Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Scherze mit Nachnamen sind etwas ganz Neues. Das mag ich total gerne. Machen Sie ruhig damit weiter. Das befeuert die inhaltliche Diskussion ungemein.
Es gibt in Deutschland und in NRW schon jetzt diverse Residenzpflichten und Wohnsitzauflagen für Menschen, die sich im Asylverfahren befinden, oder auch für hier geduldete Menschen, die Transferleistungen beziehen. Wir Piraten sehen diese Regelungen im laufenden Asylverfahren sehr kritisch und hinterfragen, ob das überhaupt einen Sinn macht.
Bei geduldeten Menschen, egal womit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, würden wir das schon jetzt ablehnen, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil es hier ganz viele geduldete Menschen gibt, die diesen Status teilweise seit Jahren haben, manche sogar seit fast einem Jahrzehnt. Seit Jahren möchten wir diesen Menschen die Freiheit nehmen, ihren Wohnsitz frei zu wählen. Damit stempeln wir sie zu Menschen zweiter Klasse. Das möchten wir nicht, und das werden wir auch nie tun.
Auf EU-Recht ist hier bereits eingegangen worden; deshalb wiederhole ich das nicht. Ich möchte aber gerne auf den UN-Zivilpakt von 1966 eingehen, den im Übrigen die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert hat. Ich zitiere:
„Jedermann, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen.“
Und das wollen wir einschränken? Wir wollen internationales Recht brechen? Die CDU möchte internationales Recht brechen? Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Aber mal rein praktisch gesehen: Wir treten als demokratisch legitimierte Politik in eine Bevölkerungssteuerung ein, wie wir es sonst nur aus Nordkorea oder einem kommunistischen Sowjetunion-Konglomerat kennen? Das wollen wir tatsächlich machen?
Sie fangen mit den Geflüchteten an. Denjenigen, die hierhin geflüchtet sind und einen rechtmäßigen Status haben, sagen Sie, wo sie zu wohnen und zu leben haben. Hören wir dann bei denen auf? Das ist ja nur ein relativ geringer Anteil an der Gesamtbevölkerung. Wenn man das, womit hier angefangen wurde, zu Ende denkt, dann machen wir bald mit ganz normalen SGB-II-Transferleistungsempfängern weiter. Das kann doch nicht wirklich die Denke sein! Der Unterschied besteht einzig und allein in der Herkunft.
Alles andere, was Sie sonst nennen, dass sich beispielsweise die Leute an gleichen Hotspots sammeln, ist auch bei deutschen Transferleistungsempfängern so. Wir haben diese Hotspots in der Ruhrschiene und auch im Rheinland. Dort finden sich auch die gleichen Mechanismen. Der einzige Unterschied ist die Herkunft. Wenn man das aber an der Herkunft festmacht, gibt es dafür ein ganz einfaches Wort, nämlich „Rassismus“.
Das, was Sie hier vorbringen, ist kein Lösungsansatz. Ich bitte wirklich jeden hier im Haus und jeden in einem anderen deutschen Parlament, davon Abstand zu nehmen. Das ist nicht sinnvoll. Das darf auch die Landesregierung in Niedersachsen hören. Ich bitte, in Betracht zu ziehen, diesen Antrag zurückzuziehen. Er ist nicht sinnvoll und wird im Ausschuss auch nicht sinnvoller werden.
Wir werden ihn sehr kritisch beleuchten. Im Ausschuss werde ich gerne alles noch einmal wiederholen. Ich hinterlege Ihnen das dort auch mit noch mehr Fakten. Das, was Sie hier vorhaben, ist der Einstieg in eine Bevölkerungsregulierung, die wir sonst nur aus diktatorischen Systemen kennen. Das können wir als Demokraten nicht wollen, und das ist auch nicht unsere Aufgabe als demokratisches Parlament.