Frauenbilder in der zeitgenössischen P(l)opmusik …

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Das Feuilleton der aktuellen Print-Ausgabe Nr. 39 von „DIE ZEIT“ eröffnet mit einem lesenswerten Beitrag von Marie Schmidt mit dem Titel „Die fleißigen Königinnen“.

Darin wird die Frage gestellt, welches Bild von Weiblichkeit durch die audiovisuellen Inszenierungen von Beyoncé, Lana Del Rey oder Taylor Swift entworfen wird.

Passend dazu liefert das Wochenmagazin ein Foto, das vorwiegend Ärsche zeigt, be-stringtanga-te Frauenärsche in Unterwerfungsgeste, und darüber in Dominanzpose der Netzstrumpf-Arsch von Beyoncé Knowles.

Schon dieses Bild zeichnet sich – verglichen etwa mit den Inszenierungen einer Lady Gaga – durch komplette Ironiefreiheit aus. Ironiefreiheit in letzter Konsequenz bedeutet aber Humorfreiheit.

Die Autorin geht dann – wie ich finde sehr schlüssig – weiter auf die Botschaft der Videos zu den Songs ein, die den physischen Körper des jeweiligen Stars in einer pathetischen „Geste der Selbstermächtigung“ zeigen, „des Genusses der eigenen sexuellen Funktion“. Dieser Genuss ist ohne Zweifel echt.

Stellt man aber die Frage nach der künstlerischen Präsentation einer autonomen weiblichen Persönlichkeit, so kann die Antwort nur lauten: „mutwillige freie Identifikation mit den Phantasmen der Männer“. Das wird zusätzlich durch die Texte unterstrichen, in denen oft von Frust und physischer Gewalt, ausgeübt durch den männlichen Partner, die Rede ist.

Beyoncé, so die Autorin Marie Schmidt, verkörpere damit nicht nur die sexuellen Träume ihres Mannes, sondern sende gleichzeitig die Botschaft an alle jungen weiblichen Fans, seht her, ich bin die, die alles hat, ihr könnt auch alles haben, „das Glück der Mutterschaft, eine wahnwitzige Sexualität, einen trainierten Körper, sehr viel Geld“. Ich bin der Chef des Schwarms, ich bin eure Bienenkönigin.

Damit wird Knowles, ebenso wie ihre Kolleginnen im Business und auch ihre junge Konkurrentin Miley Cyrus zum Transporter eines neoliberalen Heilsversprechens, das vorwiegend auf Fleiß und Disziplin setzt und auf die doppelte Erfüllung von Machophantasien einerseits sowie Image-Leadership bei den Geschlechtsgenossinnen andererseits.

Allein Kreativität und Humor in der Musik bleiben dabei auf der Strecke. Und zwar völlig.

Als älteres Semester – oder unverblümter – als alter Sack, geht mir solcher Drang, andere zu unterwerfen, solches reaktionäre Getue am Arsch rechts außen vorbei.

Ich möchte vielmehr mit Frank Zappa – ok, zugegeben, eins meiner Idole – die Frage aufwerfen: „Does humor belong in music?“

Zumindest Lady Gaga oder Cyndi Lauper würden diese Frage mit einem klaren YES! beantworten.

Nun gilt Zappa ja selbst gelegentlich als frauenfeindlich. Lassen wir ihn doch selbst antworten:

A young lady has felt that my treatment of women in my lyrics and social comments has not been particularly positive. And there’s no reason why it should be. You should take your lumps along with everybody else because women do stupid fucking things, just like the guys do. And if I say guys are stupid and a woman does something stupid, don’t be a wimp about it, just because you got that thing between your legs is no problem.” (Zappa, aus einem Interview, veröffentlicht auf der DVD „Does Humor Belong in Music?“)

Was tun? Mein musikalischer Theapievorschlag: mal wieder bei Zappa reinhören.

Anspieltipps, Alben:

  • We’re Only in it for the Money
  • Overnite Sensation
  • Bongo Fury
  • Tinsel Town Rebellion
  • Sheik Yerbouti (Shake your booties …)
    und hier der Song „Flakes“: “all that we’ve got here is American made, it’s a little bit cheesy, but it’s nicely displayed ….”

Lasst Euch die Muik nicht verderben und hört mal wieder in Sachen fernab vom mainstream rein ….

Have fun,

Nick Haflinger aka Joachim Paul

Causa Klausner weiter ungeklärt

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wood-336547_640Das Landgericht Münster hat am Donnerstag entschieden, den zwischen dem Land und der Firma Klausner geschlossene Vertrag dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorzulegen. In dem Vertrag verpflichtete sich das Land, zwischen 2007 und 2014 jährlich 500.000 Kubikmeter frisches Holz an den österreichischen Holzverarbeiter zu liefen.

Die Rechtslage ist weiter ungeklärt. Altlasten aus der Zeit der Regierung Rüttgers erschweren die Aufklärung zusätzlich. Dabei drängt sich die Frage auf, ob diese auf grenzenlose Inkompetenz, auf Korruption oder gleich auf beides zurückzuführen sind. Die Umstände der freihändigen Vertragsvergabe sind bis heute mysteriös.

Auch die jetzige Landesregierung hat wenig unternommen, die zahlreichen Fragen, Ungereimtheiten und Versäumnisse in der Causa Klausner aufzuklären. Es hätte noch 2009 die Möglichkeit bestanden, den Vertrag zu kündigen, was jedoch seitens des dafür zuständigen Ministeriums nur mündlich geschehen sein soll. Aber jedes Schulkind weiß, dass eine Kündigung nachweishalber schriftlich ausgesprochen werden sollte.

Bei der Causa Klausner tut sich ein Sumpf von Altlasten auf. Die Kosten drohen weiterhin, die klamme Haushaltslage in NRW zu verschärfen. Bereits jetzt sind dem Land durch die Rechtsstreitigkeiten mit dem Unternehmen beträchtliche Kosten entstanden. Schließlich bleibt weiter die Frage offen, welche Konsequenzen die Landesregierung aus den Ungereimtheiten im Fall Klausner zu ziehen beabsichtigt. Der Sumpf ist noch lange nicht trocken gelegt.

Zur Causa Klausner habe ich vor über einem Jahr im Plenum bereits mal geredet. Die Rede könnt ihr hier nachlesen und nachsehen:
http://www.daniel-schwerd.de/plenarrede-zur-causa-klausner/

Wir appellieren an die Landesregierungen im Bundesrat, nicht für die Verschärfung des Asylrechts zu stimmen

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Heute entscheidet der Bundesrat über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten. Die Bundesregierung will die Abschiebung nach Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina noch weiter erleichtern, indem Flüchtlingen aus diesen Ländern pauschal kein Asyl mehr gewährt wird. Alle Asylanträge sollen als offensichtlich unbegründet gelten. Insbesondere dem Schutzbedarf der verfolgten Minderheiten aus diesen Herkunftsländern, vor allem Roma, wird die zukünftige Prüfung des Asylantrages dann nicht mehr gerecht. Die Zustimmung zum Gesetz bedeutet die Etablierung eines Zwei-Klassen-Asylsystems.

Für viele Roma und andere Minderheiten sind diese Länder nicht sicher. In Serbien kommt es zu Zwangsräumungen von Romasiedlungen, zu Folter und Misshandlungen in Gefängnissen und zu Angriffen durch die ansässige Mehrheitsbevölkerung. In Mazedonien wird ihnen der Zugang zu Leistungen des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialhilfesystems verwehrt. Roma sind in Mazedonien alltäglich massiven Diskriminierungen ausgesetzt. In Bosnien-Herzegowina leben Roma in Siedlungen aus Baracken ohne Strom und fließendes Wasser direkt neben Müllhalden. Es darf bezweifelt werden, ob überhaupt ordentlich geprüft wurde, dass diese Länder für die Menschen sicher sind.

Nicht nur in diesen Ländern ist Antiziganismus bzw. Antiromanismus eines der drängendsten Probleme der heutigen Zeit. Leider sieht man in aller Brutalität, dass Roma nirgendwo in Europa willkommen sind. Auch in Deutschland herrscht eine tiefe Ablehnung. Diese Ablehnung würde bei Zustimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung noch geadelt, denn die These eines angeblichen Asylmissbrauchs würde legitimiert.

Liebe Landesregierungen, bitte befürworten sie nicht nachträglich den Asylkompromiss. Dieser hat die Benennung von Ländern als sichere Herkunftsstaaten erst möglich gemacht. Stimmen sie gegen das Gesetz über die sogenannten sicheren Herkunftsstaaten!

 

Das System der Flüchtlingsaufnahme in NRW ist mangelhaft

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Heute diskutierte der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags über die aktuelle Situation in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes.

Es ist ziemlich offensichtlich, dass das System der Flüchtlingsaufnahme in NRW immer noch mangelhaft ist und z.B. schon wenige Krankheitsfälle, wie sie auch in jeder Schule oder jedem Kindergarten vorkommen, nicht verkraftet.

In Dortmund mussten in der letzten Woche Flüchtlinge in der Ausländerbehörde auf den Gängen schlafen. Deshalb wurden schließlich Busse organisiert, mit denen die Flüchtlinge unterversorgt und unangemeldet in die Aufnahmeeinrichtung nach Hessen gebracht werden. Der Bericht der Landesregierung bestätigt, dass alle Einrichtungen zum Teil massiv überbelegt sind; z. B. waren am 11.September in Hemer 154 Flüchtlinge mehr zu versorgen, als es die Kapazität der Einrichtung hergibt. Zurzeit verweilen mehr als 600 Menschen in Hemer, obwohl ursprünglich nur 350 Menschen untergebracht werden sollten.

Die Landesregierung sucht nun weiter fieberhaft nach neuen Einrichtungen und will die vorhandenen Komplexe massiv erweitern. In Essen soll eine Aufnahmeeinrichtung mit bis zu 800 Plätzen entstehen. Damit weicht die Landesregierung von ihrem eigenen Vorgaben ab, kleine Landesaufnahmeeinrichtungen zu bevorzugen, um Konflikte in den und um die Einrichtungen zu verhindern. Natürlich sehen wir die Anstrengungen der Landesregierung, aber wir können nicht verstehen, wieso das Problem mit der Aufnahme so verschleppt worden ist. Bereits vor zwei Jahren gab es einen Warnschuss, als die Einrichtung in Dortmund für ein paar Tage geschlossen werden musste und Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht wurden. Seither fordern wir Piraten im Landtag, dass es eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme in NRW braucht, die die Perspektive der Flüchtlinge in den Vordergrund rückt. Im Mai dieses Jahres gab es eine Anhörung zu unserem Antrag und die Experten machten viele Vorschläge, wie das Aufnahmesystem reformiert werden könnte. Die Vorschläge soll die Landesregierung einfach annehmen und umsetzen. Zurzeit werden die traumatisierten Menschen hin und her geschoben, und keiner hat Zeit, sich um sie zu kümmern. Wie sollen sie sich da auf ihre Asylverfahren konzentrieren?

Hier findet man die Beantragung der Piratenfraktion für den Innenausschuss und den Bericht der Landesregierung.

 

Landesregierung und die Geheimdienste: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

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selfie-413162_640Der Spiegel berichtet, dass die Geheimdienste NSA und GCHQ im Rahmen des Spionageprogramms “Treasure Map” Zugriff auf das Netz der Deutschen Telekom und der im Kölner Raum tätige Firma Netcologne haben. Vor einigen Wochen bereits wurde bekannt, dass auch die Satelliten-Kommunikationsanbieter Stellar und Cetel in Nordrhein-Westfalen Ziel von Geheimdienstangriffen waren. Beide Informationen stammen aus Unterlagen des US-Geheimdienstenthüllers Edward Snowden.

Im Rahmen einer “aktuellen Viertelstunde” haben wir das Thema heute im Innenausschuss des Landtages besprochen, und Fragen an das Innenminísterium gestellt.

Nicht allzu viel kam dabei rum, sinngemäß: Wir wissen nichts, von dieser Angelegenheit haben wir erst durch die Presse erfahren, wir haben keine gesicherten Erkenntnisse, es ist Bundesangelegenheit. Solange Unternehmen nicht zu den Behörden kommen, könne man nichts tun, einen Anfangsverdacht auf weitere Einbrüche sähe man nicht. Eine absolute Sicherheit gegen Hacker gibt’s nicht, ein Angriff auf die Kommunikation der Kölner Polizei sei unwahrscheinlich.

Haarsträubend, wie die Landesregierung und die Landesbehörden den Kopf in den Sand stecken. Es drängt sich die Frage auf, ob Cyber-Kompetenzzentrum und NRW-Verfassungsschutz nicht als vertrauenswürdige und seriöse Partner für NRW-Unternehmen wahrgenommen werden. Vollkommen unverständlich ist, dass man immer noch keinen Anfangsverdacht für weitere Einbrüche in Nordrhein-Westfalens Unternehmen, bzw. für Spionage gegen Bürger unseres Landes sieht.

Dazu haben wir jetzt eine Pressemitteilung rausgegeben:
http://www.piratenfraktion-nrw.de/2014/09/online-einbruche-ignoranz-des-themas-kennt-keine-grenzen/

Auch die Piraten im Kölner Rat haben sich bereits diesem Thema angenommen, und unangenehme Fragen nach der Bedeutung für die Stadtverwaltung, die Kölner Polizei und die Bürger gefragt.
http://thomashegenbarth.wordpress.com/2014/09/16/weitergehen-hier-gibts-nichts-zu-sehen/

Ein parlamentarischer Antrag dazu ist auch in Planung, ich halte Euch auf dem Laufenden.

Landesaktionsplan gegen Gewalt gegen Frauen

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Heute findet die letzte Sitzung der Landesaktionsplan-Steuerungsgruppe “Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in NRW” statt.

Subjektive Sitzungsprotokolle finden sich auf meiner Seite.

Ich bin glatt ein wenig wehmütig. Vor allem, weil dort immer sehr spannende Menschen (Frauen vor allem) waren aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Aus der Rechtsmedizin, von Frauenhäusern, vom Ministerium natürlich, von ganz unterschiedlichen Gruppen, Einrichtungen, Initiativen, die sich alle auf unterschiedliche Art mit dem Thema “Gewalt gegen Frauen und Mädchen” beschäftigen und diese auf unterschiedliche Art bekämpfen.

Natürlich geht es auch da um Finanzierung, z.B. von Frauenhäuser, von Beratungsstellen, auch um ASS (Anonyme Spurensicherung) etc. Aber eben nicht nur. Es geht auch darum, was man trotz des wenigen Handlungsspielraums im Haushalt von NRW eigentlich machen könnte.

Insofern ist diese Sitzung und vor allem der dann kommende Prozess spannend. Was daraus wird sich wirklich in politischer Arbeit widerspiegeln oder z.B. in der Öffentlichkeitsarbeit/der Aufklärung? Was davon kann man politisch umsetzen?

Themen der einzelnen Sitzungen kann man hier gut erkennen:

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Interessant wird langfristig diese Frage:

Wie kann die Politik NRWs das Ergebnis nutzen, um im Bundesland und darüber hinaus für Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen?

Brainstorming:
Studie bundesweit: Evaluieren, was überhaupt wie wirkt
Schnittstellen zwischen den Resorts schaffen
Kommunen einbinden, Maßnahmen in den Kommunen verankern
Landesaktionsplan als Marketinginstrument
(Parteienübergreifend, aber auch, um finanzielle Mittel zu legitimieren oder zu werben)
Erfahrungsaustausch bundesweit, Verbündete finden
Stellungnahmen, Gesetzesinitiativen vorantreiben

Positiv

Das Gefühl, sehr viel gelernt zu haben. Fachlich und menschlich bereichernd.

Kritikpunkte

(nur einige Stichpunkte)

Die Situation von Sexarbeiter*innen wurde wenig bedacht. Ebenso fehlte die Problematik von Rassismus gegenüber Migrant*innen. Überhaupt fallen zu schnell Gruppen im Denkprozess hinten runter (Frauen mit Behinderungen, Mädchen etc.)

Die Zeitplanung ist unklar. Wann soll was womit erreicht werden?

Verfahren eingestellt

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Aktualisierung Strafanzeige: Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat mir schriftlich mitgeteilt, dass bezüglich der von mir angemeldeten Versammlung am 23.8. in der Schmiedingstraße in Dortmund “zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafrechtlich erhebliches Fehlverhalten nicht vorliegen.”

Das Verfahren wurde damit gem. Paragraf 170 Abs. 2 StPO “ohne weitere Beweiserhebung” eingestellt.

Weiterhin wurde die Landtagspräsidentin von der Staatsanwaltschaft über Einleitung und Einstellung des Verfahrens in Kenntnis gesetzt.

Recht auf Stadt – Ruhrgebiet

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Heute war ich bei der Vorstellung des Manifestes “Von Detroit lernen”.
Texte findet ihr hier.

Spannende, gut inszenierte Präsentation. Guckt euch das an, wenn in der Nähe von euch eine der kommenden Veranstaltungen stattfindet.

Lest die Texte. Diskutiert das. Mit Freund*innen. Arbeitskolleg*innen. Familie und so weiter.

Und dann gucken wir mal, wie es weitergeht…

Ich habe den Eindruck, im Ruhrgebiet passiert gerade sehr viel. Der Nordpol in Dortmund, das Syntopia in Duisburg, für kurze Zeit das Avanti in Dortmund. Da werden Räume geschaffen, erkämpft.

Es finden sich Menschen zusammen, die politische Diskussionen führen, wie man z.B. im Ruhrgebiet leben, arbeiten, wohnen möchte. Wie Einkommen und Arbeit entkoppelt werden könnten. Wie Leerstände genutzt werden könnten. Wie Teilhabe von allen Menschen organisiert und verbessert werden kann. Es geht darum, zu gucken, wie man Verhandlungen mit Städten führt, aber auch ums Austesten und Verschieben von Grenzen des bisher Möglichen. Um Aufbegehren. Um Verändern von Lebensräumen und Gesellschaft.

Es macht auf mich den Eindruck, dass zunehmend Menschen sich vernetzen. Menschen, die eine Vorstellung davon haben, etwas verändern zu wollen. Manchmal als vages Gefühl, manchmal mit konkreten Ideen, Projekten. Das können Wohn- und Hausprojekte sein. Das können Projekte gemeinsamer, solidarischer Ökonomie sein, Kollektivbetriebe.

Am Freitag findet z.B. eine Tanzdemo in Essen statt.

Macht mit. Traut euch. Diskutiert mit. Gestaltet mit.
Unser Leben. Unsere Städte. Unsere Möglichkeiten. Unsere Zukunft. Unsere Freiräume.

ESF-Tagung im RuhrCongress Bochum

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Auftaktveranstaltung zum ESF-Programm 2014-2020 im RuhrCongress Bochum

Vorbemerkung

Der Europäische Sozialfonds ist in NRW der große Geldgeber für Arbeitsmarktpolitik. Nur da, wo die EU über den ESF mindestens zwei Euro dazu gibt, gibt die Landesregierung einen Euro für Arbeitsmarktpolitik aus. Das wird in fast allen Bundesländern ähnlich gehandhabt.

Dementsprechend wird bei jeder Förderphase des ESF zwischen EU-Kommission, Bundes- und Länderregierungen lang und breit verhandelt, wie viel Geld die Bundesrepublik insgesamt bekommt und wie viel Geld jedes einzelne Bundesland bekommt. Dazu werden die inhaltlichen Schwerpunkte angepasst und formale Aspekte verändert.

Für die jetzige Förderphase hatten alle Akteure erwartet, das der Anteil für NRW von etwas über 700 Mio € aus der letzten Förderphase (2007-2013) drastisch sinken würde, da die Arbeitslosigkeit in den anderen EU Ländern erheblich dramatischer ist, als hier in NRW. Aber auch hier in NRW haben wir in einigen Regionen eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit. Dadurch wurden die Mittel für das ESF-Programm in NRW “nur” um ca. 10% gekürzt. Allerdings möchte die EU Kommission auch ein paar thematische und formale Ausrichtungen ändern.

Bericht von der Veranstaltung

Die Veränderungen von der letzten zur jetzigen Förderphase des ESF waren auf der Veranstaltung des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS NRW) im Bochumer RuhrCongress der Veranstaltungsschwerpunkt. Der Fizz und ich haben die Veranstaltung gemeinsam besucht und uns am Nachmittag entsprechend auf zwei Slots aufgeteilt. Die Plenumsveranstaltung haben wir gemeinsam besucht:

Minister Guntram Schneider hat die Eröffnungsrede gehalten und dabei Themen wie faire Arbeit, Abgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit, das Ausnutzen von Werkverträgen und einen erhofften Bürokratieabbau für die nächste Förderphase des ESF-Programms angeschnitten.

Toso: Die Rede war launig und sehr global. Leider ohne konkrete Vorschläge und nur mit Hinweisen auf schon bestehende Programme und Erwartungen ein wenig arm an Neuigkeiten. Kann aber auch daran liegen, das ich durch meine Teilnahme am ESF-Begleitausschuss einfach schon etwas überinformiert bin. Glücklicherweise fehlte diesmal der “sozial ist, was Arbeit schafft” – Spruch, der früher immer und bei jeder Rede zu hören war. Insgesamt aber ein Tenor, der mMn in die richtige Richtung geht.

Fizz: Guntram Schneider hat hier zunächst einmal davon berichtet, was mittels des ESF in den vergangenen Jahren gelaufen ist und versichert, dass man auch sich auch weiterhin anstrengen wird. Insofern eine gute Erläuterung für jemanden wie mich, der nicht so tief in der Materie steckt wie Toso.

Der Vertreter der EU-Kommission hat dann in seiner anschließend, und auf Englisch, gehaltenen Rede die Erwartungen der Kommission erläutert. Die Kommission möchte nicht mehr eine “Flächenförderung” sondern gezielte Förderung in Problemregionen. Es soll stärker Kontrolliert werden und der Erfolg einer Maßnahme soll belegt werden. Die Maßnahmenträger in NRW sollen verstärkt nachweisen, das sie die Ziele der EU-Kommission auch erreichen.

Toso: Erfolg scheint für die EU-Kommission allein darin zu bestehen, das Menschen im “ersten Arbeitsmarkt” eine Beschäftigung finden. Das es darüber hinaus auch um gesellschaftliche Teilhabe geht, tauchte in der Rede leider nicht auf. Auch gab es keine näheren Erläuterungen zum Streitthema der Verwaltungskosten und der Kosten für Wirtschaftstestate.

Fizz: Mir wird ja immer etwas schwindelig wenn es darum geht, in der Sozialarbeit ein Controlling einführen zu wollen. Soziale Arbeit ist nicht wirklich messbar, wir reden hier vor allem über sehr große Zeitspannen in denen sich möglicherweise in Problembezirken etwas verändert. Das konterkariert meiner Meinung nach mit der geforderten “Messbarkeit”, denn hier geht es nur um einen Zeitraum von 6 Jahren. Auch die von ihm genannten “Zwischenziele” oder Milestones können mich nicht überzeugen, mit Grauen denke ich da an die Eingliederungsverträge im SGB II Bezug. Der Vertreter der EU lobte ausdrücklich das deutsche Sozialsystem als Exportschlager, man habe sich daran orientiert was die ESF-Maßgaben anginge. Das hinterlässt mich sehr skeptisch und mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.

Als letzter Redner hat Staatssekretär Dr. Schäffer dann noch mal sehr sachlich und anhand von div. Folien alle Schwerpunkte der neuen Förderphase aufgezählt (und die entsprechende Mittelverteilung) und versucht den Vertreter der EU-Kommission davon zu überzeugen, das die bisherigen, pauschalen, Abrechnungsmodelle zu Verwaltungskosten bei Maßnahmenträgern bisher sehr erfolgreich waren. Vielleicht kann man die EU-Kommission davon ja doch noch überzeugen.

Toso: Sobald ich alle Unterlagen und Folien im Nachgang zur Veranstaltung bekomme, werde ich diese Infos hier verlinken.

Fizz: In den Folien machte das von mir kritiserte Controlling etwa 5-7% der ESF-Förderung aus. Noch ein Kritikpunkt, das Geld sollte bei den Leuten ankommen und nicht im Bürokratiewahn versanden. Wichtig und gut finde ich hier den Ansatz, dass ein Löwenanteil der Förderung in Prävention investiert werden soll, also flach gesagt in Bildung und Jugendarbeit.

Nach dem Mittagessen ging es dann in die Arbeitsgruppen

Fizz war bei der AG 2 ESF in Region und Quartier/Armutsbekämpfung: Stadtteilbezogene Konzepte gegen Armut und soziale Ausgrenzung.

Hier berichteten zunächst einmal einige Sozialarbeiter von ihren Modellprojekten “Aktiv für Arbeit im Stadtteil” – arbeitsmarktpolitisches Netzwerkcoaching in städtischen Problemgebieten. Es wurde versucht, in mehrtägigen Workshops die Vernetzung der Akteure untereinander zu verbessern (also Arbeitsamt, Jobcenter, Sozial- und Jugendamt, freie Wohlfahrtsverbände aber auch, und das finde ich besonders bemerkenswert, die Wirtschaft). Anschließend wurden von diesen Akteuren gemeinsam Familienzentren in den sozialen Brennpunkten eingerichtet, welche als Anlaufstelle für Hilfesuchende diente, aber auch als Begegnungs- und Freizeitzentrum diente. Diese Angebote wurden auch offensiv beworben und, dem vernehmen nach, gut angenommen und haben etwas bewirkt.

Diesen integrativen Ansatz finde ich sehr gut. Ein Begegnungszentrum in dem man neben Kaffee und Kuchen auch ein Beratungsgespräch findet, wo man neben dem Kickertisch die aktuellen Jobangebote von ARGE und Jobcenter einsehen kann. Wo man zur Not auch seine Kids mal einen Nachmittag hinschicken kann. Wo Kulturen aufeinandertreffen und die Chance haben, sich kennenzulernen. Vieles, was wir aus der klassische Großfamilie kennen, wird hier abgebildet. Ich kenne diese Bemühungen aus Soest, wo allerdings freie Träger (AWO, SEN, Integrationsrat, Kirchen, Stadteilkonferenz) diese Aufgaben kleinteiliger und nicht vollständig kooperativ übernehmen.

Danach stellten Mitarbeiter des MAIS den künftigen Fahrplan vor. Es wird auch in Zukunft das Programm “soziale Stadt” geben, die Bewerbungsvoraussetzung hierzu soll jedoch ein aktuelles, integriertes Handlungskonzept für den Stadteil sein. Damit sind städtebauliche Maßnahmen aber auch soziale Projekte wie oben genanntes Familienzentrum über den ESF förderungswürdig. Die Ausschreibung hierzu wird Ende des Jahres erfolgen, mit ersten Bewerbungen wird Anfang / Mitte 2015 gerechnet. Es lohnt sich also schon jetzt für die Kommunen, ein solches Handlungskonzept zu erstellen bzw. zu aktualisieren und fortzuschreiben.

Auch war die Rede davon, das künftig “Coaches” vom Land eingesetzt werden sollen, die, angefordert von der Kommune, versuchen sollen, für problematische Stadteile eine Lösungskonzept zu erarbeiten. Ich halte das für Praktikabel, oftmals sind die Kommunen mit diesen Stadteilen überfordert und ignorieren die Probleme schlichtweg, da es ja nicht en vogue ist, Probleme ohne Lösungen zu präsentieren.

Ich war in der AG 4 Erwerbslosigkeit: Soziale Teilhabe und Integration in Arbeit

Der erste Vortragende war Prof. Dr. Matthias Knuth vom Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Uni Dusiburg-Essen. Der Vortrag selbst war unterstützt durch eine Baemerpräsentation gespickt mit wissenschaftlichen Ausarbeitungen und einige sehr interessanten Statistiken, die einiges an Zahlenmaterial miteinander in Relation setzte, was ich in der Form noch nicht miteinander in Verknüpfung gesehen habe.

Beispielsweise hat Herr Prof. Dr. Knuth anhand von Statistiken der Bundesagentur für Arbeit geschaut, wie sich die Reformen der Hartz-Kommission auf einzelne Gruppen von Arbeitslosen ausgewirkt haben. Und zwar unterteilt nach der Dauer der Arbeitslosigkeit und wie sich diese Effekte im Laufe der Folgejahre verändert haben. Ergebnis: Für diejenigen, die weniger als ein Jahr arbeitslos waren, sieht man, das schneller wieder eine neue Erwerbstätigkeit aufgenommen wurde.

Herr Prof. Dr. Knuth führte diesen Effekt allerdings darauf zurück, das diese Personengruppe eh die Möglichkeit hatte eine Anstellung zu bekommen und einfach nicht in “Hartz IV” rutschen wollte. Auf alle anderen Gruppen hatten die von der Hartz-Kommission vorgeschlagenen und umgesetzten Änderungen keinen Einfluss darauf, wie schnell (oder auch gar nicht) sie wieder eine Anstellung bekamen. Egal, ob zwei, vier Jahre oder länger Arbeitslos.

Sehr interessant fand ich dann auch einen Datensatz, der in Verbindung brachte, wie krank sich ein Mensch im SGBII Bezug fühlt und wie leistungsfähig er sich selber einschätzt. Alle diese Folien und statistischen Daten wurden sehr gut erläutert. Prof. Dr. Knuth stellte dann auch folgerichtig die Frage, ob eine Integration in den s.g. ersten Arbeitsmarkt immer das Ziel sein muss oder überhaupt kann. Oder ob es nicht um gesellschaftliche Teilhabe eines Menschen geht. Und das es viele Menschen gibt, für die alleine durch die Stigmatisierung des SGBII-Bezuges “die Tore in den ersten Arbeitsmarkt fest verschlossen sind”. “Egal mit welchen Sanktionen wir diese Menschen vor die Tore der Wirtschaft treiben, sie werden keinen Einlass finden.”

Hier sprach er dann davon diesen Menschen eine gesellschaftliche Teilhabe jenseits der Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Er regte damit den Bezug eines stigmatisierungsfreien Existenzminimums ohne Gegenleistung an. Allerdings darf dieser Ausstieg auch aus der Förderung nur freiwillig und vom “Betroffenen” entschieden werden.

Ein extrem interessanter Vortrag. Ich werde versuchen diesen Vortrag, oder zumindest die Folien dazu ins Netz zu bekommen. Hier fand ich echt schade, das die Veranstaltung nicht gestreamt oder zumindest aufgenommen worden ist. Ich werde das als Anregung ans MAIS geben, das bei Folgeveranstaltungen zu berücksichtigen. Lutz Wende vom Institut für Stadt- und Regionalentwicklung der Fachhochschule Frankfurt a.M. berichtete dann von einem eher ganzheitlichen Netzwerkansatz, der den “Betroffenen” im SGBII Bezug mehr Mitspracherecht und den handelnden Verwaltungsangestellten die Sichtweise der “Betroffenen” näher bringen soll.

Irgendwie hat mich der Ansatz nicht überzeugt. Ich habe zwar Ähnlichkeiten zu Modellprojekten, wie z.B. in Rotterdam, gesehen, aber irgendwie ist der Ansatz ein bischen als Zusatz rübergekommen, der auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte.

Andreas Koch vom ISB e.V. [4] hat dann am Beispiel Dortmund das Projekt “Aktiv statt passiv!” vorgestellt und noch mal sehr deutlich herausgestellt, das Fördern eine tolle Sache ist, aber Fordern bei vielen SGBII-Beziehern komplett ins leere läuft. Er nannte hier das Beispiel von 26.000 gering qualifizierten, arbeitssuchenden Menschen in Dortmund und den zur Zeit ca. 700 freien Stellen im gleichen Qualifizierungssegment in Dortmund. Und nicht jeden Menschen kann man weiter qualifizieren. Und das sagt mit Andreas Koch ein Mensch mit langjähriger Erfahrung in dieser “Qualifizierungsindustrie”. Er zog damit auf die gleichen Schlüsse wie Prof. Dr. Knuth. Der eine aus der wissenschaftlichen Sicht, der andere aus der Sicht des Praktikers.

Die beiden Vertreterinnen des MAIS, Frau Dr. Julia Brennecke und Frau Frauke Füsers haben noch mal über Schwerpunkte und formale Dinge des ESF gesprochen. Die anschließende Fragerunde fiel sehr kurz aus, da der Zeitplan der Veranstaltung der eng gesetzt war.

Irgendwie sollte Politik von dieser endlosen Sozialmissbrauchsdebatte zu echten Lösungen hinbewegen. Die Realität ist: es gibt Menschen, die auch ohne körperliche Gebrechen nicht auf dem s.g. ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Sei es durch Gründe, die bei diesen Menschen liegen, sei es durch Gründe, die am Arbeitsmarkt liegen. Wir tun weder diesen Menschen noch unserer Wirtschaft einen Gefallen, wenn wir hier ein Miteinander erzwingen wollen. Offene Angebote ja, Zwang nein. Das sind an der Gesamtzahl der Bevölkerung nur sehr wenige Menschen. Wahrscheinlich zwischen 1 und 3% der Bevölkerung. In einer Gesellschaft mit funktionierenden Großfamilienverbänden (aka Früher) gab es diese Menschen auch und sie wurden halt vom Familienverband versorgt.

Heutzutage ist diese Aufgabe an die gesamte Gesellschaft gefallen.Wenn sich diese Gesellschaft nicht zu einem BGE durchringen möchte und ein BGE nicht mal begrenzt testen will, muss man wenigstens eine Grundsicherung ohne beständigen Druck etablieren. Ohne Stigmatisierung und im Dialog mit allen Beteiligten. Ob das ESF-Programm dazu beiträgt, darf bezweifelt werden. Hier wird beständig von messbarer Leistung gesprochen, das widerspricht einer Grundsicherung elementar.

———
Update
Inzwischen ist auch im MAIS der Bericht zur Veranstaltung fertig
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/index.php
Dort findet man neben einer Fotogalerie auch die Reden von Minister Guntram Schneider
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/ESF_rede_minister.pdf
vom Vertreter der EU, Herrn Peter Stub Jørgensen
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_speech_ps_jorgensen_english.pdf (englisches Original)
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_rede_ps_jorgensen_deutsch.pdf (deutsche Übersetzung)
Herrn Staatssekretär Dr. Wilhelm Schäffer
http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_2014_rede_Sts_schaeffer_mais.pdf
sowie die allgemeinen Vortragsfolien http://www.arbeit.nrw.de/pdf/esf/esf_auftaktveranstaltung_2014/esf_2014_vortragsfolien_schaeffer_mais.pdf
und die Kurzberichte und Dokumentationen der Vorgestellten Projekte
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_1/index.php
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_2/index.php
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_3/index.php
http://www.arbeit.nrw.de/esf/in_menschen_investieren/foerderphase_2014_bis_2020/esf_auftakt_2014_bericht/esf_ag_4/index.php

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

Rund um #Blockado

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Am 23.08.2014 fuhr ich gegen 10 Uhr mit @de_wastl und @saendralein nach Dortmund um an der Katharinentreppe gegen Nazis zu demonstrieren und später noch den #CSD zu besuchen.

Ab ca. 12:30 füllte sich langsam der Ort. Gegen 13 Uhr waren dann etwa 250 – 300 antifaschistische Gegendemonstranten vor Ort. Ich wurde gefragt, ob ich eine spontane Versammlung bei der Polizei anmelden würde. Ich tat dies wenig später. Im Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales zu dem Einsatz der Polizei anlässlich dieser Veranstaltung wird fälschlicherweise davon gesprochen, dass die Versammlung um 13:45 Uhr angemeldet wurde. Das ist falsch.

Die Gespräche mit der Polizei verliefen die gesamte Veranstaltung über außerordentlich kooperativ – von beiden Seiten. Wir bekamen zunächst keine Auflagen mitgeteilt, lediglich die Bitte, die Versammlung in einem bestimmten Bereich abzuhalten (auch hier die Unwahrheit im oben erwähnten Bericht – dies war ausdrücklich KEINE Auflage). Kurze Zeit später – ich schätze gegen 13:45 Uhr teilte man mir die Auflage mit, die Veranstaltung müsse bis 14:45 Uhr beendet werden. Ich teilte dies den Organisatoren und Ansprechpartnern der verschiedenen Gruppierungen mit. Es wurde vereinbart, dass um spätestens 14:45 Uhr eine Durchsage gemacht würde, dass die genehmigte Versammlung zu diesem Zeitpunkt aufgelöst wird. Dies wurde zwei mal gemacht. Allerdings wurde auch schnell klar, dass die Versammlungsteilnehmer und das Aktionsbündnis Blockado weitere Anstrengungen unternehmen werden, den geplanten Demonstrationsbereich der Nazis weiterhin zu blockieren. Ich teilte die Beratungsergebnisse so der Polizei mit. Es wurde angekündigt, dass der Platz nicht gewaltsam freigeräumt, ggf. aber im Nachhinein Ermittlungen folgen würden.

Gegen 14:45 Uhr wurde die Versammlung durch eine Sprecherin in meinem Auftrag aufgelöst. Die Polizei bestätigte dies in ihrem Polizeibericht. Auf weitere Durchsagen hatte ich keinen Einfluss. Insbesondere erfolgte durch mich kein Aufforderung sich “unterzuhaken und auf der Mitte der Katharinenstraße (möglicher Kundgebungsort der Partei “Die Rechte”) sitzen zu bleiben”. Die Aussage im oben erwähnten Bericht ist wahrheitswidrig.

Es formierte sich dann wenige Meter weiter eine Sitzblockade, die von einer Hundertschaft daran gehindert wurde, weiter in Richtung Innenstadt zu ziehen. Wenig später fand dort dann die Nazikundgebung in Sicht- und Hörweite statt. Ich beobachtete die Geschehnisse den Nachmittag über als parlamentarischer Beobachter weiter. Mehrfach wurde ich von der Polizei gefragt, ob ich eine neue Versammlung anmelden würde. Ich verneinte dies, gab das an meine Ansprechpartner weiter. Soweit ich weiß, wurde auch von denen keine neue Versammlung angemeldet.

Der Nachmittag verlief an dieser Stelle friedlich. Es gab Gesänge gegen Nazis, Musik und gute Stimmung. Als die Nazikundgebung aufgelöst wurde, beobachtete ich den Abzug der Nazis über die U-Bahn-Haltestelle Westentor.
Danach zogen wir in Richtung #CSD. Ich zockte ein wenig #Ingress, aß ne Currywurst mit Pommes und Ketchup. Wenig später hieß es auf Twitter, dass im Avantizentrum Ausschreitungen wären bzw. ein massiver Polizeieinsatz. Wir entschlossen uns dann, noch dorthin zu fahren um uns einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. Auf dem Weg besorgten wir noch Kerzen und Taschenlampen, damit die friedlichen Hausbesetzer nicht im Dunkeln sitzen müssen.

Vor Ort angekommen war die Lage sehr ruhig. Nach ca. 30 Minuten machten wir uns dann auf den Weg nach Hause.
Fazit:
Friedliche, korrekt angemeldete und erfolgreiche Demo. Dafür allerdings ein vor Fehlern und Unwahrheiten strotzender Bericht des Innenministeriums. Nun denn …

PS: Persönlich habe ich nach wie vor keine Kenntnis über eine Anzeige. So oder so bin ich dann mal gespannt, inwieweit die §§14 und 26 des Versammlungsgesetzes mit Art. 8 Abs. 1 GG vertragen.

#keinfussbreit