Piraten-Reden zu TOP 1: Regierungserklärung „Gestaltung des digitalen Wandels in Nordrhein-Westfalen“
in Verbindung damit
Die Digitale Zukunft Nordrhein-Westfalens benötigt ein eigenes „Internetministerium“ sowie einen „Internetausschuss“
Antrag der Piratenfraktion, Drucksache 16/7773
Es gilt das gesprochene Wort.
Alle drei Reden im PDF-Download
Redeteil 1: Joachim Paul, Fraktionsvorsitzender, Grundsätzliche Einordnung, Themen Breitbandausbau, Wirtschaft, Schutz der Privatsphäre und Datensicherheit, Gesundheit
Redeteil 2: Michele Marsching, Mitglied im Ausschuss für Schule und Medien, Themen Schule und Bildung
Daniel Schwerd, Netz- und Medienpolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW:
[Anrede]
„Cyber“ ist die Vorsilbe für „Ich habe keine Ahnung, wovon ich rede“. So haben wir heute viele bunte Buzzwords gehört, viele Ankündigungen, was alles wichtig ist und was getan werden sollte. Aber um Goethe zu zitieren: „Es ist nicht genug zu wissen – man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen – man muss auch tun.“
Der Wandel zur Informationsgesellschaft umfasst sämtliche Lebensbereiche: Die Welt der Arbeit, des Lernens, der Wirtschaft, der sozialen und gesellschaftlichen Interaktion, des Staatswesens und der Verwaltung, selbst die demokratische Willensbildung wird durch diesen Wandel fundamental beeinflusst.
Dieser umfassende Umwälzungsprozess wirft bislang ungeklärte Fragen in den unterschiedlichsten Bereichen auf. Angefangen von der Koordinierung des raschen, flächendeckenden Aufbaus einer zeitgemäßen Breitbandinfrastruktur in NRW, über Fragen einer verbesserten Startup-Förderung, der Anpassung des Urheberrechts an die neuen Bedingungen von Kultur und Bildung, bis hin zu rechtlichen Grundsatzfragen im Bereich der Netzneutralität wie eines zeitgemäßen Datenschutzes.
Gerade im letzten Punkt haben wir es durch das Phänomen der globalen Überwachung mit einem bereits weit fortgeschrittenen Prozess der Verletzung von elementaren Bürgerrechten zu tun. All dies verlangt ein abgestimmtes, koordiniertes Handeln.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, wird es Zeit, dass die Ressourcen und auch die widerstrebenden Kompetenzen unterschiedlicher Politikbereiche endlich synchronisiert und gebündelt werden.
Bei der Regierungsbildung 2013 im Bund war die Einsicht dazu schon fast gereift. Wie wir wissen, war man sehr nahe daran, ein Internetministerium einzurichten. Es wurde dann doch nur ein Datenautobahnministerium.
Im letzten Moment wurde die Chance vertan, die dringend nötigen Synergieeffekte im Bereich der digitalen Agenda zu schaffen. Diesen fundamentalen Fehler sollte die Landesregierung nicht wiederholen.
Wer soll denn die digitale Agenda unseres Landes führen? Der Justizminister, der auf der Suche nach rechtsfreien Räumen im Internet ist? Der Wirtschaftsminister, der sich angesichts staatlich organisierter Wirtschaftsspionage für nicht zuständig erklärt? Der Innenminister, der alle Internetnutzer unter Generalverdacht stellt? Die Medienministerin, die eine Suchmaschinensteuer im Bundesrat durchgewunken hat? Der Infrastrukturminister, der auf einem Zukunftskongress Internet-Startups in Gut und Böse sortiert? Oder die Ministerpräsidentin, die die Anträge auf Chefsache ablehnen ließ?
Deshalb fordern wir Sie in unserem Antrag auf, Ihrer verkündeten Einsicht in die Bedeutung des digitalen Wandels nunmehr endlich auch Taten folgen zu lassen. Konzentrieren Sie die Aufgaben auf eine Stelle, und holen Sie endlich die dafür notwendige Kompetenz an Bord.
Und im Landtag sollten wir selbstverständlich einen der Bedeutung angemessenen Spiegelausschuss einführen.
Vielen Dank.