Mittwoch, 28. Januar 2015
TOP 8. Grundsteuer-Bremse in Nordrhein-Westfalen einführen – Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Bundesländern beseitigen
Antrag der Fraktion der FDP
Unser Redner: Frank Herrmann
Abstimmungsempfehlung: Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Frank Herrmann
Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger! Ich adressiere heute ausnahmsweise mal nicht meine Kollegen im Plenum. Warum auch?
Liebe Kollegen von der FDP, der vorliegende Antrag führt in die gleiche Stoßrichtung wie der letzte Antrag mit Drucksache 16/5033. Erst Kassenkredite einschränken, jetzt Grundsteuerbremse einführen, natürlich noch Neuverschuldung ausschließen, Gymnasien bauen, Inklusion stärken, bla, bla, bla. Grundsätzlich ist an dem Antrag nicht viel falsch. Wir haben uns auch bei dem letzten Antrag im Ausschuss enthalten, aber isoliert kann man das halt nicht betrachten.
Welche Vision steckt hinter diesen Anträgen, die sich lesen, als würde Ihre Fraktion hier Buzzword-Bingo spielen? Herr Kollege Abruszat, können Sie hier demnächst in deutlichen Worten wiedergeben, was in den Kommunen in NRW passiert, wenn Ihre Forderungen, die in Ihren Anträgen formuliert wurden, tatsächlich umgesetzt würden? Sind Sie für eine Erhöhung der Zuweisungen über das GFG, oder fordern Sie eine Erhöhung des Stärkungspaktes? Normalerweise kommt dann eine x-beliebige Floskel am Ende: Wir stimmen der Überweisung zu und freuen uns auf die Beratung im Ausschuss. – Danach beantragen Sie eine
Anhörung. Ich glaube, das haben Sie eben sogar schon getan – genau wie beim letzten Mal. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu einer forcierten Einzelabstimmung der Punkte.
Wir sollten den Menschen da draußen vielleicht einmal erklären, wie belanglos dieses Verfahren und damit auch diese Anträge sind. Zuletzt hat die rot-grüne Koalition im Ausschuss gegen den Satz gestimmt – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
„Der Landtag bekennt sich zum bündischen Prinzip und zu seiner Finanzierungsverantwortung für die kommunale Familie“.
Das war einigen Abgeordneten so peinlich, dass sie es kaum geschafft haben, letzte Woche im Ausschuss die Hand zu heben. Aber das ist wohl Ihr Konzept, wenn man Sie hier im Plenum sieht, wie Sie andauernd gegen die Landesregierung wettern und ihr mangelnde Sparbemühungen attestieren. Jetzt stellen Sie sich mit einem weiteren Antrag ins Plenum und wollen ernsthaft abgekoppelt vom Gesamtzustand des Finanzausgleichs die Forderung nach einer Grundsteuerbremse diskutieren. Diese Taktik ist durchschaubar und gleichsam nutzlos. Sollte die FDP, die CDU als auch die SPD und die Grünen bereit sein, über eine wirklich zielführende Neuausrichtung der kommunalen Finanzpolitik zu sprechen, dann lassen Sie uns das tun. Das wäre dringend notwendig.
Wir sind heute aber einfach mal überraschend ehrlich und stellen fest, dass sich Rot-Grün krampfhaft auch an den letzten Strohhalm des Stärkungspaktes klammert und die CDU und die FDP konzeptlose Anträge wie den vorliegenden Beitrag hier ins Plenum einbringen, ohne auch nur annähernd an die Ursachen herauszugehen.
Während des Auftritts von Herrn Minister Jäger bei der NRW.BANK vor drei Wochen gab es noch Applaus. Mittlerweile hat sich ein kleiner, weltweit eher unbedeutender Staat von der Stabilität zum Euro verabschiedet. Fast wie abgesprochen pumpt die EZB massiv Geld in den Euro-Raum, um die eigene Währung zu entwerten. Da taucht das nächste Problem auf.
Vielleicht können mir sowohl die SPD als auch die FDP oder gar der Minister erklären, wie eine Stadt Essen sich selbst aus dieser Lage noch befreien soll. Die ansässigen Energieunternehmen gehen Pleite;
(Zuruf von der FDP: Essen hätte das Stadion nicht bauen sollen!)
sie zahlen zumindest nur in geringem Umfang Steuern. Jetzt sollen Kassenkredite reglementiert, auf Wunsch der CDU eine Neuaufnahme von Franken-Krediten verboten werden und gleichsam die Grundsteuer herabgesetzt werden. Das kann doch kein Mensch mehr ernst nehmen! Und dass die Stadt über die übergroße Landesaufnahme für 800 Flüchtlinge die eigenen Ausgaben einspart, ist doch keine Leistung, auf die man stolz sein sollte, und den Haushalt wird es auch nicht sanieren.
(Kai Abruszat [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
Präsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Herrmann, entschuldigen Sie, dass ich jetzt auch Sie unterbreche.
Frank Herrmann (PIRATEN): Später können wir das machen.
Lassen Sie uns doch einmal mit den Kämmerern darüber reden, aber offen bitte.
Sich an diesem Antrag positiv oder negativ abzuarbeiten, wäre falsch. Mit Sicherheit brauchen wir für eine nachhaltige Konsolidierung eine Entlastung aus dem Bund. Aber wie peinlich ist es denn, wenn die CDU mit dem SPD-Ministerium hier darüber streitet, in welcher Art und Weise mögliche im Raum stehende Entlastungen in den Stärkungspakt einzurechnen sind? Meine Damen und Herren, verabschieden Sie die notwendigen Gesetze und lamentieren Sie hier nicht herum. Machen Sie Druck auf die Entscheider im Bund. In Teilen haben Sie diesen lächerlichen Koalitionsvertrag im Bund schließlich mit verhandelt.
Am Ende habe ich noch einen Vorschlag in Richtung der Fraktion der FDP. Überlegen Sie sich doch einmal, ob nicht weitere Möglichkeiten besteht, den Kommunen Einnahmequellen zu nehmen, damit man auch die letzte Dienstleistung der Kommunen gezwungenermaßen in Public-Private-Partnership-Projekten ausrichten muss. Spätestens dann, wenn wir nur noch Public-Private-Partnership-Bürgermeister haben, kommt vielleicht auch die Gesellschaft ins Grübeln über das, was Sie hier vorschlagen.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Frank Herrmann (PIRATEN): Natürlich stimmen wir der Überweisung zu. Aber das ändert nichts daran, dass keine Fraktion tatsächlich Interesse daran hat, über Neuerungen in der Finanzierungsfrage zu reden. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN – Kai Abruszat [FDP] signalisiert, keine Frage mehr stellen zu wollen.)