Veröffentlicht am von und in Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Nicht erst durch die Berichte über die Misshandlungen von Flüchtlingen hier in NRW wissen wir, dass die Landesregierung ihren gesetzlichen Verpflichtungen im Bereich der Flüchtlingspolitik nicht nachkommt. Sollte hier nicht konsequent umgedacht und gehandelt werden, wird es auch in Zukunft keine humane und an die Bedarfslagen der Schutzsuchenden angepasste Versorgung geben. Hier muss endlich gegengesteuert werden.  

Das Land NRW braucht eine Neukonzeption der Flüchtlingspolitik.

Die Landesregierung muss schleunigst aus ihren Fehlern lernen. Deshalb ist der jetzige und konstante Druck der gesamten Opposition enorm wichtig. Die vielen konstruktiven Vorschläge von verschiedenen Initiativen wie beispielsweise des Flüchtlingsrates NRW, der Wohlfahrtsverbände, der Kommunalen Spitzenverbände oder einiger Bürgermeister in der Anhörung zum Piratenantrag „Unser Land braucht eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme – hin zu einer humanen und dezentralen Unterbringung in ganz NRW“ müssen nun von allen Fraktionen ehrlich und ernsthaft diskutiert, und gesamtheitlich getragen werden.

Die Piratenfraktion hat bereits mehrfach in der Vergangenheit ihre Forderungen formuliert und in den Landtag eingebracht. Es gab bislang keine parlamentarische Unterstützung für unsere politischen Initiativen zum Wohle der Flüchtlinge hier im Land. Unsere wiederholten Anfragen zur aktuellen Situation in den Aufnahmeeinrichtungen, wie zuletzt im Bericht 12.9.2014 oder im Innenausschuss am 18.9.2014, wurden nie ausreichend beantwortet. Tatsächlich wurde der Landtag zum Zustand in den Einrichtungen, der fehlenden Hygiene und Sauberkeit und weiterer fehlenden Mindeststandards hinters Licht geführt. Lediglich die Überbelegung wurde von der Landesregierung zugegeben, nicht aber die menschenunwürdigen Zustände.

Es muss jetzt gehandelt werden.

Wir fordern von der Landesregierung und den Fraktionen im Landtag:

Kurzfristig

Der Haushaltsetat muss an die Realität der Flüchtlingszahlen und einer humanen Aufnahmepraxis angepasst werden. Die Kommunen müssen dabei entlastet werden. So muss das  Land  zukünftig auch die Finanzierung der dringend benötigten, adäquaten sozialen, psychologischen, medizinischen und verfahrenstechnischen Beratung und Betreuung  von Flüchtlingen komplett übernehmen.

Gleichzeitig müssen Qualitätsstandards und Mindestvorgaben erarbeitet werden, nach denen die Aufnahmeeinrichtungen der Kommunen im Not- und im Regelbetrieb überprüft werden können. Die finanzielle Unterstützung darf nicht ungeprüft und pauschal, sondern abhängig von erbrachten Qualitätsstandards wie der Bereitstellung dezentraler Unterbringungen in Wohnungen und dem Angebot an Deutschkursen erfolgen.

Mittel- und langfristig – die Diskussionen hierzu sind mit Blick auf die Dringlichkeit sofort nachzuholen

Wir brauchen eine Neukonzeption weg von der Kriminalisierung von Flüchtlingen und Gefängnismentalität in den Aufnahmeeinrichtungen hin zu kleineren Landesaufnahmen mit mehr geschultem Personal mit einem Fokus auf die Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge. Eine humane Unterbringung benötigt generell keine Wachleute; wenn diese in Ausnahmefällen benötigt werden sollten, sind die Mitarbeiter ausreichend und in Hinblick auf ein Antirassismus- und Deeskalationstraining zu schulen.

Stärkere Kontrollen der Aufnahmeeinrichtungen und funktionierende Beschwerdesysteme sollen eine qualitativ hochwertige und humane Aufnahme ermöglichen. Ein „Heim-TÜV“ nach sächsischem Vorbild muss etabliert werden, der die Einrichtungen auf Grundlage der festgelegten Mindestvorgaben durch geschultes Personal regelmäßig überprüft. Hierzu fordern wir die Landesregierung auf bis Januar 2015 ein Konzept vorzulegen.

Neue Einrichtungen dürfen nur im Rahmen transparenter Ausschreibeverfahren und mit Verpflichtung auf die Einhaltung der entwickelten Qualitätsstandards entstehen. Sämtliche Verträge mit Betreibern müssen veröffentlicht werden. Es muss sowohl ein Beschwerdesystem  in jeder Einrichtung, als auch einen bezahlten und unabhängigen Flüchtlingsbeauftragten geben.

Ähnlich wie in Schleswig-Holstein soll der federführende Ausschuss monatlich und der Landtag halbjährlich über die aktuelle Lage in den Flüchtlingseinrichtungen informiert werden.

Wir wollen endlich eine Willkommenskultur leben. Deshalb sollen Kontaktstellen eingerichtet werden, an die sich die Bürger unseres Landes wenden können, um Kontakt zu Flüchtlingen zu knüpfen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und um Ängste abzubauen. Das „Kommunikationszelt“ vor der neuen Landesaufnahme in Detmold ist ein gutes Beispiel für gelebte Willkommenskultur.

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