdienst zu überprüfen, ob ähnliche Freistellungen ohne gesetzliche Grundlage bestehen und dem Landtag umgehend darüber zu berichten
– die Landesbetriebe und die Hochschulen des Landes darauf zu überprüfen, ob ähnliche Freistellungen ohne gesetzliche Grundlage bestehen und dem Landtag umgehend darüber zu berichten.

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Bus und Bahn attraktiver machen; kommunale Finanzierungsinstrumente für den ÖPNV ermöglichen. https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/bus-und-bahn-attraktiver-machen-kommunale-finanzierungsinstrumente-fuer-den-oepnv-ermoeglichen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/bus-und-bahn-attraktiver-machen-kommunale-finanzierungsinstrumente-fuer-den-oepnv-ermoeglichen/#respond Mon, 13 Feb 2017 12:24:50 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452505 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Der öffentliche Personennahverkehr ist unverzichtbar für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens. Die Fahrgastzahlen konnten in den vergangenen Jahren zwar kontinuierlich gesteigert werden, allerdings liegt der Anteil des ÖPNV am Gesamtverkehr (modal split des Verkehrsaufwandes) beinahe unverändert bei 8,5 %.

Der gestiegene Mobilitätsbedarf kann weder in den Ballungs-, noch in den peripheren Räumen befriedigt werden: in den Städten sind die Kapazitäten der ÖPNV-Infrastruktur erschöpft und können einen weiteren Fahrgastzuwachs wohl nicht verkraften. Im ländlichen Raum gibt es ein unzureichendes Verkehrsangebot, das von der Bevölkerung nicht angenommen wird und in hohem Maße von öffentlichen Geldern abhängig ist.

Eine Erhöhung der Bundes- und Landesmittel für den ÖPNV ist notwendig – aber nicht als Gesamtlösung erwartbar. Dabei ist die öffentliche Finanzierung die tragende Säule der ÖPNV-Finanzierung. Durchschnittlich zwei Drittel des deutschen Nahverkehrs wird auf diese Weise finanziert.

Die zweite wichtige Säule stellt die Nutzendenfinanzierung über Fahrgeldeinnahmen und sonstige Erträge dar. Vielerorts ist die Grenze der Zahlungsbereitschaft erreicht. Ohne eine entsprechende Gegenleistung – ein besseres Nahverkehrsangebot – wird es keine nennenswerten Steigerungen des Anteils der Nutzendenfinanzierung am Gesamtfinanzvolumen geben.

Auf kommunaler Ebene wird der ÖPNV außerdem über die besondere Konstruktion des steuerlichen Querverbundes finanziert. Aufgrund der zurückgehenden Gewinne der Energiesparte ist auch diese Finanzierungssäule langfristig nicht auskömmlich. Damit fehlt den Kommunen als Aufgabenträger des ÖPNV eine eigene zuverlässige Finanzierungsbasis. Daher ist es folgerichtig, den Kommunen auch Finanzierungsinstrumente an die Hand zu geben, um die finanziellen Mittel für Bus und Bahn dort erwirtschaften zu können, wo die Erschließung durch den ÖPNV stattfindet.

In der Enquetekommission “Finanzierungsoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels” wurden unterschiedliche Lösungsansätze erarbeitet. Viele dieser neuen Finanzierungsinstrumente können auf kommunaler Ebene umgesetzt werden.

II. Der Landtag stellt fest:

Die bisherigen Säulen der ÖPNV-Finanzierung reichen nicht aus, um ein flächendeckend angemessenes ÖPNV-Verkehrsangebot aufrecht zu erhalten. Die Erschließung neuer Finanzierungsquellen ist für die Sicherung und Schaffung eines attraktiven ÖPNV notwendig. Neue Finanzierungsquellen sind oft auf kommunaler Ebene angesiedelt.

III.        Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. den Bericht der Enquetekommission “Finanzierungsoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels” zur Kenntnis zu nehmen und als Ausgangslage für ihr verkehrspolitisches Handeln zu nutzen.
  2. eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) vorzulegen, mit der die Kommunen die Möglichkeit erhalten, eigene Erschließungsbeiträge zur Finanzierung der erstmaligen Herstellung der ÖPNV-Infrastruktur zu erheben.
  3. eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) vorzulegen, mit der die Kommunen die Möglichkeit erhalten, eigene Beiträge zur Finanzierung des ÖPNV-Betriebs zu erheben.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

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Selbstbedienungsladen Sparkasse – NRW braucht endlich eine Deckelung der Gehälter und Pensionen von Sparkassen-Vorständen! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/selbstbedienungsladen-sparkasse-nrw-braucht-endlich-eine-deckelung-der-gehaelter-und-pensionen-von-sparkassen-vorstaenden/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/selbstbedienungsladen-sparkasse-nrw-braucht-endlich-eine-deckelung-der-gehaelter-und-pensionen-von-sparkassen-vorstaenden/#comments Mon, 13 Feb 2017 12:20:24 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452501 Weiterlesen »]]>

Hier geht’s zum Beratungsverlauf mit Abstimmungsprotokoll

I. Sachverhalt

Laut einem Bericht des Handelsblatts vom 01.02.2017 kommen die Vorstandsmitglieder der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen nach wie vor in den Genuss von üppigen Pensionsregelungen und exorbitanten Gehältern. In der derzeitigen Niedrigzinsphase hat dies zur Folge, dass die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute immer höhere Pensionsrückstellungen bilden müssen. So belief sich der Barwert der Pensionsrückstellungen für die Vorstandschefs der rund 100 Sparkassen in NRW am Ende des Jahres 2015 auf 250 Millionen Euro. Das Volumen der Pensionsrückstellungen aller Vorstandsmitglieder erreichte einen Barwert von 570 Millionen Euro. Damit überstieg der Wert der Pensionsrückstellungen für die Vorstände den Gewinn nach Steuern (rund 530 Millionen Euro) der nordrheinwestfälischen Sparkassen im Jahr 2015.

Die strukturelle Ursache für dieses Ungleichgewicht und das Anschwellen der Pensionsrückstellungen der Sparkassen sind aber nicht in erster Linie die gegenwärtigen Minizinsen, sondern vor allem die üppigen Versorgungsregelungen im Alter für die Vorstände. Je nachdem wie lange sie im Amt sind, erhalten Sparkassenvorstände Pensionen in Höhe von 55 Prozent, vereinzelt sogar in Höhe von 75 Prozent, des bisherigen Grundgehalts. So wird der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Dortmund 75 Prozent seines Grundgehalts im Ruhestand kassieren. Der Chef der Sparkasse Bochum hat Anspruch auf 70 Prozent.

Auch die beiden NRW-Sparkassenverbände Rheinland und Westfalen haben inzwischen erkannt, dass derartige Regelungen für die Altersversorge von Vorstandsmitgliedern völlig anachronistisch sind. Ihre Vergütungsempfehlungen aus dem Jahr 2016 sehen einen Wegfall der oben genannten Direktzusagen für die Altersversorge vor. Allerdings sollen dafür die Sparkassenvorstände künftig ein höheres Gehalt beziehen.

In Anbetracht der horrenden Gehälter, die Vorstandsvorsitzende bereits gegenwärtig beziehen, sind solche Empfehlungen völlig unzureichend. So erhielt der Vorstandschef der Kreissparkasse Köln 913.000 Euro im Jahr 2015. Der Vorsitzende des Vorstands der Sparkasse Köln-Bonn bezog in diesem Zeitraum ein Gehalt von 782.900 Euro. Der Vorstandschef der Sparkasse Aachen konnte sich 2015 über eine Vergütung von 705.000 Euro freuen. Die Sparkasse Münsterland Ost entlohnte ihren Vorstandsvorsitzenden mit 664.000 Euro. Der Chef der Sparkasse Dortmund bezog 2015 ein Gehalt von 573.000 Euro.

Die Vergütung aller Vorstandsmitglieder der Sparkassen in NRW stieg 2015 im Durchschnitt um 3,8 Prozent im Vergleich zum Jahr 2014. In diesem Zeitraum stiegen die Gehälter der Vorstandschefs um durchschnittlich 2,9 Prozent. Spitzenreiter hinsichtlich der Gehaltssteigerungen war der Vorstandschef der Sparkasse Lüdenscheid mit einem Plus von sage und schreibe 16 Prozent im Vergleich zu 2014. Der bereits oben genannte Chef der Sparkasse Aachen konnte sich 2015 über eine Gehaltssteigerung von satten 11,2 Prozent freuen. Auch die beiden Topverdiener unter den Vorstandschefs der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen steigerten ihre Gehälter 2015 nochmal um rund 5 Prozent.

Damit sind die Gehälter der nordrheinwestfälischen Sparkassenchefs nicht selten um ein Vielfaches höher als die Vergütung der Bundeskanzlerin (ca. 247.200 Euro pro Jahr) und der Ministerpräsidentin von NRW (ca. 220.000 Euro pro Jahr).

Sparkassenvorstände in NRW, insbesondere die Vorstandschefs, leben somit immer noch in der besten aller Welten: Sie erhalten Vergütungen auf dem Niveau des Privatbankensektors und Pensionsansprüche, die an die Altersversorgung von Beamten erinnern. Ermöglicht wird ihnen das dadurch, dass Lokalpolitiker in den Verwaltungsräten der Sparkassen die Luxusgehälter und Luxuspensionen der Vorstände durchwinken und nicht ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. Zwar sind die Verwaltungsratsmitglieder angehalten, sich an die ohnehin schon sehr generösen Empfehlungen der nordrheinwestfälischen Sparkassenverbände zu halten, aber diese Empfehlungen sind nicht verbindlich und finden in der Praxis zu häufig keine Anwendung. Denn die Politiker in den Verwaltungsräten sind wiederum abhängig von den Vorständen, wenn es um die Vergabe von Spenden an lokale Vereine oder Kreditvergabe an örtliche Bauprojekte geht. Diese ganze Konstruktion aus wechselseitigen Abhängigkeiten und Interessenskonflikten bei der Entgeltfindung und der Spendenpraxis degradiert Sparkassen zu Selbstbedingungsläden.

Sparkassen sind öffentlich-rechtliche Kreditinstitute. Laut Sparkassengesetz unterliegen die Sparkassen und die Sparkassen- und Giroverbände in Nordrhein-Westfalen der Aufsicht des Landes. Die zuständige Aufsichtsbehörde ist das nordrhein-westfälische Finanzministerium. Mit dem Sparkassengesetz NRW regelt der Gesetzgeber, also der Landtag von Nordrhein-Westfalen, die Rahmenbedingungen für das Sparkassenwesen auf seinem Territorium. Das Sparkassenrecht ist in Deutschland Ländersache. Der Landtag muss daher das Sparkassengesetz dahingehend ändern, dass Gehälter von neu eingesetzten Sparkassen-Vorstandschefs auf einen Höchstbetrag von 220.000 Euro pro Jahr, also in Höhe des Gehalts der nordrheinwestfälischen Ministerpräsidentin, gedeckelt werden. Die Vergütung von neu eingesetzten einfachen Vorstandsmitgliedern von Sparkassen soll auf höchstens 150.000 Euro pro Jahr gedeckelt werden. Ferner muss im Sparkassengesetz festgeschrieben werden, dass alle neu eingesetzten Vorstände privat für ihr Alter vorsorgen müssen.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Nach wie vor kommen Vorstandsmitglieder der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen in den Genuss von üppigen Pensionsregelungen und exorbitanten Gehältern. Die Vergütungen der nordrheinwestfälischen Sparkassenchefs sind nicht selten um ein Vielfaches höher als das Gehalt der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidentin von NRW.
  2. Sparkassenvorstände in NRW, insbesondere die Vorstandschefs, leben somit immer noch in der besten aller Welten: Sie erhalten Vergütungen auf dem Niveau des Privatbankensektors und Pensionsansprüche, die an die Altersversorgung von Beamten erinnern.
  3. Es ist untragbar, dass in Zeiten von Minizinsen und steigenden Gebühren für die Sparkassenkunden sowie massenhafter Filialschließungen, den Sparkassen-Vorständen in NRW weiterhin exorbitant hohe Vergütungen ausbezahlt werden.

III. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert, unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Änderung des Sparkassengesetzes mit folgender Maßgabe vorzulegen:

  1. für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen festzuschreiben, dass die Gehälter ihrer neu eingesetzten Vorstandschefs höchstens 220.000 Euro pro Jahr betragen dürfen;
  2. für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen festzuschreiben, dass die Gehälter ihrer neu eingesetzten einfachen Vorstandsmitglieder höchsten 150.000 Euro pro Jahr betragen dürfen;
  3. für die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen festzuschreiben, dass alle ihre neu eingesetzten Vorstände privat für ihr Alter vorsorgen müssen.
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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/selbstbedienungsladen-sparkasse-nrw-braucht-endlich-eine-deckelung-der-gehaelter-und-pensionen-von-sparkassen-vorstaenden/feed/ 1
Gerechtes Gehalt auch für angestellte Lehrerinnen und Lehrer https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/gerechtes-gehalt-auch-fuer-angestellte-lehrerinnen-und-lehrer/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/gerechtes-gehalt-auch-fuer-angestellte-lehrerinnen-und-lehrer/#comments Mon, 13 Feb 2017 12:18:22 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452499 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Alle bisherigen Tarifverhandlungen zwischen den Ländern als Arbeitgeber und den Gewerk­schaften haben die Nettolohndiskriminierung der tarifbeschäftigten Lehrerinnen und Lehrer im Vergleich mit ihren verbeamteten Kolleginnen und Kollegen nicht beseitigen können. Des­halb besteht weiterhin eine Situation, die von den Betroffenen oftmals als ungerecht empfun­den wird. Entsprechend setzen sich die Gewerkschaften in den Tarifrunde des öffentlichen Dienstes der Länder für eine Verbesserung der Gehälter der angestellten Lehrerinnen und Lehrer ein.

„Für uns steht getreu dem Motto ‚Gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘ die Realisie­rung der Paralleltabelle ganz oben auf der Agenda. Es ist nicht hinnehmbar, dass tarifbe­schäftigte Lehrkräfte für die gleiche Arbeit mehrere hundert Euro weniger in der Tasche ha­ben als ihre verbeamteten Kollegen“, so Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung. (in: Schule heute, Tarif Spezial, 57. Jahrgang)

Die Vorsitzende der Gewerk­schaft Erziehung und Wissenschaft, Marlis Tepe, weißt im Zusammenhang der Eingruppie­rung der tarifbeschäftigten Lehrerinnen und Lehrer darauf hin, dass für die notwendige Ge­winnung von neuen Lehrkräften attraktivere Konditionen erforderlich sind. „Aber auch die Länder müssten ein großes Interesse daran haben, die Bezahlung und die Arbeitsbedingun­gen der Lehrkräfte deutlich zu verbessern. Schon jetzt können die meisten Länder allein den Ersatzbedarf, der entsteht, weil Lehrkräfte in den Ruhestand gehen, nicht mehr mit ausgebil­deten Lehrerinnen und Lehrern decken“, so die GEW-Vorsitzende in einer Pressemitteilung vom 31. Januar 2017.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Hinsichtlich einer gerechten Besoldung von verbeamteten Lehrern einerseits und an­gestellten Lehrern andererseits besteht für das Land Nordrhein-Westfalen in Anbe­tracht erheblicher Ungerechtigkeiten Handlungsbedarf. Dasselbe gilt für andere, ver­gleichbare Berufsfelder.
  2. Gute Rahmenbedingungen für Unterricht, Bildung und Erziehung an den Schulen sind notwendig, um ein gute Bildung für die Kinder und Jugendlichen im Land zu er­möglichen. Hierzu zählen auch die Arbeitsbedingungen für die Lehrerinnen und Leh­rer, gleichermaßen für verbeamtete wie auch für angestellte Kolleginnen und Kolle­gen. Die bestehenden Differenzen der Entgelte angestellter Lehrkräfte und der Besol­dung ihrer verbeamteten Kollegen auf identischen Stellen sind in vielen Fällen nicht zu rechtfertigen, belasten das Klima in den Kollegien und mindern die Motivation der angestellten Lehrkräfte.

III. Der Landtag beschließt

  1. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, in Gesetzgebung und in ihrer Position als Arbeitgeber wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um den angestellten Lehrkräften faire Einkommensmöglichkeiten zu bieten.
  2. Entsprechend dem in Art. 24 Absatz 2 Satz 2 der Landesverfassung von NRW festge­schriebenen Grundsatz muss für gleiche Tätigkeit und gleiche Leistung gleiche Ver­gütung gezahlt werden. Diesen Grundsatz erkennt der Landtag NRW an.
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Aktionistischer Symbolpolitik entgegentreten – Schranken für private Videoüberwachung bewahren https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/aktionistischer-symbolpolitik-entgegentreten-schranken-fuer-private-videoueberwachung-bewahren/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/aktionistischer-symbolpolitik-entgegentreten-schranken-fuer-private-videoueberwachung-bewahren/#respond Mon, 13 Feb 2017 11:32:20 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452497 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Die Bundesregierung hat mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes – Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen und im öffentlichen Personenverkehr durch optisch-elektronische Einrichtungen“ ein Gesetz zur Reduzierung von Schranken für Videoüberwachung durch Private in den Bundestag eingebracht.

Begründet wird der Entwurf mit der Bewertung und Abwägung der Landesdatenschutzbeauftragen zwischen den Grundrechten der Betroffenen und den berechtigten Interessen der Betreiber von Videoüberwachungsanlagen. Zudem wird angeführt, dass „angesichts der Vorfälle in München und Ansbach im Sommer 2016 die Notwendigkeit [besteht], Sicherheitsbelange stärker zu berücksichtigen“.

Wie der Landtag NRW in zahlreichen Anhörungen zur Videoüberwachung, zur Videobeobachtung und zum Einsatz von Bodycams ermittelt hat, gibt es keine nachgewiesene präventive Wirkung von Überwachungskameras. Es gibt ebenfalls keinerlei Erkenntnisse, inwiefern Videoüberwachungsanlagen die Taten in Ansbach und in München verhindert hätten können. Auch die gewissenhafte Arbeit der Landesdatenschutzbeauftragen begründet keine Neuregelung der Videoüberwachung durch Private im öffentlich zugänglichen Raum. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung übt aber genau daran Kritik.

Ziel der Gesetzesänderung ist auch die Einführung der flächendeckenden Videoüberwachung im öffentlichen Personenverkehr. Gleichzeitig werden die rechtlichen Grundlagen für die Nutzung von automatischer Gesichtserkennung und Software zur Personenidentifizierung in Videoüberwachungsanlagen geschaffen. Eine Begründung hierzu findet nicht statt.

Für die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes sollten jedoch immer tatsächliche Gründe vorliegen, insbesondere wenn das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Menschen im Land wieder weiter eingeschränkt werden soll. Eine Einschränkung von Grundrechten darf nur vorgenommen werden, wenn ein sorgfältiger Abwägungsprozess stattgefunden hat und selbst dann nur, sofern die Einschränkung zweckmäßig, notwendig und verhältnismäßig ist. Vor diesem Hintergrund muss das Land Nordrhein-Westfalen sich dafür einsetzen, das von der Verfassung garantierte Grundrechte wie die informationelle Selbstbestimmung, der Datenschutz und auch das Recht auf Privatheit seiner Bürgerinnen und Bürger nicht einer aktionistischen Symbolpolitik geopfert wird.

II. Der Landtag stellt fest

Die Kritik der Bundesregierung an der Arbeit der Landesdatenschutzbeauftragten ist unbegründet. Die Landesdatenschutzbeauftragten führen ihre Aufgabe gewissenhaft und sorgfältig durch, auf Basis geltender Gesetze.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. Sich auf allen Ebenen für den Daten- und den Privatheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen einzusetzen.
  1. Sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass das Datenschutzniveau in Deutschland nicht gesenkt wird.
  2. Eine wissenschaftliche Untersuchung zur Wirkung von Videoüberwachung auf die Gesellschaft und die Kriminalität zu initiieren.
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Gesetz zur Stärkung des freien Mandats und der Abgeordnetengleichheit https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/gesetz-zur-staerkung-des-freien-mandats-und-der-abgeordnetengleichheit/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/gesetz-zur-staerkung-des-freien-mandats-und-der-abgeordnetengleichheit/#respond Mon, 13 Feb 2017 11:30:40 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452494 Weiterlesen »]]> A Problem

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 21.07.2000 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Juli 2000 – 2 BvH 3/91 – R, siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2000/07/hs20000 721_2bvh000391.html) festgestellt, dass „Regelungen über ergänzende Entschädigungen für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, für die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen und für die Ausschussvorsitzenden mit dem Verfassungsrecht unvereinbar sind. Sie verstoßen gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten“. Es hat ausgeführt, dass „mit der Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen an stellvertretende Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen und Ausschussvorsitzende das Tor geöffnet wäre zu einem differenzierten, Abhängigkeiten erzeugenden oder verstärkenden Entschädigungssystem, das unvereinbar mit dem Grundsatz der Abgeordnetengleichheit“ ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 75).

Der Landesrechnungshof des Landes NRW hat seine Prüfungsergebnisse bzgl. der Fraktionen des Landtags NRW in der 15. Wahlperiode SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Haushaltsjahre 09.06.2010 – 30.05.2012) mit Schreiben vom 18.05.2016 zusammengefasst. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass der Empfängerkreis von Funktionszulagen über den im Urteil des Bundesverfassungsgerichts genannten Personenkreis, der nur die Präsidentin bzw. den Präsidenten, die Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen und die Fraktionsvorsitzenden umfasst, hinausgeht, und die Rechtmäßigkeit einzelner Funktionszulagen in Frage gestellt. Der Landesrechnungshof plädiert daher für eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen.

Die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bei ihrer Stellungnahme zu den Feststellungen und Empfehlungen des Landesrechnungshofs geäußert, dass sie keinen Anpassungs- bzw. Änderungsbedarf sehen (siehe zum Ganzen die Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags vom 05.01.2017, S. 4 f., Drucksache 16/13925).

Einen Antrag der Fraktion der Piraten vom 17.01.2017 (Drucksache 16/14005), mit dem alle Fraktionen aufgefordert wurden, 1.) das genannte Urteil des Bundesverfassungsgerichts als rechtsverbindlich zu betrachten, und 2.) in die Februar-Sitzung des Landtags einen gemeinsamen Gesetzentwurf einzubringen, durch den die Empfehlungen des Landesrechnungshofs NRW vom 18.05.2016 zur Änderung des Abgeordneten- und Fraktionsgesetzes bzgl. der Funktionszulagen umgesetzt werden, haben die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Sitzung des Landtags vom 26.01.2017 abgelehnt.

B Lösung

Eine fortgesetzte Verletzung des Verfassungsguts des freien Mandats und der Gleichbehandlung von Abgeordneten bzw. eine Nichtbeachtung der einschlägigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht akzeptabel. Durch Änderungen des Abgeordneten- und Fraktionsgesetzes NRW können die Vorgaben der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und die Empfehlungen des Landesrechnungshofs umgesetzt werden. 

C Kosten

Keine

Gegenüberstellung

 

 

Gesetzentwurf der Fraktion der Piraten

 

 

Gesetz zur Stärkung des freien Mandats und der Abgeordnetengleichheit

 

 

 

 

Artikel 1

Vierzehntes Gesetz zur Änderung

des Abgeordnetengesetzes

 

Das Abgeordnetengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (AbgG NRW) vom 5. April 2005 (GV. NRW. S. 252), zuletzt ge­ändert durch Gesetz vom 8. Juli 2016 (GV. NRW. S. 550), wird wie folgt ge­ändert:

 

 

 

§ 16 wird wie folgt geändert:

 

Absatz 2 Satz 4 wird wie folgt gefasst:

 

„Besondere parlamentarische Aufgaben, die Abgeordnete für ihre Fraktion wahrnehmen, dürfen von dieser nicht vergütet werden; ausgenommen hiervon ist die Funktion der bzw. des Fraktionsvorsitzenden, die bzw. der zusätzliche monatliche Bezüge in Höhe von 40 Prozent der Abgeordnetenbezüge nach § 5 Absatz 1 erhalten darf.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Artikel 2

Siebtes Gesetz zur Änderung des Fraktionsgesetzes

Das Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen im Landtag von Nordrhein-Westfalen (Fraktionsgesetz – FraktG NRW) vom 18. Dezember 2001 (GV. NRW. S. 866), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) , wird wie folgt geändert:

 

 

 

§ 7 wird wie folgt geändert:

 

Absatz 3 Nummer 2 lit. a) wird wie folgt gefasst:

 

„Entschädigungen an die bzw. den Fraktionsvorsitzenden“

 

 

 

 

Artikel 3

Inkrafttreten

 

Dieses Gesetz tritt am 14. Mai 2017 in Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

 

Auszug aus den geltenden Gesetzes­be­stimmungen

 

 

 

 

 

 

 

 

Abgeordnetengesetz
des Landes Nordrhein-Westfalen
– AbgG NRW –

 

 

 

 

 

 

 

 

 

§ 16

Sicherung der Unabhängigkeit der Abgeordneten

(1) Die Ausübung des Mandats steht im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Landtags. Unbeschadet dieser Verpflichtung bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat zulässig. Sie können der Verwurzelung der Landtagsmitglieder in der Gesellschaft und im Arbeitsleben Rechnung tragen.

(2) Ein Mitglied des Landtags darf für die Ausübung seines Mandats keine anderen als die in diesem Gesetz vorgesehenen Zuwendungen annehmen. Eine Vergütung aus einem Dienst- oder Werkverhältnis darf es nur annehmen, soweit diese sich nicht auf die Ausübung des Mandats bezieht. Die Annahme von Zuwendungen, die das Mitglied des Landtags, ohne die danach geschuldeten Dienste zu leisten, nur deshalb erhält, weil von ihm im Hinblick auf sein Mandat erwartet wird, dass es im Landtag die Interessen des Zahlenden vertreten und nach Möglichkeit durchsetzen wird, ist unzulässig. Besondere parlamentarische Aufgaben, die Abgeordnete für ihre Fraktion wahrnehmen, dürfen von dieser vergütet werden.

(3) Wirkt ein Mitglied des Landtags in einem Ausschuss an der Beratung oder Abstimmung über einen Gegenstand mit, an welchem es selbst oder ein anderer, für den es gegen Entgelt tätig ist, ein wirtschaftliches Interesse hat, so hat es diese Interessenverknüpfung zuvor im Ausschuss offen zu legen.

(4) Hinweise auf die Mitgliedschaft im Landtag in beruflichen oder geschäftlichen Angelegenheiten sind unzulässig und daher zu unterlassen.

(5) In Zweifelsfragen ist das Mitglied des Landtags verpflichtet, sich über die Auslegung der Bestimmungen durch Rückfragen bei der Präsidentin bzw. beim Präsidenten des Landtags zu vergewissern.

 

 

 

 

Gesetz
über die Rechtsstellung der Fraktionen
im Landtag von Nordrhein-Westfalen
(Fraktionsgesetz – FraktG NRW)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

§ 7

Rechnungslegung

(1) Die Fraktionen legen über ihre Einnahmen und Ausgaben Rechnung. Die Rechnung umfasst jeweils ein Kalenderjahr. Erfolgt die Buchführung und die Rechnungslegung nach den Regeln der kaufmännischen Buchführung, sind Forderungen, Verbindlichkeiten und Abgrenzungsposten auszuweisen. Die geprüfte Rechnung ist spätestens bis zum Ende des 6. Monats des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres oder des Monats, in dem die Geldleistung nach § 4 letztmals gezahlt wurde, der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags vorzulegen. Endet die Wahlperiode oder verliert eine Fraktion ihre Rechtsstellung, so ist die Rechnung binnen einer Frist von 6 Monaten zu legen. Im Falle des Endes der Wahlperiode durch Auflösung des Landtags ist die Rechnung binnen einer Frist von 6 Monaten nach Beginn der folgenden Wahlperiode zu legen.

(2) Die Rechnung ist von der Fraktionsvorsitzenden bzw. dem Fraktionsvorsitzenden und der nach der Geschäftsordnung der Fraktion zuständigen Person zu unterzeichnen.

(3) Die Rechnung ist wie folgt nach Einnahmen und Ausgaben zu gliedern:

1. Einnahmen

a) Zuschüsse und Leistungen nach §§ 3 und 4,

b) sonstige Einnahmen

2. Ausgaben

a) Entschädigungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen (Gesamtbetrag).

b) Personalausgaben für Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter (Gesamtbetrag; Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine der Besoldungsgruppe A 13 entsprechende oder höhere Vergütung erhalten haben; Zahl der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter).

c) Sachausgaben

aa) Ausgaben des laufenden Geschäftsbetriebs,

bb) Ausgaben für Veranstaltungen oder für die Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen,

cc) Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit,

dd) Ausgaben für Beratungen und Gutachten Dritter,

ee) Ausgaben für dienstliche Reisen.

d) Sonstige Ausgaben.

(4) Die Rechnung muss außerdem die Höhe der gesamten Rücklage zu Beginn und Ende des Kalenderjahres nachweisen.

(5) Die von der Fraktion aufgestellte Rechnung ist von einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer oder von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu prüfen und mit einem Prüfungsvermerk zu versehen. In diesem Vermerk ist zu bestätigen, dass die Rechnung den Vorschriften der Absätze 2 bis 4 entspricht.

(6) Solange die Fraktion mit der Vorlage der geprüften Rechnung im Verzug ist, sollen die Geldleistungen nach §§ 3 und 4 zurückgehalten werden.

 

 

 

Begründung

Allgemeines

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Urteil vom 21. Juli 2000 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Juli 2000 – 2 BvH 3/91) ein grundsätzliches Verbot von Zusatzgehältern für Abgeordnete ausgesprochen, von dem Entschädigungen für Fraktionsvorsitzende ausgenommen sind. Dieses Verbot fügt sich in die ständige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Abgeordnetenentschädigung ein. Bereits im Urteil vom 5. November 1975 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats – 2 BvR 193/74) hatte das Gericht festgestellt, dass „jedem Abgeordneten eine gleich hoch bemessene Entschädigung zusteht, unabhängig davon, ob die Inanspruchnahme durch die parlamentarische Tätigkeit größer oder geringer ist“. Danach wird durch die allen Abgeordneten gewährte Entschädigung auch die Erfüllung bestimmter parlamentarischer Aufgaben wie die des parlamentarischen Geschäftsführers oder der Ausschussvorsitzenden abgegolten. In seinem Urteil vom 21. Juli 2000 weist das Gericht zudem darauf hin, dass durch die Zahlung ergänzender Entschädigungen eine „systematische Ausdehnung der Funktionszulagen“ drohe, weil sich etwa die Zahl der Ausschüsse „vergleichsweise einfach erhöhen“ lasse.

Ebenso hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschieden, der im Urteil vom 14. Juli 2003 (Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 14. Juli 2003 – VerfGH 2/01) festgestellt hat, dass der durch eine besondere Funktion bedingte „zeitliche Einsatz des Abgeordne­ten […] mit der Grundentschädigung entgolten ist. […] Die Grund­entschädigung hat Alimentationsfunktion, weil sie die Ausübung des Mandats und sämtlicher mit ihm verbundener parlamentarischer Aufgaben gewährleistet. Daher ist die zeitliche Inanspruchnahme ei­nes Abgeordneten unabhängig von ihrem Anlass mit der Grundent­schädigung so vollständig abgegolten, dass in Bezug auf den durch eine besondere Funktion verursachten Einsatz kein Raum für eigen­ständige Ausgleichsregelungen besteht.“

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bzgl. der Funktionszulagen gilt für den Bundestag ebenso wie für alle Landtage. Das ergibt sich bereits daraus, dass das Gericht seine Entscheidung vom 21. Juli 2000 maßgeblich auf das Institut des freien Mandats, wie es alle geltenden deutschen Verfassungen kennen, gestützt hat. Ferner hat das Gericht wiederholt festgestellt, dass es mit seiner Entscheidung allgemeine Maßstäbe zu der Frage aufgestellt hat, für welche Ämter Funktionszulagen vorgesehen werden können, ohne dass die Freiheit des Mandats und der Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten verletzt sind (vgl. Hans Herbert von Arnim, Die Hebel der Macht – und wer sie bedient. Parteienherrschaft statt Volkssouveränität. München 2017, S. 122).

Dabei kommt es nicht darauf an, ob Funktionszulagen unmittelbar aufgrund eines Abgeordneten- bzw. Fraktionsgesetzes, eines Haushaltsgesetzes oder aufgrund von Beschlüssen von Fraktionen aus deren Haushalt gezahlt werden. Insbesondere ist die Zahlung von Funktionszulagen aus Fraktionsmitteln verfassungswidrig, weil den Fraktionen als Teilen eines Parlaments nicht erlaubt sein kann, was dem Parlament selbst verboten ist (vgl. Martin Morlok, Gesetzliche Regelung des Rechtsstatus und der Finanzierung der Bundestagsfraktionen, NJW 1995, SS. 29, 31; von Arnim, a.a.O., S. 123).

Artikel 1

§ 16 Absatz 2 Satz 4 in seiner bisherigen Fassung regelt, dass besondere parlamentarische Aufgaben, die Abgeordnete für ihre Fraktion wahrnehmen, von dieser vergütet werden dürfen. Diese Bestimmung steht im Gegensatz zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Zahlung von Funktionszulagen. § 16 Absatz 2 Satz 4 in seiner Neufassung regelt daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung, dass eine zusätzliche Vergütung ausschließlich für die Fraktionsvorsitzende bzw. den Fraktionsvorsitzenden zulässig ist. Die zusätzliche monatliche Vergütung darf maximal 40 Prozent der monatlichen Abgeordnetenbezüge betragen. Sie kann darunter liegen. Ein Verzicht der bzw. des Fraktionsvorsitzenden auf die zusätzliche Vergütung ist zulässig.

Artikel 2

§ 7 Absatz 3 Nummer 2 lit. a) in seiner bisherigen Fassung regelt, dass Entschädigungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen als Gesamtbetrag in der Rechnungslegung der Fraktionen auszuweisen sind. Infolge der Änderung des § 16 Absatz 2 Satz 4 Abgeordnetengesetz durch Artikel 1 ist die Regelung anzupassen. § 7 Absatz 3 Nummer 2 lit. a) in seiner Neufassung regelt, dass die Entschädigungen an die bzw. den Fraktionsvorsitzenden auszuweisen sind.

Artikel 3

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten.

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Vernachlässigte Stadtbahn-Infrastruktur sanieren; ÖPNV von finanziellen Altlasten befreien. https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/vernachlaessigte-stadtbahn-infrastruktur-sanieren-oepnv-von-finanziellen-altlasten-befreien/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/vernachlaessigte-stadtbahn-infrastruktur-sanieren-oepnv-von-finanziellen-altlasten-befreien/#respond Mon, 13 Feb 2017 11:25:23 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452492 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Der öffentliche Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen befördert jährlich 2,2 Milliarden Fahrgäste. In den Ballungsräumen ist dieser für die ansässige sowie einpendelnde Bevölkerung ein unverzichtbarer Bestandteil der Mobilität. Viele Menschen sind auf einen funktionierenden ÖPNV angewiesen.

Um seit den 1960er-Jahren das Leitbild der autogerechten Stadtentwicklung besser verwirklichen zu können, wurden in den Innenstädten große Teile der ÖPNV-Verkehrsinfrastruktur in den Untergrund verlagert. Möglich war dies durch die Förderung über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GvfG). Das GvfG förderte Neubaumaßnahmen, jedoch nicht die Instandhaltung der baulichen Infrastruktur. Für diese sind die Eigentümer der Infrastruktur verantwortlich. Eine Rücklagenbildung für eine regelmäßige, grundlegende Sanierung der Tunnelanlagen bzw. der Infrastruktur erfolgte oft aus unterschiedlichen Gründen nicht.

Die bauliche und technische Infrastruktur ist mittlerweile vielerorts stark sanierungsbedürftig, ohne, dass entsprechende Finanzmittel auch nur ansatzweise in Aussicht stünden. Die Infrastruktur entspricht nicht mehr den modernen Sicherheitsanforderungen. Inzwischen belaufen sich die Kosten für die Sanierung allein der Stadtbahnsysteme in NRW auf 3,1 Milliarden Euro.

Die Kommunen bzw. die kommunalen Verkehrsbetriebe sind auf Grund ohnehin angespannter finanzieller Rahmenbedingungen nicht in der Lage, diese Sanierung aus eigener Kraft zu stemmen. Auch eine Öffnung des GvfG für Instandhaltungsmaßnahmen wird den immensen Sanierungsstau angesichts der insuffizienten Finanzausstattung nicht in absehbarer Zeit auflösen können.

Dies geht zu Lasten der Zuverlässigkeit des ÖPNV sowie der Sicherheit der Fahrgäste: In Duisburg stand wegen veralteter Sicherungstechnik ein Kommunalgrenzen überschreitendes Nahverkehrsangebot vor dem Aus und konnte nur durch ein Notprogramm gerettet werden. In Mülheim an der Ruhr, Duisburg, Essen, Dortmund und anderen Kommunen sind Fahrzeugausfälle und Verspätungen Alltag. Teilweise mussten Linien auf Busbetrieb umgestellt werden. Ein Gutachten am Beispiel Mülheim an der Ruhr zeigt jedoch, dass eine vollständige Aufgabe des Stadtbahnbetriebs gesamtwirtschaftlich keinen Sinn macht.

Der Sanierungsstau gefährdet die Sicherstellung eines zuverlässigen ÖPNV-Angebots mit der leichten Schiene als Rückgrat des Nahverkehrs. Damit gefährdet er die Ziele der Bundes- sowie der Landesregierung im Bereich des Klimaschutzes. Ferner sind die kommunalen Luftreinhaltepläne nicht einzuhalten, wenn die elektrobetriebenen Stadtbahnen durch Busse mit Verbrennungsmotor ersetzt werden müssten.

Schlussendlich liegt die Lösung des Dilemmas in einer Entschuldung der Kommunen bzw. der Verkehrsbetriebe von der Sanierungs-Altlast. Die Ertüchtigung der baulichen Infrastruktur – die nachholende Sanierung – muss unabhängig vom Regelerhalt, Ausbau und Betrieb des Nahverkehrs finanziert werden, d. h. die nachholende Sanierung darf nicht zu Lasten des vorhandenen Finanzierungsvolumens für den ÖPNV-Betrieb und bestehender Ausbauvorhaben finanziert werden.

Die Trennung von Regelerhalt, Ausbau und Betrieb des Nahverkehrs sowie der nachholenden Sanierung wurde von der Enquetekommission “Finanzierungsoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels” empfohlen.

II. Der Landtag stellt fest:

In den letzten Jahrzehnten wurden in vielen Städten in NRW keine ausreichenden Instandhaltungsrücklagen für die Infrastruktur – insbesondere Tunnelbauwerke – der Stadtbahnen gebildet; regelmäßige Erhaltungsmaßnahmen wurden vernachlässigt.

Dies wirkt sich zunehmend zu Lasten des gegenwärtigen Verkehrsangebotes aus und gefährdet damit die Klimaschutzziele der Bundes- und Landesregierung sowie die Erfüllung der kommunalen Luftreinhaltepläne.

III.        Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. in Ministerkonferenzen, bei der Bundesregierung, den Bundesministerien und im Bundesrat auf die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel für eine Sanierung alter ÖPNV-Verkehrsinfrastruktur (u. a. Stadtbahntunnel) hinzuwirken. Die Finanzmittel müssen unabhängig bestehender Finanzierungselemente gewährt werden und in ihrer Höhe geeignet sein, die nachholende Sanierung vollständig durchführen zu können.
  2. darauf aufbauend ein entsprechend zweckgebundenes Landesprogramm zur flächendeckenden Ertüchtigung kommunaler ÖPNV-Verkehrsinfrastruktur aufzulegen.
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Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 41 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zum Vorgehen der nordrhein-westfälischen Landesregierung und ihrer Sicherheitsbehörden im Fall des islamistischen Attentäters Anis Amri („Untersuchungsausschuss Fall Amri“) https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/einsetzung-eines-untersuchungsausschusses-gemaess-artikel-41-der-landesverfassung-nordrhein-westfalen-zum-vorgehen-der-nordrhein-westfaelischen-landesregierung-und-ihrer-sicherheitsbehoerden-im-fall-d/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/einsetzung-eines-untersuchungsausschusses-gemaess-artikel-41-der-landesverfassung-nordrhein-westfalen-zum-vorgehen-der-nordrhein-westfaelischen-landesregierung-und-ihrer-sicherheitsbehoerden-im-fall-d/#respond Mon, 13 Feb 2017 11:23:42 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452490 Weiterlesen »]]> Antrag

der Fraktion der CDU

der Fraktion der PIRATEN

I. Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

Der Landtag Nordrhein-Westfalen setzt einen aus 12 stimmberechtigten Mitgliedern und einer entsprechenden Zahl von stellvertretenden Mitgliedern bestehenden Untersuchungsausschuss ein.

Die Verteilung der zu vergebenden Sitze im Untersuchungsausschuss erfolgt folgendermaßen:

SPD                                                  5 Mitglieder

CDU                                                  3 Mitglieder

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN        2 Mitglieder

FDP                                                   1 Mitglied

PIRATEN                                         1 Mitglied

II. Sachverhalt

Am 19. Dezember 2016 verübte der tunesische Staatsbürger Anis Amri auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz ein verheerendes Attentat, indem er einen Lastkraftwagen in die Menschenmenge steuerte. Zwölf Menschen kamen ums Leben, mehr als 50 wurden teils schwer verletzt. Der Attentäter selbst wurde nach seiner Flucht über die Niederlande in den frühen Morgenstunden des 23. Dezember 2016 von Einsatzkräften der italienischen Polizei nahe der Stadt Mailand erschossen. Im Fall Amris handelt es sich um den folgenschwersten islamistischen Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die zentralen Fragen, die sich für die Angehörigen der Opfer, die Öffentlichkeit und die Politik nach dem Attentat stellen, sind: Hätte der vollziehbar ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerber Amri vor dem 19. Dezember 2016 festgesetzt und so von seinem Anschlag abgehalten werden können? In wessen Verantwortung hat es gelegen, Maßnahmen zur Festsetzung Amris zu ergreifen?

In diesem Zusammenhang ist Nordrhein-Westfalen in das Zentrum der bundesweiten Debatte über den Fall Amri und die Innere Sicherheit gerückt. Ursächlich dafür ist die Tatsache, dass es sich bei Amri um einen behördenbekannten, ausreisepflichtigen islamistischen Gefährder handelte, gegen den mehrere Ermittlungsverfahren anhängig gewesen sind und für den die nordrhein-westfälischen Behörden in mehrfacher Hinsicht die Zuständigkeit hatten. Dies ist einer von Bund und Ländern einvernehmlich erstellten Chronologie zum Behördenhandeln im Fall Amri sowie den Dokumenten der bisherigen Aufarbeitung im Bundestag sowie im Berliner Abgeordnetenhaus zu entnehmen.

Der Chronologie nach wurde die Ersteinstufung von Amri als Gefährder am 17. Februar 2016 vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen vorgenommen. Nachdem Amri ab 10. März 2016 für zwei Monate in Berlin als Gefährder geführt wurde, erfolgte seine Wiedereinstufung als Gefährder in Nordrhein-Westfalen am 10. Mai 2016. Zudem waren es nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18. Januar 2017 die nordrhein-westfälischen Behörden, die Amri am 13. Oktober 2016 als sogenannten „Foreign Fighter“ in das INPOL-System eingetragen haben.

Der Chronologie ist ebenfalls zu entnehmen, dass Amri am 18. August 2015 durch die Bezirksregierung Arnsberg dem Ausländeramt Kleve und von dort aus der Stadt Emmerich zugewiesen wurde. Seinen Asylantrag stellte Amri am 28. April 2016 in der BAMF-Außenstelle Dortmund. Am 30. Mai 2016 erfolgte der Bescheid des BAMF, der den Antrag als offensichtlich unbegründet ablehnte. Seit dem 11. Juni 2016 hatte der Asylbescheid Bestandskraft, womit Amri vollziehbar ausreisepflichtig war. Zuständig für den Vollzug war bis zum Dezember 2016 die Ausländerbehörde in Kleve, ab Mai 2016 unter Federführung des LKA Nordrhein-Westfalen. So erklärte der Staatssekretär des Berliner Innensenators, Torsten Akmann, in der Sondersitzung des Innenausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses am 21. Dezember 2016: „Folgerichtig stufte dann das LKA Nordrhein-Westfalen Amri am 10. Mai 2016 aufgrund der Erkenntnislage auch wieder als Gefährder ein, und das war der Fall sozusagen bis zum heutigen Tage. Es wurde dann damals mit dem Bundeskriminalamt auch vereinbart, dass sich das LKA Nordrhein-Westfalen dringlich um eine Abschiebung des Amri kümmern sollte und sämtliche ausländerrechtlichen Maßnahmen auch initiieren und koordinieren sollte.“ (Protokoll, S. 10). Diese Vereinbarung wurde in den Sitzungen des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) zu Amri am 15. Juni, 19. Juli, 19. August 2016 und 2. November 2016 bestätigt. In der Sitzung vom 19. Juli wurde explizit festgehalten, dass das MIK NW die Passbeschaffungsmaßnahmen zusammen mit der ABH Kleve prioritär durchführt.

Es hat zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen diverser Straftaten gegen Amri im Laufe seines Aufenthalts in Deutschland gegeben. Dazu gehören Verfahren wegen Delikten wie besonders schwerer Diebstahl, Körperverletzung, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Urkundenfälschung und Leistungsbetrug. Bei einer Zusammenführung der Ermittlungsverfahren zu einem Sammelverfahren wäre es auf dieser Entscheidungsgrundlage unter Umständen möglich gewesen, Amri in Untersuchungshaft zu nehmen. Die Chronologie des Bundes und der Länder hält in einem Eintrag für den 13. April 2016 fest: „LKA NW prüft in Abstimmung mit dem LKA BE bzw. der GStA Berlin die zeitnahe Vorlage der verdichteten Erkenntnisse zu den verschiedenen ausländerrechtlichen Aufenthalten und Anmeldungen des AMRI bei einer zuständigen Staatsanwaltschaft. Ziel soll in diesem Zusammenhang die Prüfung der Einleitung eines Strafverfahrens wegen gewerbsmäßigem Betruges und fortgesetzter mittelbarer Falschbeurkundung sein, um in diesem Verfahren ggf. eigenständige prozessuale Maßnahmen ergreifen zu können.“

Diese Sachverhalte machen deutlich, dass die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden nicht nur ausländerrechtlich für Amri zuständig waren. Ihnen kamen ebenso Zuständigkeiten bei der Führung Amris als Gefährder und seiner strafrechtlichen Verfolgung zu. Seit Bekanntwerden der Täterschaft Amris wurden in der Öffentlichkeit mehrere Möglichkeiten erörtert, auf welchem Wege die nordrhein-westfälischen Behörden den späteren Attentäter im Vorfeld des Anschlags hätten festsetzen oder seinen Aktionsradius erheblich einschränken können:

  • Auferlegung polizeilicher Meldeauflagen gem. § 8 Abs. 1 PolG NRW.
  • Anordnung von Untersuchungshaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens.
  • Ausweisung nach §§ 53 ff. AufenthG.
  • Abschiebungsanordnung nach § 58 a AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3, Satz 1, Nr. 1 AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3, Satz 1, Nr. 2 AufenthG.
  • Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3, Satz 1, Nr. 5 AufenthG.

Der nordrhein-westfälische Innenminister und sein Ministerium vertreten bisher den Standpunkt, dass keine der oben genannten Möglichkeiten umsetzbar gewesen sei. Meldeauflagen wären im Falle Amris nutzlos gewesen und hätten befürchten lassen, dass er „sein konspiratives Handeln nochmals verstärken würd[e], und dass er abtauchen und seine Bewegungen, Kontakte sowie Kommunikation in höchstem Maße verschleiern würde.“ (Bericht des Landesinnenministeriums an den Innenausschuss vom 16. Januar 2017, S. 10). Die Anordnung von Untersuchungshaft wäre, so die Argumentation, im Verfahren gegen Amri wegen Leistungsbetrugs unverhältnismäßig gewesen. Für eine Ausweisung Amris hätten die gerichtsverwertbaren Erkenntnisse hinsichtlich der Gefährdung nicht vorgelegen. Für eine Abschiebehaft hätten zwar Haftgründe vorgelegen, gleichzeitig jedoch auch der Ausschlussgrund, dass es angesichts der bisherigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den tunesischen Behörden ausgeschlossen gewesen sei, die Abschiebung innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Fristen durchführen zu können. An diesen Einschätzungen hat sich mannigfaltige Kritik entzündet. Zahlreiche Rechtsexperten und der Bundesminister des Innern haben die Darstellung der nordrhein-westfälischen Landesregierung deutlich zurückgewiesen. Die Darstellung des nordrhein-westfälischen Landesinnenministers sowie der Ministerpräsidentin, man sei bei der versuchten Festsetzung Amris „an die Grenze des Rechtsstaats“ gegangen, wurde ebenfalls von verschiedenen Seiten zurückgewiesen, so etwa vom Deutschen Richterbund. Dessen Vorsitzender Jens Gnisa erläuterte gegenüber der Rheinischen Post (1. Februar 2017): „Ich finde es wenig fair von Innenminister Jäger, so zu tun, als würden die Gerichte unüberbrückbare Hürden für Abschiebungshaft herstellen.“ Wenn die Behörden keine Haft beantragten, seien den Gerichten die Hände gebunden.

Neben der Frage, inwieweit das Handeln der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden vor dem Anschlag in Berlin unzulänglich und fehlerhaft war, ist auch der Umgang der Landesregierung mit dem Fall Amri nach Bekanntwerden seiner Täterschaft in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Die offiziellen Darstellungen der Ministerpräsidentin, des Innenministers und seiner leitenden Beamten zu folgenden Aspekten des Falles Amri haben zahlreiche Widersprüche und Fragen aufgeworfen:

  • Ablauf des Passersatzverfahrens und der diesbezüglichen Kommunikation der nordrhein-westfälischen Behörden mit den zuständigen tunesischen Stellen;
  • Informationsaustausch zwischen dem Innenministerium, den Landesoberbehörden und den untergeordneten Stellen;
  • Ablauf der Ermittlungsverfahren gegen Amri bei den betreffenden nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften;
  • mögliche Zusammenführung der Verfahren zu einem Sammelverfahren;
  • Rolle des Innenministeriums und der Ausländerbehörde Kleve im Rahmen der Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg;
  • Einschätzung der Gefährlichkeit Amris;
  • Kommunikation, Aufgabenteilung und Lageeinschätzungen im GTAZ und der Sicherheitskonferenz (Siko) NRW;
  • Wechsel des Lebensmittelpunktes Amris im Jahr 2016 und Zuständigkeiten der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden;
  • Kontakte zwischen nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden und Anis Amri zur Informationsgewinnung über die islamistische Szene.

Ebenfalls stellt sich die Frage, ob ein möglicher Geheimnisverrat aus nordrhein-westfälischen Sicherheitskreisen Auswirkungen auf das Fluchtverhalten Amris und damit den Fahndungserfolg der deutschen Behörden nach dem Attentat hatte. Verschiedene Informationen deuten darauf hin, dass Amri auf seiner Flucht über Nordrhein-Westfalen in die Niederlande gelangt ist. So soll nach Medienberichten ein vom BKA als glaubwürdig eingeschätzter Zeuge Amri am 21. Dezember 2016 morgens um 7.00 Uhr nahe seiner Flüchtlingsunterkunft in Emmerich gesehen haben. Nach verschiedenen Presseberichten sollen im Laufe des Vormittags desselben Tages in einem Internetcafé in Emmerich Nachrichten vom persönlichen Email-Account Amris versandt und der persönliche Facebook-Account Amris gelöscht worden sein. Um 11.30 Uhr wurde Amri schließlich von Kameras auf dem Bahnhof von Njmwegen, 40 Kilometer von Emmerich entfernt, gefilmt. Informationen über anstehende Maßnahmen der Polizei sollen ausweislich von Agenturmeldungen bereits am Vormittag von „Sicherheitskreisen“ in Nordrhein-Westfalen an Medien weitergegeben worden sein. Ermittlungen wegen Geheimnisverrats hat der Landesinnenminister nach eigener Aussage im Innenausschuss des Landtags weder bisher eingeleitet noch für die Zukunft geplant.

Die Menschen in Deutschland schauen im Fall Amri seit Wochen auf Nordrhein-Westfalen und seine Verantwortungsträger. Der Landtag ist es den Opfern des bisher verheerendsten islamistischen Terroranschlags auf deutschem Boden schuldig, für eine gründliche Aufklärung des Falls zu sorgen. Nur so können wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat wiederherstellen und aus den Fehlern der Vergangenheit wichtige Lehren für den Kampf gegen Terrorismus ziehen.

III. Untersuchungsauftrag

Der Ausschuss erhält den Auftrag, mögliche Versäumnisse, Unterlassungen, Fehleinschätzungen und etwaiges Fehlverhalten der Landesregierung, einschließlich des Ministeriums für Inneres und Kommunales, des Justizministeriums und der Staatskanzlei, und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Sicherheits-, Justiz-, Kommunal- und sonstigen Behörden im Land Nordrhein-Westfalen beim Umgang mit dem tunesischen Islamisten Anis Amri, seinem Umfeld und möglichen Unterstützern vor dem Anschlag in Berlin am 19. Dezember 2016 sowie im Hinblick auf die Reaktionen von Mitgliedern der Landesregierung, innerbehördliche und inner- und interministerielle Informationsflüsse und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Kommunikation gegenüber dem Parlament aller beteiligten Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen nach dem Anschlag zu untersuchen.

IV. Untersuchungszeitraum

Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich auf den Zeitraum vom 6. Juli 2015, dem Tag der Erstfeststellung des Aufenthalts von Amri in Deutschland durch die Polizei Freiburg, bis zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses.

V. Fragenkomplexe

Im Rahmen seines Untersuchungsauftrages hat der Untersuchungsausschuss insbesondere, aber nicht ausschließlich, die nachfolgend aufgelisteten Fragenkomplexe aufzuklären:

1) Möglichkeiten der Festsetzung Amris

 a. Was hielt den nordrhein-westfälischen Innenminister und seine Behörden davon ab, im Fall Amri eine Sicherungshaft zumindest richterlich prüfen zu lassen?

b. Warum wurde die Prognose über die zu erwartende Dauer der Abschiebung nicht zu verschiedenen Zeitpunkten im Passersatzverfahren erneut durchgeführt?

c. Welcher zusätzlichen Erkenntnisse über den Radikalisierungsgrad Amris und seine terroristischen Vorhaben hätte es bedurft, um zu gerichtsverwertbaren Erkenntnissen für eine Ausweisungsverfügung zu kommen?

d. Wieso verzichteten der nordrhein-westfälische Innenminister und die ihm unterstellten Behörden darauf, gegen Amri polizeiliche oder aufenthaltsrechtliche Meldeauflagen zu verhängen?

e. Welche Informationen in Bezug auf Mehrfach-Identitäten, Reisetätigkeiten und sonstige Verstöße Amris gegen asyl- oder ausländerrechtliche Vorschriften haben Sicherheitsbehörden den zuständigen Ausländerbehörden zur Verfügung gestellt?

f. Wieso verzichteten der Innenminister und die ihm unterstellten Behörden darauf, gegen die Mehrfach-Identitäten und weitere Verstöße gegen asyl- oder ausländerrechtliche Vorschriften von Anis Amri vorzugehen?

g. Welche Vorkehrungen waren von Seiten des Innenministeriums getroffen worden, um den Schutz der Bevölkerung vor islamistischen Gefährdern auch mit Mitteln des Aufenthaltsrechts zu gewährleisten?

h. Wie gestaltete sich vor dem Anschlag das Melde- und Berichtswesen innerhalb des Innenministeriums und zwischen dem Innenministerium und seinen Behörden über islamistische Gefährder und den Umgang mit ihnen?

i. Welche Maßnahmen wurden von Seiten des Innenministers sowie der ihm unterstellten Behörden mittlerweile getroffen, damit sich in einem zukünftigen, vergleichbaren Fall (ausreisepflichtiger straffälliger Gefährder) eine terroristische Gefahr für die Bevölkerung nicht wieder realisiert?

j. Welche Vorkehrungen hatten der Justizminister sowie die ihm unterstellten Behörden zum Umgang mit ausreisepflichtigen Gefährdern vor dem Anschlag getroffen, damit sich die von ihnen ausgehende Gefahr für die Bevölkerung nicht realisiert?

2) Flucht Amris und möglicher Geheimnisverrat

a. Welche Maßnahmen haben die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden ergriffen, nachdem ihnen bekannt war, dass Anis Amri Tatverdächtiger des mehrfachen Mordes in Berlin war?

b. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob Amri über Nordrhein-Westfalen in die Niederlande geflohen ist?

c. Warum wurden nach dem Anschlag Verbleibskontrollen in Emmerich durchgeführt, obwohl Amri zweieinhalb Wochen zuvor dort amtlich abgemeldet wurde und im Personagramm zu Amri vom 14.12.2016 nur Aufenthalte in Berlin genannt werden?

d. Welche Verbleibskontrollen wurden in Nordrhein-Westfalen durchgeführt und warum am jeweiligen Ort?

e. Wie genau verliefen die Fahndungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen?

f. Welche Nachforschungen wurden eingeleitet, um auszuschließen, dass es während der Fahndungsmaßnahmen nach Amri zu Geheimnisverrat durch Mitarbeiter des Innenministeriums und der ihm zugeordneten Behörden gekommen ist?

g. Haben der Innenminister oder Beamte aus seinem Verantwortungsbereich in Rahmen solcher Nachforschungen mit den Journalisten gesprochen, die die Meldung über unmittelbar bevorstehende polizeiliche Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen am Vormittag des 21.12.2016 verbreitetet haben?

3)Darstellungen des Innenministers, seiner leitenden Beamten und der Ministerpräsidentin nach dem Anschlag in Berlin

3.1)   Passersatzverfahren mit Tunesien

a. Wie lauten die Einschätzungen der tunesischen Behörden zum Hergang des Passersatzpapierverfahrens für Anis Amri?

b. Warum erklärte der Innenminister zunächst im Rahmen der Pressekonferenz am 21.12.2016, dass die Passersatzpapiere des Anis Amri an diesem Tag bei der ZAB Köln eingegangen seien?

c. Auf welche Tatsachen stützt der Innenminister folgende Behauptung?„Dass letztendlich die PEP am 21. Dezember 2016 per E-Mail durch das tunesische Generalkonsulat angekündigt wurden, ist nur darauf zurückzuführen, dass an diesem Tag die Öffentlichkeitsfahndung nach Anis Amri stattgefunden hat. Ansonsten hätte das noch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gedauert.“

d. Warum wurde das erste Passersatzpapierverfahren unter explizitem Verzicht auf die Angabe des Gefährderstatus von Amri und unter dem Hauptnamen Ahmed AlMasri geführt statt unter dem Hauptnamen Anis Amri?

e. Was haben der Innenminister und die ihm unterstellten Behörden in der Zeit vor dem Anschlag mit tunesischen Stellen unternommen, um die Zusammenarbeit bei Passersatzpapierverfahren zu verbessern?

f. Warum hat das Landesinnenministerium das Unterstützungsangebot des Bundesinnenministeriums für das Passersatzpapierverfahren zu keinem Zeitpunkt in Anspruch genommen?

g. Was haben die nordrhein-westfälischen Behörden seit der Einstufung Amris als Gefährder im Februar 2016 unternommen, um die für die Bereitstellung von tunesischen Passersatzpapieren erforderlichen Handflächenabdrücke von ihm zu bekommen?

3.2)    Informationsaustausch zwischen dem Innenministerium, den Landesoberbehörden und den untergeordneten Stellen sowie entsprechenden Stellen in anderen Bundesländern oder des Bundes

a. Durch welche Organisationsprozesse hat das Landesinnenministerium – gegebenenfalls gemeinsam mit dem Justizministerium – sichergestellt, dass alle mit dem Fall Amri betrauten Behörden in Nordrhein-Westfalen, in anderen Bundesländern sowie im Bund alle relevanten Informationen über den späteren Attentäter erhielten?

b. Wieso wurde die Behörde, die ausländerrechtlich die Federführung im Fall Amri hatte, nicht von dessen Vorstrafen und Ermittlungsverfahren gegen ihn informiert?

c. Wie erklärt sich der Widerspruch zwischen den Angaben über den Grund für die Einstellung der Verfahren gegen Amri durch die Staatsanwaltschaft Duisburg einerseits und denen in der Chronologie von Bund und Ländern andererseits (Paragraf 154 f bzw. b StPO)?

d. Wie gestaltete sich der Informationsaustausch zu den ausländer- und asylrechtlichen Fragen im Fall Amri zwischen den Behördenstellen in Dortmund, Oberhausen, Köln, Arnsberg, Hemer, Rüthen, Kleve und Emmerich?

3.3)   Ermittlungsverfahren gegen Amri und mögliche Verfahrensverbindung zu einem Sammelverfahren

a. Warum wurden die gegen Amri anhängigen Verfahren nie zu einem Sammelverfahren zusammengeführt?

b. Warum wurden der in der Bund-Länder-Chronologie genannte Vorwurf des „gewerbsmäßigen Betrugs“ gegen Amri und die in einer Antwort der Bundesregierung genannte Vermutung, dass dieser Betrug nicht nur vorübergehend war, sondern seinem Lebensunterhalt diente, bisher in keiner offiziellen Darstellung des Landesinnenministeriums erwähnt?

c. Gibt es einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Siko-NRW-Sitzung zu Amri und der Verfahrenseinstellung gegen Amri in Duisburg, die am selben Tag (23.11.2016) erfolgten?

3.4)   Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg

a. Welche nordrhein-westfälischen Behörden und welche Stellen innerhalb dieser Behörden hatten bezüglich der Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg zu welchem Zeitpunkt direkten Kontakt mit welchen Behörden in Baden-Württemberg?

b. Was genau wurde im Rahmen dieser Kontakte besprochen?

c. Inwiefern wurde seitens der Behörden in Nordrhein-Westfalen eine Verlängerung der Haft zur Vorbereitung der Abschiebung in Betracht gezogen oder geprüft?

d. Welche Erkenntnis hat die Landesregierung darüber, warum die Behörden in Baden-Württemberg das Verfahren nach § 154f StPO vorläufig eingestellt haben?

e. Welche Aufenthaltsorte von Amri haben die nordrhein-westfälischen Behörden den Behörden in Baden-Württemberg mitgeteilt?

f. Haben nordrhein-westfälische Behörden die Einstellung des Verfahrens nach § 154f StPO angeregt oder eingefordert?

g. Wer gab den Fahndungshinweis, der zur Verhaftung Amris führte, an die Behörden in Baden-Württemberg: das LKA Berlin oder das LKA NRW?

3.5)   Entwicklung der Gefährlichkeit Amris

a. In welchen Informations- und Meldesystemen der deutschen und nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden war Anis Amri unter welchem Status wann registriert?

b. Warum haben der Innenminister oder seine leitenden Beamten die Einstufung Amris als „Foreign Fighter“ im Oktober 2016 bis zur Sitzung des Innenausschusses am 2. Februar bei keinem Auftritt und bei keiner Erklärung erwähnt – und dann auch nur auf Nachfrage?

c. Welche in den GTAZ-Sitzungen zu Amri teilnehmende Behörde hat zu welchem Zeitpunkt die Einschätzung geäußert, dass Amri in das Drogenmilieu abrutsche und deswegen die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung durch ihn abnehme?

d. Gehört es zum Standard der Gefährder-Bewertung durch die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden, dass eine wachsende Nähe eines Gefährders zum Drogenmilieu oder der allgemeinen Kriminalität gleichzeitig eine geringere terroristische Gefährlichkeit der Person indiziert?

3.6)   Kommunikation und Aufgabenteilung im GTAZ

a. Welche Zuständigkeiten im Fall Amri wurden in welcher Sitzung des GTAZ auf welche Sicherheitsbehörden übertragen?

b. Welche Personen haben seitens der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden an den GTAZ-Sitzungen zu Amri teilgenommen?

c. Wie wurde der Informationsaustausch zwischen den mit dem Fall Amri betrauten Bundes- und Landesbehörden außerhalb der GTAZ-Sitzungen organisiert?

d. Warum haben der Innenminister und auch die Ministerpräsidentin bis zum 2. Februar 2017 nicht einmal öffentlich darauf hingewiesen, dass sich nicht nur das GTAZ, sondern auch die Siko NRW insgesamt sieben Mal mit Amri auseinandergesetzt hat?

d. Warum sprach der Innenminister in seinen öffentlichen Auftritten bis zum 2. Februar 2017 von 40 Behörden im GTAZ, die die Einschätzungen zu Amri gemeinsam getroffen hätten, obwohl an den Besprechungen zu Amri ausweislich der bisher verfügbaren Informationen nur maximal 10 Behörden beteiligt waren?

e. Warum sind in der Erklärung des Landeskriminaldirektors im Innenausschuss am 5. Januar 2017 alle wesentlichen Informationen mit NRW-Bezug aus den Protokollen der GTAZ-Sitzungen ausgelassen worden?

3.7)   Arbeit der Sicherheitskonferenz NRW

a. Was wurde in den einzelnen Sitzungen der Siko NRW zu Amri besprochen?

b. Welche Personen nahmen an den Sitzungen der Siko NRW jeweils teil?

c. Welche neuen Erkenntnisse zu Amri oder sonstige Ergebnisse der Sitzungen wurden an die weiteren mit dem Fall befassten Behörden des Bundes und der Länder weitergesteuert?

3.8)   Wechsel des Lebensmittelpunktes Amris

a. Zu welchen Zeitpunkten hatte Amri wo seinen Lebensmittelpunkt?

b. Auf welche belegten Tatsachen gründet sich die Einschätzung der Landesregierung von der Verlagerung des Lebensmittelpunktes Amris nach Berlin konkret?

c. Worauf gründet sich die Einschätzung des Landesinnenministeriums, dass Amri in den in der Tabelle des Landesinnenministeriums vom 16. Januar 2017 mit „Aufenthalt unbekannt“ etikettierten Feldern auf jeden Fall nicht in Nordrhein-Westfalen, sondern in anderen „Zuständigkeitsbereichen“ aufhältig gewesen sein soll?

d. Aufgrund welcher Erkenntnisse geht das Landesinnenministerium davon aus, Amri habe ab Februar seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin verlegt, wenn im Oktober offenbar eine Ortung seines Handy nötig war, um herauszufinden, wo er sich befand?

3.9)   Zuständigkeiten der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden

a. Warum hat der Innenminister in seinen Statements bis zum 5. Januar die Wiedereinstufung Amris als Gefährder in Nordrhein-Westfalen im Mai 2016 nicht erwähnt?

b. Warum hat die Ministerpräsidentin auf ihrer Jahresauftaktpressekonferenz 2017 zwar die Ausstufung Amris als Gefährder im März, nicht aber seine Wiedereinstufung in Nordrhein-Westfalen zwei Monate später erwähnt?

c. Wie erfolgte die Vorbereitung der Ministerpräsidentin auf Fragen zum Themenkomplex Amri im Rahmen der Pressekonferenz?

d. Haben nordrhein-westfälische Behörden die Observation Amris übernommen, als dieser im Mai, Juni und August in Dortmund und am Niederrhein war?

e. Wurde das LKA Berlin über die Haftentlassung Amris aus der JVA Ravensburg und seine Aufenthalte in Nordrhein-Westfalen im August informiert?

f. Ist es zu fehlerhaften bzw. veralteten Angaben zu den Aufenthaltsorten im Personagramm Amris gekommen?

3.10)   Kontakte zwischen nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden und Amri

a. Welche direkten Kontakte haben zwischen den nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden, ihren Ermittlern, V-Männern, Informanten oder Gewährspersonen auf der einen und Amri auf der anderen Seite stattgefunden?

b. Welche Rolle spielte Amri für die Informationsgewinnung der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden über die islamistische Szene jenseits des Strukturverfahrens gegen die Gruppe um Abu Walaa?

c. Wie und wann kam im Fall Amri und der Beschäftigung der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden mit ihm die „Richtlinie für die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden, des Bundesnachrichtendienstes (BND), des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden in Staatsschutzangelegenheiten (= Zusammenarbeitsrichtlinie)“ zum Tragen?

VI. Schlussfolgerungen

Der Untersuchungsausschuss soll zudem prüfen, welche Schlussfolgerungen aus dem Umgang der Landesregierung, einschließlich des Ministeriums für Inneres und Kommunales, des Justizministeriums und der Staatskanzlei, und der ihrer Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht unterliegenden Sicherheits-, Justiz-, Kommunal- und sonstigen Behörden im Land Nordrhein-Westfalen mit dem Terroristen Anis Amri und aus ihrem Verhalten nach dem Anschlag am 19. Dezember 2016

  • im Hinblick auf den künftigen Umgang mit in Nordrhein-Westfalen eingestuften oder gemeldeten ausländischen Gefährdern;
  • in Bezug auf die Zusammenarbeit und Kommunikation der Behörden in Nordrhein-Westfalen bei ausländerrechtlichen Fragen;
  • in Bezug auf die Zusammenarbeit und Kommunikation nordrhein-westfälischer und der jeweiligen Heimatbehörden bei ausländerrechtlichen Fragen;
  • im Hinblick auf die Zusammenarbeit und Kommunikation der Behörden in Nordrhein-Westfalen bei der Strafverfolgung ausländischer Gefährder;
  • in Bezug auf die Arbeit der Sicherheitskonferenz NRW und ihr Wirken im Rahmen der Abstimmungen im GTAZ sowie
  • in Bezug auf die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung sowie der Kommunikation gegenüber dem Parlament in und nach Terrorlagen gezogen werden müssen.

VII. Teilweiser und vollständiger Abschlussbericht

Der Untersuchungsausschuss wird beauftragt, soweit möglich nach Abschluss seiner Untersuchungen dem Landtag gemäß § 24 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen einen Abschlussbericht vorzulegen.

Sollte ein Abschlussbericht nicht vorgelegt werden können, stellen wir den Antrag nach § 24 Abs. 4 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen, über die in dieser Wahlperiode behandelten Teile der Untersuchung einen Teilbericht zu erstatten.

Der Abschlussbericht oder der Teilbericht erfolgen schriftlich. Darüber hinaus kann der Landtag oder der Antragsteller jederzeit einen Bericht, über in sich abgeschlossene und kohärente Sachverhalte, die in Gemäßheit des Einsetzungsbeschlusses getrennt werden können, ohne dass der Einsetzungsbeschluss in seiner Gänze betroffen wird und nicht dadurch eine vorweggenommene Beweiswürdigung verursacht, anfordern.

Die Antragssteller sind sich bewusst, dass es mit Blick auf die nur noch wenige Monate andauernde Wahlperiode unwahrscheinlich ist, dass dieser Untersuchungsausschuss bis zur Zusammensetzung eines neuen Landtags alle Untersuchungsbereiche und Fragenkomplexe in der gebotenen Tiefe wird behandeln können. Die Antragssteller sprechen sich deswegen dafür aus, dass ein Untersuchungsausschuss zu diesem Untersuchungsgegenstand in der neuen Wahlperiode erneut eingesetzt wird.

VIII. Einholung externen Sachverstandes

Der Untersuchungsausschuss kann jederzeit externen Sachverstand einholen, sofern dieser zur Erfüllung des Auftrags notwendig ist und im unmittelbaren Sachzusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag steht.

Ebenso darf externer Sachverstand zur Klärung von Fragestellungen in Anspruch genommen werden, wenn Rechte des Untersuchungsausschusses oder damit in Verbindung stehende Verfahrensfragen von grundlegender oder auch situativer Notwendigkeit betroffen sind, ohne deren Beantwortung ein Fortführen der Untersuchung nicht oder nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung möglich ist.

Die hierzu notwendigen Mittel sind dem Ausschuss zu gewähren.

 IX. Ausstattung und Personal

Dem Untersuchungsausschuss und den Fraktionen werden bis zum Ende des Verfahrens zur Verfügung gestellt:

  1. Allen Fraktionen und den Mitarbeitern des Ausschusses werden die erforderlichen Räume im Landtag und die entsprechenden technischen Ausstattungen zur Verfügung gestellt.
  2. Dem Ausschuss und dem/der Vorsitzenden werden gestellt:
    a. 1,5 Stellen für Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des höheren Dienstes;
    b. Eine weitere personelle Unterstützung aus dem höheren/gehobenen Dienst sowie aus dem Assistenzbereich.
  3. Den fünf Fraktionen im Landtag werden gestellt:
    a. Die erforderlichen Mittel für je 1,5 Stellen für Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des höheren Dienstes;
    b. Eine Halbtagskraft zur Assistenz.

Bezogen auf die Abrechnung können wahlweise Pauschalbeträge bis zur Verabschiedung des Untersuchungsausschussberichts je angefangenen Monat der Tätigkeit gewährt werden. Alternativ werden die Kosten des tatsächlichen Personaleinsatzes abgerechnet.
Mitschnitt der kompletten Debatte:

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/02/einsetzung-eines-untersuchungsausschusses-gemaess-artikel-41-der-landesverfassung-nordrhein-westfalen-zum-vorgehen-der-nordrhein-westfaelischen-landesregierung-und-ihrer-sicherheitsbehoerden-im-fall-d/feed/ 0
Das Land NRW muss die Freigabe von Cannabis in lizenzierten kommunalen Abgabestellen unterstützen! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/das-land-nrw-muss-die-freigabe-von-cannabis-in-lizenzierten-kommunalen-abgabestellen-unterstuetzen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/das-land-nrw-muss-die-freigabe-von-cannabis-in-lizenzierten-kommunalen-abgabestellen-unterstuetzen/#comments Mon, 23 Jan 2017 10:39:38 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452322 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Der freizeitorientierte Konsum von Cannabis ist in Deutschland und in NRW immer noch und weiterhin verboten. Zahlreiche gesellschaftliche Probleme resultieren aus diesem Verbot: Kriminalisierung und Diskriminierung von Bürgerinnen und Bürgern, unkontrollierter Handel mit verunreinigten und gesundheitsschädlichen Cannabissubstanzen auf dem Schwarzmarkt und ein enormer aber wirkungsloser Einsatz von Polizei zur Bekämpfung der illegalen Strukturen. Weltweit werden Auswege aus dieser gescheiterten Verbotspolitik gesucht, diskutiert und teilweise umgesetzt. Da in Deutschland auf Bundesebne eine Abkehr der gescheiterten Verbotspolitik nicht zu erwarten ist, nimmt der Druck auf Lands- und kommunaler Ebene, wie kürzlich in Berlin oder Köln, zu.

Auch der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf beauftragte seinen Gesundheitsausschuss bereits im letzten Jahr damit, Lösungen zu finden, die modellhaft an die Stelle dieser bisherigen Verbotsstrukturen treten können und zugleich stärker auf Aufklärung, Prävention und Hilfe setzen. So veranstaltete das Gesundheitsdezernat der Stadt Düsseldorf am 07. Dezember 2016 eine Fachtagung zum Thema „Gesundheitspolitischer Spielraum von Kommunen“, um die Chancen und Risiken des Betriebs von lizenzierten Abgabestellen für Cannabisprodukte für Erwachsene zu diskutieren.

Ein wissenschaftlich begleitetes, zeitlich und räumlich begrenztes Modellprojekt zur lizenzierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene könnte laut Experten eine Lösung für die mit der Prohibition einhergehenden Probleme darstellen. Im Rahmen eines solchen Projektes ließe sich klären, ob Personen mit problematischen Konsummustern durch die legale Abgabe besser erreicht und gesundheitliche Schädigungen verringert werden können. Zudem könnte untersucht werden, inwieweit der Jugendschutz und die öffentliche Sicherheit von einer Zerschlagung des Schwarzmarktes konkret profitiert.

Die Veranstalter der Fachtagung in Düsseldorf sowie die anwesenden Experten beziffern die Kosten der Beantragung eines solchen Projektes auf circa 20.000 Euro. Darüber hinaus müssten für die Durchführung noch einmal circa 1.000.000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Landeshauptstadt Düsseldorf kann diese Kosten ohne die Kooperation mit anderen Kommunen und ohne die Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen nicht aufbringen.

Am 29. November 2016 fand am Berufskolleg des Bistum Münster die 19. Podiumsdiskussion der Reihe „Schüler diskutieren mit Experten“ statt. Neben einem leitenden Oberstaatsanwalt und einer leitenden Ärztin einer Klinik für Sucht- und Traumapatienten war auch die Gesundheitsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen), zu Gast auf dem Podium.

Laut Medienberichterstattung vom 30. November 2016[1] und der medialen Aufbereitung der Podiumsdiskussion durch das Berufskolleg des Bistum Münster[2] sieht die grüne Gesundheitsministerin die Freigabe des Verkaufs von Cannabis in streng kontrollierten Spezialgeschäften oder Apotheken „als beste Lösung“.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Zahlreiche Kommunen (Düsseldorf, Münster, etc.) in Nordrhein-Westfalen haben großes Interesse lizenzierte Abgabestellen für Cannabisprodukte einzurichten.
  2. Die Entwicklung, Beantragung und Durchführung eines Modellprojekts zur Einrichtung von lizenzierten Abgabestellen für Cannabisprodukte ist mit finanziellem Aufwand verbunden.
  3. Die Gesundheitsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen setzt sich öffentlich für Modellprojekte zur Schaffung von lizenzierten Abgabestellen von Cannabisprodukten ein und muss diesem öffentlichen Einsatz mit konkretem Regierungshandeln endlich Rechnung tragen.

III. Der Landtag beschließt

  1. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, insbesondere das Gesundheitsministerium unter Führung von Barbara Steffens (Bündnis 90/ Die Grünen), stellt unkompliziert einen Fördertopf bereit, um Kommunen bei der Entwicklung, Antragstellung und Durchführung von Modellprojekten zur Einrichtung von lizenzierten Abgabestellen finanziell zu unterstützen.

[1] Vgl http://www.rp-online.de/nrw/staedte/geldern/hitzige-debatte-ueber-cannabiskonsum-aid-1.6430366 (Zuletzt aufgerufen am 12.01.2016).

[2] Vgl. http://www.lfs-berufskolleg-geldern.de/cms/?p=12399 (Zuletzt aufgerufen am 12.01.2016).

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/das-land-nrw-muss-die-freigabe-von-cannabis-in-lizenzierten-kommunalen-abgabestellen-unterstuetzen/feed/ 2
Endlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2000 umsetzen: Keine verfassungswidrigen Funktionszulagen an Mitglieder des Landtags mehr zahlen! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/endlich-das-urteil-des-bundesverfassungsgerichts-vom-21-07-2000-umsetzen-keine-verfassungswidrigen-funktionszulagen-an-mitglieder-des-landtags-mehr-zahlen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/endlich-das-urteil-des-bundesverfassungsgerichts-vom-21-07-2000-umsetzen-keine-verfassungswidrigen-funktionszulagen-an-mitglieder-des-landtags-mehr-zahlen/#comments Mon, 23 Jan 2017 10:38:28 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452320 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 21.07.2000 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 21. Juli 2000 – 2 BvH 3/91 – R, siehe http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2000/07/hs20000721_2bvh000391.html) festgestellt, dass „Regelungen über ergänzende Entschädigungen für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, für die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen und für die Ausschussvorsitzenden mit dem Verfassungsrecht unvereinbar sind. Sie verstoßen gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten“. Es hat ausgeführt, dass „mit der Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen an stellvertretende Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen und Ausschussvorsitzende das Tor geöffnet wäre zu einem differenzierten, Abhängigkeiten erzeugenden oder verstärkenden Entschädigungssystem, das unvereinbar mit dem Grundsatz der Abgeordnetengleichheit“ ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 75).

Der Landesrechnungshof des Landes NRW hat seine Prüfungsergebnisse bzgl. der Fraktionen des Landtags NRW in der 15. Wahlperiode SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Haushaltsjahre 09.06.2010 – 30.05.2012) mit Schreiben vom 18.05.2016 zusammengefasst. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass der Empfängerkreis von Funktionszulagen über den im Urteil des Bundesverfassungsge­richts genannten Personenkreis, der nur die Präsidentin bzw. den Prä­sidenten, die Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen und die Fraktionsvorsitzenden umfasst, hinausgeht, und die Rechtmäßigkeit einzelner Funktionszulagen in Frage ge­stellt. Der Landesrechnungshof plädiert daher für eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen und regt insbesondere an, dass die Fraktionen in ihren Rechenschaftsberichten – über den bisher im Gesetz vorgeschriebe­nen Ausweis des Gesamtbetrages der Entschädigungen an Fraktionsmitglieder mit be­sonderen Funktionen hinaus – auch angeben müssen, welche Funktionsstellen beson­ders vergütet worden sind. Die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bei ihrer Stellungnahme zu den Feststellungen und Empfehlungen des Landesrechnungshofs geäußert, dass sie keinen Anpassungs- bzw. Änderungsbedarf sehen (siehe zum Ganzen die Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags vom 05.01.2017, S. 4 f., Drucksache 16/13925).

II. Der Landtag beschließt:

  1. Alle Fraktionen des Landtags betrachten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2000 ­- 2 BvH 3/91 – als rechtsverbindlich.
  1. Alle Fraktionen des Landtags bringen in die Februar-Sitzung einen gemeinsamen Gesetzentwurf ein, durch den die Empfehlungen des Landesrechnungshofs NRW vom 18.05.2016 zur Änderung des Abgeordneten- und Fraktionsgesetzes bzgl. der Funktionszulagen in der laufenden Wahlperiode umgesetzt werden.
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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/endlich-das-urteil-des-bundesverfassungsgerichts-vom-21-07-2000-umsetzen-keine-verfassungswidrigen-funktionszulagen-an-mitglieder-des-landtags-mehr-zahlen/feed/ 1
Bürgerinnen und Bürger über die Menschenrechte des Kindes informieren – Landesregierung muss ihrer Pflicht nachkommen https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/buergerinnen-und-buerger-ueber-die-menschenrechte-des-kindes-informieren-landesregierung-muss-ihrer-pflicht-nachkommen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/buergerinnen-und-buerger-ueber-die-menschenrechte-des-kindes-informieren-landesregierung-muss-ihrer-pflicht-nachkommen/#respond Mon, 23 Jan 2017 10:34:59 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452318 Weiterlesen »]]> I. Ausgangslage

Verpflichtung KR selbst und zur Bekanntmachung

1992 unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland das UN-„Übereinkommen über die Rechte des Kindes“[1], auch bekannt als „Kinderrechtskonvention.“ Mit dem Inkrafttreten 1992 und der Rücknahme geäußerter Vorbehalte verpflichteten sich Politik und Gesellschaft Kindern und Jugendlichen umfassende Schutz-, Förderungs- und Beteiligungsrechte im öffentlichen und privaten Raum zu garantieren. Die Anerkennung dieser Verpflichtung bestätigten Nordrhein-Westfalens Regierungsfraktionen im vergangenen Jahr noch einmal explizit. Ebenso explizit wurde bei dieser Gelegenheit geschildert, dass es in unserem Land noch immer dazu kommt, dass Kinder und Jugendliche in ihren anerkannten Menschenrechten verletzt werden. Offen zugegeben wird weiterhin:

„Nüchtern betrachtet muss festgestellt werden, dass die UN-KRK in zahlreichen Bereichen unzureichend umgesetzt und noch immer zu wenig bekannt ist.“[2]

Dieser Zustand ist im Jahr 2017 – also nachdem ein Vierteljahrhundert vergangen ist – nicht mehr zu tolerieren. Tatsächlich ist die Unkenntnis bezüglich der Menschenrechte der Kinder in Deutschlang erschreckend. Seit 2002 veröffentlicht das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. jährlich den sogenannten „Kinderreport“. Hierfür werden sowohl Jugendliche und Kinder ab 10 Jahren als auch Erwachsene in repräsentativen Umfragen auch zur Bekanntheit der Kinderrechte und der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen befragt. Die Ergebnisse der jüngsten Befragungen im Kinderreport Deutschland 2016 verdeutlichen, dass eine Intensivierung der Anstrengung zur Bekanntmachung der Rechte von Kindern und Jugendlichen dringendst geboten ist. Die den Teilnehmern gestellte Frage lautete: „Ist dir/Ihnen bekannt, dass es weltweit geltende Rechte von Kindern gibt, die in einer UN-Kinderrechtskonvention festgelegt sind?“

Nur 15% der Kinder und Jugendlichen und sogar nur 14% der Erwachsenen wählten die Antwortmöglichkeit „da kennt ich mich ganz gut aus“. 62% der Minderjährigen und 77% der Erwachsenen gab hingegen zu: „Das Thema Kinderrechte kenne ich nur vom Namen her“ – und immerhin 23% der Kinder und Jugendlichen und 9% der Erwachsenen sagte, „davon habe ich noch nichts gehört oder gelesen“.[3]

Wenn 85% der Kinder und Jugendlichen und 86% der Erwachsenen in Deutschland Kinderrechte allenfalls vom Namen her kennen, kann niemand aufrichtig davon ausgehen, dass diese im Alltag zu jeder Zeit respektiert werden. Im Gegenteil formuliert das Kinderhilfswerk zutreffend: „Nur wer ein Recht kennt, kann sich aktiv darauf berufen und seine Umsetzung befördern oder einfordern.“[4]

Sachverständige bezeichnen Deutschland nicht umsonst als „Entwicklungsland in Sachen Kinderrechte“.[5] An dieser Stelle muss auch das Land Nordrhein-Westfalen seine Verpflichtungen wahrnehmen und alles in seinen Möglichkeiten Liegende tun, um die verhängnisvolle Unwissenheit in der Bevölkerung zu bekämpfen.

Eine Vorreiterrolle hatte sich NRW vor der Jahrtausendwende schon einmal erarbeitet, als es als einziges Bundesland neben Sachsen-Anhalt einen Kinderrechtsbeauftragten beschäftigte und zum Beispiel mit kindgerechten Publikationen vorbildliche Wege einschlug. Nachdem sich der Landtag im vergangenen Jahr leider entschied, dem Antrag der PIRATEN auf die Wiedereinsetzung eines bzw. einer unabhängigen Landesbeauftragten für die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen in NRW nicht zu folgen, müssen Landesparlament und insbesondere Landesregierung sich der Verantwortung selbst stellen und Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, der fatalen Unkenntnis in Bezug auf die Rechte des Kindes entgegenzuwirken.

Das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen zitierte Herrn Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, schon vor zwei Jahren mit den Worten:

„Die Ergebnisse des Kinderreports 2015 zeigen, dass wir in Deutschland eine Bildungsoffensive in Sachen Kinderrechte brauchen, die Kinder und Erwachsene erreicht. Kinderrechte sind kein Gedöns, sie gehören ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit.“[6]

Diese Aussage hat nicht an Gültigkeit verloren. Der jüngst glücklicherweise nochmals bekundete Wille, „dafür Sorge zu tragen, dass die UN-Kinderrechtskonvention in Nordrhein-Westfalen einen höheren Bekanntheitsgrad erlangt“[7], muss sich nun in konkreten Maßnahmen niederschlagen, wie sie auch von Bürgern im Beteiligungsverfahren „Digitaler Kompass“[8] online und in Workshops in Zusammenarbeit mit der Piratenfraktion erarbeitet wurden.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Kinderrechte sind Menschenrechte. Das Land Nordrhein-Westfalen und seine Regierung bekennen sich weiterhin zum UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes und den daraus erwachsenden Verpflichtungen.
  2. Die Landesregierung muss dafür Sorge tragen, dass Kinder in Nordrhein-Westfalen nicht in ihren Menschenrechten verletzt werden und steht hier umso mehr in Verantwortung, solange kein Landesbeauftragter für die Rechte und Belange von Kindern mit dieser Aufgabe betraut ist.
  3. Damit Kinder und Jugendliche in ihren Rechten respektiert werden, müssen diese sowohl ihnen als auch allen anderen bekannt sein. Zu viele Menschen in unserem Land kennen „Kinderrechte“ jedoch nur vom Namen her oder sogar gar nicht.
  4. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine ihrem Alter angemessene Beteiligung in allen sie betreffenden Fragen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. endlich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um alle Menschen in Nordrhein-Westfalen über die Menschenrechte der Kinder zu informieren und dafür erforderliche finanzielle Mittel bereitzustellen.
  2. sicherzustellen, dass die Aufklärung über die Rechte von Kindern und Jugendlichen und Hilfsangebote für in ihren Rechten verletze Minderjährige Teil der Ausbildung aller Fachkräfte wird, deren Handeln Kinder betrifft – und dafür Sorge zu tragen, dass das bereits tätige Personal bei Bedarf Fortbildungen zu diesen Inhalten erhält.
  3. Kindern und Jugendlichen Informationen über ihre Rechte, Hilfsangebote und Beteiligungsmöglichkeiten leicht zugänglich zu machen und altersgerecht zu präsentieren. Sie sollen in dieser Form insbesondere auch auf den Webseiten aller Bildungseinrichtungen zu finden sein.
  4. Kinder und Jugendliche verschiedenen Alters insbesondere insofern am Prozess zu beteiligen, als dass sie die Möglichkeit erhalten, Missstände und Schwierigkeiten in Bezug auf die Achtung ihrer Rechte aus ihrer Sicht zu schildern und ihre Beschwerden und Wünschen in der Realisierung der oben genannten Maßnahmen bestmöglich zu berücksichtigen.

[1] http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CRC/crc_de.pdf.

[2] Drs. 16/12116, S.1.

[3] Deutsches Kinderhilfswerk e.V.: „Kinderreport Deutschland 2016“, S.10.

https://images.dkhw.de/fileadmin/Redaktion/1_Unsere_Arbeit/1_Schwerpunkte/2_Kinderrechte/2.2_Kinderreport_2015_2016/Kinderreport_2016_Deutsches_Kinderhilfswerk.pdf?_ga=1.109763589.1899096621.1473865514.

[4] Ebd. S.9.

[5] APr 16/1350, S.11.

[6] http://www.familie-in-nrw.de/archiv-meldungen.html?&no_cache=1&tx_prnews[showUid]=1097&tx_prnews[originalPid]=1669&tx_prnews[tstamp]=1424358062&tx_prnews[rel]=1109%2C1106%2C1105%2C1104%2C1103%2C1101%2C1097%2C1096.

[7] Drs. 16/1216, S.14.

[8] http://www.digitaler-kompass.de/.

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/buergerinnen-und-buerger-ueber-die-menschenrechte-des-kindes-informieren-landesregierung-muss-ihrer-pflicht-nachkommen/feed/ 0
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid – Zweites Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/gesetz-zur-aenderung-des-gesetzes-ueber-das-verfahren-bei-volksinitiative-volksbegehren-und-volksentscheid-zweites-gesetz-zur-erleichterung-von-volksbegehren/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/gesetz-zur-aenderung-des-gesetzes-ueber-das-verfahren-bei-volksinitiative-volksbegehren-und-volksentscheid-zweites-gesetz-zur-erleichterung-von-volksbegehren/#respond Mon, 23 Jan 2017 10:30:53 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452315 Weiterlesen »]]>  

Gesetzentwurf der Fraktion der Piraten

 

 

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid – Zweites Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren

 

 

 

Artikel 1

 

Das Gesetz über das Verfahren bei Volksini­tiative, Volksbegehren und Volksentscheid in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2004 (GV. NRW. S. 542), das zu­letzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW. S. 622) geändert wor­den ist, wird wie folgt geändert:

 

 

 

 

§ 12 wird wie folgt geändert:

 

Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

 

„bis zum Abschluss des Volksbegehrens auszulegen.“

 

 

 

Artikel 2

 

Inkrafttreten

 

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

Auszug aus den geltenden Gesetzes­be­stimmungen

 

 

Gesetz über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (VIVBVEG)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

12 Absatz 2

Die Gemeinden sind verpflichtet,

1. vorschriftsmäßige Eintragungslisten innerhalb von vier Wochen nach der Veröffentlichung der Zulassungsentscheidung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen entgegenzunehmen und

2. während der fünften bis zweiundzwanzigsten Woche nach der Veröffentlichung für die Eintragung auszulegen.

Eintragungslisten, die nicht innerhalb der vorgenannten Frist von vier Wochen den Gemeinden zugehen, werden nicht ausgelegt.

 

 

 

Begründung

Bei der Durchführung eines Volksbegehrens können sich die Stimmberechtigen nach dem Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (VIVBVEG) in Listen, die von den Gemeindebehörden ausgelegt werden (amtliche Listenauslegung), und – nach Zulassung – in Listen, die von den Antragstellern des Volksbegehrens ausgelegt werden (freie Unterschriftensammlung), eintragen. Die Dauer der amtlichen Listenauslegung beträgt 18 Wochen, während die freie Unterschriftensammlung 12 Monate dauert (vgl. § 18a Absatz 1 VIVBVEG).

Erfahrungsgemäß erfolgt die amtliche Listenauslegung eher zum Beginn eines Volksbegehrens, während sich viele Menschen aber erst zum Ende des Volksbegehrens in die Unterschriftenlisten eintragen wollen  (vgl. zu den Fristen etwa die Bekanntmachung  über die Zulassung der amtlichen Listenauslegung und der parallelen Durchführung der freien Unterschriftensammlung für das Volksbegehren „G9 jetzt!“ des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 14. Dezember 2016, https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?print=1&anw_nr=1&gld_nr=%201&ugl_nr=1000&val=&ver=10&aufgehoben=N&keyword=Volksbegehren&bes_id=35844).

Zweck des Zweiten Gesetzes über die Erleichterung von Volksbegehren ist es, die Eintragungsfristen weitgehend zu harmonisieren und den Stimmberechtigten die Möglichkeit zu geben, ihre Stimmen bis zum Abschluss des Volksbegehrens direkt bei den Gemeinden abzugeben.

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Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen – Absenkung des Eingangsquorums des Artikel 68 Landesverfassung NW https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/gesetz-zur-aenderung-der-verfassung-fuer-das-land-nordrhein-westfalen-absenkung-des-eingangsquorums-des-artikel-68-landesverfassung-nw/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/gesetz-zur-aenderung-der-verfassung-fuer-das-land-nordrhein-westfalen-absenkung-des-eingangsquorums-des-artikel-68-landesverfassung-nw/#respond Mon, 23 Jan 2017 10:28:42 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452313 Weiterlesen »]]> A. Problem

Nach Artikel 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen (LV NW) bekundet das Volk seinen Willen durch Wahl, Volksbegehren und Volksentschied.

16 Landtagswahlen hat es seit der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen gegeben. Zudem fanden bisher 3 Volksbegehren statt, während es zu einem Volksentscheid in der Geschichte des Landes noch nicht gekommen ist.

Die durch die Landesverfassung gewollte Willensbekundung nach Artikel 2 LV NW hat es somit in über 70 Jahres des Landes Nordrhein-Westfalen noch nicht oft gegeben. Hintergrund waren und sind die hohen Hürden in Bezug auf die Quoren.

Die Fraktionsvorsitzenden der im Landtag Nordrhein-Westfalen vertretenen Parteien haben sich in einer Sitzung im März 2016 auf eine Absenkung des Eingangsquorums in Artikel 69 Absatz 1 Satz 7 LV NW auf 5% als Kompromiss geeinigt.

Dabei haben sich die Fraktionsvorsitzenden von dem Gedanken leiten lassen, dass die in Artikel 2 LV NW genannte Willensbekundung nur dann effektiv sein kann, wenn die Hürden des Volksbegehrens abgesenkt werden.

Nachdem dieser Kompromiss im Zuge der allgemeinen Diskussion über das Wahlalter nicht mehr durchzusetzbar war, wurde eine Absenkung des Quorums nach Artikel 68 Absatz 1 Satz 7 LV NW nicht weiter verfolgt.

Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Feststellung:

Die Volkswillenbekundung nach Artikel 2 der LV NW ist aufgrund der hohen Hürden des Artikel 68 LV NW praktisch nicht angewandt wird.

B. Lösung

Die Absenkung des Eingangsquorums bei Volksbegehren.

C. Alternativen

Beibehaltung des bestehenden Rechts.

D. Kosten

Keine.


G e g e n ü b e r s t e l l u n g

 

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN     Auszug aus den geltenden

Gesetzesbestimmungen

 

Gesetz zur Änderung der Verfassung für

das Land Nordrhein-Westfalen

 

Artikel I

Änderung der Verfassung                                 Verfassung für das Land Nordrhein-

für das Land Nordrhein-Westfalen                  Westfalen

 

Die  Verfassung  für  das  Land  Nordrhein-

Westfalen  vom  28.  Juni  1950  (GV.  NRW.

127), die zuletzt durch Gesetz vom

  1. Oktober 2016 (GV. NRW. S. 860),

in Kraft getreten am 5. November 2016

geändert worden ist, wird wie folgt

geändert:

                                                                             

Artikel 68 wird wie folgt geändert:                               Artikel 68

                                                                                             (1) Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben.

                                                                                              Dem Volksbegehren muß ein ausgearbeiteter und mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen.

                                                                                              Ein Volksbegehren ist nur auf Gebieten zulässig, die der Gesetzgebungsgewalt des Landes unterliegen.

                                                                                              Über Finanzfragen, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen ist ein Volksbegehren nicht zulässig.

                                                                                              Über die Zulässigkeit entscheidet die Landesregierung.

                                                                                              Gegen die Entscheidung ist die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes zulässig.

 

(2) Das Volksbegehren ist nur rechtswirksam,          (2) Das Volksbegehren ist nur

wenn es von mindestens 5 vom Hundert                     rechtswirksam,

der Stimmberechtigten gestellt ist.                                 wenn es von mindestens 8 vom Hundert der Stimmberechtigten gestellt ist.

                                                                                             (2) Das Volksbegehren ist von der Landesregierung unter Darlegung ihres Standpunktes unverzüglich dem Landtag zu unterbreiten.

                                                                                             Entspricht der Landtag dem Volksbegehren nicht, so ist binnen zehn Wochen ein Volksentscheid herbeizuführen.

                                                                                             Entspricht der Landtag dem Volksbegehren, so unterbleibt der Volksentscheid.

                                                                                             (3) Die Abstimmung kann nur bejahend oder verneinend sein. Es entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen,

                                                                                              sofern diese Mehrheit mindestens 15 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt.

                                                                                             (4) Die Vorschriften des Artikels 31 Abs. 1 bis 3 über das Wahlrecht und Wahlverfahren finden auf das Stimmrecht und das

                                                                                              Abstimmungsverfahren entsprechende Anwendung. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.

 

 

Artikel 2

Inkrafttreten

 

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner

Verkündung in Kraft.

 

Begründung:

Nach Artikel 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen (LV NW) bekundet das Volk seinen Willen durch Wahl, Volksbegehren und Volksentschied.

16 Landtagswahlen hat es seit der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen gegeben. Zudem fanden bisher 3 Volksbegehren statt, während es zu einem Volksentscheid in der Geschichte des Landes noch nicht gekommen ist.

Die durch die Landesverfassung gewollte Willensbekundung nach Artikel 2 LV NW hat es somit in über 70 Jahres des Landes Nordrhein-Westfalen noch nicht oft gegeben. Hintergrund waren und sind die hohen Hürden in Bezug auf die Quoren. (siehe dazu auch in Bezug auf die Geschichte: Dr. Thomas Mann, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Artikel 68 Rn 33)

Dieses haben auch die Abgeordneten der 16. Wahlperiode des Landtags gesehen, und nahmen sich eine Überprüfung des jetzigen Zustands in Bezug auf die Volksgesetzgebung durch eine Verfassungskommission vor. (siehe dazu den Einsetzungsantrag: 16/3428, S.2 unten, der die Durchführung und Folgewirkungen von Volksinitiativen, Art. 67a, Volksbegehren, Art. 68 und Volksentscheiden, Art. 69 explizit anspricht)

Es wurde eine öffentliche Anhörung der Verfassungskommission am 1. September 2014 zum Themenkomplex II „Partizipation – Weiterentwicklung der Demokratie in NRW“ durchgeführt. (siehe dazu ausführlich auch die Anhörungsseite der Verfassungskommissionsseite auf der Homepage des Landtags)

Die Fraktionsvorsitzenden der im Landtag Nordrhein-Westfalen vertretenen Parteien haben sich dann in ihrer Sitzung mit den Obleuten der Fraktionen in der Verfassungskommission am 15. März 2016 auf eine Absenkung des sog. „Eingangsquorums“ (oder auch Einzeichnerquorum genannt) in Artikel 69 Absatz 1 Satz 7 LV NW auf 5% geeinigt.

Dabei haben sich die Fraktionsvorsitzenden von dem Gedanken leiten lassen, dass die in Artikel 2 LV NW genannte Willensbekundung nur dann effektiv sein kann, wenn die Hürden des Volksbegehrens abgesenkt werden.

Aufgrund der unterschiedlichen Argumentationen und Ausgangslagen waren die 5% ein beachtlicher Kompromiss.

Denn: Die Fraktion der PIRATEN forderte zunächst eine Streichung, auf jeden Fall aber eine signifikante Absenkung auf 2%. Die CDU-Fraktion wollte es ursprünglich bei den bisherigen 8% belassen. Die regierungstragenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hatten sich auf 4% geeinigt. Die Fraktion der FDP wollte auch eine Senkung auf 4-6%.

Als die CDU-Fraktion sich eine Senkung vorstellen konnte, hat der Fraktionsvorsitzender der FDP den Vorschlag gemacht die goldene Mitte von 5% zu nehmen.

Mit diesem Kompromiss waren alle Fraktionen einverstanden.

Nachdem dieser Kompromiss im Zuge der allgemeinen Diskussion über das Wahlalter nicht mehr durchsetzbar war, wurde eine Absenkung des Quorums nach Artikel 68 Absatz 1 Satz 7 LV NW nicht weiter verfolgt.

Nichtsdestotrotz bleibt es bei der Feststellung:

Die Volkswillenbekundung nach Artikel 2 der LV NW wird aufgrund der hohen Hürden des Artikel 68 LV NW praktisch nicht angewandt.

Es ist deshalb auf den Kompromiss aller Fraktionsvorsitzenden des 15. März 2016 zurückzukommen.

Dieser kann nicht deshalb falsch sein, weil andere Forderungen in der Verfassungskommission (so berechtigt oder unberechtigt sie auch sein mögen) sich erfüllt haben, oder auch nicht.

Politik in Nordrhein-Westfalen und damit die Ausgestaltung des Lebens der Menschen in unserem Land, darf sich nicht darin erschöpfen, dass immer alles mit allem zusammenhängt.

Dieses ist nur scheinbar so. Gerade die Vereinbarung der Fraktionsvorsitzenden vom 15. März 2016 zeigt, dass ein erkannter problematischer Zustand durch Abwägung der Argumente zu einem alle befriedigenden Kompromiss führt, der die Menschen in diesem Land ein Stück weiter bringen kann.

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Anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Jetzt Moratorium für Umsetzung in Deutschland einrichten https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/anlasslose-vorratsdatenspeicherung-verstoesst-gegen-charta-der-grundrechte-der-europaeischen-union-jetzt-moratorium-fuer-umsetzung-in-deutschland-einrichten/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/anlasslose-vorratsdatenspeicherung-verstoesst-gegen-charta-der-grundrechte-der-europaeischen-union-jetzt-moratorium-fuer-umsetzung-in-deutschland-einrichten/#respond Mon, 23 Jan 2017 10:19:38 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452311 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Dezember 2016[1], wonach eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht mit europäischem Recht vereinbar ist, sind die Gesetze zu Vorratsdatenspeicherungen in Großbritannien und Schweden direkt gekippt worden. Das Unionsrecht untersagt eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten. Auch in Deutschland gibt es eine ähnliche Vorratsdatenspeicherung, die allgemein und unterschiedslos alle Telekommunikationsteilnehmer überwachen soll.

Das Gericht führt aus, eine  solche  nationale  Regelung  überschreite die  Grenzen  des absolut Notwendigen  und  kann  nicht  als  in  einer  demokratischen Gesellschaft   gerechtfertigt   angesehen   werden,   wie   es   die Richtlinie im   Licht der Grundrechtecharta verlangt.

Die Pressemitteilung[2] des EuGH formuliert es deutlich: „Die Mitgliedstaaten dürfen den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste keine allgemeine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung auferlegen.“

Zurzeit stehen zahlreiche nordrhein-westfälische Unternehmen, aber auch gemeinnützige Organisationen wie einzelne Freifunk-Vereine vor der sehr kostenintensiven Aufgabe, die deutsche Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Für die ehrenamtlich organisierten Freifunk-Initiativen ist die deutsche Vorratsdatenspeicherung existenzbedrohend. Es ist zu erwarten, dass die auch das Bundesverfassungsgericht nach dem Urteil des EuGH zu einem vergleichbaren Urteil kommt und die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung für grundrechtswidrig erklärt. Die Unternehmen hätten dann völlig unnötig die hohen Kosten der Umsetzung getragen.

Es ist daher von besonderer Bedeutung, sehr zeitnah die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung zu stoppen und so den drohenden Schaden abzuwehren. Der unverhältnismäßige und unvergleichbar große Grundrechtseingriff in die Privatsphäre von Millionen von Menschen muss vor dem Hintergrund dieses Urteils abgewehrt werden. Zudem wären die Schäden für nordrhein-westfälische Unternehmen substanziell, wenn sie die Kosten für die Umsetzung tragen und anschließend die Regelung gekippt wird.

Auch die Langzeitfolgen für die sehr aktive Freifunk-Community in NRW sind bislang nicht abschätzbar, wenn an der bestehenden Regelung festgehalten wird.

Es ist im Interesse Nordrhein-Westfalens unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe gegen seine Bürgerinnen und Bürger zu verhindern und Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure vor europarechtswidriger Regulierung zu schützen.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen die Grundrechtecharta der Europäischen Union.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. sich auf allen Ebenen für die Abschaffung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.
  2. die Bundesregierung aufzufordern, ein Umsetzungs-Moratorium für die Vorratsdatenspeicherung anzuordnen, um Unternehmen und Freifunk-Initiativen nicht unnötig zu Schaden kommen zu lassen
  3. sich im Bundesrat für eine Initiative zur Abschaffung der durch das „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ eingeführten anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen

 

[1]Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-203/15,Tele2 Sverige AB/Post-och telestyrelsen, und C-698/15,Secretary of State for the Home Department/Tom Watson u. a

[2]Pressemitteilung des EuGH http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-12/cp160145de.pdf

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/anlasslose-vorratsdatenspeicherung-verstoesst-gegen-charta-der-grundrechte-der-europaeischen-union-jetzt-moratorium-fuer-umsetzung-in-deutschland-einrichten/feed/ 0
Flächendeckend Mängelmelder für ortsbezogene Hinweise einrichten https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/flaechendeckend-maengelmelder-fuer-ortsbezogene-hinweise-einrichten/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2017/01/flaechendeckend-maengelmelder-fuer-ortsbezogene-hinweise-einrichten/#respond Mon, 23 Jan 2017 10:17:42 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452309 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Um die öffentliche Infrastruktur instand halten und verbessern zu können, sind die verantwortlichen Stellen vielfach auf Hinweise der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Das gilt beispielsweise für Mängel an der öffentlichen Infrastruktur wie Schlaglöcher, verschmutzte Spielplätze oder schadhafte Spielgeräte, beschädigte Schilder oder defekte Straßenbeleuchtung ebenso wie für fehlende Barrierefreiheit oder wild entsorgten Müll, von dem Umweltgefahren ausgehen können.

Entsprechende Meldungen scheitern bisher aber häufig daran, dass sich die zuständige Ansprechperson nicht finden lässt. Meldungen über die herkömmlichen Kanäle sind außerdem aufwändig und der Bürgerin / dem Bürger bleibt häufig verborgen, wie damit weiter verfahren wird.

Neben einer zentralen Telefonnummer – analog der einheitlichen „Behördentelefonnummer“ 115 in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens – kann ein internetgestütztes Portal Abhilfe schaffen: Auf einer Karte können Bürgerinnen und Bürger die betroffene Stelle markieren und eine Beschreibung des Problems, gegebenenfalls verbunden mit einem Foto, eingeben. Die eingehenden Meldungen werden an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Für die Bürgerin / den Bürger entfällt somit die zeitraubende Aufgabe, die richtige Ansprechperson ausfindig machen zu müssen. Andere Bürgerinnen und Bürger sehen, dass an dem Problem gearbeitet wird. Die zuständige Stelle gibt auf der Plattform eine Rückmeldung, ob und wann eine Beseitigung des gemeldeten Mangels möglich ist, ggf. auch, dass dies aus bestimmten Gründen nicht möglich ist. Auf diese Weise lässt sich einfach und direkt Transparenz über behördliches Tun herstellen. Das Petitionswesen des Landes zeigt, dass die Unzufriedenheit der Petentinnen und Petenten häufig im Mangel an Rückmeldung begründet ist.

II. Der Landtag stellt fest

Bestehende kommerzielle Angebote verletzen den Datenschutz und werden von den Kommunen vielfach nicht akzeptiert. Ein entsprechendes Meldesystem muss öffentlich, zentral, einheitlich und verbindlich realisiert werden. Deshalb sollte das Land einen entsprechenden nicht-kommerziellen Dienst anbieten, wie es beispielsweise Rheinland-Pfalz bereits tut. Damit wird die Hoheit der Kommunen nicht verletzt, ihnen wird aber eine Hilfe angeboten, die sie für sich nutzen können.

Das frühzeitige Melden und Beseitigen von Infrastrukturmängeln kann den Haushalt entlasten. Zeitnahe Meldungen über Umweltbelastungen (z.B. ausgelaufenes Öl) helfen, Umweltschäden zu minimieren. Im Idealfall kann die Meldung sogar eine erste Anfahrt der zuständigen Behörde überflüssig machen, da das Ausmaß des Schadens durch ein beigefügtes Bild eingeschätzt werden kann und angemessene Maßnahmen unmittelbar eingeleitet werden können. Durch eine GPS-Lokalisierung ist den zuständigen Stellen auch der genaue Standort des Schadens bekannt. Neben finanziellen Aspekten kann durch die Internetplattform auch die Sicherheit auf den Straßen und in öffentlichen Gebäuden erhöht werden, denn ein zugewachsenes Verkehrsschild beispielsweise kann die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

in Abstimmung mit den Kommunen ein zentrales und landesweit anonym nutzbares Internetportal einzurichten oder einrichten zu lassen, über welches Bürgerinnen und Bürger landesweit Hinweise und Anregungen zu Straßen, Radwegen, öffentlichen Gebäuden oder anderer staatlicher Infrastruktur (z.B. Spielplätze, Schilder) geografisch auf einer Karte kennzeichnen, mit einem Foto versehen und auf Wunsch auch zur Bearbeitung einreichen können. Die Einreichung soll auch über mobile Endgeräte wie Smartphones möglich sein. Meldungen sollen an die zuständige Stelle weiter geleitet werden. Die Meldungen und der Stand ihrer Bearbeitung sollen öffentlich einsehbar sein.

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Rahmenvertrag zwischen Kultusministerkonferenz (KMK) und VG Wort gefährdet gute Lehre https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/rahmenvertrag-zwischen-kultusministerkonferenz-kmk-und-vg-wort-gefaehrdet-gute-lehre/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/rahmenvertrag-zwischen-kultusministerkonferenz-kmk-und-vg-wort-gefaehrdet-gute-lehre/#respond Wed, 07 Dec 2016 12:34:38 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452133 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Die Kultusministerkonferenz und die Verwertungsgesellschaft WORT (VG Wort) haben einen Rahmenvertrag für die Nutzung der urheberrechtlich geschützten Lernmaterialen geschlossen. Im Statement der KMK vom 5.Oktober 2016 heißt es:

Ab 1. Januar 2017 sind die an Hochschulen nach § 52a UrhG vorgenommenen Nutzungen urheberrechtlich geschützter Schriftwerke und Teilen davon auf der Basis einer Einzelerfassung durch die dem Rahmenvertrag beitretenden Hochschulen selbst mit der VG WORT abzurechnen.

Die Länder tragen damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom März 2013 Rechnung. Danach ist die Vergütung künftig auf Basis einer Erfassung und Meldung der einzelnen an den Hochschulen vorgenommenen Nutzungen über eine von der VG Wort bereitgestellte Eingabemaske zu ermitteln.

Mit dem Beitritt zu dem Rahmenvertrag verpflichtet sich die jeweilige Hochschule zur Erfassung und Meldung werkbezogener Nutzungsdaten an die VG WORT über ein von dieser bereitgestelltes Meldeportal sowie zur Zahlung einer angemessenen Vergütung an die VG WORT.

Dies stellt die Hochschulen vor einen riesigen bürokratischen Aufwand, der Unmengen an Ressourcen und Geldern verschlingen wird. Dies belegt der Abschlussbericht der Universität Osnabrück, die in einem Pilotprojekt die Datenerfassung für den neu vereinbarten Rahmenvertrag mit der VG WORT für das  Wintersemester 2014/15 einmal durchgespielt hat.

Dort ist in den Schlußbemerkungen zu lesen:

Den erfolgten Meldungen mit einem Kostenumfang von ca. 5.000€ (bei 0,8ct/Seite/Teilnehmer) stehen erhebliche Aufwände bei Verwaltung, Serviceeinrichtungen und Lehrenden gegenüber. So investierten Lehrende mindestens 3.900 Minuten = 65 Stunden in die reinen Meldevorgänge, zusätzliche Recherchen, Informationen und Rückfragen nicht eingerechnet. Für den laufenden Support, um Lehrende zu informieren und zu beraten, wären für die Universität Osnabrück dauerhaft ca. 25% einer qualifizierten Stelle notwendig. Weiterer Aufwand würde zukünftig durch die interne Abrechnung entstehen, die nicht Teil des Pilotprojektes war.

Diese Ergebnisse sind alarmierend und fügen dem Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen nachhaltig einen Schaden zu. Ungeachtet der Tatsache, dass die Bereitstellung von Lehr – und Lernmaterialen im Zuge der Wissens – und Informationsgesellschaft grundsätzlich zu überdenken ist, ist der Rahmenvertrag entgegen der sonstigen Strategie der Digitalisierung auch im Wissenschaftsbereich wesensfremd und innovationshemmend.

Mittlerweile verhandeln die Hochschulen mit der VG WORT über einen neuen Abrechnungsmodus analog der Pauschalberechnung des Jahres 2016.

II. Der Landtag stellt fest

  • Der abgeschlossene Rahmenvertrag der KMK und VG WORT verschlechtert die Qualität der Lehre, weil er unnötig Ressourcen bindet.
  • Die KMK hat sich durch die Verlagerung der Abrechnung auf die Hochschulen aus der Verantwortung gezogen.

 

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  • umgehend über die KMK eine Neuverhandlung des Rahmenvertrages mit der VG WORT zu beginnen
  • die Hochschulen umfassend bei der Umsetzung zu beraten und zu unterstützen
  • die notwendigen Mittel für die Vergütung der VG WORT den Hochschulen bereitzustellen
  • freie Lehr – und Lernmaterialien zu fördern und die nötige Infrastruktur vorzuhalten

Videomitschnitt der kompletten Debatte:

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/rahmenvertrag-zwischen-kultusministerkonferenz-kmk-und-vg-wort-gefaehrdet-gute-lehre/feed/ 0
Abschiebestopp sofort: Afghanistan ist nicht sicher! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/abschiebestopp-sofort-afghanistan-ist-nicht-sicher/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/abschiebestopp-sofort-afghanistan-ist-nicht-sicher/#respond Wed, 07 Dec 2016 12:27:03 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452131 Weiterlesen »]]> Bereits im Vorfeld der diesjährigen Herbstkonferenz der Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern wurde angekündigt, dass u.a. über Abschiebungen nach Afghanistan beraten werden sollte. Bundesinnenminister Thomas de Mazière drängt schon lange darauf, möglichst viele Menschen in das Krisengebiet zurückzuschieben.

Zu diesem Zwecke hat die Bundesregierung am 02. Oktober 2016 eine Gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit in Fragen der Migration zwischen Deutschland und Afghanistan unterzeichnet. In der Pressemitteilung des BMI heißt es dazu: „Damit besteht nunmehr eine klare und verlässliche Arbeitsgrundlage für die künftige Zusammenarbeit beider Länder insbesondere in den Bereichen freiwillige Rückkehr und Rückführung der jeweiligen Staatsangehörigen in ihr Heimatland.“

Spätestens seit dem jüngsten Anschlag auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-i-Sharif im Norden Afghanistans ist auch einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, dass Afghanistan für Geflüchtete nicht sicher sein kann. Dennoch forderte de Maizière die Länder auf, das Abkommen „zügig mit Leben zu füllen“. Ein Blick auf die landesweit zunehmend eskalierende Gewalt in Afghanistan reicht allerdings aus, um zu begreifen, dass „Rückführungen“ mit unkalkulierbaren Risiken für die Betroffenen einhergehen. Anlässlich der Übergabe der Erkenntnissammlung „Erkenntnisquellen zur Sicherheits- und Gefährdungslage in Afghanistan“ von offiziellen Stellen und Nichtregierungsorganisationen zur prekären Rückkehrsituation versprach der Innenminister von Schleswig-Holstein, sich bei der Innenministerkonferenz gegen Abschiebungen nach Afghanistan auszusprechen. Die Position der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist bislang nicht bekannt – weder dem Parlament noch der Öffentlichkeit.

Afghanische Flüchtlinge haben in Deutschland schon jetzt mit enormen Nachteilen zu kämpfen. Sie dürfen z. B. während der laufenden Asylverfahren nicht an Integrations- und Sprachkursen teilnehmen. Das ist verwunderlich angesichts der relativ hohen Schutzquote von Afghanen.

Das Land NRW sollte dafür sorgen, dass die Einschätzungen von Menschenrechtsorganisationen über die Sicherheitslage in Afghanistan gleichberechtigt in die Beurteilung, ob nach Afghanistan abgeschoben werden kann, einbezogen werden. Bis dahin sollte NRW vom Landesrecht Gebrauch machen, einen Abschiebstopp zu verhängen. Dieser kann auch wiederholt erlassen werden. Das wurde von mehreren rechtlichen Stellungnahmen zum § 60a Abs.1 AufenthG festgestellt.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 

  1. durch einen sofortigen Abschiebestopp nach §60a Abs. 1 AufenthG sicherzustellen, dass in den nächsten Monaten keine Personen nach Afghanistan abgeschoben werden.
  2. sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass der Bundesinnenminister die Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen nach § 23 Abs. 1 AufenthG für Flüchtlinge aus Afghanistan ermöglicht, so dass NRW die entsprechende Regelungen anordnen kann.
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Ein Ad-Blocker-Verbot ist keine Lösung – Ausgediente Geschäftsmodelle nicht künstlich am Leben erhalten https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/ein-ad-blocker-verbot-ist-keine-loesung-ausgediente-geschaeftsmodelle-nicht-kuenstlich-am-leben-erhalten/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/ein-ad-blocker-verbot-ist-keine-loesung-ausgediente-geschaeftsmodelle-nicht-kuenstlich-am-leben-erhalten/#comments Wed, 07 Dec 2016 12:24:41 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452127 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Im Zeitalter von Internet und Digitalisierung verschmelzen die bislang auch nach Übertragungswegen getrennten Medien immer mehr miteinander. Daher wurde auf dem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder im Dezember 2014 die Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz (BLKM) als politische Steuerungsgruppe eingesetzt. Der Kommission gehörten neben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), das Bundesministerium des Innern (BMI), das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie neben Rheinland-Pfalz (RP) die Länder Berlin (BE), Bayern (BY), Hessen (HE), Hamburg (HH), Nordrhein-Westfalen (NW), Sachsen (SN) und Baden-Württemberg (BW) an.

Die BLKM hat im Juni 2016 einen Abschlussbericht vorgelegt, in dem die Arbeitsergebnisse, unter anderem aus der Arbeitsgruppe (AG) Kartellrecht/ Vielfaltsicherung, einer von fünf Themenbereichen, vorgestellt wurden. Diese AG beschäftigte sich unter anderem mit dem Thema „Medienagenturen und Ad-Blocker“. Sogenannte Ad-Blocker sind Programme, welche dafür sorgen, dass auf Webseiten ungewünschte Werbung nicht dargestellt wird.

Bezüglich der Thematik Ad-Blocker soll eine zeitnahe Prüfung durch Bund und Länder klären, ob im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen und damit verbundenen medienpolitischen Risiken „eine gesetzliche Flankierung geboten ist“. Ad-Blocker werden als existentielle Bedrohung der wirtschaftlichen Basis, insbesondere für die digitalen Angebote der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger, bezeichnet.

Während laut Aussage der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage hin, im Dezember 2015 noch keine inhaltliche Positionierung erfolgte, kommt der Abschlussbericht der BLKM in diesem Jahr zum Schluss, dass mit Blick auf die Refinanzierung journalistisch-redaktioneller Angebote Ad-Blocker medienpolitisch als problematisch angesehen werden.

Laut Bericht der Landesregierung NRW vom 1.9.2016 zum Abschlussbericht der BKLM, blieben die gemeinsam getroffen Vereinbarungen der BKLM, insbesondere der Prüfauftrag, „hinter dem Wunsch der  Länder zurück.“

Ad-Blocker, das sind Erweiterungen für den Browser, die Webseiteninhalte nutzergerecht verändern.  Die Ad-Blocker-Software, sind Teil eines breiten Spektrums von Browser-Plug-In-Programmen, die übertragene Webseiteninhalte auf eine bestimmte Weise darstellen oder auch nicht darstellen, sowie entscheiden, welche Informationen über die Mediennutzung zurück an den Webseitenanbieter übertragen werden. Diese Softwaretechnologie ist auch Grundlage für die barrierefreie Darstellung. Es gibt beispielsweise Browser, die nur bestimmte Darstellungsweisen zulassen: So zeigen rein textbasierte Browser ausschließlich Text an, Brailledisplays für blinde Menschen stellen Inhalte entsprechend in Brailleschrift dar.

Eine gesetzliche Ad-Blocker-Regulierung oder gar ein Verbot würde sehr einseitig Interessen von Medienkonzernen und der Werbeindustrie bevorzugen, in dem ausgediente Geschäftsmodelle geschützt würden. Mediennutzende werden demnach entgegen ihrem Willen ungewünschter Werbung ausgesetzt, durch die Medien Ihre Angebote finanzieren wollen. Die gewünschte Nachrichteninformation auf einer Internetseite mit journalistisch-redaktionellen Inhalten ist heute oft nur noch ein kleiner Teil der übertragenen Inhalte. Viele Internetnutzende stören sich an bestimmten Werbeformen. Diese reichen von klassischen Werbebannern, über Video- und Audiowerbung, die zum Teil ohne aktives Zutun, zweitweise unabschaltbar ablaufen bis zu Pop-Ups, die ganze Seiten oder Seitenteile abdecken.

Eng verknüpft mit der Internetwerbung ist das sogenannte Web-Tracking, das unter anderem zur Aufzeichnung der individuellen Mediennutzung dient. Aktuelle Webseiten der großen Medienunternehmen enthalten zum Teil über fünfzig Tracking-Tags von unterschiedlichen Werbe- und Datenanalyseanbietern, was den einzelnen Nutzenden oft nicht bewusst ist und in der herkömmlichen Browserdarstellung auch nicht ersichtlich ist.

Eine Ad-Blocker-Software kann Nutzende nicht nur vor ungewünschten Werbeweinblendungen auf Webseiten schützen, sondern ebenso vor Schadsoftware (zum Beispiel sogenannter Ad-Malware) sowie ungewünschter Spurenaufzeichnung und Verfolgung der privaten Internet- und Browser-Nutzung durch oben beschriebene Tracking-Technologie. Sie ermöglicht Nutzerautonomie und stärkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Open Source Communities und auch Unternehmen, die Ad-Blocker Software entwickeln und vertreiben, erfüllen auch die gewünschte gesellschaftliche Funktion eines Interessenausgleichs zwischen Nutzenden, Medienunternehmen und Werbetreibenden, indem sie Standards für unaufdringliche Werbung setzen, die allen Beteiligten zu gute kommen und die gegenseitige Rücksicht fördern.

Zudem ist Ad-Blocker-Nutzung ein Zeichen dafür, dass die Akzeptanz für Werbung, so wie sie zum Beispiel in anderen Medien wie Fernsehen oder Zeitschriften vorhanden war, sich nicht eins zu eins auf das Netz übertragen lässt. Hier ist vor allem der Wille zur Innovation und Anpassung an das Nutzungsverhalten der Menschen gefragt. Nicht zuletzt hängt die Bereitschaft, etwas zu kaufen, auch vom guten Willen der Kundschaft ab. Mit aufdringlicher Gängelei, dem digitalen Hinterherschnüffeln oder gar einer Infizierung von Endgeräten mit Schadsoftware wird dieser gute Wille nicht gefördert.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Ein Verbot von Software, die aus dem Internet übertragene Inhalte nach Wunsch des Nutzenden darstellt, wäre eine Maßnahme gegen die prinzipielle Konzeption und den fundamentalen Aufbau der Web-Technologie, die wir heute zur Mediennutzung anwenden.
  2. Mediennutzende sollen nicht entgegen ihrem Willen ungewünschter Werbung ausgesetzt werden. Internetnutzende dürfen selbst entscheiden, was in ihren Browsern dargestellt wird und was nicht.
  3. Mediennutzende sollen nicht unüberschaubaren Risiken durch Schadsoftware ausgesetzt werden, daher ist der Einsatz von Software, die vor mögliche Infizierung durch Schadsoftware schützt, zu begrüßen.
  4. Nutzerautonomie und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind auch bei der Mediennutzung zu wahren.
  5. Es ist besser, Innovationen und Neuentwicklungen zu fördern um jenseits des Streits um alte Geschäftsmodelle neue Vertriebswege und Werbekommunikation zu ermöglichen, statt überholte Geschäftsmodelle zu schützen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf,

  1. auf allen politischen Ebenen darauf hinzuwirken, dass die laufenden Prüfungen und Bemühungen, Ad-Blocker-Software zu verbieten, schnellstmöglich eingestellt werden.
  2. zu prüfen, inwieweit innovative Entwicklungen im Bereich Onlinewerbung gezielt gefördert und unterstützt werden können.

Videomitschnitt der kompletten Debatte:

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Eine Minute vor Zwölf – Landesregierung muss die frühkindliche Bildung in unseren Kitas sicherstellen https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/eine-minute-vor-zwoelf-landesregierung-muss-die-fruehkindliche-bildung-in-unseren-kitas-sicherstellen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/12/eine-minute-vor-zwoelf-landesregierung-muss-die-fruehkindliche-bildung-in-unseren-kitas-sicherstellen/#respond Wed, 07 Dec 2016 12:21:15 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=452125 Weiterlesen »]]> I. Ausgangslage

Nordrhein-Westfalens Kindertageseinrichtungen leiden seit Jahren an struktureller, zunehmender Unterfinanzierung und können ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag nicht mehr in angemessener Qualität gerecht werden. Die Zuschüsse des Landes reichen nicht aus, die tatsächlichen Finanzierungsanforderungen der Kindertagesbetreuung zu bewältigen, nicht einmal aktuelle Tarifsteigerungen können aufgefangen werden.

Schon im Jahr 2015 wurde seitens der Freien Wohlfahrtspflege konstatiert, dass Lohnsteigerungen, Energiekosten und Aufwendungen für die Kita-Räumlichkeiten so hoch seien, dass die 6.500-7.000 Kitas in NRW „längst nicht mehr kostendeckend geführt“ werden könnten.[1] In diesem Jahr folgte die ernüchternde Bezifferung des Defizits der Einrichtungen allein im Bereich der freien Träger mit 1,5 Milliarden Euro.[2]

Personalkosten machen etwa 85% der Gesamtkosten aus, so dass sich Steigerungen hier gravierend auf das gesamte Finanzierungssystem auswirken.[3] Die Dynamisierung der Kindpauschalen von jährlich lediglich 1,5% können die Tarifsteigerungen der vergangenen Jahre nicht ausgleichen.

Als die KiBiz-Kindpauschalen vor fast 10 Jahren festgelegt wurden, wurde das Arbeitgeber-Jahresbrutto einer Erzieherin mit ungefähr 41.230 Euro beziffert. Dank der Dynamisierung wuchs der Betrag in den letzten Jahren auf nun 45.759 Euro. Diese Summe reicht nur dann für die Finanzierung einer Erzieherin, wenn diese maximal in Stufe 6,3 fällt – nicht aber, wenn sie schon acht Jahre oder länger tätig ist. Hier werden jährlich je nach Stufe 5.508 Euro (S 6,4), 8.005 Euro (S 6,5) oder sogar 10.798 Euro (S 6,6) mehr fällig.

Die Beschäftigung erfahrener, ihrer Einrichtung treuer Erziehender wird für Träger so zu einer kaum zu bewältigenden finanziellen Belastung – „wirtschaftlicher“ ist die Einstellung von Berufsanfängern und die Befristung von Arbeitsverhältnissen. Inzwischen ist der Anteil der lediglich befristet angestellten pädagogischen Kräfte in Kindertageseinrichtungen in keinem Bundesland höher als in NRW (19,8%).[4] Dringend benötigtes Personal kann so nur schwerlich gewonnen werden – die Zahl der fehlenden Erzieher hat sich gegenüber 2012 verdoppelt und wird zurzeit bei 15.600 verortet. Für ihre Einstellung würden wiederum geschätzte 698 Mio. Euro jährlich anfallen.[5]

Schon länger kann der im KiBiz festgelegte und aus fachlich erforderliche Personalwert in vielen Einrichtungen nicht mehr eingehalten werden, eine Orientierung ist lediglich an der Mindestpersonalausstattung möglich.[6] Nordrhein-Westfalens Kindergartengruppen schneiden mit einem Personalschlüssel von 1:9,8 in Westdeutschland unterdurchschnittlich ab, sowohl hier als auch bei den Krippengruppen (1:3,6) werden die Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung nicht erreicht. Dabei würden bessere Personalschlüssel „positive pädagogische Interaktionen und bildungsanregende Aktivitäten für die Kinder“ ermöglichen, zur positiven Entwicklung der sprachlich-kognitiven Fähigkeiten beitragen und das emotionale Wohlbefinden der Kinder steigern. [7]

Rücklagen wurden unter diesen Umständen aufgebraucht und können nicht mehr gebildet werden, um die Träger und ihre Einrichtungen für Instandhaltungsmaßnahmen oder notwendige Investitionen zu wappnen – ihre Zukunftsfähigkeit ist gefährdet, kleinere Träger sehen sich gezwungen, die Trägerschaft aufzugeben und ihre Einrichtungen zu schließen oder wieder in die Hand der Kommunen zu geben, denen dadurch Mehrbelastungen entstehen.

Trotz dieser verheerenden Lage ist die Erarbeitung und Einführung einer auskömmlichen Finanzierung erst für die nächste Legislaturperiode, möglicherweise 2019, angedacht. Die zwischenzeitlich geplanten Zuschusserhöhungen stellen keine tragfähige „überbrückenden Finanzierung“ dar, sondern bedeuten eine Verlängerung der desaströsen strukturellen Unterfinanzierung.

Seit einiger Zeit warnen Träger und Experten nicht nur vor suboptimaler Qualität, sondern sprechen davon, dass Kindertageseinrichtungen des Landes gar ihrem Auftrag nicht mehr gerecht werden können:

„In dem bestehenden System […] kann die aus  fachwissenschaftlicher Sicht notwendige Qualität der Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder nicht erreicht werden“, urteilt das aktuelle Gutachten „Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen in NRW“ der Hochschule Niederrhein.[8]

Nordrhein-Westfalen kann es sich nicht leisten, eine weitere Verschärfung der finanziellen Situation sehenden Auges zuzulassen. Nicht erst in ungewisser Zukunft, sondern jetzt muss die Arbeitsfähigkeit der Kindertageseinrichtungen es Landes sichergestellt werden, um den betroffenen Generationen von Kindern nicht weiter ihr Recht auf angemessene Bildung und Förderung in dieser lebenslang prägenden Phase vorzuenthalten.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Kinder haben ein Recht auf gute Bildung und Förderung von Anfang an, dem die Kindertageseinrichtungen Nordrhein-Westfalens genügen müssen.
  • Die Kindpauschalen nach § 21 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 sowie § 21a des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (KiBiz) sind zu gering, um eine auskömmliche Finanzierung der Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen zu gewährleisten.
  • Um den Trägern zu ermöglichen, den laufenden Betrieb ihrer Einrichtungen sicher zu stellen und ihrem gesetzlichen Auftrag in angemessenem Maß nachzukommen, sind strukturelle Verbesserungen in der Finanzierung der Kindertagesbetreuung unerlässlich.
  • Eine Revision des Finanzierungssystems muss insbesondere die Entwicklung der Personalkosten berücksichtigen.

III. Der fordert die Landesregierung auf:

  • Die KiBiz-Pauschalen umgehend an die realen Kostenentwicklungen anzupassen und den Jugendämtern Zuschüsse in Höhe des realen Bedarfs von 3.973.342.800 Euro statt lediglich 1.973.342.800 Euro zur Verfügung zu stellen.
  • Unverzüglich die von Anfang an vorgesehene Evaluation zu veranlassen oder eine Auswertung der auf KiBiz.web und durch die Erhebungen der Statistikstelle in Dortmund vorhandenen Daten vorzunehmen, um der bevorstehende Grundrevision des Kinderbildungsgesetzes bzw. der Finanzierung der Kindertageseinrichtungen realistische Bedarfszahlen zugrunde legen zu können.

[1] https://web.archive.org/web/20160229115730/http://www1.wdr.de/kitas-finanzloch-100.html.

[2] http://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/kitas-geld-studie-100.html.

[3] Stellungnahme 16/2977, Freie Wohlfahrtspflege NRW.

[4] http://www.laendermonitor.de/fileadmin/contents/indikatoren/datenblaetter_2016/tab74_lm16.jpg.

[5] http://www1.wdr.de/nachrichten/kita-betreuung-studie-100.html.

[6] Stellungnahme 16/2977, Freie Wohlfahrtspflege NRW.

[7] http://www.laendermonitor.de/profile-bundeslaender/nordrhein-westfalen/landesbericht/index.html.

[8] https://www.hs-niederrhein.de/news/news-detailseite/wissenschaftlerteam-der-hochschule-niederrhein-kritisiert-kita-finanzierung-15239/.

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Keine geheimen Datensammlungen über Fußballfans! Kontrolle und Transparenz ermöglichen – Betroffene proaktiv informieren https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/keine-geheimen-datensammlungen-ueber-fussballfans-kontrolle-und-transparenz-ermoeglichen-betroffene-proaktiv-informieren/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/keine-geheimen-datensammlungen-ueber-fussballfans-kontrolle-und-transparenz-ermoeglichen-betroffene-proaktiv-informieren/#respond Wed, 23 Nov 2016 11:27:07 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451981 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Immer wieder werden eklatante Datenschutzverstöße bekannt, wenn es um polizeiliche oder nachrichtendienstliche Speicherungen von Personen und personenbezogenen Hinweisen in Dateien geht. Zuletzt beanstandeten die Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder rechtswidrige Speicherung in der sogenannten „Falldatei-Rauschgift“. In der Datei wurden Personen wegen Bagatelldelikten gespeichert sowie Kontaktpersonen erfasst, die in keinerlei Zusammenhang mit Rauschgift stehen.

Währenddessen kämpft die Deutsche AIDS-Hilfe in NRW gegen die Stigmatisierung von HIV-Positiven als ansteckend (ANST) in Polizeidatenbanken wie dem Auskunftssystem „POLAS NRW“. In einer Erklärung im Oktober dieses Jahres forderte die Deutsche AIDS-Hilfe die Innenminister aller Bundesländer auf, die Kennzeichnung von Menschen mit ANST zu beenden. Es gibt weitere problematische Personenbezogene Hinweise, wie die Antwort auf eine Anfrage der Piratenfraktion („Personengebundene Hinweise in polizeilichen Datenbanken“, Drucksache 16/10114) zeigt. In Niedersachsen wurden 2013 beim dortigen Verfassungsschutz rechtswidrige Speicherungen entdeckt. Dies führte dazu, dass mehr als die Hälfte der Datenbestände der Amtsdatei des niedersächsischen Verfassungsschutzes gelöscht oder korrigiert werden musste.

In NRW wird insbesondere über die polizeiliche Speicherung von Informationen über Fußballfans gestritten. Fans können viele Nachteile durch eine Abspeicherung ihrer Daten erleben: Beispielsweise werden aus diesen Dateien personenbezogene Daten an Vereine und Verkehrsunternehmen weitergeleitet, was zu Stadionverboten oder Absagen für Fan-Busfahrten führen kann.

Seit 1994 führt das Bundeskriminalamt auf Grundlage des BKA-Gesetzes die durch Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren eingerichtete Verbunddatei „Gewalttäter Sport“. Zurzeit sind ca. 13.000 Personen in dieser Volltext-Datei verzeichnet. Die Eintragungen in die Datei für Gewalttäter rund um Sportveranstaltungen erfolgt nicht aufgrund von Gewalttaten, wie der Name vermuten lässt. Für die Eintragung können einfache Personalienfeststellungen, Platzverweise, der Besitz von Pyrotechnik oder eine Ingewahrsamnahme im Zusammenhang mit einem Sportereignis genügen. Dabei reicht die Einleitung eines polizeilichen Ermittlungsverfahren wegen unterschiedlichster Straftatbestände, darunter Diebstahl oder Beleidigung, aus.

Die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens führt nicht automatisch zur Löschung. Meistens wird die grundsätzlich zugelassene Speicherdauer von fünf Jahren ausgeschöpft. Gespeichert werden nicht nur Vorfälle im Stadion, sondern auch bei An- und Abreise oder an „Treffpunkten“ von Fans. Zugriff auf die DGS haben die Polizeibehörden der Länder, das BKA sowie die Bundespolizei. Da für Eintragungen und Pflege der Bestände das Tatortprinzip gilt, erfolgt ein Großteil der Datenerhebungen und Speicherungen durch das Land NRW. Gemäß § 8 Abs. 4 BKAG dürfen auch Kontakt -und Begleitpersonen, Hinweisgeber und sonstige Auskunftspersonen gespeichert werden, soweit dies zur Verhütung oder zur Vorsorge für die künftige Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. In NRW werden dabei eingetragene Personen nicht über eine Speicherung informiert und müssen selbstständig Auskunft bei der Zentralen Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS) verlangen. Das Bundesland Bremen hat sich 2013 dafür entschieden, gespeicherte Personen proaktiv über einen Eintrag in der DGS zu informieren.

Neben der DGS führen Kreispolizeibehörden einiger Bundesländer noch eigene Arbeitsdateien ihrer „Szenekundigen Beamten“ (SKB). Solche Arbeitsdateien wurden durch die Antwort auf die Kleine Anfrage „Geheime Amtsdateien von Szenekundigen Beamten (SKB) über Fußballfans“ im September 2015 bekannt. Nordrhein-westfälische Behörden führten zum damaligen Zeitpunkt die Daten von 6.500 Bürgern und Bürgerinnen in den SKB-Dateien. Für eine Eintragung gelten noch weichere Kriterien als bei der DGS. Dies führt dazu, dass in NRW viel mehr Personen in den „SKB-Dateien“ landen als in der Verbunddatei DGS. Da die Dateien bis 2015 in NRW unbekannt waren, gab es für Fans nicht einmal die Möglichkeit, sich über eine Speicherung zu informieren. Auskünfte darüber, welche Anlässe zu den Speicherungen der Personen führen, wurden bis heute nicht offengelegt.

Die Entdeckung der geheimen SKB-Dateien hat in verschiedenen Bundesländern zur Überprüfung der Datenbestände geführt: Der Hamburgische Landesdatenschutzbeauftragte beanstandete die dortige SKB-Landesdatei als „zum großen Teil rechtswidrig“. Die Polizei musste daraufhin 900 von 2.200 Personen aus der Datenbank entfernen. In Niedersachsen werden Überprüfungen und die Zusammenlegung der dortigen SKB-Dateien erwartet, nachdem ein Fan vor dem OVG Lüneburg geklagt hatte und Teillöschungen vorgenommen werden mussten. In Schleswig-Holstein wurden als Folge der Aufdeckung der dortigen Datei „Fußball SH“ alle Personen über den Umstand der Speicherung informiert.

Diese Vorgehensweise wäre für die DGS sowie für die nordrhein-westfälischen SKB-Dateien wünschenswert, da gespeicherte Fans die Möglichkeit erhalten, die Rechtmäßigkeit des Eintrags überprüfen zu lassen. Die Landesregierung NRW gibt bei der Gruppe der sogenannten „Intensivtäter“ an, dass die Mitteilung über die Beobachtung durch Sicherheitsbehörden einen präventiven Effekt habe. In der Stellungnahme 16/1558 an den Landtag NRW schreibt der Rechtsanwalt Jan-Rüdiger Albert: „Eine Mitteilungspflicht an die Betroffenen über die Eintragung ist erforderlich, da für die Eintragung nicht einmal ein Ermittlungsverfahren eingeleitet sein muss. Darüber hinaus wird nicht jedes Ermittlungsverfahren dem Betroffenen bekannt gemacht, auch die Einstellung nicht, § 170 Abs. 2 StPO. Es handelt sich auch nicht etwa nur um ein reines Polizeiinternum, da die DGS-Eintragung eine Ausschreibung mit sich führt, die mit erheblichen Nachteilen für die Eingetragenen verbunden ist. Die Speicherung als solche stellt einen Grundrechtseingriff dar (informationelle Selbstbestimmung). Die Mitteilungspflicht ist in besonderem Maße wegen der schwierigen Rechts- und Praxisfragen im Zusammenhang mit der Löschung der Daten zwingend erforderlich.“

Ebenso ist der Aufwand für potenziell betroffene Personen, ihr Recht auf Auskunft gemäß §18 DSG NRW wahrzunehmen, unverhältnismäßig, wenn keine definierte Stelle zuständig ist.

Es ist nicht verständlich, warum Fans nicht über eine Eintragung informiert werden sollten. Transparenz kann im Bereich der Sicherheit rund um die Stadien einen präventiven Effekt haben und die Dialogbereitschaft zwischen Polizei und Fans fördern.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 

  1. alle betroffenen Personen über einen Eintrag durch nordrhein-westfälische Behörden in die Verbunddatei DGS und über Speicherungen in anderweitigen lokalen „SKB-Dateien“, die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen geführt werden, zu informieren.
  2. eine Prüfung des Datenbestandes der sogenannten „SKB-Dateien“ und deren Anwendung sowie Nutzung seitens der Sicherheitsbehörden durch eine unabhängige Stelle zu veranlassen und dem Landtag bis zum 31.03.2017 zu berichten.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

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Investitionsprogramm für mehr IT- und Patientensicherheit in NRW! Die Landesregierung muss 600 Millionen Euro in die digitale Infrastruktur der Krankenhäuser investieren! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/investitionsprogramm-fuer-mehr-it-und-patientensicherheit-in-nrw-die-landesregierung-muss-600-millionen-euro-in-die-digitale-infrastruktur-der-krankenhaeuser-investieren/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/investitionsprogramm-fuer-mehr-it-und-patientensicherheit-in-nrw-die-landesregierung-muss-600-millionen-euro-in-die-digitale-infrastruktur-der-krankenhaeuser-investieren/#comments Wed, 23 Nov 2016 11:24:23 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451978 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Im August 2015, den darauffolgenden Monaten sowie insbesondere im Februar 2016 wurden zahlreiche Krankenhäuser in NRW Opfer einer breit gestreuten Attacke durch Schadsoftware. Die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser hielt diesen kriminellen Angriffen nicht stand und das Lukaskrankenhaus in Neuss musste sich beispielsweise von der Versorgung abmelden und geplante Operationen verschieben. Bereits am 23. Februar 2016 thematisierte die Piratenfraktion mit ihrem Antrag „Die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser in NRW muss sicher sein – die Gesundheit der Patientinnen und Patienten darf nicht zum Spielball von Kriminellen im Netz werden“ (Drucksache 16/11216) dieses Problem. Am 01. Juni 2016 wurde darüber hinaus eine öffentliche Anhörung mit zahlreichen ausgewiesenen IT-Sicherheits- und Krankenhausexperten durchgeführt. Die einhellige Meinung der anwesenden Fachleute deckt sich mit der Einschätzung der Piratenfraktion: Die Landesregierung stellt zu wenig Mittel für notwendige Investitionen im IT-Sicherheitsbereich zur Verfügung.

Die seit Jahrzehnten stagnierende Investitionskostenförderung der Landesregierung hat über die erwähnten Einzelbeispiele hinaus gravierende direkte und indirekte Folgen:

Als direkte Folge der mangelnden Investitionskostenförderung wird zunehmend eine unsichere IT-Infrastruktur im Gesundheitswesen festgestellt, wie auch die öffentliche Expertenanhörung am 01. Juni 2016 zum Antrag der Piratenfraktion (Drucksache 16/11216) bestätigte. Hier beschrieben die Fachleute ausführlich, dass insbesondere die Krankenhaus IT ein hochinvestiver Bereich ist: Strukturen für Medikationspläne müssen geschaffen werden, Programme und Sicherheitsupdates müssen tagesaktuell sein. Es muss dauerhaft investiert werden, sonst drohen alarmierende Sicherheitslücken. Die Krankenhausgesellschaft fasst den aktuellen Stand wie folgt zusammen: „Die Investitionsmittel, die im Moment vorhanden sind, reichen nicht für die Herausforderungen, die im Rahmen der Digitalisierung auf die Krankenhäuser zukommen“ (vgl. APr 16/1219, Seite 14).

Indirekt hat die seit Jahren anhaltende mangelnde Investitionskostenfinanzierung durch die Länder auch auf die Pflege am Bett verheerende Auswirkungen. So stehen viele Krankenhausverantwortliche zusätzlich unter Druck, die Investitionskosten mit Geldern zu kompensieren, die eigentlich für das Pflegepersonal eingesetzt werden sollten. In der Anhörung am 25. Mai 2016 zum Antrag der Piratenfraktion „Mehr Pflegepersonal für eine menschliche Versorgung und Patientensicherheit“ (16/9586) erläuterte die Krankenhausgesellschaft, dass die Mittel für die Pflege am Bett zwar nicht für Investitionen zweckentfremdet würden. Aber in der Güterabwägung der Krankenhausmanager würde es immer wieder vorkommen, dass Mittel, die für die Pflege benötigt werden, zur Realisierung dringendster Bauprojekte aufgewandt werden (vgl. APr 16/1298, Seite 11 und 25).

Um den Investitionskostenstau im Bereich der Modernisierung und Harmonisierung der digitalen Infrastruktur sowie des Datenschutzes zu entschärfen, ist die Investitionskostenförderung deshalb um 600 Millionen Euro anzuheben. Damit soll auch der gängigen Praxis entgegengewirkt werden, dass Teile der Fallpauschalen, die eigentlich für die Patientenversorgung und damit für die Finanzierung des Personals vorgesehen sind, für die Finanzierung von Investitionskosten verwendet werden.

In der Anhörung am 01. Juni 2016 zum Antrag der Piratenfraktion (Drucksache 16/11216) wurde ausführlich dargestellt, welche Maßnahmen zur Verbesserung der digitalen Infrastruktur mit den 600 Millionen Euro ergriffen werden können. Die Einführung eines flächendeckenden Datenschutzmanagementsystems kostet durchschnittlich circa 100.000 Euro pro Krankenhaus; für alle Krankenhäuser ergibt sich eine Summe von 36 Millionen Euro. Personalschulungen kosten etwa 200 Euro pro Beschäftigter. Bei circa 247.000 Beschäftigten in den Krankenhäusern in NRW ist mit circa 50 Millionen Euro zu rechnen. Die Hardware wird mit 1,5 Millionen Euro durchschnittlich pro Krankenhaus angesetzt. Insgesamt benötigt NRW also eine Summe von circa 600 Millionen Euro (vgl. APr 16/1319, Seite 28).

II. Der Landtag stellt fest

  1. Die Landesregierung ist für die Investitionskostenförderung und damit unmittelbar für die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen zuständig.
  1. Die seit Jahren stagnierende Investitionskostenförderung der Landesregierung kann für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten zu verheerenden Folgen führen. 

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. Die Investitionskostenförderung für die digitale Infrastruktur der Krankenhäuser um 600 Millionen Euro anzuheben.
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Ehrliche und offene Evaluation kriminalpolitischer Maßnahmen ermöglichen – Kriminalitätsstatistiken reformieren https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/ehrliche-und-offene-evaluation-kriminalpolitischer-massnahmen-ermoeglichen-kriminalitaetsstatistiken-reformieren/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/ehrliche-und-offene-evaluation-kriminalpolitischer-massnahmen-ermoeglichen-kriminalitaetsstatistiken-reformieren/#respond Wed, 23 Nov 2016 11:20:51 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451976 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (u.a.) dient der Polizei, der Öffentlichkeit und der Politik insbesondere zur Evaluation und kritischen Bewertung von Polizeiarbeit. Gleichzeitig steht die Statistik seit Jahren in der Kritik, anfällig für politische Beeinflussung zu sein.

Die in der öffentlichen Debatte häufig als vermeintlich objektives Messinstrument für Kriminalität genutzte PKS dient nicht selten der Überprüfung der Kriminalitätsentwicklung und somit auch als Erfolgsfaktor für kriminalpolitische bzw. konkrete polizeiliche Maßnahmen. Auch neuere Ansätze in der Polizeiarbeit, wie etwa sogenanntes Predictive Policing oder Predictive Crime basieren auf Informationen und Daten aus der PKS. Allerdings ist das Ergebnis einer Datenanalyse abhängig von der Qualität und Zuverlässigkeit der Datenquelle.

Im Rahmen einer Anhörung des Landtags beschrieben die Sachständigen wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen in ihren schriftlichen Stellungnahmen[1] massive Verzerrungen in der PKS, die durch die aktuellen Vorgaben und die polizeiliche Organisationsstruktur begünstigt werden. Eine Messung des (tatsächlichen) Erfolgs einer polizeilichen (bzw. allgemeiner einer kriminalpolitischen) Maßnahme findet nicht statt und kann auch nicht stattfinden. Dies schon deshalb, weil eine Verknüpfung mit anderen Statistiken, wie z.B. der Verurteilungsstatistik nicht möglich ist.

Die aktuelle Struktur der Polizeilichen Kriminalstatistik führt zu zwei Problemen. Zum einen werden die Zahlen, die öffentlichkeitswirksam durch die Innenminister präsentiert werden, in der öffentlichen Diskussion ihrem Kontext entrissen und prägen somit ein falsches Bild in der Öffentlichkeit über Kriminalität und Täterprofile, obwohl die PKS keine Aussagekraft über begangene Straftaten besitzt. So veranlassten die Schwächen der PKS z.B. auch die Bundeszentrale für politische Bildung über die Schwächen der Erfassung der „Ausländerkriminalität“ in der PKS aufzuklären.[2]

Zum anderen kann die PKS in dieser Form auch nicht als Messinstrument für den Erfolg und die Effizienz kriminalpolitischer oder konkreter exekutiver Maßnahmen dienen. Die PKS wird deshalb auch in der Wissenschaft nicht als Erkenntnisquelle für die Organisations- und Haushaltsplanung betrachtet.[3]

Um also eine fundierte Aufgabenkritik an kriminalpolitischen und konkreten exekutiven Maßnahmen vornehmen zu können, muss der Erfolg einer Maßnahme am Gesamtverlauf eines Einzelfalles gemessen werden können. Dafür bedarf es einer neuen Einheitsstatistik, die den Verlauf eines Strafverfahrens von Beginn (Anzeigenerstattung) bis zu seinem Ende (Verurteilung, Einstellung, etc.) und ggf. sogar darüber hinaus (Rückfälligkeit von Tätern, etc.) vollumfänglich und einheitlich erfasst.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Die Polizeiliche Kriminalstatistik bedarf einer Reform.
  1. Eine statistische Auswertung zur Bewertung des Erfolgs von Maßnahmen benötigt Informationen zum Gesamtverlauf eines Verfahren bzw. Einzelfalls.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. Dem Landtag ein Konzept für die Umsetzung einer Einheitsstatistik vorzulegen.
  2. Sich auf allen Ebenen (auch in der Innenministerkonferenz) dafür einzusetzen, die Vorgaben zur statistischen Erfassung von Kriminalität zu überarbeiten und eine entsprechende Einheitsstatistik zu schaffen.

[1] Drs 16/4352 , Drs. 16/4315.

[2] Vgl. https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/innere-sicherheit/76639/auslaenderkriminalitaet?p=all

[3] Stadler, W./Walser, W.: Fehlerquellen der Polizeilichen Kriminalstatistik, in: Liebl, K./Ohlemacher, T.: Empirische Polizeiforschung. Interdisziplinäre Perspektiven in einem sich entwickelnden Forschungsfeld, Herbolzheim 2000, S. 68-89 (80).

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/ehrliche-und-offene-evaluation-kriminalpolitischer-massnahmen-ermoeglichen-kriminalitaetsstatistiken-reformieren/feed/ 0
Kein Blanko-Scheck für eine ‚Infrastrukturgesellschaft Verkehr‘ – NRW muss drohender Privatisierung der Autobahnen jetzt einen Riegel vorschieben! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/kein-blanko-scheck-fuer-eine-infrastrukturgesellschaft-verkehr-nrw-muss-drohender-privatisierung-der-autobahnen-jetzt-einen-riegel-vorschieben/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/kein-blanko-scheck-fuer-eine-infrastrukturgesellschaft-verkehr-nrw-muss-drohender-privatisierung-der-autobahnen-jetzt-einen-riegel-vorschieben/#respond Thu, 03 Nov 2016 13:09:53 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451745 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Kürzlich haben sich Bund und Länder nach jahrelangen Verhandlungen auf eine grundsätzliche Neuordnung ihrer künftigen Finanzbeziehungen verständigt („Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab 2020“). Im Rahmen der Neuregelung des Finanzausgleichs wurde auch die Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes, auch Bundesautobahngesellschaft genannt, mitverhandelt.

Der Beschluss vom 14. Oktober 2016, dem alle Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern zugestimmt haben, hält unter Spiegelstrich B.) 1.) „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ fest: „[…] Es soll eine unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft Verkehr eingesetzt und das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festgeschrieben werden. Dazu entsprechende Ermächtigungen in Art. 90 GG. Eckpunkte für die Ausgestaltung sind festzulegen (u.a. Zeitplan, Regelungen in der Übergangsphase, Übergang von Personal-, Pensions- und Sachmitteln). Dabei sollen die Interessen der Beschäftigten hinsichtlich Status, Arbeitsplatz und Arbeitsort beachtet werden. Die Personalvertretungen werden eingebunden.“

Gegenstand der Vereinbarung waren darüber hinaus mehrere andere Themenfelder angefangen von der Stärkung der Rechte des Bundes bei der Steuerverwaltung über eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses bis hin zur Schaffung der besagten Infrastrukturgesellschaft Verkehr auf Bundesebene. Auch wenn man bei einem solchen vielschichtigem und komplexen Verhandlungspaket schwerlich abschätzen kann, welche konkreten Vereinbarung letztlich herauskommen werden, ist es umso wichtiger, jetzt schon den Verhandlungskorridor an akzeptablen Verhandlungslinien festzulegen. Denn das Land NRW hat als Transitland Nr. 1 in Deutschland ein virulentes Interesse daran, eine gut erhaltene und für jedermann zugänglich Autobahn – und Bundesfernstraßeninfrastruktur vorzuhalten.

Eine Infrastrukturgesellschaft des Bundes würde die Zuständigkeit für alle Bundesautobahnen (opt out für übrige Bundesfernstraßen) hinsichtlich Pflege, Planung, Bau, Sanierung und Finanzierung auf den Bund übertragen – und somit sämtliche Aufgaben der Straßenbaubehörden der Länder, wovon mit rund 6.000 Mitarbeitern „Straßen.NRW“ die größte ist, übernehmen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und andere Politiker und Interessengruppen werben seit längerem für die Einrichtung einer Bundesautobahngesellschaft. Obwohl seitens des SPD-geführten Bundeswirtschaftsministeriums öffentlich beteuert wird, dass es zu keiner Vollprivatisierung der Bundesfernstraßen in Deutschland kommen wird, gehen viele Rechtsexperten davon aus, dass genau dies durch die nun getroffene Regelung möglich wird.

Denn eine „unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft“ kann sowohl eine AG als auch eine GmbH bedeuten. Diese Rechtsformen stehen im Gegensatz zur Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), bei der der Bund 100-prozentiger Eigentümer wäre. Somit gibt es laut Beschlusstext keinerlei Schutz vor einem Verkauf der Anteile an der Infrastrukturgesellschaft durch den Bund.

Privatisierungstendenzen spiegeln sich ebenfalls im Beschlusssatz „[…] das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen [soll] im Grundgesetz festgeschrieben werden“. Bezieht man dies allein auf den privatrechtlichen Eigentumsbegriff, hieße das, dass lediglich der Bund noch formal als Eigentümer im Grundbuch stehen muss. Sämtliche Kompetenzen der öffentlichen Bundesfernstraßenverwaltung an private Investoren zu übertragen, wird keinesfalls verhindert.

Nicht nur wäre bei einer privatrechtlichen Organisation die demokratische Kontrolle der Gesellschaft über die Parlamente massiv eingeschränkt, auch bestätigte der Bundesrechnungshof in der Vergangenheit, dass über private Investoren finanzierte Autobahnprojekte (oft in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften, ÖPP) am Ende für die Allgemeinheit meistens teurer sind.

Um eine Privatisierung auszuschließen, muss die Gesellschaft zu 100 Prozent Eigentum des Bundes bleiben. Das Land Thüringen hatte zu diesem Zwecke im Rahmen der Beschlussverhandlungen gefordert, auch die Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) für eine Bundesinfrastrukturgesellschaft zu prüfen. Das Land  Niedersachsen führte in seiner Protokollerklärung zum Beschluss vom 16.10.2016 sogar aus, dass „eine grundlegende Neuordnung der Aufgaben beim Bundesfernstraßenbau nicht geboten [sei]“.

Ein weiteres Problem: Eine Privatisierung der Autobahnen überträgt die Kontrolle der gesamten Infrastruktur der Lkw-Maut, und möglicherweise einer zukünftigen Pkw-Maut, privaten Investoreninteressen. Somit verfügen diese über ein großflächiges Überwachungsinstrument, welches fernab der Kontrolle durch Parlamente und Regierungen für eigene privatwirtschaftliche Zwecke, beispielsweise der Autoversicherungsindustrie, missbraucht werden kann.

Zudem ist die Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes ein weiterer Schritt hin zu einer bürgerfernen Zentralisierung wichtiger Staatsaufträge.

Letztendlich ist die Einrichtung einer privatrechtlich organisierten Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ein Vehikel zur Finanzierung der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen über den Kapitalmarkt, am regulären Staatshaushalt vorbei. Somit entstünde ein weiterer intransparenter Schattenhaushalt jenseits der parlamentarischen Haushaltskontrolle. Für Hedgefonds, Großbanken oder Versicherungskonzerne würde eine neue attraktive Investitionsmöglichkeit geschaffen mit einer Rendite, die sich am Kapitalmarkt aufgrund des derzeitigen Nullzins-Umfeldes nicht realisieren ließe. Diese erhöhte Rendite müssten letztlich die Nutzer der Autobahnen und Bundesfernstraßen zahlen. Also der weitaus überwiegende Teil der Menschen in Deutschland – mehr oder weniger jeder.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die Einrichtung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft auf Bundesebene öffnet die Tür zu einer Teil- bzw. Vollprivatisierung der Bundesfernstraßen, inklusive der Etablierung einer Finanzierungspraxis über ÖPP.
  2. Es darf keinen Privatisierungs-Blankoscheck geben. Es ist essentiell, bereits jetzt klarzustellen, dass eine Voll- oder auch Teilprivatisierung des Autobahn- und Bundesfernstraßennetzes nicht in Frage kommt und auch nicht Gegenstand von faulen Kompromissen sein kann.
  3. Mit der Übertragung der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen auf eine Bundesinfrastrukturgesellschaft könnte eine Überwachungsinfrastruktur (Lkw- bzw. Pkw-Maut) unter die Kontrolle privater Investoren gelangen.
  4. Die Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft auf Bundesebene stellt einen weiteren Schritt hin zu einer bürgerfernen Zentralisierung wichtiger Staatsaufträge dar.
  5. Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen („Straßen.NRW“) und seine knapp 6.000 Mitarbeiter würden überproportional von der Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft des Bundes in Mitleidenschaft gezogen.

III. Der Landtag beschließt:

  1. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf allen politischen Ebenen für den Fortbestand der aktuellen Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen und somit für den vollumfänglichen Fortbestand des Landesbetriebs Straßen.NRW einzusetzen.
  2. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich bei den Bund-Länder-Verhandlungen
    gegen eine Privatisierung der Bundesfernstraßen auszusprechen und keiner Regelung zuzustimmen, die eine sofortige oder zukünftige Privatisierung zulässt.
  3. Der mögliche weitere Ausbau der Überwachungsinfrastruktur im Verkehrswesen in Form eines elektronischen Mautwesens auch für PKW und deren Übertragung an private Investoren muss unterbunden werden.

Mitschnitt der beiden Reden von Nico Kern:

Mitschnitt der Rede von Oliver Bayer:

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der 1. Rede von Nico Kern:

Nicolaus Kern (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause!

Am 14. Oktober 2016 haben sich der Bund und die Länder also auf einen neuen Länderfinanzausgleich für die Zeit ab 2020 geeinigt. Im Wesentlichen hat die Neuordnung eine Abschaffung des horizontalen Finanzausgleichs zur Folge. Durch ihn wurde bislang – das haben wir schon gehört – ca. ein Viertel der Einnahmen aus der Umsatzsteuer von den reichen an die armen Länder verschoben und der Rest anhand der jeweiligen Bevölkerungsanzahl verteilt. Damit entfällt nun auch der Umsatzsteuervorwegausgleich, und somit wird eine zentrale Forderung von NRW erfüllt.

Es ist nämlich so, dass NRW seit 2014 fast 2,3 Milliarden € zum Umsatzsteuervorwegausgleich beisteuerte und beim nachgeschalteten Länderfinanzausgleich nur gut 900 Millionen € zurückerhielt. Mit der Neuregelung gewinnt unser Land also ab 2020 voraussichtlich 1,4 Milliarden € dazu.

Für sich alleine genommen ist dieser Teil der Einigung aus finanzieller Perspektive durchaus zu begrüßen. Außerdem ist NRW endlich die Negativbezeichnung „Nehmerland“ los. Das ist gut für die verletzte Eitelkeit der rot-grünen Landesregierung – aber wie hoch ist der Preis für diese punktuelle Genugtuung? Alle Bundesländer werden nun finanziell entlastet, da der Bund künftig rund 9,5 Milliarden € in das neue System einspeist. Somit ist die finanzielle Besserstellung Nordrhein-Westfalens nicht auf das individuelle Verhandlungsgeschick der Landesregierung zurückzuführen, sondern es war praktisch ein Ding der Unmöglichkeit, am Ende der Verhandlungen nicht mit mehr Geld in der Landeskasse dazustehen, Frau Kraft; da haben meine Vorredner recht.

(Beifall von den PIRATEN)

Ob das neue System so, wie es angepriesen wird, tatsächlich viel transparenter und nachvollziehbarer für die Öffentlichkeit ist, bleibt erst einmal abzuwarten. Das alte System der Bund-Länder-Finanzbeziehungen war maximal intransparent und kompliziert – das stimmt. In Deutschland haben es vielleicht 20 Menschen in seiner Komplexität völlig verstanden. Ein Blick in die Pressemitteilung der Bundesregierung zu der Neuordnung des Länderfinanzaus- gleichs lässt aber nicht gerade auf einen Transparenzgewinn hoffen. Bei der Einigung zwischen Bund und Ländern ging es jedoch nicht nur um den Finanzausgleich; das haben Sie auch so dargestellt. Vielmehr handelt es sich um ein kaum nachvollziehbares, alles miteinander vermischendes Verhandlungspaket. Es ist, um es ganz klar zu sagen, ein fauler Deal, der die Neuordnung von Finanzströmen mit der

Verlagerung von Kompetenzen der Länder auf den Bund verknüpft. Frau Ministerpräsidentin, ich stimme Ihnen zu, dass eine Ausweitung des Unterhaltsvorschus- ses dringend notwendig ist – aber das kann und sollte man auch tun, ohne gleichzeitig die Autobahnen zu privatisieren. Das geht!

(Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin: Das habe ich doch gesagt, wie das gehen soll!) –Ja, ja.

– Das ist unser Hauptkritikpunkt. Die Bundesländer haben einen zu hohen Preis für ihre finanzielle Besserstellung gezahlt, nämlich die Abgabe zahlreicher Gestalt ungskompetenzen an den Bund – oder anders gesagt: Kohle gegen Kompetenz. Das ist eine schlecht Nachricht für das Land NRW!

(Beifall von den PIRATEN)

So werden unsere Demokratie und unser Föderalismus in finanzielle Geiselhaft genommen. Die Politik der schwarzen Null führt dazu, dass der Bund den Ländern und Kommunen nicht genügend Haushaltsmittel zur Bewältigung ihrer steigenden Aufgaben bereitstellt. Die Infrastruktur in unserem Land, die Schulen und Straßen zerfallen, während Schäuble im Bund das Geld zus ammenhält. Gleichzeitig wird im Bundestagswahlkampf schon mal mit Steuersenkungsversprechen gewedelt. Ist das die Generationengerechtigkeit, von der Sie sprechen? Hat man die unteren Ebenen des föderalen Systems durch diese finanzielle Austrocknungspolitik erst mal ausreichend in Haushaltsnotlage gebracht, steigt zwangsläufig die Bereitschaft der Länder, für zusätzliche finanzielle Mittel weitere Gestaltungskompetenzen an den Bund abzugeben – und das alles bei einer immer stärker drücken den Schuldenbremse.

Herr Laschet, wie Sie das mit den Worten Ihres Parteikollegen Herrn Lammert in Einklang bringen und hier loben können, ist mir schleierhaft. Das bekommt von der Logik her kein normaler Mensch übereinander.

(Beifall von den PIRATEN)

Die finanziellen Zugeständnisse der Bundesregierung im Zuge der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs sind daher kein Ausdruck von Großzügigkeit – im Gegenteil. Die Einigung ist kein guter Deal für die Länder. Mit der Abgabe von immer mehr Kompetenzen an den Bund stirbt jedes Mal ein Stückchen Föderalismus in Deutschland. Wenn Sie so weitermachen, fällt bald der letzte Vorhang für die föderale Demokratie. Frau Kraft, das ist das genaue Gegenteil Ihrer Ankündigung von vorhin, die föderale Struktur bewahren zu wollen.

Meine Damen und Herren, schwerwiegende Folgen für die Menschen in NRW wird die Neustrukturierung des Länderfinanzausgleichs im Bereich „Verkehr“ haben. Es ist wie bei Ihren Handy-Verträgen: Das Wichtigste steht im Kleingedruckten. Zentraler Bestandteil des Finanzausgleichs ist die Schaffung einer Bundesautobahngesellschaft oder „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“, wie es im Text heißt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und die Autolobby liebäugeln seit Langem mit dem Zugriff auf die Kompetenzen der Bundesfernstraßenverwaltung. Was heute noch in Länderhand ist, soll nun laut Beschluss vom 14. Oktober 2016 auf Bundesebene zentralisiert werden. Das heißt, die Infrastrukturgesellschaft würde die Zuständigkeit für alle Bundesautobahnen und potenziell auch für die übrigen Fernstraßen für Pflege, Planung, Bau, Sanierung und Finanzierung übertragen bekommen. Die 6.000 Mitarbeiter von Straßen NRW– der größte Landesbetrieb seiner Art in Deutschland–stehen dann selber auf der Straße.

(Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin: Quatsch!)

Die Abgabe von Gestaltungskompetenzen an den Bund hat also unmittelbar drastische Konsequenzen für die Landesbediensteten in NRW. Das ist nicht im Landesinteresse. Viel dramatischer ist eine Bundesautobahngesellschaft,

(Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin: Das ist Populismus!)

die der Voll- oder Teilprivatisierung der Autobahnen Tür und Tor öffnet. Im Beschluss vom 14. Oktober 2016 ist eindeutig festgelegt, dass die Infrastrukturgesellschaft privatrechtlich organisiert sein wird; das hat der Kollege von den Grünen sogar selbst hier angeführt.

Im Klartext heißt das: Es läuft entweder auf eine AG oder eine GmbH und gerade nicht auf eine Anstalt öffentlichen Rechts hinaus, bei der der Staat immer zu 100 % Eigentümer wäre. Anders, als Sigmar Gabriel und auch die Ministerpräsidentin hier behaupten, wird eine Privatisierung der Autobahnen auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass man im gleichen Atemzug – ich zitiere – „das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festschreiben will“; denn bezieht man dies auf den privatrechtlichen Eigentumsbegriff, hieße das lediglich, dass der Bund zwar noch formal als Eigentümer im Grundbuch steht, aber, wie gesagt, können Planung, Bau, Finanzierung und Erhalt der Bundesfernstraßen trotzdem komplett an private Investoren übertragen werden. Das ist kein Widerspruch. Deswegen ist da auch keine Grenze von Ihnen eingezogen worden.

Um eine Privatisierung der Autobahnen in Deutschland auszuschließen, müsste die Infrastrukturgesellschaft zu 100% im Eigentum des Bundes bleiben. Der Bund kann aber problemlos 100% der Gesellschaftsanteile an private Investoren verkaufen. Mit bewusst schwammigen Passagen im Beschlusstext – das haben Sie selbst eingestanden – wird ein zukünftiger Verkauf der Anteile an der Infrastrukturgesellschaft durch den Bund erst ermöglicht. Da reicht es nicht, Frau Ministerpräsidentin, dass man sich den Text der Vereinbarung im Nachhinein noch mal genauer anschauen und prüfen möchte. Das muss man bitte schön vorher machen, bevor man eine Vereinbarung unterschreibt!

(Beifall von den PIRATEN)

Sie ärgern sich über SANIFAIR an deutschen Raststätten? Warten Sie ab, bis die Investoren Gebühren für die Autobahnparkplätze an den Raststätten verlangen werden. Dann wird es lustig! Heuschrecken und Renditejäger werden zu Asphaltjunkies. Dann leben wir bald auch in einer SANIFAIR-Demokratie.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Finanzminister, ich frage Sie: Warum hat sich nicht auch NRW gegen eine drohende Autobahnprivatisierung gestemmt, wie es zum Beispiel Thüringen ausweislich der Protokollerklärung getan hat? Es ist entscheidend, schon jetzt den Verhandlungskorridor an akzeptablen Verhandlungslinien festzulegen. Es darf nicht sein, dass NRW einen Blankoscheck für Privatisierungen der Autobahnen erteilt. Genau das aber besagt die Vereinbarung, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen. Wir wissen doch alle: Die Einrichtung einer privatrechtlich organisierten Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist auch ein Vehikel zur Finanzierung der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen über den Kapitalmarkt. Für Hedgefonds, Großbanken oder Versicherungskonzerne werden neue, attraktive Investitionsmöglichkeiten geschaffen. Alle anderen müssen mit dem Nullzinsdiktat der EZB leben, samt Negativzinsen auf ihrem Tagesgeldkonto und Gebühren am Geldautomaten. Wann hat dieser Privatisierungswahn endlich ein Ende?

Das sind alles Hirngespinste, sagen Sie? Auf keinen Fall. Der Abnicker der EU-Kommission zur Dobrindt-Maut zeigt es doch: Die Autobahnprivatisierung ist näher denn je. Alles, was in Sachen Privatisierung und Liberalisierung des Allgemeinwesens irgendwie rechtlich möglich ist, wird über kurz oder lang auch durchgesetzt. Verlassen Sie sich darauf.

Maut, sondern auch Wegzoll privater Investoren. Dabei wird sich die fehlende soziale Komponente bei einer Investorenmaut noch gravierender auswirken. Sie muss einkommensunabhängig gezahlt werden. Jeder, unabhängig von seiner Einkommenslage und seinen Vermögensverhältnissen, wird voll zur Kasse gebeten. Das führt zu einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung. Das ist ein weiterer Schritt weg vom Grundrecht auf Mobilität. Nicht mit uns Piraten, nicht in unserem Namen!

(Beifall von den PIRATEN)

Hier schließt sich der Kreis. Zuerst wird durch die Politik der schwarzen Null und der Schuldenbremse die Infrastruktur in unserem Land kaputtgespart. Dann kauft der Bund den Ländern mit dem neuen Länderfinanzausgleich elementare Gestaltungskompetenzen ab. Bald werden wir erleben, dass der Bund diese neuen Kompetenzen an private Investoren in Form einer ÖPP-Konstruktion weiterreicht.

Begründung: Es gebe ja nicht ausreichend öffentliche Mittel, die Infrastrukturinstand zu halten. Für dieses perfide Konstrukt wurde einst der Begriff „Kuhhandel“ erfunden.

Ich komme zum Schluss. Wir Piraten fordern in unserem Antrag, dass die Landesregierung jetzt einer drohenden Privatisierung der Autobahnen einen Riegel vorschieben muss. Es darf keinen Blankoscheck für eine „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ geben. Die Landesregierung muss den vollumfänglichen Fortbestand des Landesbetriebes Straßen.NRW mit seinen 6.000 Mitarbeitern garantieren. Genau das besagt unser Antrag. Stimmen Sie ihm zu! Er ist sehr gut. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

 

Protokoll der 2. Rede von Nico Kern:

Nicolaus Kern (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie müssen gut zugehört haben, um festzustellen, dass weder der Finanzminister noch der Verkehrsminister noch die Minderpräsidentin in der Sache die Anwürfe hier widerlegen konnte, sondern nach wie vor im Raum steht – das wurde sogar vom Koalitionspartner, den Grünen, bestätigt–, dass über das Gleis schon entschieden ist. Der Waggon fährt in Richtung Privatisierungsgesellschaft. Denn sonst wäre es überhaupt nicht nötig gewesen, eine private Rechtsform zu wählen. Das konnte hier überhaupt nicht entkräftet werden. Der verbale Ausfall hier von Ihnen, Frau Ministerpräsidentin, zeugt eigentlich auch nur davon, dass Sie in der Sache falsch spielen und die Argumente nicht entkräften können.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Da ging es um etwas ganz anderes!)

Das haben Sie hier auch noch an genau dem Tag abgelassen, an dem in den USA gewählt wurde. Außerdem leben wir in Zeiten des Brexit. Wenn Sie trotz der Tatsache, dass in denen in mehreren Landesparlamente tatsächlich Rechtspopulisten eingezogen sind, ausgerechnet uns als Ihren politischen Gegner für Populismus und Sonstiges identifizieren, kann man nur noch fragen: Wo ist bitte Ihre politische Zielrichtung? Wo ist da Ihre Zielvorrichtung? Sie scheint nicht mehr zu funktionieren.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Wer behauptet, dass die Leute auf der Straße stehen, ist populistisch!)

Das, was Sie gesagt haben, kann man nur noch als rhetorische Inkontinenz abtun.

(Zurufe)

Damit sollten Sie lieber zu Sanifair gehen und nicht hier in den Landtag. –Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN – Zurufe)

Protokoll der Rede von Oliver Bayer:

Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Verkehrsinfrastrukturgesellschaft erst etwas zu unterzeichnen und nachher zu prüfen, ob es wirklich Autobahnprivatisierung heißt bzw. überhaupt dafür gedacht ist, ist nicht nachvollzieh- bar. Dass Frau Kraft hier eben die CDU angeschrien hat, nachdem sie erst gesagt hat, alles wäre toll, und Sie seien für den Dings– Mist darf ich nicht sagen – verantwortlich, zeigt, dass das Ganze ja wohl ein großer Fehler war. Was bedeutet diese Autobahngesellschaft des Bundes? Sie ist doch nur für die Privatisierung da. Ansonsten braucht man sie überhaupt nicht.

(Beifall von den PIRATEN)

Es gibt doch ein Gesamtkonzept mit der Pkw-Maut. Die Pkw-Maut, die ansonsten keine Einnahmen bringt, macht doch nur Sinn, wenn man nachher die Infrastruktur nutzt, um entsprechend abrechnen zu können. Das ist ein Gesamtkonzept, das der Infrastruktur nicht zugutekommt, sondern, wie Herr Klocke schon gesagt hat, dem Finanzwerk. Denn als Fazit der Bodewig-II-Kommission, die auch erwähnt wurde, kam heraus, dass die Privatisierung an sich und die Finanzmittel, die man damit erzielen kann, völlig irrelevant sind, um die Infrastruktur zu erhalten bzw. auszubauen. Das macht man mit anderen Mitteln.

Die Fratzscher-Kommission wiederum hat gesagt: Die Finanzmärkte brauchen das, weil sie Anlagemöglichkeiten benötigen, um entsprechende Renditen mit wenig Risiko zu erzielen. Das ist der Grund der ganzen Sache. Insofern kann man nicht sagen: Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes machen wir einmal so, und dann gucken wir nachher, was wir genau damit machen und ob überhaupt die Kompetenz innerhalb dieser Bundesgesellschaft entstehen kann.– Denn wir wissen alle: Straßen.NRW hat ein Problem, überhaupt entsprechende Ingenieure zu finden. Wie soll das denn die Bundesgesellschaft machen, wenn sie nicht unsere Ingenieure auch noch abzieht? Das geht natürlich zu weit. So etwas darf nicht passieren.

(Beifall von den PIRATEN)

Abgesehen von der Privatisierung, ist es natürlich auch verkehrspolitisch völlig dan eben, diese Autobahn aus dem Straßengesamtnetz und damit auch aus dem Gesamtnetz aller Verkehrsmittel herauszuziehen und in eine eigene Gesellschaft zu packen. Das geht doch völlig entgegen der Richtung, die wir eigentlich einschlagen sollten, nämlich regional zu prüfen, wie das Verkehrsnetz insgesamt aufgebaut ist, und zu gucken, wie die Verkehrssysteme ineinandergreifen. Jetzt werden sogar bei den Straßen in NRW – und das ist besonders katastrophal, weil die Autobahnen auch für die Pendler wichtig sind und nicht nur für den Fernverkehr nach München oder nach Kiel – die Autobahnen aus dem Straßennetz herausgezogen. Das ist verkehrspolitisch völlig ungeschickt.

Herr Klocke hat auch recht, wenn er auf die Bahn verweist und sagt, das sei kein Best-Practice-Beispiel und zeige nicht gerade, dass ein Bundesunternehmen genau das tut, was man verkehrspolitisch gerne erreichen möchte. Alle vier Parteien – das muss man an dieser Stelle sagen – haben Straßen.NRW personell geschwächt. Aber sie haben auch die Infrastrukt ur hier so an die Wand gefahren, dass wir jetzt dieses Problem haben, nämlich eine zerfallene Infrastruktur, bei der wir nicht daran gedacht haben, dass wir sie noch instand halten müssen, nachdem wir sie jahrzehntelang ein- fach nur gebaut haben. Das wird jetzt mit dieser Autobahngesellschaft auch noch zementiert.

Herr Rasche, Sie haben gesagt, es gehe darum, möglichst schnell baureife Projekte zu schaffen, um sie in der Schublade zu haben, wenn plötzlich irgendwo einmal Geld da ist. Man kann zwar nachvollziehen, dass man an diese Geldtöpfe heranwill. Natürlich muss NRW da auch etwas tun. Aber man sollte sich verkehrspolitisch auch nicht Bayern als Vorbild nehmen und sagen: Wir müssen nur irgendetwas bauen; Hauptsache, das Geld wird verbaut. Immer nur zu gucken, ob plötzlich irgendwo Geld auftaucht, weil man politisch einmal ein Zeichen setzen möchte und irgendwo einen Leuchtturm hinsetzen möchte, den man dann ganz schnell bauen muss, führt doch nicht dazu, dass wir nachher eine gute Infrastruktur haben. Das ist mit Blick auf die Bundespolitik also ein ganz falscher Weg. –

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

 

 

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/kein-blanko-scheck-fuer-eine-infrastrukturgesellschaft-verkehr-nrw-muss-drohender-privatisierung-der-autobahnen-jetzt-einen-riegel-vorschieben/feed/ 0
Aufnahme und echter Schutz für syrische Flüchtlinge! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/aufnahme-und-echter-schutz-fuer-syrische-fluechtlinge/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/aufnahme-und-echter-schutz-fuer-syrische-fluechtlinge/#respond Thu, 03 Nov 2016 13:05:40 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451743 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Am 17. März 2016 trat das „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ in Kraft. Auch der Landtag NRW debattierte am 3. März aus Anlass des Piraten-Antrags „Schutzsuchende aufnehmen, nicht abwehren: NRW lehnt das Asylpaket II ab“ über das sogenannte Asylpaket 2. Die Fraktion der Piraten warnte neben vielen weiteren Verschlechterungen für Schutzsuchende insbesondere davor, dass die Einführung des Gesetzes dazu führen könne, dass die Zahl der Geflüchteten, die lediglich einen subsidiären Flüchtlingsschutz durch das BAMF erhalten, steige. Nicht zuletzt wurde von Rednern angemahnt, dass dies nicht zuletzt syrische Kriegsflüchtlinge treffen könne. Leider hat sich diese Annahme bewahrheitet, und immer mehr Menschen müssen die unerträgliche humanitäre Härte erleiden, dass sie getrennt von ihrer Familie leben müssen. Pro Asyl machte bereits im Mai auf die steigenden Fälle aufmerksam und schreibt: „Alleine im April wurden ca. 21.000 Entscheidungen zu Syrien getroffen, davon wurde in knapp 3.500 Fällen subsidiärer Schutz gewährt. Die aktuelle Tendenz zeigt, dass im Jahr 2016 mit deutlich mehr Entscheidungen über subsidiären Schutz zu rechnen ist als 2015. Die Folge: Betroffene SyrerInnen sind vom Familiennachzug Längerfristig ausgeschlossen.“ Im Jahr 2015 erhielten syrische Flüchtlinge hingegen in nahezu 100 Prozent der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Seit April ist diese Zahl immer weiter gesunken: Im Juni 2016 erhielten 46 Prozent der syrischen Schutzsuchenden nur noch subsidiären Schutz und im August 2016 bereits rund 70 Prozent. Dabei hatte die SPD damals im Zusammenhang mit der Einführung des Gesetzes erklärt, dass syrische Flüchtlinge von diesem erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Familie nicht betroffen sein sollten.  

Es ist daher kein Wunder, dass immer mehr Betroffene gegen die BAMF-Entscheidungen klagen: Bundesinnenminister Thomas de Maizière gab im Oktober 2016 bekannt, dass ca. 19.500 Klagen von Syrerinnen und Syrern bei den Verwaltungsgerichtsgerichten eingegangen seien. Bisher wurden erst rund 1.900 Entscheidungen bei den Gerichten zu diesen Klagen getroffen, und in 1.400 Fällen bekamen die Kläger Recht. Das VG Trier legte vor kurzem ausführlich dar, wieso das BAMF mit den Entscheidungen gegen Menschenrechte verstoßt. Trotzdem beharrt das Bundesinnenministerium auf der aktuellen Praxis des BAMF.  

Eine weitere Schande stellt zurzeit die Missachtung des Aufnahmeabkommens von September 2015 dar. Von insgesamt 27.485 Asylsuchenden, deren Aufnahme Deutschland zugesagt hatte, sind nur 216 Personen angekommen: 20 aus Italien und 196 aus Griechenland. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Im Sinne einer humanitären Flüchtlingspolitik ist es unumgänglich, dass zur Praxis des Jahres 2015 zurückgekehrt wird. Insbesondere der hohe Anstieg subsidiärer Schutzentscheidungen des BAMF bei syrischen und eritreischen Flüchtlingen muss kritisiert werden.
  2. Die derzeitige Entscheidungspraxis des BAMF belastet die nordrhein-westfälische Justiz und schafft Rechtsunsicherheit.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,   

  1. sich auf allen Ebenen für die Rücknahme des § 104 Absatz 13 AufenthG einzusetzen.
  2. die vorhandenen Aufnahmekapazitäten des Landes dem Bund anzubieten, damit die vereinbarte Zahl an Schutzsuchenden aus Griechenland und Italien endlich nach Deutschland kommen kann.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Simone Brand:

Simone Brand (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Rennen Sie nicht alle raus, es geht um Menschenleben!

Ich möchte heute mit einem Zitat von Tucholsky beginnen:„Recht kann man nur in bedrohten Lagen erkennen. Wenn es da nicht gilt, dann taugt es nichts. Im Alltag, wo nichts vor sich geht, kann jeder ein Rechtsbewahrer sein.“

Genau das erleben wir gerade. Rechte werden gebeugt und so weit verstümmelt, dass sie faktisch nicht mehr gelten. Insbesondere unser Asylrecht wurde in den letzten Jahren so oft geändert und verschärft, dass sich jetzt nur noch wenige Experten mit dem Schutz für Asylsuchende auskennen. Mittlerweile sind wir so weit, dass wir nicht einmal mehr politisch Verfolgten Asyl nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz gewähren. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns hier und heute im Landtag von Nordrhein-Westfalen diesem Anliegen widmen und uns mit echtem Schutz für politisch Verfolgte beschäftigen. Sie können Ihr Totschlagargument ruhig in der Schublade lassen: Dieses Thema läuft auf Bundesebene, das gehört nicht auf Landesebene. Zeitgleich mit uns bringen die rot-grünen Kollegen von Ihnen in Schleswig-Holstein einen ähnlichen Antrag ein, weil auch sie, genau wie wir, erkannt haben, wie wichtig es ist, dass man sich auf allen Ebenen gegen dieses Unrecht einsetzt.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren wurde eine zweijährige Wartefrist für den Familienzuzug für subsidiär geschützte Menschen eingeführt. Damals hieß es von seiten der SPD, dass diese Neuregelung nur ganz wenige Menschen betreffen würde. Wir Piraten lehnten das gesamte sogenannte Asylpaket II ab. Es ist inhuman, und es bedeutet eine Pervertierung des Asylrechts. Das machten wir auch hier im Landtag deutlich. Sie erinnern sich sicherlich an die Debatte. Insbesondere die rot-grünen Abgeordneten beteuerten, dass sie das Asylpaket II ebenfalls in großen Teilen ablehnen würden, aber doch leider nichts machen könnten, da es sich bei dem Gesetz lediglich um ein Einspruchsgesetz handle.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes gewähren die Entscheider des BAMFT ausenden Schutzsuchenden aus Eritrea, dem Irak und Syrien nicht mehr den vollen, sondern nur noch den subsidiären Flüchtlingsschutz. 2015 wurde noch bei nahezu 100% der syrischen Geflüchteten eine echte Flüchtlingseigenschaft anerkannt, im April 2016 noch bei 84%, im Juni bei 54%, im August nur noch bei 30%. 30% der syrischen Flüchtlinge – das heißt, 70% können ihre Familien nicht nachholen. Was steckt denn hinter dieser nackten Zahl? Das sind doch Menschen!

Viele von uns wissen, wie Menschen in Flüchtlingslagern außerhalb von Europa untergebracht sind, und über diejenigen, die sich in Kriegsgebieten aufhalten – davon gibt es sehr viele–, möchte ich gar nicht nachdenken. Sie sitzen nämlich nicht mit einem Schirmchen-Drink in der Hand im Tanga am Strand und warten darauf, dass sie geholt werden, sondern sie befinden sich in lebensbedrohlichen Situationen, in Todesgefahr – und das jeden Tag. Und diese Menschen lassen wir jetzt schon zwei Jahre warten.

Genau davor haben wir damals schon gewarnt. Meine Damen und Herren, Sie beteuern, Sie können dafür nichts, es war ja kein Gesetz, beidem eine Entscheidung des Bundesrats gewollt war, nur ein Einspruchsgesetz, weil es sich angeblich nicht auf die Länder auswirkt. Wir sehen: Das ist Quatsch. Und Sie haben noch nicht mal Einspruch erhoben; dafür sollten Sie sich schämen! Jetzt schlagen sich unsere Verwaltungsgerichte mit den Tausenden von Klagen von verzwei- felten Syrern um, allein 700 Klagen sind

beim Verwaltungsgericht Münsteranhängig. Die Verwaltungsgerichte geben den Menschenrecht und erkennen den grundsätzlichen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an, zumal viele von ihnen bei einer Rückkehr nach Syrien auch mit politischer Verfolgung durch das Assad-Regime rechnen müssen.

Das Bundesinnenministerium musste im Oktober 2016 bekannt geben, dass ca. 19.500 Klagen von Syrerinnen und Syrern bei den Verwaltungsgerichten eingegangen seien. Bisher wurden erst rund 1.900 Entscheidungen bei den Gerichten getroffen; davon bekamen 1.400 Kläger recht. Die aktuellen Zahlen von heute aus Berlin zeigen: Die Gerichte werden auf Jahre hin komplett blockiert sein, weil sie Entscheidungen zu treffen haben und nicht hinterher kommen – und das alles wegen diesem unsäglichen

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

–ich komme zum Ende –§104 Abs. 13 AufenthG. Deshalb bitte ich Sie: Setzen Sie sich mit uns auch auf dieser Ebene dafür ein, diese unselige Vorschrift abzuschaffen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

 

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Praxissemester entlohnen und Lehrerausbildung optimieren https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/praxissemester-entlohnen-und-lehrerausbildung-optimieren/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/praxissemester-entlohnen-und-lehrerausbildung-optimieren/#respond Thu, 03 Nov 2016 13:03:53 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451741 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Die nordrhein-westfälische Lehrerausbildung ist über Jahre gewachsen und wurde durch immer fortschreitende Aufgabenerhöhung an alle Beteiligten an der Lehrerausbildung geradezu überfrachtet. Durch die Umstellung auf Bachelor/Masterstudiengänge und die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes auf 18 Monate bei gleichzeitiger Etablierung eines Praxissemesters sind die Anforderungen für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer gestiegen. Dies wird noch durch die Herausforderungen und die Implementierung von digitaler Bildung, Inklusion und Heterogenität der Schülerinnen und Schüler verstärkt.

Die Erhöhung der Studienplätze und die gestiegenen Bedarfe an gut ausgebildeten Lehrkräften werden gerade die  Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfSL) vor enorme logistische und personelle Herausforderungen gestellt. Gerade diese Zentren sind im Hinblick auf die Bewältigung der Praxissemester nicht genügend finanziell und personell ausgestattet worden.

Daraus ergeben sich dringende Handlungsbedarfe, die mit einer Neustrukturierung der ZfSL und einer zusätzlichen besseren Betreuungsrelation an den Universitäten einhergehen müssen.

Durch die Einsparungen der 6 Monate Vorbereitungsdienst wurden de facto Mittel in der Lehrerausbildung gekürzt, sodass die Studierenden im Praxissemester trotz eines berufsqualifizierenden Abschlusses  unentgeltlich Lehrtätigkeiten übernehmen müssen und so Unterrichtsausfall kompensieren. Bei einer Arbeitsbelastung von 390 Stunden ( 240 Stunden schulischer Ausbildungsteil, 60 Stunden für Vor – und Nachbereitung des Unterrichtes und 90 Stunden Veranstaltungen der ZfSL) ist von einer Vollzeitbeschäftigung auszugehen, die keinen Nebenjob für Studierende zulässt, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, obwohl laut der 20. Sozialerhebung der DSW rund 2/3 aller Studierenden Nebenjobs erwerbstätig sind. Der Faktor Zeit spielt aufgrund einer Vergabe von am Ende 13 Leistungspunkten für das Modul ebenfalls eine Rolle. Neben den Tätigkeiten im Praxissemester sind noch 17 weitere Leistungspunkte zu erwerben, um das Soll von 30 Leistungspunkten im Semester zu erfüllen, was die Auslastung weiterhin erhöht. Welche Möglichkeiten die Universitäten den Studierenden bieten, die zusätzlichen Leistungspunkte zu erwerben (z.B. Blended Learning Veranstaltungen als Konzept) divergieren je nach Hochschulstandort.

Zusätzlich ist festzustellen, dass viele Studierende aufgrund der verlängerten Anfahrtswege noch zusätzliche Belastungen auf sich nehmen müssen.

Auch die aufnehmenden und ausbildenden Schulen sind mit der Durchführung des Praxissemesters mit einer Zusatzaufgabe betraut die nicht adäquat ausgeglichen wird. Hier reichen die Problemfelder von Organisation (Kapazitäten und Kontakt) über Infrastruktur bis hin zur Auslastung der betreuenden Lehrkräfte.

II. Der Landtag stellt fest

  • dass eine Harmonisierung der drei praktischen Ausbildungsteile der Lehrerausbildung (Orientierungspraktikum, Praxissemester und Vorbereitungsdienst) in der nordrhein-westfälischen Lehrerausbildung komplett fehlt
  • dass die Reduzierung des Vorbereitungsdienstes von 24 auf 18 Monate eine politisch gewollte Kürzungsmaßnahme war und wieder geändert werden muss
  • dass das Praxissemester angemessen vergütet werden muss
  • dass eine Neustrukturierung der ZfSL dringend benötigt wird, damit auch die Kapazitäten bezogen auf das Praxissemester im ländlichen Raum mit ausgeschöpft werden und damit Fahrtwege reguliert werden können
  • dass die personellen Kapazitäten der ZfSL für die Bewältigung des Praxissemesters deutlich erhöht werden müssen

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  • Ein schlüssiges Konzept zur Optimierung und Verbesserung des Praxissemesters gemeinsam mit den Hochschulen, ZfSL und den beteiligten Schulen zu entwickeln und dem Landtag vorzulegen
  • Die nötigen Haushaltsmittel zu einer angemessenen Bezahlung der Lehramtstudierenden im Praxissemester bereitzustellen
  • Die ausbildenden Schulen bei der Durchführung des Praxissemesters in der Lehramtsausbildung finanziell und personell aufzustocken, sowie wie die nötige Infrastruktur zu schaffen
  • zu gewährleisten, dass die Schulen hinsichtlich ihrer Ausbildungskapazitäten auch mit unterschiedlichen ZfSL kommunizieren können
  • Die Personalkapazitäten der ZfSL deutlich zu erhöhen und die nötigen Mittel dafür bereitzustellen

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Joachim Paul:

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir befassen uns jetzt mit einem Sachverhalt, der insbesondere aus der Sicht der betroffenen Lehramtsstudierenden eine politische Obszönität ersten Ranges darstellt. Überall wird von den regierungstragenden Fraktionen das Prinzip der guten Arbeit quasi wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Aber bei den eigenen Lehrkräften und den Menschen, die in der Ausbildung für diesen gesellschaftlich so extrem wichtigen Beruf sind, wird der Geldhahn mutwillig zugedreht. Uns sind die Lehramtsstudierenden wichtig. Dazu gehört selbstverständlich auch die ordentliche Bezahlung während des Pflichtpraxissemesters.

Auf der einen Seite wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass wir gut ausgebildete und motivierte Lehrkräfte haben wollen. Auf der anderen Seite werden die Studierenden dann im Regen stehen gelassen. Wie dies in Zeiten eines gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns für Praktika zu erklären ist, hätten wir Piraten gerne einmal genauer gewusst. Wir sind der Auffassung – das haben wir auch bei der Novelle des Lehrerausbildungsgesetzes deutlich gemacht –, dass die Reduzierung des Vorbereit ungsdienstes von 24 Monaten auf 18 Monate eine politisch gewollte Kürzungsmaßnahme war und wieder geändert werden muss. Der gesamte Bereich der Praxissemester muss überarbeitet werden. Eine Harmonisierung der drei praktischen Ausbildungsteile der nordrhein – westfälischen Lehrerausbildung – also Orientierungspraktikum, Praxissemester und Vorbereitungsdienst – fehlt völlig. Dies muss daher komplett neu gedacht werden.

Hierbei sind insbesondere die Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung von elementarer Wichtigkeit. Uns ist berichtet worden, dass eine Neustrukturierung der ZfsL dringend benötigt wird, damit auch die Kapazitäten bezogen auf das Praxissemester im ländlichen Raum mit ausgeschöpft werden und auf diese Weise Fahrwege reguliert werden können. Schließlich kann es nicht sein, dass Studierende für ein Praxissemester bis zu vier Stunden Fahrweg pro Tag auf sich nehmen müssen. Wann, bitte schön, soll dann das Gelernte noch vor – und nachbereitet werden? Und wann sind Sie, liebe Kollegen, das letzte Mal zu Rushhour-Zeiten in der 2. Klasse eines Regionalexpress gefahren? Um in Ruhe lernen und lesen zu können, brauchen Sie da schon so etwas wie eine Hyperraumblase. Von der Bestreitung des Lebensunterhalts im Praxissemester rede ich da noch gar nicht.

Der Lehrerberuf muss attraktiver werden! Das sagen unisono alle damit befassten Politiker, Gewerkschaften, Verbände und Ministerinnen. Diese fünf Wörter reichen alleine nicht aus. Die Studierendengenerationen im Bachelor-/Master-Lehramtsversuchslabor müssen die Politikfehler auf allen Ebenen ausbaden. Sie machen den Lehrerberuf noch unattraktiver, als Ihnen selbst das lieb sein kann.

Lassen Sie uns daher lieber über Qualität, digitale Bildung und Inklusion in der Lehrerausbildung reden. Das werden wir auch. Aber dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehören der administrative Rahmen für die Durchführung der Lehrerausbildung sowie die finanzielle Sicherheit für Studierende. Die personellen Kapazitäten der ZfsL für die Bewältigung des Praxissemesters müss en deutlich erhöht werden. Außerdem muss ein schlüssiges Konzept zur Optimierung des Praxissemesters gemeinsam mit den Hochschulen, den ZfsL und den beteiligten Schulen entwickelt und uns hier im Landtag zur Abstimmung vorgelegt werden. Im Haushaltsverfahr en werden wir die benötigten Änderungsanträge für die Bezahlung der Lehramtsstudierenden im Praxissemester stellen. Natürlich wird dann wieder kommen: Ach, Geld– usw. usf. Ich sage es an dieser Stelle noch einmal: Wir sind eine der reichsten Gesellschaften der Welt. Und wenn Sie mir sagen, wo die Kohle geblieben ist, dann sage ich Ihnen, wie wir das finanzieren.

(Beifall von den PIRATEN)

Angesichts der gewaltigen Zukunftsaufgaben, die vor der nordrhein-westfälischen Lehrerschaft liegen, ist dieser Kürzungsvorgang in der Lehrerausbildung unerhört. Zusätzlich muss man die ausbildenden Schulen für die Durchführung des Praxissemesters in der Lehramtsausbildung finanziell und personell aufstocken sowie die dazu benötigte Infrastruktur schaffen. Trotzdem freuen wir uns auf eine fruchtbare Beratung in den Fachausschüssen. – Vielen Dank.

 

 

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Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen – Absenkung der Altersgrenze für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/gesetz-zur-aenderung-der-verfassung-fuer-das-land-nordrhein-westfalen-absenkung-der-altersgrenze-fuer-das-aktive-wahlrecht-auf-16-jahre/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/11/gesetz-zur-aenderung-der-verfassung-fuer-das-land-nordrhein-westfalen-absenkung-der-altersgrenze-fuer-das-aktive-wahlrecht-auf-16-jahre/#respond Thu, 03 Nov 2016 13:01:46 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451739 Weiterlesen »]]> Artikel 1

Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen

Die Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 1950 (GV. NRW. S.127), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442), wird wie folgt geändert:

Artikel 31 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Wahlberechtigt ist, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 15. Mai 2017 in Kraft.

Begründung

Art. 31 Absatz 2 Satz 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen lautet:

„Wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat.“

Dadurch sind 16- und 17-Jährige von den Wahlen zum Landtag von Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen. Dafür besteht kein überzeugender Grund mehr.

Demokratische Staaten sind u.a. durch den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass jeder das Recht hat, an Wahlen zu Parlamenten teilzunehmen. Der Ausschluss von Wahlen bedarf einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Eine solche ist aber beim Ausschluss der 16- und 17-Jährigen vom aktiven Wahlrecht zum Landtag nicht erkennbar.

Der politische Kampf um die Gleichberechtigung der Menschen hat eine lange Geschichte und ist noch nicht beendet. Dieser Kampf spiegelt sich auch in der Geschichte des Wahlrechts wider. Im 1871 gegründeten deutschen Kaiserreich waren die Frauen von den Wahlen zum Reichstag ausgeschlossen. Das aktive Wahlrecht hatten nur Männer, die das 25. Lebensjahr vollendet hatten (ausgeschlossen waren zudem Soldaten und Männer, „welche eine Armenunterstützung aus öffentlichen oder Gemeinde-Mitteln beziehen, oder im letzten der Wahl vorhergegangenen Jahre bezogen haben“, §§ 1, 2, 3 Nummer 3 Wahlgesetz für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1869). Nach der Ausrufung der Republik im November 1918 wurde in Deutschland das Frauenwahlrecht eingeführt. Die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht wurde auf 20 Jahre gesenkt. Nachdem in der Bundesrepublik Deutschland die Altersgrenze zunächst bei 21 Jahren lag, wurde sie 1970 auf 18 Jahre gesenkt. Die historische Entwicklung bis zur Gegenwart ist demnach – unterbrochen von der Nazi-Diktatur – von einer fortschreitenden Realisierung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl gekennzeichnet.

Die Gegner des aktiven Wahlrechts für 16- und 17-Jährige behaupten, dass diese noch nicht über die erforderliche Reife verfügten, um eine Wahlentscheidung zu treffen. Dabei verweisen sie auf die zivilrechtlichen Regelungen zur Geschäftsfähigkeit eines Menschen. Die volle Geschäftsfähigkeit beginne erst mit Vollendung des 18. Lebensjahrs (vgl. § 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Daher solle diese Altersgrenze auch für das aktive Wahlrecht gelten.

Nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis besteht aber kein Zweifel daran, dass 16- und 17-Jährige fähig sind, bei Wahlen eine politisch selbstbestimmte Entscheidung zu treffen. Die zivilrechtliche Regelung über den Beginn der vollen Geschäftsfähigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahrs hat den Zweck, Minderjährige vor den Folgen von rechtlichen Nachteilen zu schützen (vgl. § 107 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Ausübung des aktiven Wahlrechts hat aber keine rechtlichen Nachteile. Daher ist der Verweis auf das Zivilrecht irreführend.

16- und 17-Jährige tragen in Gesellschaft und Staat bereits umfangreich Verantwortung: Sie sind schadensersatzpflichtig, es sei denn, im Einzelfall besteht nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsichtsfähigkeit (vgl. § 828 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Sie können, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und das Familiengericht zustimmt, die Ehe eingehen (vgl. § 1303 Bürgerliches Gesetzbuch). Sie sind im Sinne des Strafgesetzbuchs schuldfähig und strafbar, wenn sie die von einem Straftatbestand umfasste spezifische Rechtsgutverletzung als Unrecht erkennen (vgl. § 19 Strafgesetzbuch, § 3 Jugendgerichtsgesetz). Die Schule vermittelt ihnen demokratisches Bewusstsein, die Bereitschaft zum sozialen Handeln, Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl und die Fähigkeit, am politischen Leben teilzunehmen (vgl. § 2 Absätze 1, 2 und 3 Schulgesetz NRW). 16- und 17-Jährige treffen eine Entscheidung für eine berufliche Ausbildung oder ein Hochschulstudium. Schließlich haben sie in Nordrhein-Westfalen das aktive Wahlrecht bei Kommunalwahlen. Auch vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, weshalb 16- und 17-Jährige nicht fähig sein sollten, bei Landtagswahlen eine Wahlentscheidung zu treffen.

Die Gegner des aktiven Wahlrechts für 16- und 17-Jährige erklären des Weiteren, dass in dieser Altersgruppe die Wahlbereitschaft relativ gering sei und es nur wenig Interesse an landespolitischen Themen gebe (vgl. Abschlussbericht der Verfassungskommission des Landtags von NRW, Drucksache 16/12400, S. 70). Solche Einlassungen verkennen das Wesen des aktiven Wahlrechts. Wie jedes Recht gibt auch das Wahlrecht dem Einzelnen die Möglichkeit, die eigenen Interessen geltend zu machen und eine entsprechende Wahlentscheidung zu treffen. Es besteht aber keine Pflicht dazu. Daher ist es insoweit unerheblich, ob die Wahlbereitschaft relativ gering ist. Im Übrigen ist es Aufgabe aller maßgeblichen landespolitischen Akteure, die Bedeutung der Landespolitik öffentlich darzustellen und so das Interesse an Landtagswahlen zu wecken.

Mitschnitt der Rede von Daniel Düngel:

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Daniel Düngel:

Daniel Düngel (PIRATEN): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von meinen beiden Vorrednern ist schon einiges gesagt worden. Dem stimme ich natürlich vollum fänglich zu. Ich werde versuchen, in meiner Rede diese einzelnen Punkte nicht noch einmal zu erwähnen.

Wir haben heute eine längst überfällige Debatte im Plenum unseres Landtags. Wir reden über das Wahlalter. Dazu einige Bemerkungen vorab: Damit eine Absenkung des Wahlalters sinnvoll ist und greifen kann, brauchen wir mehr politische Bildung. Wir brauchen – das wären Konsequenzen daraus – die Anpassung von Lehrplänen, mehr Mitbestimmung an Schulen, den Ausbau von Partizipation junger Menschen in allen Lebenslagen. Wir brauchen auch die altersgerechte Aufbereitung von Informationen. Gerade wir im Landtag und gerade auch die Fraktionen von CDU und FDP fordern immer mehr von jungen Menschen. Wir schicken Minderjährige in die Berufsausbildung. Wir schicken heutzutage schon Minderjährige ins Studium.

(Monika Pieper [PIRATEN]: Und zur Bundeswehr!)

Durch die G8-Debatte ist das Ganze noch einmal deutlich verschärft worden. Im Bundestag wird heute über Minderjährige in der Bundeswehr gesprochen. Darüber reden wird. Das ist die Sachlage. Aber wir trauen jungen Menschen nicht zu, wählen zu gehen. Ein kleiner Fakt am Rande: Wir reden zwar über die Absenkung des Wahlalters auf faktisch 16 Jahre; im Durchschnitt allerdings ist ein Erstwähler 20,5 Jahre alt, wenn er das erste Malan die Wahlurne tritt. Das ist der Stand heute. Wenn wir das Wahlalter um zwei Jahre absenken, ist ein durchschnittlicher Erstwähler 18,5 Jahre alt, also immer noch volljährig. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, da gibt es wirklich gar nichts, vor dem man Angst haben müsste.

Es gibt zig Gründe für die Absenkung. Allein wenn ich nur die positiven Gründe hier erwähnen möchte, sind die fünf Minuten Redezeit schon durch. Ich will mich auf zwei, drei, vier konzentrieren: Die Stärkung der parlamentarischen Demokratie ist tatsächlich einer der Punkte. Wir haben eine echte Mitbestimmung für Jugendliche, und nicht nur eine modellhafte Mitbestimmung. Wir werten Persönlichkeiten von jungen Menschen dadurch auf. Herr Kollege Körfges ist vorhin auch darauf eingegangen. Ganz wichtig ist genauso, dass wir die Belange von Jugendlichen, von jungen Menschen in unseren Parteien aufgreifen; denn wir haben diese Zielgruppe plötzlich als potenzielle Wähler und verankern dort Punkte in den Wahlprogrammen. Was spricht gegen eine Herabsenkung des Wahlalters? – Ich habe das nachgeschlagen, ich habe den Zettel nicht vergessen: Es spricht nichts dagegen. Es gibt nichts.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Es wird immer wieder ausgeführt, dass Jugendliche nicht reif genug seien, um mit 16 zu wählen. Das ist Unsinn. Es sind nicht die jungen Menschen, die für den Brexit gestimmt haben, und es sind auch nicht die jungen Menschen, die einen politischen Geisterfahrer zum amerikanischen Präsidenten machen. Es gibt ganz viel Unterstützung in der Gesellschaft: Bundesjugendring, Landesjugendring. Den BDKJ, liebe Kollegen von der CDU, oder das Deutsche Kinderhilfswerk. Die gehen sogar noch weiter; das Wahlalter ab 14 Jahre und sogar das Wahlalter ab null sind die Punkte, die dort im Vordergrund stehen. Wahlalter ab 16 ist ein weiterer Schritt zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Eigentlich müssten wir noch weiter gehen und noch weiter absenken. Es gibt Experten, die halten die jetzige Begrenzung, die wir haben, sogar für verfassungswidrig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ich bin sehr überrascht, dass gerade Ihre jugendpolitischen Sprecher, Herr Kollege Tenhumberg und Herr Kollege Hafke, jetzt bei dieser Debatte nicht hier sind. Das ist sehr, sehr bemerkenswert. Sie sind es auch, die immer wieder das Ranking der Bundesländer aufgreifen und der Landesregierung vorwerfen, wieder Letzter, Vorletzter und was weiß ich zu sein. Wir haben hier die Chance, beim Wahlalter 16 einmal nicht Letzter zu sein. Vier Bundesländer sind vorangegangen und haben schon entsprechende Regelungen umgesetzt. Lassen Sie uns doch da im Bundesvergleich vorne mitspielen!

Kollege Hafke bezeichnet die FDP hier immer als die Partei der Jugendbeteiligung. Wir werden heute Mittag eine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnen. Ich lache, und zwar  hart. Herr Kollege Lindner ist leider auch nicht im Saal. Warum auch? Was ist aus dieser Nummer German Mut geworden? Ist es doch German Angst letztendlich beim Wahlalter?

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Kollege Tenhumberg, der jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion sagt an jeder Stelle, wie wichtig es ist, junge Menschen zu beteiligen, das Wahlalter herabzusenken usw. Aber seine Partei steht nicht hinter ihm. Liebe CDU-Fraktion, entweder weichen Sie dort Ihre Position auf oder Sie fangen bitte Ihren Kollegen Tenhumberg ein! Herr Präsident, ich komme langsam zu Schluss. Ein Punkt noch: Wir haben unseren Antrag zurückgezogen. Wir haben gesehen, dass Rot-Grün einen guten Vorschlag gemacht hat. Rot-Grün hat den Kompromiss aus der Verfassungskommission aufgegriffen. Das möchten wir hier selbstverständlich unterstützen. Das ist der zustande gekommene Deal aus der Verfassungskommission. Den wollen wir hier auch zur Abstimmung stellen. Wir wollen vergessen, dass in der Verfassungskommission Dinge gegeneinander verhandelt wurden, die einfach nichts miteinander zu tun haben. Wir stimmen hier einfach nur für eine Herabsenkung des Wahlalters.

Letzter Satz: Liebe CDU- und liebe FDP-Fraktion, wenn Sie sich dann am Ende schon auf Partei- oder Fraktionsebene nicht verständigen können, den Anträgen zuzustimmen, dann darf ich Sie schon jetzt bitten, nach der zweiten Lesung, die wir dann haben werden, zumin- dest die Abstimmung freizugeben und Ihre Kollegen eigenständig entscheiden zu lassen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

 
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Digitale Verkehrswende in NRW durch den Kauf von 100.000 Fahrerlosen Fahrzeugen für den öffentlichen Nahverkehr einleiten https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/digitale-verkehrswende-in-nrw-durch-den-kauf-von-100-000-fahrerlosen-fahrzeugen-fuer-den-oeffentlichen-nahverkehr-einleiten/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/digitale-verkehrswende-in-nrw-durch-den-kauf-von-100-000-fahrerlosen-fahrzeugen-fuer-den-oeffentlichen-nahverkehr-einleiten/#respond Thu, 29 Sep 2016 11:41:51 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451289 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Für die Transport- und Mobilitätsbranche stellt das fahrerlose Auto einen gravierenden Impuls für neue, erfolgreiche Geschäftsmodelle dar. Digitale Wettbewerber wie Uber und Anbieter von Car-Sharing-Modellen testen bereits lange neue Angebotsformen und entwickeln diese ständig weiter. Auch die Autohersteller wandeln sich immer stärker zu modernen Mobilitätsdienstleistern. In Deutschland und auf lokaler Ebene in NRW wurden digitale Innovationen allerdings bislang häufig gesetzgeberisch ausgebremst. Die Monopolkommission hat sich nun gegen „Pauschalverbote“ für die Marktteilnehmer der „Sharing Economy“ ausgesprochen und befürwortet stattdessen einen „angemessenen Ordnungsrahmen …, der die Vorteile der neuen Technologien entsprechend berücksichtigt“, wie der Vorsitzende der Kommission, Achim Wambach[1]  nach der Vorstellung des 21. Hauptgutachtens der Monopolkommission[2]  ausführte.

Aufgrund des technischen Wandels und einer bewussten Stärkung des Wettbewerbsprinzips erhalten Bus und Bahn neue Konkurrenz. Dies wird jedoch verheerende und disruptive Folgen für die Öffentlichen Nahverkehre haben, wenn die Entscheidungsträger in den Zweckverbänden, Verkehrsverbünden und Verkehrsbetrieben Nordrhein-Westfalens den digitalen Wandel nicht selbst aktiv für eine Angebotsverbesserung und zum Vorteil der Pendelnden nutzen.

Die zukünftige Basistechnologie ist insbesondere das selbststeuernde und fahrerlose Auto. Die eingesetzte Technik ist aus Nutzendensicht höchst attraktiv: Den Fahrenden bzw. Fahrgästen wird eine neue vollautomatische Dienstleistung aus Transportmittel und Smartphone angeboten. Fahrerlose Fahrzeuge sind als neue Technologie absehbar einsetzbar. Bereits jetzt gibt es auch in NRW bzw. Deutschland fahrerlose Systeme wie die H-Bahn in Dortmund, den Skytrain in Düsseldorf oder die U-Bahn in Nürnberg. In Europa und weltweit laufen vielerorts bereits Modellprojekte im normalen / regulären Straßenverkehr.

Im Mittelpunkt aller zukünftigen Szenarien einer Verkehrspolitik, die den großen politischen Zielen folgt, steht der Öffentliche Nahverkehr. Er ist außerdem der natürliche Ausgangspunkt, fahrerlose Fahrzeuge zu entwickeln, zu erproben und zu etablieren.

Im Straßenverkehr werden fahrerlose Fahrzeuge zunächst nur auf bestimmten Strecken und dafür ausgewählten Straßen fahren dürfen und können. Buslinien eignen sich für diese Aufgabe am besten. Hier fahren die demnächst fahrerlosen Busse stets die gleiche Route und können somit die Vorteile des fahrerlosen Fahrens in der Einführungsphase der Technologien voll ausnutzen. Das anfängliche Begleiten der Fahrzeuge durch Busfahrende, die im Notfall – z.B. beim Umfahren einer Baustelle oder Sondersituationen – eingreifen können, ermöglicht auch einen stärkeren Service für die Fahrgäste, was den Öffentlichen Nahverkehr insgesamt attraktiver macht.

Im Folgenden können dann fahrerlose Busse und kleinere Fahrzeuge auch auf wenig frequentierten Linien und als Zubringer im ländlichen Raum eingesetzt werden und für eine wesentlich höhere Auslastung des Öffentlichen Nahverkehrs sowie deutlich attraktivere und bequemere Pendlerverkehre sorgen.

Der Öffentliche Nahverkehr ist heute als gemeinschaftliche und solidarische Einrichtung organisiert. Dies soll so bleiben. Mit der Integration von fahrerlosen Fahrzeugen in das Angebot der Verkehrsbetriebe jenseits eines bislang relativ starren Massentransportsystems kann die Kundenzufriedenheit nochmals erhöht werden. Die Landesregierung muss daher zusätzliche Finanzmittel für die Modernisierung der ÖPNV-Flotte bereitzustellen und die Chancen der Digitalisierung für eine moderne Verkehrswende nutzen.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die Chancen und Risiken des Autonomen Fahrens sind im Landtag NRW bereits umfassend thematisiert worden (Drucksache 16/8111). Die entsprechenden Vorlagen (Antrag und Anhörung) dienen als Grundlage dieses Antrags.
  1. Die Landesregierung hat im Jahr 2015 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, deren Zwischenergebnisse sowohl als Bericht als auch als Präsentation dem Verkehrsausschuss als Vorbereitung auf eine Anhörung mit Vertretern der ÖPNV-Branche präsentiert werden sollen.
  1. Flankierend müssen notwendige rechtliche Änderungen in NRW, im Bund und in der EU identifiziert werden. Diese gilt es unter Einbezug aller Akteure durchzuführen. Auch weitere bestehende Umsetzungshemmnisse müssen beseitigt werden.
  1. Gleichzeitig ist die Ausarbeitung eines Konzepts für den Datenschutz und die Datensouveränität der Mobilitätsteilnehmer wichtig. Diese Ausarbeitung muss in den Mittelpunkt rücken, um einen möglichen Missbrauch wie die Erstellung von Bewegungsprofilen technisch weitestgehend und rechtlich vollständig auszuschließen.
  1. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für den Aufbau einer fahrerlosen ÖPNV-Flotte. Jetzt muss der Vorlauf für Ausschreibungen und Verkehrsplanungen beginnen, damit erst gar keine Wettbewerbsnachteile und Umsatzeinbußen der Nahverkehrsbranche entstehen. Die entsprechenden Konzepte können derzeit noch in die meisten neu aufgestellten Nahverkehrspläne in NRW einfließen.

III.        Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. mit dem Aufbau einer fahrerlosen Flotte mit mindestens 100.000 Fahrzeugen sofort zu beginnen und ein umfangreiches Förder- und Initiierungsprogramm aufzustellen, das umgehend zu entsprechenden Ausschreibungen führt. Das Förderprogramm soll fahrerlose Kleinfahrzeuge, fahrerlose Busse und auch Bahnen betreffen.
  1. dafür zusätzliche Mittel bereitzustellen, damit Zweckverbände bzw. Verkehrsbetriebe mit fahrerlosen Fahrzeugen ihr Angebot qualitativ und quantitativ ausweiten und gezielt verbessern können, um also das Bus-und-Bahn-Angebot keinesfalls auf ausgelasteten Strecken zu ersetzen, sondern eine Flächendeckende Mobilität mit guter Erreichbarkeit zu gewährleisten.
  2. umgehend mit Pilotprojekten zu beginnen und fahrerlose Prototypen bei Verkehrsunternehmen und im Sonderbetrieb zu testen. Die Pilotprojekte sollen vorwiegend dabei helfen, die Akzeptanz fahrerloser Systeme zu steigern und den Produktiveinsatz zu optimieren.

[1] http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wettbewerbsrecht-monopolkommission-gegen-pauschalverbot-von-uber-airbnb-und-co/14572348.html

[2] http://www.monopolkommission.de/images/HG21/HGXXI_Gesamt.pdf

 

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/digitale-verkehrswende-in-nrw-durch-den-kauf-von-100-000-fahrerlosen-fahrzeugen-fuer-den-oeffentlichen-nahverkehr-einleiten/feed/ 0
Jetzt Rechtssicherheit für offene WLAN-Netze herstellen – Störerhaftung abschaffen und Login-Pflicht verhindern https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/jetzt-rechtssicherheit-fuer-offene-wlan-netze-herstellen-stoererhaftung-abschaffen-und-login-pflicht-verhindern/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/jetzt-rechtssicherheit-fuer-offene-wlan-netze-herstellen-stoererhaftung-abschaffen-und-login-pflicht-verhindern/#respond Thu, 29 Sep 2016 11:35:32 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451287 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Der Unterlassungsanspruch gegen Betreiber offener WLAN-Netze, den Urheberrechteinhaber im Falle von Urheberrechtsverletzungen Dritter haben, die sogenannte Störerhaftung, wurde durch die Reform des Telemediengesetzes im Juni 2016 nicht beseitigt.

Auch das EuGH-Urteil in der Rechtssache C‑484/14 vom 15. September 2016 lässt offen, dass Rechteinhaber eine gerichtliche Anordnung gegen WLAN-Betreiber beantragen können, die sich auf den Unterlassungsanspruch stützt. Darüber besteht nach dem EuGH Urteil große Rechtsunsicherheit für Anbieter offener WLAN Hotspots. Wenn Rechteinhaber Anordnungen erwirken können, den offenen Zugang zum Internet über WLAN mit verpflichtendem Login und Passwort zu schließen, wäre dies auch das Aus für die Freifunk-Idee.

Ob das derzeitige Providerprivileg und die Praxis bei vielen Freifunk-Vereinen, den Datenverkehr über ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) zu einem deutschen Server zu übermitteln, in Zukunft noch ausreichen wird, WLAN-Netze rechtssicher offen anzubieten, ist durch das Urteil unklar geworden. Nach der EuGH-Entscheidung besteht die Gefahr, dass auch Freifunk-Vereine Anordnungen erhalten, ihre Netze mit Zugangskontrollen auszustatten. Das wäre das exakte Gegenteil der Freifunk-Idee und der Betrieb eines echten Freifunknetzes wäre nicht mehr möglich. Dieses richtet sich ausdrücklich an jedermann im Netzbereich, ohne dass die Identität eines jeden Nutzers bekannt ist. Gerade durch den Verzicht auf Verschlüsselung oder Zutrittskontrolle steht ein solches Netz jedem Menschen im Einzugsbereich zur Verfügung, auch Passanten und Besuchern. Es ist schlichtweg nicht möglich, jeden im Einzugsbereich eines Freifunknetzes zu registrieren und zu identifizieren. Der „digitale Schluck Wasser“, den man seinen Nachbarn und Passanten seines Hauses anbieten möchte, wird dadurch faktisch ausgeschlossen.

Es wäre ein fatales Signal für den Standort Deutschland: In nahezu allen Ländern Europas ist ein freier WLAN-Zugang an allen Orten eine Selbstverständlichkeit. Überall in den Städten und öffentlichen Verkehrsmitteln kann man sich frei bewegen und findet an vielen Orten freie Netzwerkzugänge ohne Registrierung und Namenspflicht. Login- und Passwortpflicht schließen vom digitalen Fortschritt, Partizipation und Teilhabe im Netz aus. Die Breitbandstrategie von Bund und Ländern wird konterkariert. Breitbandzugang, der laut Bundesgerichtshof Teil der materiellen Lebensgrundlage der Menschen ist, wird verkompliziert und verwehrt.

Auch ein verschlüsseltes WLAN mit Zutrittskontrolle per Login und Passwort wäre nicht sicher darstellbar. Wie Passanten eines WLANs in zumutbarer Weise identifiziert werden sollen, ist völlig unklar und wird auch wieder Gegenstand von juristischer Klärung sein müssen. Die Erfassung und Speicherung von Nutzern stellt ihrerseits ein Datenschutzrisiko dar. Durch die Identifikation und Vorratsdatenspeicherung innerhalb der WLANs wird die Anfertigung von Bewegungsprofilen ermöglicht. Eine solche Speicherung auf Ebene der Netzwerke ist mit dem Gebot der Datensparsamkeit unvereinbar.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Der unbeschränkte Zugang zu freien, offenen Netzen an möglichst vielen Orten ist Voraussetzung eines erfolgreichen Wandels zur Informationsgesellschaft. So wird das Grundrecht auf breitbandigen Internetzugang unterstützt, welcher zur materiellen Daseinsvorsorge aller Menschen gehört.
  2. Betreiber offener Netzzugänge müssen dem Providerprivileg unterliegen, ganz gleich ob der Zugang per WLAN oder kabelgebunden erfolgt, ganz gleich ob der Zugang aus kommerziellen oder nicht geschäftsmäßigen Gründen zur Verfügung steht.
  3. Die vorgesehenen Kontroll-, Identifikations-, Belehrungs- und Aufzeichnungspflichten stellen Betreiber vor neue Haftungsrisiken und ungeklärte technische und rechtliche Probleme, ohne dass sie zu zusätzlicher Sicherheit vor Rechtsverletzungen führen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf,

  1. auf allen politischen Ebenen darauf hinzuwirken, die Haftungsprivilegierung auf Unterlassungsansprüche auszuweiten, so dass WLAN-Anbieter endgültig rechtssicher vor Abmahnungen geschützt werden.
  2. auf allen politischen Ebenen darauf hinzuwirken, dass natürliche und juristische Personen, die Ihren Internetzugang Freifunk-Initiativen zur Verfügung stellen, weiterhin zu ermöglichen, ein offenes WLAN-Netz ohne Zugangsbeschränkung, Identitätsfeststellung und Login-Pflicht anzubieten.

Mitschnitt der kompletten Debatte im Plenum:


Protokoll der Rede von Lukas Lamla:

Lukas Lamla (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier und auch zu Hause am Stream! Das Land NRW unterstützt offenes freies WLAN, insbesondere die Freifunkinitiativen. Und das ist gut so.

(Beifall von den PIRATEN)

–Ja, da kann man ruhig klatschen.

– Auch die EU-Kommission will freies und offenes WLAN. Auch das ist ganz gut so. Was aber nicht ganz so gut ist, ist die Tatsache, dass es weiterhin keine Rechtssicherheit für Anbieter von offenen WLANs gibt, die den Zugang zum Internet ermöglichen. Rechtsicherheit, so scheint es, gibt es nur für Abmahnanwälte und die Rechte-Inhaberlobby – und das nach der vergeigten Änderung des Tele mediengesetzes im Juni 2016 und nach dem Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofs. Der EuGH hat vor drei Wochen zwar grundsätzlich geurteilt, dass Gewerbetreibende, die offene WLAN-Hotspots in ihren Geschäften anbieten, nicht für die Inhalte verantwortl ich gemacht werden können, die ihre Kundschaft oder die Passanten herunter- oder hochladen.

Aber nun soll man möglicherweise durch eine Anordnung dazu gezwungen werden, das offene WLAN durch ein geschlossenes mit Login- oder Passwortpflicht zu ersetzen. Offensichtlich haben die europäischen Richter und auch die Gesetzgeber auf europäischer Ebene und im Bundestag nicht erkannt, dass sie damit den offenen und freien Zugang zu einer elementaren Infrastruktur für alle verschließen. Diese mögliche Anordnung zeugt vor allem von einem: von mangelndem technischen Sachverstand am Europäischen Gerichtshof. Und das ist sehr schade. Die verantwortlichen Gesetzgeber haben offensichtlich leider immer noch nicht erkannt, dass ein offener Zugang zum Netz genauso wichtig ist wie der offene Zugang zu öffentlichen Straßen oder Plätzen. Ich bediene mich an dieser Stelle einmal der eigentlich unsäglichen Begrifflichkeit der sogenannten digitalen Autobahn. Schon einmal gehört? – Ja, furchtbar.

(Heiterkeit von den PIRATEN)

Wir halten fest: Man findet sich damit ab, dass wir in einem Staat leben, in dem alle Datenautobahnen privatisiert sind. Man findet sich auch damit ab, dass wir in einem Land leben, in dem alle Datenlandstraßen einer Handvoll von Großkonzernen gehören. Und man findet sich damit ab, dass wir in Kommunen leben, in denen fast alle kommunalen Datenwege in privater Hand sind.

Und denen, die vor ihrer Haustür ein bisschen digitalen Schotter verbreiten, damit die Gäste nicht im signallosen Raum versinken, signalisiert der Gesetzgeber nicht nur Unverständnis und Untätigkeit; nein, den gastfreundlichen, hilfsbereiten Datensamaritern, die offene WLANs betreiben, droht jetzt auch noch von übergeordneter Stelle die Pflicht, Schranken aufzustellen. Schranken überall, digitale Wege in Fürstenhand: Herzlich willkommen im digitalen Feudalismus, meine Damen und Herren.

Beim Betreten quasi dieser digitalen Pfade soll erst einmal überall kontrolliert werden: Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle. Die Identität der Nutzenden wird zum digitalen Wegezoll. Aber was erhofft man sich davon? Dass weniger geklaut wird? Dass weniger geschmuggelt wird? Nein! Das hat auch früher nicht funktioniert. Überalterte Strategien helfen da nicht weiter. Was wird passieren? Es kommen einfach weniger Menschen. Es kommen weniger durch.

Will man Zugang aufbauen, muss man Barrieren abbauen. So einfach ist das. Die Schranken vor Autobahnbrücken – man kennt das vielleicht in NRW – führen genauso dazu, dass neben den unerwünschten Lkw auch Pkw stecken bleiben. Ich will nicht in einem Bundesland leben, in dem Herr Groschek bald feierlich digitale Freifunkschranken eröffnen muss, weil die Bundesregierung wieder gepennt hat. Das will ich einfach nicht. Eingangskontrollen für das Internet bedeuten weniger Nutzer. Überall surfen geht dann nur für die jenigen, die sich einen teuren Datentarif leisten können, und die digitale Kluft zwischen Menschen wird immer größer.

Wovor haben wir an dieser Stelle eigentlich Angst? Wovor haben wir überhaupt Angst? Wieso diese ganze Kontrolle? Wieso diese ganzen Zwänge? Wie viele der Millionen internationalen Gäste in diesem Bundesland werden wohl auf ihren Smartphones unrechtmäßig kopierte Inhalte zum Download anbieten, wenn sie zum Beispiel Düsseldorf besuchen? Wie viele davon? Es ist wahrscheinlicher, dass diese Gäste vielleicht ein mal am Obststand illegal an einer Erdbeere oder einer Traube naschen, als dass sieirgendwelche Lieder zum Download anbieten.

Wollen wir deswegen Marktplätze mit Zugangskontrollen ausstatten? Wollen wir das, nur weil dort jemand etwas Illegales tun könnte? Nein, ich denke nicht. Stellen Sie sich einmal Ausweiskontrollen am Carlsplatz, kaum 1 km von hier entfernt, vor. Wäre das sinnvoll? Da würden die ganzen Marktbetreiber aber ordentlich auf die Barrikaden gehen. Das geht nicht. Aber genau das tun wir im digitalen Raum.

Meine Damen und Herren, alle, die offene Zugänge zum Netz einschränken wollen, müssen endlich verstehen, dass es sich um eine grundlegende und in Zukunft immer wichtiger werdende Infrastruktur handelt. Wir brauchen offene Netze für eine offene Gesellschaft – Punkt.

An dieser Stelle freue ich mich auf die Debatte zu unserem Antrag in den Fachausschüssen. Ich würde mir wünschen, dass wir auch aus NRW wieder ein starkes Signal in Richtung Bund und Europa aussenden würden.

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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G9 für Nordrhein-Westfalen jetzt! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/g9-fuer-nordrhein-westfalen-jetzt/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/g9-fuer-nordrhein-westfalen-jetzt/#respond Thu, 29 Sep 2016 11:29:54 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451285 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Die Schulzeitverkürzung am Gymnasium ist auch in Nordrhein-Westfalen gescheitert. Sie wurde ohne fundierte wissenschaftliche Basis angestoßen und in Form des gegenwärtigen G8 schlecht umgesetzt. Deshalb erfährt sie bei Schülerinnen und Schüler, bei Eltern und Lehrerinnen und Lehrern keinen Rückhalt.

Die Wiedervereinigung hat den Bestrebungen zur Schulzeitverkürzung in den westdeutschen Bundesländern Auftrieb gegeben. Die damalige Situation in den neuen Bundeslän­dern war durch einen 12-jährigen Bildungsgang zum Abitur geprägt, während in allen westdeutschen Bundesländern der 13-jährige Bildungsgang die Regel war. Im Sinne einer Vereinheitlichung wurde in der Folge die Schulzeitverkürzung in den westdeutschen Ländern angestrebt. Eine vollstän­dige Vereinheitlichung wurde jedoch nie erreicht, da Rheinland-Pfalz das G8 bis heute nicht zur Regel gemacht hat.

Heute ist die Lage durch die unterschiedlichen Beschlusslagen zur Rückkehr zu G9 in Hessen und Niedersachsen uneinheitlicher denn je. Keines der Nachbarländer Nordrhein-Westfalens hat heute noch ein G8 als Regelfall.

Für eine Schulzeitverkürzung wurde bereits seit den 1980er Jahren geworben. Dabei haben die Befürworter vor allem mit der Notwendigkeit eines früheren Eintritts in einen Beruf und somit der Verlängerung der Lebensarbeitszeit argumentiert. Das relativ hohe Alter der deutschen Hochschulabsolventen im europäischen Vergleich sahen die Befürworter einer Schulzeitverkürzung als ein Wettbewerbsnachteil der deutschen Akademiker im europäi­schen Binnenmarkt an. Die längere Ausbildungszeit wurde auch als ein Hindernis dafür er­achtet, dass junge Menschen früh die Chance erhalten, ihr Leben selbst zu gestalten und in Beruf und Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen (vgl. „Modellversuche: Konzentration und Straffung der Schulzeit an Gymnasien auf 8 Jahre“, Antrag der CDU-Fraktion, Drs. 11/873; „Schulzeit auf 12 Jahre straffen – Ausbildungsqualität sichern“, Antrag der Fraktionen CDU und FDP, Drs. 11/5224). Dies zeigt, dass die Schulzeitverkürzung auch seitens ihrer Befürworter nicht als eine Maßnahme zur Verbesserung der schulischen Bildung an den Gymnasien betrachtet wurde. Vielmehr sollte sie einer Anpassung des Bildungsgangs an vermeintliche Erfordernisse der Ökonomie und des Wettbewerbs im europäischen Binnen­markt dienen. Doch heute ermöglichen auch die Einführung der Bachelor-Studiengänge so­wie bei jungen Männern die Abschaffung der Wehrpflicht einen früheren Eintritt der Hoch­schulabsolventen ins Erwerbsleben.

Bereits in der Anhörung zum Antrag der CDU-Fraktion „Modellversuche: Konzentration und Straffung der Schulzeit an Gymnasien auf 8 Jahre“ am 25. September 1991 wurden viele Argumente gegen eine Schulzeitverkürzung vorgebracht. Als erwartbare Folgen einer Schul­zeitverkürzung haben Sachverständige auf Qualitätseinbußen, Überforderung der Schülerin­nen und Schüler durch die Verdichtung der Unterrichtsinhalte sowie stärkere Selektion und ein weniger durchlässiges Bildungssystem hingewiesen. Zudem wurde dargelegt, dass es im Rahmen eines verkürzten Bildungsgangs kaum noch möglich sei, eine bessere oder ver­stärkte Vermittlung neuer Inhalte zu organisieren.

Bei der Einführung des sogenannten Turbo-Abiturs mit dem Zweiten Schulrechtsänderungsgesetz im Jahr 2006 wurden ein Modell der Schulzeitverkürzung in Kraft gesetzt, das die Gymnasien von an­deren weiterführenden Schulformen abgekoppelt und so eine Wechsel zwischen den Schul­formen erschwert. Auch wurde es versäumt, Maßnahmen zur Verschlankung der Lehrpläne zu ergreifen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde entsprechend deutliche Kritik am Turbo-Abitur geübt, die seitdem nicht ausgeräumt werden konnte. Auch die Maßnahmen der Landesregierung seit 2010, wie der Schulversuch „Abitur an Gymnasien nach 12 oder 13 Jahren“ und die Um­setzung der Empfehlungen zur verbindlichen Weiterentwicklung von G8 des Runden Tischs, konnten keine ausreichende Akzeptanz für das Turbo-Abitur herstellen. Am Schulversuch nehmen zu wenige Gymnasien teil, um in der Fläche wirksam zu werden. Die Empfehlungen des Runden Tischs konnten die Verdichtung und Verkürzung in der Sekundarstufe I auf fünf Schuljahre nicht aufheben. Dies kann nur mit einer Rücknahme der Schulzeitverkürzung er­reicht werden, bei der ein neunjähriger Bildungsgang am Gymnasium die Regel bildet.

II. Der Landtag stellt fest

Die Rückkehr zum G9 ist die geeignete Maßnahme, um den Schülerinnen und Schülern der meistbesuchten Schulform mehr Zeit zur Persönlichkeitsentwicklung zu gewähren. Ein neunjähriger Bildungsgang am Gymnasium wird von der überwiegenden Mehrheit der Betroffenen favorisiert. Das G9 bietet die beste Möglichkeit zur zeitlichen Entlastung für alle Schülerinnen und Schüler am Gymnasium sowie für eine individuell kürzere oder längere Schulzeit.

III. Der Landtag beschließt,

  • gemeinsam mit der Landesregierung die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den neunjährigen Bildungsgang am Gymnasium zum Schuljahr 2017/18 wieder zur Regel zu machen.
    • Dabei sollen insbesondere bei der Gestaltung der Sekundarstufe II alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um individuell ein kürzere oder längere Schulzeit zu ermögli­chen.
    • Den Schülerinnen und Schülern der laufenden Jahrgänge fünf bis sieben soll dabei der Übertritt in einen neunjährigen Bildungsgang ermöglicht werden.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Monika Pieper:

Monika Pieper (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich einen Satz vorwegschicken. Heute ist Weltlehrertag. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kol- legen bedanken, die sich Tag für Tag für die Kinder und Jugendlichen in diesem Land engagieren – und das nicht immer unter ein fachen Bedingungen.

(Beifall von allen Fraktionen)

Ich stelle fest: G8 ist in NRW gescheitert. Es fehlt an Akzeptanz – bei Eltern, Schülern, Kolleginnen und Kollegen. Wir haben schon zu Beginn des ersten runden Tisches ein Ausstiegsszenario gefordert, falls die Verhandlungen beim runden Tisch scheitern. Da war die Empörung in diesem Haus riesengroß: Wie können wir es wagen, zu sagen: „Lasst uns überlegen, was passiert, wenn es nicht klappt“? Heute stellen wir fest: Hätte man damals auf uns gehört, könnten wir heute auf einem ganz anderen Niveau debattieren und uns gemeinsam überlegen, wie wir aus dem Mist wieder rauskommen, um es mal ganz deutlich zu sagen. Es ist doch wie im wahren Leben. Am runden Tisch war man sich einig, dass die Einführung des G8 ein Fehler war. Ich kenne es nur so: Wenn ich zu Hause einen Fehler mache und ich erkenne ihn, dann sehe ich zu, dass dieser Fehler revidiert wird. Ich beschreite einen neuen Weg und versuche, das Ganze besser hinzukriegen.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Sie sind doch immer noch bei den Piraten!)

Da braucht es auch keinen neuen runden Tisch. Wenn man Schule vom Kind aus denkt, dann landet man mit Blick auf das Gymnasium zwangsläufig bei G9; denn nur ein G9 mit einer sechsjährigen Sekundarstufe I erreicht die von Schülern und Eltern gewünschte Entzerrung und bietet die notwendige Zeit für eine persönliche Entfaltung und gute Entwicklung innerhalb der Schullaufbahn. Nur ein G9 mit einer echten sechsjährigen Sekundarstufe I steht für die Abkopplung des Gymnasiums von den anderen Schulformen. Darüber haben wir lang und breit diskutiert. Bei einer Flexibilisierung der Schullaufbahn muss man von einer sechsjährigen Sekundarstufe I als Normalfall ausgehen; anderenfalls sind Brückenjahre und Orientierungsjahre nur schöne Namen für die Wiederholung einer Klasse, und sonst gar nichts.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Entscheidung über die Gestaltung der Schullaufbahn darf nicht allein bei den Gymnasien liegen; vielmehr wollen alle Schulen diese Auseinandersetzung. Frau Gebauer, wir waren ja bei der gleichen Veranstaltung. Da haben die Lehrer und auch die Eltern gesagt: Nein, das möchten wir nicht; das trägt Ärger in die Schulen. In der Schulkonferenz ist es häufig so, dass letztlich der Schulleiter entscheidet, was getan wird. Das kann nicht die Lösung sein. Herr Lienenkämper – er ist jetzt leider gerade nicht im Raum –, sich hierhinzustellen und irgendwas von „Reife“ und „Wahlalter mit 16“ und „Geschäftsfähigkeit“ zu erzählen, dann aber Jugendliche mit 17 Jahren an eine Universität in einer fremden Stadt zu schicken – da rege ich mich jetzt wirklich auf! Wenn Sie auf der einen Seite Jugendlichen in diesem Alter zumuten, alleine zu leben und zurechtzukommen, dann aber auf der anderen Seite sagen, dass sie mit 16 nicht wählen dürfen – das muss mir hier mal jemand erklären. Das ist doch nicht nachvollziehbar!

(Beifall von den PIRATEN)

Warum das Ganze zum nächsten Schuljahr? Die grundlegenden Probleme der Schulzeitverkürzung am Gymnasium sowie die mangelnde Akzeptanz sind lange bekannt. Es bringt nichts, jetzt noch länger zu warten, bis man daran geht, die Fehler auszuräumen. Ich finde, wir sollten keine weiteren Jahrgänge in die verkürzte Schullaufbahn schicken. Frau Ministerpräsidentin hat heute Morgen hier erklärt: Wir machen Politik für die Menschen in NRW. Die Umfragen belegen: NRW will kein G8. Wenn wir die Menschen in diesem Land ernst nehmen und die Ministerpräsidentin beim Wort nehmen, dann sollten wir dafür sorgen, dass das G9 im nächsten Jahr wieder eingeführt wird.

(Beifall von den PIRATEN)

Kein einziges Bundesland, das an NRW grenzt, hat am G8 festgehalten. Erklären Sie mir: Warum sollen nicht auch die Schüler in NRW in den Genuss einer umfassenden Bildung kommen? Warum sollen die Schüler in NRW nicht die Zeit dafür bekommen, so wie es in anderen Bundesländern üblich ist? Im Vergleich zu einer Verkürzung ist die Verlängerung der Schulzeit relativ einfach zu organisieren. In anderen Ländern hat man es vorgemacht, daran kann man sich orientieren. Das Gleiche gilt für einige G9-Gymnasien und ihre Konzepte hier in Nordrhein-Westfalen.

Lassen Sie uns endlich gemeinsam dafür sorgen, dass dieses Thema zur Ruhe kommt. Schaffen wir ein Gesetz, das die Rückkehr zu G9 für das Schuljahr 2017/2018 ordentlich  regelt!

– Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

 

 

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Digitalisierung als Chance für mehr Demokratie in der Energiewende https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/digitalisierung-als-chance-fuer-mehr-demokratie-in-der-energiewende/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/digitalisierung-als-chance-fuer-mehr-demokratie-in-der-energiewende/#respond Thu, 29 Sep 2016 11:27:42 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451283 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Durch die fortschreitende Digitalisierung der Energiewende ist es möglich, dass eine große Anzahl kleiner Energieerzeugungsanlagen, wie ein großes flexibles Kraftwerk – ein Virtuelles Kraftwerk – agieren können. Sind diese Energieerzeugungsanlagen in Bürgerhand bietet sich die Chance einer Demokratisierung der Energiewende. Wenn diese Chance durch die Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen genutzt wird, hat jeder Bürger die Freiheit sich nach eigenem Ermessen an der Energiewende zu beteiligen – sei es als Prosumer, durch Beteiligung an Bürgerenergieprojekten oder auch weiterhin als reiner Verbraucher. Zusätzlich wird dadurch die Akzeptanz der Energiewende langfristig sichergestellt.

Als Prosumer werden Haushalte bezeichnet, die nicht mehr nur reine Verbraucher sind, sondern die auch Strom produzieren und diesen, sofern zum Zeitpunkt der Stromproduktion ein Bedarf besteht, selbst verbrauchen. Prosumer gewinnen zunehmend an Bedeutung. Gründe dafür sind der Wunsch nach einer gewissen Netzunabhängigkeit, einer erhöhten Versorgungssicherheit und ökologische Beweggründe. Derzeit werden überwiegend Photovoltaikanlagen und in geringerem Ausmaß KWK-Anlagen von Prosumern für den Eigenverbrauch genutzt, da aufgrund der Rahmenbedingungen der Eigenverbrauch mittlerweile lukrativer als die Einspeisung ins Netz ist.

Das Projekt „Prosumer-Haushalte“, welches vom BMBF gefördert und im Juni 2016 beendet wurde, zeigt, dass Prosumer in einem stark dezentralen Energiemarkt Beiträge zur sozial-ökologischen Transformation des Energiesystems leisten können. Eine zunehmende Zahl von Prosumer-Haushalten führt zu einem Rückgang der CO2-Emissionen und ist gleichzeitig mit leicht positiven gesamtwirtschaftlichen Effekten verbunden. Dies wird damit begründet, dass die Haushalte in zusätzliche Technologien investieren und sich das Prosumieren in der überwiegenden Zahl der Fälle auch einzelwirtschaftlich lohnt. Bezogen auf die gesamte Volkswirtschaft sind die Effekte eher klein, für die einzelnen Prosumer-Haushaltstypen kann das Prosumieren jedoch einen deutlichen positiven Ertrag bringen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Erreichens der Energie- und Klimaschutzziele können Prosumer-Haushalte einen Beitrag leisten. Dabei sollten Wohneigentümer und Mieter einbezogen werden, um die Wirkung von Prosumern deutlich zu vergrößern.

Bürgerenergieprojekte sind eine direkte Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger an Energieprojekten und tragen maßgeblich zur Akzeptanz der Energiewende sowie zur regionalen Wertschöpfung bei. Dazu gehört meist auch der regionale Energieverbrauch, ggf. auch von den beteiligten Bürgern. Es gibt im Wesentlichen drei Rechtsformen für Bürgerenergieprojekte: Die eingetragene Genossenschaft (eG), die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und die GmbH & Co. KG. Neben ökologischen Beweggründen wird die Beteiligung an Energieprojekten auch als Anlage- und Investitionsmöglichkeit genutzt. Mit einer Insolvenzrate von nahezu Null ist die eingetragene Genossenschaft seit vielen Jahren die mit Abstand sicherste und stabilste Rechtsform. Jedes Mitglied hat dabei unabhängig vom eingezahlten Kapital eine Stimme, wobei die Mindesteinlage meist im Bereich von wenigen hundert Euro liegt. Derzeit gibt es in Rheinland und Westfalen rund 100 Energiegenossenschaften mit mehr als 22.500 Mitgliedern.

Problemstellungen und mögliche Lösungen

Damit Bürgerenergie sowohl wirtschaftlich sein kann als auch systemdienlich in das Energiesystem integriert werden kann, müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Derzeit werden Bürger durch die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen immer mehr von der Energiewende ausgeschlossen. Während sich die Anzahl der Prosumer dennoch langsam vergrößert, kommt es bei den Bürgerenergieprojekten kaum noch zu Neugründungen. Statt der Demokratisierung der Energiewende besteht die Gefahr eines zentralistischen Ansatzes mit alten und neuen Oligopolen. Dabei sind besonders das Strommarktgesetz und das Erneuerbare-Energien-Gesetzes ausschlaggebend. EU-weit wird die Bürgerenergie im Rahmen der Pläne des für eine Energieunion angekündigten vierten Binnenmarktpaketes, der Beihilferichtlinien und der Überarbeitung der Erneuerbare-Energie-Richtlinie gefährdet. Anstatt, dass die Bürger die Digitalisierung der Energiewende als echte Beteiligungsmöglichkeit erfahren können, werden sie bei dem Zwangseinbau von Smartmetern zu reinen Verbrauchern und Datenquellen degradiert. Konsequenz daraus ist eine Gefährdung der Akzeptanz sowohl für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien als auch für die Digitalisierung der Energiewende insgesamt.

Außerdem besteht derzeit kein Anreiz für Bürger ihrer Energieerzeugungsanlagen netzdienlich auszuwählen und zu betreiben. Die maximale Netznutzungsleistung wird bei Haushalten, die auf Eigenversorgung ausgelegt sind, im Schnitt nur um drei Prozent reduziert.

Die meisten Haushalte verbrauchen vor allem morgens und abends viel Strom, während Photovoltaikanlagen den meisten Strom zur Mittagszeit erzeugen. Ohne technische Hilfsmittel gelingt es meist nur in 20-30 Prozent, den selbst erzeugten Photovoltaikstrom auch im Haushalt als Eigenverbrauch zu nutzen. Wird zusätzlich zur Photovoltaikanlage ein Speicher genutzt, kann der Strombezug aus dem Netz um 50-70 Prozent vermindert werden. Um netzdienlich in das Energiesystem integriert werden zu können, müssen Prosumer demnach weitere technische Hilfsmittel nutzen und dazu die notwendigen Anreize erhalten.

Erhöhung des Eigenverbrauchs durch technische Hilfsmittel

Um den Eigenverbrauch zu erhöhen, können Energieerzeugungsanlagen in Bürgerhand mit verschiedenen technischen Hilfsmitteln, z.B. Batterien, Power-To-Heat Optionen (Heizstab oder Wärmepumpe), oder auch Demand-Side-Management ausgestattet werden. Jede dieser Möglichkeiten hat eigene Vor- und Nachteile. So kann mit den Power-To-Heat Optionen bspw. ein hoher Eigenverbrauch erzielt werden, gleichzeitig steigt jedoch auch der gesamte Strombedarf.

Die Batterie bietet hierbei, abhängig von der Größe, die besten Möglichkeiten, ist jedoch für Bürger derzeit noch nicht wirtschaftlich darstellbar und stark von der Strompreisentwicklung abhängig. Dabei sind die Umweltentlastungen durch die Kombination von erneuerbaren Energien mit einer Batterie stark von den politischen Rahmenbedingungen abhängig und deutlich positiver, wenn Kohle- statt Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt werden.

Bei einem 20jährigen Betrieb einer Photovoltaikanlage wird die Netto-Klimaentlastung um weniger als zehn Prozent durch den Einsatz von Photovoltaikspeichern (Lithium-Ionen-Batterien) reduziert. Die weiteren Umweltbelastungen durch Photovoltaikspeicher lassen sich teilweise kompensieren, wenn dadurch bestimmte Systemdienstleistungen von konventionellen Kraftwerken übernommen werden.

Systemintegration durch Virtuelle Kraftwerke

Durch eine intelligente Steuerung von Energieverbrauch und –erzeugung kann Bürgerenergie die Netze entlasten und wichtige Netz- und Systemdienstleistungen erbringen (z.B. Abfangen maximaler Rückspeisungen, Verhinderung von Netzengpässen und die Stabilisierung des lokalen Versorgungssystems) Neben eher kleinteiligen Lösungen für den Prosumer-Haushaltsbereich, oder in Bezug auf einzelne Bürgerenergieprojekte, ermöglicht die Digitalisierung der Energiewende, dass sich viele Verbraucher und Erzeuger zu einem Verbund zusammenschließen. Dieser Verbund kann dann wie ein Kraftwerk – ein Virtuelles Kraftwerk – netzdienlich und flexibel im Energiesystem interagieren.

Virtuelle Kraftwerke werden per Definition (Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES)) nicht nur durch ein zentrales Energiemanagement gesteuert und überwacht, sondern haben auch eine gemeinsame Betriebsführungsstrategie. Werden Virtuelle Kraftwerke zusätzlich mit Speichern ausgestattet und Mobilitäts- und Wärmekonzepte einbezogen, können Schwankungen in Stromerzeugung und –verbrauch ausgeglichen werden.

Im Zusammenhang mit Virtuellen Kraftwerken gewinnen auch sogenannte Quartierspeicher an Bedeutung. Durch Quartierspeicher kann der Eigenverbrauch mehrerer Abnehmer optimiert werden und damit ein bedeutender Netzbeitrag geschaffen werden. Quartierspeicher konnten sich bisher in Deutschland nicht durchsetzen.

Anreize für netzdienliche Investitionen und netzdienlichen Betrieb

Eine Umfrage des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) von über 500 Haushalten hat eine generell sehr hohe Bereitschaft und Akzeptanz für systemdienliche Betriebsstrategien ermittelt. Anreize können sowohl durch eine entsprechende Gestaltung der Netzentgelte als auch durch entsprechende Förderung entstehen.

Die Netzentgelte sind derzeit im Strompreis enthalten. Dies führt dazu, dass Prosumer weniger Netzentgelt bezahlen, da sie dem Netz weniger Strom entnehmen aber dennoch den Netzausbau nicht entlasten, da sie in Zeiten ohne Selbstversorgung weiterhin ihren gesamten Stromverbrauch aus dem Netz beziehen können. Photovoltaikanlagen mit Speicher reduzieren beispielsweise den Strombezug aus dem Netz um bis zu 70 Prozent und sparen sich somit einen Großteil der Netzentgelte. Die Netzentgelte für alle anderen Verbraucher steigen damit an, um das notwendige Gesamtaufkommen aufzubringen. Dies benachteiligt diejenigen ohne Eigenversorgung. Um Anreize für netzdienliches Verhalten zu bieten, müssten Stromverbraucher also nicht nur gemäß ihres gesamten Stromverbrauchs Netzentgelte zahlen, sondern auch gemäß ihrer maximalen Entnahme und des Zeitpunktes der Stromentnahme. Eine Neuregelung des Netzentgeltes hin zu flexiblen Tarifen wird daher dringend benötigt und kann im Gegenzug netzdienliches Verhalten honorieren. Außerdem wird damit der Weg frei, um regionale Märkte für Systemdienstleistungen zu schaffen.

Eine derartige Neugestaltung der Netzentgelte im zukünftigen Strommarktdesign reizt allerdings nur solche Flexibilitätsoptionen an, die eine sehr kurze Amortisationszeit haben. Langfristige Lösungen mit hohen Anfangsinvestitionen, wie z.B. Speicher oder die Modulation komplexer Prozessketten, werden dadurch nicht abgedeckt. Fördermittel bieten hier den Vorteil, dass die hohen Anfangsinvestitionen für netzdienliche Hilfsmittel keine unüberwindbaren Hürden darstellen, Innovationen angereizt werden können und die Entwicklung insgesamt in gesamtgesellschaftlich erwünschte Bahnen gelenkt werden kann. Eine Prosumer-Revolution in Abwesenheit von unterstützenden politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen ist derzeit noch nicht zu erkennen. Dies bedeutet, dass sich die Entwicklung der Prosumerbewegung derzeit noch in die richtigen Bahnen lenken lässt, was ggf. bei Innovationen, wie dem günstigen Heimspeicher, nicht mehr der Fall sein könnte. Eine systemdienliche Auslegung der Anlagen und deren Betriebsweisen wären dann ggf. nicht mehr zu erwarten.

Bei Virtuellen Kraftwerken sind zudem die hohen Anschlusskosten bei kleinen Anlagen sowie der Aufbau der Kommunikationsinfrastruktur Hindernisse, die ohne Förderung nicht oder nur schwer bewältigt werden können. Für die Aufnahme neuer Anlagen in das Virtuelle Kraftwerk liegt die Grenze nach unten aktuell bei einer Leistung von ca. 100 Kilowatt. Damit steht das Virtuelle Kraftwerk kleinen Anlagen derzeit noch nicht offen. Zusätzlich ist die Flexibilisierung von Altanlagen mit weiteren Kosten verbunden.

In Baden-Württemberg wurden für das „Virtuelle Kraftwerk Neckar Alb“ Landesfördermittel in Höhe von 400.000 Euro für einen Zeitraum von drei Jahren zugesagt. Diese Landesfördermittel wurden im Rahmen eines bis zum Jahr 2019 befristeten Förderprogramms für Projekte zur Vernetzung von Energieerzeugern und Verbrauchern im Umfang von insgesamt zehn Millionen Euro vergeben. Ein vergleichbares Landesförderprogramm fehlt derzeit in NRW.

Weil im Bereich der Kommunikationstechnologie viele relevante Treiber in NRW angesiedelt sind, eignet sich der Standort NRW außerdem besonders, um ein Pilotprojekt für die Steuerung und Kommunikation von Virtuellen Kraftwerken zu entwickeln.

II. Der Landtag stellt fest

  • Die Demokratisierung des Energiesystems befindet sich an einem Scheideweg.
  • Die Digitalisierung der Energiewende ermöglicht es, Bürgerenergie systemdienlich in die Energiewende zu integrieren.
  • Bürgerenergie ist ein maßgeblicher Faktor für die Akzeptanz der Energiewende und die regionale Wertschöpfung.
  • Prosumer und Bürgerenergieprojekte leisten ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit, wenn Anreize für netzdienliches Verhalten geschaffen werden.
  • Neben kurzfristigen Anreizen für netzdienliches Verhalten durch eine entsprechende Regelung der Netzentgelte müssen auch Investitionen angereizt werden, die sich erst langfristig rentieren.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf,

  • die Demokratisierung des Energiesystems als Ziel anzuerkennen und auf allen Ebenen zu unterstützen.
  • sich für eine Reform der Netzentgeltregelung einzusetzen, die Anreize für die Errichtung und den Betrieb netzdienlicher Bürgerenergieanlagen bietet.
  • ein Förderprogramm für Projekte zur Vernetzung von Energieerzeugern und Verbrauchern sowie für systemdienliche Hilfstechniken (z.B. Speicher) zu starten.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der 1. Rede von Kai Schmalenbach:

Kai Schmalenbach (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Die Bürgerenergiewende steht an einem Scheideweg. In der neuen Novelle werden die falschen Parameter gesetzt, die dafür sorgen, dass die Energiewende für den Bürger uninteressanter wird. Der Fokus liegt klar darauf, die großen Player, die das Spiel in der ersten Halbzeit komplett verpennt haben, wieder ins Spiel zu bringen. Im Spiel um die Energiewende schlägt sich der Schiedsrichter Politik auf die Seite der Konzerne. Schauen Sie sich einmal in den Stadien an, welche Atmosphäre bei parteiischen Schiedsrichtern herrscht! So sieht es auch draußen aus.

Der Politik mag das augenscheinlich sogar Vorteile liefern. Für die SPD sind das zum Beispiel, wie als Zwischenruf einmal hier im Hause angemerkt, bessere Arbeitsplätze oder aber auch große Unternehmen, die am Leben erhalten werden, am Ende gar künstlich beatmet. Das halten wir für falsch. Wir würden die unvermeidliche Veränderung lieber planen und politisch begleiten. Wie wir bereits mehr als einmal angemerkt haben, wäre ein Braunkohleausstiegsgesetz ein adäquater Weg. Wir verspielen die Energiewende, wenn wir sie in die Hände der Industrie übergeben. Wir verpassen die einmalige Chance, das Netz zu demokratisieren. Wir verpassen die Chance, das Netz solidarisch zu gestalten, wenn wir an den für die Industrie notwendigen Strukturen festhalten. Der Bürger muss wie bisher fester Bestandteil der Energiewende sein. Nur so ist sie zu stemmen; denn nur so findet sie die notwendige Akzeptanz.

(Beifall von den PIRATEN)

Eine Energiewende, die gelingen soll, muss gerade das fördern, was aktuell von der Politik eher bekämpft wird, nämlich den Eigenverbrauch. Eine Energiewende, die gelingen soll, verzichtet auf große Teile des Übertragungsnetzes. Sie verzichtet auf die Sterntopologie und setzt auf ein vermachtes Netz. Eine Energiewende, die gelingen soll, ist dezentral. Eine Energiewende, die gelingen soll, ist solidarisch. Eine Energiewende, die gelingen soll, besteht aus vielen Selbstversorgern und systemdienlichen Einzelanlagen. In unserem Antrag orientieren wir uns an eben diesen Zielen und bitten daher um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

 Protokoll der 2. Rede von Kai Schmalenbach:

Kai Schmalenbach

(PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident.

– Minister Remmel sagte, man muss eine Vorstellung davon haben, wo es hingeht, und das gesamte System betrachten. Ja, Herr Minister Remmel, und genau das ist das Problem in dieser Diskussion. Wir betrachten das Netz von morgen tatsächlich nicht mehr als ein Netz in einer Sterntopologie, in der Großkraftwerke bis in die entferntesten Regionen kleine Abnehmer versorgen. Viel mehr betrachten wir das

Netz von morgen als ein vermaschtes Netzwerk, in dem sich überall in einzelnen Parzellen Verbraucher und Anbieter ungefähr die Waage halten und Parzellen drumherum aus helfen, wenn mehr Leistung gebraucht wird. Das heißt, wir betrachten das Netz von morgen ganz anders, als Sie das tun. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.

(Zuruf von Minister Johannes Remmel)

– Ob wir oder Sie falsch liegen, kann ich nicht sagen. Ich kann nur sagen, dass es so ist. Darauf aufbauend sagen Sie, volkswirtschaftlich seien dezentrale Speicher nicht sinnvoll. Ich hoffe, Sie meinen, dass sie aktuell zu teuer sind. Ansonsten kann ich meinen Plan tatsächlich nur realisieren, wenn die Speicher wirklich überall vorhanden sind, und nicht, wenn wieder irgendwo riesige, fette Investitionen von dicken Firmen erfolgen.

Herr Thiel sagte sinngemäß, er hätte noch viele Fragen. Ich finde es gut, wenn ich die SPD dazu bringe, sich Fragen zu stellen.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Präsident, die Redezeit stimmt aber nicht, oder?

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Doch, die stimmt.

Kai Schmalenbach (PIRATEN): Die Minute vom Minister?

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Das hat damit nichts zu tun. Reden Sie einfach weiter!

Kai Schmalenbach (PIRATEN): Okay. – Wir alle im Parlament wissen, die Anträge der Opposition sind sowieso nicht mehr als eine Diskussionsgrundlage. So stelle ich meine Anträge auch: als Diskussionsgrundlage für den Ausschuss. Wir bekommen ihn sowieso nicht durch. Wenn er euch gefällt, dann nehmt ihn, schreibt ihn um und reicht ihn selber ein. Denn ihr habt ja nicht die Eier in der Hose, um zu sagen: Da habt ihr etwas Gutes gemacht.

(Beifall von den PIRATEN–Zuruf von der CDU: Das geht so nicht!)

Zum Preis: Jetzt fängt die SPD tatsächlich an, uns vorzurechnen, dass die Energiewende teuer ist. Ich komme damit überhaupt nicht klar, Herr Thiel. Wir wissen doch alle, dass es ein gewollter Designfehler ist. Und jetzt machen Sie das Ding hintenrum wieder kaputt. Es ist so, wie alle Energiewendebefürworter es vermutet haben: Vonseiten der SPD wird jetzt wieder da draufgehauen. Das ist wirklich bitter.

(Beifall von den PIRATEN)

 
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Digitale Gefahrenabwehr – Sicherheitslücken entdecken und schließen https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/digitale-gefahrenabwehr-sicherheitsluecken-entdecken-und-schliessen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/digitale-gefahrenabwehr-sicherheitsluecken-entdecken-und-schliessen/#respond Thu, 29 Sep 2016 11:25:27 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451281 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Viele Unternehmen und auch öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser[1] oder jüngst nordrhein-westfälische Ministerien waren schon Opfer von Angriffen auf ihre Netzinfrastruktur. Kriminelle führen mit komplexen und höchstmodernen Mitteln Online-Erpressungen durch und demonstrieren, dass sie sogar Industriesteuerungen für Hochöfen[2] kontrollieren können.

Überhaupt ermöglicht werden Angriffe dadurch, das Softwaresysteme niemals fehlerfrei sind. IT-Systeme stürzen ab oder tun manchmal nicht das, was von ihnen erwartet wird. Viele dieser Fehler lassen sich dann dazu nutzen, ein System zu kompromittieren, um Schadsoftware einzuschleusen und zu installieren.

Da IT-Systeme heutzutage überall zu finden sind, in Autos, in Ampelsteuerungen, in Insulinpumpen, Hörgeräten, Herzschrittmachern, Industriesteuerungen, Mobiltelefonen und in Kritischen Infrastrukturen, kommt dem Schutz der Systeme eine besondere Bedeutung zu.

Digitale Einbrüche benötigen Fehler, benötigen Schwachstellen und digitale Hintertüren. Die Suche nach diesen Fehlern ist deshalb ein lukrativer Markt geworden. Gefundene Fehler, die einen unerwünschten Zugang zu einem IT-Systems öffnen, sog. Sicherheitslücken, können für viel Geld auf dem Schwarzmarkt an Kriminelle verkauft werden oder häufig gegen eine Belohnung an den Hersteller gemeldet werden. Nur wenn die Hersteller von den Sicherheitslücken erfahren, können sie die Lücken schließen und mit Updates ihre Kunden schützen.

Ohne eine Information und ohne ein Update des Herstellers sind die Systeme von Unternehmen, der Bevölkerung und der öffentlichen Hand nicht sicher und einer Gefahr ausgesetzt. Eine vorhandene Sicherheitslücke ist eine offene Hintertür, die innerhalb kürzester Zeit von Kriminellen ausgenutzt werden kann. Daher ist die Erstellung von Updates durch die Hersteller und eine Aktualisierung der Softwaresysteme durch die Nutzer extrem zeitkritisch.

Gleichzeitig erfahren und entdecken unterschiedliche Teile der Landesverwaltung, das Landes-CERT und Forscher an den nordrhein-westfälischen Universitäten von unterschiedlichen Sicherheitslücken diverser IT-Produkte. Dennoch ist die „Verbreitung bzw. Weiterleitung von Warnmeldungen zu Schwachstellen in Applikationen, Netzwerk-Diensten und Betriebssystemen“ bislang ausschließlich Aufgabe des Landes-CERT.

Die Veröffentlichung einer Sicherheitslücke, oft auch erst nach einer Benachrichtigung an den Hersteller, ist häufig der einzige Weg, viele Nutzer zu warnen und ihnen so die Gelegenheit zu geben, gefährdete Systeme abzusichern. Aus diesem Grund ist es in der Wirtschaft inzwischen weit verbreitet, dass Unternehmen sich Richtlinien zur verantwortungsbewussten Veröffentlichung von Sicherheitslücken geben und diese öffentlich  bekannt machen.

Um Onlinekriminalität vorzubeugen, ist ein Schutz der Systeme und ihrer Kommunikationswege unabdingbar. Interessenkonflikte, wie es diese bei dem CERT des Bundes gab, sollen mit diesem Antrag verhindert werden.

In der Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Kraft im Januar 2015 wollte sie höchste Sicherheit für elektronische Kommunikation erreichen:

„Anbieter von Telemediendiensten, insbesondere von sozialen Netzwerken, sollen verpflichtet werden, die Sicherheitseinstellungen auf der höchsten Sicherheitsstufe gemäß dem Stand der Technik voreinzustellen.“

Auch das Vorhaben der Landesregierung, 1000 Sicherheitsforscher nach Nordrhein-Westfalen zu locken, setzt voraus, dass moderne Sicherheitsprodukte aus Deutschland glaubwürdig bleiben. Hier hat Nordrhein-Westfalen die Chance sich international an die Spitze zu setzen und sich als Standort für Sichere IT zu etablieren, wenn es öffentlichkeitswirksam dafür wirbt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen es Unternehmen in NRW weiterhin erlauben, sichere und datenschutzfreundliche Produkte herzustellen. Während chinesische und amerikanische IT-Produkte mit Blick auf eingebaute staatliche Hintertüren und Spionagezugänge kritisch betrachtet werden, kann NRW hier einen Standortvorteil erzeugen, den es nutzen und ausbauen kann. Sichere Informationstechnik hat einen großen Markt und Datensicherheit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es gibt in Deutschland bislang kein Kryptographie-Verbot und keine Verpflichtung zum Einbau von Hintertüren. Das Land sollte sich daher auch auf allen Ebenen für den Erhalt dieser Rahmenbedingungen einsetzen, um den IT-Security-Standort Nordrhein-Westfalen weiter fördern und ausbauen zu können.

Vorschläge wie von Bundesinnenminister De Maiziere, Unternehmen zum Einbau von Schutzlücken in ihre Software zu verpflichten, verunsichern nordrhein-westfälische Unternehmen, Softwareentwickler und Investoren. Solchen Vorschläge sollte das Land NRW deutlich widersprechen und sich so als Standort für die Digitalwirtschaft weiter zu profilieren.

Auch vor dem Hintergrund, dass das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2008 das Grundrecht auf Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme formuliert hat, weil Nordrhein-Westfalen, mit Schadsoftware fremde IT-Systeme im Rahmen einer heimlichen „Onlinedurchsuchung“ kompromittieren wollte, ist es die Aufgabe der öffentlichen Stellen in Nordrhein-Westfalen, den Schutz unserer digitalen Infrastruktur und unserer gemeinsamen elektronischen Kommunikation sicherzustellen und zu verteidigen. Digitale Gefahrenabwehr bedeutet, dass das Land offen, transparent und zeitnah vor bekannten Gefahren waren muss.

Vorhaben aus Berlin oder Brüssel, Kommunikationsdienste unsicher zu gestalten und dort Hintertüren einzubauen, sind gefährlich. Neueste Vorschläge gehen sogar soweit, Hintertüren in kryptographischen Verfahren zu platzieren, um die Verschlüsselung insgesamt unbrauchbar zu machen.

Offene ‚Hintertüren‘ in Software können nicht nur von Strafverfolgungsbehörden etwa zur Durchführung einer Online-Durchsuchung genutzt werden, sondern auch von Kriminellen und fremden Staaten. Die in Rede stehenden Vorschläge dienen daher nicht der Sicherheit, sondern würden viele Unbeteiligte einer Gefahr aussetzen, die ohne diese Hintertüren nicht da wären. Wenn Kommunikationswege wie WhatsApp, Threema und andere künstlich unsicher gestaltet werden, dann schafft man eine Gefahr und leistet Beihilfe zum digitalen Einbruch.

II. Der Landtag stellt fest

  1. IT-Sicherheit ist ein gemeinsames Ziel der Öffentlichen Hand, der Bevölkerung und der Wirtschaft. Durch Austausch von Informationen über Sicherheitslücken wird die IT-Sicherheit gestärkt.
  2. Wenn dem Land Informationen und Kenntnisse über Sicherheitslücken vorliegen, muss es darüber informieren, damit sich die Bevölkerung schützen kann.
  3. Sichere Verschlüsselung ist in der heutigen Zeit der elektronischen Informationsübermittlung notwendige Grundlage für die Sicherstellung der grundgesetzlichen Rechte auf Brief- Post und Fernmeldegeheimnis sowie Achtung des Privatlebens und der Kommunikation.
  4. Sichere Verschlüsselung ist mit Forderung nach Schlüsselhinterlegung, Generalschlüsseln oder Hintertüren (Backdoors) nicht vereinbar.
  5. Das CERT des Landes hat die Aufgabe, Sicherheitslücken zu kommunizieren. Interessen von Sicherheitsbehörden an der Geheimhaltung von Sicherheitslücken dürfen nicht berücksichtigt werden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. sich auf allen Ebenen und in allen Gremien für sichere elektronische Kommunikation einzusetzen, ohne Lücken oder Hintertüren.
  2. noch in dieser Legislaturperiode für die öffentliche Hand in Nordrhein-Westfalen ein verbindliches Verfahren zu Veröffentlichung von Sicherheitslücken basierend auf den „Responsible disclosure“-Prinzipien einzuführen.

[1]https://www.welt.de/regionales/nrw/article153011989/Hacker-erpressen-Kommunen-und-Kliniken-mit-Viren.html

[2]http://www.spiegel.de/netzwelt/web/bsi-bericht-hacker-legten-deutschen-hochofen-lahm-a-1009191.html

Mitschnitt der kompletten Debatte im Plenum:

Protokoll der Rede von Frank Herrmann:

Frank Herrmann (PIRATEN): Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die Europäische Union hat den Oktober 2016 zum Cyber Security Month erklärt. Ich denke, unser Antrag passt ganz gut dazu.

Sie erinnern sich vielleicht an die Meldung vom Dienstag vergangener Woche, als bekannt wurde, dass es eine Hintertür, also einen unbekannten Zugang, in einem Netzwerk-Videoüberwachungssystem gibt, in einem System, das hauptsächlich in Hochsicherheitsumgebungen weltweit eingesetzt wird. Dieser der Öffentlichkeit unbekannte Zugang wurde von einem Geheimdienst genutzt, von der NSA. Dieser Geheimdienst hatte also weltweit

im wahrsten Sinne des Wortes Einblicke in vermeintlich gesicherte Räume, und das seit mindestens dem Jahr 2015. Dass dem BND dieser Zugang, diese Sicherheitslücke, auch seit 2015 wohl bekannt war, kommt noch erschwerend hinzu. Es wäre natürlich naiv, anzunehmen, dass dies die einzige Lücke in Netzwerk-Sicherheitssystemen ist. Genauso naiv wäre es, anzunehmen, dass dies die einzige Lücke ist, die der NSA oder dem BND bekannt ist.

Noch naiver wäre es, anzunehmen, dass derartige Lücken den Kriminellen dieser Welt und insbesondere der organisierten Kriminalität nicht bekannt sind. Damit komme ich zum Kern unseres Antrags. Angriffe aus dem Netz, sogenannte Hackerangriffe, aber auch staatlicher Cyberwar existiert nur, weil es Lücken, also Fehler in Software gibt. Wir möchten mit unserem Antrag öffentliche Stellen in Nordrhein-Westfalen verpflichten, entdeckte Softwarefehler umgehend den verantwortlichen Herstellern zur Fehlerbehebung zu melden und nach einer festgelegten Zeit zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist dabei der wichtige Punkt; denn nur wenn ich weiß, wo eine Lücke ist, kann ich sie auch schließen bzw. eine neue Softwareversion einspielen und damit das Netz und die Nutzung von Computern sicherer machen. Jede bekannte und geschlossene Lücke trägt zur Sicherheit weltweit bei.

Das Entdecken, Schließen und Veröffentlichen von Softwarefehlern ist für uns Piraten digitale Gefahrenabwehr. Leider wird aber seit längerer Zeit das Gegenteil praktiziert, leider auch und gerade von Behörden und ganzen Regierungen. Ich war gestern auf einem sehr interessanten Vortrag hier in der Akademie der Wissenschaften in Düsseldorf. Dort hat Professor Paar von der Ruhr-Uni Bochum über Sicherheit und Unsicherheit im Internet der Dinge referiert. Er hat dabei ein sehr interessantes Schaubild über den Anstieg der sogenannten Hacker-Angriffe im Internet gezeigt. Es war eine stetig anste igende Kurve von 2005 bis heute. Die These dazu: Kriminalität entwickelt sich da, wo es einen Markt gibt, wo es Möglichkeiten gibt. Dazu gehört auch, dass ab ca. 2004/2005 die Aktivitäten der Geheimdienste im Internet merkbar und wirksam wurden.

Nach 09/11 hat es eine Zeit gedauert, bis die Milliarden, die in den USA in die NSA und andere Geheimdienste gesteckt wurden, sich bemerkbar gemacht haben und auch über die Software Lücken im Internet ausgenutzt worden sind. Überwachung funktioniert übrigens auch nur über Lücken in Software. Jetzt muss man nur eins und eins zusammenzählen, um zu erkennen, dass Sicherheitslücken geheimzuhalten und zum eigenen Vorteil zu verwenden – als kriminelle Gruppe, als Scriptkiddie oder auch als Geheimdienst–, eben nicht funktioniert und zu Unsicherheit führt. Das ist wie mit Waffen. Die werden auch nicht nur von Guten verwendet, sondern die Bösen haben halt auch immer welche. Wir sollten den Markt, der auch gerade in Deutschland entsteht, zum

Beispiel durch das Hochrüsten der Bundeswehr zu einer Cyber-Armee, nicht fördern, sondern austrocknen. Deswegen dürfen Softwarefehler nicht geheim bleiben, sondern müssen, wenn sie entdeckt worden sind, geschlossen und bekanntgemacht werden. Das ist digitale Gefahrenabwehr. Hier sollte Nordrhein-Westfalen Vorbild werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Das ist der Gegenstand unseres Antrags. Darüber wollen wir mit Ihnen im Ausschuss weiter sprechen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

 

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Die Wohnsitzauflage: integrationshemmend, bevormundend und das Gegenteil von Empowerment. Die Landesregierung muss die Wohnsitzauflage für NRW sofort stoppen! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/die-wohnsitzauflage-integrationshemmend-bevormundend-und-das-gegenteil-von-empowerment-die-landesregierung-muss-die-wohnsitzauflage-fuer-nrw-sofort-stoppen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/die-wohnsitzauflage-integrationshemmend-bevormundend-und-das-gegenteil-von-empowerment-die-landesregierung-muss-die-wohnsitzauflage-fuer-nrw-sofort-stoppen/#respond Wed, 28 Sep 2016 11:11:59 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451271 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt:

Die Landesregierung NRW berät aktuell den „Entwurf einer Verordnung zur Regelung des Wohnsitzes für anerkannte Flüchtlinge und Inhaberinnen und Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz (Ausländer-Wohnsitzregelverordnung – AWoV)“ mit der Vorlage 16/4239. Nach der Verbändeanhörung soll am 25. Oktober 2016 ein Kabinettsbeschluss herbeigeführt werden, sodass die Verordnung schnellstmöglich in Kraft treten kann.

Die Diskussion um die Einführung der Wohnsitzauflage in Nordrhein-Westfalen startete bereits im Januar 2016. Mit dem Integrationsgesetz ist eine bundesweit gültige Wohnsitzauflage nun seit Anfang August in Kraft getreten. Sie ermöglicht es den Landesregierungen, Flüchtlingen für maximal drei Jahre einen Wohnort vorzuschreiben, sofern sie nicht anderswo Arbeit oder Ausbildung finden. Damit soll angeblich verhindert werden, dass durch den Zuzug in Großstädte Parallelgesellschaften und soziale Brennpunkte entstehen. Zudem argumentieren Befürworter, dass mit dem Instrument der Wohnsitzauflage eine weitere Verschärfung der akuten Wohnraumknappheit in bestimmten Regionen verhindert werden könne. Diese Argumentation verschleiert, dass die schlechte Wohnraumsituation in NRW nicht zuletzt durch politische Entscheidungen mitverursacht ist. Der Landesregierung stünden jedoch Instrumente zur Verfügung, dieser Situation entgegenzuwirken, die aus Mangel an politischem Willen nicht konsequent eingesetzt werden.

Die Annahme, ohne Wohnsitzauflage würden sich in Großstädten sogenannte „Ghettos“ bilden, suggeriert außerdem, dass sich Geflüchtete selbstbestimmt in eine Isolation begeben und lässt außer Acht, dass soziale Selektionskriterien ausschlaggebend für diese Ghettobildungen sind. Anstatt politische Entscheidungen an unbegründeten Unterstellungen auszurichten, sollte der Fokus der Integrationspolitik auf einer Stärkung des Selbstvertrauens der Neubürger liegen.

Empowerment Projekte bieten hier die Möglichkeit Geflüchtete in die Lage zu versetzen, ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu führen, sodass es keiner Bevormundung des Staates im Hinblick auf Wohnsitznahme oder Anstellung bedarf. Geflüchtete müssen befähigt werden anzukommen, sich zu vernetzen und selbstständig sowie unabhängig den für sie persönlich bestmöglichen Wohnraum und Arbeitsplatz zu finden. Die mit der Wohnsitzauflage einhergehenden Einschränkungen des Arbeits- und Wohnungsmarktes auf einen Bruchteil der in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze und Wohnungen ist dabei kontraproduktiv. Die Chancen auf einen passenden Wohnraum und einen erfüllten Arbeitsplatz werden effektiv verringert.

Dies ließe sich durchaus verhindern. In Niedersachen hat sich die Regierungskoalition aus SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dazu entschieden, keine Wohnsitzauflage einzuführen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anja Piel, bezeichnete die Wohnsitzauflage als Irrweg und Bürokratiemonster, das kein zielführendes Instrument sei.
Auch in Rheinland-Pfalz erteilte die Ampelkoalition aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP einer Wohnsitzauflage eine klare Absage. So sieht die Grüne Integrationsministerin Anne Spiegel keinen Bedarf für eine Wohnsitzauflage in Rheinland-Pfalz. Auch die FDP Abgeordnete, Cornelia Willius-Senzer, bestätigt, dass es keine Wanderung von Geflüchteten in sogenannte „Ghettos“ gibt, wenn der Staat seine Aufgabe ordentlich erfülle und die Menschen in den Arbeitsmarkt integriere.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Rot-Grün geführte Landesregierung in Nordrhein-Westfalen aufgefordert, von der weiteren Umsetzung der Wohnsitzauflage abzusehen und den richtigen und integrationsfördernden Entscheidungen in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz zu folgen. Denn wichtige demokratische Errungenschaften wie das Recht auf freie Wohnungswahl oder die Freizügigkeit müssen mit allen Mitteln – auch gegen Widerstände – verteidigt werden.

II. Der Landtag stellt fest:

1. Die Wohnsitzauflage ist eine Bevormundung seitens des Staates. Sie ist Ausdruck eines defizitorientierten Blickes auf Geflüchtete und das Gegenteil von Empowerment.

2. Geflüchtete müssen in die Lage versetzt werden, selbstbestimmt und unabhängig Entscheidungen zu treffen, um einen erfolgreichen Integrationsprozess zu durchlaufen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

1. die Verabschiedung der integrationshemmenden Ausländer-Wohnsitzregelverordnung (AWoV) sofort zu stoppen und klarzustellen, dass in NRW alle Geflüchteten ihren Wohnsitz selbstbestimmt und unabhängig wählen dürfen.

2. sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass die integrationshemmenden Teile des Integrationsgesetzes, z.B. die Wohnsitzauflage, zurückgenommen werden.

 

Weitere Quellen:

Die Welt: Nur zwei Länder schreiben Flüchtlingen den Wohnort vor

Die Zeit: Besser arbeiten, schneller scheitern

Mitschnitt der Rede von Simone Brand:

Mitschnitt der Rede von Torsten Sommer:

Mitschnitt der kompletten Debatte im Plenum:

Protokoll der Rede von Simone Brand:

Simone Brand (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! In der Aktuellen Stunde war viel von Daten und Fakten die Rede. Richtigerweise hat der Innenminister gesagt: Sicherheit ist ein Gefühl, das ist nicht so messbar. – Gleichwohl sollten wir uns im Landtag, wenn wir Anträge schreiben und Gesetze entwickeln, auf Daten und Fakten verlassen und nicht auf ein Gefühl. Eine Wohnsitzauflage widerspricht unseren demokratischen Ansprüchen und ist das Gegenteil von Integration.

(Beifall von den PIRATEN)

Dabei ist uns in unserem Land Integration doch so wichtig – auch in diesem Haus. Wir haben zum Integrationsplan inhaltlich wirklich gute Debattengeführt. Trotzdem müssen wir heute eine Debatte über die Einführung der Wohnsitzauflage führen, die inhaltlich und fachlich nicht zu begründen ist, sodass dies zu einer rein ideologischen Debatte wird; denn wenn kein stichhaltigen Gründe für die Einführung der Wohnsitzauflage vorhanden sind, bleibt allein die Ideologie übrig. Meine Damen und Herren, ich werde Ihnen anhand von zwei Argumenten zur Einführung der Wohnsitzauflage zeigen – ich habe eine ganze Menge mehr, aber dazu reicht leider heute die Zeit nicht –, dass Sie hier keine Sachpolitik betreiben, sondern eine innere Einstellung, ja ein Menschenbild adressieren.

Erstes Stichwort: Gettobildung. Wir reden hier nicht über Wanderungsbewegungen von einem Bundesland in ein anderes; denn dafür haben wir schon dieses Bundesgesetz. Kurz zu diesem Bundesgesetz – ich kann Ihnen zeigen, wohin das führt –: Eine Kollegin von mir betreut zwei Flüchtlinge in Bielefeld. Die haben in ihren Heimatländern auch schon studiert. In Osnabrück gibt es einen passgenauen Studiengang mit integrationsbegleitenden Maßnahmen, zum Beispiel Sprachkurse passend zum Studiengang. Der Dekan ist begeistert. Er sagt: Jungs, macht hier bei mir den Master. – Sie dürfen es nicht. Es ist abgelehnt, denn sie wohnen ja in Bielefeld in NRW und dürfen jetzt nicht in Osnabrück in Niedersachsen studieren. Das ist „gelungene“ Integration. Vielen Dank!

Gettobildung in NRW: Die Wanderbewegungen innerhalb von NRW, die zu Gettobildungen führen sollen, können nicht mit konkreten Zahlen belegt werden. Es gibt die Zahlen einfach nicht. Es ist lediglich ein Gefühl. Das BAMF kann keine Aussagen über bundeslandinterne Umzüge treffen. Und Sie alle können das auch nicht. Die Einzigen, die dazu etwas sagen könnten, sind die Kommunen. Aber selbst die Kommunen können nur allgemeine Zahlen zu Zu – und Abwanderungen nennen; personenbezogen ist das gar nicht möglich. Es geht nicht. Die Daten werden nicht erhoben. Es bleibt also ein diffuses Gefühl, und nach diesem Gefühl machen Sie Politik. Nächstes Stichwort: Arbeitsmarkt. Sie argumentieren, dass die Wohnsitzauflage bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt helfe. Das ist schlichtweg falsch. Damit missachten Sie vorliegende Erkenntnisse.

In der Diskussion werden immer wieder die Spätaussie dler genannt. Sie sagen: Das hat damals gut funktioniert. – Da muss ich Ihnen sagen: Das ist gelogen! Eine Untersuchung des Instituts für Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass die Wohnsitzauflage die Beschäftigungswahrscheinlichkeit von Spätaussiedlern um 20 Prozentpunkte gesenkt hat. Auch in Schweden wurden negative Effekte der Wohnsitzsauflage auf die Integration in den Arbeitsmarkt gemessen. Damit es noch einmal jedem klar wird, zitiere ich Herbert Brücker, Joachim Möller und Joachim Wolff vom Institut für Arbeit: Vor dem Hintergrund dieser Evidenz ziehen wir deshalb die Schlussfolgerung, dass eine Wohnsitzauflage die Arbeitsmarktintegration behindert, möglicherweise in erheblichem Umfang. Und Sie behaupten einfach genau das Gegenteil. Sie erzählen Märchen, Sie schüren Ängste

vor Gettobildungen. Sie machen damit Politik in einem Elfenbeinturm, ohne auf den Rat von Experten, zum Beispiel auf den der Experten vom Institut für Arbeit, zu hören. Das passiert hier leider immer wieder.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, ich konnte allein mit diesen zwei Beispielen– Gettobildung und Arbeitsmarktintegration – deutlich machen, dass Ihre Argumentation keiner sachlichen Prüfung standhält. Nein, es bleibt einzig und allein Ihre Ideologie, Ihr Menschenbild. Wir besitzen ein anderes Menschenbild als Sie. Wir sind die einzige verbliebene Fraktion, die dieses Menschenbild verteidigt. Sie alle sagen: Wir müssen den Menschen vorschreiben, wo sie wohnen und arbeiten, ja, wie sie leben. Will heißen: Die Flüchtlinge können sich nicht um sich selbst kümmern. Außerdem rotten sie sich alle in sozialen Brennpunkten zusammen.

(Zuruf von der CDU: So ein Unsinn!)

Wir sagen: Wir müssen die Menschen in die Lage versetzen, dass sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten können. Das heißt, sie zu befähigen, selbstständig eine Wohnung, eine Arbeit und ein soziales Umfeld zu finden – Stichwort „Empowerment“. Werfen Sie bitte einen Blick in unseren Entschließungsantrag zum Integrationsplan, und Sie werden sehen, dass eine andere Politik möglich ist. Das ist Integration ohne Freiheitsentzug und Sanktionen – und das funktioniert. Das heißt, dass eigentlich alle unserem Antrag heute zustimmen müssen. Meine Damen und Herren, ich möchte mit einem Zitat von Abraham Lincoln schließen: „Wer anderen die Freiheit verweigert, verdient sie nicht für sich selbst.“

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Protokoll der Rede von Torsten Sommer:

Torsten Sommer(PIRATEN): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Stream natürlich! Wir machen hier eine Diskussion über eine Wohnsitzauflage auf, ganz ausdrücklich für Menschen, die sich völlig rechtmäßig hier in Deutschland aufhalten – ganz wichtig an der Stelle.

Wir unterscheiden die Menschen in der Wohnsitzauflage trotzdem nach ihrer Herkunft. Den Menschen, die zu uns gewandert sind, sagen wir in den ersten drei Jahren, wo sie wohnen dürfen und wo nicht. Bei Menschen, die sich schon hier befinden, tun wir das nicht. Wir begründen das jetzt hier – das hat Kollegin Altenkamp ganz am Anfang getan– mit einer Ressourcenknappheit.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

– Doch, Wohnraum, passende Integrationsangebote. Kollege Dahm hat eben noch Geldströme genannt. Wir begründen das mit Ressourcenknappheit. Wenn wir diese Ressourcenknappheit jetzt ohne Nationalität begründen würden, wenn ich das weiter denke, dann schicken wir auch demnächst unsere SGB-II-Bezieher durchs Land. Dann schicken wir auch Leute, die jetzt in Dortmund-Nord wohnen, demnächst nach Siegen. Und genau das ist richtig falsch.

Wir können gerne Ressourcen anschaffen und Ressourcen durchs Land schicken, aber bitte keine Menschen, schon gar nicht mit einer Wohnsitzauflage.

–Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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Chancen und Risiken des digitalen Arbeitswandels 2 – Berufliche Weiterbildung auch online ermöglichen https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/chancen-und-risiken-des-digitalen-arbeitswandels-2-berufliche-weiterbildung-auch-online-ermoeglichen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/chancen-und-risiken-des-digitalen-arbeitswandels-2-berufliche-weiterbildung-auch-online-ermoeglichen/#respond Wed, 07 Sep 2016 11:59:00 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451057 Weiterlesen »]]> I. Ausgangslage

Wir leben in einer Gesellschaft in der Informationen allgegenwärtig, teilweise sogar aufdrängend sind. Allein die schiere Masse ungefilterter Informationen ist für den Einzelnen nicht mehr nachvollziehbar oder gar überprüfbar.

Gleichzeitig wird aber vom Einzelnen erwartet, immer mehr Informationen in eigenes Wissen umzuwandeln. Denn der technische Fortschritt bringt nicht nur immer mehr und ungefilterte Informationen mit sich, sondern auch immer mehr Änderungen in der Mechanik, wie Arbeit erledigt und ausgeführt wird. Dazu kommt, dass das komplette Berufsleben  heutzutage in den wenigsten Berufsfeldern von der Ausbildung bis zum Erreichen der Altersrente in einem Berufsbild verbracht wird.

Hier zeigt sich damit immer deutlicher, dass eine ursprünglich erlernte Profession nicht ein ganzes Arbeitsleben lang bestehen bleibt. Und selbst innerhalb einer Profession gibt es teils erheblichen Wandel in der Arbeitsmechanik und den Voraussetzungen, wie diese Arbeit zu erledigen ist. War es z. B. für einen Automechaniker völlig ausreichend handwerkliche Fähigkeiten zu erlernen und zu verbessern, so hat sich dieses Berufsbild durch stetigen Einsatz elektronischer Hilfsmittel im Kraftfahrzeugbau, deutlich gewandelt. Von der zukünftigen inhaltlichen Komplettwandelung durch E-Mobilität ganz zu schweigen.

Der beruflichen Weiterbildung kommt somit ein immer größer werdender Stellenwert zu.

Diese beruflichen Weiterbildungen finden weltweit inzwischen nicht nur im Präsenzverfahren statt, sondern vermehrt auch im virtuellen Raum.

Die bisherigen Regelungen im Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW von 1984, zuletzt gründlich novelliert im Jahre 2009 (Drucksache 14/10134) trägt dem jedoch keine Rechnung. Denn ausweislich der Begründung zu § 9 Absatz 2 geht das Gesetz immer von einer „Ortsgebundenheit einer Veranstaltung“ aus. Dieses hatte schon die Europäische Kommission im Vorfeld der Novellierung bemängelt, da dieser Ansatz nicht mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit vereinbar wäre.

Hier ist es also nötig gleich zwei Schwächen des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes NRW zu beseitigen.

II. Der Landtag NRW stellt fest:

  1. Das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW hat in der Vergangenheit, vor der digitalen Revolution, dazu beigetragen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich eigeninitiativ weiterbilden konnten.
  2. Durch die digitale Revolution ist es notwendig das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW weiter zu entwickeln, in dem ortsunabhängige Weiterbildungen, auch im virtuellen Raum, ermöglicht werden.

III. Der Landtag NRW fordert die Landesregierung auf,

dem Landtag ein Gesetz vorzulegen um,

  1. die Ortsgebundenheit aus dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW zu streichen.
  2. explizit die Möglichkeit zur Onlineweiterbildung im Gesetz zu verankern.
  3. dem Landtag drei Jahre nach in Kraft treten des angepassten Gesetzes eine Evaluation über die Wirksamkeit des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes NRW vorzulegen.
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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/chancen-und-risiken-des-digitalen-arbeitswandels-2-berufliche-weiterbildung-auch-online-ermoeglichen/feed/ 0
Sanktionsverschärfungen im SGB II verhindern! https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/sanktionsverschaerfungen-im-sgb-ii-verhindern/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/sanktionsverschaerfungen-im-sgb-ii-verhindern/#comments Wed, 07 Sep 2016 11:56:59 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451055 Weiterlesen »]]> I. Ausgangslage

Wie Medien berichten hat die Bundesagentur für Arbeit eine Weisung an die Jobcenter herausgegeben, wonach noch härter gegen ihre „Kunden“ vorzugehen sei. So soll „sozialwidriges Verhalten“ direkt und stärker sanktioniert werden. Beispielsweise sollen Leistungen gekürzt werden, wenn nicht die vom Sachbearbeiter ausgesuchte Fortbildung besucht wird, sondern eine, die der „Kunde“ sich selbst gesucht hat. Auch sollen alleinerziehende Mütter mehr unter Druck gesetzt werden, den eventuell nicht bekannten Vater ihres Kindes dem Jobcenter zu nennen.

Diese Weisung ist unsinnig und wird nicht einen Menschen mehr in Arbeit bringen oder auch nur einen Euro in der Repressionsmaschinerie Hartz IV einsparen. Stattdessen werden weiter Konflikte zwischen Sachbearbeitern und Kunden geschürt. Diese Konflikte fördern bereits jetzt tausendfache psychische Beeinträchtigungen auf beiden Seiten des Schreibtisches im Jobcenter.

Diese Druck- und Konfliktsituationen sorgen teilweise für körperliche Auseinandersetzungen im Jobcenter. Diese Situation noch weiter anzuheizen ist nicht nur fahrlässig, sondern ein vorsätzliches In-Kauf-Nehmen von weiteren Auseinandersetzungen, die bis hin zu Amokläufen führen können.

Dazu ist die Rechtswirksamkeit äußerst fraglich. Beispielsweise darf einem Menschen der angestrebte Beruf nicht vorgeschrieben werden. Zudem hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 16.04.2013 (B 14 AS 55/12 R) beschieden, dass „sozialwidriges Verhalten“ auf „eng zu fassende Ausnahmefälle“ zu begrenzen ist.

Auch „der Grundsatz, dass existenzsichernde Leistungen „unabhängig von der Ursache der entstandenen Notlage und einem vorwerfbaren Verhalten in der Vergangenheit “ zu gewähren sind, darf nicht durch weitrechende Rückzahlungspflichten konterkariert werden. Diese vom BSG gestärkte Sichtweise muss auch unter den neuen Regelungen Gültigkeit haben.

II. Der Landtag stellt fest:

Sanktionen im SGB II Bezug sind gefährlich, weil sie physische uns psychische Verletzungen nach sich ziehen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die angedachten Verschärfungen im SGB II Bezug nicht zum Tragen kommen.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protkoll der Rede von Torsten Sommer:

Torsten Sommer (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne – ein paar sind noch da, das ist schön – und im Livestream. Das Repressionsgesetz Hartz IV muss weg. Das erst einmal grundsätzlich vorweg. Es erfüllt seinen Zweck nicht. Menschen werden durch dieses System nicht in Arbeit gebracht, und es wird ihnen auch nicht geholfen. Im Gegenteil: Dieses System übt einen unmenschlichen Druck sowohl auf die Menschen vor als auch hinter dem Schreibtisch auf – das ist mir sehr wichtig, zu betonen. Wie bekannte Studien zeigen, führt eine Verstärkung von Sanktionen nicht mehr Menschen in dauerhafte Arbeitsverhältnisse. Im Gegenteil: Gemäß einer

Schätzung des IAB-Forschungsberichts aus dem Jahr 2013 liegt die Zahl der Bezieher von Alg II mit psychischen Beeinträchtigungen zwischen 30 % und 50 %. Diese Sanktionen helfen nicht, Menschen in Arbeit zu bringen, sondern sie machen viele Menschen krank. Viele sind schon vorerkrankt, allerdings werden viele auch erst durch diese Sanktionsgesetze krankgemacht – Menschen, die Hilfe aus der Gesellschaft erwarten und nicht die Zunahme von Druck und Repression. Eigentlich ist das allen Menschen, die sich mit diesem System beschäftigen müssen, bekannt. Was macht die Bundesregierung, aber auch die Agentur für Arbeit? Sie verschärft noch Sanktionen. In dieser Sommerpause hat sich die Agentur für Arbeit nicht nehmen lassen, Hilfsbedürftige noch mehr zu kriminalisieren und in einer fachlichen Weisung darauf hinzuweisen, dass vermehrt Ersatzansprüche geltend zu machen seien. Diese Ersatzansprüche werden von den Betroffenen als Sanktionen hoch zwei empfunden; dementsprechend schreiben wir in unserem Antrag auch konsequent von Sanktionen und nicht von diesen Ersatzansprüchen.

Diese Ersatzansprüche bzw. Sanktionen stehen im offensichtlichen Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung. Auch die Neufassung des § 34 Abs. 1 SGB II: „Als Herbeiführung im Sinne des Satzes 1 gilt auch, wenn die Hilfebedürftigkeit erhöht, aufrechterhalten oder nicht verringert wurde“ wird daran nicht grundlegend etwas ändern. Denn – wie die BA übrigens in derselben Weisung schreibt, in der sie jetzt mehr Ersatzansprüche fordert –, die Ersatzpflicht nach § 34 ist auf begründete und eng zu fassende Ausnahmefälle zu begrenzen. Genau darauf beziehen sich die Bundessozialgerichtsentscheidungen der Vergangenheit.

Es gibt also wieder einmal mehr Rechtsunsicherheit. Und wieder einmal muss mehr beim Bundessozialgericht geklagt werden. Ähnlich argumentiert übrigens das Bundesverfassungsgericht. Schaue ich mir die einzelnen Fälle an, die es bis jetzt gab, so geht das Bundessozialgericht immer davon aus: Nur dann, wenn jemand absichtlich herbeiführt, dass er anschließend So- zialleistungen beziehen darf – durch den Wegfall einer Tätigkeit, durch eine kriminelle Handlung –, darf ich von sozialwidrigem Verhalten ausgehen. Sollte jemand aber aus Krankheitsgründen seine Ar beit verlieren – ich habe das eben schon genannt; er ist zum Beispiel Kraftfahrer, der alkoholkrank ist; das ist übrigens ein Beispiel, das in der Fachlichen Weisung genannt wird – , dann ist das kein sozialwidriges Verhalten. Das ist einfach krankheitsbedingt, weil er damit einer Krankheit folgt. Der Mann – es kann auch eine Frau sein – braucht Hilfe. Er braucht keine zusätzlichen Sanktionen.

An der Stelle macht es keinen Sinn zu versuchen, noch mehr Sanktionsdruck auszuüben und diese Ersatzansprüche geltend zu machen. Denn bei diesem Menschen ging es gar nicht darum, dass er sich Leistungen erschleichen wollte, sondern es ist ein Verhalten, das der Mensch eventuell gar nicht steuern kann. Entsprechend wird den Menschen noch weniger geholfen. Es werden noch mehr Sanktionen und noch mehr Repression aufgebaut werden. Dieses Sanktions-und Repressionssystem hilft niemandem. Es muss weg. Jedwede Verschärfung muss unterbleiben, egal, ob es sich um Sanktionen im engeren Sinne oder um Ersatzansprüche handelt. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag hier direkt zuzustimmen, weil es eine eindeutige Angelegenheit ist. –

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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Schluss mit der Dispoabzocke – Deutschland braucht einen Dispodeckel für den gesamten Bankensektor https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/schluss-mit-der-dispoabzocke-deutschland-braucht-einen-dispodeckel-fuer-den-gesamten-bankensektor/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/schluss-mit-der-dispoabzocke-deutschland-braucht-einen-dispodeckel-fuer-den-gesamten-bankensektor/#respond Wed, 07 Sep 2016 11:53:21 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451053 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Wie Zeit Online vom 16. August 2016 berichtet, hat die von Stiftung Warentest herausgegebene Zeitung Finanztest im Rahmen einer Studie die Höhe der Dispozinsen von allen 1.433 deutschen Banken und Sparkassen ausgewertet. Sie liegen durchschnittlich bei knapp zehn Prozent und damit nur minimal unter dem Vorjahreswert, wie Finanztest in ihrer Ausgabe September 2016 berichtet.

Banken verlangen von ihren Kunden erschreckend hohe Dispozinsen. Bei einigen Kreditinstituten werden sogar Zinsen von teilweise über 13 Prozent fällig. Die hohen Zinsen für die Ausschöpfung des Dispositionsrahmens im Bankensektor sind vor allem deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Kreditinstitute sich in der derzeitigen Niedrigzinsphase praktisch zum Nulltarif Geld von der Notenbank besorgen können. Seit dem 10.03.2016 hat die Europäische Zentralbank für den Euroraum den Leitzins von 0,05 Prozent auf 0,00 Prozent abgesenkt. Diesen Zinsvorteil geben die Banken, aber beim Dispokredit nicht an ihre Kunden weiter. In einer Zeit in der die Banken das Geld quasi geschenkt bekommen, leiden die Menschen am meisten, die durch ihre prekäre Lage auf den Dispositionskredit am meisten angewiesen sind.

Die Menschen in Deutschland stehen laut Bundesbank mit über 34 Milliarden Euro bei den Banken in der Kreide, weil sie ihr Konto überzogen haben. Jeder Prozentpunkt mehr Dispozins spült den Banken also 340 Millionen Euro in die Kassen. Gleichzeitig lassen die horrenden Dispozinsen viele Verbraucher direkt in die Schuldenfalle tappen.

Die Stiftung Warentest bemängelt außerdem, dass nicht alle Banken ihre Dispozinssätze im Internet transparent veröffentlichen – obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. 31 Geldhäuser kamen laut Finanztest dieser Veröffentlichungspflicht nicht im ausreichenden Maße nach. Bei 29 Banken sei nicht erkennbar, wie hoch die Überziehungsgebühren tatsächlich ausfallen.

Im September letzten Jahres hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen einen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht, der eine Deckelung der Dispozinsen nach dem Basiszins nach § 247 BGB, der stets 0,88 Prozent unter dem Leitzins der EZB liegt, vorsah. Der Basiszins ist eine feste Bezugsgröße, bildet aber durch seine Abhängigkeit vom Leitzins auch den Markt ab. Bezogen auf den aktuellen Leitzins der EZB von 0,00 Prozent, ergäbe sich ein Basiszins von -0,88 Prozent. Der Gesetzentwurf der Landesregierung hätte mit einer Deckelung der Dispozinsen bei 8 Prozent derzeit eine Obergrenze von 7,12 Prozent zur Folge.

Der Bundesrat stimmte dem Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung zu. Allerdings wurde die Forderung nach einer Deckelung der Dispozinsen von der Bundesregierung abgelehnt. Die SPD vermochte sich in der Bundesregierung leider in diesem verbraucherrelevanten und zudem sozialrelevanten Aspekt nicht gegen die Union durchzusetzen. Stattdessen verpflichtet die im März 2016 in Kraft getretene Immobilienrichtlinie Banken ihre Dispozinssätze transparenter zu gestalten und mehr Beratungsangebote für ihre Kunden anzubieten. Die NRW-Verbraucherzentrale und das Verbraucherministerium sprechen sich aber nach wie vor für eine Obergrenze für Dispozinsen aus.

Um zumindest der Dispoabzocke durch die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen ein Ende zu bereiten, hat die Piratenfraktion in dem Antrag Drs. 16/12339 einen Dispodeckel für Sparkassen gefordert. Dieser Antrag wurde von den regierungstragenden Fraktionen abgelehnt. Der Finanzminister Dr. Walter-Borjans und Vertreter der rot-grünen Fraktionen betonten in der Plenardebatte am 7. Juli 2016 allerdings ihre grundsätzliche Unterstützung für eine gesetzliche Deckelung der Dispozinsen für den gesamten Bankensektor. Der Finanzminister führte aus: „Es ist richtig, dass wir einen Deckel brauchen. Diesen haben wir beantragt. Das ist aber nicht eine Sache des Landes, sondern das ist auf Bundesebene durchzusetzen. Wir haben es nicht durchsetzen können; wo immer es jedoch möglich ist, werden wir am Ball bleiben.“

In der Tat lässt sich eine Begrenzung der Zinsen für die Ausschöpfung des Dispositionsrahmens für den gesamten Bankensektor nur auf der Bundesebene gesetzlich regeln. Angesichts der erschreckenden Ergebnisse der Studie von Stiftung Warentest von diesem September, die die horrende Höhe der Dispozinsen für Bankkunden dokumentiert, sowie der politischen Willensbekundungen des nordrhein-westfälischen Finanzministers in der Plenardebatte vom 7. Juli 2016, muss die Landesregierung erneut eine Bundesratsinitiative starten, um eine Deckelung der Dispozinsen für den gesamten Bankensektor in Deutschland schnellstmöglich herbeizuführen.

 

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die hohen Zinsen für die Inanspruchnahme von Dispositionskrediten stellen eine besondere Belastung für Millionen Bankkunden in Deutschland dar, die in Zeiten einer Null-Zins-Politik der EZB und einem praktisch gegen Null tendierenden Guthabenzins zu einem nicht zu rechtfertigen Missverhältnis zwischen Guthaben- und Schuldzins führt.
  1. Da eine Begrenzung der Zinsen für die Ausschöpfung des Dispositionsrahmens für den gesamten Bankensektor nur auf der Bundesebene gesetzlich festgeschrieben werden kann, bedarf es einer entsprechenden Bundesratsinitiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung.

 

III. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert, unverzüglich eine Bundesratsinitiative mit folgenden Zielen vorzulegen:

 

  1. für die Banken gesetzlich festzuschreiben, dass die von ihnen erhobenen Zinsen auf Dispositionskredite höchstens 8 Prozent über dem Basiszins nach § 247 BGB liegen dürfen;
  2. für die Banken gesetzlich festzuschreiben, dass die Obergrenze für Zinsen auf Dispositionskredite gemäß Ziffer III. 1. auch für geduldete Überziehungen des Kreditrahmens gelten.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Dietmar Schulz:

Dietmar Schulz (PIRATEN): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen im Saal! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und auch daheim! Schluss mit der Dispoabzocke. Ich bin ganz erstaunt. Ich war schon völlig irritiert, dass Justizminister Kutschaty auf der Rednerliste steht und vertreten d für ihn eigentlich Minister Jäger sprechen sollte. Nun sehe ich aber auch unseren Finanzminister. Der hatte beim letzten Mal im Juli – Plenum zu dem Thema „Schluss mit der Dispoabzocke“ gesprochen.

Die Piratenfraktion NRW fordert nach wie vor, schnellstmöglich gesetzlich festzuschreiben, dass die Dispozinsen und Überziehungszinsen für Banken und Sparkassen auf maximal 8% über Basiszins gedeckelt werden. Die Fragen, warum das wichtig und richtig ist, wurden in der Debatte über unseren ähnlichen Antrag im Juli-Plenum, genau genommen am 7. Juli, weitestgehend beantwortet. Beantwortet wurde auch die grundsätzliche Frage nach dem politischen Willen. Bis auf die Abstimmung einer seits und bis auf die CDU-Fraktion haben diesen Vorstoß alle anderen im Landtag vertretenen Fraktionen grundsätzlich gutgeheißen bzw. begrüßt, allerdings mit dem zutreffenden Hinweis, dass es einer bundeseinheitlichen Regelung für alle Sparkassen und Banken bedarf und es nicht auf landesgesetzlicher Ebene möglich ist, dieses nur für Sparkassen zu regeln. Auch da war ich zwar etwas anderer Auffassung, aber die Einladung aus dem Juli-Plenum haben wir ankündigungsgemäß aufgegriffen und deswegen der Antrag hier und heute. Dispozinsen von teils über 12 % per anno in Nordrhein-Westfalen und auch in anderen Bundesländern sprechen für die Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Regelung und vor allen Dingen auch einer Deckelung. Zu dem Ergebnis kommt letztendlich auch die Erhebung von

Stiftung Warentest, und die BaFin ist auch auf dem Fuße unterwegs, um zu überprüfen, ob denn das alles gut ist, was im Land, was die Dispozinsen angeht, unterwegs ist. Die bloße Transparenz von Zinsen, ein Gebot bzw. eine Anregung, die gemacht worden ist, reicht uns definitiv nicht aus. Wir wissen auch, dass deutlich über 30, 40 Institute in Deutschland sich überhaupt nicht daran halten, was transparente Veröffentlichungen von Zinssituati- onen und Zinsforderungen angeht. Es besteht also nach wie vor dringender Bedarf, der Dispoabzocke einen Riegel vorzuschieben. Der Dispodeckel ist aus unserer Sicht gelebter Verbraucherschutz.

Verbraucherschutz ist für Piraten, auch wenn der Landtag da, zumindest teilweise, in einer Abstimmung anderer Auffassung war, Staatsziel. Jenseits dieses Regulativs – da spreche ich durchaus auch die FDP an – stirbt weiß Gott nicht der Wettbewerb unter den Banken und Sparkassen. Er prosperiert selbstverständlich weiterhin – aber dann unterhalb des Zinsdeckels, wie wir ihn uns vorstellen, der in Zeiten von Mietpreisbremse und Schuldenbremse eine sehr wichtige sozial verträgliche Privatschuldenbremse werden könnte. An dieser Stelle zitiere ich noch einmal gerne, wie auch im Antrag selbst,

Herrn Finanzminister Dr. Walter-Borjans aus besagter Sitzung vom 7. Juli 2016: „Es ist richtig, dass wir einen Deckel brauchen. Diesen haben wir beantragt. Das ist aber nicht eine Sache des Landes, sondern das ist auf Bundesebene durchzusetzen. Wir haben es nicht durchsetzen können; wo immeres jedoch möglich ist, werden wir am Ball bleiben.“

Die Piratenfraktion ermuntert die Landesregierung, einen erneuten Vorstoß in diese Richtung zu unternehmen. Möglicherweise könnte es auch in Zeiten nahender Wahlen durchaus sein, dass sich die CDU/CSU innerhalb der Bundesregierung dann, wenn sich im Bundesrat viel- leicht außerhalb einer Wohnungs-oder Kreditrichtlinie im Zusammenhang mit dieser Dispodeckelgeschichte ein neuer Vorstoß zeigt, auch bewegt und bereit ist, das im Bundesrat angenommene Regelwerk auch im Bundestag anzunehmen. Daher wäre es schön, wenn wir hier im Landtag einen Konsens dahin gehend finden könnten, dass wir die Landesregierung bitten–„auffordern“ will ich an dieser Stelle nicht sagen, sondern „bitten“ –, noch einmal eine Bundesratsinitiative zu starten. Ich werbe daher für eine entsprechende Zustimmung des Hauses.

–Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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Der Boom der Share-Deals muss jetzt ein Ende haben! – Durch aggressive Steuervermeidungsstrategien entgehen Nordrhein-Westfalen jedes Jahr Millionen an Grunderwerbsteuereinnahmen https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/der-boom-der-share-deals-muss-jetzt-ein-ende-haben-durch-aggressive-steuervermeidungsstrategien-entgehen-nordrhein-westfalen-jedes-jahr-millionen-an-grunderwerbsteuereinnahmen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/der-boom-der-share-deals-muss-jetzt-ein-ende-haben-durch-aggressive-steuervermeidungsstrategien-entgehen-nordrhein-westfalen-jedes-jahr-millionen-an-grunderwerbsteuereinnahmen/#respond Wed, 07 Sep 2016 11:50:56 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451051 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

Grunderwerbsteuerfreie Share-Deals erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Nach Schätzungen des Maklerhauses Aengevelt lag 2015 der Anteil der Share-Deals in Berlin, Frankfurt und Düsseldorf deutlich über dem Wert der Vorjahre.

Selbst die „Öffentliche Hand“ ist sich nicht zu schade, getrieben von der Pflicht zur Gewinnoptimierung Immobilienwerte unter Umgehung von Grunderwerbsteuer zu veräußern. So hat die Erste Abwicklungsanstalt (NRW), die komplett vom Land, den Sparkassen- und Landschaftsverbänden beherrscht wird, just die „Westfonds“, eine ehemalige Tochter der WestLB verkauft. „Westfonds“ besteht aus mehreren geschlossenen Fonds, die Immobilien halten. Verkauft wurde vermittels eines Share-Deals und damit ohne Anfall von Grunderwerbsteuer auf Seiten der Käufer.

Bei einem Share-Deal handelt es sich um eine Konstruktion, welche die Grunderwerbsteuer komplett aushebelt. Dabei wird die Immobilie nicht direkt verkauft, sondern in eine Gesellschaft eingebracht wie eine GmbH & Co. KG beispielsweise. Dann erwirbt der Käufer die Mehrheit der Anteile an dieser Gesellschaft, in der Regel 94,9 Prozent. Damit ist er de facto Eigentümer der Immobilie. Die 94,9 Prozent sind wichtig, denn solange weniger als 95 Prozent der Anteile gekauft werden, muss der Käufer keine Grunderwerbsteuer zahlen. Die restlichen Anteile behält oft der Voreigentümer.

Anders als für große Investoren, eignen sich Share-Deals für den normalen Bürger, der eine Wohnung oder ein Einfamilienhauses kaufen möchte, nicht. In der Praxis beschäftigen die sogenannten Share Deals eine Heerschar von Notaren, Anwälten und Wirtschaftsprüfern, die an ihnen gut verdienen. Aengevelt schätzt, dass sich Share-Deals erst ab einem Kaufpreis von 15 Millionen Euro rechnen.

In Berlin wurden 2015 laut Aengevelt Share-Deals im Volumen von über 4 Mrd. Euro getätigt, das sind 19,5% des Umsatzes am Berliner Immobilienmarkt. In Frankfurt machten Share-Deals mit 2,9 Mrd. Euro sogar knapp ein Drittel des Transaktionsumsatzes aus. In Düsseldorf waren es mit 520 Mio. Euro knapp 11%.

Legt man den für NRW geltenden Grunderwerbsteuersatz von 6,5 Prozent zugrunde, sind dem Land NRW damit alleine bezogen auf Düsseldorf im letzten Jahr rd. 34 Mio. Euro im „Ersteffekt“ an Steuereinnahmen entgangen. Pro Jahr kann man für die Metropolregion NRW von Steuereinbußen in 3-stelliger Millionenhöhe durch Share-Deals ausgehen.

Da die Gesetzgebungskompetenz (konkurrierende Gesetzgebung) gemäß Art. 105 Abs. 2 GG über die Grunderwerbsteuer seit 1983 beim Bund liegt, bedarf es einer Bundesratsinitiative, um das Steuerschlupfloch „Share Deals“ zu schließen und diesen unhaltbaren Zustand zu beenden. Der Entschließungsantrag (Drs. 16/7610) von der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum „Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer“ vom 16.12.2014, der von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Verhinderung von Share-Deals forderte und vom Landtag beschlossen wurde, blieb bislang folgenlos.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Der Anteil der Share-Deals bei Immobilientransaktionen steigt in den letzten Jahren deutschlandweit massiv an. Share-Deals stellen damit das wichtigste Steuerschlupfloch im Grunderwerbsteuergesetz dar.
  2. Jedes Jahr entgeht Nordrhein-Westfalen durch Share-Deals ein 3-stelliger Millionenbetrag an Grunderwerbsteuerannahmen.
  3. Ein von den rot-grünen Regierungsfraktionen in Nordrhein-Westfalen erwirkter Landtagsbeschluss vom 16.12.2014, der eine Bundesratsinitiative vorsah mit dem Ziel Steuerschlupflöcher im Grunderwerbsteuergesetz zu schließen, hatte bisher keine Wirkung.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

sich in Form einer Bundesratsinitiative endlich konsequent für die Schließung sämtlicher Steuerschlupflöcher, insbesondere der Share-Deals, im Grunderwerbsteuergesetz einzusetzen

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Dietmar Schulz:

Dietmar Schulz (PIRATEN): Danke schön, Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Stream und auch hier im Plenarsaal! Wir hörten gerade noch beim letzten Tagesordnungspunkt einiges über Glaubwürdigkeit und davon, dass viel geredet wird und Schlagzeilen produziert werden, manchmal aber auch nichts gemacht wird.

Ein weiteres Problem spreche ich jetzt im Zusammenhang mit den sogenannten Share Deals an. Grunderwerbsteuerfreie Share Deals boomen derzeit in Deutschland. Nach Schätzungen des Maklerhauses Lengefeld lag in 2015 der Anteil der Share Deals in Berlin, Frankfurt und Düsseldorf deutlich über dem der Vorjahre. Dazu muss man wissen: Beim Share Deal handelt es sich um eine Konstruktion, welche die Grunderwerbsteuer komplett aushebelt. Finanzminister Walter-Borjans, der sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit als Robin Hood der Steuerzahler aufspielt, kann noch nicht mal Share Deals in Sichtweite des Landtags verhindern. So musste er in der Vorlage16/4155 an den Haushalts- und Finanzausschuss jüngst einräumen, dass die erste Abwicklungsanstalt NRWs, die komplett vom Land, den Sparkassen und den Landschaftsverbänden beherrscht wird, just die WestFonds, eine ehemalige Tochter der WestLB, verkauft hat.WestFonds besteht aus mehreren geschlossenen Fonds, die Immobilien halten. Verkauft wurde vermittels Share Deals, und damit ohne Anfall von Grunderwerbsteuer auf Seiten der Käufer. Totalausfall! Wie auch immer die fiskalischen Auswirkungen für den Landeshaushalt sein mögen, die Signalwirkung eines solchen Vorgangs ist fatal, genauso wie die Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf 6,5 %, die die Attraktivität gerade auch von Share Deals erhöht hat.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

–Danke schön, Herr Kollege Witzel.

–Da braucht es auch keine Spekulationen darüber, ob dann, wenn es diese Share Deals nicht gäbe, die Kaufpreise möglicherweise sinken würden, nämlich um den Anteil, den die Grunderwerbsteuer bedeuten würde. Das ist eine Frage der Geldmarktpolitik, und diese liegt nicht in der Kompetenz des Landes. Da braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn in Düsseldorf Share Deals im Volumen von 520 Millionen € in 2015 getätigt wurden –immerhin rund 11 % des Umsatzes am Düsseldorfer Immobilienmarkt. Legt man den für NRW geltenden Grunderwerbsteuersatz von 6,5 % zugrunde, sind dem Land NRW damit alleine bezogen auf Düsseldorf im letzten Jahr 34 Millionen € im Ersteffekt an Steuereinnahmen entgangen. Pro Jahr kann man für die Metropolregion Nordrhein-Westfalen von Steuereinbußen in dreistelliger Millionenhöhe durch Share Deals ausgehen. Ein von Rot-Grün in NRW erwirkter Landtagsbeschluss vom 16. Dezember 2014 – und da komme ich zu besagtem „Machen statt Reden“ –, der eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel vorsah, Steuerschlupflöcher im Grunderwerbsteuergesetz zu schli eßen, hatte bisher keine Wirkung.

Share-Deals sind Steuerschlupflöcher erster Güte. Steuerschlupflöcher sind nicht illegal, aber fiskalmoralisch verwerflich und somit zu stopfen –übrigens eine Argumentation, die Sie, Herr Finanzminister, immer gern an diesem Pult, aber auch im Haushalts-und Finanzausschuss vertreten. Angesichts des Booms der Share-Deals in Nordrhein-Westfalen und der Tatsache, dass selbst die öffentliche Hand sich nicht zu schade ist, Immobilienwerte unter Umgehung von Grunderwerbsteuer zu veräußern, fordern wir Piraten die Landesregierung auf, sich in Form einer Bundesratsinitiative endlich konsequent für die Schließung sämtlicher Steuerschlupflöcher und insbesondere für die Abschaffung der Share-Deals im Grunderwerbsteuergesetz

einzuset zen, so schwierig das im Übrigen auch technisch sein mag.

Herr Finanzminister, Sie mögen gerne auf Ihren Finanzministerkollegen aus Hessen, Thomas Schäfer von der CDU, verweisen. Das tun auch einige Fachleute, die davon ausgehen, dass jetzt eine Bundesrats initiative kommen werde–aus Hessen, nicht aus Nordrhein-Westfalen. Nun, wie auch immer, Fachleute sprechen davon, dass dies jedenfalls in dieser Legislaturperiode schon nicht mehr gelingen kann. Sie hätten indessen seit 2014 die Zeit und auch die Manpower in Ihrem Ministerium gehabt, in dieser Hinsicht etwas auf den Weg zu bringen. Das ist nicht geschehen, und das kratzt an der Glaubwürdigkeit der Politik, auch in diesem Land Nordrhein-Westfalen.

Als Finanzminister des bevölkerungsreichsten Bundeslandes sind Sie seit fast zwei Jahren persönlich in der Pflicht, und zwar gemäß Landtagsbeschluss, auf diese Pflicht erneut aufmerksam zu machen. Dazu dient unser heutiger Antrag. Was den Antrag der CDU angeht, begrüßen wir diesen, werden uns allerdings bezüglich des Antrags enthalten. Wir halten diese Systematik der Arbeitsgruppe auf Länderministerebene für nichts weiter als ein Hinauszögern und ein Versandenlassen im Zuge der diversen Wahl- kämpfe, die uns noch bevorstehen. Allerdings wäre ein Vorstoß in Richtung auf eine Schließung des Steuerschlupflochs Share-Deals auch vor dem Hintergrund des Wahlkampfes begrüßenswert, und zwar insofern, als die Menschen vielleicht daran erinnert werden, dass Politik auch Glaubwürdigkeit verkörpern kann.

– Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

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Immer noch viele Missstände in der nordrhein-westfälischen Flüchtlingsaufnahme: Die Landesregierung muss endlich für Gewaltschutz, Transparenz und Kontrolle sorgen https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/immer-noch-viele-missstaende-in-der-nordrhein-westfaelischen-fluechtlingsaufnahme-die-landesregierung-muss-endlich-fuer-gewaltschutz-transparenz-und-kontrolle-sorgen/ https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/immer-noch-viele-missstaende-in-der-nordrhein-westfaelischen-fluechtlingsaufnahme-die-landesregierung-muss-endlich-fuer-gewaltschutz-transparenz-und-kontrolle-sorgen/#respond Wed, 07 Sep 2016 11:49:06 +0000 https://www.piratenfraktion-nrw.de/?p=451049 Weiterlesen »]]> I. Sachverhalt

In den letzten Monaten wurden erneut Missstände in den Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW bekannt. Neben Verdachtsfällen eines sexuellen Missbrauchs einer besonders schutzbedürftigen Frau in Burbach wurde durch Recherchen einer Journalistin und Bloggerin sowie Refugees Welcome Bonn e.V. bekannt, dass Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes „Bewa“, der in verschiedenen Unterkünften des Landes zum Einsatz kommt, in sozialen Netzwerken rechtes Gedankengut teilten und verbreiteten. Später ergaben weitere Recherchen, dass es in der ehemaligen Notunterkunft und heutigen Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Olpe zu Abrechnungsbetrug, Ausbeutung der Arbeitskraft von Bewohnerinnen und Bewohnern und zur Unterdrückung von Anzeigen und Beschwerden kam. Besonders schwer wiegen die Vorwürfe im Fall des Nichtanzeigens eines Falles von schwerer körperlicher Misshandlung einer Frau und des möglichen sexuellen Missbrauchs einer Siebenjährigen.

Dass es in Landesunterkünften oft zu sexueller Gewalt kommt, ist der Landesregierung schon lange bekannt. Die Piratenfraktion hat mehrere Anfragen dazu an die Landesregierung gestellt. In den Antworten wurde immer wieder eine erschreckend hohe Zahl an registrierten und angezeigten Sexualdelikten in den Unterkünften offengelegt. Allein in der Zeit vom 01.01.2016 bis zum 30.06.2016 wurden in Flüchtlingseinrichtungen in NRW 80 Beleidigungen auf sexueller Grundlage, 5 exhibitionistische Handlungen, 42 sexuelle Nötigungen/Vergewaltigungen, 25 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie weitere 26 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung registriert. 73 dieser Fälle entfallen auf Landesaufnahmeeinrichtungen. Hinzu kommen 413 Fälle häuslicher Gewalt, wovon 107 Fälle in Unterbringungseinrichtungen des Landes und 306 Fälle in kommunalen Einrichtungen zur Anzeige gebracht wurden. Leider gibt es auch immer wieder Verdachtsfälle gegen Mitarbeiter der Unterkünfte und wohl zumindest eine rechtskräftige Verurteilung. Die Dunkelziffer kann noch einmal um ein Vielfaches höher eingeschätzt werden.

Anfang des Jahres wurde anlässlich der Debatte zum Antrag der Piratenfraktion „Geflüchtete Frauen und Kinder nicht vergessen: Schutz vor Gewalt auch in den Landesaufnahmen sicherstellen!“ bekannt, dass die Landesregierung noch kein Gewaltschutzkonzept in den Aufnahmen etabliert hatte. Zugleich konnte die Landesregierung für das Jahr 2015 keine Angaben darüber machen, wie viele und welche Beschwerden in den Unterkünften dem dezentralen Beschwerdemanagement, das in den meisten Einrichtungen seit Anfang 2015 eingerichtet ist, angezeigt wurden. Bis heute kann die Landesregierung nicht dokumentieren, wie Beschwerden, Mängeln oder Anzeigen abgeholfen wurde. Die Landesregierung gibt an, dass „konkrete Konsequenzen im Bereich des dezentralen Beschwerdemanagements […] statistisch nicht erfasst [werden]“.

Die Situation in den nordrhein-westfälischen Landesunterkünften scheint sich trotz der Ankündigungen und Versprechungen der Landesregierung nach dem weltweit beachteten Skandal um Misshandlungen von Schutzsuchenden 2014 nicht verbessert zu haben. Ein Urteil des Arbeitsgerichts Siegen legt nahe, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf Missstände hinweisen, unter Druck gesetzt werden und dass Missstände, die an die Bezirksregierung und die Landesregierung weitergeleitet wurden, keine Konsequenzen nach sich zogen. Die dokumentierten Fälle in Olpe ereigneten sich auch vor September 2015, so dass sich nicht auf die chaotischen Zustände danach berufen werden kann.

Die Fälle von Zweckentfremdung der an die Betreiber ausgezahlten Gelder aus Olpe zeigt, dass es keine Transparenz darüber gibt, welche Kosten überhaupt abgerechnet werden. Die Landesregierung schreibt, dass „die Verträge mit den Betreuungsverbänden regelmäßig keine Aufschlüsselung der Kosten u.a. nach Heimleitung, Kinderbetreuung, Hausmeister, Sanitätspersonal vor[sehen], wodurch die einzelnen Kostenpositionen nicht differenziert erhoben werden können.“

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. Kontrolle, Transparenz, adäquate Versorgung und Betreuung der Schutzsuchenden sowie Gewaltschutz in den Landesaufnahmen herzustellen und zu garantieren. Dazu müssen folgende Maßnahmen bis Ende 2016 in allen Landesunterkünften umgesetzt werden:

a) Defizite, Mängel, Beschwerden, Anzeigen usw. müssen in den Unterkünften ausführlich erfasst und die entsprechende Abhilfe dokumentiert werden. Zukünftig müssen die konkreten Konsequenzen so aufgearbeitet werden, dass eine statistische Auswertung ermöglicht wird.

b) Sicherheitspersonal muss auch nach der Einstellung kontrolliert werden. Regelmäßig müssen Fortbildungsmaßnahmen des Personals durchgeführt und nachgewiesen werden. Die Kontrolle darf nicht den Betreibern überlassen werden, sondern die Landesregierung muss garantieren, dass in den Landesaufnahmen nur geeignetes Personal arbeitet.

c) Europäische Richtlinien sowie Bundes- und Landesgesetze müssen ab sofort in allen Unterkünften gelten und umgesetzt werden.

d) Die Einhaltung der Leistungsbeschreibungen und Verträge muss kontrolliert und über diese Kontrollen muss Buch geführt werden. Die Checkliste der mobilen Kontrollteams muss erweitert, gepflegt und– wie dies in den Vorlagen 16/2788 und 16/2983 der Fall war – regelmäßig veröffentlicht werden. In diesem Zusammenhang soll die Landesregierung endlich prüfen, ob die Einführung des Heim-TÜVs die auf Dauer günstigere, effektivere und den Bedürfnissen der Schutzsuchenden besser Rechnung tragende Variante darstellt.

e) Das Geschäft mit Flüchtlingen und Flüchtlingsunterkünften in NRW muss endlich kontrolliert werden. Ausgaben für Heimleitung, Kinderbetreuung, Hausmeister, Sanitätspersonal usw. müssen differenziert je Einrichtung erhoben werden, um weitere Kostenexplosionen, Verdachtsfälle von Veruntreuungen oder Zweckentfremdungen zu vermeiden. Die pauschalisierte Abrechnung führt dazu, dass keine Kontrolle darüber möglich ist, wohin die Gelder aus dem Landeshaushalt fließen.

f) Es muss aufgeklärt werden, inwieweit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksregierungen, der Betreuungsverbände oder der Landesregierung über Missstände Bescheid wussten, und aus den Erkenntnissen dazu müssen Konsequenzen erfolgen. Dafür soll die Landesregierung die Zustände in den Landesaufnahmen seit Oktober 2014 aufarbeiten und dem Parlament bis Ende 2016 einen ausführlichen Bericht vorlegen.

g) In den Unterkünften müssen Möglichkeiten zur anonymisierten Hinweisweitergabe etabliert werden.

h) Der von den Piraten seit Jahren angeforderte Bericht „Planungsstand bezüglich neuer Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber und aktuelle Situation in den Einrichtungen“ muss überarbeitet und professionalisiert werden. Das Parlament soll vierteljährlich über die Flüchtlingssituation in NRW unterrichtet werden. Die Landesregierung kann sich dabei ein Beispiel am Bericht zur aktuellen Flüchtlingssituation der Stadt Köln nehmen.

  1. zukünftig bei Verdachtsfällen von schwerem Missbrauch die überregionale Beschwerdestelle direkt zu kontaktieren, diese an der Aufklärung und allen weiteren Prozessen zu beteiligen und sämtliche Unterlagen, Beweiserhebungen usw. an die Beschwerdestelle zu übermitteln.
  1. Zugang und Räume für ehrenamtliche Initiativen in den Flüchtlingsunterkünften sicher- bzw. bereitzustellen. Dies gilt auch für freie Initiativen.
  1. in den nordrhein-westfälischen Flüchtlingsunterkünften Heimbeiräte als zentrale Mitwirkungsgremien und Interessenvertretungen für die Bewohnerinnen und Bewohner zu etablieren. Des Weiteren muss je Einrichtung eine Beauftragte eingestellt werden, deren Aufgabe es ist, Kontakt zu den Frauen und Kindern der Unterkunft aufzubauen, um als Ansprechpartnerinnen für Verdachtsmomente von Gewalt zu fungieren.
  2. das Konzept für den Gewaltschutz in und rund um die Unterkünfte schneller zu entwickeln und spätestens in der nächsten Plenarwoche dem Parlament zur Verfügung zu stellen. Hierbei soll die Landesregierung prüfen, welche Anregungen aus dem Antrag der Fraktion der Piraten und von Initiativen wie Zartbitter e.V. übernommen werden können.

Mitschnitt der kompletten Debatte:

Protokoll der Rede von Simone Brand:

Simone Brand (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Heute Morgen haben wir uns mit Ihrem Integrationsplan beschäftigt und erklärt, warum er ungenügend ist. Nicht nur ich, sondern auch die Experten in der entsprechenden Anhörung haben deutlich gemacht, dass Gesundheit und Integration eng miteinander verbunden sind. Nur wer in Sicherheit lebt, Privatsphäre genießt und mit der jedem Menschen zustehenden Würde behandelt wird, kann sich in eine Gesellschaft integrieren.

Dass das nur bedingt funktioniert, haben wir bereits 2014 erfahren dürfen, als Burbach das erste Mal mit einem Misshandlungsskandal durch die Medienging. Damals schworen Sie, Minister Jäger, Stein und Bein, Sie und die gesamte Landesregierung würden alles tun, damit es nicht mehr zu solchen unsäglichen Vorkommnissen kommen kann. Das Ergebnis war ein Achtpunkteplan mit schicker Taskforce und tollen Worten.

Vor einigen Monaten wurden wir Piraten informier – nicht durch die Landesregierung, versteht sich –, dass es zu weiteren Misshandlungen gekommen sei, und das ausgerechnet in Burbach, wo sich doch der Innenminister persönlich kümmern wollte, dass alles gut wird. Daraufhin haben wir Kontakt gesucht: mit dem Innenministerium, der Bezirksregierung und Staatsanwaltschaften. Wir haben Anfragen gestellt und mit Betroffenen gesprochen. Aber dort, wo wir erwartet haben, die zuständigen Behörden würden aktiv, wurde gebremst, abgewiegelt, es wurden Fehlinformationen verbreitet und Druck ausgeübt. Öffentlich wurden die Zwischenfälle in Burbach und Olpe dann aber nicht durch die Behörden, sondern durch Blog- ger und Journalisten.

In den Sicherheitsdiensten arbeiten Rechtsradikale. Geflüchtete berichten von Einschüchterungen, sexuellen Belästigungen und einem Klima der Angst. Mitarbeiter, die aussagen, werden von den Behörden unter Druck gesetzt und diffamiert. Aber es gibt ja die tolle Taskforce. Die kümmert sich. Ich zitiere einen fachkundigen Informanten: Wenn die Taskforce in eine Unterkunft kommt, dann ist das so, als würde man einen Bäcker schicken, um ein Auto zu reparieren. – Nichts ist passiert, gar nichts. Der Innenminister und sein Achtpunkteplan sind gescheitert. Mitarbeiter bei Sicherheitsdiensten sollten verfassungsrechtlich überprüft werden. Aber der Verfassungsschutz und auch der Arbeitgebersind nicht einmal in der Lage, Namen bei Google einzugeben. In der Sitzung des Innenausschusses letzte Woche kamen Sie damit, wir Piraten würden eine Onlineüberwachung fordern. Wenn Sie nicht den Unterschied zwischen Überwachung und

Ermittlung kennen, dann tut es mir wirklich leid. Bisher konnten wir immer noch lachen, wenn Sie im Umgang mit dem Netz unfähig waren. Aber Ihre Unfähigkeit gefährdet jetzt Menschen. Zur Schande von Burbach kommen also die Schande von Bad Berleburg, die Schande von Essen, die Schande von Olpe und wieder die Schande von Burbach. Die Antworten, die ichauf meine Anfragen der letzten Monate bekommen habe, sind erschreckend und skandalös. Kein Bewohner der Einrichtungen bekommt den Schutz, den er oder sie verdient. Es müssen sinnvolle Mechanismen etabliert werden, um solche Zustände zu verhindern. Wir haben sie alle in unserem Antrag einfach einmal für Sie aufgeschrieben. Ganz egal, was sich letztlich von der Vielzahl der Anschuldigungen bewahrheitet – das ist ganz egal –, die Forderungen in unserem Antrag sind absolute Selbstverständlichkeiten und keine schicken Obendrauf – Extras.

Natürlich gibt es häusliche und sexuelle Gewalt auch außerhalb der Unterkünfte. Aber da sitzen Ihre Mitarbeiter nicht mit am Küchentisch und sind direkt für die Sicherheit verantwort- lich. Handeln Sie jetzt. Machen Sie Ihren Job. Wenn Sie das nicht können, Minister Jäger, machen Sie Platz für jemanden, der das kann, und legen Sie Ihren Posten nieder. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Protokoll der 2. Rede von Simone Brand:

Simone Brand (PIRATEN): Danke, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Ich hatte schon in meinem mündlichen Beitrag gesagt, dass abgewartet werden muss, was sich von den Vorwürfen tatsächlich bewahrheitet. Ich habe nicht gesagt, dass das alles wahr ist. Da ermittelt die Staatsanwaltschaft; das ist klar. Ich verstehe immer noch nicht, warum Frau Düker von einer „umfassenden Profilerstellung des Verfassungsschutzes“ spricht. Sie werfen uns vor, wir würden wollen, dass der Verfassungsschutz die Menschen ausschnüffelt. Dem ist nicht so; ich habe vielmehr von dem geredet, was hier in Deutschland jeder Arbeitgeber macht, bevor er jemanden einstellt oder zum Vorstellungsgespräch einlädt: Er googelt kurz den Namen oder geht auf das Facebook-Profil und schaut sich an, mit wem er es zu tun hat: Befinden sich da Partyfotos? Findet man vielleicht rechtsradikales Material?

(Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales: Die dürfen das aber auch!)

Da geht es nicht um Schnüffeln durch den Verfassungsschutz. Und noch eine Sache: Sie haben auf mehrere Fragen meiner Kleinen Anfrage antworten lassen: Beschwerden werden nicht dokumentiert. – Dann stimmt aber entweder diese Antwort nicht, oder aber das, was Sie vorhin gesagt haben, ist falsch. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

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https://www.piratenfraktion-nrw.de/2016/09/immer-noch-viele-missstaende-in-der-nordrhein-westfaelischen-fluechtlingsaufnahme-die-landesregierung-muss-endlich-fuer-gewaltschutz-transparenz-und-kontrolle-sorgen/feed/ 0