20 Piraten
Dobrindt-Maut: Alle verlieren, wenn die CSU es will!
Demokratiefeindlichkeit im journalistischen Wort
Auf die Frage, wann eine Demokratie als gefestigt angesehen werden kann, gaben Juan Linz und Alfred Stepan 1996 [1] eine bestechend einfache Antwort: Eine Demokratie ist dann gefestigt, wenn sie „the only game in town“ ist. Eine alarmierende Langzeitstudie von Roberto Stefan Foa und Yascha Mounk [2] belegt, dass sie das weder in Europa noch in den USA jemals war. Autoritäre Regierungssysteme bis hin zur Militärdiktatur fanden immer ein erstaunlich hohes Maß an Zustimmung in der Bevölkerung. Seit Mitte der 90er Jahre hat sich die Demokratiefeindlichkeit innerhalb der Gesellschaft laut Foa & Mounk aber spürbar gewandelt. Es sind nicht mehr primär die sozial Benachteiligten, die sich nach einer autoritären Führung sehnen. Der Wunsch nach einer „starken Führung“, die sich „nicht um Parlamente und Wahlen kümmern muss“, ist inzwischen im oberen Einkommenssegment der Gesellschaft besonders stark ausgeprägt (ebd.). Es kann nicht verwundern, dass dieser Trend auch in der medialen Berichterstattung seinen Niederschlag findet. Führende Journalisten gehören nicht nur dem gut situierten bürgerlichen Milieu an, sie stammen fast ausnahmslos auch aus diesem Milieu. Dafür gibt es viele Gründe. Ein nahe liegender Grund ist sicher der, dass der lange Ausbildungsweg über teure Journalistenschulen und unbezahlte Volontariate einen entsprechenden finanziellen Hintergrund der Familie fast zwingend voraussetzt. Warum diese lange Vorrede? Im Wesentlichen deshalb, um deutlich zu machen, dass es hier nicht um wüste Verschwörungstheorien einer von finsteren Mächten gesteuerten „Lügenpresse“ geht, wie sie in rechten Kreisen von Pegida bis AFD verbreitet werden. Journalisten können in Deutschland vielleicht nicht absolut frei arbeiten, aber in jedem Fall deutlich freier als (fast) überall sonst auf der Welt. Wenn ihre Berichterstattung demokratiefeindliche Ressentiments erkennen lässt, so ist dies nicht Ausdruck einer von wem auch immer ausgeübten Zensur. Vielmehr ist es Ausdruck eines Denkens, das Effizienz zum wichtigsten Maßstab allen Handelns erklärt und dem lange demokratische Meinungsbildungsprozesse zu ineffizient erscheinen.
Beispiel CETA
Es soll hier nicht um eine inhaltliche Diskussion von CETA gehen. Dies wäre sicher auch ein interessantes Thema, aber dafür bleibt andernorts genügend Raum. Hier soll es um die Berichterstattung der Medien über das zwischenzeitlich von der Regionalregierung der Wallonie eingelegte Veto gehen. Inhaltliche Aspekte spielten in dieser Berichterstattung allenfalls eine untergeordnete Rolle. Der Tenor der Berichterstattung lautete, dass drei Millionen Wallonen nicht blockieren dürfen, was 500 Millionen Europäer wollen – wer immer die 500 Millionen auch danach gefragt haben soll! Außerdem wurde beklagt, dass Europa sich international lächerlich mache und als Verhandlungspartner nicht mehr ernst genommen werde. Unmissverständlich drückt sich beispielsweise Spiegel Online aus: „Die Ceta-Blockade der Wallonen ist für die EU eine Blamage ersten Ranges, sie verliert einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit in der internationalen Handelspolitik.“ [3] Diese Berichterstattung ist angesichts der Vorgeschichte schwer nachvollziehbar. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte CETA als rein europäisches Abkommen beschlossen werden. In diesem Fall hätte das EU-Parlament als einziges Parlament darüber abstimmen müssen. Es waren nicht die Wallonen, die dagegen Einwände erhoben! Stattdessen waren es große Länder wie Deutschland, die eine Beteiligung der nationalen Parlamente forderten. Bemerkenswert ist, dass seitens der Medien die Beteiligung der nationalen Parlamente nahezu einhellig als Gewinn für die Demokratie begrüßt wurde, solange man davon ausging, dass CETA glatt durchgewunken werde. Sie waren geradezu berauscht von der Vorstellung, der Welt ein Europa zu präsentieren, dass sich in freien und demokratischen Abstimmungen geschlossen hinter seiner politischen Führung vereinigt. Wütend wurde sie erst, als der als großes demokratisches Schauspiel konzipierte Prozess unerwartet in einen wirklichen Prozess demokratischer Willensbildung umschlug. Und genau darum handelt es sich! Denn es gibt nicht den Hauch eines Hinweises darauf, dass die wallonische Regierung nicht im Sinne und im Interesse ihrer Bürger gehandelt habe. Bemühen Sie bitte eine Suchmaschine um zu sehen, in wie vielen Medien die Regierung der Wallonie deswegen als „Provinzfürsten“ beleidigt wurde! Im Zentrum der Kritik steht dabei der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette, der hauptberuflich übrigens Hochschullehrer für EU-Verfassungsrecht ist und irgendwelcher diesbezüglicher Belehrungen durch Journalisten sicher nicht bedarf. Er gehört der sozialistischen Partei an und ist einer der schärfsten Kritiker der europäischen Austeritätspolitik. Magnette hat stets die Auffassung vertreten, die EU müsse mehr sein als ein „großer Markt“. Seine Positionen weisen Überschneidungen mit denen von Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien auf, die von den deutschen Medien regelmäßig als „Linkspopulisten“ diffamiert werden.
Effizienz als alleiniger Maßstab
Kaum eine Zeitung oder ein Sender erhebt Einwände gegen die inhaltlichen Änderungen, die von der Wallonie erreicht wurden. Vielmehr treibt die Medien ausschließlich die Sorge um die Effizienz europäischer Entscheidungsprozesse um. Nicht selten folgt der Hinweis auf „die Asiaten“ oder insbesondere „die Chinesen“, die „nicht auf uns warten“. Hier ist es wieder! Das Loblied auf die nicht von Bürgern und Parlamenten behinderten effizienten Entscheidungswege, das auch Foa & Mounk dokumentiert haben. Nun ist die Kritik an der mangelhaften Effizienz demokratischer Entscheidungen nicht neu. Sie ist im strengen Sinn auch nicht falsch. Die Sozialwahltheorie (siehe z.B. [4]) hat sogar mathematisch bewiesen, dass demokratische Entscheidungen weder optimal noch effizient sein können. Ein einfaches Argument dafür ist auch ohne detaillierte Überprüfung nachvollziehbar: Würde jeder Wähler die Programme aller kandidierenden Parteien detailliert dahingehend analysieren, welche Partei seine Interessen optimal vertritt, stünde der Aufwand dafür in keinem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen. Aus diesem und aus anderen demokratietheoretischen Problemen zogen schon immer einige radikale Theoretiker den Schluss, dass die Demokratie eine Fehlkonstruktion sei, die überwunden und durch eine an wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen orientierte Staatsform ersetzt werden müsse. Allmählich sickert diese Form der Demokratiefeindlichkeit in den journalistischen Mainstream ein. Diese Demokratiefeinde in den Medien hassen die Demokratie nicht, sie lehnen sie nicht einmal ab. Sie halten sie eher für einen lieb gewonnen Luxus, den man sich leider nicht mehr leisten kann.
[1] http://wikisum.com/w/Linz_and_Stepan:_Problems_of_democratic_transition_and_consolidation
[2] http://www.journalofdemocracy.org/sites/default/files/Foa%26Mounk-27-3.pdf
[3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/ceta-die-wallonie-blamiert-die-eu-wie-es-jetzt-weiter-geht-a-1118075.html
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialwahltheorie
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Expertengespräch zum Antrag „Neubau nukleares Zwischenlager Jülich“
Warnung: Dieser Blogbeitrag wird etwas länger, die Materie ist speziell und komplex und die (Un-)Verantwortlichen haben im Laufe der Zeit ein ziemliches Kuddelmuddel angerichtet.
Wir wollen, dass in Jülich ein Lager für die dortigen 152 Castor-Behälter mit insgesamt rund 300.000 hochradioaktiven Brennelementkugeln gebaut wird. Das Lager soll schnellstmöglich und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik errichtet werden, so dass es den Anforderungen an Erdbebensicherheit auch bei Bodenverflüssigung und den Sicherheitsanforderungen des Schleswiger Urteils zum Zwischenlager Brunsbüttel genügt. Die Landesregierung muss ohnehin laut einer Vereinbarung mit der Bundesregierung 30 Prozent der anfallenden Kosten mittragen – egal was beschlossen wird. Ihren Einfluss aufgrund dieser Vereinbarung soll sie nutzen, die oben genannten Punkte durchzusetzen.
In Jülich lagert lange schon der Atommüll aus dem dortigen Kugelhaufenreaktor. Aufgrund einer über Jahrzehnte vertuschten und erst vor kurzem bekannt gewordenen schweren Havarie 1978 ist der Abfall hoch problematisch. Der von uns beigezogene Experte Dr. Rainer Moormann, der dort selbst lange Jahre arbeitete und ein exzellenter Kenner der Materie ist, führte aus: „Grosse Anteile des radioaktiven Inventars befinden sich bei vielen Kugeln nicht mehr in den beschichteten Brennstoffpartikeln, sondern sind unerwünscht in den porösen Graphitmantel der Kugeln gewandert – und dann teilweise in den Behälter. Kugelgraphit ist brennbar. Das Inventar der einzelnen Jülicher Castoren ist nur ungenau bekannt.“
Das Zwischenlager Jülich hatte eine befristete Betriebsgenehmigung und reichte für den erneuten Antrag unvollständige Unterlagen ein. So war der Antrag trotz Nachbesserungsaufforderungen nicht genehmigungsfähig, die Betriebsgenehmigung erlosch, danach wurde das Lager aufgrund von halbjährlich befristeten Anordnungen betrieben. Gleichzeitig gab es Verhandlungen mit den USA zur Übernahme nicht nur des Jülicher Materials, sondern auch des in Ahaus lagernden Mülls aus dem THTR 300 in Hamm.
„Im Jahre 2007 sah man bereits Schwierigkeiten bei der Nachrüstung in Jülich“, teilte der Experte Rudolf Printz, technischer Geschäftsführer des Betreibers JEN, in der heutigen Ausschusssitzung mit. Seit längerem war bekannt, dass die ursprüngliche Annahme, es seien keine Erdstöße stärker als 6,5 im Gebiet zu erwarten, verkehrt ist. Zusätzlich konnte ein neues Gutachten die Gefahr von Bodenverflüssigungen bei starken Erdstößen nicht ausschließen. Das neueste Gutachten bezweifelt das jedoch wieder. Die Düsseldorfer Aufsichtsbehörde ordnete im Jahre 2014 die unverzügliche Räumung des Lagers an und gab den Betreibern auf, die möglichen Optionen zu prüfen. Diese sind:
Neubau eines Lagers am Ort
Transport ins Zwischenlager Ahaus
Export in die USA
Die Prüfung dieser Optionen ist noch nicht abgeschlossen.
Die Optionen im Einzelnen:
Der Export in die USA ist sicher die schlechteste Option. Es gibt weltweit keine Anlage, die das Material aus Jülich (und auch Hamm) wieder aufarbeiten und für eine Endlagerung konditionieren kann. Die vorgesehene Militäranlage Savannah River Site strahlt neben Radioaktivität auch den nostalgischen Charme der 1950er aus und wäre in Europa wohl längst ein Industriemuseum. Entwicklung und Bau der notwendigen Anlagen müssten zum großen Teil von Deutschland, auch NRW, bezahlt werden. Der Transportweg ist lang, in Deutschland über Land, dann über den Atlantik. Dr. Moormann legte dar, dass das Material aus Hamm für die USA interessant ist, weil es 77 – 78 % Uran-235 enthält, das besser zum Atombombenbau geeignet ist als Plutonium. Das Graphit, radioaktiv wegen des hohen Gehalts an Kohlenstoff-14, soll zu Kohlendioxid vergast und in die Atmosphäre entlassen werden, würde also die Umgebung kontaminieren. Der Beirat vor Ort sprach sich bereits vor einigen Wochen gegen diese Option aus. Auf das lange angekündigte Ergebnis der dortigen Umweltverträglichkeitsprüfung warten alle nach mehreren Verschiebungen immer noch. Man hatte bei der MOX-Bearbeitung in Savannah eine Kostenexplosion erlebt und wünscht jetzt eine höhere technische Sicherheit vor Vertragsabschluss.
Ein Export von Atomabfall aus Leistungsreaktoren, die zur Erzeugung von Strom dienten, ist ohnehin nach deutschem und EU-Recht verboten. Beide Reaktoren, Jülich wie Hamm, waren Leistungsreaktoren zur Stromerzeugung. Sie dienten nicht der Neutronenerzeugung, wie Forschungsreaktoren es tun.
Transport nach Ahaus: Im dortigen Zwischenlager lagert der Atommüll aus dem THTR 300 in Hamm in baugleichen Castoren wie in Jülich. Die Vorbereitungen für den Transport begannen laut heutigem Expertengespräch im Jahre 2009, als die Betreiber der beiden Zwischenlager einen Vertrag schlossen. Im September 2009 wurde ein Aufbewahrungsantrag gestellt, im Oktober 2010 ein Transportantrag. Als die USA-Option im Jahre 2012 ins Spiel kam, wurden beide Anträge ruhend gestellt und zwei Jahre später wieder zum Leben erweckt. Inzwischen gibt es eine Einlagerungsgenehmigung aus 2016, aber eine Transportgenehmigung ist wegen geänderter Rechtslage noch nicht in Sicht. Der Experte Rudolf Printz sagte heute, er rechne nicht mit einem Transport 2017. Das Lager Ahaus wird zur Zeit noch ertüchtigt. Die Betriebsgenehmigung ist bis 2036 befristet, der Ansiedlungsvertrag schließt einen Neubau danach dort aus. Dieses Lager muss also spätestens in 20 Jahren ebenfalls geräumt werden. Der Ahauser Stadtrat ist entschieden gegen eine Verlängerung und auch gegen die Einlagerung des Jülicher Mülls dort. Ahaus möchte nicht zu einem schleichenden Endlager werden.
Die zweimal gestellte Frage nach den vorhandenen Lastwagenkapazitäten für die Castor-Transporte, von der die Anzahl der Fahrten abhängig ist, wurde bezeichnenderweise nicht beantwortet.
Jülich: Dort hat der Betreiber JEN mittlerweile einen Antrag auf Zwischenlagerung für drei Jahre gestellt. Die Frist würde ab Antragsgenehmigung laufen und Zeit für die weitere Prüfung der Optionen und Durchführung der Räumung bringen. Da es sich um eine Neugenehmigung und keine Verlängerung handelt, gelten schärfere Regeln. Ein Änderungsgenehmigungsverfahren war wegen geänderter Lastannahmen, besonders für Erdbeben, nicht möglich. Das zuständige Bundesamt für kerntechnische Entsorgung übersandte im Sommer 2016 eine Liste mit offenen Punkten, die inzwischen beantwortet wurde und in Fachprüfung ist.
Der durch die Havarie 1978 verseuchte Reaktorkern, selbst gefährlicher Atomabfall, wird auf unabsehbare Zeit noch in Jülich bleiben. Dessen sichere Lagerung dort muss ohnehin gewährleistet werden, ganz egal, was mit den Castoren und den darin gelagerten Kugeln geschieht. Ein neues neutrales und umfassendes Gutachten zu Erdbeben und eventuellen Bodenverflüssigungen muss schnell in Auftrag gegeben werden und der erste Schritt zur Planung eines sicheren neuen Zwischenlagers dort sein. Die anderen beiden Optionen erweisen sich heute schon als nicht sinnvoll (Ahaus) oder gefährlich und illegal (USA).
Ketzerische Anmerkungen zur sprachlichen Verwüstung im deutschen Fernsehen
Im Titel ihrer letzten Sendung vom 30.10.2016 fragt Anne Will: „Schöne neue Arbeitswelt – Ist der Computer der bessere Mensch?“ Und schon hier im Titel offenbart sich das ganze Ausmaß einer um sich greifenden begrifflich-sprachlichen Verwüstung, denn es werden ein weiteres Mal die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen verglichen, Computer und Mensch.
Ja ich weiß, vrdmmt, es musste ja ein Bezug zum vorher gelaufenen Tatort hergestellt werden, aber das ist mir – mit Verlaub – scheißegal.
Im Verlauf der „Debatte“ wurde dann dem Titel entsprechend konsequent und vermehrt – um es vorsichtig zu sagen – daneben gegriffen.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner argumentierte – was zu erwarten war, hart an der wirtschaftsliberalen „Binse“ [FAZ Feuilleton 01.11.2016, Wird die Würde des Menschen maschinenlesbar?], die SPD-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, Leni Breymaier, wehrte sich gegen einen entmenschten Einsatz von Robotern beispielsweise in der Pflege, Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer Bitkom e. V., sah mit Empathie ausgestattete Roboter – wooaaah – erst weit in der Zukunft und Internet-Erklärbär Sascha Lobo fetzte sich mit dem neurologischen Faktotum des Technologie- und Kulturpessimismus, dem Erfinder der digitalen Demenz, Herrn Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer („Sie haben keine Ahnung!“, „Nein Sie, schöne Frisur übrigens!“). Huuaaah.
Der klügste Satz des Abends stammte von Sascha Lobo – ich glaube an die Adresse von Leni Breymaier gerichtet, habe aber keine Lust, mir das nochmal anzusehen -: „Man meint den Kapitalismus und schlägt auf die Technologie ein.“ Und das war es auch schon.
Hey, dabei hätte ich es schön gefunden, wenn Lobo und Lindner sich zum Thema Kapitalismus und Technologie ein wenig mehr miteinander – auseinander gesetzt hätten, aber dazu kam es nicht, denn der Rest der „Debatte“ wurde vom Faktotum und seiner Auffassung von der digitalen Vergiftung des Gehirns vor der wir unsere Jugend unbedingt schützen müssen bestimmt. Leider.
An die Adresse von Herrn Spitzer gerichtet hätte ich da mal eine Frage. Ich kenne einen jungen Mann, mittlerweile 25, der im Alter von vier Jahren von seiner Mutter einen fetten PC, einen Pentium, hingestellt bekam, mit Internet und allem Pipapo. Sein Vater fand das übrigens nicht so gut. Und der Junge spielte Games, lernte Basic und schaute youtube-Videos, korrigierte in der Folge am Gymnasium die Aussprache seiner Englischlehrerin, machte sein Abitur und sitzt heute an seinem Master in Physik an einer deutschen Universität. Ach ja, die Frage an Herrn Spitzer: „Was haben die Eltern falsch gemacht?“
Spätestens seit Marshall McLuhan wissen wir, wir Menschen bauen uns um durch Technologie. Technik ist das Mittel, um einen Zugriff auf die Welt zu erlangen, den wir verloren haben, seit unsere Vorfahren im ostafrikanischen Becken vom Baum gefallen sind, weil die Baumdichte umweltbedingt abnahm.
Diese Vorfahren haben dann – warum zum Geier auch immer – sich aufgerichtet und die Hände verloren den Kontakt zum Boden und zu den Baumästen. Sie nahmen alsbald Steine in die Hand, die linke Hand hielt einen Stein und die rechte einen anderen. Mit diesem schlug die Rechte auf den Stein in der Linken ein, um ihn zu schärfen. Dabei machte sich der vorsteinzeitliche User zum Rechtshänder! Und er hat das nicht beabsichtigt. Wäre Herr Spitzer damals Berater dieses Australopithecus afarensis gewesen, hätten wir wahrscheinlich nicht mal Faustkeile entwickelt. Hö.
Andererseits argumentiert Herr Spitzer ja gegen jegliche Bildschirmgeräte, so auch gegen Navigationssysteme. In einer seiner Publikationen – nein, ich nenne die die Quelle nicht, das kann man googeln – oder besser, DuckDuckGo-en, erzählt er von Untersuchungen an Londoner Taxifahrern aus der Zeit vor den Navis, die alle über einen unnatürlich stark vergrößerten Hippocampus verfügten. Das ist eine Hirnregion, die funktionell u.a. für die Orientierung im Raum verantwortlich ist. Also vergrößert durch die berufliche Aufgabe und durch Training. Unser Gehirn ist hoch plastisch und flexibel. Das ist toll. Und nun wird, sehr zum Ärger von Herrn Spitzer, diese Aufgabe von Navis übernommen. Kein „natürliches“ London und keine „natürlichen“ Taxifahrer, booah.
Welche anderen Aufgaben der Hippocampus übernehmen könnte, diese Frage stellt Herr Spitzer nicht, weil er – als Hirnforscher, der dauernd auf irgendwelche computerproduzierten Bildchen des menschlichen Hirns starrt – unserem Gehirn nicht vertraut. Das ist traurig. Sehr traurig.
Also, siehe oben, keine Faustkeile. Und keinen Buchdruck und keine Dampfmaschinen. Wir sind nicht unsere Technik, aber wir spiegeln uns in ihr in der Welt. Und – hallo ARD – es macht keinen Sinn, Menschen mit Computern oder Robotern zu vergleichen. What an annoying bullshit!
Unsere schöne deutsche Sprache ist ein hervorragendes Analyse- und Denkinstrument, chirurgisches Seziermesser und Präzisionskleber zugleich. Also benutzt sie, anstatt sie zur Verdummung zu missbrauchen!
Aber es macht Sinn, alles, absolut alles, was man maschinisieren kann, an Maschinen abzugeben, um an etwas heranzukommen, was bislang im Verborgenen weste, nämlich die reine Faktizität unserer Existenz. (Frei nach Rudolf Kaehr).
Das aktuelle öffentlich rechtliche Fernsehen langweilt. Und die entscheidende politische Frage wurde ausgespart, wer hat zu wessen Nutzen Zugriff auf die neue Technologie?
Lädt man eigentlich Leute wie Spitzer zu solchen Debattentheatern ein, um die an sich sinnvolle, berechtigte und bereichernde kulturpessimistische Position in der TV-Öffentlichkeit zu diskreditieren? Öhm. Nur mal so.
Schönen Restfeiertag noch,
Nick H. aka Joachim Paul
Darum streitet die ÖPNV-Enquetekommission um die Organisationsstruktur für Bus und Bahn in NRW
Sozialstandards für Praktikanten bei freiwilligen Praktika
Kleine Anfrage 5292
Sozialstandards für Praktikanten bei freiwilligen Praktika
Seit den 1990er Jahren werden in Deutschland immer mehr Praktikanten beschäftigt. Das führte zeitweise dazu, dass von einer Generation „Praktikum“ gesprochen wurde. In der Folge wurde zwar eine Veränderung der gesetzlichen Regelungen vorgenommen, es gibt aber immer noch Möglichkeiten diese zu umgehen.
Auch heute werden noch viele Praktikanten eingestellt. Die Wichtigkeit eines Praktikums kann auch daran ermessen werden, dass sich im Laufe der Zeit schon eigene Portale herausgebildet haben, wie etwa meinpraktikum.de, bei dem neben dem Suchen und Finden eines Praktikums auch Bewertungen abgegeben werden können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass neben der Wirtschaft gerade die staatlichen Stellen vorangehen, der Generation Praktikum die Möglichkeit zu geben, nicht ganz finanziell überfordert ihre ersten beruflichen Schritte zu gehen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung
1. Wie sehen die Informationsangaben der vom Land in den Jahren 2014 und 2015 ange-botenen Praktika aus? (Ich bitte um Aufschlüsselung nach Dienststellen sowie danach, ob es sich um freiwillige oder verpflichtende Praktika handelte, wobei die Anzahl der Praktikumsverhältnisse, der Anteil von Hochschulabsolventen, die Dauer der Praktika und die Höhe der gezahlten Vergütung oder Entschädigung in Tabellenform erbeten wird)
2. Werden seitens des Landes Absolventen mit abgeschlossener Berufsausbildung oder abgeschlossenem Studium als Praktikanten beschäftigt?
3. Werden seitens des Landes freiwillige Praktika für eine Dauer von mehr als drei Monaten angeboten?
4. Werden seitens des Landes Praktikanten ohne Zahlung einer Vergütung von mindestens 300 Euro monatlich beschäftigt?
5. Bewirbt das Land NRW freiwillige Praktikantenstellen im Landesdienst?
Die kleine Anfrage als PDF zum Download.
Antwort wird nachgereicht sobald verfügbar.
Sozialstandards für Praktikanten bei Pflichtpraktika
Kleine Anfrage 5291
Sozialstandards für Praktikanten bei Pflichtpraktika
Die Studenten von heute sehen sich durch die jeweiligen Prüfungsordnungen mehr und mehr gezwungen, Pflichtpraktika zu absolvieren. Der Zwang rührt daher, dass ihnen ansonsten ein weiterstudieren oder ein Abschluss verwehrt wird. Hintergrund dieser Regelunge ist, dass der Satzungsgeber der Ansicht ist, dass eine gewisse Praxiserfahrung als relevant für die Vorbereitung bzw. Aufnahme des Berufs mehr
oder minder angenommen wird.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung
1. Ist bei Studenten, die im Rahmen ihres Studiums Praktika zu absolvieren haben (Pflicht-praktikanten), sichergestellt, dass die wesentlichen Rahmenbedingungen des Praktikumsverhältnisses schriftlich festgelegt werden?
2. Ist bei Studenten, die im Rahmen ihres Studiums Praktika zu absolvieren haben (Pflicht-praktikanten), sichergestellt, dass ein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt wird?
3. Ist bei Studenten, die im Rahmen ihres Studiums Praktika zu absolvieren haben (Pflicht-praktikanten), sichergestellt, dass ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung besteht?
4. Welche durchschnittliche Vergütung wird den Praktikantinnen und Praktikanten im Durchschnitt für Pflichtpraktika gezahlt?
5. Nach welchen Kriterien überprüfen die Hochschulen die Einhaltung der Sozialstandards?
Die kleine Anfrage als PDF zum Download.
Antwort wird nachgereicht sobald verfügbar.
Finanzielle Zuwendungen an Elternverbände
#Piratentag: Live-Ticker und alle Anträge im Überblick
Der Innenausschuss des Landtags NRW war am 27.10.2016 fast vollständig in Piratenhand: Die Fachpolitiker behandelten an diesem Tag ganze sieben Anträge unser Fraktion – so viel wie noch nie in den letzten vier Jahren. Ansonsten bestand die Tagesordnung hauptsächlich aus Berichten der Landesregierung, zwei Gesetzesentwürfen und zwei Anträgen anderer Fraktionen.
Deswegen erklärten wir ganz offiziell diesen Tag zum #Piratentag. Um immer auf dem Laufenden zu bleiben, konnte man uns auf Twitter folgen. Hier kann man den Live-Ticker noch einmal nachlesen:
#Piratentag – Curated tweets by 20piraten
Und hier sind alle unsere Anträge in der Übersicht: