Eine Polemik zur Kommunal- und Europawahl 2014
Sachma, stottert der Joachim jetzt?
Nö.
Neo-neo-liberal ist sowas wie marktradikale Scheiße im Quadrat, der Ökonom Wolfram Elsner meint damit die Gläubigen Markttheologen und Fundamentalisten der Reaganomics und Chicago-Boys, die die Selbstregulierung der Märkte anbeten – im Gegensatz zu den echten Vätern des Neoliberalismus, die allesamt auf einen starken Staat zur Regulierung der Märkte setzten.
Die rotieren gerade kollektiv in ihren Gräbern und würden ihren Enkeln, den Lindners, Kubickis, Merkels undsoweiter jeweils ‘nen kräftigen Satz heiße Löffel verpassen, wenn sie könnten.
Und gleichzeitig werden dicke Krokodilstränen geweint von diesen Leuten, die den Rückgang der Wahlbeteiligungen bejammern. Weil die wirklichen Entscheidungen immer weiter wegwandern von denen, die sie betreffen.
Gut, aber Du bist spät dran, Joachim! Die Wahl ist übermorgen.
Stimmt. Besser spät als nie. Hab’ ja sonst woanders auch geschrieben. Und geredet und geredet, einer, nur einer aus einem ganzen Heer von Piraten, die sich den Mund fusselig geredet haben über Europa und Gemeinsamkeit – auf Infoständen, Kundgebungen, Podiumsdiskussionen, Demos und in den vier Landtagen.
Mit dem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU, TTIP, ‘Transantlantic Trade and Investment Partnership’, kommt eine ganz neue Klasse von Abkommen daher.
Ein Dreiklang aus Marktförderung, Eigentumssicherung und Pfeif-auf-die-Demokatie dient ausschließlich den Interessen transnational operierender Konzerne und die SPDCDUCSUFDP sagt nicht nur einfach schau’n wir doch mal!
Nein, im Gegenteil, Dr. Joachim Pfeiffer, der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDUCSU-Fraktion im deutschen Bundestag spricht in einem internen Papier an die eigene Fraktion von einer durch Chlorhühnchen und andere Beispiele “fehlgeleiteten Debatte in der Öffentlichkeit”.
Fehlgeleitet? Dem Mann kann tatsächlich geholfen werden. Leiten wir die Debatte mal ins Richtige um. Werfen wir mal einen Blick auf Strukturen. Denn es geht nicht wirklich um Chlorhühnchen. Bei Anne Will sprach letzthin ein CSU-Rechtsverdreher von der früheren Angst vor Pizza. Echt. Die bösen Italiener.
Die Demokratie, sofern man ernsthaft davon sprechen kann, ist eine Demokratie der Wenigen. Repräsentativ und parlamentarisch. Und sie kommt immer auf einem Territorium daher, innerhalb der Grenzen eines Nationalstaats oder eines Staatenbundes wie der EU.
Die transnationalen Konzerne jedoch befinden sich auf einer außerstaatlichen globalen Überholspur, ganz links, nicht politisch, sondern auf dem Highspeed-Track.
Schiedsgerichte, die Nichts und Niemand verantwortlich sind, die durch Nichts und Niemand demokratisch legitimiert sind, dürfen im Rahmen von Investitionsschutzabkommen wiederum im Rahmen von TTIP entscheiden über mögliche Klagen von transnationalen Unternehmen gegen Staaten. Zum Beispiel Klagen auf entgangene Gewinne.
So wie der Energiekonzern Vattenfall gegen Deutschland bezüglich des Kernenergieausstiegs – Streitwert 300 Mio Euronen. Oder der US-Pharmariese Eli Lilly gegen Kanada, wegen der in Kanada demokratisch verabschiedeten Medinkamentenpreispremse. Im Rahmen des schon existierenden Abkommens NAFTA.
Jeweils zwei Anwälte und ein Richter. Und in den Rollen rotieren – Richter – Anwalt, Anwalt – Richter, darf man auch. Toll.
Gibt’s eigentlich Koks und Nutten oben drauf? Gratis?
Damit bekommt eine global ausgerichtete, nur nach Wettbewerbskritierien arbeitende superfreie Marktwirtschaft die Herrschaft über die durch Grenzen umrandeten Nationalstaaten.
Staaten am Gängelband des Geldes, des Ratings, der Banken und Finanzdienstleister, der Kapitalnetzwerke.
Das heißt Steuernzahlende – nein, nicht doch der Uli! – BürgerInnen am Gängelband von Interessen von Leuten, gegen die eine Verteidigung nur schwer möglich ist, da sie nicht greifbar sind. Die Entscheidungen wandern weg von den Leuten, die sie betreffen, dafür sind die Wirkungen umso direkter. (Oh, hatte ich schon gesagt – macht nix.)
Die Arbeits- und Lebensleistung des Einzelnen zählt nicht mehr. Das wirklich Einzige was zählt, ist die Rendite auf das eingesetzte Kapital.
Was sind das eigentlich für Leute, die solche Verträge – ganz selbstverständlich hinter verschlossenen Türen – aushandeln?
Ökonomisch neoklassisch durchgespülte, gerhirngewaschene Superstatistiker. Die den Bettler auf dem Bahnsteig nicht mehr sehen. (Schreibt Roger Willemsen über den glücklicherweise Ex-MdB Martin Lindner, FDP)
Der Bettler wird erfolgreich ausgeblendet. Und Deine Oma und ihr kleines Häuschen auch.
Präzise funktionierende Fischgehirne. Die nichts anderes kennen als den WERT, der selbstverständlich immer ein berechenbarer ökonomischer ist.
Blitzbirnen.
Neulich hielt der Piratenabgeordnete Nico Kern eine Rede zu der Rolle von TTIP für NRW im Landtag NRW.
Er bringt gerade seinen ersten Satz fertig, da gibt es einen Zwischenruf: Aus dem Plenarprotokoll – Christian Lindner [FDP]: Die AfD ist auch gegen das Freihandelsabkommen!
Örks! Die Angst für/vor Deutschland ist auch gegen das Freihandelsabkommen.
Sachma, GEHTS NOCH??
Wenn diese totalverwirrten tassenlosen Henkel und Lückes gegen etwas sind, brauch ich nur dafür sein, und Alles ist gut?
Was für ein ‘Argument’!
Dummschwätzer.
Leute, es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Wiedereroberung des Primats der Politik, der Gültigkeit demokratischer Entscheidungen über das Gemeinwesen und die Regeln des Marktes.
Am 25. Mai Piraten wählen. Europäisch und kommunal.
Nick H. aka Joachim (lieber Aal als liberal)
der letztens das “Vergnügen” hatte, im Rahmen einer Expertenanhörung in einem nichtöffentlichen Ausschuss den Ausführungen eines Unternehmensberaters (ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst) von Price Waterhouse Coopers zuhören zu dürfen. Folter.