AK4-News vom 21.09.2015: Autonomes Fahren, PPP, Klimaschutzplan

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14-tägige Infopost der Fraktion
zu den Themen Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung, Verkehr, ÖPNV, Klimaschutz, Klimaschutzplan, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Wirtschaft, Mittelstand, Energie, Bergbau und Landesentwicklung

Zusammengestellt von den Abgeordneten und Mitarbeitern des neuen virtuellen Arbeitskreises #4 (AK4) der Landtagsfraktion.
Jeweils an Montagen in ungeraden Wochen bis 18:00 Uhr tragen wir in einem Pad unsere Infos zusammen. Am Abend wird das Infopaket dann als E-Mail versendet.

Was war? Weiterlesen »

DANKE an alle Helfenden!

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Die Menschen in Deutschland zeigen Haltung, im Gegensatz zur Bundesregierung

Für uns als Dortmunder Piraten war es in den letzten Wochen wunderbar zu sehen, wie viele Menschen bereit sind einfach zu helfen. Die mehr als 1.000 Freiwilligen, die in den letzten Wochen unermüdlich im Dietrich-Keuninghaus halfen, haben gezeigt, das Menschen, darunter auch viele Piraten, sich einbringen. Da wo Menschen direkt helfen und etwas bewegen können, ist von Müdigkeit keine Spur.
DANKE an alle Helfenden!

Die Selbstorganisation und die gezeigte Professionalität hätte man eigentlich von bundesdeutschen Behörden erwartet. Doch das Versagen des Bundesministeriums für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und anderer Behörden wurde an allen Ecken und Enden überdeutlich.Ohne die tausendfache Hilfe der Menschen in Dortmund und im ganzen Land hätte man die geflüchteten Menschen nicht vernünftig aufnehmen und verteilen können. Doch es geht den Dortmundern nicht nur um ein kurzfristiges Engagement. Inzwischen haben sich mehr als 2.000 Menschen bei verschiedenen Projekten gemeldet, die dauerhaft den Geflüchteten helfen wollen. Zum Beispiel beim Projekt Ankommen e. V.

Die Menschen in Deutschland haben gezeigt, dass sie Flüchtlingen wirklich Asyl geben wollen. Und was ist die Reaktion der Bundesregierung? Erst werden Flüchtlinge pressewirksam willkommen geheißen, nur um im Nachgang Gesetze zu verschärfen und unser sowieso schon dünnes Asylrecht bis aufs Mark zu entkernen.

Es ist davon auszugehen, dass die gleichen Bundespolitiker, die erst zusammen mit Geflüchteten in Kameras lächeln, im Hinterzimmer daran arbeiten, dass nach Ungarn, das anscheinend freiwillig mitmacht, alle Balkanstaaten dazu gezwungen werden ihre Grenzen dicht zu machen. Anders ist der Politikwechsel z. B. in Kroatien kaum zu erklären. Es ist Zeit die unsägliche Drittstaatenregelung aus den Dublin III Verträgen zu beenden und selbst Verantwortung zu übernehmen.

Diese Politik der Abschottung ist eine Bankrotterklärung der EU als Union der Menschen. 

Festzuhalten bleibt, die allermeisten Menschen in Deutschland nehmen die Geflüchteten gerne auf, und das aus moralischen und humanitären Gründen. Aber selbst wenn man rein wirtschaftlich denkt, wie es unsere Bundesregierung wohl macht, ist es, ausnahmsweise, mal wirklich alternativlos zu helfen.

Als eines der reichsten Länder der Welt (Zusammenfassung, Studie) mit
einem Wohnungsleerstand von mehr als 1,7 Mio. Wohnungen können wir uns das nicht nur leisten, es ist im Hinblick auf unsere Demografie überlebensnotwendig für unser Land. Schließlich werden in Deutschland seit 1972 jedes Jahr weniger Menschen geboren als sterben (Publikation S. 21).

Deutschland ist sei
t Jahrhunderten ein Einwanderungsland, eine Information, die einem Innenminister namens „de Maizière“ mal bewusst werden sollte.
Dieser Artikel erschien zuerst bei den Piraten Dortmund und wurde von Dirk Pullem, Wolfgang Schlunder, Dieter McDevitt und Torsten Sommer erstellt.

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

TOP 5, 04.09.2015, LT NRW, Abschlussbericht der Enquetekommission III, „Tragfähigkeit der Haushalte …“

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ek3-titelbild300Abschlussbericht der Enquetekommission III „Bewertung der Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte in Nordrhein-Westfalen unter den Bedingungen der Schuldenbremse und des demografischen Wandels in der Dekade 2020 bis 2030“ gemäß § 61 Absatz 3 der Geschäftsordnung, Drucksache 16/9500 zu dem Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2133 (Neudruck)

Eine Anmerkung vorab: Mit Enquetekommissionen ist das ja so eine Sache. Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft sollen sie sein und sich an der Zukunft und weniger am parteipolitischen Kleinklein orientieren. Deshalb darf ja auch jede Fraktion einen Sachverständigen benennen, der kein parlamentarisches Mandat hat, in der Enquete jedoch voll stimmberechtigt ist. Des Weiteren sollen diese Enquetes möglichst konsensorientiert arbeiten. In dieser Kommission war das jedoch trotz allen Bemühens nicht möglich. Jede(r), der sich dafür interessiert, kann sich den Abschlussbericht herunterladen: Drucksache 16/9500

Ab Seite 251 – pdf-Zähler, nicht Seitennummerierung – finden sich die beiden großen Sondervoten der Piratenfraktion und des von den Piraten benannten Sachverständigen, des Volkswirten Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup.

Mein Dank gilt zunächst unserer Referentin, der Volkswirtin Elisabet Paskuy und meinen Abgeordnetenkollegen Dietmar Schulz und Torsten Sommer, die letzte Inputs für die Abfassung unseres Sondervotums gegeben haben. Einen Kurzabriss enthält meine Rede zum Abschlussbericht.

Aus dem Plenarprotokoll ->

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die Piraten spricht jetzt Herr Dr. Paul.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen lieben Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Raum und zu Hause! Ich bin heute in friedvoller Stimmung, und als Erstes möchte ich mich ganz ausdrücklich bei den Kommissionsmitarbeitern des Landtags bedanken, die der Enquetekommission effizient und geräuschlos zugearbeitet haben. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Mein Dank gilt bei allem Dissens auch den Sachverständigen und den Kommissionskollegen der anderen Fraktionen. Ich habe in den zwei Jahren viel von euch gelernt – manchmal sogar, wie man es nicht macht. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Besonders hervorheben möchte ich aber Ihre Kommissionsleitung, sehr geehrte Frau Birkhahn, liebe Astrid.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich weiß, Sie hatten es nicht leicht mit uns Piraten. Ihre Moderationskompetenz wurde durch ein zugegeben immer wieder insistierendes Verhalten dann und wann auf eine sehr harte Probe gestellt – zum einen von mir, zum anderen von unserem sehr geschätzten Piraten-Sachverständigen, Herrn Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup. Was bleibt einem Wissenschaftler, einem gestandenen Volkswirt, angesichts eklatanter, selbstauferlegter Denkverbote aber auch anderes übrig, als renitent zu werden?

Sie haben es in Ihren einführenden Worten selber gesagt, Frau Birkhahn: Die Kommission hat eine Best-case-Annahme gemacht, nämlich die, die Schuldenbremse einzuhalten. Ich würde von einer Enquetekommission, in der sich Politik und Wissenschaft treffen, erwarten, dass man die Randbedingungen, die für die Behandlung eines Sachverhaltes wichtig sind, auch ein Stück weit variiert. Sonst wird der Zusammenhang – die Kurve dazwischen – irgendwie beliebig. Ich bin nur ein kleiner dummer Naturwissenschaftler, aber ich habe es so gelernt, dass man die Randbedingungen mit diskutiert.

(Marcel Hafke [FDP]: Sie hätten ja einen Vorschlag machen können!)

– Das haben wir ja gemacht. Er wurde abgelehnt: Die Schuldenbremse wird gehalten. Variieren ist notwendig, Herr Hafke.

(Beifall von den PIRATEN – Marcel Hafke [FDP]: Das steht in der Verfassung!)

– Ja, gut, das Grundgesetz ist aber kein Naturgesetz, und es gibt Zusammenhänge in dieser Welt, die sich uns nicht erschließen. Deshalb müssen manche Dinge vielleicht einmal in den Blick genommen werden – gerade von einer zukunftsorientierten Kommission.

Es wurde ja auch verwiesen, und in der Verfassungskommission wird das ja auch parallel diskutiert, aber dort diskutieren leider nur Juristen.

Mir kam es ein bisschen so vor – Sie werden sich vielleicht noch erinnern – wie im „Leben des Galilei“ von Bert Brecht, wo sich die Kleriker des Vatikans weigern, einen Blick durch das Fernglas zu werfen. Stattdessen kaprizierte man sich ein bisschen auf das, was nicht sein darf. Markttheologen verdammen Staatsschulden!

(Britta Altenkamp [SPD]: Selbstüberschätzung!)

Die zweite Randbedingung: der demografische Wandel. Herr Schmitz, Sie haben es gerade gesagt: „Der demografische Wandel kommt, aber er lässt sich nicht voraussagen“ – wortwörtlich.

(Hendrik Schmitz [CDU]: Ja!)

Lange bevor der IT.NRW-Bericht kam, hatten wir den renommierten Mathematiker und Sachverständigen Gerd Bosbach, Professor der Mathematik, eingeladen, der noch einmal ganz explizit methodisch auf Stolperfallen in statistischen Voraussagen hingewiesen hat. Das wurde in den Wind geschlagen. Dadurch – das finde ich für uns alle ein bisschen schade – ist Zeit für die Kommission verloren gegangen, die man ein bisschen anders hätte verwenden können.

Man hätte sich beispielsweise noch intensiver mit dem auseinandersetzen können, was hier immer „digitaler Wandel“ genannt wird. Ich finde das ein bisschen schräg und möchte uns allen ein neues Wording vorschlagen. Wenn wir geschichtlich von der industriellen Revolution sprechen und jetzt vom digitalen Wandel, dann ist das wie Wattebäuschchenwerfen. Dazu sind wir nicht verpflichtet.

(Christian Möbius [CDU]: Machen Sie mal einen Vorschlag!)

– “Digitale Revolution“ ist das richtige Wording, nicht „Wandel“.

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Hat ja noch nie jemand benutzt!)

Wir wissen aus der Betrachtung: Die Einwohnerzahl von Nordrhein-Westfalen wird ab jetzt bis 2025 um ein knappes Prozent zunehmen. Das sind die Zahlen von IT.NRW, die Flüchtlinge noch nicht mitgerechnet.

Gerade was die digitale Revolution angeht, ist es nicht zu einer ganzheitlichen Betrachtung gekommen, die wir Piraten so gerne befürworten, sondern eher zu einer – so sage ich es mal – neoliberalen Renditeromantik. Das war nicht so schön.

(Ralf Witzel [FDP]: Oh!)

Aber glücklicherweise wird die fehlende Betrachtung zumindest teilweise durch das Sondervotum von Herrn Bontrup ersetzt.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Sehr geehrter Herr Finanzminister Norbert Walter-Borjans, Sie sind naturgemäß der erste Adressat der vielen Adressaten des Kommissionsberichts. Die Enquetekommission hat festgestellt – im Übrigen über alle Querelen hinweg; das ist durch die anderen Reden ja auch zum Ausdruck gekommen –, dass das Land NRW massiv unterinvestiert ist. Die Investitionsquoten – sowohl die investive als auch die konsumtive – sind strukturell zu niedrig.

Ich bin kein großer Freund der Bertelsmann Stiftung, im Gegenteil, aber von da kam eine Studie, die besagte, dass in diesem Jahr in NRW 3.500 Lehrer fehlen. Wie dem auch sei, auch Sie, Herr Finanzminister, gehen davon aus – Sie haben gestern sehr vorsichtig gesagt, Sie werden 2019 nicht aus dem Blick nehmen; das kann man ja immer sagen –, dass die Steuereinnahmen weiter sprudeln werden und dass die Zinsen niedrig bleiben. Das ist auch eine Form von Best-case-Politik.

In dem Zusammenhang möchte ich mit Ihnen mal einen Blick über den nordrhein-westfälischen Tellerrand werfen: In den letzten Wochen hat die chinesische Volkswirtschaft zweimal kräftig gehustet. Was, wenn daraus eine Lungenentzündung wird? Mit Sicherheit – das können wir ohne große Vorhersagekenntnisse sagen – werden die phänomenalen Wachstumsraten der letzten Jahre in China nicht zu halten sein.

Wie sollen dann hier – Stichwort „Export“, Deutschland und NRW hängen ja am Export wie ein Schwerverletzter am Infusionstropf – die Wachstumsraten gehalten werden, auch vor dem Hintergrund, dass das weltweite Finanzkapital mit einem Volumen von 3,5 bis 4 größer als die Realwirtschaft seine Renditeansprüche geltend macht und nach Investitionsmöglichkeiten sucht?

Sie, Herr Finanzminister, müssen bis 2019 – verfassungsrechtlich abgesichert – ein ausgeglichenes Budget vorlegen. Hand aufs Herz: Wie wollen Sie das machen? Wir brauchen eine expansive Finanzpolitik. Ich greife nur eine Handlungsempfehlung, die sowohl im Piratensondervotum als auch in dem unseres Sachverständigen steht, heraus: Eine baldmöglichste Wiedereinführung der Vermögensteuer …

(Ralf Witzel [FDP]: Wer soll das denn bezahlen, was Sie alles fordern?)

– Herr Witzel, lassen Sie mal die Renditeromantik. Hören Sie mal zu, dann können Sie noch was lernen.

(Henning Höne [FDP]: Nicht von Ihnen!)

Ich bin im Endeffekt ganz froh über den Kommissionsbericht, denn durch die beiden Sondervoten wird er eigentlich doch noch rundgemacht. Ich wünsche allen Beteiligten viel Spaß beim Lesen und bedanke mich aufs Schärfste für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Dr. Walter-Borjans.

TOP 5, 03.09.2015, LT NRW – Informationsfreiheit an den Hochschulen

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TOP 5 Informationsfreiheit darf nicht an der Universitätstür Halt machen! – Landesregierung muss endlich für Transparenz sorgen

Antrag der Fraktion der PIRATEN, Drucksache 16/9589

Aus dem Plenarprotokoll des Landtages NRW ->
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende Piratenfraktion Herrn Kollegen Dr. Paul das Wort. Bitte.

Dr. Joachim Paul*) (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier und zu Hause! Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Aber diese Freiheit entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Das will ich zu Beginn ausdrücklich unterstreichen; denn das bedeutet nicht, dass die Informationsfreiheit, die im selben Artikel des Grundgesetzes garantiert wird, ausgehebelt werden darf.

Das wollen wir mit unserem Antrag debattieren, der sich auf die bestehende Landesgesetzgebung bezieht. Anstoß waren die jüngst zurückliegende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster zur Frage der Veröffentlichung des Kooperationsvertrages zwischen der Bayer AG und der Universität zu Köln und darüber hinaus ein Passus aus unserem Wahlprogramm 2012.

Wir Piraten sind der Auffassung, dass die Forschungsfreiheit an den Hochschulen gefährdet ist, wenn private Auftraggeber gezielt ein bestimmtes Forschungsergebnis verfolgen können. Dadurch wird eine ergebnisorientierte Forschung unter dem Deckmantel von Neutralität und Sachlichkeit später als öffentliches universitäres Forschungsergebnis präsentiert. Wir fordern daher eine deutliche Nennung der privaten Förderer und Kooperationspartner.

Durch Verträge gehen die Rechte an den Forschungsergebnissen oftmals vollständig an den privaten Auftraggeber über. Dadurch werden Patente in der privaten Wirtschaft geschaffen, die durch öffentliche Gelder mitfinanziert sind. Das ist zunächst einmal okay. Aber wenn die Patente dann irgendwann in Asien oder den USA auftauchen und unsere Gesellschaft nichts davon hat, dann ist das nicht so schön.

Bei Beteiligung von öffentlichen Geldern sind unserer Meinung nach alle Forschungsergebnisse öffentlich zu machen.

Wie ist es aktuell in NRW? Das Informationsfreiheitsgesetz blendet aktuell den Forschungsbereich aus und versieht alles, was mit Transparenz zu tun haben sollte, mit einem Freibrief für Partikularinteressen von Unternehmen. Auch die marginalen Veränderungen im sogenannten Hochschulzukunftsgesetz zur Veröffentlichung von Drittmittelprojekten und Forschungskooperationen sind – gemessen am gesamtgesellschaftlichen Transparenzanspruch – unzureichend.

Diese Landesregierung spricht viel von Verantwortung, kippt aber vor Lobbyinteressen um. So sah der Referentenentwurf der Landesregierung zum Hochschulzukunftsgesetz zunächst vor, dass die Hochschulen zur Veröffentlichung von Drittmittelprojekten und Forschungskooperationen verpflichtet werden. Der Aufschrei von Lobbyverbänden war riesengroß und der Untergang des Abendlandes wurde herbeibeschworen. Schwuppdiwupp wurde dieser Passus wieder geändert.

Wir sehen es ähnlich wie der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages, der Folgendes zur Veröffentlichung von Kooperationen sagte. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, zitiere ich:

„Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen gewinnen an Bedeutung. Um einer übermäßigen Einflussnahme auf das Handeln einer Hochschule entgegenzuwirken und größere Transparenz sicherzustellen, käme die Einführung einer Veröffentlichungspflicht für Kooperationsverträge in Betracht.“

„Dem Interesse an größerer Transparenz hinsichtlich der Kooperationen von Hochschulen und Unternehmen könnte jedoch durch eine inhaltlich beschränkte Offenlegungspflicht begegnet werden. Eine Veröffentlichung der Fördersumme sowie der Laufzeit einer Kooperation dürfte grundsätzlich mit den Grundrechtspositionen der Beteiligten zu vereinbaren sein.“

„Letztlich stellt sich auch die Frage, ob und wie einer zunehmenden Einflussnahme von Unternehmen auf Hochschulen entgegengewirkt werden sollte.“

„Eine Veröffentlichungspflicht, die sich auch auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse erstreckt, wäre ein Eingriff in Artikel 12 Abs. 1 GG. Ein solcher Eingriff ist als Eingriff in die Berufsausübung zu werten und wäre gerechtfertigt, wenn das zu Grunde liegende Gesetz durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.“

„Im Ergebnis dürfte eine auf einzelne Vertragsdetails beschränkte Veröffentlichungspflicht mit der Berufsfreiheit vereinbar sein.“

Das ist ein Abwägungsproblem. Es besteht auf der einen Seite ein öffentliches Interesse an dem, was an den Hochschulen als gesellschaftlichen Einrichtungen passiert. Auf der anderen Seite gibt es auch privatwirtschaftliche Interessen von Unternehmen.

Entsprechend dem von uns genannten Passus in der Antwort auf die Regierungserklärung von Hannelore Kraft im Januar kann man von Datensparsamkeit und Datenvorsicht sprechen: Also so viele Daten wie möglich, um die Öffentlichkeit genügend zu informieren, aber so wenige Daten wie nötig, um etwaige Betriebsgeheimnisse usw. zu wahren.

In NRW ist diesbezüglich leider nicht so viel passiert. Eigentlich gar nichts. Wir fordern daher die Landesregierung auf, die nötigen Änderungen im Informationsfreiheitsgesetz und dem Hochschulzukunftsgesetz vorzunehmen, um der Einflussnahme auf die Freiheit der Forschung und Lehre zu begegnen und auch die notwendige Transparenz herzustellen, damit es dem Wissenschaftsstandort NRW nicht schadet. – Vielen Dank. Wir freuen uns auf konstruktive Diskussionen im Ausschuss.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Paul. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Bell das Wort.

Unsere Gegenwart ist ein kybernetisches Desaster

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

sbeercyber400und ich gratuliere Jakob Augstein zu diesem Satz. Ausdrücklich. Nicht, weil ich etwa die Aussage klasse finde. Sondern, weil er die tatsächliche aktuelle Weltlage trifft wie kein anderer in der letzten Zeit. Der Satz findet sich in seinem Kolumnen-Beitrag vom 17.09.2015 auf Spiegel Online mit dem Titel „Merkels Flüchtlingspolitik: Die Vertrauensfrage“.

Genauer und im Kontext schreibt er, dass Innenminister Thomas de Maizière gesagt habe: „Die Dinge sind aus dem Ruder geraten“ und das dies gegen seine Kanzlerin gegangen sei. „Die hatte die Grenzen geöffnet. De Maizière hat sie wieder geschlossen. Um das Staatsschiff wieder auf Kurs zu bringen. Aber auf welchen? Im Griechischen ist der Kybernetes der Steuermann, der dafür sorgt, dass der Kurs anliegt. Die Kybernetik ist die Lehre von der Steuerung der Systeme. Unsere Gegenwart ist ein kybernetisches Desaster. Die Mechanismen der Regulierung versagen. Nicht nur in der Flüchtlingskrise.

Augstein nimmt also die jüngsten Ereignisse um die Flüchtlingskrise zum Anlass für eine grundlegende Kritik der politisch Handelnden.

„Bis in die Siebzigerjahre gab es im Westen ein großes Vertrauen in die steuernde Kraft der Politik“, heißt es bei Augstein weiter, dann „wurde die Politik durch die Märkte abgelöst. Da konnte man auf Kontrolle verzichten – es gab ja die Selbstregulation.“

Ja. Treffer versenkt. Unbedingt. Die Quittung dafür hatten wir ja in der Finanzkrise 2007, die in der Folge bis heute schlicht zur Staatsverschuldungskrise umdefiniert wurde.

Ich bin Augstein regelrecht dankbar, den Begriff der Kybernetik wieder mal ins Spiel gebracht zu haben. Dahinter verbirgt sich nämlich weit mehr, als bloße Regelkreistechnik.

„Cybernetics is the science of effective organization“,

sagte der britische Kybernetiker und Managementlehrer Stafford Beer.[1] Einer der wesentlichen Versuche des 20. Jahrhunderts, kybernetische Prinzipien in Politik und Wirtschaft zur Anwendung zu bringen, geht auf ihn zurück. Sein gerade angelaufenes Projekt Cybersyn zur Steuerung der chilenischen Volkswirtschaft wurde 1973 kurz nach Beginn gleich wieder ausgesetzt durch den Putsch der vom Ausland, speziell den USA, unterstützten Faschisten unter Pinochet gegen den amtierenden und demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende, der selbst große Hoffnungen in dieses kybernetische Projekt gesetzt hatte.

(Nicht so ganz nebenbei bemerkt, die damalige Sowjetunion hat dem Putsch einfach zugeschaut. Den Zwangskollektivierern im Kreml war das Allende-Projekt ebenfalls nicht geheuer.)

So bleibt der letzte Aufweis, dass kybernetische Lenkung tatsächlich auch politisch funktionieren kann, weiterhin aus. Was also tun?

Wie sich unschwer feststellen lässt, funktioniert Anderes erst recht nicht, Augstein zeigt das ja. Es sind die kybernetischen Rückkopplungen, die fehlen, um große Systeme zu einem stabilen Verhalten zu führen. Frau/mann kann auch sagen, die demokratischen Rückkopplungen fehlen.

Der Medienphilosoph Vilém Flusser sieht für die Zukunft zwei mögliche Schaltpläne, der eine, die aktuell vorherrschende „Verbündelung der Massenmedien“ führe zu einer „gleichgeschalteten totalitären Massengesellschaft“.[2] Ok, der Weg dahin ist überdeutlich zu sehen.

Den anderen nennt er „Netzschaltplan“, er installiert die fehlenden kommunikativen und demokratischen Rückkopplungen und müsste laut Flusser in die Informationsgesellschaft führen, Vernetzung anstatt Verbündelung.

Und welchem „Schaltplan“ geben die Lesenden dieses Textes den Vorzug?

Wie dem auch sei, danke, Jakob Augstein, für das Stichwort.

Man kann sich natürlich mal wieder eine alte Scheibe auflegen, John Lennons „Power to the People“. Und dazu eine Flasche Rotwein aufmachen. Das ist vielleicht motivierend. Auf jeden Fall schadet es nicht.

Was in der Tat schadet, ist, aus der Digitalisierung eine Religion zu machen.

Denn Religionen verbündeln. Sie vernetzen nicht.

Fuck Digitalism!
Bestes, Nick H. Aka Joachim Paul

[1] Beer, Stafford; Brain of the Firm, Chichester, England, 1972
[2] Flusser, Vilém; Verbündelung oder Vernetzung?, in: Kursbuch Neue Medien, Bollmann Verlag, Mannheim 1995, S. 15-23

Neuauflage der HoGeSa-Demo in Köln: Sind anschließend alle wieder überrascht?

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

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„Du bist wirklich saudumm, darum geht’s dir gut.
Hass ist deine Attitüde, ständig kocht dein Blut.
Alles muss man dir erklären, weil du wirklich gar nichts weißt.
Höchstwahrscheinlich nicht einmal, was Attitüde heißt!“
Die Ärzte: „Schrei nach Liebe“

Zum Jahrestag der gewalttätigen Demonstration mit dem Namen „Hooligans gegen Salafisten“ in Köln ist erneut eine Demonstrationsanmeldung aus dem gleichen politischen Spektrum vorgenommen worden. Für den 25.10.2015 wird mit dem Motto „Der gleiche Ort – Die gleiche Demoroute – Die gleiche Uhrzeit – Köln 2.0“ zu einem Aufmarsch aufgerufen. In Nazi- und Hooligankreisen wird eifrig für eine Wiederholung der Randale des letzten Jahres geworben.

Vergangenes Jahr waren etwa 5000 Holigans und Nazis in der Kölner Innenstadt aufmarschiert und konnten nahezu ungestört randalieren, Menschen bedrohen, Polizeifahrzeuge umwerfen, den Hitlergruß zeigen und rassistische und menschenverachtende Parolen brüllen. Diese Form von Zusammenarbeit von Hooligans und Neonazis hatte eine neue Qualität erreicht. Die Polizei war sichtlich überfordert und unterbesetzt – eine angemessene Aufarbeitung durch Polizei und Landesregierung fand bislang nicht statt.

Die HoGeSa-Demonstration war das Signal für eine bundesweite Kette von Folge-Demonstrationen, aus denen sich Pegida und andere fremdenfeindliche Bewegungen entwickelten. Angriffe auf Flüchtlingsheime wurden zu täglichen Nachrichtenbildern.

Dieses fatale Signal darf sich nicht wiederholen. Die braunen Horden dürfen nicht nahezu ungehindert in den Straßen Kölns randalieren. Die Landesregierung muss rechtzeitig einschreiten und alle angemessenen, möglichen Maßnahmen ergreifen.

Es wäre unerträglich, wenn die Landesregierung erneut von Größe und Aggressivität der Demonstration überrascht wird. Daher habe ich eine kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet, in der ich ihr folgende Fragen stelle:

  1. Auf welche Teilnehmerzahlen der neuen HoGeSa-Demonstration in Köln richtet sich die Landesregierung ein?
  2. Welche konkreten Vorbereitungen ergreift die Landesregierung? Gehen Sie darauf ein, wie Sie konkret Ausschreitungen und volksverhetzende Parolen unterbinden wollen.
  3. Welche Anzeichen sieht die Landesregierung, dass es erneut zu Gewalt kommen wird?
  4. Welche Auflagen werden für die Demonstration erteilt bzw. vorgesehen?
  5. Welche Bedingungen müssen in diesem konkreten Fall eintreten bzw. erfüllt werden, damit diese Demonstration untersagt bzw. aufgelöst werden kann? Gehen Sie darauf ein, inwieweit solche Bedingungen bereits erfüllt sind bzw. bei der Demonstration vergangenes Jahr eingetreten waren.

Hoffen wir, dass die Polizei diesmal besser vorbereitet ist, und dass die Demonstration, sobald sie aus dem Ruder läuft, unterbunden wird. Vielleicht trägt ja meine kleine Anfrage etwas dazu bei.

Selbstverständlich wird es auch wieder Gegendemonstrationen geben! Das Bündnis „Köln gegen Rechts“ mobilisiert unter dem Titel „Kein Comeback von HoGeSa“. Kommt zahlreich!

Die Digitale Revolution braucht digitale Medienbildung

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Homepage, Michele Marsching, Persönliche Blogposts, Schule und Weiterbildung (A15).

Zur aktuellen PISA-Studie „Students, Computers and Learning: Making the Connection“:

Die PISA-Studie hat wieder einmal gezeigt, dass beim Erwerb digitaler Kompetenzen das Elternhaus der Schüler eine große Rolle spielt.

 

Schüler aus sozial benachteiligten Familien tun sich hier deutlich schwerer als Schüler aus begünstigten Familien.

 

Um diese digitale Spaltung zu überwinden sind mehr Anstrengungen notwendig. Alle Schüler müssen im Unterricht die Arbeit mit Computern und Internet einüben und brauchen verbindliche Angebote einer digitalen Medienbildung. Bei der Nutzung digitaler Geräte in der Freizeit erwerben Kinder und Jugendliche nicht zuverlässig die Fähigkeiten, die ihnen die volle Teilhabe an der digitalen Gesellschaft ermöglichen.

IM Jäger bricht MdL-Selbstinformationsrecht zur Flüchtglingssituation – Ein Tagesbericht –

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Dietmar Schulz, Persönliche Blogposts.

Innenminister Jäger muss sich fragen lassen, wie er es künftig mit Transparenz und seiner Dienst- und Fachaufsicht hält. Vergangenen Freitag war offenbar Schluss mit Transparenz und seine selbsternannte Allgewaltenherrlichkeit feierte Urständ in Form der Bevorteilung einer ihm unterstellten Behörde (Bezirksregierung Köln) einerseits und der Missachtung von Abgeordnetenrechten auf Seiten MdL.

Jäger und Walsken grenzen Gruppen oder Einzelne grundlos aus Zeltstadt in Köln aus, verhindern eine natürliche Kontaktaufnahme zu Flüchtlingen, machen Chorweiler zum Ort eines Quasi-Internierungslagers und Jäger selbst zum willfährigen Wächter einer NRW-Hegemonie!

Ich fordere Innenminister Jäger aufgrund des Vorfalls vom 11.9. in Zusammenhang mit seiner Verweigerung der Aufhebung der Weisung der Regierungspräsidentin Köln, mich als Mitglied des Landtags NRW an der Ausübung meines Mandats zu hindern, auf, entweder sein Amt als Innenminister zur Verfügung zu stellen oder auf sein Landtagsmandat zu verzichten.

Why?

Am Freitag, den 11.9.2015 machte ich mich – ursprünglich wollte ich Donnerstag schon fahren, was terminlich und organisatorisch nicht ging – auf nach Köln-Chorweiler zur dortigen Erstaufnahmeeinrichtung (EAE), einer Zeltstadt. „Im Schlepptau“ Thomas Hegenbarth, Ratsmitglied der Stadt Köln zum Zwecke der Assistenz und Klärung der Möglichkeiten der Installation von Freifunk für die Flüchtlinge in Chorweiler sowie eine Abgeordnetenmitarbeiterin (Name aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes N.N.).

Beabsichtigt war vor allem die Einnahme von Augenschein vor Ort über Belegungs- und Ausstattungssituation in der Einrichtung sowie der Kontakt mit Flüchtlingen, um etwas über ihre zeitaktuellen Erfahrungen in der Einrichtung zu hören und damit die Wahrnehmung meines Selbstinformationsrechts als Abgeordneter und Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen. Außerdem schwang die Hoffnung mit, nach dem Bericht einer Kölner Zeitung (Donnerstag) ein aufklärendes Wort des Leiters der Einrichtung über die Hygiene-Situation in der Einrichtung nach der Ruchbarmachung einer e-Coli-Bakterienverseuchung des Trinkwassers zu erhalten.

Ca. 11 Uhr Ankunft:
Wir begeben uns zum durch Bauzäune markierten Eingangs-/Einfahrtbereich der EAE. Von einer Sicherheitskraft nach dem Begehr gefragt, gab ich mich als MdL zu erkennen und fragte nach dem Leiter der Einrichtung, die von der Johanniter Unfallhilfe geführt wird. Jener Leiter der Einrichtung stand hinter mir und gab sich zu erkennen. Es entwickelte ein freundliches, teils informatives Gespräch, welches u.a. die Kontaktherstellung mit einer Einrichtung des Stadtsportamts zum Zweck der Prüfung einer Freifunk-Installation zur Versorgung der EAE beinhaltete.
Eine Nachfrage bezüglich der Coli-Bakterien wurde wie folgt beantwortet: Die verwendeten Duschcontainer seien nach Anschluss ans Wassernetz gespült und gereinigt und dabei oder danach Wasserproben genommen worden, um eine etwaige bakterielle Belastung von Leitungen zu prüfen. Diese Überprüfung habe einen Befall mit e-coli-Bakterien ergeben, weshalb die Duschen geschlossen werden mussten. Ob die Duschen in der seit 3 Wochen geöffneten und genutzten EAE zuvor genutzt wurden, konnte nicht ermittelt werden. Fraglich bleibt, weshalb die Überprüfung erst 3 Wochen nach Eröffnung der Einrichtung erfolgte.

Eine Nachfrage wegen zahlreicher „Besuche“ eines Kammerjägers: Allgemein wiederholend und insbesondere zur Vermeidung von Rattenbefall findet eine Bearbeitung der EAE durch Kammerjäger häufiger statt.

Im Ergebnis zeigte sich der Leiter der Einrichtung völlig offen und sofort bereit für eine Besichtigung der Einrichtung. Nach Auskunft des Leiters der Einrichtung stehe einem Rundgang und einer Besichtigung NICHTS im Wege. Stop! Es müsse sich wegen einer „allgemeinen Dienstanweisung der Bezirksregierung“ noch absichern und bei der Vertreterin der Bezirksregierung vor Ort nachfragen.

Ca. 30! Minuten später: Eine „Mitarbeiterin der Bezirksregierung“ erscheint, verlangt Namen und Funktionsangaben der Beteiligten. Sie bedeutet, dass aufgrund der Tatsache der Nichtankündigung und weil mit der Bezirksregierung kein Termin vereinbart worden sei, eine Besichtigung oder Begehung bzw. Inaugenscheinseinnahme der EAE nicht möglich sei. Sie fuchtelt mit einem Zettel herum, auf dem Name und Telefonnummer eines Mitarbeiters der Regierungspräsidentin Köln (Walsken) verzeichnet sind. Ich könne mich dorthin wenden und nähere Angaben erhalten.

Kernaussage der Mitarbeiterin: Du kommst hier nicht rein! Das hat die Regierungspräsidentin so entschieden, als sie eine allgemeine Dienstanweisung an EAE-Leiter rausgab, dass keine Personen ohne Termin EAEs betreten dürfen und eine Ausnahme werde nicht gemacht.

Es beginnt eine regelrechte Telefon-Odyssee

Telefonat mit besagtem Mitarbeiter der Regierungspräsidentin: Selbes Ergebnis wie vor. Kernaussage auf Nachfrage des Verfassers dieses Postings, also meiner selbst: „Ich verweigere in Stellvertretung der Regierungspräsidentin und in meiner Eigenschaft als ihr Sprachrohr Ihnen, Herr Abgeordneter, den Zutritt zur EAE Köln-Chorweiler und habe die Bediensteten vor Ort angewiesen, dementsprechend zu handeln.“
Schließlich hätten auch andere Landtagsabgeordnete und – hui! – sogar Bundestagsabgeordnete brav einen Termin vorher ausgehandelt. Das müsse mir dann also auch möglich sein. Auf den Hinweis, dass der unangekündigte Besuch zwar einerseits als solcher beabsichtigt ist und dieser ohne Einschränkung zu gewähren ist, sofern nicht gewichtige Gründe dagegen sprächen, aber der Leiter der Einrichtung keine Bedenken habe, führt zu keiner Änderung der Auffassung.

Es gehe „um´s Prinzip. Ein Zutritt werde verweigert.“

Kurze Zeit später; Telefonatversuch mit dem Staatssekretär des Innenministeriums NRW (Nebe): Herr Nebe befindet sich im Urlaub. Stellvertreter sei Leiter der Abteilung IV, Ministerialdirigent Düren.
Ok … den nehme ich …
Düren (aufgebracht wegen einer kleinen Anfrage der FDP) und nach meiner Schilderung der Sachlage: Werde die Verweigerung der Zutrittserlaubnis und damit die Entscheidung der Regierungspräsidentin wohl aufheben … oh wait! Nein, ich werde das erst mal eben mit dem Innenminister klären.

Warten!

Ca. 20 Minuten später: Anruf aus dem Büro des Innenministers. Mitarbeiterin teilt mit, sie werde das nach Rücksprache mit dem Innenminister mit der Bezirksregierung „klären“ und innerhalb von 10 Minuten zurückrufen.

25 Minuten später: Mein Anruf bei besagter Mitarbeiterin des Büros des Innenministeriums. Öffnende Information, dass nach Rücksprache mit der Bezirksregierung einem Zutritt zum Gelände und damit einer Inaugenscheinseinnahme nichts (mehr) im Weg stehe. Allerdings unter Hinweis darauf, dass bei mir eine Person sei – Stadtrat Köln – die vor 2 ½ Wochen Fotos aus der leeren Zeltstadt veröffentlicht hatte, was er unterlassen möge und was ich einzuhalten versichere (meinerseits „Fotografierverbot an Stadtrat“ … eher ironisch, während dennoch keine Fotos beabsichtigt sind). Man möge sich melden, falls es nunmehr beim Einlass noch Probleme gebe.

Auf geht´s! Denke ich…denken wir …

Erneutes Einlassbegehren unter Schilderung des Vorstehenden gegenüber bereits oben erwähnter Mitarbeiterin der Bezirksregierung (N.N., Name dem Verfasser bekannt). Besagte will meiner 1:1 vermittelten und soeben erhaltenen Information aus dem Innenministerium keinen Glauben schenken (so erwartet). Erneute Nachfrage bezüglich unserer Namen … Sie wolle nochmal eben mit ihrer vorgesetzten Dienststelle (Bezirksregierung) Rücksprache nehmen. Wir sollen bitte draußen warten.

Gesagt, getan.

Ca. 30 Minuten später: Mitarbeiterin der Bezirksregierung erscheint. Teilt mit, dass meine Ansage nicht mehr aktuell sei, weil der persönliche Referent der Regierungspräsidentin ihr – während die „Regierungspräsidentin daneben gestanden“ habe – mitgeteilt habe, dass kein Zutritt zu gewähren sei.

Mitarbeiterin hat erneut Zettel auf dem ein Name und Telefonnummern verzeichnet sind: Der Leiter der EAE vom Anfang unseres Besuchs, der keine Einwände gegen eine Besichtigung hatte. Sie bedeutet, ich könne mit diesem (Leiter der EAE) – gerne auch für Sonntag und zu jeder anderen Zeit – einen Termin ausmachen (Anmerkung: jenem Leiter der EAE, der 3 ½ Stunden zuvor keine Bedenken geäußert hatte, die Besichtigung unter seiner Begleitung durchzuführen!), aber heute werde halt kein Einlass gewährt.

Na sowas, denke ich … da siehst du nun aber ziemlich dumm aus und vor allem wie ein Lügner (der ich gerade zuvor eben jene gegenteilige Informatioin aus dem Ministerbüro erhalten habe … ach so … übrigens … da über Autotelefon und Freisprechanlage zufälligerweise unter Zeugen… nämlich besagten Stadtrats der Stadt Köln … hm … blöd)

Erneuter Anruf im Büro des Innenministers: Schilderung des gerade Vernommenen und Äußerung äußersten Befremdens mit der erneuten Bitte verbunden, eine unverzügliche Klärung der Angelegenheit in meinem Sinne zu vermitteln. Hektische Inaussichtstellung der Rücksprache mit Innenminister und eines erneuten Rückrufs.

30 Minuten später: Rückruf aus dem Büro des Innenministers. Es täte leid, aber Regierungspräsidentin Walsken habe mit Innenminister Jäger gesprochen, ihren Standpunkt vermittelt, es sei auf jeden Fall ein Termin mit der Bezirksregierung auszumachen. Innenminister Jäger habe daraufhin für die so getroffene Entscheidung freie Handhabe erteilt. Auf mein Bemerken, dass hierdurch eine indirekte Verweigerung der Wahrnehmung meiner Recht als Abgeordneter des Landtags untergraben würden, versicherte mich die hörbar bemühte Mitarbeiterin des Ministers des Verständnisses und warb für die Bestätigung ihres Engagements, könne aber jetzt auch nichts weiter tun. Done!

Verkündung an meine Delegation: „Wir ziehen ab. Der Zutritt wird verweigert.“

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Innenminister Jäger MdL (man beachte die Klammerwirkung der Funktionen):
Als Innenminister ist Jäger Teil der Exekutive (Landesregierung). Als MdL ist Jäger Teil der Legislative und geborenes Mitglied des Regierungs-Kontrollorgans Landtag NRW. Als Chef der Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht der Bezirksregierungen (Landesmittelbehörde) und damit der Regierungspräsidentin Köln (Walsken) ist Jäger als Innenminister und Teil der Exekutive (oberste Landesbehörde) zugleich in seiner Eigenschaft als MdL Teil des politischen Wettbewerbs und wiederum zugleich als Teil der Exekutive zu Auskunft und der Zulassung seiner und der parlamentarischen Kontrolle seiner Mittelbehörden verpflichtet.

Ein unauflösbarer Widerspruch, der zwangsläufig zu ebenso unauflösbaren Interessenkollisionen führt, solange Jäger MdL und Minister ist.

Sieht es aber dann wie hier so aus, dass Jäger als Innenminister mit MdL-Attitüde Abgeordneten-Kollegen direkt oder indirekt Steine in den Weg legt oder – wie hier – gar Knüppel zwischen die Beine wirft, ist es jedenfalls vorbei mit der Unabhängigkeit als Abgeordneter Mandatsträger des Landtags NRW.

Jedenfalls hat sich Jäger durch sein Verhalten als „Verhinderungsminister“ und Minister für Intransparenz, Vertuschung und Verheimlichung selbst abgestempelt.

Was festzuhalten bleibt, ist eine unbotmäßige Diminuierung seiner selbst (als Innenminister und Teil der Exekutive), die es unausweichlich macht, dass Jäger sein Mandat als Landtagsabgeordneter entweder zurückzugeben hat oder als Innenminister unter Aufrechterhaltung des Mandats als Landtagsabgeordneter zurücktritt, wenn er sein Amt so gebraucht, wie er glaubt, es tun zu können, um dabei Abgeordnetenrechte mit Füßen zu treten.

Tut er beides nicht, wird er sich wohl oder übel (untechnisch/politisch) dem Vorwurf der Selbst- oder Drittbegünstigung im Amt (audrücklich nicht im Sinne von § 257 StGB) ausgesetzt sehen (müssen). Die aktive oder passive Behinderung meiner Mandatsausübung wird letztlich justiziabel sein und ist so untragbar wie unfassbar.

Keine Frage, die Situation der massenhaften Zureise von Flüchtlingen auch in NRW ist dramatisch. Es gibt Krisenstäbe und Krisensitzungen. Aber der Innenminister, der mit einem wesentlichen Teil seines Ministeriums nichts anderes zu tun hat, als sich derzeit als Manager zu bewähren, hat in einer Reihe des Versagens nunmehr auch als parlamentarisch kontrollierter Teil der Exekutive unter völliger Verkennung von Recht und Gesetz versagt.

Auch hat der Innenminister des Landes NRW abgesehen vom Vorstehenden in dem unterlassenen Bemühen der Mobilisierung der zivilen Kräfte des Katastrophenschutzes versagt. Er hat nicht nur sein Ministerium nicht im Griff, sondern offensichtlich gleiten ihm auch alle ihm nachgeordneten Behörden aus den Händen.

Fazit als Abgeordneter: Kann ich meinen Landtagsausweis eigentlich auch gleich in die Tonne kloppen. Ein Ausweis, auf dem explizit steht „Alle Dienststellen werden gebeten, das Landtagsmitglied bei der Ausübung des Mandats zu unterstützen“ ist nicht mal das Plastik wert, auf dem dies gedruckt ist. Der Innenminister des Landes NRW sieht in der Umsetzung des Petitums ebensowenig eine Notwendigkeit, wie die Regierungspräsidentin Köln. Schande!

Abschließende Anmerkung: Ich habe bewusst nicht die Polizei gerufen, die mir als „Dienststelle“ nach Legitimation durch den Abgeordnetenausweis gar hätte den Zutritt zur Einrichtung bahnen müssen! Es hätte keinen Sinn gemacht, denn der oberste Chef der Polizei in NRW, eben jener Innenminister Jäger hatte soeben als schlechtestes Vorbild meine Rechte als Abgeordneter mit Füßen getreten, um seiner Parteikollegin, der Regierungspräsidentin Köln, Gisela Walsken, nach dem Mund zu reden. Was oder wem also hätte das genutzt? Den von einem Hygiene-Skandal und entwürdigenden Umständen betroffenen Flüchtlingen in Köln-Chorweiler möglicherweise am Wenigsten.

Die Zeltstadt in Köln-Chorweiler wie auch die anderen Zeltstädte in NRW für die Aufnahme von Flüchtlingen sind umgehend dicht zu machen und die Flüchtlinge in adäquate, witterungsfeste und vor allem menschenwürdige, insbesondere hygienisch unbedenkliche Unterkünfte zu verlegen. Abgesehen einmal vom Hygiene-Skandal in Köln werden die EU-Aufnahmerichtlinien für Flüchtlinge nicht nur in NRW weiterhin nicht erfüllt.

Darüber darf letztlich auch der Umstand nicht hinwegtäuschen, dass aus Sicht der öffentlichen Kräfte innerhalb der letzten Wochen der Zuzug von Flüchtlingen in den letzten Wochen und Monaten und weiterhin auf Sicht nicht abbrechen würde, zumal dies zumindest aus Sicht zahlreicher Menschenrechtsorganisationen und auch der Piraten NRW erwartbar war. Alles zu späte Handeln der etablierten Politik einschließlich der Regierungskreise, Mittelbehörden und Unterbehörden ist ein Armutszeugnis und zeigt, dass die notwendigen exekutiven Gesichtspunkte prospektiv und präventiv völlig außer acht gelassen wurden.