Sternstunden des Parlamentarismus – Nico Kern erklärt die Schuldenbremse ….

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Ein weiterer Beitrag aus der beliebten Reihe „Sternstunden des Parlamentarismus“ – TOP 6 am 10. November 2016 – Nico Kern aka TeilerDoehrden erklärt, was die Schuldenbremse wirklich ist ….
Viertes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung – Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenregel in das nordrhein-westfälische Landesrecht – Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/13315

Aus dem Plenarprotokoll:

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, meine Herren. Soweit Kurzintervention und Entgegnung darauf. – Nächster Redner ist für die Piratenfraktion Herr Kollege Kern.

Nicolaus Kern (PIRATEN): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Es wird Sie vielleicht nicht überraschen, dass ich im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen einen diametral anderen Standpunkt einnehme. Nach meiner Auffassung ist der Beschluss zur Einführung der Schuldenbremse 2009 in Deutschland eine verhängnisvolle politische Fehlleistung gewesen. Die Entscheidung von Union, SPD, Grüne und FDP, der Finanz- und Fiskalpolitik Fesseln mit Verfassungsrang anzulegen, hat für die Bevölkerung bittere Folgen und wird sie noch haben.

(Ralf Witzel [FDP]: Wo denn?)

– Hören Sie weiter zu, dann erschließt sich Ihnen das auch.

Der Bund muss die Schuldenbremse schon seit 2016 einhalten. Für die Bundesländer gilt die Schuldenbremse in verschärfter Form ab 2020. Anders als der Bund dürfen sie dann aber keine Nettokreditaufnahme betreiben. Eine Schuldenbremse auf Landesebene macht so gar keinen Sinn. NRW hat praktisch keinerlei Kompetenzen, um seine Einnahmeseite zu verbessern. Außer der Grunderwerbsteuer vielleicht, die für ein Aufkommen im Verhältnis zum Landeshaushalt vernachlässigbar ist, hat NRW keinerlei steuerliche Gestaltungskompetenzen,

(Ralf Witzel [FDP]: Ausgabenbremse!)

im Gegensatz zum Bundeshaushalt, wo ein Haushaltsdefizit auch über die Verbesserung der Einnahmeseite, zum Beispiel durch Steuereinnahmen, kompensiert werden könnte. Eine Schuldenbremse auf Landesebene ist daher eine reine Ausgabenbremse. Herr Witzel, da stimmen Sie mir doch zu.

(Ralf Witzel [FDP]: Ja, natürlich!)

Als Argument für die Schuldenbremse wird häufig Generationengerechtigkeit angeführt. Haben wir eben oft gehört. Aber Generationengerechtigkeit wird nicht in erster Linie beeinträchtigt durch staatliche Verschuldung, sondern vor allem durch die Unterlassung von wichtigen Zukunftsinvestitionen und Bildungsausgaben.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Körfges zulassen?

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Jetzt wurde es doch gerade spannend!

Nicolaus Kern (PIRATEN): Bitte schön.

Hans-Willi Körfges (SPD): Ich bedanke mich dafür, dass ich eine Zwischenfrage stellen kann. Die bezieht sich darauf, dass die Schuldenbremse, die im Grundgesetz angelegt ist, natürlich in vollem Umfang für das Land Nordrhein-Westfalen gilt. Ist Ihnen bewusst, dass die einzige Möglichkeit zur Gestaltung von Schuldenregeln die Übernahme in nordrhein-westfälisches Landesrecht ist?

Nicolaus Kern (PIRATEN): Herr Kollege Körfges, es ist Ihre Entscheidung gewesen, diesen Fehler auf bundespolitischer Ebene zu machen, und Sie wollen ihn jetzt auf Landesebene fortsetzen. Das ist Ihre Sicht der Dinge; ich habe eine andere.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Einführung der Schuldenbremse ist also nichts anderes als eine fiskalpolitische Unterlassung gegenüber der jungen Generation. Wir sehen schon jetzt, dass der nordrhein-westfälische Landeshaushalt auf Kosten elementar wichtiger Zukunftsinvestitionen konsolidiert wird. Zurzeit beträgt die Investitionsquote nur 8,8 %. 2020, im Jahr der Schuldenbremse, wird sie voraussichtlich auf 8,3 % absinken. Damit wirkt die Schuldenbremse wie eine Investitions- und Innovationsbremse.

Diese Entwicklung wird sich noch verschärfen, wenn in den nächsten Jahren die sprudelnden Steuereinnahmen versiegen und die historische Niedrigzinsphase irgendwann einmal endet. Dann muss der Finanzminister die Sozial-, Investitions-, Integrations- und Bildungsausgaben zusammenstreichen, um damit ein Haushaltsdefizit zu vermeiden. Dann offenbart sich endgültig der Kürzungsautomatismus der Schuldenbremse.

Im Ergebnis wird die Schuldenbremse zur Zukunfts- und Fortschrittsbremse für unsere Gesellschaft. Die Einführung der Schuldenbremse auf Bundes- und Landesebene ist nichts anderes als ein Geschenk an Großbanken, Hedgefonds und Versicherungskonzerne. Sie ist die Voraussetzung, um originär staatliche Aufgaben auszulagern und zu privatisieren.

Wenn der Staat aufgrund der Schuldenbremse dringend benötigte Investitionen nicht mehr tätigen kann, um zum Beispiel den Zerfall der Infrastruktur zu verhindern, haben die politischen Entscheider im Schulterschluss mit der Finanzlobby einen tollen Vorwand, um massenhaft die Einführung von ÖPP-Projekten zu fordern und umzusetzen. Oder anders formuliert: Der Staat beraubt sich künstlich seiner Investitionskraft und haushaltspolitischer Flexibilität, damit private Investoren richtig Kasse auf Kosten der Bürger machen können.

(Beifall von den PIRATEN)

Meine Damen und Herren, wir müssen im aktuellen Haushalt schon eine sinkende Investitionsquote feststellen. Mit Eingreifen der Schuldenbremse wird sich dieser Trend noch einmal wesentlich verschärfen. Die Schuldenbremse verhindert damit Zukunftsinvestitionen. Das ist das Gegenteil der von Ihnen so betonten und hochgelobten Generationengerechtigkeit.

Die Schuldenbremse ist in Wahrheit eine Zukunftsbremse. Ich lehne daher die Einführung einer Schuldenbremse grundsätzlich ab.

Einer Überweisung in den Ausschuss stimmen wir natürlich trotzdem zu. Ich freue mich auf die Beratungen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Danke, Herr Kollege Kern. – Für die Landesregierung erteile ich in Vertretung von Herrn Minister Walter-Borjans Herrn Minister Kutschaty das Wort. Bitte schön.

TOP 6, 09.11.2016 – LT NRW – Bezahlte Praxissemester für Lehramtsstudierende

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Meine Rede zu TOP 6 am 09. November 2016, Praxissemester entlohnen und Lehrerausbildung optimieren – Antrag der Fraktion der PIRATEN – Drucksache 16/13302

Aus dem Plenarprotokoll:

Präsidentin Carina Gödecke: Für die Piratenfraktion hat Herr Kollege Dr. Paul jetzt das Wort.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir befassen uns jetzt mit einem Sachverhalt, der insbesondere aus der Sicht der betroffenen Lehramtsstudierenden eine politische Obszönität ersten Ranges darstellt.

Überall wird von den regierungstragenden Fraktionen das Prinzip der guten Arbeit quasi wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Aber bei den eigenen Lehrkräften und den Menschen, die in der Ausbildung für diesen gesellschaftlich so extrem wichtigen Beruf sind, wird der Geldhahn mutwillig zugedreht.

Uns sind die Lehramtsstudierenden wichtig. Dazu gehört selbstverständlich auch die ordentliche Bezahlung während des Pflichtpraxissemesters.

Auf der einen Seite wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass wir gut ausgebildete und motivierte Lehrkräfte haben wollen. Auf der anderen Seite werden die Studierenden dann im Regen stehen gelassen. Wie dies in Zeiten eines gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns für Praktika zu erklären ist, hätten wir Piraten gerne einmal genauer gewusst.

Wir sind der Auffassung – das haben wir auch bei der Novelle des Lehrerausbildungsgesetzes deutlich gemacht –, dass die Reduzierung des Vorbereitungsdienstes von 24 Monaten auf 18 Monate eine politisch gewollte Kürzungsmaßnahme war und wieder geändert werden muss.

Der gesamte Bereich der Praxissemester muss überarbeitet werden. Eine Harmonisierung der drei praktischen Ausbildungsteile der nordrhein-westfälischen Lehrerausbildung – also Orientierungspraktikum, Praxissemester und Vorbereitungsdienst – fehlt völlig. Dies muss daher komplett neu gedacht werden.

Hierbei sind insbesondere die Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung von elementarer Wichtigkeit. Uns ist berichtet worden, dass eine Neustrukturierung der ZfsL dringend benötigt wird, damit auch die Kapazitäten bezogen auf das Praxissemester im ländlichen Raum mit ausgeschöpft werden und auf diese Weise Fahrwege reguliert werden können.

Schließlich kann es nicht sein, dass Studierende für ein Praxissemester bis zu vier Stunden Fahrweg pro Tag auf sich nehmen müssen. Wann, bitte schön, soll dann das Gelernte noch vor- und nachbereitet werden? Und wann sind Sie, liebe Kollegen, das letzte Mal zu Rushhour-Zeiten in der 2. Klasse eines Regionalexpress gefahren? Um in Ruhe lernen und lesen zu können, brauchen Sie da schon so etwas wie eine Hyperraumblase. Von der Bestreitung des Lebensunterhalts im Praxissemester rede ich da noch gar nicht.

Der Lehrerberuf muss attraktiver werden! Das sagen unisono alle damit befassten Politiker, Gewerkschaften, Verbände und Ministerinnen. Diese fünf Wörter reichen alleine nicht aus.

Die Studierendengenerationen im Bachelor-/Master-Lehramtsversuchslabor müssen die Politikfehler auf allen Ebenen ausbaden. Sie machen den Lehrerberuf noch unattraktiver, als Ihnen selbst das lieb sein kann.

Lassen Sie uns daher lieber über Qualität, digitale Bildung und Inklusion in der Lehrerausbildung reden. Das werden wir auch. Aber dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehören der administrative Rahmen für die Durchführung der Lehrerausbildung sowie die finanzielle Sicherheit für Studierende.

Die personellen Kapazitäten der ZfsL für die Bewältigung des Praxissemesters müssen deutlich erhöht werden. Außerdem muss ein schlüssiges Konzept zur Optimierung des Praxissemesters gemeinsam mit den Hochschulen, den ZfsL und den beteiligten Schulen entwickelt und uns hier im Landtag zur Abstimmung vorgelegt werden.

Im Haushaltsverfahren werden wir die benötigten Änderungsanträge für die Bezahlung der Lehramtsstudierenden im Praxissemester stellen. Natürlich wird dann wieder kommen: Ach, Geld – usw. usf. Ich sage es an dieser Stelle noch einmal: Wir sind eine der reichsten Gesellschaften der Welt. Und wenn Sie mir sagen, wo die Kohle geblieben ist, dann sage ich Ihnen, wie wir das finanzieren.

(Beifall von den PIRATEN)

Angesichts der gewaltigen Zukunftsaufgaben, die vor der nordrhein-westfälischen Lehrerschaft liegen, ist dieser Kürzungsvorgang in der Lehrerausbildung unerhört. Zusätzlich muss man die ausbildenden Schulen für die Durchführung des Praxissemesters in der Lehramtsausbildung finanziell und personell aufstocken sowie die dazu benötigte Infrastruktur schaffen.

Trotzdem freuen wir uns auf eine fruchtbare Beratung in den Fachausschüssen. – Vielen Dank.

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Hammelrath.

2. Teil am Schluss der Debatte zu dem TOP:

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Herr Dr. Paul hat sich noch für einen kurzen Beitrag gemeldet.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich muss hier wohl noch ein bisschen geraderücken. Zunächst einmal herzlichen Dank für die sachlichen Anteile in Ihren Beiträgen. Ich habe sehr aufmerksam zugehört und weiß das durchaus wertzuschätzen.

Frau Ministerin, wenn man immer auf einen gestiegenen Globalhaushalt verweist – das kann man rhetorisch machen –, ist das nach meiner Auffassung nicht ganz koscher.

Liebe Frau Hammelrath, Sie haben uns vorgeworfen, wir würden dort Populismus betreiben. Ich muss dann wirklich die Frage stellen, in welchem politischen Wolkenkuckucksheim Sie leben, wenn uns doch die Studierenden und die Mitarbeiter der Zentren für Lehrerausbildung genau das erzählen. Das kann doch nur irgendein Wolkenkuckucksheim sein, neudeutsch: Hyperraumblase.

Wir reden doch mit diesen Menschen. Ich habe noch heute Morgen einen Hinweis bekommen, dass es gerade, was die Wissenschaftsanbindung der Zentren für Lehrerausbildung zur Hochschule angeht, gewaltig knirscht. Da muss noch nachgebessert werden. Wir freuen uns auf die Debatten im Ausschuss. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir sind am Schluss der Aussprache.

Wie gefährlich sind polizeiliche Reizstoffe (Pfefferspray)?

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Kleine Anfrage 5326 / Drucksache 16/13439

der Abgeordneten Birgit Rydlewski, Daniel Düngel und Torsten Sommer PIRATEN

Wie gefährlich sind polizeiliche Reizstoffe (Pfefferspray)?

Nach einer polizeilichen Festnahme Mitte Oktober in Bielefeld ist ein Mann gestorben. Bei der polizeilichen Maßnahme kam es zum Einsatz von polizeilichen Reizstoffen (Pfefferspray) und der Mann hatte zuvor Kokain genommen. Diese Kombination führte vermutlich zum Tod. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung gegen drei Polizisten.

Mitglieder der Piratenfraktion hatten 2015 schon Anfragen zum Einsatz von Pfefferspray durch polizeiliche Behörden in NRW gestellt. Die Landesregierung konnte in der Antwort keine Aussagen darüber tätigen, wie oft Reizstoffe von der Polizei verwendet werden und ob Personen oder Polizeibeamte selbst durch den Einsatz der Reizstoffe verletzt wurden.

Zu Recht weist der Kriminologe Prof. Feltes hingegen in seinem Beitrag für die Zeitschrift „Bürgerrechte und Polizei“ auf die Tatsache hin, dass zumindest in den Berichten der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze seit zwei Jahren Fälle von Verletzungen wegen Reizstoffen aufgeführt werden. In seinem Beitrag führt Prof. Feltes aus, dass der Einsatz der Mittel gefährlich sein kann und dies durch die Landesregierung verharmlost wird. Sein Fazit lautet: „Der Einsatz von Pfefferspray durch die deutsche Polizei ist vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Verwendung auch größerer Mengen und nicht nur zur direkten Selbstverteidigung, sondern vor allem für taktische Zwecke (Auflösen einer Menschenmenge; Freimachen eines Zugangs) von der Polizei intensiver empirisch zu untersuchen. Dazu sind entsprechende Meldungen von Pfefferspray-Einsätzen bei den Innenministerien zu sammeln. Die Innenminister des Bundes und der Länder sollten Richtlinien erlassen und bekannt geben, in denen die Anwendung von Pfefferspray eindeutig geregelt wird …“

In Niedersachen wird seit kurzem die Menge des Pfeffersprays, das bei polizeilichen Maßnahmen zum Einsatz kommt, dokumentiert. Diese Maßnahme hat laut Berichten des NDR dazu geführt, dass der Verbrauch von Reizstoffen in Niedersachsen rückläufig ist.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie verlief der Einsatz der Polizei in der Nacht zum 16. Oktober 2016 in Bielefeld genau?
  2. Wie bewertet die Landesregierung die Ausführungen des Kriminologen Prof. Feltes in seinem Beitrag „Begrenztes Risiko? Polizeilicher Einsatz von Pfefferspray bei Fußball-spielen“ 1?
  3. Welches Wissen wird bei der Ausbildung nordrhein-westfälischer Polizeibeamt/innen über den Einsatz von Pfefferspray vermittelt?
  4. Nach welchen Vorschriften (nach welchem Verfahren) müssen Beamt/innen der Polizei die Anwendung von Pfefferspray als Hilfsmittel körperlicher Gewalt gegen Personen melden?
  5. Wird die Landesregierung nach dem Vorbild Niedersachsens die Menge an verwendeten polizeilichen Reizstoffen zukünftig erfassen?

Birgit Rydlewski
Daniel Düngel
Torsten Sommer

1 https://www.cilip.de/2016/08/19/begrenztes-risiko-polizeilicher-einsatz-von-pfefferspray-bei-fussballspielen/

Die kleine Anfrage als PDF

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

Beteiligung junger Menschen stärken!

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Gemeinsam mit dem Landesjugendring, der LandesschülerInnenvertretung und dem Kinder- und Jugendrat haben die jugendpolitischen Sprecher der fünf im Landtag vertretenden Fraktionen gestern eine Erklärung zur Stärkung der Jugendbeteiligung unterzeichnet.
Die Erklärung ist Errgebnis eines vierjährigen Prozesses, der leider nicht immer so zügig voran ging, wie wir uns das vorgestellt haben.

Neben dieser Erklärung arbeiten wir derzeit an einem gemeinsamen Antrag, der die hier aufgeführten Punkte auch parlamentarisch festhält.

2016-11-11-unterzeichnung-jugendbeteiligung

Pressemitteilung des Landesjugendring NRW

Die unterzeichnete Erklärung:
november-10-2016-at-0220pm2

Grade fragt Sommer: Donald Trump

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gradefragtsommertrumpDonald Trump wurde zum 45. Präsidenten der USA gewählt. Ich habe mich mit David Grade über ihn unterhalten:

David Grade: Donald Trump ist der nächste Präsident der USA. Was sind deine Gedanken dazu?

Torsten Sommer: Niedergeschlagenheit. Es ist traurig mit anzusehen, wie die größte Demokratie weltweit, dieses Land, unter dessen Federführung die westliche Welt vom Faschismus befreit wurde, sich dermaßen demontiert.

DG: Viele sagen die Wahl Trumps stärkt die Rechten weltweit, was meinst du dazu?

TS: Das wird wohl so sein. Das Erstarken der extremen Rechten mit ansehen zu müssen macht mich dabei sehr wütend. Wir hatten das alles schon, das dürfen wir nicht wieder zulassen. Ich werde dafür kämpfen, dass solche Demagogen keine Verantwortung in Deutschland tragen dürfen.

DG: Welchen Einfluss wird die Wahl Trumps auf die Politik in Deutschland haben?

TS: Es wird zu einer weiteren Entsachlichung der politischen Debatten führen.
Wenn doch die, die eh schon keine sachlichen Argumente haben um unsere Gesellschaft zu verbessern, merken, dass sie alleine durch faktenfreies Geschrei Menschen dazu bringen, sie zu wählen, dann werden diese Demagogen diese Gelegenheit nutzen.

DG: Welchen Einfluss hat die Wahl Trumps auf dich ganz persönlich?

TS: Für mich ganz persönlich bedeutet diese Wahl, dass ich mein Engagement noch verstärken werde. Es gilt für unsere bunte, weltoffene Gesellschaft zu kämpfen. Dazu gibt es keine Alternative.

DG: Was können weltoffene Bewegungen aus dem Fall Donald Trump lernen?

TS: Dass wir Informationen und Lösungen nicht nur intellektuell vermitteln müssen, sondern auch emotional. Und wir dürfen die Extremisten niemals unterschätzen. Dazu müssen die Technokraten, die das bisherige Politgeschehen dominieren, endlich lernen, dass die Manipulationen im System zu unterlassen sind. Internationale Handelsverträge wie TTIP oder CETA gehören offen verhandelt. Das diskreditieren des politischen aber demokratischen Mitbewerbers ist zu unterlassen. In der Form wie das Clinton-Wahlkampfteam Bernie Sanders diskreditiert hat, bestärkt das nur die politischen Kräfte außerhalb unseres parlamentarischen Systems. Genau diese Mauscheleien will niemand mehr. An den Beispielen von EU, FIFA, VW etc. muss endlich gelernt werden, dass mehr Transparenz und mehr Offenheit, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit gelebt werden muss. Passiert das nicht, wählen Menschen alles andere, nur nicht ein „weiter so“. Selbst dann, wenn es sich bei der Alternative um mehr oder weniger gut versteckten Faschismus handelt.

Wir müssen zusammen dieses demokratische System endlich am Menschen ausrichten, nicht an systembedingten Zwängen.

Jetzt gilt es für die Demokratie zu kämpfen!

Challenge accepted!

DG: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte David Grade (DG), Mitglied der Piratenpartei Dortmund, seit 2014 für die Piraten in der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord, und 9ter auf der Landesliste für die Wahl in NRW 2017.

Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!

Das neue ÖPNV-Gesetz

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Im Landtag wird derzeit ein neues ÖPNV-Gesetz beraten, heute gab es eine Anhörung dazu. Generell freut es mich, dass die Landesregierung mit dem ÖPNV-Gesetz bereits einige Punkte aufgreift, die wir in der Enquetekommission zur Zukunft des Öffentlichen Personenverkehrs entwickelt haben. Von den weit über einhundert Handlungsempfehlungen sind es konkret rund ein Duzend. Darunter sind die regionalen […]

Dobrindt-Maut: Alle verlieren, wenn die CSU es will!

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Mit ein paar Zugeständnissen lässt sich aus Dobrindts PKW-Maut auch kein sinnvolles Projekt mehr machen, denn sie vereint von allen möglichen Lösungen nur das Schlechteste: Extrem hohe Bürokratiekosten, extrem kompliziert, kaum Einnahmen, keine Lenkungswirkung, keine Datensparsamkeit, keinen Sinn. Die EU täte gut daran, die Weißbierlaune-Maut als populistischen Unsinn endgültig zurückzuweisen. Wenn Minister Dobrindt mehr Einnahmen […]

Demokratiefeindlichkeit im journalistischen Wort

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Auf die Frage, wann eine Demokratie als gefestigt angesehen werden kann, gaben Juan Linz und Alfred Stepan 1996 [1] eine bestechend einfache Antwort: Eine Demokratie ist dann gefestigt, wenn sie „the only game in town“ ist. Eine alarmierende Langzeitstudie von Roberto Stefan Foa und Yascha Mounk [2] belegt, dass sie das weder in Europa noch in den USA jemals war. Autoritäre Regierungssysteme bis hin zur Militärdiktatur fanden immer ein erstaunlich hohes Maß an Zustimmung in der Bevölkerung. Seit Mitte der 90er Jahre hat sich die Demokratiefeindlichkeit innerhalb der Gesellschaft laut Foa & Mounk aber spürbar gewandelt. Es sind nicht mehr primär die sozial Benachteiligten, die sich nach einer autoritären Führung sehnen. Der Wunsch nach einer „starken Führung“, die sich „nicht um Parlamente und Wahlen kümmern muss“, ist inzwischen im oberen Einkommenssegment der Gesellschaft besonders stark ausgeprägt (ebd.). Es kann nicht verwundern, dass dieser Trend auch in der medialen Berichterstattung seinen Niederschlag findet. Führende Journalisten gehören nicht nur dem gut situierten bürgerlichen Milieu an, sie stammen fast ausnahmslos auch aus diesem Milieu. Dafür gibt es viele Gründe. Ein nahe liegender Grund ist sicher der, dass der lange Ausbildungsweg über teure Journalistenschulen und unbezahlte Volontariate einen entsprechenden finanziellen Hintergrund der Familie fast zwingend voraussetzt. Warum diese lange Vorrede? Im Wesentlichen deshalb, um deutlich zu machen, dass es hier nicht um wüste Verschwörungstheorien einer von finsteren Mächten gesteuerten „Lügenpresse“ geht, wie sie in rechten Kreisen von Pegida bis AFD verbreitet werden. Journalisten können in Deutschland vielleicht nicht absolut frei arbeiten, aber in jedem Fall deutlich freier als (fast) überall sonst auf der Welt. Wenn ihre Berichterstattung demokratiefeindliche Ressentiments erkennen lässt, so ist dies nicht Ausdruck einer von wem auch immer ausgeübten Zensur. Vielmehr ist es Ausdruck eines Denkens, das Effizienz zum wichtigsten Maßstab allen Handelns erklärt und dem lange demokratische Meinungsbildungsprozesse zu ineffizient erscheinen.

Beispiel CETA

Es soll hier nicht um eine inhaltliche Diskussion von CETA gehen. Dies wäre sicher auch ein interessantes Thema, aber dafür bleibt andernorts genügend Raum. Hier soll es um die Berichterstattung der Medien über das zwischenzeitlich von der Regionalregierung der Wallonie eingelegte Veto gehen. Inhaltliche Aspekte spielten in dieser Berichterstattung allenfalls eine untergeordnete Rolle. Der Tenor der Berichterstattung lautete, dass drei Millionen Wallonen nicht blockieren dürfen, was 500 Millionen Europäer wollen – wer immer die 500 Millionen auch danach gefragt haben soll! Außerdem wurde beklagt, dass Europa sich international lächerlich mache und als Verhandlungspartner nicht mehr ernst genommen werde. Unmissverständlich drückt sich beispielsweise Spiegel Online aus: „Die Ceta-Blockade der Wallonen ist für die EU eine Blamage ersten Ranges, sie verliert einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit in der internationalen Handelspolitik.“ [3] Diese Berichterstattung ist angesichts der Vorgeschichte schwer nachvollziehbar. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte CETA als rein europäisches Abkommen beschlossen werden. In diesem Fall hätte das EU-Parlament als einziges Parlament darüber abstimmen müssen. Es waren nicht die Wallonen, die dagegen Einwände erhoben! Stattdessen waren es große Länder wie Deutschland, die eine Beteiligung der nationalen Parlamente forderten. Bemerkenswert ist, dass seitens der Medien die Beteiligung der nationalen Parlamente nahezu einhellig als Gewinn für die Demokratie begrüßt wurde, solange man davon ausging, dass CETA glatt durchgewunken werde. Sie waren geradezu berauscht von der Vorstellung, der Welt ein Europa zu präsentieren, dass sich in freien und demokratischen Abstimmungen geschlossen hinter seiner politischen Führung vereinigt. Wütend wurde sie erst, als der als großes demokratisches Schauspiel konzipierte Prozess unerwartet in einen wirklichen Prozess demokratischer Willensbildung umschlug. Und genau darum handelt es sich! Denn es gibt nicht den Hauch eines Hinweises darauf, dass die wallonische Regierung nicht im Sinne und im Interesse ihrer Bürger gehandelt habe. Bemühen Sie bitte eine Suchmaschine um zu sehen, in wie vielen Medien die Regierung der Wallonie deswegen als „Provinzfürsten“ beleidigt wurde! Im Zentrum der Kritik steht dabei der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette, der hauptberuflich übrigens Hochschullehrer für EU-Verfassungsrecht ist und irgendwelcher diesbezüglicher Belehrungen durch Journalisten sicher nicht bedarf. Er gehört der sozialistischen Partei an und ist einer der schärfsten Kritiker der europäischen Austeritätspolitik. Magnette hat stets die Auffassung vertreten, die EU müsse mehr sein als ein „großer Markt“. Seine Positionen weisen Überschneidungen mit denen von Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien auf, die von den deutschen Medien regelmäßig als „Linkspopulisten“ diffamiert werden.

Effizienz als alleiniger Maßstab

Kaum eine Zeitung oder ein Sender erhebt Einwände gegen die inhaltlichen Änderungen, die von der Wallonie erreicht wurden. Vielmehr treibt die Medien ausschließlich die Sorge um die Effizienz europäischer Entscheidungsprozesse um. Nicht selten folgt der Hinweis auf „die Asiaten“ oder insbesondere „die Chinesen“, die „nicht auf uns warten“. Hier ist es wieder! Das Loblied auf die nicht von Bürgern und Parlamenten behinderten effizienten Entscheidungswege, das auch Foa & Mounk dokumentiert haben. Nun ist die Kritik an der mangelhaften Effizienz demokratischer Entscheidungen nicht neu. Sie ist im strengen Sinn auch nicht falsch. Die Sozialwahltheorie (siehe z.B. [4]) hat sogar mathematisch bewiesen, dass demokratische Entscheidungen weder optimal noch effizient sein können. Ein einfaches Argument dafür ist auch ohne detaillierte Überprüfung nachvollziehbar: Würde jeder Wähler die Programme aller kandidierenden Parteien detailliert dahingehend analysieren, welche Partei seine Interessen optimal vertritt, stünde der Aufwand dafür in keinem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen. Aus diesem und aus anderen demokratietheoretischen Problemen zogen schon immer einige radikale Theoretiker den Schluss, dass die Demokratie eine Fehlkonstruktion sei, die überwunden und durch eine an wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen orientierte Staatsform ersetzt werden müsse. Allmählich sickert diese Form der Demokratiefeindlichkeit in den journalistischen Mainstream ein. Diese Demokratiefeinde in den Medien hassen die Demokratie nicht, sie lehnen sie nicht einmal ab. Sie halten sie eher für einen lieb gewonnen Luxus, den man sich leider nicht mehr leisten kann.

[1] http://wikisum.com/w/Linz_and_Stepan:_Problems_of_democratic_transition_and_consolidation
[2] http://www.journalofdemocracy.org/sites/default/files/Foa%26Mounk-27-3.pdf
[3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/ceta-die-wallonie-blamiert-die-eu-wie-es-jetzt-weiter-geht-a-1118075.html
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialwahltheorie

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Torsten Sommer - Bürgerrechte muss man wählen!