Veröffentlicht am von in Frank Herrmann, Integration (A19), Reden.

Donnerstag, 04. Dezember 2014

 

Top 10. E i l a n t r a g

Ausverkauf der rot-grünen Politik für 100 Millionen Euro – Hilfe für die Kommunen muss auch bei den Geflüchteten ankommen!
Eilantrag auf Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/7467
Frank HerrmannUnser Redner: Frank Herrmann
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung
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Protokoll der Rede von Frank Herrmann

Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, Sie werden wissen, was jetzt kommt. Für die anderen und für die verehrten Bürgerinnen und Bürger im Saal und im Stream möchte ich den letzten Freitag kurz in Erinnerung rufen. Da gab es im Bundesrat in Berlin einen Höhepunkt politischer Standhaftigkeit leider nicht. Denn die rot-grüne Landesregierung stimmte dafür, dass europäische Freizügigkeitsrecht einzuschränken, um einen angeblichen Missbrauch desselben zu verhindern.

Gleichzeitig stimmte Frau Kraft auch noch gegen ihren eigenen Koalitionsvertrag. Dort steht, dass Sie sich für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes einsetzen wollen. Sie haben aber für die Beibehaltung des Asylbewerberleistungsgesetzes gestimmt. Jetzt werden Flüchtlinge und Kommunen weitere Jahre mit diesem unsäglichen Sondergesetz leben müssen. Und die europäische Freizügigkeit wurde gleich noch mit zu Grabe getragen. Für mich ist das das Gegenteil einer Willkommenskultur.

(Beifall von den PIRATEN)

Wie ist das passiert? Offensichtlich hat es am Vorabend der Abstimmung im Bundesrat Verhandlungen gegeben. Nun können Verhandlungen, insbesondere politische, sehr hart sein. Jeder bestimmt die Grenze, bis zu der seine Position und seine Werte aufrechterhalten werden, selbst. Für Nordrhein-Westfalen scheint diese Grenze bei 100 Millionen € zu liegen. Das ist der Preis, den die Bundesregierung für die weitere Schlechterstellung der Geflüchteten im Vergleich zu den anderen Menschen im Land zu zahlen bereit war. Sie haben zugegriffen. Ich finde das sehr bedauerlich, denn die europäische Freizügigkeit hätte Ihnen doch etwas mehr wert sein müssen. Sie haben doch, liebe Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, selbst ein Positionspapier beschlossen mit dem Titel: „Die nordrhein-westfälischen Kommunen unterstützen, Integration von Zuwanderinnen und Zuwandern aus Südosteuropa fördern.“ Es muss Ihnen doch aufgefallen sein, dass diese Positionierung nun gar nicht zu der Zustimmung zum Gesetz zur Änderung der Freizügigkeit in der EU passt.

Sie leisten den Seehofers in der Republik und deren unsäglicher Stimmungsmache à la „Wer betrügt, der fliegt“ weiter Vorschub. Dabei wissen Sie doch, dass es einen besonderen Sozialleistungsbetrug der Menschen aus Bulgarien und Rumänien überhaupt nicht gibt. Sie wissen auch, dass das Ergebnis einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes lautet, dass keiner Bevölkerungsgruppe weniger Sympathie entgegenbracht wird als den Roma und Sinti.

Sie hätten die Pflicht gehabt, dagegen ein Signal zu setzen. Das haben Sie jetzt für 100 Millionen € verkauft. Eine Protokollnotiz ist für mich kein Signal. Was machen Sie nun mit dem Geld? Refinanzieren Sie den Flüchtlingsgipfel, der aufgrund Ihrer Schande im Zusammenhang mit den Landesaufnahmen stattgefunden hat?

Die zweite Lesung des Haushalts ist vorbei. Wir wissen immer noch nicht, wie Sie die Zusagen vom Flüchtlingsgipfel gegenfinanzieren wollen. Wo sind Ihre Haushaltsänderungsanträge dazu? Hier müssen wir das Schlimmste befürchten, nämlich dass Sie ihren eigenen Haushalt mit dem Geld aus Berlin sanieren. Im Deal zur Bundesratsabstimmung ist explizit festgehalten, dass mit der finanziellen Unterstützung von Ländern und Kommunen durch den Bund eine ausgewogene und abschließende Regelung für die Jahre 2015 und 2016 gefunden wurde. Es gibt also auch zukünftig keinen müden Euro zusätzlich vom Bund egal wie angespannt die Weltlage sein wird.

Der Bund hat sich so Ihre Zusicherung dafür erkauft, dass zumindest in den nächsten zwei Jahren nicht mehr über die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes diskutiert wird. Falls ich mich irren sollte, dann starten Sie bitte endlich eine Bundesratsinitiative; denn darüber gesprochen haben Sie schließlich lange genug.

Meine Damen und Herren, am 18. Juli 2012 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass es unzulässig ist, die Menschenwürde zu relativieren und staatliche Leistungen zu begrenzen, um migrationspolitische Ziele zu verfolgen. Richtigerweise bekennt sich daher auch unsere rot-grüne Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag dazu, sich auf Bundesebene für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes einzusetzen.

Die Zeit für eine Abschaffung war in den letzten Monaten so günstig wie noch nie. Im Bundesrat gibt es eine Mehrheit, die von Parteien getragen wird, die für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes sind. Noch nie waren wir in den letzten zwei Jahrzehnten so nah an der Abschaffung. Die SPD hätte zudem ihren Einfluss in der Bundesregierung geltend machen können. Aber nichts ist passiert. Die Chance ist verkauft.

Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt; er bedeutet die letzte Möglichkeit für den Landtag, darüber mitzuentscheiden, dass die lange geforderte Unterstützung vom Bund für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge tatsächlich in den Kommunen ankommt. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

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