Jahrzehnte wurde falsch in Verkehrsinfrastruktur investiert. Deutschland und NRW brauchen eine Verkehrswende, um Mobilität, Transport und die entsprechende Finanzierung in Zukunft sicherzustellen.
Doch die einzigen Erkenntnisse der Verkehrsminister heute waren „Erhalt vor Neubau“ und „Wir brauchen mehr Geld“. Schade. Chance vertan.
Was ist passiert?
Heute haben sich die Verkehrsminister – auch Minister Groschek aus NRW – in Berlin zu einer Sonderkonferenz getroffen, um zu besprechen, wie es mit der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland weitergehen soll. Das ist klug, denn so können die Ergebnisse – man sprach gar von „Textbausteinen“ – noch in den Koalitionsvertrag einfließen und Deutschland auf Jahre hinaus gestalten. Dabei sollte es egal sein, wer nun wie mit wem koaliert.
Grundlage dafür bildeten die Ergebnisse der Bodewig-Kommission, die aus den Ergebnissen der vorangegangenen Daehre-Kommission einen empfehlenswerten Instrumentenkasten zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur entwickeln sollte. Die Daehre-Kommission hatte zuvor Möglichkeiten von der City-Maut bis zum Infrastrukturfond evaluiert. Natürlich ist mit der Finanzierung der Zukunft immer auch ein Verkehrskonzept der Zukunft verbunden.
Wie es sich bereits vorher andeutete, ist die Ausweitung der LKW-Maut eines der empfohlenen Instrumente. Ebenfalls soll es für Schiene und Straße getrennte Infrastrukturfonds geben. In der Schweiz hat man damit – gespeist aus vielen Quellen, die jedoch zum Teil bei uns nicht in Frage kommen – gute Erfahrungen gemacht. Erfolgreiche Varianten solcher zweckgebundenen Sondervermögen sind auch in NRW bekannt: für Darlehen zum Bau von Sozialwohnungen.
Die Idee dieser Infrastrukturfonds ist gut. Man erhält Planungssicherheit für langjährige Bauvorhaben und hoffentlich eine zweckgebundene Bestimmung der Mittel – „nur für Verkehr“. Man entzieht die Mittel allerdings auch ein Stück weit der Kontrolle des Parlaments. Damit solche Fonds nicht zu Tricks werden – möglicherweise zur Umgehung der Schuldenbremse, des Parlaments oder der Öffentlichkeit – müssen wir aufpassen.
Die Verkehrsminister verlangen mehr Geld – und zwar für alle Verkehrsträger.
Das ist zunächst eine gute Nachricht, konnte man doch bei Bundesminister Ramsauer vermuten, es ginge ihm nur um Bundesfernstraßen. Natürlich benötigen gerade die Verkehrsträger mehr Investitionen, die in den letzten Jahrzehnten besonders vernachlässigt wurden, auch wenn es im Sinne des „Erhalts“ natürlich absolut die höchsten Defizite bei den Straßen gibt. Davon gibt es am meisten.
Doch „alle Verkehrsträger“ schließt scheinbar im wesentlichen Schiene und Straße ein. Wo ist der ÖPNV? Wo ist die Binnenschifffahrt? Wo sind das Radfahren und die Nahmobilität? Haben die Verkehrsminister vergessen, dass es um die Verkehrsinfrastruktur der Zukunft geht?
Sollen wir wirklich weiter machen wie bisher? Nur mit noch größeren Geldtöpfen, weil uns das „weiter so“ dahin gebracht hat, dass wir heute nicht mal mehr erhalten können, was wir bereits gebaut haben?
Ich sehe auch bei den Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan 2015 nur noch wenig Hoffnungen, dass es – trotz vorgeblich besserer Bewertungsverfahren – ein Umdenken gibt: Wir werden weiterhin eine riesige Wunschliste an weiteren Straßenbauprojekten pflegen, weil unser Netz noch nicht dicht genug, noch nicht jeder Ort mit Umgehungsstraße versehen zu sein scheint. Wir werden weiter bauen, was wir in Zukunft nicht mal mehr erhalten können.
Die Verkehrsminister haben es leider zudem versäumt, über die Verteilung der durch die neuen Instrumente akquirierten Gelder zu sprechen. Wohin, in welche Region und in welche Art von Instandhaltungsprojekten werden die Gelder hauptsächlich fließen?
Weder wurde ein Tor zur verkehrspolitischen Zukunft geöffnet, noch wurde in den wesentlichen Streitfragen eine Einigung erzielt.
Schade. Aber noch nicht zu spät für ein Umdenken.