Mittwoch, 17. Dezember 2014
Top 5. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer
Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
Drucksache 16/7147
und
Drucksache 16/7554
Unser Redner: Dietmar Schulz
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz:
Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Grunderwerbsteuer erhöhen: Wir beraten hier ein Gesetz, welches ein weiterer Bestandteil des Finanz-Tetris dieser Landesregierung sein wird. Löcher müssen gestopft werden. Wo diese Löcher genau sind, weiß man nicht, aber Hauptsache ist, dass die Tetrisklötze herunterfallen. Das ist in diesem Fall das erwartete Volumen von 400 Millionen € jährlich an erhöhter Grunderwerbsteuereinnahme.
Der Kollege Herter hat es vorhin erwähnt, nämlich den Dreiklang der Landesregierung, bestehend aus der Verbesserung der Einnahmenseite, der Konsolidierung der Ausgabenseite, aber insbesondere der Investitionen. Es bleibt dabei, wie ich schon in der ersten Lesung zum Haushalt sagte: Es ist ein Missklang und wird einer bleiben. Er wird jetzt nur ersetzt durch ein „Augen zu und durch“ seitens der regierungstragenden Fraktionen im Hinblick auf die Einnahmenseite. Die Politik hat an dieser Stelle versagt, sonst würde es nicht zu dieser Grunderwerb-steuererhöhung kommen müssen.
(Beifall von den PIRATEN und der FDP)
Mit anderen Worten: Sie kommen einfach von diesem Missklang nicht los. Wie man unlängst hören und lesen konnte, ist es ja sogar innerhalb der die Regierung tragenden Fraktionen, die diesen Gesetzentwurf vortragen, zu erheblichen Auseinandersetzungen und Streit gekommen bis hin zum Rücktritt des haushalts- und finanzpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, der sich nun, egal vor welchem Presseorgan, hingestellt und deutlich gemacht hat, wie er und seine Mitstreiter innerhalb seiner Fraktion zu dieser Grunderwerbsteuerinitiative stehen; die Zeichen stehen nämlich auf glatte Ablehnung. Wir werden angesichts der namentlichen Abstimmung, die hier beantragt ist, sehen, wie es ausgeht.
21 von 23 Sachverständigen haben in der Anhörung zum Gesetz über die Grunderwerbsteuererhöhung gesagt, dass sie es ablehnen. Das mögen Verbandsvertreter sein,
(Ralf Witzel [FDP]: Nicht nur!)
aber all diese Verbandsvertreter, lieber Kollege Witzel, stehen für Zigtausende Menschen und Unternehmen in diesem Land, und das scheint hier vergessen zu werden.
(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP)
Sie lernen es einfach nicht, wie das funktioniert. Das haben wir ja schon bei der Besoldungsanpassung gemerkt. Da haben Sie auch von 21 Sachverständigen gehört: verfassungswidrig. – Und was haben Sie gemacht? Sie haben das Gesetz durchgepeitscht. Vom Besoldungsdesaster ins Verfassungsdesaster und vom Kassendesaster des Landes in die Grunderwerbsteuererhöhung! Herzlichen Glückwunsch, liebe Landesregierung, dass Sie in dieser Form von den Sie tragenden Fraktionen vor sich her getrieben werden.
Ich glaube Ihnen, Herr Finanzminister, wenn Sie sagen: Ja, Sharedeals müssen plattgemacht werden. Das Stopfen von Steuerschlupflöchern ist eine Sache, wie wir es in drei verschiedenen Ausschusssitzungen nachhaltigst gefordert haben, nämlich dass wir sagen: Grunderwerbsteuerumgehungstatbestände müssen eliminiert werden, andernfalls ist eine Grunderwerbsteuererhöhung in Nordrhein-Westfalen nicht durchführbar.
(Beifall von den PIRATEN – Marc Herter [SPD]: Doch!)
Das können Sie den Menschen hier im Lande nicht mehr verkaufen. Bereits im Jahr 2013 haben wir Sie im Zusammenhang mit den Lizenzboxen aufgefordert: Stopfen Sie diese Modelle! Sie haben dazu am 20. November 2013 einen Entschließungsantrag gestellt, in dem Sie angekündigt haben, dafür zu sorgen, dass das geschieht. Jetzt berufen Sie sich immer auf OECD-BEPS. Aber in Bezug auf die Schließung von Steuerschlupflöchern können Sie sich nicht mehr darauf berufen. Das ist eine rein nationale Angelegenheit. Und im Hinblick auf die rein nationalen Angelegenheiten, Herr Finanzminister, haben Sie angekündigt, dass Sie notfalls den Alleingang nach Berlin wagen werden.
Gut, das besagt jetzt der Entschließungsantrag. Der Kollege Herter hatte es letzte Woche im Haushalts- und Finanzausschuss auf mein Anraten hin, sage ich jetzt mal, in Aussicht gestellt. Vielen Dank, liebe SPD. Dies liegt jetzt zum Teil im Entschließungsantrag vor. Er geht aber natürlich wieder einmal über die klare Kante hinaus, zu sagen: Wir machen das Ding dicht. Stattdessen vermischen Sie das wieder mit irgendwelchen Strukturänderungen im Bereich der Grunderwerbsteuer: Da müssen wir mal gucken, und eventuell. Einmal klare Kante! Einmal sagen: Wir gehen nach Berlin! Einmal sagen: Wir gehen in den Bundesrat! Und einmal sagen: Wir stopfen die Schlupflöcher!
(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von Marc Herter [SPD]: Sie müssen nur unserem Antrag zustimmen!)
Aber diese Lippenbekenntnisse brauchen wir nicht mehr. Deswegen haben wir in unserem Entschließungsantrag gesagt: Machen, machen! Vor allen Dingen soll auch gemacht werden, dass die Landesregierung ihre Aufsichtspflicht gegenüber den landeseigenen Betrieben wahrnimmt und dafür Sorge trägt, dass nicht in zig-millionenfacher Höhe landeseigene Betriebe in Nordrhein-Westfalen die Grunderwerbsteuer umgehen bzw. Erwerbsvorgänge durchführen, die dazu führen, dass Grunderwerbsteuer nicht bezahlt werden muss. Das ist moralisch, ethisch und landespolitisch – aber auch haushalts- und finanztechnisch – verwerflich. Üben Sie Ihre Mandate einmal so aus, und verstecken Sie sich nicht immer hinter irgendwelchem Aktienrecht! Das geht so in Nordrhein-Westfalen einfach nicht. Das verstehen die Menschen hier in Nordrhein-Westfalen nämlich auch nicht!
Von daher werden wir leider Gottes dem Entschließungsantrag der SPD nur mit Enthaltung begegnen können, insofern, als wir die Ziffer 1 ablehnen –
(Zuruf von Marc Herter [SPD])
es sei denn, lieber Herr Kollege Herter, sie lassen über die Ziffern 1 und 2 getrennt abstimmen.
(Zuruf von Marc Herter [SPD]: Wollen Sie das?)
– Ja, das wollen wir. Dann wären wir selbstverständlich, was Ziffer 2 angeht, bei Ihnen. Ich gehe davon aus, dass Sie im Hinblick auf unseren Entschließungsantrag, den wir gleichermaßen vorgelegt haben, mit dabei sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)