Die Meldungen über ein mögliches Ende des renommierten und erfolgreichen Ausstiegsprogramms EXIT und die Ankündigung des Verfassungsschutzes, ein Ausstiegsprogramm für Salafisten in NRW einzurichten, haben uns veranlasst, zwei kleinen Anfragen zum bereits existierenden Ausstiegsprogramm für Rechtsextreme zu stellen. In den Antworten spricht die Regierung von 131 erfolgreichen Ausstiegen aus der rechtsextremen Szene. Seit 2001 wurden 256 ausstiegswillige Personen betreut, damit war dieser Angabe zufolge etwa die Hälfte der Ausstiege erfolgreich.
Frank Herrmann, Obmann im Innenausschuss:
Man kann leider nicht eruieren, ob die Angaben der Regierung stimmen, denn es gibt keine unabhängige und wissenschaftliche Evaluierung des Programms. Die in der Antwort angesprochene interne Auswertung durch die Forschungsstelle Terrorismus/Extremismus des BKA ist nicht öffentlich verfügbar, was unserem Verständnis einer wirklichen Erfolgskontrolle widerspricht. Daher sind die Aussagen zum Erfolg der Programme in den Antworten wenig aussagekräftig. Zudem schmückt sich hier die Exekutive mit fremden Federn, denn ein Teil der ausstiegswilligen Programmteilnehmer wird auch über das Projekt NinA des Freien Trägers Re/Init e.V. mitbetreut. NinA steht vor dem Aus, denn es ist genau wie EXIT Teil des Xenos-Bundesprogramms, das am 30.4. ausläuft. Wie wertvoll, erfolgreich und qualitativ die Arbeit solcher ziviler Initiativen ist, kann man auch daran ablesen, dass das Bundesfamilienministerium die Finanzierung von EXIT zukünftig übernehmen wird.
Vor allem bei dem geplanten Ausstiegsprogramm für Salafisten muss sehr professionell vorgegangen werden. Wir befürchten, dass sich hier die Landesbehörde mit der Deradikalisierung übernimmt. Die Regierung spielt mit dem Feuer, denn Salafisten arbeiten nicht lokal und sind international vernetzt.
Außerdem ist es nicht der Job einer Sicherheitsbehörde, Menschen ein neues Leben zu ermöglichen. Auch ein bereits bekannter Fall, dass ein Ausstiegswilliger als Informationsquelle benutzt wurde, macht das Problem deutlich: Nachrichtendienste sollten nicht gleichzeitig für Ausstiege verantwortlich sein.
Dirk Schatz, Innenpolitischer Sprecher:
Man muss an der Professionalität des Ausstiegsprogramm beim Verfassungsschutz zweifeln, wenn in der Presse Anfang März ein Interview eines Ausstiegshelfers aus NRW veröffentlicht wird, in dem dieser erklärt, dass der Gesinnungswandel bei Neonazis dadurch erreicht werde, dass er sie zum Döner einlade. Bei EXIT wird Neonazis aus der Führungsebene ein Ausstieg ermöglicht, und es ist kaum vorstellbar, dass dafür solche Methoden genügen. Wir kritisieren auch, dass der Verfassungsschutz die Neonazis kontaktiert. Ein ernstgemeinter Ausstieg erfolgt in der Regel nur, wenn es einen ideologischen Vorlauf gegeben hat. So wartet EXIT z. B. so lange, bis sich die ausstiegswilligen Neonazis melden. Viele Ausstiegswillige wollen auch nicht mit dem Verfassungsschutz zusammen arbeiten.
Hier sind die Kleinen Anfragen und die Antworten:
Ausstiegsprogramme beim Verfassungsschutz / Drucksache 16/2423
Ausstiegsprogramme beim Verfassungsschutz – Evaluierung / Drucksache 16/2655