Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

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Am Mittwoch, 08.06.2016 hat die Landesregierung ihr „integriertes Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ im Landtag vorgestellt. Mein Debattenbeitrag dazu:

 

 

Daniel Düngel (PIRATEN): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ist es nun, das sehnsüchtig erwartete Handlungskonzept der Landesregierung gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Wie oft haben wir als Piraten hier in diversen Ausschüssen nach Rassismusprävention und Maßnahmen gegen Nazis gefragt. Wir wurden immer wieder auf die Erarbeitung dieses Konzepts verwiesen, egal wie dringlich die Angelegenheit gerade war, und wir wurden oft vertröstet.

Ich möchte betonen, dass wir schon immer gefordert haben, dass die Zivilgesellschaft und die Antirassismus-Initiativen einzubeziehen sind, wenn es um die Erfassung, Aufklärung und Abwehr von Menschenfeindlichkeit geht. Daher, Frau Kampmann, möchte ich meinen Redebeitrag mit einem ausdrücklichen Lob ob des Weges beginnen, den die Landesregierung hier gefunden hat – ein offener Prozess mit Hilfe von Regionalkonferenzen.

Einige Punkte in Ihrem Konzept finden wir auch wirklich gut. Sie machen sich Gedanken über das gesellschaftliche Miteinander, und Sie machen sich auch Gedanken über die richtigen Begriffe und Definitionen. Das ist löblich, aber – der Kollege Stamp hat es vorhin ausführlich geschildert – konkret ist das alles eben nicht.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Zudem ist viel zu viel Zeit ins Land gegangen. Sie agieren hier nach dem Motto: Besser spät als nie. – Aber gerade im Bereich des Rassismus und angesichts des Erstarkens der Rechten ist jede zeitliche Verzögerung fatal und kann sogar Leben kosten. Sie hat sogar schon Leben gekostet!

Sicher ist es gut, wenn ein Handlungskonzept erarbeitet wird; es ist aber nicht alles Gold, was glänzt. Wir sind spät dran, und im vorliegenden Konzept fehlen wichtige konkrete Maßnahmen, die auf den Regionalkonferenzen angesprochen wurden. Richtige Partizipation sieht anders aus, Frau Ministerin Kampmann.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Erkenntnisse aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes? – Fehlanzeige. Das ist erschreckend zu diesem Zeitpunkt. Das ist fatal. Nicht nur der UN-Rassismus-Ausschuss drängt seit Jahren darauf, dass die Defizite in den Sicherheitsbehörden behoben werden müssen. Er mahnte noch im letzten Jahr, dass Rassismus auch in staatlichen Institutionen und Behörden in Deutschland ein Problem sei. Aber das scheint hier niemanden außer uns zu interessieren.

Die über Jahre erfolglosen Ermittlungen bei der Aufklärung der Taten des NSU weisen deutlich auf systematische Defizite hin.

Und Sie loben Polizei und Justiz für ihre hervorragende Arbeit im Kampf gegen rechts.

Ein Ansatz, diesem Skandal Abhilfe zu schaffen, wäre endlich, auf die UNO, die Humanistische Union, Amnesty International und viele, viele weitere Akteure zu hören und unabhängige externe und zivile Beschwerde- und Ermittlungsstellen in Nordrhein-Westfalen einzurichten.

(Beifall von den PIRATEN)

Auch die Teilnehmer der Regionalkonferenzen forderten insbesondere im Bereich der Sicherheitsbehörden, die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag jetzt umzusetzen. Ich lese hier beispielhaft aus den Arbeitsergebnissen der Regionalkonferenz in Köln vor. Dort wurden Polizeibeschwerdestellen, Beschwerdemanagement, Kennzeichnungspflicht usw. gefordert. All davon finde ich nichts in diesem Handlungskonzept. Dabei ist dieses Handlungskonzept – Sie hatten es eingangs gesagt – doch als Antwort auf die rassistische Mordserie des NSU ins Leben gerufen worden. Das Versagen, Wegschauen, Vertuschen der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit dem NSU und anderen Rechtsterroristen zieht sich seit Jahrzehnten durch die Länder und Bundesbehörden.

Der NSU-Ausschuss im Bundestag untersuchte daher das Versagen auf Länder- und Bundesebene und gab dementsprechend auch Empfehlungen für die Länder ab. Wir haben das aufgegriffen. Sie haben uns das in Antworten auf viele Kleine Anfragen versprochen. Passiert ist nichts. Nein, noch schlimmer: Der Landtag beschließt in einem gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und Piraten genau das. Dieser Landesregierung ist das offenbar egal. Das, meine Damen und Herren, macht mich dann wirklich sauer.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich weiß nicht, liebe Landesregierung, ob Sie auf dem rechten Auge blind sind oder einfach die Hände vors Gesicht halten. Meine Kollegen fragen seit 2013 nach flüchtlings- und muslimfeindlichen Straftaten und deren Aufklärung. Die Ermittlungs- und Fahndungserfolge sind heute extrem niedrig. Die Taten werden gefährlicher, und die Anzahl an flüchtlingsfeindlichen Straftaten hat sich seit 2014 verachtfacht. Hinzu kommt, dass die offiziellen polizeilichen Statistiken die Opferzahlen immer noch schönrechnen, sei es, weil die polizeiliche Kriminalstatistik rechts immer noch reformbedürftig ist, sei es, weil die Behörden Hasskriminalität nicht erkennen. Aber auch das ist kein neues Phänomen. Gingen die Behörden 2013 von 63 Todesopfern durch Rechte seit 1990 aus, so zählte im Gegensatz dazu die Amadeu-Antonio-Stiftung 184 Todesopfer im selben Zeitraum. Wir wollten das für Nordrhein-Westfalen klären und haben eine NRW-Liste zusammengestellt bekommen. Von den 28 Todesopfern in Nordrhein-Westfalen, die die Stiftung aufzählte, waren 21 nicht in der PMK-rechts aufgenommen worden. Welch ein Hohn für die Opfer! Taschenspielertricks, die man eigentlich nur von Arbeitslosenstatistiken kennt.

Und die Justiz? – Die Justiz macht hier eine ganz schlechte Figur. Auch hier haben wir nachgefragt: Welche spezifischen Aus- und Fortbildungsprogramme existieren für Juristen zum Thema „Rechtsextremismus“? Antwort: Hier soll angeblich reichen, dass die an Staatsrechtsvorlesungen teilnehmen und dort die FdGO kennenlernen. WTF!

Wie problematisch Polizei und Behörden tatsächlich mit rechter Gewalt umgehen, zeigt auch wieder das letzte Wochenende in Dortmund. Während für ein Haufen rechter Arschlöcher ganze Stadtteile abgeriegelt werden,

(Unruhe – Michele Marsching [PIRATEN]: Das war klar, dass ihr euch darüber beklagt!)

tut die Polizei alles, um Gegendemonstranten zu schikanieren. Ich gehe davon aus, dass mein Kollege Torsten Sommer dazu noch näher ausführen wird.

Meine Damen und Herren, die Probleme Rassismus, Alltagsrassismus und rechte Gewalt, Hetze und Agitationen sind nicht neu. Vor gerade einmal zwei Wochen jährte sich der rassistische Mordanschlag von Solingen zum 23. Mal. Der Anschlag gilt als Höhepunkt einer Welle rassistischer Gewalt zu Beginn der 90er-Jahre, die im Zusammenhang mit der damaligen Asyldebatte standen.

Leider machen wir trotz Solingen, trotz Mölln usw. in den letzten Jahrzehnten weitere abscheuliche Erfahrungen. 2013, zehn Jahre nach Solingen, scheiterte das NPD-Verbotsverfahren. Warum, wissen wir alle.

Es wurde eine Mentalitätsänderung der Behörden versprochen. Allerdings war auch das nicht erfolgreich. Der NSU und ein Netzwerk an Rechtsterroristen konnten in den Jahren seit 1996 bis 2011 unentdeckt Migranten ermorden und Banken ausrauben. Das hatte Politik und Behörden 2011 mal wieder aufgerüttelt, aber Reformen der Sicherheitsbehörden oder Antidiskriminierungsbemühungen bleiben immer noch hinter den Erwartungen und Beschlüssen zurück.

Mehrere NSU-Untersuchungsausschüsse versuchen weiterhin, das Versagen von Politik und Sicherheitsbehörden gegen diverse Widerstände aufzuarbeiten. In Nordrhein-Westfalen war es lange Zeit einzig meine Fraktion, die einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch für Nordrhein-Westfalen forderte. Rot-Grün und FDP waren anfangs der Meinung, dass im Bund schon genug über die Keupstraße, die Probsteigasse etc. aufgeklärt worden war. Erst als die CDU dankenswerterweise unser Anliegen unterstützte, kam der Untersuchungsausschuss zustande.

(Beifall von den PIRATEN)

Auch heute werden wieder dieselben Fehler gemacht. Statt klarer Kante gegen Rechtsterrorismus, gegen Geflüchtete und andere Gruppen zu zeigen, wurde mit dem Asylpaket II unser Asylrecht weiter kaputt gemacht.

Nach Silvester im Kölner Hauptbahnhof schreiben Sie im Entwurf zum NRW-Integrationsplan sehr viel zur Bringschuld der Neuankommenden, aber erwähnen mit keinem Wort die täglichen Angriffe gegen Menschen, die hier Schutz suchen. Das ist Ihnen bereits in der großen Anhörung zum Integrationsplan um die Ohren geflogen.

Fazit: Auch heute reagiert die Politik falsch. Sie sind es, die den Rechten das Gefühl geben, sie seien im Recht. Sie sind verantwortlich für das Erstarken der Rechten. Die AfD profitiert davon, dass die etablierten Parteien ihre Forderungen übernehmen und dann zum Teil sogar umsetzen.

Meine Damen und Herren, Sie fragen sich vielleicht, was diese recht weiten Ausführungen mit Ihrem Handlungskonzept konkret zu tun haben. Aber genau hier liegt vielleicht das Problem. Sie verstehen nicht, dass all das bereits Teil dieses Konzepts hätte sein müssen, eigentlich schon seit Jahren institutionell hätte verankert sein müssen. Dieses Handlungskonzept ist ein Erzeugnis einer interministeriellen Arbeitsgruppe. Viele Handlungsfelder sind jedoch nicht zufriedenstellend abgearbeitet.

Rassismus kann nur bekämpft werden, wenn wir Menschen rechtlich und tatsächlich gleichstellen. Davon sind wir allerdings leider sehr weit entfernt. Und der Gesetzgeber verschärft die Schlechterstellung von Geflüchteten und Migranten immer weiter.

In der Anhörung zum Integrationsplan hat der Landesintegrationsrat etwas sehr Wichtiges gesagt:

„Wir müssten uns viel mehr auf Gemeinsamkeiten fokussieren. Immer wieder aber geht es in der Diskussion um Unterschiede. Aber nur Gleichstellung, Teilhabe und Gemeinsamkeit befördern Integration und bauen Rassismus ab.“

Halten wir fest: Die Konzepte liegen alle vor. Der NSU-Ausschuss des Bundestages hat Empfehlungen herausgegeben, die in Nordrhein-Westfalen nicht umgesetzt wurden. Die Opferberatung und andere zivilgesellschaftliche Organisationen sind unterfinanziert. Die seit Jahren wertvolle Antirassismusarbeit der Initiativen muss auf eine Langzeitfinanzierung umgestellt werden.

(Zuruf von der SPD)

Nicht nur in den Schulen muss mehr getan werden, insbesondere auch bei älteren Erwachsenen gibt es viele mit extrem rechtem Gedankengut.

Migrantinnen und Migranten müssen über ihre Rechte aufgeklärt werden. Sie müssen wissen, dass sie sich gegen Diskriminierung wehren dürfen und können.

Wir brauchen Beschwerdestellen bei den Behörden. Immer wieder kommt es zu Anzeigen gegen Beamte aufgrund von Diskriminierungen. Aber keiner weiß, was aus denen wird und welche Schlüsse gegebenenfalls sogar Behörden daraus ziehen.

Wir werden bei diesem Thema nicht locker lassen, denn Rassismus, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Mein Dank gilt denen – und damit schließe ich meine Ausführungen –, die alltäglich da draußen gegen rechts aufstehen und die manchmal eben auch sitzen bleiben. Das sind die, die sich trotz aller Repression für eine wirklich offene Gesellschaft einsetzen – Kein Fußbreit!

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Düngel. – Bevor ich Frau Ministerin Löhrmann das Wort erteile, möchte ich auf ein Wort zurückkommen, das Sie, Herr Kollege Düngel, gerade gebraucht haben.

Ich glaube, wir alle hier im Hohen Haus sind uns einig in der Ablehnung des Rechts- und Linksradikalismus. Das ist auch aus den Beiträgen heute deutlich geworden. Ich möchte Sie aber doch sehr herzlich bitten, das von Ihnen benutzte Wort hier nicht im Hohen Hause zu benutzen. Das ist nicht der Stil der Arbeit und der Reden des Landtages von Nordrhein-Westfalen gerade auch im Hinblick auf zukünftige Debatten. Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von den PIRATEN: Ich hoffe, dass wir uns alle darin einig sind, dass es alles Arschlöcher waren!)

WP004: Digitale Gesellschaft

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Dieser Beitrag ist Teil 3 von 3 der Serie Antragslupe LPTNRW16.2

Der erste Antrag, der erste Post mit richtigem Inhalt seit langer Zeit. Na dann wollen wir mal!

Antragstext:

Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen, das Kapitel “Digitale Gesellschaft” in das Wahlprogramm 2017 aufzunehmen.

Antragsbegründung:

keine! (Platzhalter für einen ganzen Block an Anträgen, der allerdings in weiteren Einzelanträgen abgestimmt werden soll!)

Gegenrede

Ich hoffe, dass wir am Ende dieses Parteitags eine starke Antragskommission haben. Dann können wir auf solche Anträge verzichten!

WP002: Ethikunterricht statt Religionsunterricht

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Dieser Beitrag ist Teil 2 von 3 der Serie Antragslupe LPTNRW16.2

Antragstext:

An allen öffentlichen Schulen soll ein für alle Schüler verbindlicher Ethikunterricht eingeführt werden.

Ziel soll es sein, allen Schülern das Wertefundament unserer Gesellschaft, unabhängig von religiösen Prägungen nahe zu bringen. Ferner soll in diesem Fach möglichst neutral über verschiedene Weltanschauungen informiert werden. Der derzeit stattfindende konfessionelle Religionsunterricht ist als freiwillige “AG” oder “Wahlfach” anzubieten.

Antragsbegründung:

Das Vorbild Berlin hat gezeigt, dass es einen konfessionsübergreifenden Ethikunterricht geben kann.

Gegenrede

Wer mich kennt, der weiß, dass sich ein Freund des Ethikunterrichts bin. Gerne hätte ich an einem ähnlichen Antrag mitgewirkt. Leider habe ich mit diesem Antrag das Problem, dass mir nicht klar wird, ob der Antragsteller bedacht hat, dass für eine solch tief greifende Änderung ein Eingriff in die Verfassung des Landes notwendig ist.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es möglich ist, in Gesprächen mit den Kirchen tatsächlich ein Ethikunterricht an den staatlichen Schulen in Nordrhein Westfalen einzuführen. Allerdings steht immer das Damoklesschwert im Raum, dass dann Religionsunterricht entweder in Privatschulen verlagert wird, die dann entsprechend umgewandelt aus dem Boden schießen werden oder dass die wirklich schlimmen, vor denen ich tatsächlich Angst habe, ihre Kinder in Bibelschulen und Ähnliches schicken. Auch der staatliche Islamunterricht würde dann der Beeinflussung durch Prediger in Koranschulen weichen müssen.

Davor habe ich Angst, wenn man die Forderung einfach so unkommentiert in den Raum stellt. Von daher bitte ich um

ablehnung

WP001: Trennung von Staat und Kirche

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Dieser Beitrag ist Teil 1 von 3 der Serie Antragslupe LPTNRW16.2

Der erste Antrag, der erste Post mit richtigem Inhalt seit langer Zeit. Na dann wollen wir mal!

Antragstext:

Die Piratenpartei NRW fordert die Kündigung aller Staatsverträge mit Kirchen.

Deutschland ist ein säkularer Staat. Die bestehenden Staatsverträge verhindern nach unserer Ansicht die gebotene Trennung von Staat und Kirche. Um Trägerschaften für soziale, medizinische oder andere Einrichtungen und Religionsunterricht zu ermöglichen sind gesonderte Verträge zu schießen.

Antragsbegründung:

Die christlichen Amtskirchen sind die einzigen Religionsgemeinschaften, mit denen derartige Verträge geschlossen sind. Jüdische, Muslimische, Buddhistische, etc. Glaubensgemeinschaften sind von solchen Verträgen ausgeschlossen. Das stellt eine Ungleichbehandlung dar.

Aus den bestehenden Staatsverträgen ergeben sich zum Teil Zusammenhänge, wie dass einer Gemeinde Leistungen zustehen, obwohl teilweise die Herkünfte dieser Leistung nicht mehr existieren (Eine Pfarrei hat Anspruch auf Kohle zum Heizen und Kochen. Das Heizen mit Kohle wurde ersetzt durch andere Heizstoffe. Das monetäre Äquivalent zu Kohle wurde in geld abgegolten. Da die Pfarrei geschlossen wurde, werden nun die Zahlungen an die Rechtsnachfolgerin geleistet).

In NRW bestehen folgende Staatsverträge mit den Kirchen:

Nordrhein-Westfalen
Vertrag des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen. Vom 11. Mai 1931 (Preußische Gesetzessammlung S. 107)
Inkrafttreten: 29. Juni 1931 (Preußische Gesetzessammlung S. 123)
Vertragsgesetz vom 26. Juni 1931 (Preußische Gesetzessammlung S. 107)

sowie ergänzende Verträge zu einzelnen Fragen:

Vertrag des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Lippischen Landeskirche vom 6. März 1958
Inkrafttreten: 4. Juni 1958
Vertragsgesetz vom 28. Mai 1958 GV. NW 1958 S. 205

Vertrag des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 9. September 1957
Inkrafttreten: 30. Oktober 1957
Vertragsgesetz vom 26. September 1957 (GV. NW 1957 S. 249)

Vertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche vom 29. März 1984
Inkrafttreten: 1. Januar 1985
Vertragsgesetz vom 18. September 1984 (GV. NW 1984 S. 592)

Link:
http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Standardartikel/DE/Themen/PolitikGesellschaft/KircheReligion/Vertraege_mit_den_evangelischen_Landeskirchen.html

Fürrede

Ich mag den Antrag, er ist noch einen kleinen Ticken besser als SÄA006. Daher bitte ich darum:
Annehmen!

Antragslupe LPTNRW2016.2 kommt!

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Dieser Beitrag ist Teil 1 von 0 der Serie Antragslupe LPTNRW16.2

Long time, no see!

Seit langem versuche ich einen Anlass zu finden, um diesen Blog wieder aufleben zu lassen. Ich glaube, ich habe ihn gefunden!

Auf dem Parteitag der NRW-Piraten am 25.+26.06.2016 werden eine Unmenge an Anträgen aufgerufen. Ich habe immer Spaß daran gehabt, Antragslupen zu machen und meine Meinung zu den Anträgen in die Welt zu pusten. Das werde ich auch hier mit einigen(/vielen(/allen)) Anträen machen, so denn die Zeit reicht.

Vielleicht interessiert sich ja der Eine oder die Andere für meine Meinung, denn am Ende zeigt diese große Menge an Anträgen mir vor allem, dass es mit den Piraten wieder aufwärts gehen kann. So lange noch Menschen in der Partei organisiert sind, die politisch arbeiten wollen und sachliche Diskussionen anstoßen (nichts anderes sind imho viele der Anträge) – so lange bleib ich ein Pirat.

Diese Serie trägt den Namen “Antragslupe LPTNRW2016.2” – was auch sonst? Viel Spaß!

Dortmund. Alles wie immer. Oder schlimmer?

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04.06.2016 Die Naziszene zelebriert den „Tag der deutschen Zukunft“ (tddz)

Dortmund. „Nazihochburg“ hört die Stadt nicht so gerne. Allerdings gibt sich die Stadtgesellschaft schon ausgesprochen viel Mühe, damit dies auch so bleibt. 

Man kann durchaus unterschiedlich mit Naziaufmärschen umgehen. Beliebt war in Dortmund über Jahre das Bratwurstessen gegen rechts. Praktisch also das eigene Abfeiern der demokratischen Haltung, ohne den Nazis auch nur irgendwie in die Quere zu kommen. 

Dies wird dann gelegentlich abgelöst durch „friedliche, bunte“ Demonstrationen. Auch rein symbolisch. Aufhalten möchte da niemand etwas. 

Das wäre auch alles nicht so schlimm, wenn nicht gleichzeitig versucht würde, jeglichen anderen Protestformen unmittelbar zu diskreditieren und zu kriminalisieren. Es ist ok, dass Menschen deutlich machen wollen, dass sie Nazis doof finden, ohne diesen wirklich gegenüber stehen zu wollen. 

Was jedoch wirklich in großem Stil schadet, sind die wiederholten, sich durch manche Presseerzeugnisse immer wieder ziehenden Märchen von den gewalttätigen Blockierer*innen, die die Stadtgesellschaft nicht wünscht. Wir reden hier nicht mal von echter Militanz. Wir reden hier nur von Versuchen, durch Sitzblockaden Aufmärsche stoppen oder verkürzen zu wollen. Auch hier hat Dortmund verdeutlicht, dass dies nicht gewünscht ist. Einer Stadt, der es lieber ist, dass ein Naziaufmarsch durchgesetzt wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln (Route der Nazis schützen, Gegenproteste wegpfeffern, ein Aufgebot von 5.000 Polizist*innen, die verhindern, dass man zu angemeldeten Kundgebungen kommt und Gruppen stattdessen lustig im Kreis führen), hat zu verantworten, dass Dortmund Nazihochburg bleiben wird. Es ist sogar zu befürchten, dass die Neonazis durch eben diese Haltung nun mehr Zulauf bekommen werden. 

Es sei deshalb mal diese Frage erlaubt: Wann gerät „friedlich, bunt“ (und symbolisch) in Konflikt mit „Wehret den Anfängen?“


The Ages of Cargo-Cult Require Some Trotzdem Gurus

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cargo-bahn-445Nicks Anmerkungen zur diesjährigen re:publica TEN

Leider konnte ich nicht zur Republica fahren, denn ich hatte Verpflichtungen bei zwei Cargo-Kulten.

Jedenfalls, wenn man Gunter Dueck Glauben schenken darf. Denn ich habe mir inzwischen Beiträge als Video angesehen, – nein, den Richard Sennett hebe ich mir noch auf -, also den von Gunter Dueck über Cargo-Kulte und den von Sascha Lobo mit dem Titel „The Age of Trotzdem“.

Die Beiträge waren ja beide ganz pfiffig und rhetorisch erquicklich, die Stimmung bei den Rednern und im Publikum hingegen „eher so mittel“ – bis ohnmächtig, wenn man ehrlich ist. Wenn so gar nix mehr hilft, dann gibt man sich das Kabarett.

(Anm.: Wer gar nicht weiß, was ein Cargo-Kult ist, kann sich bei der Wikipedia informieren, hier und hier, oder sich das Video des Beitrags von G. Dueck ansehen.)

Ähm, gut, ich war also nicht da. Ich war in zwei politischen Ausschüssen. Im Landtag von NRW. Für mich als Abgeordneter Pflichtveranstaltungen. Also, folgt man Dueck, dann muss das wohl „Cargo-Pflicht“ oder „Pflicht-Cargo“ genannt werden.

„In der Politik ist das so, wenn man keine Lust hat, irgendwas zu machen, macht man einen Ausschuss, das ist so was wie eine Landebahn planieren“, sagte Dueck so ungefähr in seinem Beitrag, „man gründet Ausschüsse, deren Ergebnis eh schon feststeht“, also Cargo-Kulte. (Video ab min 18:20)

Hmm. Dem sympathischen Gunter Dueck und seinem wunderbaren Vortragsstil zuliebe will ich mal annehmen – er hat ja „Ausschuss“ gesagt -, dass er eigentlich „Enquetekommission“ gemeint hat. In Parlamentsausschüssen ist das nämlich nicht ganz so. Da werden ab und zu Entscheidungen gefällt. Echt. Über Anträge, Gesetzentwürfe und das Ausgeben von Geld (sofern der Staat mal welches hat, was ja auch nicht unbedingt besser geworden ist.)

Für eine Enquetekommission kann ich das Cargo-Dingsbums aber bestätigen und sogar noch steigern, siehe Video.

„Wir sind im Grunde damit zufrieden, dass irgendwie Aktivität simuliert wird“, sagt Dueck bezüglich der Politik und meint mit „wir“ wohl die Zuschauer der repTEN im Publikum. (ab min 25:00)

Moment mal, hat nicht der Expirat-Piratenkritiker Christopher Lauer, der auf Podiumsdiskussionen i.d.R. mit der Berufsbezeichnung „Netzexperte“ geführt wird, den Piraten Cargo-Kult in Tateinheit mit Politiksimulation vorgeworfen? Also Parteitage machen, Abstimmungen und so, Mitglieder werben, Plakate aufhängen und Flyer verteilen, ganz so wie eine „richtige“ Partei, aber alles ohne wirkliches Ergebnis?

Wenn jetzt aber laut Dueck die Politik heutzutage selber eine Simulation, und zwar eine Aktivitätssimulation ist, handeln die Piraten dann nicht eigentlich völlig konsequent? Herrje, ich frag ja nur …

Oder muss man noch zusätzlich differenzieren zwischen Simulation und Simulation der Simulation, bzw. Metasimulation, also Blödheit und Metablödheit?

Vielleicht sind das ja neuere Formen der Selbstreferenz, die über simples Feedback hinausgehen.

[tl;dr Eine Randnotiz über siechende Piraten:
Oft muss ja, damit ein positives Feedback, diese Rückkopplung auch funktioniert, ein Verstärker, hier eine medial vermittelte Ankündigungslogik des Toterklärens nachgeschaltet werden, damit eine Partei wie die Piratenpartei, zu deren Siechtum man – mehr oder weniger präzise der politischen Gesäßgeographie des 19. Jahrhunderts folgend – als frisch nach Links Ausgetretener auch selbst aktiv beigetragen hat, nur ja tot bleibt. Also – nix machend – Cargo-Kult-mäßig den Cargo-Kult dieser Partei erklären. Gewissermaßen also die Quadratur (=hochzwei) des politischen Totseins … das eigene mit eingeschlossen. Weil, das eine macht cargomäßig ja nix und das andere auch nicht.]

Egal.

Wie es mir geht damit? Eher so mittel.

Weil, wir in der Politik machen ja nix  (und die Piraten also jetzt mal so medial wahrgenommen nix) und die anderen machen ja auch nix, kriegen aber Kohle dafür. Nur fürs Reden – übers nix machen jetzt wieder der Anderen, hier jetzt über Ausschüsse/Enquetes. Wie sagte Lobo? Irgendwas mit unverschämt … Es sei ihm TROTZDEM gegönnt. Nein wirklich. Echt keine Ironie.

Also, Dueck, Lobo, ihr Lieben. Ja und den Welzer und den Pörksen u.v.a. Mit-, Vor-, Nach- und Querdenker nehme ich auch noch mit. Wie wär’s denn mal damit, eine Partei zu gründen?

Politik ist doch Bürgersache. Oder? Und Publizisten und Wissenschaftler sind doch auch Bürger?

Oder seid ihr frustriert, weil ihr alle den Manuel Castells gelesen habt, der im Vorwort von seinem „Das Informationszeitalter“ – und das schon 1998 – von der zunehmenden Kurzlebigkeit politischer Bewegungen gesprochen hat? Kurzlebigkeit gleich Sinnlosigkeit?

„Die politischen Systeme stecken in einer strukturellen Legitimitätskrise, sie werden periodisch von Skandalen erschüttert, sind in ihrem Kern abhängig von Medienberichterstattung und personalisierten Führungsformen und zunehmend von den Bürgern isoliert. Soziale Bewegungen sind meist zersplittert, lokal fixiert, auf Einzelfragen orientiert und kurzlebig; sie haben sich entweder in ihre innere Welt vergraben oder brechen nur für einen Augenblick um ein medienwirksames Symbol herum hervor.“ (M. Castells, Das Informationszeitalter Band 1, Opladen 2001, S.3)

Ihr wisst doch Bescheid, ihr erkennt doch was. Es gab mal einen Philosophen, der schrieb einen Beitrag zu einer kybernetischen Theorie der Subjektivität. Und damit über die unauflösliche Verknüpfung von Erkennen und Wollen. Erkennen gleich Beurteilen und Wollen gleich Entscheiden, Handeln, und das auch politisch. Warum wird immer so getan, als sei Erkennen vom Wollen unabhängig, als könne man einen eher erkennenden Job, z.B. Wissenschaftler oder Publizist, von einem eher wollend-entscheidenden Job, Manager oder Politiker, noch trennen? Im technischen Zeitalter?

Es brennt ja überall, politisch jetzt. Können wir uns das überhaupt noch leisten mitten in der informationstechnologischen Revolution? Die Woller, die Entscheider wissen nix und die Wissenden entscheiden nix …. aber sie reden wenigstens übers Nichtentscheiden.

Cargo-Kulte sind ein Krisenphänomen. In Melanesien der Unterversorgung mit Lebensmitteln und Glück. In der Politik der Unterversorgung mit KnowHow. Cargo-Kulte waren ein Krisenphänomen. Übrigens seit der Jungsteinzeit.

Und sie sind flankiert von Gurus, von hellen, von dunklen, von bebrillten, besmartphoneten und solchen in Grautönen.

Heute abend höre ich mir nochmal eine Liveversion von „Cosmik Debris“ von Frank Zappa an.
Wer’s lieber Deutsch mag, kann sich auch „Heeyoh Guru“ von Lindenberg auflegen.

Und ein Wein dazu.

Herzlich, Nick

The Ages of Cargo-Cult Require Some Trotzdem Gurus

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cargo-bahn-445Nicks Anmerkungen zur diesjährigen re:publica TEN

Leider konnte ich nicht zur Republica fahren, denn ich hatte Verpflichtungen bei zwei Cargo-Kulten.

Jedenfalls, wenn man Gunter Dueck Glauben schenken darf. Denn ich habe mir inzwischen Beiträge als Video angesehen, – nein, den Richard Sennett hebe ich mir noch auf -, also den von Gunter Dueck über Cargo-Kulte und den von Sascha Lobo mit dem Titel „The Age of Trotzdem“.

Die Beiträge waren ja beide ganz pfiffig und rhetorisch erquicklich, die Stimmung bei den Rednern und im Publikum hingegen „eher so mittel“ – bis ohnmächtig, wenn man ehrlich ist. Wenn so gar nix mehr hilft, dann gibt man sich das Kabarett.

(Anm.: Wer gar nicht weiß, was ein Cargo-Kult ist, kann sich bei der Wikipedia informieren, hier und hier, oder sich das Video des Beitrags von G. Dueck ansehen.)

Ähm, gut, ich war also nicht da. Ich war in zwei politischen Ausschüssen. Im Landtag von NRW. Für mich als Abgeordneter Pflichtveranstaltungen. Also, folgt man Dueck, dann muss das wohl „Cargo-Pflicht“ oder „Pflicht-Cargo“ genannt werden.

„In der Politik ist das so, wenn man keine Lust hat, irgendwas zu machen, macht man einen Ausschuss, das ist so was wie eine Landebahn planieren“, sagte Dueck so ungefähr in seinem Beitrag, „man gründet Ausschüsse, deren Ergebnis eh schon feststeht“, also Cargo-Kulte. (Video ab min 18:20)

Hmm. Dem sympathischen Gunter Dueck und seinem wunderbaren Vortragsstil zuliebe will ich mal annehmen – er hat ja „Ausschuss“ gesagt -, dass er eigentlich „Enquetekommission“ gemeint hat. In Parlamentsausschüssen ist das nämlich nicht ganz so. Da werden ab und zu Entscheidungen gefällt. Echt. Über Anträge, Gesetzentwürfe und das Ausgeben von Geld (sofern der Staat mal welches hat, was ja auch nicht unbedingt besser geworden ist.)

Für eine Enquetekommission kann ich das Cargo-Dingsbums aber bestätigen und sogar noch steigern, siehe Video.

„Wir sind im Grunde damit zufrieden, dass irgendwie Aktivität simuliert wird“, sagt Dueck bezüglich der Politik und meint mit „wir“ wohl die Zuschauer der repTEN im Publikum. (ab min 25:00)

Moment mal, hat nicht der Expirat-Piratenkritiker Christopher Lauer, der auf Podiumsdiskussionen i.d.R. mit der Berufsbezeichnung „Netzexperte“ geführt wird, den Piraten Cargo-Kult in Tateinheit mit Politiksimulation vorgeworfen? Also Parteitage machen, Abstimmungen und so, Mitglieder werben, Plakate aufhängen und Flyer verteilen, ganz so wie eine „richtige“ Partei, aber alles ohne wirkliches Ergebnis?

Wenn jetzt aber laut Dueck die Politik heutzutage selber eine Simulation, und zwar eine Aktivitätssimulation ist, handeln die Piraten dann nicht eigentlich völlig konsequent? Herrje, ich frag ja nur …

Oder muss man noch zusätzlich differenzieren zwischen Simulation und Simulation der Simulation, bzw. Metasimulation, also Blödheit und Metablödheit?

Vielleicht sind das ja neuere Formen der Selbstreferenz, die über simples Feedback hinausgehen.

[tl;dr Eine Randnotiz über siechende Piraten:
Oft muss ja, damit ein positives Feedback, diese Rückkopplung auch funktioniert, ein Verstärker, hier eine medial vermittelte Ankündigungslogik des Toterklärens nachgeschaltet werden, damit eine Partei wie die Piratenpartei, zu deren Siechtum man – mehr oder weniger präzise der politischen Gesäßgeographie des 19. Jahrhunderts folgend – als frisch nach Links Ausgetretener auch selbst aktiv beigetragen hat, nur ja tot bleibt. Also – nix machend – Cargo-Kult-mäßig den Cargo-Kult dieser Partei erklären. Gewissermaßen also die Quadratur (=hochzwei) des politischen Totseins … das eigene mit eingeschlossen. Weil, das eine macht cargomäßig ja nix und das andere auch nicht.]

Egal.

Wie es mir geht damit? Eher so mittel.

Weil, wir in der Politik machen ja nix  (und die Piraten also jetzt mal so medial wahrgenommen nix) und die anderen machen ja auch nix, kriegen aber Kohle dafür. Nur fürs Reden – übers nix machen jetzt wieder der Anderen, hier jetzt über Ausschüsse/Enquetes. Wie sagte Lobo? Irgendwas mit unverschämt … Es sei ihm TROTZDEM gegönnt. Nein wirklich. Echt keine Ironie.

Also, Dueck, Lobo, ihr Lieben. Ja und den Welzer und den Pörksen u.v.a. Mit-, Vor-, Nach- und Querdenker nehme ich auch noch mit. Wie wär’s denn mal damit, eine Partei zu gründen?

Politik ist doch Bürgersache. Oder? Und Publizisten und Wissenschaftler sind doch auch Bürger?

Oder seid ihr frustriert, weil ihr alle den Manuel Castells gelesen habt, der im Vorwort von seinem „Das Informationszeitalter“ – und das schon 1998 – von der zunehmenden Kurzlebigkeit politischer Bewegungen gesprochen hat? Kurzlebigkeit gleich Sinnlosigkeit?

„Die politischen Systeme stecken in einer strukturellen Legitimitätskrise, sie werden periodisch von Skandalen erschüttert, sind in ihrem Kern abhängig von Medienberichterstattung und personalisierten Führungsformen und zunehmend von den Bürgern isoliert. Soziale Bewegungen sind meist zersplittert, lokal fixiert, auf Einzelfragen orientiert und kurzlebig; sie haben sich entweder in ihre innere Welt vergraben oder brechen nur für einen Augenblick um ein medienwirksames Symbol herum hervor.“ (M. Castells, Das Informationszeitalter Band 1, Opladen 2001, S.3)

Ihr wisst doch Bescheid, ihr erkennt doch was. Es gab mal einen Philosophen, der schrieb einen Beitrag zu einer kybernetischen Theorie der Subjektivität. Und damit über die unauflösliche Verknüpfung von Erkennen und Wollen. Erkennen gleich Beurteilen und Wollen gleich Entscheiden, Handeln, und das auch politisch. Warum wird immer so getan, als sei Erkennen vom Wollen unabhängig, als könne man einen eher erkennenden Job, z.B. Wissenschaftler oder Publizist, von einem eher wollend-entscheidenden Job, Manager oder Politiker, noch trennen? Im technischen Zeitalter?

Es brennt ja überall, politisch jetzt. Können wir uns das überhaupt noch leisten mitten in der informationstechnologischen Revolution? Die Woller, die Entscheider wissen nix und die Wissenden entscheiden nix …. aber sie reden wenigstens übers Nichtentscheiden.

Cargo-Kulte sind ein Krisenphänomen. In Melanesien der Unterversorgung mit Lebensmitteln und Glück. In der Politik der Unterversorgung mit KnowHow. Cargo-Kulte waren ein Krisenphänomen. Übrigens seit der Jungsteinzeit.

Und sie sind flankiert von Gurus, von hellen, von dunklen, von bebrillten, besmartphoneten und solchen in Grautönen.

Heute abend höre ich mir nochmal eine Liveversion von „Cosmik Debris“ von Frank Zappa an.
Wer’s lieber Deutsch mag, kann sich auch „Heeyoh Guru“ von Lindenberg auflegen.

Und ein Wein dazu.

Herzlich, Nick

Grade fragt Sommer: BlockaDO?

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

GradefragtSommerBlockDO

Ich habe mit David Grade über BlockaDO gesprochen:

David Grade (DG): Am 04.06.2016 marschieren Nazis durch Dortmund. Es hat sich breiter Protest formiert. Unter anderem BlockaDo – ein Bündnis, dass auch blockieren will. Wie stehst du dazu?

Torsten Sommer TS: Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) [1] können Sitzblockaden durchaus ein legitimes Mittel sein, um das eigene Demonstrationsrecht durchzusetzen und politisch wahrgenommen zu werden.

Ich zitiere mal einen Teil der Begründung:
„Dass die Aktion die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für bestimmte
politische Belange bezweckte, lässt den Schutz der Versammlungsfreiheit
nicht entfallen, sondern macht die gemeinsame Sitzblockade, die somit
der öffentlichen Meinungsbildung galt, erst zu einer Versammlung im
Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG.“

Meint, auch für Sitzblockaden gilt der Schutz der grundgesetzlich garantierten Versammlungsfreiheit. Gerade und im Besonderen, wenn die Blockade zur „Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit“ führt.

DG: Sind denn alle Blockaden strafrechtlich zu verfolgen, wie es der Dortmunder Polizeipräsident ankündigt?

TS: Wenn man sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes durchliest und dazu noch die diversen Kommentierungen anderer Rechtsgelehrter, die sich mit der Materie beschäftigt haben, scheint mir die Aussage vom Dortmunder Polizeipräsidenten Gregor Lange zu pauschal. Es kommt wohl eher auf den Einzelfall und die rechtliche Bewertung dessen an.

DG: Wenn die Polizei nicht objektiv informiert und handelt, wie sollen dann Blockierende wissen, ob sie sie schon im Rahmen des Strafrechts handeln oder nicht?

TS: Können die Teilnehmenden nicht. Können nicht einmal der Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen vor Ort rechtsfest entscheiden. Kann immer nur im Nachgang ein Gericht. Und manchmal auch erst das Bundesverfassungsgericht.

DG: Was für Tipps hast du denn für Menschen, die die Nazis blockieren wollen?

TS: In meinen Augen hat das Bundesverfassungsgericht sehr klar gemacht, dass es auch auf die Verhältnismäßigkeit ankommt. Ich möchte das an einem fiktiven Beispiel erläutern.

Man stelle sich vor, Gruppierung B führt eine Demonstration auf einem mittelgroßen Platz als Standkundgebung durch. Laut Auflage der Polizei darf diese Kundgebung nur bis 12 Uhr andauern, da Gruppe N auf dem gleichen Platz ab 14 Uhr die Abschlusskundgebung ihres Demonstrationszuges abhalten möchte.

Die Durchführung der der Abschlusskundgebung auf dem mittelgroßen Platz kann aber nicht stattfinden, weil Gruppierung B den zeitlichen Rahmen nicht einhält, auf dem Platz verbleibt und ihn auch nicht freigibt, also quasi blockiert.
Gruppierung N will aber partout die Abschlusskundgebung auf dem mittelgroßen Platz durchführen.

Hier muss jetzt die Verhältnismäßigkeit abgewogen werden.

1. Ist der Verbleib von Gruppierung B als Nötigung anzusehen?
Meiner Meinung sagt hier das Bundesverfassungsgericht: Nein, denn auch die Teilnehmer auf dem mittelgroßen Platz nutzen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit.
Und wenn ich die Situation zum Urteil des BVerfG vergleiche, geht es ja wie im Ursprungsfall darum, einen Platz als Zeichen des politischen Ausdruckes nicht freizugeben. Und genau das stellt dann diese Sitzblockade auch unter den Schutz des Artikel 8 Absatz 1 unseres Grundgesetzes. Und diese Versammlung ist genau so zu schützen und zu ermöglichen, wie jede andere Versammlung auch.

2. Wäre es verhältnismäßig den mittelgroßen Platz mit Gewalt zu räumen?
Meiner Meinung nach nur dann, wenn lediglich eine sehr kleine Menschenansammlung auf dem Platz wäre, die ihr Versammlungsrecht auch am Rande des Platzes wahrnehmen könnte.

3. Welchen Anspruch hat Gruppe N auf genau diesen mittelgroßen Platz?
Meiner Meinung hat die Gruppe zwar mit der Polizei die Route, wie auch den Platz der Abschlusskundgebung abgesprochen, aber es muss abgewogen werden, ob nicht auch ein direkt zugänglicher Ausgleichsplatz (Wiese nebenan, etc.) für die Abschlusskundgebung ausreichen würde. Denn das Recht auf Versammlungsfreiheit schließt ja eben nicht das Recht auf Versammlung an einem ganz bestimmten Platz ein, wenn dieser aus objektiven Gründen nicht verfügbar ist. Zum Beispiel werden auch keine Demonstrationen zeitgleich zu einem Wochenmarkt genehmigt.
Wenn also der geplante Platz der Abschlusskundgebung nicht mit verhältnismäßig einfachen Mittel zu räumen ist und ohne in die gleich zu bewertenden Grundrechte anderer Demonstranten einzugreifen (Versammlungsrecht, aber auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit), dann muss die Abschlusskundgebung eben ausweichen, wenn das einfacher zu bewerkstelligen ist.
Ein Wasserwerfereinsatz auf einem Platz voller Menschen wäre hingegen sicher nicht verhältnismäßig. Bilder wie bei Stuttgart21 will niemand mehr sehen.

Und ich bin der festen Überzeugung, dass Polizeipräsident Gregor Lange seinen ausführenden Beamten sehr genau mitgegeben hat, dass es genau auf diese Verhältnismäßigkeit ankommt.

DG: Jetzt wissen wir, wie du das Thema blockieren siehst, wie sehen es denn die Piraten als Partei?

TS: Wir sagen immer wieder, nicht nur auf Wahlplakaten, „Wir halten uns an das Grundgesetz, da sind wir konservativ“. Wenn wir uns also an die Grundgesetzauslegung des Bundesverfassungsgerichtes (unser höchstes, deutsches Gericht) zum Thema halten, gibt es keinen Unterschied zwischen der Parteimeinung und meiner Meinung.

DG: Herzlichen Dank.

[1] PM des Bundesverfassungsgerichtes:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2011/bvg11-025.html
Urteil im Wortlaut:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/03/rk20110307_1bvr038805.html

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!