Plenarrede: Bayer zu Transparenz von Finanzierungsstrukturen im ÖPNV

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Plenarsitzung 14, 28. November 2012

TOP 3. Ermittlung von Grundlagendaten zur transparenten Darlegung von Finanzierungsstrukturen im Öffentlichen Nahverkehr im Vergleich zum individualmotorisierten Verkehr in NRW

Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/1258 (Neudruck)

Mitschnitt der Rede von Oliver Bayer

Redeprotokoll:

Danke schön, Herr Präsident! – Bleiben Sie noch hier, ich mache da weiter, wo Herr Stein aufgehört hat. Das wird bestimmt spannend. Kommen Sie ruhig wieder rein!

(Beifall von den PIRATEN)

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Schöne Worte ohne Geld: Die Landesregierung fordert mehr als sie ausgeben will.

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Haushaltskürzungen sind kein Wert an sich. Wenn das Land weniger Geld bereitstellt und damit zunächst auch weniger Schulden aufnimmt, mag das gut klingen; Wenn dadurch an anderer Stelle oder zukünftig allerdings höhere Kosten entstehen, dann ist die “Haushaltssanierung” Augenwischerei.

Mit dem Argument der “Haushaltssanierung” als höchstes Gut der Landespolitik gelingt es der Landesregierung zahlreiche Forderungen zu stellen, ohne sie umsetzen zu müssen. In den meisten Fällen wird die Verantwortung auf den Bund geschoben, in anderen auf die lange Bank.

Für die rot-grüne Landesregierung gilt: Wir fordern. Andere müssten eigentlich bezahlen.

Das führt zu dem Kuriosum, dass im Koalitionsvertrag und in den Regierungserklärungen Pläne aufgestellt werden, die mit dem Haushaltsplan völlig unvereinbar sind. Die Milliarde für die WestLB ist zwar vorhanden, Gelder für Investitionen jedoch werden gekürzt.

Die Piratenfraktion hat zum Haushalt 2012 einige Änderungsanträge eingebracht, um andere Finanztöpfe oder die Finanztöpfe der Zukunft zu entlasten. Vielfach geht es um dringende Investitionen, die aufgeschoben deutlich teurer kämen.

Viel Kritik anderer Fraktionen brachte den Piraten der Vorschlag ein, den Verbundsatz von 23% auf 24% (ehemals lag er bei 28,5%) zu erhöhen. Tatsächlich schlägt die Maßnahme mit 369 Millionen Euro zu Buche. Doch das Geld ist nicht weg. Es entlastet die strukturell unterfinanzierten Kommunen, die sich das gleiche Geld zu viel höheren Zinsen leihen müssten, als es das Land tun kann. Insgesamt geben die Menschen in NRW also mehr Geld aus, wenn der Verbundsatz nicht erhöht wird. Die 24% sehen nur für die Landesregierung schlechter aus – sie könnte damit nicht auf ihre tolle “Haushaltssanierung” verweisen.

Unsere weiteren Vorschläge enthalten geringere Beträge und sollen u.a. auch den Ministern der Landesregierung helfen, ihre selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Zu oft zieht sich die Landesregierung vor der eigenen Verantwortung zurück und gibt allein der Bundesregierung die Schuld.

Ein Beispiel dafür ist das Programm „Soziale Stadt“, welches vom Bund und den Ländern getragen wird. In der Praxis leitet das Land die Gelder des Bundes weiter. Der Bund hat nun die Mittel stark gekürzt.

Die bisherigen Projekte waren allerdings im Schnitt sehr erfolgreich. Zudem sind die Investitionen in solche Städtebauprojekte kein verlorenes Geld. Je nach Berechnung löst ein Euro an Städtebaufördermitteln bis zu acht weiteren Euro an Investitionen aus.

Minister Groschek sieht das Programm „Soziale Stadt“ als Kernelement seiner vorsorgenden Politik bezüglich des demografischen Wandels und urbaner Lebensqualität. Er bezeichnet die Kürzung des Programms durch den Bund als “unverantwortlich” und “gesellschaftspolitische Erbsünde”.

Doch die Landesregierung tut nichts, um die große finanzielle Lücke, die der Bund gerissen hat, auszugleichen. Sie beschränkt sich auf Kritik am Bund und hebt unschuldig die Arme: “Sorry, wir konnten unsere eigenen Forderungen leider nicht umsetzen”.

Wir möchten den Minister und die Landesregierung in ihrer Arbeit unterstützen, indem wir die Aufstockung der Mittel um 2,7 Millionen Euro durch Landesmittel auf zumindest das Niveau von 2010 beantragten.

Das gleiche Prinzip gilt auch für den „Stadtumbau West“. Auch hier zeigt sich die für die rot-grüne Regierung typische Kombination aus guten Absichten und fehlender Entschlossenheit. Auch hier haben wir beantragt, das Budget wieder auf den Stand von 2010 aufzustocken.

Das Land muss selbst Verantwortung übernehmen, wenn es sich nicht auf den Bund verlassen kann.

Zu teuer? Nein, denn die finanziellen Effekte sind höher als die Ausgaben – im sozialen Bereich, in der Wirtschaft, bei der Stadtentwicklung.

Nachsorge ist teurer als Vorsorge: Es ist beispielsweise zu erwarten, dass die Empfehlungen der “Enquete-Kommission Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren” nicht billig werden. Vermutlich müssen wir für frühere “Haushaltseinsparungen” tief in die Tasche greifen, womöglich versilbertes Tafelsilber teuer zurückkaufen.

Um die verschieden problematischen Wohnungssituationen in NRW zu verbessern, setzt die Landesregierung auf sozialen Wohnungsbau, hat hierzu die Prioritäten von der Eigenheimförderung hin zu studentischem und sozialem Mietwohnungsbau verschoben. Auch das klingt gut, doch auch hier vergisst die Landesregierung selbst Verantwortung zu übernehmen.

Pauschale Fördermittel alleine reichen nicht: Die Regierung möchte Prioritäten in angespannten Wohnungsmärkten setzen. Allerdings muss das Land dabei auch selbst Vorbild sein und bei seinen eigenen Liegenschaften vernünftige Quoten für sozialen Wohnungsbau fordern, wenn das möglich ist – und nicht 5% wie bei der Ulmer Höh‘ in Düsseldorf. Da liegen Anspruch und Wirklichkeit der Landesregierung auseinander. Die scharfe Kritik des Ministers an der Wohnungspolitik der Stadt Düsseldorf bleibt unglaubwürdig, wenn bei eigenen Liegenschaften andere Maßstäbe gelten.

Wir Piraten erwarten von der Landesregierung die Umsetzung der im rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschriebenen wohnungs- und sozialpolitischen Ziele. Die Ziele sind schöne Absichtserklärungen, die sich jedoch nicht immer in den Handlungen der Regierung zeigen – vor allem nicht im Haushalt 2012.

In Bezug auf die eigene Unterlassung versteckt sich die Regierung hinter den Fehlern der Bundespolitik.

Das betrifft auch die Verkehrspolitik:

Der Bestand des Verkehrsnetzes ist gefährdet. Zu lange galt “Neubau vor Instandhaltung”. Zu viele Brücken und Tunnel in NRW sind sanierungsbedürftig und müssen jetzt instand gesetzt werden.

Die Haushaltsmittel reichen weder für Straße noch Schiene aus,  um den Bestand langfristig zu erhalten.

Wir können uns ein “weiter so” nicht mehr leisten  – aus rein ökonomischen Gründen.

Dazu kommt,  dass auch indirekte Kosten in die Priorisierung bei der Verkehrsplanung einfließen müssen: dabei müssen nicht nur Kosten für Klimaschutz und Umweltschäden sowie die sozialen Kosten berücksichtigt werden. Eine verantwortungsvolle Verkehrspolitik beugt Ausgaben an anderer Stelle vor.

Und langfristig muss man auch die individuellen Aufwendungen für Mobilität, also eigene Autos gesamtgesellschaftlich als Opportunitätskosten einbeziehen. Weniger Verkehrsflächen, weniger Lärm, mehr Raum für Stadtleben. All dies muss in eine Gesamtrechnung einfließen.

Die Probleme des Verkehrssystems in NRW sind groß – wir brauchen neue Lösungen. Wir müssen den ohnehin bevorstehenden Verkehrswandel als Chance auffassen eine Verkehrswende zu gestalten!

Im Ansatz haben Rot-Grün die Idee verstanden. Zaghaft hat Verkehrsminister Groschek in seiner “Kleinen Regierungserklärung” in die richtige Richtung gewiesen. Allerdings bleibt der Ansatz konservativ und mutlos.

Die Landesregierung begnügt sich auch hier wieder damit, Verantwortung an den Bund abzugeben anstatt selber tätig zu werden. Hier müssen wir die Regierung motivieren!

Ja, ein Großteil des Geldes, das zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in NRW notwendig ist, kommt vom Bund und  NRW wird dort weit unterdurchschnittlich berücksichtigt. Alle Fraktionen sind sich einig, dass der Verkehrshaushalt dauerhaft viel zu klein ist, die Landesregierung will mit dem Verkehrshaushalt jedoch zur “Haushaltssanierung” beitragen.

Bei den PIRATEN steht die konstruktiv gestaltete Verkehrswende ganz oben auf der Agenda.

Dass grundsätzlich genug Geld vorhanden ist, zeigen nicht nur  Prestigeprojekte wie der Flughafen Berlin oder Bahnhof Stuttgart, .. oder die 1,6 Milliarden Euro, die für den Ankauf von EADS-Anteilen freigegeben wurden.

Nicht vergessen: die 5 Milliarden Euro für die Abwrackprämie 2009. Diese 5 Milliarden haben NICHTS bewirkt. Sie haben weder bei Verkehrsproblemen noch den Autobauern geholfen: OPEL steht in NRW weiterhin vor dem Ende und FORD in Köln wird wohl nur überleben, weil das Werk in Genk (Belgien) geschlossen wird!

Hat nichts mit dem NRW-Haushalt zu tun? Weil es da um wichtigere Dinge ging? Wichtiger als eine funktionierende Infrastruktur? Sicher nicht.

Wenn im Bund 5 Milliarden Euro als Geschenk für die Automobilindustrie möglich sind, dann muss weit weniger Geld für die Begleitung der Verkehrswende ebenfalls möglich sein. Ab 2013 hoffentlich wenigstens die 750 Millionen Mobilitätsbetreuungsgeld.

Übrigens: Ein Blick in die Schweiz genügt, um zu sehen, wie sich Investitionen in Bereich des ÖPV und des Güterschienenverkehrs rentieren.

Die Landesregierung weiß das, schiebt jedoch wiederum alle Verantwortung von sich. Im Haushalt wird für den Posten “Förderung der Eisenbahnen und des öffentlichen Nahverkehrs” beinahe ausschließlich Geld des Bundes weitergeleitet. Allein für den Ausbildungsverkehr und das Sozialticket fließen Landesgelder.

Das Sozialticket jedoch ist ein erschreckendes Beispiel für die Mutlosigkeit der Regierung. Es ist doppelt so teuer wie der in den SGR-II-Regelsätzen verankerte Betrag für Mobilität  und verfehlt das Ziel “Mobilität für alle”. Auch Minister Groschek hat befunden, dass das Grundrecht auf Mobilität für alle damit noch nicht umgesetzt wurde! Er verwies aber auf die zu geringen Regelsätze – der Bund müsse sich darum kümmern.

Der Haushalt 2012 behandelt ein Haushaltsjahr, welches bei der Verabschiedung fast vorüber sein wird. Dennoch können wir noch etwas tun, um Hürden für die Zukunft abzubauen .. und voran zu kommen.

Die Piratenfraktion möchte die Investitionsförderung für den ÖPNV aus Bundesfinanzhilfen nach dem Entflechtungsgesetz mit Landesmitteln aufstocken. Hier sind Kürzungen in Höhe von mindestens 17 Mio. Euro im Vergleich zu 2010 vorgesehen.

Das Geld wird dringend benötigt, um Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV zu decken. Der Bedarf durch zunehmend notwendigere Erhaltungsinvestitionen steigt. (sanierungsbedürftige Brücken, Tunnel, Trassen). Eigentlich soll zudem die Attraktivität des ÖPNV verbessert werden. Kommunen können kaum zusätzliches Geld aufbringen.

Wir schlagen daher eine Aufstockung der Mittel um 64 Millionen Euro vor, damit noch 2012 die Sanierungsarbeiten und Investitionen in den ÖPNV angegangen werden können!

Weiterhin möchten wir das Budget für ÖPNV-Gutachten erhöhen. Es  muss sichergestellt sein, dass die angegangenen Maßnahmen wie beabsichtigt Wirkung zeigen. Dazu benötigen wir eine entsprechende Datenlage, Modelle, Simulationen und Machbarkeitsstudien – als Grundlage für innovative Konzepte wie den fahrscheinfreien Nahverkehr.

Der Haushaltsposten leitet Regionalisierungsmittel aus dem Bundeshaushalt für ÖPNV-Gutachten weiter. Der zusätzliche Bedarf (350.000,00 Euro) müsste aus Landesmitteln gedeckt werden.

Die zusätzlichen Mittel sollen zur Erstellung eines unabhängigen Gutachtens zur Gesamtkostenanalyse des öffentlichen Personennahverkehrs in NRW genutzt werden. – Einschließlich aller Kommunalhaushalte, Subventionen und Beteiligungen sämtlicher beteiligter und beitragender Unternehmen – inkl. Stadtwerke.

In einem zweiten Schritt sollen darauf aufbauend Modelle, Simulationen und Machbarkeitsstudien zur Realisierung einer vollständigen Finanzierung des Personennahverkehrs zur entgeltfreien Bereitstellung für die Bürger erstellt werden. Das heißt, wir möchten – je nach Datenlage – Studien zur Evaluierung der Möglichkeiten des fahrscheinlosen ÖPNV und ähnlicher Projekte fördern.

Selbstverständlich müssen auch die Daten wie Kosten und Fahrgastzahlen sowie erste Studien frei verfügbar gemacht werden. Damit werden die Kreativität und das Engagement der Menschen in NRW geweckt. Womöglich entdecken wir neue Lösungswege für unsere Verkehrsprobleme.

Zur Verwirklichung eines wirklich klimaschonenden, sozial ausgewogenen und die Lebensqualität steigernden Verkehrssystems in NRW müssen wir auch über neue Finanzierungsstrukturen nachdenken und den Kommunen die Freiheit ermöglichen innovative Konzepte umzusetzen.

Ich bin mir sicher, dass letzteres ein großes Thema in 2013 und 2014 sein wird. Zusätzliche Einnahmequellen der Kommunen dürfen aber nicht dazu führen, dass sich die Landesregierung noch weiter von ihrer finanziellen Verantwortung zurückzieht.

Die Landesregierung muss gewillt sein, Pläne und Forderungen, die sie selbst aufstellt, auch selbst zu bezahlen. Ja, natürlich ist es nicht das Geld der Landesregierung, das hier ausgegeben wird. Es ist das Geld der hier lebenden Menschen.

Genau das ist der Knackpunkt: Es ist immer das Geld der Menschen, egal ob es aus dem EU-, Bundes-, Landes oder Kommunalhaushalt kommt, ob eine entsprechende Abgabe direkt gezahlt wird oder indirekte Kosten entstehen.

Es wird Zeit, an der generellen Misere sämtlicher Finanzpolitik etwas zu ändern: Es muss weiter gedacht werden als bis an die Ränder isolierter Finanztöpfe und kurzer Legislaturperioden.

..und einer muss damit anfangen.

Verkehrspolitik im Landtag: CDU verschenkt Potential

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An der rot-grünen Verkehrspolitik in NRW gibt es viel zu kritisieren. Wir Piraten machen das, die FDP macht das – wobei wir deutlich andere Schwerpunkte als die FDP setzen. Die CDU dagegen verschenkt konstruktives Potential. Seitdem ich im Landtag bin, hat die CDU-Fraktion zur rot-grünen Verkehrspolitik einfach den Bashing-Generator laufen lassen. Die Argumente der CDU zerlegen sich bereits beim flüchtigen Lesen. Beispiel gefällig?
Am 18. Oktober 2012 veröffentlichte Bernhard Schemmer als Pressemitteilung der CDU-Fraktion wieder einmal einen köstlich-lustigen Text: *ADAC-Studie: Offenbarungseid für rot-grüne Verkehrspolitik*

Ich empfehle Herrn Schemmer übrigens, sich auch einmal diese ADAC-Studie (PDF) anzuschauen. Aber Achtung: sie heißt “Verkehr von morgen.”, ist also vorwärtsgewandt.

Als „Offenbarungseid für die rot-grüne Verkehrspolitik“ bezeichnet die CDU-Landtagsfraktion die heute vom ADAC vorgestellte Studie zu den Staus auf deutschen Autobahnen. „Unter der Regierung Kraft hat sich NRW zum Stauland Nummer eins entwickelt – und zwar mit großem Abstand zu den anderen Bundesländern.“

1. Straßenbauprojekte dauern üblicherweise länger als zwei Jahre. Und wer war vor 2010 an der Regierung?

2. Ein Großteil des Geldes, das zum Ausbau jedweder Verkehrsinfrastruktur in NRW fehlt, kommt vom Bund. NRW wird dort (vor allem beim ÖPNV und Schienenverkehr) weit unterdurchschnittlich berücksichtigt. Ein Grund, sich einmal gemeinsam bei Peter Ramsauer zu beschweren.

„Das ist vollkommen inakzeptabel. NRW ist die zentrale Drehscheibe für den Verkehr im Herzen Europas.“

Ja das stimmt. Zusätzlich haben wir eine stark überalterte Infrastruktur sowohl im Bereich der Straßen und Autobahnen als auch bei Schienentrassen. Tunnel und Brücken sind nicht nur in den Senkungsgebieten der Bergbauregionen dringend sanierungsbedürftig.
Allein die Sanierungskosten übersteigen bei weitem die aktuell verfügbaren Mittel. Das ist auch eine Folge der Aufschiebungspolitik vor 2010. Die CDU hat lieber neue Straßenbauprojekte begonnen als sich um den Bestand zu kümmern. Doch aufgeschobene Rechnungen werden teurer, nicht günstiger.

Daher ist es gerade in NRW wichtig, jetzt die Gelegenheit zu ergreifen, den sowieso anstehende Verkehrswandel zu berücksichtigen und aktiv eine Verkehrswende zu gestalten; d.h. sich nun vor allem um die Sicherstellung und den Ausbau der Mobilität für alle zu kümmern: den ÖPV und ÖPNV – und weitere MIV-unabhängige Verkehrskonzepte.

Im Güterverkehrsbereich wurde ein Handeln so lange aufgeschoben (reine Lippenbekenntnisse seit den 70ern), dass wir nun vor riesigen Problemen stehen. Eine starke Priorisierung des Ausbaus der Güterschienenverkehrsstrecken ist sowieso unabdingbar. Auch hier ist zusätzlich Peter Ramsauer gefordert Verantwortung zu übernehmen und NRW bei der Realisierung der Transitstrecken zu helfen anstatt NRW zu ignorieren – von gelegentlichen inkompetenten und dafür umso mehr ignoranten “Entscheidungen” abgesehen.

„Schemmer erinnert in diesem Zusammenhang an die beispiellose Streichliste für Straßenprojekte in NRW“

Dieser Streichliste steht eine gigantisch lange Liste mit Straßenbauprojekten gegenüber, die niemals und unter keiner Regierung realistisch komplett umsetzbar ist. Den Bürgern weiterhin den Bau ihrer seit Jahrzehnten angedachten Ortsumgehungen zu versprechen, ist unehrlich.
Natürlich könnte eine CDU-Regierung wieder so tun, als ob sie Neubauprojekte fördere – doch nur auf Kosten des Bestands und auf Kosten sinnvollerer Verkehrsprojekte.. die Liste abarbeiten kann sie dennoch nicht.

Butter bei die Fische: Jahrzehnte alte Straßenplanungen, die vielleicht innerhalb weiterer drei Jahrzehnte realisiert werden, braucht in den Jahrzehnten danach niemand mehr ..jedenfalls nicht in der ursprünglich angedachten Form. Realistisch gesehen ist die Streichliste mit der Liste geplanter Projekte nahezu identisch. Dies den Bürgern auch zu sagen, ist ehrlich.
Dies auch aktiv umzusetzen, ist Ausdruck einer vorwärtsgewandten Verkehrspolitik, die nicht versucht der Vergangenheit hinterherzuhinken, sondern sich Ziele nach den aktuellen Erkenntnissen setzt.

„Der Bund bietet in einem ersten Schritt an, 125 Millionen Euro über eine Öffentlich-Private Partnerschaft zu finanzieren. Wer dies – wie Rot-Grün – aus ideologischen Gründen ablehnt, macht sich schlichtweg unglaubwürdig.“

Yeah! Ob es ideologisch ist, Zielkonflikte wahrzunehmen, weiß ich nicht. Aber außer dem für die CDU wohl typischen kurzfristigen Denken gibt es für PPP-Projekte keinen logischen Grund.

Veranstaltung zur Verkehrswende am 17. Oktober 2012

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Liebe Teilnehmer und Interessierte,

das 2. öffentliche Treffen zur Gestaltung der Verkehrswende findet am Mittwoch, den 17. Oktober 2012 ganztägig im Landtag NRW in Düsseldorf statt. Wir treffen uns vor Ort im Saal E1 A16. In Vorbereitung auf unsere gemeinsame Veranstaltung empfehlen wir die Zusammenfassung des Fraktionstreffens vom 25. Juli 2012 (im PDF-Format) und nachfolgende Literaturhinweise.

Weiterer Lesestoff

Analysen, Verkehrspläne und -konzepte ÖPNV

Beispiel: Aachen 

Analysen:

Entwicklungskonzepte:

Für Verkehr bezahlen?

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Kraftstoffabgabe, Nahverkehrsabgabe, Maut und City-Maut für Verkehrsinfrastruktur und Verkehrswende

[ persönlicher Blog von Oliver Bayer ]
Über Jahrzehnte wurde viel versprochen. Noch immer warten viele Bürger auf ihre Autobahn, ihre Ortsumgehung oder ihre Straßenbahnanbindung. Die heutige Realität ist, dass dank leerer Kassen der ÖPNV an vielen Stellen NRWs reduziert wird und dass auch keine großen neuen Landesstraßenprojekte mehr angegangen werden. Eine vollständige Umsetzung der riesigen Liste an seit Jahrzehnten versprochenen Ortsumgehungen war stets unrealistisch, doch wir müssen uns daran gewöhnen, dass die Streichliste genauso lang ist.

Die Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrsmittel ist sanierungsbedürftig. Allein die Instandhaltung von Brücken, Trassen und Straßen kostet NRW in den nächsten Jahren mehr, als insgesamt für den Verkehr zur Verfügung steht. Darüber hinaus werden sich jedoch die Anforderungen an die Verkehrssysteme ändern: Reurbanisierung, Demographischer Wandel, Klimawandel, steigender Transit- und Güterverkehr, neue technische Möglichkeiten. Zusätzliche Mittel müssen diesen Verkehrswandel unterstützen und dürfen nicht in jahrzehntealte Verkehrskonzepte fließen, die nach ihrer Realisierung weitere Jahrzehnte zum Sinnbild von Fehlinvestitionen werden.

Wir benötigen also eine Veränderung der Verkehrskonzepte und insgesamt mehr Geld. Zumindest zweiteres ist Thema der aktuellen Verkehrsministerkonferenz in Cottbus. Die naheliegende Möglichkeit ist, den Verkehr durch Verkehr zu finanzieren: die kommerziellen und privaten Verkehrsteilnehmer sollen zur Finanzierung beitragen. Damit das Geld dabei nicht im Haushalt versickert, ist eine Zweckbindung bzw. das Einspeisen in einen isolierten Topf notwendig. Dies zu ermöglichen, könnte eines der wesentlichen Ziele des Zusammentreffens der Verkehrsminister sein. Ohne die Zweckbindung ist jede Einnahmequelle zahnlos.

[ im Blog den gesamten Beitrag lesen ]

Für Verkehr bezahlen? Kraftstoffabgabe, Nahverkehrsabgabe, Maut und City-Maut für Verkehrsinfrastruktur und Verkehrswende

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Über Jahrzehnte wurde viel versprochen. Noch immer warten viele Bürger auf ihre Autobahn, ihre Ortsumgehung oder ihre Straßenbahnanbindung. Die heutige Realität ist, dass dank leerer Kassen der ÖPNV an vielen Stellen NRWs reduziert wird und dass auch keine großen neuen Landesstraßenprojekte mehr angegangen werden. Eine vollständige Umsetzung der riesigen Liste an seit Jahrzehnten versprochenen Ortsumgehungen war stets unrealistisch, doch wir müssen uns daran gewöhnen, dass die Streichliste genauso lang ist.

Die Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrsmittel ist sanierungsbedürftig. Allein die Instandhaltung von Brücken, Trassen und Straßen kostet NRW in den nächsten Jahren mehr, als insgesamt für den Verkehr zur Verfügung steht. Darüber hinaus werden sich jedoch die Anforderungen an die Verkehrssysteme ändern: Reurbanisierung, Demographischer Wandel, Klimawandel, steigender Transit- und Güterverkehr, neue technische Möglichkeiten. Zusätzliche Mittel müssen diesen Verkehrswandel unterstützen und dürfen nicht in jahrzehntealte Verkehrskonzepte fließen, die nach ihrer Realisierung weitere Jahrzehnte zum Sinnbild von Fehlinvestitionen werden.

Wir benötigen also eine Veränderung der Verkehrskonzepte und insgesamt mehr Geld. Zumindest zweiteres ist Thema der aktuellen Verkehrsministerkonferenz in Cottbus. Die naheliegende Möglichkeit ist, den Verkehr durch Verkehr zu finanzieren: die kommerziellen und privaten Verkehrsteilnehmer sollen zur Finanzierung beitragen. Damit das Geld dabei nicht im Haushalt versickert, ist eine Zweckbindung bzw. das Einspeisen in einen isolierten Topf notwendig. Dies zu ermöglichen, könnte eines der wesentlichen Ziele des Zusammentreffens der Verkehrsminister sein. Ohne die Zweckbindung ist jede Einnahmequelle zahnlos.

Das gilt auch für Steuern auf Kraftstoffe, die somit eigentlich zukünftig “Verkehrsbeiträge” heißen müssten, die mit dem Erwerb von Kraftstoff zu zahlen sind. Kein anderes Instrument ist so effizient und elegant wie die Kraftstoffabgabe. Gefahrene Kilometer, Fahrzeugtyp und Gewicht, Umweltfreundlichkeit, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit – all dies wird automatisch, ohne großen bürokratischen Aufwand und Datenschutzfreundlich berücksichtigt. Solange sich ressourceneffizientere und schadstoffärmere Antriebssysteme nicht durchgesetzt haben, sollte eine erhöhte und zweckgebundene Kraftstoffabgabe wesentlich zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur beitragen. Die jetzige Steuer auf Kraftstoffe ist nicht zweckgebunden, sie ist auch als Gemeinkostenabschlag für Flächenverbrauch, Gesundheits- und Umweltschäden zu verstehen. Große Teile müssten jedoch für Gegenmaßnahmen bereitgestellt werden: für einen  Ausbau des ÖPV, ÖPNV und des Güterverkehrs auf der Schiene und auf Wasserstraßen sowie für Radverkehrsinfrastruktur.

Eine Maut ist gegenüber einer Kraftstoffabgabe zunächst ungerecht. Einheitliche Vignetten beispielsweise würden Vielfahrer, große und spritfressende Autos sowie Autobahnfahrer bevorzugen, Berufspendler und Kleinwagenfahrer benachteiligen. Komplexere Maut-Systeme verlangen komplexere und damit teurere Verwaltungsstrukturen. Eine vollständig elektronische Erfassung ist aus Gründen der Datensparsamkeit bzw. des Datenschutzes abzulehnen.

Klassische Mautstellen auf oder an Autobahnen sind ein Verkehrshindernis. In innerstädtischen Bereichen können solche Hindernisse jedoch durchaus – vergleichbar mit Pförtnerampeln – Steuerungsfunktionen haben, gleichzeitig die Anreise mit alternativen Verkehrsmitteln attraktiver machen. Einige Verkehrsminister möchten daher einzelnen Städten wohl das Instrument der City-Maut in die Hand geben.

Als flankierende Maßnahme zur Attraktivitätssteigerung und Finanzierung des ÖPNV bei gleichzeitigem Aufbau von Hürden für den Individualverkehr hat die City-Maut einen gewissen Reiz. Sie ist jedoch gegenüber ähnlichen Maßnahmen wie einer verstärkten Parkraumbewirtschaftung auch in der einfachen Variante sehr Aufwändig zu realisieren.

Außerdem muss bei einer City-Maut folgendes beachtet werden:

  1. Es darf keine Möglichkeit geben, Bewegungsprofile zu erfassen. Aus Datenschutzgründen kommen daher bestimmte Modelle nicht in Frage.
  2. Damit die Verwaltungskosten nicht zu hoch werden, muss das System einfach bleiben.
  3. Es muss sich um einen Beitrag mit Zweckbindung handeln.
  4. Von der City-Maut müssen vor allem diejenigen profitieren, die sich die City-Maut _nicht_ leisten können. Die Zweckbindung muss sich also auf die Verbesserung des lokalen ÖPNV beziehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Innenstädte den wohlhabenderen vorbehalten bleiben, bzw. sie die alleinigen Profiteure der Maut sind.
  5. Werden die Innenstädte nicht gleichzeitig durch z.B. einen attraktiveren ÖPNV und ggf. zu Lebensraum umgestaltete ehemalige Verkehrsflächen aufgewertet, so besteht die Gefahr, dass der Maut-Bereich unattraktiv für den Einzelhandel und die Bewohner wird und sich entsprechende Urbanisierungsentwicklungen verlagern.
  6. Um Anwohnerinteressen angemessen zu berücksichtigen, sind nicht nur Rabatte interessant: Das ungeliebte System der Anliegergebühren könnte um einen Finanztopf mit regelmäßigen Eingängen aus der City-Maut ergänzt werden. Dass hierbei Hausbesitzer stärker als Mieter berücksichtigt würden, ist allerdings ein diskussionswürdiger Aspekt.
  7. Eine City-Maut kann immer um ökologische oder soziale Aspekte ergänzt werden. In einigen Städten anderer Länder zahlen beispielsweise Autofahrer keine City-Maut, wenn sie mindestens einen weiteren Fahrgast haben.

Die City-Maut bietet sich an, wenn eine Stadt eine hohe Zahl an Einpendlern und einen sogenannten Speckgürtel sowie ein bereits starkes ÖPNV-System hat. Zur allgemeinen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur ist sie jedoch nicht geeignet. Richtig ist, sich über die generelle Ermöglichung solcher Maßnahmen für Städte und Regionen zu beschäftigen.

Das betrifft auch die Ermöglichung der Nahverkehrsabgabe, bei der je nach Konzept Unternehmen oder Bürger einen Pauschalbeitrag für den ÖPNV entrichten. Eine allgemeine Nahverkehrsabgabe muss allerdings mit einer spürbaren Verbesserung des ÖPNV in der Stadt einhergehen. Den größten Effekt könnte ein umlagefinanzierter ÖPNV ohne zusätzliche Ticketpreise erzielen. Ähnlich wie heute bereits beim Semesterticket erhielten die Menschen dann mit der Nahverkehrsabgabe eine ÖPNV-Flatrate. Flankierende Maßnahmen beim Individualverkehr und einen attraktiven ÖPNV vorausgesetzt, würde ein solches Konzept nicht nur einen Beitrag zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur generell liefern, auch die indirekten Kosten, die vor allem der Individualverkehr verursacht, würden reduziert.

Solch ein fahrscheinloser ÖPNV kann und sollte vielleicht auch durch einen Mix an Instrumenten finanziert werden, teilweise ergänzen andere Maßnahmen wie höhere Parkplatzgebühren auch methodisch das Konzept. Den Städten sollte zur Umsetzung dieses und anderer Ziele im Rahmen der Verkehrswende mehrere Möglichkeiten offen stehen. Jede Gemeinde hat andere Voraussetzungen und nur wenn wir in Deutschland viele Konzepte ausprobieren, können wir gute und schlechte miteinander vergleichen. Die verschiedenen Formen der Nahverkehrsabgabe zählen auf jeden Fall zu den interessantesten Instrumenten.

Ein Verkehrswandel wird kommen, so oder so. Wir können gemeinsam die Verkehrswende gestalten oder den Wandel auf uns zukommen lassen. Gestern war auch der Tag des Demographiegipfels: Der Demographische Wandel wird diesen Verkehrswandel vermutlich deutlich mehr beeinflussen als der Klimawandel. “Umdenken für die Umwelt” hat man oft gehört, “Umdenken für uns Menschen” wäre wichtiger. Wenn wir uns jetzt bemühen, den Finanzierungsengpass auch als Chance für eine Prioritätenverschiebung zu begreifen, dann werden wir uns in einigen Jahrzehnten sicher dankbar dafür sein.

Mit Dank an den NRW AK Bauen und Verkehr für wichtige Aspekte in der Diskussion. 

Links:

Verkehrswende gestalten: Fraktionstreffen zur Verkehrspolitik vom 25. Juli 2012

Veröffentlicht am von unter Bauen, Wohnen und Verkehr (A02), Fraktionssitzungen, Sonstiges.

Am Mittwoch vergangener Woche haben wir ein erstes ganztägiges Fraktionstreffen zur Verkehrspolitik im Landtag abgehalten. Die aus Kreativ-, Diskussions- und Workshop-Abschnitten bestehende Veranstaltung bezog auch mehr als ein Dutzend beratende Gäste mit ein. Viele von ihnen sind in den entsprechenden Arbeitskreisen der Piratenpartei aktiv. Das Schwerpunktthema des Treffens war der fahrscheinfreie ÖPNV im Kontext des Verkehrswandels.

Von der Vision eine Verkehrswende selbst zu gestalten, leiteten wir kurz- und mittelfristige Handlungsempfehlungen ab. Wir stehen am Anfang eines ambitionierten Projekts, sind motiviert und überzeugt von der Notwendigkeit der aktiven Neugestaltung der Verkehrspolitik. Wir in der Fraktion freuen uns, dabei mit vielen engagierten Sachkennern zusammenarbeiten zu können.

Das Protokoll und unser kleines Fazit aus dem ersten Treffen möchten wir allen Interessierten hier als PDF bereitstellen. Wir möchten voraussichtlich in den Herbstferien ein weiteres – eventuell deutlich größeres – Arbeitstreffen zu dem Thema und anderen Sachverhalten rund um die Gestaltung der Verkehrswende einrichten, zwischenzeitlich die aufgeworfenen Fragen klären und weiter Informationen sammeln.

PDF: Fraktionstreffen Verkehrswende 20120725: Protokoll und Ergebnisse