Freitag, 12. September 2014
Top 2. Flüchtlingen helfen, Kommunen entlasten, Verfahren straffen
Antrag der Fraktion der FDP
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschuss-Überweisung
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Protokoll der Rede von Frank Herrmann
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, so weit Kurzintervention und Gegenrede. Als nächster Redner spricht für die Piratenfraktion Herr Kollege Herrmann.
Frank Herrmann (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Bürgerinnen und Bürger im Saal und im Stream! So positiv es ist, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen gleich durch mehrere Anträge in dieser Sitzung debattiert wird, sodass endlich der Bedeutung des Themas Rechnung getragen wird, so schlecht ist es doch, dass wir die beiden heutigen Anträge nicht zusammen besprechen.
So wären die Unterschiede in den Zielen der Antragsteller deutlicher erkennbar. Die FDP scheint in ihrem Antrag eher auf die sicher bitter nötige finanzielle Hilfe für die Kommunen abzuzielen, während der Schutz, die Perspektive und die Position von Flüchtlingen sehr untergeordnete Rollen spielen. Da setzen wir andere Schwerpunkte. Dazu kommen wir, wenn wir unseren Antrag in einem späteren Tagesordnungspunkt beraten. Ich möchte kurz auf die positiven Elemente des FDP-Antrags eingehen und diese herausstellen. Wir begrüßen nämlich Ihre Forderungen nach Unterstützung der Kommunen bei Bauvorhaben von Unterbringungen auf jeden Fall. Auch die Erstattung der Krankheitskosten der Flüchtlinge kann man nur unterschreiben.
Auch der Forderung, die Pauschalen an die tatsächlichen Fallzahlen anzupassen, können wir etwas abgewinnen. Wir fordern in unserem Antrag auch, dass über die Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände beraten wird. Wir fordern auch, die Kommunen grundsätzlich finanziell zu entlasten. Aber wenn wir uns nur um die finanziellen Sorgen der Kommunen kümmern würden, wie Sie es vorschlagen, und nicht gleichzeitig auch um die Sorgen und Probleme der Flüchtlinge, würden wir mit denselben Fehlern immer weitermachen.
Diese Fehler wurden auch vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 18. Juli 2012 festgestellt: Wir müssen in Deutschland für eine menschenwürdige Unterbringung von Schutzbedürftigen sorgen. Wir brauchen mehr Geld, aber eben auch mehr Vorgaben und Standards bei der Versorgung von Flüchtlingen. Denn sonst haben wir künftig keinerlei Kontrolle darüber, dass die zur Verfügung gestellten Gelder auch bei den Menschen ankommen, für die sie bestimmt sind.
Aber um all das geht es Ihnen offensichtlich gar nicht. Sie schreiben in Ihrem Antrag ich zitiere : „Eine von Ressentiments geleitete Asyldebatte wie zu Beginn der 1990er Jahre muss vermieden werden.“ Einen Absatz weiter fangen Sie eine von Ressentiments geleitete Debatte an. Sie schreiben zu den Schutzsuchenden aus Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina, dass sie oftmals sozial benachteiligt und auch gesellschaftlich diskriminiert seien. Aber ein Recht auf Flüchtlingsschutz sprechen Sie ihnen ab.
Damit fordern Sie genau das Gegenteil dessen, was wir vor der Sommerpause mit unserem Antrag „Keine Abschiebung von verfolgten und diskriminierten Minderheiten in den Westbalkan!“ gefordert haben. Wir hatten in der Debatte dargelegt, warum die Landesregierung Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien im Bundesrat eben nicht zu sicheren Herkunftsstaaten erklären darf.
Die Situation für Minderheiten in diesen Ländern ist katastrophal. Auch immer mehr Gerichte stellen fest, dass Antragstellern im Fall ihrer Rückkehr, etwa nach Serbien, asylrechtlich beachtliche Nachteile drohen: Pässe werden eingezogen usw. Zuletzt bestätigt wurde das durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster, das ernstliche Zweifel an der momentanen Entscheidungspraxis anmeldet, Asylanträge von Roma aus Serbien als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
Spätestens nach diesem Urteil, Herr Stamp, sollten Sie Ihren Vorschlag noch einmal überdenken. Schade, dass Sie sich vor der Sommerpause nicht an der Diskussion beteiligt haben. Vielleicht hätten wir Ihnen dann erklären können, dass es generell falsch ist, das Konzept „sichere Herkunftsstaaten“ zu unterstützen. Denn es pervertiert das Recht auf ein individuelles Asylverfahren. Wenn ich jedoch an Ihre Rede denke, glaube ich, dass wir in dem Punkt nicht zusammenkommen werden.
Also halten wir fest: Sie wollen Flüchtlingen helfen, indem Sie die Landesregierung auffordern, das Asylrecht zu verschärfen. Sie wollen Flüchtlingen helfen, indem Sie ein Zweiklassenasylsystem etablieren, das Asylanträge von Minderheiten aus dem Westbalkan schneller und weniger gründlich bearbeiten soll. Sie wollen Flüchtlingen helfen, indem diese schneller in das Elend abgeschoben werden. Ich kann das nur ablehnen. Sind Ihre Forderungen, mit denen Sie die Kommunen unterstützen wollen, tatsächlich nur Makulatur? Fangen Sie auch an, im Trüben zu fischen, wie Ihre Kollegen auf der rechten Seite? Ich hoffe, Sie können das in den Ausschussberatungen noch aufklären.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)