Mittwoch, 27. Februar 2013
TOP 1. Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013)
Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1400
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksachen 16/2100 bis 16/2107, 16/2109 bis 16/2115 und 16/2120
2. Lesung
und
Finanzplanung 2012 bis 2016 mit Finanzbericht 2013 des Landes Nordrhein-Westfalen
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses
in Verbindung damit
Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2013 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2013 – GFG 2013)
Gesetzentwurf der Landesregierung
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses
2. Lesung
Unsere Abstimmungsempfehlung: Enthaltung
Audiomitschnitt der Rede von Torsten Sommer
Videomitschnitt der Rede von Torsten Sommer
Das Wortprotokoll zur Rede von Torsten Sommer
Torsten Sommer (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Tribüne und im Land! Auf den ersten Blick sieht der Einzelplan 11 des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales mit 3,2 Milliarden € recht umfangreich aus. Rechnet man allerdings die einfach nur weitergeleiteten Bundesmittel und die per Gesetz schon festgelegten Ausgaben heraus, bleibt für Arbeit, Qualifizierung und Arbeitsgestaltung ein Rest von etwa 72 Millionen € über, den das Land NRW originär finanziert. Den weitaus größten Teil zur Arbeitsmarktpolitik, nämlich 160 Millionen €, stellt die EU aus Mitteln des ESF zur Verfügung.
(Beifall von Peter Preuß [CDU])
Mit anderen Worten: Die Arbeitsmarktpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen wird zum überaus größten Teil mit EU-Mitteln finanziert. Eine Arbeitsmarktpolitik ohne EU-Förderung wäre in Nordrhein-Westfalen anscheinend gar nicht möglich. Allerdings stehen wir dank der begrüßenswerten Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU als Land Nordrhein-Westfalen und in den nordrhein-westfälischen Kommunen vor Herausforderungen, die ein noch größeres Engagement der EU nötig machen. Hier ist in der Vergangenheit zu wenig getan worden. Wir müssen zügig nachsteuern und die EU in die Pflicht nehmen, statt eine Fremdenfeindlichkeit zu schüren, die nur den Feinden unserer Demokratie nützt.
(Beifall von den PIRATEN)
Aber was können wir jetzt konkret in Nordrhein-Westfalen tun? – Der verbleibende Ansatz von rund 72 Millionen € für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ist für ein Land von der Größe und Bedeutung Nordrhein-Westfalens viel zu wenig, insbesondere wenn man das Gesamtvolumen des Haushalts von rund 60 Milliarden € gegenüberstellt.
Wie können wir unseren Arbeitsmarkt innovativ und langfristig optimieren? Wie können Lösungen für die Zukunft aussehen? – Die öffentlich geförderte Beschäftigung in Nordrhein-Westfalen ist sicherlich ein erster Ansatz. Ob dies aber einen wirklich langfristigen Lösungsansatz zur Hilfe beim Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt darstellt, darf bezweifelt werden. Warum unterstützen wir nicht vielmehr Arbeitgeber aus dem ersten Arbeitsmarkt zum Beispiel durch die proaktive Suche nach Arbeitskräften? – Wir verlassen uns hier auf lokale Lösungen, wo überregionales Denken gefordert ist. Warum investieren wir so wenig in den Bereich „Zukunftsforschung“? – Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb können hier Zukunftskonzepte vorweisen, im Land genauso wenig wie im Bund. Unser sehr heterogener Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen könnte durch flankierende Maßnahmen wie zum Beispiel Jobtickets, Mobilitätsanreize nicht nur für Auszubildende gefördert werden. Ein fahrscheinloser ÖPNV würde hier sicherlich noch einiges an Hilfe bieten.
(Beifall von den PIRATEN)
Aber auch beispielsweise durch die Neuregelung von Leiharbeit zu einem subventionsfreien Leiharbeitssystem sowie die Beendigung der Sanktionen gegenüber den Beziehern von SGB-II-Mitteln und ähnlicher Druckmittel könnten sogar kurzfristig Mittel für echte zukunftsorientierte Arbeitsmarktpolitik freigesetzt werden. Statt Repressionen halten wir die Einführung von Maßnahmen, die zur Erreichung des ersten Arbeitsmarktes führen wie zum Beispiel eine massive regional übergreifende Qualifizierungsoffensive für arbeitssuchende Menschen, für wesentlich sinnvoller.
(Beifall von den PIRATEN)
Auch die zunehmend weltweite Vernetzung sehen wir grundsätzlich als positive und bereichernde Entwicklung. Hier bietet zum Beispiel das neue Anerkennungsgesetz die Möglichkeit, eine echte Willkommenskultur zu schaffen. In der aktuellen Fassung kann das jedoch nur als erster Ansatz gelten. Ein Beratungsanspruch für jeden Menschen, der jetzt in NRW lebt und im Ausland Berufskenntnisse erworben hat, ist gesetzlich festzuschreiben, auch für Flüchtlinge.
(Beifall von den PIRATEN)
Damit hilft man den Menschen und unserer Wirtschaft. Hier können wir den Grundstein für eine sinnvolle Einwanderungs- und Freizügigkeitspolitik legen.
Sie sehen, es gibt viel zu tun. Lassen Sie uns diese Herausforderungen gemeinsam anpacken. Daher empfehle ich meiner Fraktion in dieser Lesung die Enthaltung in diesem Teilbereich.
Als kleiner Nachtrag an Frau Maaßen: Die Förderung unabhängiger Arbeitslosen- und Sozialberatung liegt uns auch sehr am Herzen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn wir dazu gemeinsam eine sinnvolle Lösung auf die Beine stellen könnten, die über das hinausgeht, was zurzeit gefördert wird. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Sommer.