I. Sachverhalt
In der Diskussion über die Bildungsaufgaben für ein Leben in der digitalisierten Welt wird der hohe Stellenwert des Fachs Informatik allgemein anerkannt. Denn: „Informatik ist die Bezugswissenschaft sowohl für die digitale Bildung wie auch für die Entwicklung der Medienkompetenz und für den Übergang von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft.“ (Fachgruppe Informatische Bildung Nordrhein-Westfalen in der Gesellschaft für Informatik, Stellungnahme 16/3815) Diesem hohen Stellenwert für eine zeitgemäße Allgemeinbildung kann nicht allein mit der Vermittlung von informatischen Grundkenntnissen in anderen Fächern entsprochen werden.
Ein Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus zeigt, dass in anderen Ländern bereits Ansätze existieren, um informatisches Denken bereits für Kinder im Grundschulalter verfügbar zu machen. Beispielsweise in England wurde zum Schuljahr 2014/15 das Fach „Computing“ als Pflichtfach ab der 1. Klasse eingeführt. Neben dem Erwerb von Medienkompetenz zielt der Kernlehrplan in England auch darauf ab, ein Verständnis für grundlegende Konzepte der Informatik bei den Schülerinnen und Schülern zu schaffen (vgl. Renate Acht, Wie passt ein Video durchs Kabel? Informatische Bildung im Primarbereich, in: Schule NRW, 07/08 2015, S. 327ff.). Auch in Nordrhein-Westfalen ist mit dem Projekt „Informatik an Grundschulen“ ein erster Schritt in diese Richtung unternommen worden. In diesem Projekt wird an fünf Grundschulen in NRW erprobt, wie informatische Bildung ohne den Einsatz von Informatiksystemen für Grundschülerinnen und Grundschüler gestaltet werden kann.
Im Ganzen betrachtet ist das Fach Informatik an den nordrhein-westfälischen Schulen im Vergleich zu den meisten anderen Fächer nur schwach vertreten. Gegenwärtig wird Informatik als Wahlpflichtfach in der Sekundarstufe I angeboten. Zu Beginn der gymnasialen Oberstufe kann es als Grundkurs gewählt werden und in der Qualifikationsphase auch als Leistungskurs weitergeführt werden. So kann Informatikunterricht zwar an der Mehrzahl der weiterführenden Schulen angeboten werden, aber auf das Fach entfällt nur ein kleiner Unterrichtsanteil.
Es wird auch nur von relativ wenig Schülerinnen und Schülern in der gymnasialen Oberstufe gewählt. Dabei belegen in der gymnasialen Oberstufe nur sehr wenige Schülerinnen das Fach. Im Schuljahr 2015/16 wurden in der gymnasialen Oberstufe insgesamt 42041 Schülerinnen und Schüler im Fach Informatik unterrichtet, darunter lediglich 10472 Schülerinnen. Unter den 1576 Schülerinnen und Schülern, die im Schuljahr 2015/16 in der Qualifikationsphase Informatik als Leistungskurs belegt haben, finden sich nur 287 Schülerinnen (vgl. Das Schulwesen in Nordrhein-Westfalen aus quantitativer Sicht 2015/16, hrsg. v. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2016, S. 92).
Auch wird das Fach Informatik oftmals von Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet, die keine Lehrbefähigung für dieses Fach haben. Im Bericht zur Aktuellen Situation bezüglich des Fachs Informatik (Vorlage 16/4904) gibt die rot-grünen Landesregierung zum fachfremd erteilten Unterricht im Fach Informatik für das Schuljahr 2016/17 Quoten zwischen 36,2% an Gymnasien und 82,8% an Hauptschulen an. Dies zeigt, dass Fachlehrer für Informatik in den Kollegien nicht ausreichend vertreten sind. Es ist anzunehmen, dass sich die Situation in Zukunft noch verschärft. Hierauf weist beispielsweise Klaus Klemm in seiner aktualisierten Version der Studie „Lehrerinnen und Lehrer der MINT-Fächer: Zur Bedarfs- und Angebotsentwicklung in den allgemein bildenden Schulen der Sekundarstufen I und II am Beispiel Nordrhein-Westfalens“ aus wem Juli 2015 hin. Für die Bestandsentwicklung der Lehrkräfte dieses Fachs bis zum Schuljahr 2025/26 erwartet Klemm einen Rückgang auf 52% des Wertes des Schuljahrs 2012/13. Als Bedarfsdeckungsquote bis zum Schuljahr 2025/26 prognostiziert Klemm für das Fach Informatik lediglich eine Quote von 25%.
II. Der Landtag stellt fest
- Angesichts der zentralen Bedeutung des Fachs Informatik für die Bildung in der digitalisierten Welt ist anzustreben, dass mehr Kinder und Jugendliche in diesem Fach unterrichtet werden.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf
- wirksame Maßnahmen zur Stärkung des Fachs Informatik zu ergreifen und dabei insbesondere gegenüber den Hochschulen, die Standorte der Lehrerausbildung sind, anzuregen, die Kapazitäten für die Lehramtsstudiengänge für das Fach Informatik auszubauen, so dass auf Zulassungsbeschränkungen für diese Studiengänge möglichst verzichtet werden kann.
- in der Lehramtszulassungsverordnung das Studienfach Informatik bei den Studiengängen der weiterführenden Schulen (§3 Abs. 2 und §4 Abs. 2) in die Liste jener Fächer aufzunehmen, die mit einem beliebigen zweiten Fach kombiniert werden können.
- das Projekt „Informatik an Grundschulen“ mit dem Ziel fortzuführen, die verbindliche Aufnahme von Lerninhalten der informatischen Allgemeinbildung in den Unterricht der Grundschulen vorzubereiten.