Freitag, 5. Dezember 2014
Top 1. A k t u e l l e S t u n d e
DIW-Studie und Eon-Konzernumbau – Nordrhein-Westfalen gerät energiepolitisch ins Abseits
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/7468
in Verbindung damit
E.ON / E.OFF – Aufspaltung des größten deutschen Energiekonzerns und die Folgen für NRW
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/7469
Unser 1. Redner: Kai Schmalenbach
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Mitschnitt der kompletten Debatte
Protokoll der Rede von Kai Schmalenbach
Kai Schmalenbach (PIRATEN): Herzlichen Dank. Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Nun ist es also so weit. Nach den Diskussionen über den Verkauf der Braun-kohlenkraftwerke in der Lausitz durch Vattenfall geht E.ON vorweg und möchte die fossile Kraftwerksparte abstoßen.
(Minister Johannes Remmel: Schönes Wortspiel!)
E.ON ist damit das erste Unternehmen, das den veränderten Bedingungen am Strommarkt vollumfänglich Rechnung trägt. Wir begrüßen ausdrücklich das Signal, das davon ausgeht. Fossile Energiegewinnung wird in Zukunft kein Geschäftsmodell mehr sein. Denn natürlich geht es E.ON darum, die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens zu sichern. E.ON glaubt nicht daran, dass es eine solche Zukunft mit dieser Kraftwerksparte geben wird. Und: E.ON hat recht. Zwar belegen sie damit ebenso, dass sie diese Entwicklung verschlafen haben, und zwar ganze 14 Jahre lang seit Einführung des EEG, aber immerhin ist nun die Einsicht gekommen. Das davon ausgehende Signal, um das erneut zu betonen, ist klar: Den Erneuerbaren gehört die Zukunft.
(Beifall von den PIRATEN)
Die Dinosaurier der Energiegewinnung haben ausgedient. Es ist an der Zeit, massiv auf die erneuerbaren Energieträger umzuschwenken. Es ist an der Zeit, nun festzulegen, wie es mit der Energiegewinnung weitergeht, und das am besten einmal verbindlich. Es sollte nicht erneut das gleiche Rumgehampel wie beim Atomausstieg geben. Das können wir uns nicht leisten. Ach ja: Atomausstieg da war ja noch etwas. Das hatten wir gestern schon. Es ging um verlässliche Politik, die immer nur gefordert, nie aber gemacht wird.
Der doppelte Rittberger von Angela Merkel beim Atomausstieg war so eine verlässliche Nummer. Die Two-Faces-Politik von Sigmar Gabriel gehört in die gleiche Kategorie. Die schönsten Beiträge in der Energiepolitik aber lieferten Altmaier und Rösler. Schön nach dem Muster „Good Cop/Bad Cop“ wurde ein politischer Eiertanz zelebriert, der seinesgleichen suchte. Alle drei Leistungen sind oscarreif.
(Beifall von den PIRATEN)
Ein Schritt vor, zwei zurück, und am Ende sind alle anderen schuld. Oder sie sind vielleicht nicht schuld, aber sie müssen halt die Zeche zahlen. So hat man zuerst dafür gesorgt, dass die Offshore-Branche verunsichert war und hat dann dem Bürger die Kosten für die dortigen Fehlplanungen aufgebürdet. Beim Atomausstieg hat Schwarz-Gelb ohne Not den Salto rückwärts hingelegt und einen gut geplanten Ausstieg mal eben verworfen, nur um ihn ein paar Monate später erneut zu verkünden. Nach Fukushima wurde er kurzerhand beschlossen. Die CDU reklamiert den Ausstieg heute für sich. Ein Trauerspiel. Obendrein ließen die völlig vorhersehbaren Klagen der Betreiber nicht lange auf sich warten. Ergebnis: Am Ende zahlt’s der Steuerzahler.
Oder nehmen wir den Umbau des Wälzungsmechanismus: Da wird der EE-Strom 2010 an den Spotmarkt geschickt, und es ist klar, was passieren wird. Der Börsenpreis wird sinken, was die Kraftwerksbetreiber nicht freut, die Differenzkosten steigen und infolgedessen auch die EEG-Umlage, und die Politik schaut dabei zu, und die teure Energiewende wird geboren.
Statt diesen Problemen entgegenzuwirken, nutzen Teile der Politik das selber, um von der teuren Energiewende zu reden, allen voran die Antienergiewendeseparatisten bei der FDP. Nachdem es dann für fast alle schlecht war, dachte sich am Ende noch der Bundeswirtschaftsminister Gabriel: Halt, einer Gruppe geht es noch zu gut damit, dem Bürger. Da fällt uns doch bestimmt auch noch was ein. Kurz darauf reden wir über eine Eigenstromsteuer und Ausschreibung für EE-Anlagen. Was darauf folgt, ist klar. Genau: Die Branchen der Erneuerbaren melden Umsatzeinbrüche und Arbeitsplatzverluste.
Genau da stehen wir heute. Die Politik hat nun wirklich jede einzelne Gruppe, die an der Energiewende beteiligt ist oder war, drangsaliert, ruiniert oder zumindest verärgert. In diese Stimmung hinein ruft E.ON: Wir haben genug! Ich denke mir so: Überraschung! E.ON eröffnet damit eine neue Runde. Wenn die Regierung damit so umgeht, wie sie in den letzten zehn Jahren mit der Energiepolitik umgegangen ist, dann bin ich mir sicher, die Zeche zahlt am Ende der Bürger. Aber ich sage Ihnen was: Genau das darf eben nicht passieren. Der Bürger darf nicht schon wieder der Leidtragende sein.
(Beifall von den PIRATEN)
Vor allem darf das nicht schon wieder der Energiewende angelastet werden. Ich appelliere da an die FDP, die Schuld nicht erneut den Erneuerbaren zuzuschieben. Denn was immer am Ende mit den fossilen Sparten der EVUs geschehen wird, sie alle haben gewusst, dass dieser Tag kommen wird. Das EEG ist entworfen worden, um diesen Tag zu erleben. Es war und ist der erklärte Wille, die Marktmacht der EVUs und damit die der fossilen Energiegewinnung zu brechen und erneuerbare Energien zu etablieren.
Nun stehen Sie auch dazu und gehen Sie endlich den nächsten Schritt. Machen Sie endlich jedem Beteiligten klar, dass die Uhr der Dinosaurierkraftwerke abläuft. Trauen Sie sich endlich, das Wort zu benutzen, das fällig ist. Wie heißt es? Richtig: Kohleausstiegsgesetz.
(Beifall von den PIRATEN)
Trauen Sie sich endlich, darüber mit den EVUs zu verhandeln. Das ist überfällig. Schaffen Sie den Rahmen mit den EVUs, in dem die Erneuerbaren und die Fossilen für einen begrenzten Zeitraum koexistieren können. Machen Sie vor allen Dingen RWE klar, dass wir schon vor 2030 keine Braunkohleverstromung mehr benötigen werden. Sorgen Sie dafür, dass sich der Strompreis stabilisiert und die EEG-Umlage sinkt, indem Sie ältere Kohlekraftwerke stilllegen. Sorgen Sie dafür, dass der Schwarzbau Datteln 4 nicht ans Netz geht. Denken Sie darüber nach, die Erneuerbaren vielleicht nicht mehr nur am Spotmarkt zu handeln.
(Beifall von den PIRATEN)
Helfen Sie Gabriel, der endlich da muss ich ihn vorsichtig loben den Schritt gehen will, den Emissionshandel zu korrigieren. Vor allem aber: Sorgen Sie dafür, dass das am Ende nicht wieder wie bei den Banken läuft, frei nach dem Motto: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)