Veröffentlicht am von in Kai Schmalenbach, Reden, Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk (A18).

Freitag, 4. Juli 2014

 

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Große Koalition beschließt EEG-Reform mit verheerenden Folgen für den Industriestandort NRW – Rot-grüne Landesregierung schaut bisher tatenlos zu
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/6191
Unser Redner: Kai Schmalenbach

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Protokoll der Rede von Kai Schmalenbach

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Brems.  Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Schmalenbach.

Kai Schmalenbach (PIRATEN): Vielen Dank.  Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier und zu Hause! Vorab: Frau Brems, ich hätte es ganz gut gefunden, wenn Sie mir Ihre Rede einen Tag vorher gegeben hätten. Dann hätte ich die Parts, die sich überdecken, aus meiner Rede herausstreichen können. So muss ich es jetzt trotzdem bringen.

(Zurufe: Nein!  Weiterer Zuruf: Wir haben um 18 Uhr Anstoß!)

Okay, ich komme zum Thema: „Große Koalition beschließt EEG-Reform mit verheerenden Folgen für den Industriestandort NRW  Rot-grüne Landesregierung schaut bisher tatenlos zu“. So heißt der Antrag der FDP. Ich finde, schon die Überschrift ist falsch. Gemessen daran, auf was sich die Argumentation gegen die Energiewende meist beschränkt  nämlich „not in my backyard“ , wäre die korrekte Überschrift für den FDP-Antrag eher: „Energiewende not in my Wirtschaftsraum“.

Das Gesamtergebnis dieser Reform ist aus unserer Sicht schlecht. Es ist vorwiegend nicht schlecht für die Industrie, sondern für die Energiewende. Das gilt es zu beklagen  nicht, dass die Industrie marginal an den Kosten beteiligt werden soll. Es soll einen „atmenden Deckel“ nun auch für Windenergieprojekte geben. „Atmender Deckel“ klingt toll. Was aber bedeutet das? Es bedeutet, dass die Windenergieprojekte zukünftig Probleme bei der Finanzierung bekommen werden. Denn wer sagt den Interessenten denn, ob sich ihr Projekt am Ende refinanziert?

Viel wichtiger ist aber die Frage, wie er es dem Kreditinstitut belegen soll, das die Finanzierung übernehmen soll. Bei einer Planungszeit von zwei Jahren und  bedingt durch den „atmenden Deckel“  möglicherweise sinkenden Bezügen wird es schwer, die ohnehin nicht so rosige Rendite bei Windrädern so darzustellen, dass die Interessenten die Gelder bekommen, um ein Windrad zu bauen.

Das Ergebnis wird sein, dass die Finanzierung von Windenergieprojekten denen vorbehalten bleibt, die es sich auch erlauben könnten, ein paar Jahre auf Rendite zu verzichten. Das trifft sicher nicht auf die kleinen Projekte engagierter Bürger zu. Hier wird der Markt also massiv an die Unternehmen übergeben. Als ob das noch nicht genug ist, packt die Bundesregierung noch ein Ausschreibungsmodell ab 500 kW hinzu  also eine weitere Hürde für engagierte Bürger.

Eine Studie der IZES kommt gar zu dem Ergebnis, dass die Ausschreibungen weder zu sinkenden Kosten führen werden noch dazu, dass die Energiewende vorangetrieben wird. Die Autoren der Studie gehen noch weiter. Sie sagen zum Beispiel, dass kleine und mittelgroße Anbieter mit großer Wahrscheinlichkeit keine Chance zur Marktteilnahme haben. Auch aus dieser Änderung spricht also die tiefe Sehnsucht, die Energiewende nicht dem Bürger zu überlassen. Mit aller Macht soll das Stromoligopol am Leben erhalten werden.

Ich nenne noch ein Beispiel: Die 10-kW-Grenze für PV-Anlagen beim Eigenstromverbrauch liegt viel zu niedrig. Auch damit werden gerade die Zusammenschlüsse zu kleineren Bürgerenergieprojekten aufs Korn genommen. Der Entwurf ruft uns auch da entgegen: „Der deutschen Industrie gewidmet“. Ich sage Ihnen einmal, wie das alles auf mich wirkt: Die Politik hier und in Berlin strampelt sich ab, das sinkende Schiff der Energieerzeuger über Wasser zu halten. Immer wieder werden dazu Arbeitsplätze instrumentalisiert. Immer wieder ist die Rede von wegfallenden Arbeitsplätzen. Niemand aber stellt sich den Realitäten; denn auf lange Sicht werden diese Arbeitsplätze wegfallen.

Wir wollen doch die Energiewende und weg von den fossilen Energieträgern. Oder etwa nicht? Wenn wir die Energiewende wollen, werden wir damit umgehen müssen, dass diese Arbeitsplätze wegfallen werden. Statt sich permanent hinzustellen und zu sagen, „um Himmels willen, das geht nicht, wir brauchen die Arbeitsplätze“, sollten Sie endlich den Schritt wagen, sich dem anstehenden Strukturwandel zu stellen und ihn konstruktiv zu begleiten.

(Beifall von den PIRATEN)

Sorgen Sie jetzt dafür, dass hier in NRW neue Arbeitsplätze in den Zukunftsbranchen der Energiegewinnung entstehen. Schauen Sie, wie lange wir die fossilen Energieträger realistisch gesehen noch brauchen, und begleiten Sie den Ausstieg daraus. Das dürfen Sie dann von mir aus auch „Masterplan“ nennen. Denn das wäre in der Tat mal einer. Ich vermute ja, dass Ihnen die Beteiligungen der Kommunen bei RWE weit mehr Sorgen machen als die Arbeitsplätze, die Sie hier immer wieder nach vorne schieben. Aber auch dabei wäre es falsch, das Schiff über Wasser halten zu wollen, weil Sie nämlich kostbare Zeit verschwenden.

Ich sage Ihnen, wie das aussieht: Das Schiff sinkt und Sie schnallen permanent Heliumballons an die Reling, um es vom Sinken abzuhalten, anstatt die Passagiere, nämlich die Kommunen und die Arbeitsplätze, von Bord zu holen. Bis Sie realisiert haben, dass es zu spät ist, können Sie nur noch zuschauen, wie es versinkt.

Wir möchten nicht, dass es so kommt. Daher noch einmal der Appell: Beginnen Sie jetzt, den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern zu planen! Tun Sie alles, um die wegfallenden Arbeitsplätze mit den Zukunftsbranchen der Erneuerbaren zu kompensieren! Schauen Sie nicht zu, wie das Schiff versinkt! Und vor allem: Stehen Sie endlich zu einer Energiewende in Bürgerhand,

(Beifall von den PIRATEN)

weg von Konzerngewinnen hin zu kommunaler Wertschöpfung mit sauberer Energie!  Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege.  Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

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