Ein weiterer Beitrag aus der zunehmend beliebteren Reihe „Sternstunden des Parlamentarismus“ – TOP 18 am 10. November 2016 – der sprachliche Kettensäger Marc Olejak aka GrumpyOldMan erklärt der FDP-Fraktion den Zusammenhang von Sprache und Gerechtigkeit –
Rasenmäher statt RasenmäherIn – unsere Sprache nicht verrenken! – Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 16/13311
Aus dem Plenarprotokoll:
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Hanses. – Für die Piratenfraktion spricht jetzt Herr Kollege Olejak.
Marc Olejak (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Um bei dem Thema nicht in irgendeine mögliche ideologische Falle zu tappen, gehe ich direkt zu den Forderungen im Beschlussteil.
Wenn die sehr geehrten Antragstellerinnen und Antragsteller der FDP die Sprache als einen Baustein für die Gleichstellung von Mann und Frau gerne trotzdem weiterhin so sehen möchten, dann muss man sich fragen, warum eine Ministerin, ein Minister laut Ihrem Antrag keine Gelder für diesen Baustein ausgeben soll. Warum fordern die Antragstellerinnen und Antragsteller in einem Folgeabsatz dann sogar, den Kostenaufwand zu verringern?
(Ralf Witzel [FDP]: Weil es Unsinn ist!)
Die Forderung nach einer verständlichen und geschlechtergerechten Sprache können wir als Piratinnen und Piraten verstehen und unterstützen. An dieser Stelle sollte beachtet werden, dass verständliche Sprache nicht nur in der Wissenschaft, sondern gerade bei Ihnen in der Wirtschaft eigentlich ein seltsames Argument ist. Bei Begriffen wie Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahme, Keynesianismus, Manchesterkapitalismus macht ein Binnen-I den Text auch nicht mehr großartig unverständlicher. – So weit zu einigen Ihrer Forderungen.
(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN)
Um unsere Haltung deutlicher zu machen, zitiere ich mich sinngemäß – mit Genehmigung des Präsidenten – einmal selber:
Wertes Präsidium, wertes Kollegium, werte Zuschauende und in diesem Fall vielleicht sogar werte Rasenmähende! Wenn, sehr geehrte Abgeordnete der FDP, Sprache ein Baustein für die Gleichstellung aller Menschen sein kann, dann möchte ich Sie fragen, warum ein Ministerium keine Gelder für diesen Baustein ausgeben soll. Warum wird von Ihnen gefordert, den Kostenaufwand zu verringern? Wenn es um alle Menschen in diesem Land geht, dann darf hier nicht nur binärgeschlechtlich gedacht werden.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Die Stelle hatten wir schon!)
Ihre Forderung nach einer verständlichen geschlechtergerechten Sprache können wir als Fraktion verstehen und unterstützen. An dieser Stelle geben wir zu bedenken, dass verständliche Sprache nicht nur für die Wissenschaft, sondern aus Ihrer Sicht vielleicht eher für die Wirtschaft ein seltsames Argument ist. Bei Begriffen wie der Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahme, dem Keynesianismus und dem Manchesterkapitalismus macht ein Binnen-I den Text immer noch nicht wesentlich unverständlicher.
(Heiterkeit von Regina Kopp-Herr [SPD])
Wie Sie sehen, war es doch überhaupt nicht schwer, den Text so zu formulieren, dass er verständlich und geschlechtergerecht ist.
(Beifall von den PIRATEN und der SPD)
Die FDP legt doch sonst so großen Wert auf die Freiheit. Freiheit ist aber immer auch die Freiheit der Andersdenkenden – auch beim Sprachgebrauch.
(Beifall von den PIRATEN)
Sie hätten Ihr Anliegen sachlich vortragen und zum Beispiel sogar den Vorschlag einbringen können, dass wir einen entsprechenden Leitfaden für die Behörden der Länder mit einer geschlechtergerechten Sprache erstellen.
(Susanne Schneider [FDP]: Leitfaden?)
Im Übrigen: Das Binnen-I stammt nicht erst von 1983. Es ist schon ein bisschen älter. Ich kann nur immer wieder empfehlen, über Geschichte zu lesen. Da kann man viel lernen.
Inwieweit also die Notwendigkeit besteht, tätig zu werden, hätten wir hier in aller Ruhe diskutieren können; es wurde schon erwähnt. Sie haben Ihren Antrag leider zur direkten Abstimmung gestellt. Daher kommt er nicht mehr in den Ausschuss. So entsteht tatsächlich der Eindruck, dass Sie letztlich lediglich die Grünen vorführen wollen.
(Susanne Schneider [FDP]: Niemals!)
Damit habe ich eigentlich kein Problem. Aber Gleichstellung ist ein so wichtiges Thema und sollte dementsprechend auch von Ihnen ernst genommen werden – zumindest, wenn hier von Ihrer Seite aus nicht der Eindruck erweckt werden soll, dass es Ihnen eventuell doch eher um die vereinzelten Befürworterinnen und Befürworter – oh! – eines konservativen deutschtümelnden Sprachgutes am rechten Rand gehen könnte.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Lachen von der FDP)
Auch nach den internen Debatten kann ich meiner Fraktion ruhigen Gewissens empfehlen, Ihren Antrag abzulehnen.
Ich möchte gerne noch – mit Genehmigung des Herrn Präsidenten – Jochen Malmsheimer zitieren:
„Toleranz muss großgeschrieben werden. Immer. Und nicht nur, weil sie ein Substantiv ist.“
Ich wünsche Ihnen ein schönes Martinsfest und einen schönen Abend. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Olejak. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Steffens das Wort.