Schöne Worte ohne Geld: Die Landesregierung fordert mehr als sie ausgeben will.

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Haushaltskürzungen sind kein Wert an sich. Wenn das Land weniger Geld bereitstellt und damit zunächst auch weniger Schulden aufnimmt, mag das gut klingen; Wenn dadurch an anderer Stelle oder zukünftig allerdings höhere Kosten entstehen, dann ist die “Haushaltssanierung” Augenwischerei.

Mit dem Argument der “Haushaltssanierung” als höchstes Gut der Landespolitik gelingt es der Landesregierung zahlreiche Forderungen zu stellen, ohne sie umsetzen zu müssen. In den meisten Fällen wird die Verantwortung auf den Bund geschoben, in anderen auf die lange Bank.

Für die rot-grüne Landesregierung gilt: Wir fordern. Andere müssten eigentlich bezahlen.

Das führt zu dem Kuriosum, dass im Koalitionsvertrag und in den Regierungserklärungen Pläne aufgestellt werden, die mit dem Haushaltsplan völlig unvereinbar sind. Die Milliarde für die WestLB ist zwar vorhanden, Gelder für Investitionen jedoch werden gekürzt.

Die Piratenfraktion hat zum Haushalt 2012 einige Änderungsanträge eingebracht, um andere Finanztöpfe oder die Finanztöpfe der Zukunft zu entlasten. Vielfach geht es um dringende Investitionen, die aufgeschoben deutlich teurer kämen.

Viel Kritik anderer Fraktionen brachte den Piraten der Vorschlag ein, den Verbundsatz von 23% auf 24% (ehemals lag er bei 28,5%) zu erhöhen. Tatsächlich schlägt die Maßnahme mit 369 Millionen Euro zu Buche. Doch das Geld ist nicht weg. Es entlastet die strukturell unterfinanzierten Kommunen, die sich das gleiche Geld zu viel höheren Zinsen leihen müssten, als es das Land tun kann. Insgesamt geben die Menschen in NRW also mehr Geld aus, wenn der Verbundsatz nicht erhöht wird. Die 24% sehen nur für die Landesregierung schlechter aus – sie könnte damit nicht auf ihre tolle “Haushaltssanierung” verweisen.

Unsere weiteren Vorschläge enthalten geringere Beträge und sollen u.a. auch den Ministern der Landesregierung helfen, ihre selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Zu oft zieht sich die Landesregierung vor der eigenen Verantwortung zurück und gibt allein der Bundesregierung die Schuld.

Ein Beispiel dafür ist das Programm „Soziale Stadt“, welches vom Bund und den Ländern getragen wird. In der Praxis leitet das Land die Gelder des Bundes weiter. Der Bund hat nun die Mittel stark gekürzt.

Die bisherigen Projekte waren allerdings im Schnitt sehr erfolgreich. Zudem sind die Investitionen in solche Städtebauprojekte kein verlorenes Geld. Je nach Berechnung löst ein Euro an Städtebaufördermitteln bis zu acht weiteren Euro an Investitionen aus.

Minister Groschek sieht das Programm „Soziale Stadt“ als Kernelement seiner vorsorgenden Politik bezüglich des demografischen Wandels und urbaner Lebensqualität. Er bezeichnet die Kürzung des Programms durch den Bund als “unverantwortlich” und “gesellschaftspolitische Erbsünde”.

Doch die Landesregierung tut nichts, um die große finanzielle Lücke, die der Bund gerissen hat, auszugleichen. Sie beschränkt sich auf Kritik am Bund und hebt unschuldig die Arme: “Sorry, wir konnten unsere eigenen Forderungen leider nicht umsetzen”.

Wir möchten den Minister und die Landesregierung in ihrer Arbeit unterstützen, indem wir die Aufstockung der Mittel um 2,7 Millionen Euro durch Landesmittel auf zumindest das Niveau von 2010 beantragten.

Das gleiche Prinzip gilt auch für den „Stadtumbau West“. Auch hier zeigt sich die für die rot-grüne Regierung typische Kombination aus guten Absichten und fehlender Entschlossenheit. Auch hier haben wir beantragt, das Budget wieder auf den Stand von 2010 aufzustocken.

Das Land muss selbst Verantwortung übernehmen, wenn es sich nicht auf den Bund verlassen kann.

Zu teuer? Nein, denn die finanziellen Effekte sind höher als die Ausgaben – im sozialen Bereich, in der Wirtschaft, bei der Stadtentwicklung.

Nachsorge ist teurer als Vorsorge: Es ist beispielsweise zu erwarten, dass die Empfehlungen der “Enquete-Kommission Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren” nicht billig werden. Vermutlich müssen wir für frühere “Haushaltseinsparungen” tief in die Tasche greifen, womöglich versilbertes Tafelsilber teuer zurückkaufen.

Um die verschieden problematischen Wohnungssituationen in NRW zu verbessern, setzt die Landesregierung auf sozialen Wohnungsbau, hat hierzu die Prioritäten von der Eigenheimförderung hin zu studentischem und sozialem Mietwohnungsbau verschoben. Auch das klingt gut, doch auch hier vergisst die Landesregierung selbst Verantwortung zu übernehmen.

Pauschale Fördermittel alleine reichen nicht: Die Regierung möchte Prioritäten in angespannten Wohnungsmärkten setzen. Allerdings muss das Land dabei auch selbst Vorbild sein und bei seinen eigenen Liegenschaften vernünftige Quoten für sozialen Wohnungsbau fordern, wenn das möglich ist – und nicht 5% wie bei der Ulmer Höh‘ in Düsseldorf. Da liegen Anspruch und Wirklichkeit der Landesregierung auseinander. Die scharfe Kritik des Ministers an der Wohnungspolitik der Stadt Düsseldorf bleibt unglaubwürdig, wenn bei eigenen Liegenschaften andere Maßstäbe gelten.

Wir Piraten erwarten von der Landesregierung die Umsetzung der im rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschriebenen wohnungs- und sozialpolitischen Ziele. Die Ziele sind schöne Absichtserklärungen, die sich jedoch nicht immer in den Handlungen der Regierung zeigen – vor allem nicht im Haushalt 2012.

In Bezug auf die eigene Unterlassung versteckt sich die Regierung hinter den Fehlern der Bundespolitik.

Das betrifft auch die Verkehrspolitik:

Der Bestand des Verkehrsnetzes ist gefährdet. Zu lange galt “Neubau vor Instandhaltung”. Zu viele Brücken und Tunnel in NRW sind sanierungsbedürftig und müssen jetzt instand gesetzt werden.

Die Haushaltsmittel reichen weder für Straße noch Schiene aus,  um den Bestand langfristig zu erhalten.

Wir können uns ein “weiter so” nicht mehr leisten  – aus rein ökonomischen Gründen.

Dazu kommt,  dass auch indirekte Kosten in die Priorisierung bei der Verkehrsplanung einfließen müssen: dabei müssen nicht nur Kosten für Klimaschutz und Umweltschäden sowie die sozialen Kosten berücksichtigt werden. Eine verantwortungsvolle Verkehrspolitik beugt Ausgaben an anderer Stelle vor.

Und langfristig muss man auch die individuellen Aufwendungen für Mobilität, also eigene Autos gesamtgesellschaftlich als Opportunitätskosten einbeziehen. Weniger Verkehrsflächen, weniger Lärm, mehr Raum für Stadtleben. All dies muss in eine Gesamtrechnung einfließen.

Die Probleme des Verkehrssystems in NRW sind groß – wir brauchen neue Lösungen. Wir müssen den ohnehin bevorstehenden Verkehrswandel als Chance auffassen eine Verkehrswende zu gestalten!

Im Ansatz haben Rot-Grün die Idee verstanden. Zaghaft hat Verkehrsminister Groschek in seiner “Kleinen Regierungserklärung” in die richtige Richtung gewiesen. Allerdings bleibt der Ansatz konservativ und mutlos.

Die Landesregierung begnügt sich auch hier wieder damit, Verantwortung an den Bund abzugeben anstatt selber tätig zu werden. Hier müssen wir die Regierung motivieren!

Ja, ein Großteil des Geldes, das zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in NRW notwendig ist, kommt vom Bund und  NRW wird dort weit unterdurchschnittlich berücksichtigt. Alle Fraktionen sind sich einig, dass der Verkehrshaushalt dauerhaft viel zu klein ist, die Landesregierung will mit dem Verkehrshaushalt jedoch zur “Haushaltssanierung” beitragen.

Bei den PIRATEN steht die konstruktiv gestaltete Verkehrswende ganz oben auf der Agenda.

Dass grundsätzlich genug Geld vorhanden ist, zeigen nicht nur  Prestigeprojekte wie der Flughafen Berlin oder Bahnhof Stuttgart, .. oder die 1,6 Milliarden Euro, die für den Ankauf von EADS-Anteilen freigegeben wurden.

Nicht vergessen: die 5 Milliarden Euro für die Abwrackprämie 2009. Diese 5 Milliarden haben NICHTS bewirkt. Sie haben weder bei Verkehrsproblemen noch den Autobauern geholfen: OPEL steht in NRW weiterhin vor dem Ende und FORD in Köln wird wohl nur überleben, weil das Werk in Genk (Belgien) geschlossen wird!

Hat nichts mit dem NRW-Haushalt zu tun? Weil es da um wichtigere Dinge ging? Wichtiger als eine funktionierende Infrastruktur? Sicher nicht.

Wenn im Bund 5 Milliarden Euro als Geschenk für die Automobilindustrie möglich sind, dann muss weit weniger Geld für die Begleitung der Verkehrswende ebenfalls möglich sein. Ab 2013 hoffentlich wenigstens die 750 Millionen Mobilitätsbetreuungsgeld.

Übrigens: Ein Blick in die Schweiz genügt, um zu sehen, wie sich Investitionen in Bereich des ÖPV und des Güterschienenverkehrs rentieren.

Die Landesregierung weiß das, schiebt jedoch wiederum alle Verantwortung von sich. Im Haushalt wird für den Posten “Förderung der Eisenbahnen und des öffentlichen Nahverkehrs” beinahe ausschließlich Geld des Bundes weitergeleitet. Allein für den Ausbildungsverkehr und das Sozialticket fließen Landesgelder.

Das Sozialticket jedoch ist ein erschreckendes Beispiel für die Mutlosigkeit der Regierung. Es ist doppelt so teuer wie der in den SGR-II-Regelsätzen verankerte Betrag für Mobilität  und verfehlt das Ziel “Mobilität für alle”. Auch Minister Groschek hat befunden, dass das Grundrecht auf Mobilität für alle damit noch nicht umgesetzt wurde! Er verwies aber auf die zu geringen Regelsätze – der Bund müsse sich darum kümmern.

Der Haushalt 2012 behandelt ein Haushaltsjahr, welches bei der Verabschiedung fast vorüber sein wird. Dennoch können wir noch etwas tun, um Hürden für die Zukunft abzubauen .. und voran zu kommen.

Die Piratenfraktion möchte die Investitionsförderung für den ÖPNV aus Bundesfinanzhilfen nach dem Entflechtungsgesetz mit Landesmitteln aufstocken. Hier sind Kürzungen in Höhe von mindestens 17 Mio. Euro im Vergleich zu 2010 vorgesehen.

Das Geld wird dringend benötigt, um Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV zu decken. Der Bedarf durch zunehmend notwendigere Erhaltungsinvestitionen steigt. (sanierungsbedürftige Brücken, Tunnel, Trassen). Eigentlich soll zudem die Attraktivität des ÖPNV verbessert werden. Kommunen können kaum zusätzliches Geld aufbringen.

Wir schlagen daher eine Aufstockung der Mittel um 64 Millionen Euro vor, damit noch 2012 die Sanierungsarbeiten und Investitionen in den ÖPNV angegangen werden können!

Weiterhin möchten wir das Budget für ÖPNV-Gutachten erhöhen. Es  muss sichergestellt sein, dass die angegangenen Maßnahmen wie beabsichtigt Wirkung zeigen. Dazu benötigen wir eine entsprechende Datenlage, Modelle, Simulationen und Machbarkeitsstudien – als Grundlage für innovative Konzepte wie den fahrscheinfreien Nahverkehr.

Der Haushaltsposten leitet Regionalisierungsmittel aus dem Bundeshaushalt für ÖPNV-Gutachten weiter. Der zusätzliche Bedarf (350.000,00 Euro) müsste aus Landesmitteln gedeckt werden.

Die zusätzlichen Mittel sollen zur Erstellung eines unabhängigen Gutachtens zur Gesamtkostenanalyse des öffentlichen Personennahverkehrs in NRW genutzt werden. – Einschließlich aller Kommunalhaushalte, Subventionen und Beteiligungen sämtlicher beteiligter und beitragender Unternehmen – inkl. Stadtwerke.

In einem zweiten Schritt sollen darauf aufbauend Modelle, Simulationen und Machbarkeitsstudien zur Realisierung einer vollständigen Finanzierung des Personennahverkehrs zur entgeltfreien Bereitstellung für die Bürger erstellt werden. Das heißt, wir möchten – je nach Datenlage – Studien zur Evaluierung der Möglichkeiten des fahrscheinlosen ÖPNV und ähnlicher Projekte fördern.

Selbstverständlich müssen auch die Daten wie Kosten und Fahrgastzahlen sowie erste Studien frei verfügbar gemacht werden. Damit werden die Kreativität und das Engagement der Menschen in NRW geweckt. Womöglich entdecken wir neue Lösungswege für unsere Verkehrsprobleme.

Zur Verwirklichung eines wirklich klimaschonenden, sozial ausgewogenen und die Lebensqualität steigernden Verkehrssystems in NRW müssen wir auch über neue Finanzierungsstrukturen nachdenken und den Kommunen die Freiheit ermöglichen innovative Konzepte umzusetzen.

Ich bin mir sicher, dass letzteres ein großes Thema in 2013 und 2014 sein wird. Zusätzliche Einnahmequellen der Kommunen dürfen aber nicht dazu führen, dass sich die Landesregierung noch weiter von ihrer finanziellen Verantwortung zurückzieht.

Die Landesregierung muss gewillt sein, Pläne und Forderungen, die sie selbst aufstellt, auch selbst zu bezahlen. Ja, natürlich ist es nicht das Geld der Landesregierung, das hier ausgegeben wird. Es ist das Geld der hier lebenden Menschen.

Genau das ist der Knackpunkt: Es ist immer das Geld der Menschen, egal ob es aus dem EU-, Bundes-, Landes oder Kommunalhaushalt kommt, ob eine entsprechende Abgabe direkt gezahlt wird oder indirekte Kosten entstehen.

Es wird Zeit, an der generellen Misere sämtlicher Finanzpolitik etwas zu ändern: Es muss weiter gedacht werden als bis an die Ränder isolierter Finanztöpfe und kurzer Legislaturperioden.

..und einer muss damit anfangen.

Presseeinladung “Tag der Medienkompetenz” im “Spielraum”

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Daniel Schwerd (MdL, PIRATEN-Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien) besucht „Spielraum“ – Institut zur Förderung von Medienkompetenz an der FH Köln.
Datum: 12. November 2012, ab 15:00 Uhr,
Ort: Fachhochschule Köln, Ubierring 48, 50678 Köln.

Im Rahmen der „Aktionen vor Ort“ des „Tags der Medienkompetenz“ (26. November 2012, Düsseldorf) besucht Daniel Schwerd (MdL, PIRATEN-Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien) das Projekt „Spielraum“ im Institut zu Förderung von Medienkompetenz an der FH Köln.

Das Projekt „Spielraum“ will Medienkompetenz mit mehreren Praxisprojekten im Bereich Games fördern. Dabei wenden sich die Verantwortlichen auf der einen Seite an Eltern, Lehrer, Pädagogen und andere Multiplikatoren. Die Angebote „gameskompakt – Medienkompetenz im Koffer“ und „gameskompakt.de – Medienkompetenz im Internet“ bieten neben Arbeitsmaterialien auch ganz konkrete Anregungen, um sich mit dem Thema Computer- und Videospiele auseinanderzusetzen.

Schülerinnen und Schüler hingegen werden seit Anfang 2012 mit der Kampagne „Dein Spiel. Dein Leben“ (http://dein-spiel-dein-leben.de) für die Nutzung virtueller Spielwelten sensibilisiert. Ziel der Aufklärungskampagne, die in einem Peer-to-Peer-Prozess maßgeblich von Jugendlichen selbst für ihre Altersgenossen entwickelt wurde, ist ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit Games.

Der Besuch Daniel Schwerds findet im Rahmen der „Aktionen vor Ort“ des „Tags der Medienkompetenz 2012“ statt. Dabei besuchen Landtagsabgeordnete eine ausgewählte Medieneinrichtung in ihrem Wahlkreis oder darüber hinaus und diskutieren über aktuelle medienpolitische Themen. „Wir wollen Politik und Medienbildungseinrichtungen zusammenbringen und so den Diskurs fördern“, so Dr. Harald Gapski, Projektleiter des Tags der Medienkompetenz (TdM).

Der „Tag der Medienkompetenz 2012“ ist eine Veranstaltung des Landtags und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Er wird vom Grimme-Institut durchgeführt.

Weitere Informationen unter www.tagdermedienkompetenz.de.

“Affären” als Phänomen der medialen Ablenkung von Wichtigem

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Guten Tag,

Seit der Staat sich nicht mehr in die Genitalorganisation sowie die hormonelle Selbstregulation seiner Bürger einmischt, haben wir nicht nur einen Fortschritt in Sachen Humanisierung von Sexualität und sexueller Kommunikation zu verzeichnen.

Seit vor allem der Markt auch hier reguliert und im wahrsten Sinne des Wortes auch seinen Strich zieht, wird zugleich die Kluft zwischen humanisierter Sexualität und organisierter Lieblosigkeit deutlich.

Sexualverhalten aber ist Sozialverhalten. Nicht nur im nonverbalen, auch im verbalen Bereich.

Jeder von uns schleppt bewusst, unbewusst oder vorbewusst Prägungen, Lernerfahrungen im Bereich des sexuellen Verhaltens mit sich.
Nur wenige haben Sexualität als ein Feld offenen Erfahrungslernens kennengelernt.
Normalität im Bereich des Sexuellen ist bekanntlich und massenmedial unterfüttert nur im Konsens des Vorurteils erfahrbar.

Nicht nur die Gedanken sind frei. Auch die Entscheidungen potentieller Empfänger von Botschaften.
Niemand ist gezwungen, sich die nachmitternächtlichen Weich- und Hartfleischprogrammanteile bei RTL und anderen Sendern anzusehen, Telefonsexwerbung zu beachten oder Twitter-Tweets zu abonnieren, wo man sich vielleicht an schlüpfrig zu interpretierenden Zeilen erregen oder aufregen kann.

Auch die Entscheidung zur Teilnahme an medialen und netzmedialen Erregungswellen, das Herumspielen am Skandalon sowie das Gieren nach medialen Urknallphänomenen ist letztlich eine individuelle Angelegenheit.

Ich halte es für sinnvoll, mit Frau Rydlewski über ihre inhaltliche Arbeit zu diskutieren.
Ob sie nun Bratkartoffeln mit oder ohne Speck isst, oder Sachen in den Mund nimmt, die andere nicht einmal in die Hand nehmen, geht uns und andere nichts an, es sei denn, wir wollen mit ihr Bratkartoffeln essen, uns über Kochrezepte, das gemeinsame Kochen oder aus Gründen persönlicher Interessiertheit übers Vögeln austauschen oder zum Sex verabreden.

Sex ist nun mal – glücklicherweise – auch in nichtmonogamen, anderen Organisationsformen kein Straftatbestand mehr.

Damit keine Missverständnisse aufkommen und in eigener Sache:
Donnerstag und Freitag letzter Woche war ich unglaublich wütend und verärgert.

Ich finde Frau Rydlewskis Verhalten – aus dem Landtag heraus – natürlich reichlich naiv, unangemessen und unangebracht, sie müsste inzwischen genügend reflektiert sein und auch wissen, dass es Medien und politische Gegner gibt, die nur auf so etwas warten.
Ein Faktencheck der Ausrichtung und Effizienz des eigenen politischen Handelns ist daher durchaus notwendig.

Darüber hinaus nehme ich am gesellschaftlichen Diskurs zum Verhältnis Privatheit/Öffentlichkeit teil und habe klare und dezidierte Standpunkte zur Idee der sogenannten Postprivatheit (Postprivacy), die ich in zwei Blogbeiträgen “Informationelle Selbstgestaltung vs. Inkontinenz” und “Filtersouveränität schon am Ende” in April und Mai 2011 veröffentlicht habe sowie in einem Beitrag für die Zeitschrift merz (medien + erziehung Nr. 3, Juni 2012, S. 28-30) mit dem Titel Privatsphäre/ Datenschutz/ Kontrollverlust.

Ich glaube an die Kraft dialektisch-rationaler Reflexion. Auch bei den Piraten.

Und jetzt wird wieder Politik gemacht, mit Piraten und unseren politischen Konkurrenten.
Wichtige Probleme gibt’s nämlich genug.

Schönen Restsonntag,

Joachim Paul aka Nick H.
Fraktionsvorsitzender der Piratenfraktion NRW

Über Fraktionszwang, Meinungsfreiheit und den Aufstieg in die Bundesliga …

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Zunächst: Nein. Natürlich wird es keinen Fraktionszwang geben. Und nein, liebe Ruhrbarone, auch die Auflösung der Fraktion wird es nicht geben. Unsere Parlamentarische Geschäftsführerin hat einfach mal ein wenig gebloggt.

Wir sind auf einem guten Weg. Das sag ich nicht, um mir die Sache selbst schön zu reden. Das sage ich, weil ich die Entwicklung sehe, weil ich überzeugt davon bin. Es ist nicht leicht, wenn sich eine komplette Fraktion neu in einem Landtag ansiedeln möchte. Schwieriger wird es noch dadurch, weil sich diese Partei anschickt, Dinge anders machen zu wollen als andere. Einen neuen Stil in die Politik bringen möchte. Leichter wird es auch nicht, wenn ein Landtag sich, was die Arbeitsabläufe angeht, nach außen abschottet. Beispiele? Gerne:

  • Protokolle der Ältestenratsitzungen der letzten Legislaturperiode? Fehlanzeige. Nichtöffentlich.
  • Recherchemöglichkeit in nichtöffentlichen Protokollen? Fehlanzeige … lesen!
  • Laptop im Plenarsaal verboten, soweit gut, aber: wo steht das? wer hat’s beschlossen?
  • Laptop im Ausschuss erlaubt? w00t?
  • Etikette? Kleiderzwang? Was steht denn wo genau?
  • Antragsdienstag / PGF-Runde? Ja, kennen wir nun mittlerweile alle. Aber wie zum Teufel soll man sich darauf vorbereiten, wenn man nichts davon weiß.
  • “Gepflogenheiten” – auch so ein beliebtes, überstrapaziertes Wort im Landtag … schreibt’s auf!
  • stets aktuelle Tagesordnungen mit allen vorliegenden Anträgen? Fehlanzeige. Drucken können wir im Landtag alles … aber die TO aktuell halten scheint unmöglich.
  • Geschäftsordnung? Ja, die kann man lesen … und zum Glück gibt’s mittlerweile eine Arbeitsgruppe, die sich der Sache annimmt. Schlau, wird man aus der bestehenden GO nämlich auch nicht immer.
  • usw…

Diese Liste ließe sich schier endlos fortführen. Das Hauptproblem: Es gibt Absprachen. Nicht nachvollziehbare (aka intransparente) Absprachen. Das muss abgestellt werden.

Nein, ich schreie jetzt hier nicht nach völliger Transparenz. Ich habe zwar bislang keine Ältestenratsitzung miterlebt, die irgendwie auch nur annähernd hätte “geheim” stattfinden müssen – aber ich kann damit einigermaßen leben. Wenngleich wir eher darüber im ÄR reden sollten als über die Twitterei einer Abgeordneten - aber darauf komme ich gleich nochmal zu sprechen.

Nun … all das und die klitzekleine Problematik, dass ein gesamter Mitarbeiterstab aufgebaut werden muss, bringt eine neue Fraktion erstmal dazu, de facto nicht sofort handlungsfähig zu sein.

Dieser Zustand ist aber seit etwa September / Oktober nicht mehr gegeben. Die Folge?

  • über 80 Kleine Anfragen
  • zwei Gesetzesentwürfe
  • unzählige Anträge zum Haushalt
  • vier Anträge / Initiativen allein in der vergangenen Plenarwoche
  • usw.

Wir beteiligen uns auch deutlich wahrnehmbar im Plenum. Anträge werden auf Bitten der PGF-Runde zurückgehalten, andere werden ohne Debatte eingebracht – weil die Zeit zu knapp war! Merkste was? “Zu wenig Zeit”. I lol’d.

Aber natürlich spielten wir mit. Machen mit bei dem Beratungsspielchen zu einem bereits ausgegebenen Haushalt. Warum? Weil wir nicht als Sturrköppe in den Landtag eingezogen sind. Weil wir tatsächlich was erreichen wollen. Da unsere Mehrheit in den Plenarsitzungen leider immer nur vorübergehend ist, brauchen wir die anderen Fraktionen.

Meine ultimativ subjektive Meinung dazu? Die anderen Fraktionen schätzen das. Sie gehen intern gut mit uns um. Das Verhältnis ist ordentlich bis gut. Viele von uns pflegen ein gutes Verhältnis zu den Fachpolitikern der anderen Fraktionen. Je mehr Öffentlichkeit hergestellt wird, desto stärker verändert sich dieses Verhalten aber. Es dreht sich ins Gegenteil. Das ist parteitypischer Beissreflex. Daran werden wir uns gewöhnen müssen. Wichtiger ist mir aber im Moment das Innenverhältnis und dieses nehme ich insgesamt als recht positiv wahr.

Für mich kann ich das speziell im Präsidium bestätigen. Die Sitzungen dort sind sehr angenehme Runden in der auch wirklich informell und zielorientiert gesprochen werden kann. Danke dafür!

Unser Abstimmungsverhalten

Waren die ersten Sitzungen noch äußerst chaotisch mit teils konfusen Abstimmungen innerhalb unserer Fraktion, so hat sich auch hier eine deutliche Verbesserung eingestellt. Wir sind mittlerweile gut vorbereitet, gut informiert. Unsere Abstimmungen zeigen, dass wir uns mit den Inhalten auseinander gesetzt haben. Guten Anträgen stimmen wir zu, schlechte lehnen wir ab. Und das alles ziemlich einheitlich und eben OHNE Fraktionszwang.
Ich find’s toll, dass ich in einer Rede nun sagen kann, dass wir z.B. dem Änderungsantrag der SPD zur U3-Finanzierung zustimmen werden, aber uns beim Einzelplan enthalten werden (weil unsere Änderungsanträge eben nicht berücksichtig wurden). Meine Fraktion vertraut nach der Eingewöhnungsphase den Fachpolitikern.

Die Piraten in den Medien

Auch hier zunächst mal: Es ist momentan schick, etwas gegen die Piraten zu schreiben. Vor einem halben Jahr war es eben umgekehrt schick, uns zu hypen. Ich habe ja auch der Oberhausener NRZ gegenüber gesagt, dass wir durchaus Angriffsflächen bieten. Einige davon liegen begründet in unseren offenen Strukturen, andere aber auch darin, dass sich immer wieder mal Piraten falsch verhalten – aber letzteres ist ja wohl durchaus menschlich.

Interessanter Fakt in Sachen “Lecktüre”: Bei 80% der Präsidiumsmitglieder wurden Statements von überregionalen Medien angefragt. Drei meiner Kollegen äußerten sich. Die Präsidentin selber hielt sich zurück – Carina Gödecke wird sich bestimmt morgen auf ihrer Webseite im Wochenrückblick hierzu äußern. An der Stelle übrigens mal eine Leseempfehlung ;-)

Bei mir landete nur eine Anfrage eines lokalen Redakteurs der hiesigen NRZ. Entstanden daraus ist dann übrigens ein Artikel der lesenswerteren Kategorie. Überregional? Fehlanzeige!

Wer’s wissen will: Ich finde den “Leck”-Tweet unnötig. Vor allem finde ich in auch doof, weil er möglicherweise den Kollegen Marsching bedrängt und ihn vielleicht in Erklärungsnot bringt. Für mich persönlich gehen die Äusserungen ein Stück zu weit in mein Privatleben und hier zudem noch in Bezug auf einen Kollegen. Aber: Mich interessieren solche Tweets auch schlicht nicht. Ich blende sowas aus und lese einfach weiter. Aber, um es mit Voltaire zu sagen:

Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.

Und dann frage ich mich doch: Welchen Nachrichtenwert hat diese Tweetgeschichte über Birgit? Wen juckt denn sowas ernsthaft? Was sagt das denn über die politische Arbeit von Birgit aus? Birgit hat öffentlich geäußert, dass ihr die Tage zu lang, zu anstrengend waren. Zur Erinnerung: Mittwoch / Donnerstag verbrachten wir 25 von 36 Stunden im Plenarsaal. Ja, das wird gut bezahlt (fun-fact: neben den MdL sind auch unzählige Mitarbeiter der Verwaltung, der Fraktionen und der MdL im Einsatz!). Und, ja, das macht einfach keinen Sinn. Niemand kann sich in der gesamten Zeit ausreichend konzentrieren (aber das tuen ja sowieso eher wenige im Landtag). Wir müssen daran was ändern. Niemand von uns will weniger Plenarstunden (siehe oben), aber diese müssen besser verteilt werden. Dann müssen es eben 40 Plenartage sein, wenn 30 nicht ausreichen.

Uns sowas wie Faulheit vorzuwerfen ist da schon dreist. Ich kann nur für mich sprechen, aber meine Arbeitswochen sind seit sechs Monaten selten unter 60 bis 70 Stunden. Keine Klage darüber! Der Job macht einen Riesenspaß, und, ja – mein Kollege Dr. Papke äußerte sich ja auch entsprechend – es ist eine Ehre, Abgeordneter des Landtags NRW zu sein.

Aber wenn der Rahmen nicht mehr passt, muss er eben angepasst werden. Diese Diskussion nehmen wir mit in die Arbeitsgruppe zur Geschäftsordnung.

Wie geht’s weiter?

Als eine gewisse Art der Problemanalyse sehe ich dann schon eher den Kommentar von Theo Schumacher in DerWesten. Mich hat der Kommentar dann am Ende sogar wieder ein wenig aufgemuntert. Vielleicht besucht uns Herr Schumacher mal im Rahmen der nächsten Plenarwoche, dann kann man sich in der inhaltlichen Sache ein bisschen näher unterhalten.

Sicher sind das keine piratigen Schlagwörter, wenn im Kommentar vom Nichteinschreiten des Fraktionsvorsitzenden gesprochen wird. Den brauchen wir hierfür auch gar nicht. Ein wenig mehr Disziplin kann uns aber sicher nicht schaden. Aber das muss von innen heraus kommen. Wir müssen lernen, wie bestimmte Handlungen von uns nach außen transportiert und interpretiert werden. Wir können es doof finden, dass die Zeitungen nicht über Inhalte schreiben, wenn wir Angriffsflächen bieten. Ich jedenfalls ärgere mich tierisch, dass NICHTS wirklich NICHTS über unsere politischen Statements der letzten Tage zu lesen ist. Wenn wir aber weiter daran arbeiten, kommen die Medien nicht daran vorbei, auch positive Berichte zu bringen. Soll heißen: Nein, kein Zwang nur noch “Ordentliches” zu twittern (was ist überhaupt dieses “Ordentliches”?), aber vielleicht mehr Selbstreflexion.

Vielleicht, und das wäre ein anderer Ansatz, kommt auch jemand auf die Diskussion, den “Pressehahn” komplett zuzudrehen. Nur noch bloggen, keine PM, keine Interviews. Wir können auch Fundamentalopposition machen. Mein Jogginganzug liegt für den Fall der Fälle gebügelt im Schrank. Es könnte sogar sein, dass das auf Dauer klappt. Aber kurz- bis mittelfristig werden wir dann überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Schließlich wollen wir offenen Diskurs mit allen Beteiligten. Nein, das ist nicht der Weg, den ich gehen möchte. Ob der Weg, den wir nun gehen, der Richtige sein wird, werden wir allerdings erst in Monaten oder in Jahren wissen – trotz entsprechendem Antrag für den kommenden Bundesparteitag, sind Zeitreisen ja noch nicht möglich ;-)

Wir haben in diesem Netz einen großen Vorteil. Wir sind schneller, besser vernetzt und sind im versierten Umgang damit den Etablierten um Meilen voraus. Nutzen wir das. Lasst uns versuchen, mehr Politisches über unsere Kanäle zu verbreitern. Fangt mit diesem Blogbeitrag und den von meinen Fraktionskollegen an. Retweetet. Jeder. Verbreitet positive Artikel, wie z.B. den im WDRBlog. Und wenn dann mal ein Shitstorm, ein Gate oder was auch immer kommt: Sprecht mit dem Betroffenen. Fragt ihn erst. Nicht sofort draufhauen. Ich jedenfalls werde versuchen, demnächst so zu handeln. Natürlich werde ich auch weiterhin Privates twittern. Wenn ich irgendwas scheiße finde, werde ich das auch weiterhin mitteilen. Dafür werde ich auch meine Wortwahl nicht ändern. Aber ich werde zukünftig zumindest immer erst versuchen, mir alle Seiten anzuhören und mir in Ruhe ein Bild machen. Und negative Berichte über uns werde ich lesen. Aber ich werde ihnen nicht weitere Aufmerksamkeit schenken und gratis Werbung dafür machen. Gemeinsam können wir es schaffen, dass mehr über unsere politische Arbeit im Netz herumgeistert und auch die klassischen Medien dies aufgreifen.

Ich habe das Freitag schon auf der Mailingliste der AG ÖA versucht. Das wird schwierig. Aber vielleicht habe ich mit meinen Hinweisen ja den ein oder anderen doch zurückhalten können. Und wenn das mehr so machen und wir uns gegenseitig immer und immer wieder dazu auffordern und daran erinnern, dann kann das funktionieren.

Mein Schluss: 

Wenn man in einem Fußballspiel mitspielen möchte, muss man erstmal die Regeln akzeptieren. Wenn ich den Ball mit der Hand stoppe, pfeift der Schiri gegen mich. Mach ich das mehrmals, fliege ich vom Platz. Das kann ich blöd finden, mitspielen kann ich trotzdem nicht mehr. Wenn ich die Regeln verändern will, muss ich gegen harte Bollwerke ankämpfen und Mehrheiten finden.

Jetzt ist Politik kein Spiel, aber auch hier gibt’s Regeln, die wir nicht aufgestellt haben. Nur sind wir nicht der FC Bayern, Schalke oder Dortmund. Wir sind allenfalls RWO, WSV oder RWE. Wir werden das System aber nicht von jetzt auf gleich ändern können. Aber wenn wir Spiele gewinnen, Erfolge erzielen, werden wir aufsteigen. Wir sind qualifiziert, um im kommenden Jahr um den Aufstieg in die Bundesliga, sprich Bundestag zu spielen. Wenn wir fleißig trainieren in den kommenden Wochen, Eigentore vermeiden und zwischendurch ein paar Tore schießen, werden wir ganz oben mit dabei sein.

In diesem Sinne: Glück auf!

Die Schere im Kopf

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Vorwort: Danke an die Freunde, die den Text vorab gelesen haben. Ich habe mich nicht mehr getraut, ihn einfach zu veröffentlichen. Da ist irgendetwas kaputt gegangen…

Mal wieder haben Tweets von mir für mediale Aufregung gesorgt. Davon war ein Tweet ein Zitat einer Aussage von jemandem. (In der Presse wird es direkt mir in den Mund gelegt.) Vorher hatte ich es in einem anderen Tweet gewagt -nach 14 Stunden Sitzung- auf Twitter in einem kommentierten Retweet (also der Aussage von jemand anderem) zu äußern, ich sei müde. “Langweile” kam als Ausdruck nie vor.

Monika Pieper hat dazu schon Stellung bezogen: http://monika-pieper.de/2012/11/674/

Wichtig dabei auch der Kommentar der Fraktionskollegin Simone Brand, die verdeutlicht, dass durch meine “unbedachte Äußerung” die großen Zeitungen jetzt nicht, wie ursprünglich geplant, über das Transparenzgesetz geschrieben haben, sondern lieber den angeblichen Skandal aufwärmten. An der Stelle ist halt irgendwie Schluss damit, dass man einfach schreiben darf, was man will. Oder? (Ich füge mal den Gedanken ein, dass mein Glaube an Zusagen der großen Zeitung mit vier Buchstaben eher gering ist.)
Im Ältestenrat des Landtages wird mein Twitterverhalten wohl auch noch thematisiert werden.

Was nun?

Es gibt jetzt diverse Alternativen (vermutlich mehr, als mir auf Anhieb gerade einfallen):

Die ganz Eiligen erwarten sofortigen Rücktritt von mir. Schließlich hätte ich der Arbeit der Fraktion geschadet und überhaupt wollen wir ja in diesen Bundestag.

Dann ist es natürlich möglich, dass ich jetzt weitgehend nichts Privates mehr schreibe. Schließlich sind wir in der Fraktion nun Politiker und da müssen wir uns an die Regeln halten. Das heißt im Klartext: Ich muss jeden Tweet darauf überprüfen, ob er noch den Normen entspricht, die an Politiker im allgemeinen so angelegt werden. Das klingt einfach, ist es aber in der Realität gar nicht. Ist ein Retweet noch ok oder wird das dann wieder mir in den Mund gelegt? Was genau entspricht den gesellschaftlichen Normen? Interessant dabei natürlich, dass viele Neufollower mir gerade aus Sensationsgier folgen. Viele springen auch schnell wieder ab, wenn es dann auf einmal um Bildungspolitik geht. Das Gefühl von Doppelmoral an diversen Stellen kommt durchaus auch mal auf.

Theoretisch wäre natürlich auch möglich, dass ich einfach weitermache wie bisher.

Ich weiß ehrlich gestanden nicht genau, wofür uns Menschen gewählt haben. Wofür wählen Protestwähler, wofür wählen uns Stammwähler, wofür wählen uns Menschen, die vorher nicht gewählt haben? Inhalte einzubringen in Parlamente, halte ich absolut für wichtig. Und. Überraschung: Das tun wir auch! Moni schreibt, dass man uns aber nur ernst nimmt, wenn wir die Regeln befolgen. (Mich gruselt es schon ein wenig, wenn im Parlament darüber Worte verloren werden, dass mein Fraktionskollege Hans-Jörg Rohwedder bei seiner Rede versehentlich vergessen hat, das Jackett anzuziehen. Aber auch das gehört halt zu diesen Regeln und der Sache mit der Würde des Hauses. Etwas traurig übrigens an der Stelle, dass gerade viele von den Grünen da geklatscht haben.)
Haben die Menschen uns denn wirklich dafür gewählt, möglichst schnell zu werden wie die anderen Politiker?

Gunter Dueck hat letztens zu mir gesagt, dass wir nicht gleichzeitig Inhalt und Form ändern könnten. Vielleicht hat er Recht.

Aber da bleibt ein wenig ein ungutes Gefühl…

Ich habe faktisch nichts Schlimmes getan. Ich habe niemanden betrogen, nicht gelogen, mich nicht bereichert etc. Es gibt Werte, die ich nicht verkaufen will…
Gehört dazu auch, sich nicht zu verbiegen?

(An der Stelle übrigens mein großer Respekt vor Frau Milz, die das irgendwie durchzieht in diesem Parlament….in der CDU.)

Man bekommt Burn-Out, wenn man seine Werte nicht leben kann….

Es bleiben viele Fragen für mich… (Vielleicht können wir ein paar davon beim Treffen der Spackeria diskutieren):

Wären die Äußerungen bei einem Mann ein Problem gewesen?

Welche Art Politiker wollen Bürger eigentlich? (Einer hat mir auf Twitter vorgeworfen, dass ich dort antworte…. Ich solle lieber arbeiten…. Gehört Kommunikation nicht auch zur Arbeit eines Politikers?)

Welche Vorstellungen haben Menschen von der Arbeit eines Politikers?

(Natürlich ist es einfacher, sich nicht gleichzeitig auch noch mit der Überwindung gesellschaftlicher Normen zu beschäftigen. Ecken, Kanten machen angreifbar. Offen twittern macht angreifbar. Muss man sich nicht unbedingt antun. Ist halt auch sehr anstrengend….aber wie sinnvoll ist es, jetzt anders zu twittern als vor der Wahl?)

Welche Rollenerwartungen werden an Politiker gestellt? (Und welche davon wollen wir auch wirklich erfüllen?)

Wie viel Macht haben Medien? (Und wie sehr lassen wir uns davon beeinflussen in unserem Handeln?)

Und etwas spezieller: Was wollen Wähler von den Piraten?

Willkommen in der Politik

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.


Zwischen Meinungsfreiheit, Transparenz und Verantwortung

Nach ziemlich genau 6 Monaten im Landtag befinden wir uns nun an einem entscheidenden Punkt. Es stellt sich die Frage, was wollen wir in den noch verbleibenden 4,5 Jahren erreichen. Welche Ziele hat sich der einzelne MdL gesetzt? Gibt es gemeinsame Ziele, die wir als Fraktion umsetzen wollen und wenn es die gibt, wie setzen wir diese Ziele um.

Ich finde es letztendlich gut, dass wir, durch die Twitteraktion von Birgit, uns nicht länger vor diesen Fragen drücken können. Ich stelle mich ausdrücklich hinter Birgit, da sie nicht die Ursache des Problems ist, sondern symptomatisch für unser aller Problem. Wie gehen wir mit Transparenz und Meinungsfreiheit um. Wie sieht es mit der uns übertragenen Verantwortung aus. Joachim, Daniel und ich werden uns dazu übernächste Woche im Ältestenrat äußern müssen. Diese Sitzung wird wegweisend für unsere weitere Arbeit im Landtag sein. Wir werden Stellung beziehen müssen, ob wir uns auf vorhandene Regeln einlassen und weiterhin inhaltlich als Partner ernst genommen werden wollen.

Meinungsfreiheit ist für uns ein sehr hohes Gut. Jeder soll seinen Meinung überall frei vertreten können. Das ist unstrittig und wir sollten diesen Anspruch niemals aufgeben.

Wir stehen für Transparenz und gläserne Politik, auch von diesem Anspruch werden wir keinen Millimeter abweichen.

Aber wie sieht es mit unserer Verantwortung aus? Die Partei hat uns als Listenkandidaten gewählt und ihre ganze Hoffnung auf uns gesetzt. Hundertausende von Menschen haben uns gewählt und uns so ihr Vertrauen ausgesprochen. Die Basis, zu der ich mich auch zähle, hat im Wahlkampf bis zur Erschöpfung für uns und unsere Ziele geworben. Nicht zuletzt auch unsere Mitarbeiter, die uns stellenweise bis tief in die Nacht durch ihre Arbeit unterstützen. Alle schauen nun zu Recht, wie wir mit dieser Verantwortung umgehen.

Das Spannungsfeld zwischen Transparenz, Meinungsfreiheit und der übertragenen Verantwortung stellt uns nun vor erhebliche Probleme. Als Personen von öffentlichem Interesse gibt es plötzlich Reaktionen, die wir als Privatperson niemals hervorgerufen hätten. Die Medien und die anderen Fraktionen bewerten unser Verhalten und wir müssen die von ihnen gezogenen Konsequenzen aushalten.

Wir werden Wege finden müssen, uns in diesem Spannungsfeld zu bewegen.

Was heißt in diesem Spannungsfeld verantwortliches Handeln? Es ist ein BEWUSSTES Handeln. Man ist sich im Klaren darüber, dass es eine Reaktion geben kann und schätzt diese ein und ab. Ich nehme dann die Reaktionen bewusst in Kauf, kein Problem. Dann kann und darf man sich über entsprechende Reaktionen auch nicht wundern.

Wichtiger ist für mich jedoch die Überlegung, welche Konsequenzen mein Handeln für andere Personen hat. Werden andere durch mein Handeln mit einbezogen und schlimmstenfalls beeinträchtigt. Zwinge ich durch mein Handeln andere in Situationen, die von diesen als sehr unangenehm empfunden werden? Werden diese in ihrer Arbeit beeinträchtigt.

Wir sind im Landtag auf ein System gestoßen, das von recht starren Regeln und internen Verabredungen geprägt ist, die uns zum einen sehr fremd und zum anderen für wenig akzeptabel gehalten werden. Trotzdem sind wir ein Teil dieses Systems. Wir können nun mehrere Wege beschreiten. Wir können so weiter machen wie bisher. Jeder handelt so, wie er es für richtig hält, ohne auf die Konsequenzen Rücksicht zu nehmen. Dann sind wir ein lockerer Haufen von 20 Piraten ohne Regeln und Verbindlichkeiten. Konsequenterweise muss man dann aber auch überlegen, ob die Fraktion dann überhaupt Sinn macht. Dann können wir die Fraktion auch auflösen. Wir brauchen dann keinen Vorstand und festgelegte Zuständigkeiten. Wenn wir diesen Weg gehen, werden uns die anderen Fraktionen die Zusammenarbeit aufkündigen und wir werden, wie früher die Linken, als lästiges Übel gelten. Es wird keine konstruktive Zusammenarbeit mehr geben.

Wir können die entstandene Situation jetzt aber auch als Chance begreifen. Wir können uns gemeinsam Ziele setzen und uns über Wege verständigen, wie wir diese erreichen. Dann kann jeder durch BEWUSSTES Handeln an der Umsetzung dieser Ziele mitwirken, Handeln wird dadurch an der Zielsetzung gemessen und bewertet. Sicherlich wird dann jeder einmal eine Kröte schlucken müssen. Sicherlich wird jeder dann mal persönliche Interessen zurückstellen müssen. Dies hat meines Erachtens aber weder was mit der Freiheit des Abgeordnetenmandats noch mit Fraktionszwang zu tun. Es geht um den Willen und die Bereitschaft, an einem Strang zu ziehen. Dennoch wird jeder sein eigenes Handeln selber bestimmen und dann auch verantworten.

Schaffen wir es ein Team zu werden und uns an Regeln zu halten, dann heißt das nicht, dass wir alles akzeptieren und kommentarlos hinnehmen. Wir haben dann die Möglichkeit durch zielbewusstes Handeln an der richtigen Stelle und zum richtigen Zeitpunkt, Regeln zu verändern.

Wenn uns dies gelingt, werden wir erfolgreich im Landtag arbeiten können. Die letzten Tage haben deutlich gezeigt, dass wir inhaltlich gut aufgestellt sind. Die Reaktionen aus den anderen Fraktionen haben deutlich gemacht, dass man konstruktiv mit uns zusammenarbeiten will. Lasst uns offen darüber reden und einen gemeinsamen Weg finden.

Just my 2 cent

Viele Grüße von eurer

PGF

 

 

 

 

KellerCast #007 vom 09.11.2012

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

soll vorkommen bei den 20PiratenMit Spezial-Musikeinlage hier nun KellerCast #007 inklusive kleiner musikalischer Agenten-Interpretation. Die Länge ist läppisch – 20 Minuten sind noch kein Special, aber deutlich über den angedachten 10 Minuten – gerade nach 3 Plenartagen am Stück.

Sehr viel fand statt und wird stattfinden – daher offen, ehrlich und direkt (hoffen wir). Wir vergaßen eine Menge Erwähnungen und werden niemals allen guten Ideen gerecht werden können, Eines vorweg – es geht um viele Momente der Plenarsitzungen 11, 12 & 13 im Landtag NRW. Dazu diverse Querthemen, auch gerne Kre… Presse.

Vorweg die .torrents im RSS-Feed oder direkt als ‘kleines’ ‘mobiles’ mp4, das ‘grosse’ Video als .mp4 und die reine Audioversion als .mp3 – weiter unten noch die Magnet-Links als Text eingebunden.

Folge #007:

KellerBondage #007#1 bei Metacafé

Folge #007 Teil #2:

KellerWeen #007#2 bei Metacafé

Magnet-mp4: magnet:?xt=urn:btih:c370a292b1434bde1c709b07c7aebc61daaa2a19&dn=007%5FKellerCast%5Flow.mp4&tr=http%3A%2F%2Fannounce.torrentsmd.com%3A8080%2Fannounce.php&tr=http%3A%2F%2Fannounce.torrentsmd.com%3A6969%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fwww.h33t.com%3A3310%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fbt2.careland.com.cn%3A6969%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fannounce.opensharing.org%3A2710%2Fannounce

Magnet-mp3: magnet:?xt=urn:btih:6d979db1f10b76e4e62e87be67d68df71615c399&dn=007%5FKellerCast.mp3&tr=http%3A%2F%2Fannounce.torrentsmd.com%3A8080%2Fannounce.php&tr=http%3A%2F%2Fannounce.torrentsmd.com%3A6969%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fwww.h33t.com%3A3310%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fbt2.careland.com.cn%3A6969%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fannounce.opensharing.org%3A2710%2Fannounce

Magnet-mp4-Mobilversion: magnet:?xt=urn:btih:3fa2700e3c679a453d1e1d5e44a22a0c1ed07d95&dn=007%5FKellerCast%5Fmob.mp4&tr=http%3A%2F%2Fannounce.torrentsmd.com%3A8080%2Fannounce.php&tr=http%3A%2F%2Fannounce.torrentsmd.com%3A6969%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fwww.h33t.com%3A3310%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fbt2.careland.com.cn%3A6969%2Fannounce&tr=http%3A%2F%2Fannounce.opensharing.org%3A2710%2Fannounce


Videospot der Piraten zu Nebeneinkünften

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Die SG Trailerpiraten haben einen Spot zu Nebeneinkünften produziert, an dem ich mitmachen durfte. Vielen Dank!

Die Abgeordneten der Piratenpartei machen das! Sie legen alle ihre Nebeneinkünfte vollständig offen. Dieser Clip ist ein Appell an alle anderen Politiker, dies genauso zu machen.

(Lizenz: CC-BY Trailerpiraten)

Teilnehmer am Video:

– Daniel Schwerd (NRW)
– Angelika Beer (Schleswig-Holstein)
– Fabio Reinhardt (Berlin)
– Torge Schmidt (Schleswig-Holstein)
– Alexander Spieß (Berlin)
– Patrick Breyer (Schleswig-Holstein)
– Martin Delius (Berlin)
– Wolfgang Dudda (Schleswig-Holstein)
– Oliver Bayer (NRW)
– Heiko Herberg (Berlin)

7.11.2012 Rede zum Einzelplan 05 des Haushalts NRW

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

 (Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir alle wissen, dass es eigentlich keinen Sinn mehr macht, über die Ausgaben im Haushaltsplan Bildung 2012 zu diskutieren. Das Jahr ist fast um und das Geld ist längst ausgegeben.

Ich möchte aber dennoch ein paar grundsätzliche Überlegungen zur finanziellen Lage im Bildungssektor und zu den anstehenden Baustellen ausführen. Wir brauchen mehr Geld im Bildungssystem. NRW steht bei den Pro- Kopf- Ausgaben im Bundesvergleich an hinterster Stelle. Die Klassenfrequenzen sind im Vergleich zu anderen Bundesländern immer noch viel zu hoch. Da wird auch der Demographiegewinn nicht reichen. Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, Frau Löhrmann. Das Kooperationsverbot muss weg. Alleine werden wir die drückenden Probleme in NRW nicht lösen können. Wir können aber nicht nur auf Unterstützung durch Bundesmittel setzen. Wir müssen uns auch die Frage stellen, welche Prioritäten wir hier in NRW setzen. Wo wollen und müssen wir mehr Geld einsetzen? Mir ist klar, dass das auch zwischen den Ministerien ein Kampf ums Geld ist. Jeder benötigt mehr Geld, weil das eigene Ressort wichtig ist. Das ist in unserer Fraktion nicht anders.

Bildung ist eine Investition in unser aller Zukunft. Ein enormer Wirtschaftsfaktor für unser Land. Wir dürfen uns nicht über mangelnde Ingenieure beschweren, wenn wir nicht genügend Schüler auf ein solches Studium vorbereiten. Wir dürfen uns nicht über einen Mangel an studierten Fachkräften beschweren, wenn es nicht genügend Studienplätze gibt. Wir brauchen eine Bildungsoffensive. Da muss man auch mal Entscheidungen treffen, die dem einen oder anderen nicht gefallen. Wir müssen schauen, wo und in welchem Umfang Subventionen gekürzt oder gestrichen werden können. Wir müssen schauen, wo zugunsten von Bildungsaufgaben Kosten gesenkt werden können.

Warum jetzt gerade die von uns eingebrachten Änderungsanträge? Zum einen wollen wir auf die immer mehr ansteigende Belastung der Kolleginnen und Kollegen in den Schulen hinweisen. Gerade mal die Hälfte aller Lehrer erreicht das regelgerechte Pensionsalter.

Der Krankenstand ist im Vergleich zu vielen anderen Berufen unverhältnismäßig hoch. Es ist eine oft gehörte und sehr zynische Aussage, dass wir nur die Hälfte an psychosomatischen Kliniken bräuchten, wenn man dort keine Lehrer mehr aufnähme.

Die zunehmenden Anforderungen an die Lehrer führen zu Überforderung und Burnout. Es sollen immer mehr Inhalte vermittelt und immer mehr Verwaltungsaufgaben übernommen werden. Zum Beispiel das Bildungs- und Teilhabegesetz. Klassenfahrten und Unterrichtsgänge müssen für ein Halbjahr im Voraus aufgelistet Eintrittspreise recherchiert und alles bis auf den letzten Cent dokumentiert werden.

Interessengruppen verlangen immer neue Inhalte im Unterricht, ohne dass jemand sagt, was dafür gekürzt werden soll. Diese Situation führt zu Überforderung und letztendlich zu Burnout und Depressionen, weil das niemand leisten kann. Ist dann ein Kollege erkrankt, müssen die anderen einspringen und deren Aufgaben auch noch übernehmen. Da entsteht ein Dominoeffekt. Dem kann man mit einem größeren Pool an Vertretungslehrern zumindest ansatzweise entgegenwirken. Es muss dann aber auch möglich sein, sehr schnell und unbürokratisch eine Vertretung zu bekommen. Aktuell muss eine Langzeiterkrankung von drei Monaten vorliegen um einen Anspruch auf Vertretung zu haben. Das passiert aber selten. Kaum ein Arzt stellt einen solchen Krankenschein aus. Die Atteste erfolgen Woche für Woche, also gibt es keinen Anspruch auf Vertretung. Auch hier muss was passieren.

Wir mischen nun seit einem halben Jahr hier mit. Das 8. Schulrechtsänderungsprojekt und das anstehende Gesetz zur Umsetzung von Inklusion sind wichtige Themen und ganz sicher Schritte in die richtige Richtung. Nur über eines wird hier nicht geredet. Wie sieht es eigentlich in den Schulen aus. Wie ist die Situation von Lehrern und Schülern, völlig unabhängig von Sekundarschule und Inklusion?

Mit großer Bestürzung habe ich die Zahlen psychisch kranker Schüler zur Kenntnis genommen. Ich glaube nicht, dass die Einführung von neuen Schulformen und gemeinsamen Lernen ausreicht um dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Die Zahlen betreffen alle Schulformen. Es muss sich auch in den Schulen vieles ändern. Wir brauchen flächendeckend mehr Sozialpädagogen und Psychologen in den Schulen. Auch dafür brauchen wir mehr Geld. An dieser Stelle möchte ich sagen, dass ich es mehr als lachhaft finde, wenn zum Thema Burnout bei Lehrern von der Landesregierung darauf hingewiesen wird, dass sich die Schulpsychologen den Problemen der Lehrer annehmen und Hilfe leisten. Mir ist davon kein einziger Fall bekannt. Es gibt ja nicht einmal genug Hilfe für Schüler.

Sozialarbeiter und Psychologen kommen oft erst dann zum Einsatz, wenn sich Probleme eines Schülers bereits manifestiert haben. Was ist eigentlich mit unserer Schule los, dass immer mehr Schüler und Lehrer sich offensichtlich dort nicht mehr sinnstiftend erleben. Wir müssen uns die Frage stellen, ob Schule tatsächlich noch umfänglich die Realität der Schüler spiegelt, oder sogar nur streift. Das gilt sowohl methodisch wie auch inhaltlich. Macht es Sinn, in Zeiten von AIDS und Umweltskandalen im Biologieunterricht über das Liebesleben des Maikäfers zu referieren. Macht es Sinn in Zeiten von Facebook und Co. das alte Lesebuch aufzuschlagen und mal wieder eine Vater und Sohn Bildergeschichte zu schreiben?

Wir brauchen einen Unterricht, mit dem sich die Schüler identifizieren, der ihnen im Alltag hilft und für sie nachvollziehbar sinnvoll ist. In diesem Zusammenhang steht unser Haushaltsänderungsantrag zum Thema „Neue Medien“. Er soll darauf hinweisen, dass hier Handlungsbedarf besteht. Wir müssen weg vom Monopol der Schulbuchverlage. Der Lizenzdschungel für Software ist für viele Lehrer nicht zu händeln. Da müssen für einzelne Schüler Lizenzen beantragt werden.

Der Arbeitsaufwand ist enorm. Macht man einen Fehler ist man rechtlich verantwortlich und gerät in Schwierigkeiten. Da verzichtet man lieber ganz und holt die Arbeitsmappe heraus. Das verstehe ich gut.

Frau Löhrmann, Sie fordern die individuelle Förderung aller Schüler. Zu Recht. Software unter freier Lizenz ist dabei eine große Hilfe. Wenn man ganz unbürokratisch für jeden Schüler das angemessene Übungsprogramm nutzen kann, wird man es auch einsetzen.

Es ist dann auch nicht weiter schlimm, wenn ein Schüler mit dem Programm nicht klar kommt. Dann nimmt man halt individuell ein anderes. Es kann nicht sein, dass man dann wieder andere Lizenzen beantragen muss. Wir wissen alle, dass das besser geht. Andere Länder machen es uns vor. Polen ist zum Beispiel an dieser Stelle schon viel weiter.

In diesem Bereich gibt es also noch viel zu tun. Auch diese Entwicklung kostet Geld. Aber sie wird sich auf Dauer rechnen, weil mit flächendeckender Einführung offener Formate und freier Lizenzen auch Geld gespart werden kann. Andere Länder machen es uns vor, vor allem was den Einsatz von Software und Lernmaterial unter freier Lizenz angeht. Dies gilt auch im Bereich der Weiterbildung. Wir gehen davon aus, dass die Planung eines Weiterbildungsportals bald beginnt. Auch hierbei werden wir auf den Einsatz von Open Source Software drängen und für die Publikation von Material unter freier Lizenz werben.

Wir werden uns auch dem Problem der ungleichen Bezahlung und unterschiedlicher
Unterrichtsverpflichtung von Lehrern widmen müssen. Diese führt zu Unzufriedenheit und Konflikten in den Kollegien. Die Entwicklung einer inklusiven Schule wird dieses Konfliktfeld weiter verschärfen. Auch hier werden wir eher mehr als weniger Geld brauchen.

Nicht zuletzt ist es hier nötig, über die vielen fehlenden Schulleiter zu sprechen. Hier sind besonders die Grundschulen betroffen. Das ist ein Job mit hoher Arbeitsbelastung und Verantwortung. Dies steht in keinem angemessenen Verhältnis zur Bezahlung. Es ist zu befürchten, dass sich diese Entwicklung verschärft. Die neuen Aufgaben auf dem Weg zur inklusiven Schule werden zu noch mehr Belastung führen. Da ist der Schulleiterjob alles andere als ein Traumjob.

Es kann außerdem nicht sein, dass interessierte Lehrer die Fortbildung dafür selber bezahlen müssen. Das sind mehrere tausend Euro. Es ist die Aufgabe von uns Politikern, für kostenfreie Angebote der Lehrer- und Schulleiterfortbildung zu sorgen. Auch das kostet Geld.

Frau Löhrmann, Sie möchten gemeinsam und dialogisch weiter daran arbeiten, ein gerechteres und leistungsstarkes Bildungssystem für unser Land zu schaffen. Das wollen wir auch. Von der dialogischen Zusammenarbeit auf Augenhöhe haben wir leider bisher nicht viel bemerkt. Wir möchten hier ein sachlicher und kritischer Gesprächspartner sein und an der Weiterentwicklung unserer Schulen mitwirken.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Klarstellung von Frau Theile …

Veröffentlicht am von unter Persönliche Blogposts.

Sodele,

aus gegebenem Anlass, Marina Weisbands Blogbeitrag “Ich habe keinen Bock mehr” und Markus Kompa’s kommentierendem Blogbeitrag “Berechtigte Panik bei Spiegel online” zitiere ich hier Frau Merlind Theile vom Spiegel.

am 29.03.2012, im Rahmen des NRW-Wahlkampfs fand ein Interview-Termin mit Frau Merlind Theile, Spiegel Print, Lukas Lamla und mir, Joachim Paul, in der Galerie Cafe Küppers in Neuss statt. Das Gespräch, in dem über alles Mögliche und am Rande auch über bezahlte Piratenvorstände gesprochen wurde, führte zu der Story im Spiegel, in dem Michele Marsching, Jens Seipenbusch und ich zitiert wurden.

Zu Beginn legte ich – wie seitdem bei jedem Interview – meinen eingeschalteten mp3-Recorder auf den Tisch.

Theile: “Stellen Sie das dann ins Netz oder was machen sie damit?”
Paul: “Nein, das ist zunächst für uns backup, ‘ne Kontrolle, wir heben die Sachen auf, ob wir es dann ins Netz stellen, ist die Frage. Wenn Sie jetzt sagen, wir möchten das nicht, dann richten wir uns danach.”
Theile: “Ich glaube es wäre mir lieber, wenn’s nicht im Netz steht, aber …”
Paul: “Einverstanden, kein Problem.”
Theile: “Gut. Aber es ist für uns Journalisten natürlich auch so ‘ne neue Erfahrung, weil wir jetzt ja auch eine Gegenöffentlichkeit haben, also … (lacht) … weil im Grunde muss ich schon selbstkritisch sagen, uns kontrolliert ja eigentlich keiner. [ ....]
… auf der anderen Seite muss man sagen, dass man aber auch als Journalist schon … so ein Gespräch teilweise auch anders strickt, also man rafft das, es ist ja nicht so wirklich Wort für Wort, man rafft es auch beim Transskribieren, man stellt Manches um und so weiter und dann muss es natürlich nochmal vorgelegt werden, und da hat natürlich das Gegenüber auch das Recht, daran nochmal was zu verändern.”

Schönen Dank, Frau Theile, dass Sie das nochmal klargestellt haben.

Als wir Piraten in den Fokus kamen, hieß es, oh wie schön, kein geschliffener Politikersprech.
Aber geschliffen wird dann doch, über Medienerfahrungen.

Medien schleifen über Medienschleifen.

Und wenn das Verhalten mancher Presse- und Medienvertreter Menschen wie Marina Weisband davon abhält,
in die Politik zu gehen, ist grundsätzlich etwas faul im Staate “Dänemark”.
Denn Politik ist eigentlich für alle da, oder?

So long, Nick H.
aka Joachim Paul