Veröffentlicht am von in Dietmar Schulz, Kultur- und Medien (A12), Reden.

Mittwoch, 28. Januar  2015

 

TOP 3. Taten statt Worte zur Rettung des Kulturbestandes in Nordrhein-Westfalen – Kulturministerin Ute Schäfer muss berechtigte Erwartungen an Kulturgipfel erfüllen

Antrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/7778
direkte   Abstimmung
Mdl Dietmar Schulz/Foto A.KnipschildUnser Redner: Dietmar Schulz
Abstimmungsempfehlung:
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Videomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz (folgt)
Protokoll der Rede von Dietmar Schulz

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Lieber Kollege Prof. Sternberg, was die Anträge angeht: Mein Intro war, sich mit dem Antrag der FDP zu befassen und hinsichtlich der Ziffern 4 bis 6 des Beschlussteils genau das festzustellen, was Sie in Bezug auf unseren Antrag gesagt haben, nämlich, dass diese Ziffern ausdrücklich Dinge vorwegnehmen, die der runde Tisch erst noch evaluieren möchte, herausfinden möchte, zu denen er gegebenenfalls Empfehlungen aussprechen und beschließen möchte. – Sei es drum.

Unser Antrag stellt genau das dar, was Sie hier ebenfalls am Pult als politische Entscheidung bezeichnet haben. Wir hier sind nicht der runde Tisch, auch wenn wir im Rund sitzen. Wir hier sind Repräsentanten des Souveräns, der Bürgerinnen und Bürgern des Landes Nordrhein-Westfalen. Und wir können hier politische Entscheidungen treffen, die in ihrer Reichweite durchaus in das hineingehen, was der Kollege Keymis gerade gesagt hatte, nämlich dass eben nicht die Bank mit der Kunst wackelt – so eine Geschichte war das doch.

(Zuruf von den GRÜNEN)

– Okay, wie auch immer. Wir greifen hier tatsächlich in die Geschicke und die Entscheidungskompetenz der im Eigentum des Landes stehenden Bank ein, wenn wir als Parlament der Bank untersagen, die Kunst zu verkaufen, zumindest vorläufig und einstweilen. Das sagt unser Antrag, und zwar in allen Ziffern, und stellt sogar in der letzten Beschlussziffer fest, dass alles Weitere und darüber Hinausgehende dann im Rahmen des runden Tisches – und sei es drum: auch in diesem Hohen Hause – beraten und beschlossen werden möge. Um noch einmal auf den Antrag der FDP zurückzukommen, da wir hier nicht den runden Tisch, seine Existenz und seine Rechtfertigung diskutieren, sondern den Antrag selbst: Er nimmt, wie gerade in den Ziffern 4 bis 6 benannt, aus Sicht der Piratenfraktion zu stark Partikularinteressen auf.

Er nimmt Interessen auf von denen, die am Geschäft mit Kunst interessiert sind, gegebenenfalls daraus Gewinne erwirtschaften. Und er nimmt auch die Interessen der Portigon AG auf – bedauerlicherweise insofern, als durch das, was in den Beschlussziffern vorgeschlagen wird, im Prinzip ein Preiswettbewerb in Gang gesetzt wird, der letztendlich nur der Portigon AG in die Hände spielen kann – ohne das zu berücksichtigen, was für Kunst und Kultur im Land Nordrhein-Westfalen maßgeblich und besonders ist und hervorgehoben sein muss.

Und auch die Kunst, die nicht den Segen „Nationales Kulturgut“ erhält, muss vor einem solchen Ausverkauf gesichert werden. Und auch dazu dient unser Antrag, indem nämlich der Landtag die Landesregierung anweist, den Aufsichtsrat dieser im Eigentum des Landes stehenden Bank, dessen Mitglied der Finanzminister ist, anzuweisen, Kunstverkäufe zu untersagen. In der Satzung steht übrigens kein einziges Wort zu Geschäften, die der Vorstand der Gesellschaft tätigen darf oder nicht tätigen darf.

Es ist übrigens ein aus meiner Erfahrung heraus sehr seltener Fall, dass zum Beispiel in einer Satzung bestimmte Geschäfte nicht untersagt sind. Wir können dies hier tun. Wir im Landtag Nordrhein-Westfalen können der Portigon vermittels der Landesregierung untersagen, einstweilen Kunst zu verkaufen. Also lassen Sie uns das auch tun.

Dazu brauchen wir aber auch eine politische Entscheidung. Diese politische Entscheidung ist hier im Hause und nicht am runden Tisch im Finanzministerium und, mit Verlaub, Frau Ministerin, selbstverständlich auch nicht in Ihrem Haus zu treffen. Dafür bedarf es einer Entscheidung des Parlaments oder aus freien Stücken – allerdings werden wir nicht damit zu rechnen haben – seitens des Aufsichtsrats. Aber auch das geht nicht. Denn die Satzungsänderung kann letztendlich nur die Hauptversammlung beschließen, und die Hauptversammlung sind wir, das Land Nordrhein-Westfalen.

Ich möchte noch einmal auf den Kunstaspekt zu sprechen kommen und als einen Fall die Chillida-Bänke in Münster herausgreifen. Dabei handelte es sich um eine Art Quasi-Schenkung. Ludwig Poullain, der Gründer der WestLB, über deren Kunstschatz wir hier im Prinzip reden, und der den Kunstschatz im Wesentlichen mit aufgebaut hat, hat dazu gesagt: Die Platzierung der Bänke-Skulptur war mit dem Künstler Chillida geplant. Er hat den Preis quasi auf null gesenkt, mit dem Petitum, dass der Platz, auf dem diese Bänke stehen, neu gestaltet und noch ein Baum gepflanzt werden sollte.

Chillida selbst sah den Vorgang als Schenkung an. So sind viele Kunstgegenstände von der WestLB erworben worden, weil die WestLB seinerzeit auch als Förderer der Kunst in Nordrhein-Westfalen, sprich: als Förderinstrument des Landes, gesehen wurde. Dies war sogar seinerzeit in der Satzung der WestLB verankert, und Ludwig Poullain selbst war einer derjenigen, die dafür gesorgt haben. All das war stets mit politischem Willen untermauert, und zwar auch dem politischen Willen der SPD und auch dem politischen Willen von Johannes Rau. Damit haben wir es heute auch am runden Tisch zu tun. Lassen Sie uns dafür Sorge tragen, dass die Kunst gesichert wird. Wir sichern sie jedoch nicht durch den runden Tisch allein. Wir brauchen eine ganz klare Entscheidung des Hohen Hauses darüber, wie mit der Kunst umzugehen ist. Diese Anweisung kann nur das Parlament der Landesregierung geben, damit diese die Portigon anweist, es einstweilen bis zur Klärung der Angelegenheit zu unterlassen, Kunst zu verkaufen. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

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