Wahl zur Vizepräsidentin erst im Juni

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Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: entgegen unserer Ankündigung, im Mai-Plenum die vierte Vizepräsidentin wählen zu lassen, fehlt dieser Punkt in den Tagesordnungen. Das Präsidium beruft sich bezüglich der Einreichung unseres Wahlvorschlages auf „formale Beanstandungen“, weshalb unser Wahlvorschlag bei den Mai-Tagesordnungen nicht berücksichtigt wurde. Dies sehen wir zwar inhaltlich und vor allem formal anders. Wir haben uns aber gegen Protest entschieden. Wir haben uns bewusst bereit erklärt, der Empfehlung des Präsidiums, die Wahl erst im Juni-Plenum stattfinden zu lassen, zu folgen.

Wir setzen auf ein einvernehmliches Wahlergebnis. Wenn nicht im Mai, dann halt im Juni. Uns geht es um die Sache – da fällt ein einzelner Monat nicht sehr ins Gewicht… Also: Drückt uns, drückt mir, die Daumen, dass es dann ab Juni wieder vier Vizepräsidenten im Landtag NRW gibt.

Monika Pieper MdL
Piratenfraktion im Landtag NRW

Piratecon 2015

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Mein Bericht vom EU Kommunalpiratentreffen (Piratecon 2015) in Mariánské Lázně (CZ)

Die Kommunalwahlen in der Tschechische Republik im Oktober 2014 haben den Piraten in Mariánské Lázně (Marienbad) einen Wahlerfolg von 21% beschert. Durch diesen Wahlerfolg stellen die Piraten in dort den Bürgermeister Franta Vojtěchh. Diesen Umstand haben die tschechischen Piraten zum Anlass genommen alle Kommunalpiraten und international interessierte Piraten nach Mariánské Lázně einzuladen.

Piraten aus der Tschechischen Republik, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und Deutschland sind dieser Einladung gefolgt und haben die aktuelle Lage der Piraten in in diesen vorgestellt.

Im Einzelnen:

Petr Třešňák (stellvertretender Bürgermeister Mariánské Lázně): Der Erfolg der Piraten in Mariánské Lázně

Julia Reda (Mitglied des EU Parlaments): Erfahrungen aus dem EU Parlament, im Besonderen die Copyrightdiskussion

Rick Valkvinge und seine politischen Erfahrungen

Jakub Michálek (Ratsherr aus Prag): Piraten zu kommunalen Erfolgen führen ← Der Vortrag hat mir mit am besten gefallen und ich freue mich darauf die Präsentation zu bekommen (Don`t become the systeme)

Cris Cresha (Kandidat aus Manchester bei den landesweiten Wahlen in Großbritannien): Bitcoin in der Politik und seine Erfahrung als „der Bitcoinkandidat“. ← Interessanter Erfahrungsbericht, wie man mit ihnen seinen Wahlkampf finanzieren kann und wie Bitcoins unabhängig von national oder EU kontrollierten Währungssystemen funktionieren können.

Jiri Ulib (Ratsherr aus der Stadt Brno): Transparenz und IT, Open Data, das kommunale Experiment ← ebenfalls sehr interessant und vielleicht schafft Jiri es zum nächsten KVT. Wir sollten uns hier EU weit vernetzen, da wir alle mit ähnlichen Widerständen zu kämpfen haben und die gleiche Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Dr. Martin Schulte-Wissermann (Ratsherr in Dresden): Erfahrungen als Zünglein an der Waage

Gregory Engels (Ratsherr aus Offenbach am Main): Wie funktioniert das EU Fördersystem? ← Ein echtes Howto. :-)

Zwischendrin habe ich das nächste Kommunalvernetzungstreffen (KVT) der Piratenfraktion NRW vorgestellt. Vielleicht können wir so ein EU Kommunalpiratentreffen ja mal in NRW organisieren. Nach jedem Vortrag gab es genügend Zeit für Rückfragen und Diskussionen, was auch reichlich genutzt wurde. Durch das Programm führte souverän Libor Špaček und für die Organisation vor Ort war der immer ansprechbare Mikuláš Pekas verantwortlich.

Insgesamt war die Piratecon eine rundum gelungene Veranstaltung. Der traumhaft gelegene Ort mit diesen tollen Häusern aus der Gründerzeit, die sehr entspannte Stimmung, die reichlich vorhandenen sehr guten Gaststätten, zusammen mit der Freundlichkeit und Offenheit der Gastgeber haben der Veranstaltung dazu einen idealen Rahmen gegeben.

Piraten in Großbritannien: Das Wahlsystem ist in den Kinderschuhen der Demokratie stecken geblieben. Ohne eine Änderungen (Listenwahlen) wird sich in GB politisch nichts bewegen.

Piraten in den NL: Es geht aufwärts. Zwar langsam, aber stetig. Und es ist nötig. Denn von der viel gepriesenen Liberalität ist nur noch übrig das nur dann alles erlaubt ist, wenn es der Regierung passt.

Piraten in Tschechien: Hervorragende Ergebnisse, die im Besonderen auf die bisher vorherrschende und offen betriebene Korruption bei den Altparteien zurückzuführen ist.

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

Stoppt den Überwachungswahn! Freiheit-Statt-Angst-Tour 2015

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Stoppt den Überwachungswahn!
Vorratsdatenspeicherung und BND-Skandal zeigen: Unsere Bundesregierung liefert uns einem Zustand permanenter Kontrolle aus. Damit muss Schluss sein! Doch anstatt zu handeln, werden wir für dumm verkauft. Von Aufklärungswille kann da ganz und gar nicht die Rede sein. Wir haben genug vom Sicherheits-Theaterdonner, der den Abbau unserer Grundrechte begründen soll. Denn nichts kann unsere Freiheit und Sicherheit so gut schützen, wie eben diese Grundrechte. Dafür sind sie nämlich da.

Wer überwacht wird, ist niemals frei!
Neue Überwachungsgesetze und Kontrolltechnologien zerstören unsere Freiheit und Selbstbestimmung. Demokratie lebt durch angstfreie Meinungsäußerung und überwachungsfreie Rückzugsräume. Diese zu verteidigen liegt in der Verantwortung von uns allen!

Wir wollen eine freie, demokratische  und offene Gesellschaft. Wir wollen Solidarität statt Misstrauen. Wir wollen freie Gedanken statt Selbstzensur. Wir wollen mehr Mut und  Engagement statt Ohnmacht und Resignation. Wir wollen Freiheit statt Angst im ganzen Land.


Unsere Forderungen
  • Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und europaweit verbieten
  • Keine pauschale Registrierung aller Reisenden (PNR-Daten, Maut)
  • Keine anlasslose Überwachung von Aus- und Inländern im Inland, Ausland, Weltraum, Internet oder sonstwo
  • Keine Informationsweitergabe an andere Staaten
  • Vollständige Aufklärung im Skandal um BND und NSA
  • Schutz vor Überwachung durch ausländische Geheimdienste
  • Asyl und sicheren Aufenthalt für Edward Snowden, Schutz von Whisteblowern
  • Keine geheime Durchsuchung von Endgeräten, weder online noch offline
  • Abschaffung der Erhebung biometrischer Daten, sowie von RFID-Ausweisdokumenten
  • Elektronische Krankenkarte und eHealth stoppen
  • Förderung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auf Basis Freier Software
  • Offene Schnittstellen für Kommunikationsplattformen festlegen
  • Dezentralität fördern
  • Netzneutralität gesetzlich festschreiben
  • Kampfdrohnen verbieten und ächten
  • Eine starke europäische Datenschutzgrundverordnung
  • Kein Datenhandel durch TTIP, TISA, CETA & Co
  • Störerhaftung abschaffen, Freie WLANs und Meshnets fördern
  • Geheimdienste abrüsten

Aufstockung der Flüchtlingsmittel: Viel Abstraktes statt Konkretes

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Grundsätzlich begrüße ich die Ankündigung der Landesregierung. Unser Drängen darauf, dass das Land nicht auf Zusagen vom Bund warten darf, sondern zuerst in Vorleistung treten soll, hat sich offensichtlich gelohnt. Das notleidende Versorgungssystem braucht dringend mehr Mittel.

Es ist gut, dass die Landesregierung die Wichtigkeit von Beschulung und Bildung erkennt. Es darf aber nicht vergessen werden, dass es zurzeit an menschenwürdigen Unterbringungen mangelt. Ganz zu schweigen von den fehlenden Betreuungsstandards und der dringend benötigten psychologischen Betreuung.

Auch braucht es sicher noch mehr Unterstützung für die Kommunen als nur ein paar Stellen, mit deren Hilfe Mittel beim Bund beantragt werden können. Wir werden uns die Maßnahmen der Landesregierung in den nächsten Tagen genau anschauen, denn leider haben auch wir im Moment nur die Informationen aus den Presseerklärungen.

Persönlicher Nachruf für Harald Wiese

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harald300in Auszügen als Rede gehalten auf der Trauerfeier für Harald Wiese am 11. Mai 2015 in Neuss.

Harald Wiese, Geschäftsführer der Piratenfraktion NRW, verstarb nach schwerer Krankheit am 27. April 2015.

 

Liebe Karin, liebe Trauergemeinschaft, liebe Freunde von Karin und Harald,
liebe Freunde von den Piraten, liebe Freunde von den Linken,

ob ich hier den richtigen Ton treffe, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob es einen richtigen Ton überhaupt geben kann.

Harald fehlt uns, fehlt mir. Und wie groß die Lücke wirklich ist, die er hinterlassen hat, vermag ich heute noch gar nicht abzusehen.

Wenn man älter ist, jenseits der Fünfzig ist, dann schließt man nicht mehr so schnell Freundschaften. Nicht etwa, weil die Kontaktfreudigkeit nachgelassen hat, sondern weil die Freunde fürs Leben meist schon gefunden sind.

Wenn dann noch jemand dazu kommt, ist das ein ganz besonderes Geschenk. Harald war so ein Geschenk.

Als er mir vor nicht ganz drei Jahren das erste Mal gegenüber saß, ein charismatischer grauhaariger Endfünfziger, der mich aus seinen blitzeblauen Augen anstrahlte, da wusste ich, der ist noch lange nicht fertig, der hat einen Riesenhunger aufs Leben, auf Menschen, aufs Politik machen, auf Alles.
Und er wollte – kaum zu bremsen und voller Neugier – gleich in den geistigen Clinch mit seinem Gegenüber, und rauskriegen, mit wem er es da zu tun hat.

Er war begeisternd und überzeugend, besaß aber auch die Fähigkeit, sich überzeugen und begeistern zu lassen. Und er wollte lieben – und geliebt werden, aber nicht um jeden Preis.

Bereichernde Erkenntnisse ließen sich mit Harald überall finden, und es sind gerade die kleinen Erkenntnisse des Alltags gewesen, die für uns das Zusammensein und die Arbeit mit ihm so reich machten. Empathisch, fair und voller Respekt – aus innerer Überzeugung – den Mitarbeitern gegenüber. Heiter und optimistisch Problemen gegenüber – aber – mit Tiefgang bitteschön.

Und – nicht ganz so selten – fanden sich die gemeinsamen Erkenntnisse auch mal am Grund einer Flasche guten Rotweins.

Eines Tages im Frühsommer sagte er zu mir: „Ich habe für heute die Schnauze voll von dem Kleinkram, lass’ uns noch vernünftig über Politik diskutieren, auf zwei Bier im Uerigen, die haben da fantastische Frikadellen!“ Das haben wir dann öfter gemacht.

Qualität und Anspruch in jeder Hinsicht, nicht nur bei Politik, beim Wein, bei Hifi-Anlagen, bei Musik, Architektur, sondern auch bei der eigenen Darstellung, spielte für ihn eine besondere Rolle. Eines Morgens schneite Harald in einer knallroten Jeans ins Büro unserer Abgeordneten Monika Pieper und fragte: „Moni, meinst du, ich kann so was noch tragen in meinem Alter?“

Das politische Etikett, die Überzeugung eines Menschen ist bloß ein äußeres und unzureichendes Merkmal und aufgeschriebene Lebenswege sind letztlich nur Listen von Ereignissen. Stellvertretend für so Vieles nur eins, auf Fuerteventura, wo er eine ganze Weile mit Karin lebte, gründete er eine Firma, die sich um die Trinkwasser- und Abwasserversorgung in der kleinen Kommune kümmerte. Also ums Gemeinwohl.

Und er hatte noch viel vor: „Weißt Du, ich habe da eine ganze Reihe Konzepte und Ideen für eine am Gemeinwohl ausgerichtete Volkswirtschaft, das muss ich alles bloß mal aufschreiben. Wenn Zeit ist, neben dem Hamsterrad Landtag.“

Dazu kam er nicht mehr, das müssen wir jetzt selbst machen.

Wenn jemand stirbt, stirbt immer auch ein Universum. Haralds war außergewöhnlich groß und reich. Und er ließ andere daran teilhaben.

Und, es gibt nichts Revolutionäreres als ein Volkswirt, der seine Arbeit macht.*

Harald war ein Revolutionär. Ein Revolutionär und ein Sommelier des Lebens.**

Ich weiß es nicht so genau, aber ich denke, in aller Bescheidenheit, ich kann da für uns alle sprechen.

Ich danke Dir, Harald, dass Du ein Teil meines Lebens bist.

Du wirst ein bisschen in uns weiterleben.

Joachim Paul

 

p.s.:

*) Dieser Satz stammt von Elisabeth Paskuy, einer Fraktionsreferentin.
**) Der “Sommelier des Lebens”, dieser Ausdruck, direkt auf Harald bezogen, stammt von Elke Kasten-Lauber, einer Fraktionsmitarbeiterin.

70. Jahrestag der Befreiung von der selbst erwählten Naziherrschaft

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Auch zum 70. Jahrestag der Befreiung von der selbst erwählten Naziherrschaft, ist die 30 Jahre alte Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zur “Gedenkveranstaltung im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa” aktueller den je.

Bitte nehmt euch die Zeit die Rede zu lesen.

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

Kleinigkeiten zu “meiner” Landtagsmailadresse

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So wir fast alle Menschen, die ich kenne, nutze auch ich verschiedene Mailaccounts. Zum einen nutze ich den vom Landtag zur Verfügung gestellten Account torsten.sommer@landtag.nrw.de.

Da dieser Account voraussetzt das man möglichst per Outlook (Anwendung oder Weboberfläche) darauf zugreift, benutze ich diesen Account ausschließlich zur Weiterleitung auf den von der Piratenfraktion zur Verfügung gestellten Mailaccount tsommer@piratenfraktion-nrw.de.

Warum benutze ich kein Outlook?

Da ich als Betriebssystem Linux einsetze läuft Outlook (als Windowsanwendung) nicht nativ, sondern ich müsste versuchen Outlook (was ich als Software auch erst mal kaufen müsste) unter einer Windows kompatiblen Laufzeitumgebung (z.B. Wine) in Betrieb zu nehmen. Für mich zu viel Aufwand für einen zu geringen Nutzen.

Warum nutze ich die Weboberfläche nicht?

Die Weboberfläche des Landtagsmailaccounts ist nur über das Intranet des Landtags erreichbar. Man muss sich also erst in das Intranet einloggen und dann noch mal in die Outlookinstanz einloggen. Und dann empfinde ich die Weboberfläche noch als überfrachtet, unaufgeräumt und echt langsam. Für mich zu viel Aufwand für einen zu geringen Nutzen.

Aber der Landtagsmailaccount ist doch bestimmt total sicher!

Äh…nein. Es ist uns als Anwender nicht möglich Mailverschlüsselung in Outlook zu integrieren. Also würde Verschlüsselung nur durch unkomfortables Text hin und her kopieren funktionieren. Dazu wird der Landtagsmailserver von der Landtagsverwaltung betrieben. Und auch wenn ich die Mitarbeiter dort, die ich bisher kennen gelernt habe, für nett, kompetent und vertrauenswürdig halte, hat das erstens schon mal nicht geklappt und zweitens vertraue ich noch viel mehr darauf, das es genügend Dienste gibt, die erheblich mehr Ressourcen haben als die kleine Landtags IT Abteilung. Vom fehlenden politischen Willen der breiten Mehrheit im Landtag hier etwas zu verändern ganz zu schweigen. Und wenn euch Bündnis90/Die Grünen oder die SPD mal wieder erzählen sie wären für Bürgerrechte, glaubt ihnen nicht. Sie schützen eure Daten (nichts anderes sind eure Mails an eure Abgeordneten) nicht mal im eigenen Machtbereich vor Ausspähung.

Daher sehe ich alle Mails von und zu den @landtag.nrw.de Adressen als Postkarten an, die mMn garantiert von mehreren Diensten mit gelesen werden. Eher so kurz vor Twitter.

Tl;dr

Die Landtagsadressen halte ich für unsicher, die Handhabung ist nicht zeitgemäß, bitte nutzt meine Fraktionsadresse tsommer@piratenfraktion-nrw.de*

*Der Server (Zimbra) wird von der IT der Fraktion selbst betrieben. Da IMAP selbstverständlich ist, kann ich jeden entsprechenden Client nutzen. In meinem Fall ist das Evolution Mail. Läuft u.a. auch unter Linux und ich kann GPG integrieren.

Die Schlüsselkennung meines GPG Keys lautet:
459421D2

und der Fingerabdruck ist:
2A72 BDFB 52CA AC38 6113
AB45 3D22 D9F3 4594 21D2

Und wenn ihr mehr zu verschlüsselter Kommunikation wissen wollt, werdet ihr hier fündig.
Und/oder kommt zum nächsten Kommunalvernetzungstreffen der Piratenfraktion NRW am 6.6. ins Unperfekthaus nach Essen. Dort gibt es u.a. den ganzen Tag über Workshops zum Thema verschlüsselte Kommunikation.

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

Bundes-Flüchtlingsgipfel: Trauerspiel auf Kosten von Flüchtlingen und Kommunen

Veröffentlicht am von unter 20 Piraten, Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Persönliche Blogposts.

Es ist ein Elend: Ausgerechnet am 8. Mai 2015 weigern sich Bund und Länder auf dem Flüchtlingsgipfel in Berlin, ihrer Verantwortung für Hilfesuchende gerecht zu werden. Statt humane Konzepte und Maßnahmen für die Versorgung in den Kommunen zu entwickeln, ging es den Beteiligten – Flüchtlinge, Wohlfahrtsverbände und Kommunen waren nicht eingeladen – in der Hauptsache darum, die Mär von „schlechten“ und „guten“ Flüchtlingen zu streuen. Zu diesem Zweck sollen Flüchtlinge aus dem Kosovo und anderen Regionen von Bürgerkriegsflüchtlingen getrennt werden, um sie dann in beschleunigten Asylverfahren schneller abzuschieben. Das soll die Lösung sein?

Bundesweit werden sowieso schon immer mehr Menschen abgeschoben. Dabei wird doch zunehmend klarer, dass auch die Abschiebung im Rahmen der Dublin-Verordnung, z. B. in Länder wie Bulgarien, Italien und Polen, die Betroffenen in großes Elend stürzt. Zu den Hauptzielregionen für Abschiebungen im Jahr 2014 zählten zudem die Westbalkanländer Serbien, Mazedonien und Kosovo – trotz der massiven Diskriminierungen, denen vor allem Minderheiten wie Roma, Ashkali und Ägypter in diesen Ländern ausgesetzt sind. Mitte Februar erklärte der nordrhein-westfälische Innenminister schnellere Asylverfahren für Flüchtlinge aus dem Kosovo zum „Gebot der Stunde“. Das verwunderte mich schon sehr, denn der  Landesregierung NRW ist die menschenunwürdige Lebenssituation von Minderheiten im Kosovo bekannt, da sie am 21.09.2010 einen sogenannten Sensibilisierungserlass an die Ausländerbehörden ausgegeben hat. Ausländerbehörden sollen eventuelle Rückführungen von Angehörigen ethnischer Minderheiten in den Kosovo mit Augenmaß prüfen und die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigen. Am 22.12.2014 wurde diese Sensibilisierung der Ausländerbehörden durch einen erneuten Erlass noch auf die Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien ausgeweitet.

Es ist ein Elend, dass Politiker der FDP, CDU und SPD in NRW die Schuld für den Zusammenbruch der Flüchtlingsaufnahme nicht im Jahrzehnte währenden Abschreckungssystem suchen. In der letzten Innenausschusssitzung erklärten Abgeordnete der FDP und CDU, dass es „ohne Flüchtlinge vom Balkan“ keine Probleme bei der Unterbringung geben würde. Seit Anfang des Jahres gibt es in NRW bereits Abschiebezentren, z. B. wurden in einer Landes-Notunterkunft in Münster nur Flüchtlinge aus dem Kosovo untergebracht. Von solchen Abschiebezentren aus werden die Menschen nicht den Kommunen zugewiesen, sondern nach dem Ende ihrer Schnellverfahren direkt in den Kosovo zurückgeschickt.

Es gibt ein Versagen in der Politik, und zwar auf allen Ebenen. Solange das so ist, hilft nur, dass wir uns stärker engagieren. Morgen werde ich am Trauermarsch für die Toten an der EU-Außengrenze teilnehmen. Wir sehen uns um 12 Uhr am Martin-Luther-Platz in Düsseldorf.

Zahltag auf der Republica 2015 – ein Rant aus aktuellem Anlass

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

sandkasten300Anmerkung des Verfassers: Dieser Rant wurde mit allem gebotenen Respekt gegenüber den darin erwähnten Personen und der größtmöglichen Sorgfalt angefertigt. Dennoch kann er Spuren von Polemik enthalten. Aber es geht hier nicht um Argumente ad hominem sondern um Argumente ad rem. Da diese aber politische Positionierungen von Personen betreffen, die möglicherweise Ausdruck einer in der Persönlichkeit liegenden gewissen ethischen Flexibilität liegen, kann das schon mal als ‘ad hominem’ zurückschlagen. Dem Verfasser tut das unendlich leid, er beruft sich jedoch auf das Recht auf freie öffentliche Meinungsäußerung. Rheinisch: Wat mutt, dat mutt!

‘Die Netzgemeinde ist am Ende. Jetzt geht’s los’ lautete der Titel des diesjährigen Beitrags von Markus Beckedahl und Leonhard Dobusch auf der Republica 2015. Von entsprechenden Erwartungen geweckt entschied ich mich, diesen auf 60 Min angesetzten Talk zu besuchen. Suggerierte der Titel doch eine gewisse ‘digtale Spannung’ zwischen den Polen ‘Ende’ und ‘los geht’s’.

So versuchten die beiden Referenten so etwas wie eine Aufbruchstimmung zu vermitteln. Es blieb beim Versuch.

Im Rahmen eines Résumés der netzpolitischen letzten beiden Jahre gab es ein recht dezent vorgetragenes Bashing der als gescheitert erklärten Piratenpartei mit Verweis auf Liquid Feedback. Inklusive Querverweis auf die lobotomisierte Bekassine vom letzten Jahr.

Zugegeben, ich habe mich darüber geärgert. Nicht darüber, dass die Piraten wieder einmal – das wievielte Mal eigentlich, das fällt langsam auf – für tot erklärt wurden, daran habe ich mich inzwischen gewöhnt.

Nein, es wurde immer noch nicht begriffen, dass bislang weltweit keinerlei Strategie oder Vorgehensweise abseits facebook’scher Timelinemanipulationen und sonstiger hierarchischer Prozederes zum Umgang mit der Dynamik großer öffentlicher Online-Gruppen existiert. Vielleicht wird ja ohne nachzudenken vorausgesetzt, dass das ein ‘mal eben’ binnen Jahres- oder Zweijahresfrist lösbares Problem sei, bei dem die Piraten einfach nur kläglich versagt haben.

Offensichtlich hat die Netzgemeinde das menschheitshistorische Problem noch nicht mal als ein solches erkannt. Ebenso wie die Tatsache, dass Netzpolitik weitaus mehr sein sollte, ja sein muss, als für Breitband und Netzneutralität und gegen Vorratsdatenspeicherung zu kämpfen und zuhauf gleichlautende Problembriefe an lokale Politiker in den Wahlkreisen zu schreiben.

Stattdessen fordert man das Publikum auf, die SPD doch mal ein bisschen zu loben, denn da würde ja Netzneutralität bis hinunter in die Ortsverbände diskutiert. Betonung auf ‘hinunter’, denn die Hierarchie klassischer Parteiebenen ist in dieser Netzgemeinde offenbar längst akzeptiert.

Man kann nur spekulieren, wo die beiden Referenten das her haben, von einem flächendeckenden Phänomen in Deutschland kann da jedenfalls keine Rede sein.

Die im Rahmen einer Regierungserklärung von Hannelore Kraft im Januar vorgestellte digitale NRW-Agenda ‘Megabits, Megaherz, Megastark‘ spricht da eine ganz andere Sprache, gepaart aus neoliberaler Marktgläubigkeit und schreiender Inkompetenz. Auffällig viele Journalisten in NRW rollten mit den Augen. Aber das müssen Beckedahl und Dobusch nicht wirklich wissen, man lebt ja in der Hauptstadt.

Vielleicht liegt das an der Berliner Luft, die mag schon mal den Blick so verengen, dass man über Regierungserklärungen in großen Bundesländern einfach hinwegsehen kann. Ähnliches lässt sich ja zuweilen auch in anderen Zusammenhängen, Parteien und NGOs beobachten.

Oh wait! Da war doch noch was.

Unlängst kritisierte Beckedahl den U-Turn vom Ex-Piraten Christopher Lauer in Sachen Leistungsschutzrecht auf netzpolitik.org. Der hatte sich ja von der Partei abgesetzt, firmiert jetzt als Springer-Berater und publiziert getreu dem Motto „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“.

Habe ich wirklich nur allein den Eindruck, oder passt es irgendwie gar nicht, dass Beckedahl einerseits Lauer kritisiert und andererseits jetzt zum moderaten Beifall für die Leistungsschutzbefürworter von der SPD aufruft?

Eine subtilere Form der Kehrtwendung? Eine Strategie der Anbiederung der NGO an den kleineren Koalitionspartner im Bund? Ein Versuch, ob das geht? Oder nur netzpolitisches Sandkastenspiel mit irgendwelchen Schäufelchen und Förmchen?

Also, subtiler zu sein als Lauer ist jetzt nicht soo schwer.

Allerdings weiß ich nicht, was mir lieber ist.

Eine klare Kehrtwendung, so wie bei Lauer, aus was für €-Gründen auch immer. Braucht man ja – wie ich – nicht gut finden. Oder Anbiederung, um vielleicht in Zukunft an die € zu kommen.

Mein persönliches Fazit: Schwammig. Sehr schwammig.

Sooo geht es nicht, Freunde.

Dabei wurde – eher in der Form von einzelnen Blitzlichtern und leider nicht in Dauererhellung – auf dem Kongress ja doch Progressives, Weitblickendes und Revolutionäres geboten. Von außerhalb, von Fachleuten, die eher nicht zur hiesigen Netzgemeinde zu rechnen sind und die in Teilen auf der in die Republica integrierten Media Convention auftraten. Die 10 Min zur ethischen Lage von Harald Welzer eingangs der Podiumsdiskussion ‘Die Vermessung der Medienwelt’ mit Brigitte Zypries, Björn Böhning, Christoph Keese und Jo Schück waren ein echtes Highlight voll von im Grunde revolutionärem Sprengstoff. Auch die Beiträge von Bernhard Pörksen und Gunther Dueck und der Talk der mit ganz nachdenklichen und leisen aber dafür umso eindringlicheren Tönen daherkommenden Ingrid Brodnig ‘Die kaputte politische Debatte, Internet als Problem und Lösung’ sowie die regelrecht krachenden Beiträge von Aral Balkan ‘Beyond the Camera Panopticon’ und die Keynote von Cory Doctorow, ursprünglich betitelt mit ‘The NSA is not the Stasi’, machten die Republica 2015 dennoch zu einer bereichernden Erfahrung für mich. Danke.

Direkt und in seltener Klarheit stellte Doctorow in seiner Keynote den wirklichen politischen Bezug her, der in folgendem Statement gipfelte – zitiert aus der Erinnerung:

„Kryptografie ist nicht der wirkliche Kampf. Die wirklichen Kämpfe gehen um den Klimawandel, die Ressourcenverknappung, die weltweit stark zunehmenden Flüchtlingsströme, Rassismus, Diskriminierung, die Vermögensverteilung und die Finanzkrisen. Aber alle diese Kämpfe werden verloren gehen ohne ein freies Internet.“

Dem ist wirklich nichts hinzuzufügen. Danke, Cory.

Bis bald, Nick H.

ps: Die erwähnten Beiträge werden um Links zu den Videos ergänzt, sobald diese vorliegen.