Veröffentlicht am von in Das Neueste, Deine Meinung!, Pressemitteilungen.

Es sei ein „Affront“, wir würden „angreifen“, er sei ein „Pöbel-Pirat“. So titeln heute die Medien in NRW und beziehen sich damit auf die Aussagen von Daniel Düngel, der das Verhalten der anderen Fraktionen als „krankes System“ bezeichnet.

Ein chronologischer Aufbau der getätigten Aussagen:

An allem Anfang stand folgender Blog-Eintrag:

http://blog.duengel.com/2014/01/07/kneift-euren-arsch-zusammen/

 

Dort liest man unter anderem:

Die anderen Parteien sind unsere Gegner. Sie wollen nicht dieses kranke System verändern. Sie wollen Pfründe sichern. Die anderen sind auch nicht unsere Verbündeten. Nein, sie wollen keine Themenkoalitionen. Die anderen Parteien sind längst nicht so weit. Ich fürchte, auch die anderen werden erst durch Schmerzen lernen müssen. Wer, wenn nicht wir, soll diese Schmerzen aufzeigen? Wir müssen laut werden. Verdammt laut.

Und weiter

Protokolle von Hinterzimmersitzungen wie PGF-Runden und Ältestenrat werden strikt abgelehnt, logisch … nur so kann man ungestört Drohkulissen aufbauen oder darüber reden, dass eine Flexibilisierung der IT vielleicht gut wäre, aber die Diskussion in der Öffentlichkeit schwierig werden könnte. Angst essen Seele auf!

 

Daraufhin stellten die Journalisten zahlreiche Fragen. Zum Beispiel:

Wieso empfinden Sie das Landtags-System als „krank“? Gehört dazu auch Ihre Alimentierung als Landtags-Vize und Abgeordneter – oder spenden Sie einen Teil davon oder verzichten gar auf den Dienstwagen? Was wollen Sie konkret verändern?

Daniel Düngel antwortete:

Mit  dem „kranken System“ beziehe ich mich auf das politische und strategische Verhalten der anderen Fraktionen. Wie erst kürzlich mehrmals geschehen, verweigern sie eine Zustimmung zu unseren Anträgen, obwohl sie eigentlich ganz klar unserer Meinung sind. So erst von den Grünen beim Thema Datensicherheit im Landtag (auf den sich mein Tweet morgens und mein Blog bezieht), oder im November-Plenum beim Thema Vorratsdatenspeicherung (http://www.piratenfraktion-nrw.de/2013/11/vorratsdatenspeicherung-ein-schwarzer-tag-fur-die-burgerrechte/).

Weitere Beispiele sind das Abstimmverhalten der SPD beim Nichtraucherschutz oder die Debatte um die Anträge zur Förderung von Fanprojekten, über die ich ja auch bereits gebloggt habe.

Diesen Politikern sind die Vereinbarungen mit anderen Fraktionen (Koalitionsvertrag etc.) wichtiger, als eine thematische Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Thema, um das es gerade geht.

Das ist doch krank! Wir Piraten setzen uns für thematische Zusammenarbeit / thematische Koalitionen ein. Zustimmung bei den Anträgen, die wir gut finden – Ablehnung derer, die nicht unserer Auffassung  entsprechen – völlig egal, welche Fraktion den Antrag eingereicht hat. So handhaben wir das von Beginn an.

Dieses von den etablierten Fraktionen/Parteien gelebte, traditionelle Politikverständnis ist es, was wir ändern wollen. „Klarmachen  zum Ändern!“ war unser Slogan damals im Wahlkampf – jetzt spürt man vielleicht auch in den anderen Fraktionen, was das heißt. Eine Auflockerung der Fraktionsdisziplin und sachorientierte Abstimmungen sind an dieser Stelle unsere politischen Ziele.

Dieses Kalkül der anderen Fraktionen, deren Fraktionszwang und deren grundsätzliche ablehnende Haltung gegenüber Themen meiner Fraktion, hat mit meinem Amt und dessen Alimentierung als Vizepräsident nichts zu tun. Als Vizepräsident repräsentiere ich den Landtag NRW und achte unparteiisch darauf, dass die Geschäftsordnung eingehalten wird. Für diese Arbeit ernte ich fraktionenübergreifend und von externen Stellen stets Lob und Anerkennung. Dieser Verantwortung bin ich mir bewusst und werde sie selbstverständlich auch weiterhin gerne wahrnehmen.

Herr Düngel, im November 2012 haben Sie anlässlich der Twitter-Entgleisungen von Herrn Schulz und Frau Rydlewski gesagt, die Kollegen sollten besser „mal `ne Minute drüber nachdenken, was sie sagen oder twittern.“ Haben Sie in letzter Zeit über alles gründlich nachgedacht, was Sie über den Landtag äußern?

Ich habe über meine 5.300-Zeichen lange Meinungsäußerung sehr gründlich nachgedacht. Wenn Medien dies auf 236 Buchstaben zusammenstampfen und übrig bleibt, dass ich den Landtag als krank bezeichne, ist dies zwar auf der einen Seite nachvollziehbar, auf der anderen Seite aber falsch. Ich bezeichne nicht den Landtag als krank, sondern vielmehr das politische und strategische Verhalten der im Landtag vertretenden Fraktionen.

Ist die Wortwahl „unerträgliche 1.0-Scheiße“ für einen Landtags-Vizepräsidenten angemessen?

Wir treten ein für das Recht der freien Meinungsäußerung. Dazu zähle ich auch das Recht auf eine freie Wortwahl. Bei offiziellen Reden als Landtagsvizepräsident drücke ich mich anders aus und bekomme hierfür auch immer positives Feedback. Wenn ich mich aber in meinem privaten Twitter-Account äußere, nehme ich mir das Recht heraus, die Wörter zu benutzen, die ich in dem Moment für angemessen empfinde.

Warum haben Sie eine solche Kritik noch nicht da geübt, wo sie auch hingehören sollte: am Rednerpult des Landtags?

Meine 18 Kollegen und ich haben bereits unzählige Male diese Kritik am Rednerpult geübt. Mindestens jedes Mal, wenn die anderen Fraktionen wieder unsere Anträge ablehnen, obwohl wir ganz genau wissen, dass sie eigentlich unserer Meinung sind. Zuletzt habe ich persönlich das getan, als wir über Fanprojekte in der letzten Plenarwoche debattiert haben. Die fand allerdings erst abends statt und ist leider nicht in die Presseberichterstattung gelangt.

 

Frau Landtagspräsidentin Carina Gödecke äußerte sich daraufhin auch:

„Die Äußerungen des Vizepräsidenten Düngel zur Parlamentarischen Arbeit und den dafür notwendigen Gremien sind falsch.

Die Sitzungen des Ältestenrates und der Runde der Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sind keine Hinterzimmer-Sitzungen. Ganz im Gegenteil, sie sind Garanten der Zusammenarbeit im Parlament. Das sollte ein Vizepräsident wissen. Es erstaunt mich schon sehr, dass Vizepräsident Düngel die beiden Gremien offensichtlich völlig anders sieht. Ich erwarte daher von Herrn Kollegen Düngel, der in seiner gewählten Funktion als Vizepräsident und Mitglied des Ältestenrates Aufgaben in diesen Gremien wahrnimmt, dass er sein Verhältnis zum Parlamentarismus und zu seiner Rolle als Vizepräsident klärt. Neben einem persönlichen Gespräch mit ihm wird sich auch das Präsidium mit der Angelegenheit befassen.“

 

Natürlich baten die Journalisten auch um ein Statement zum Statement. Daniels Antwort auf Frau Gödeckes Statement:

„Der Ältestenrat tagt nichtöffentlich. Keine dieser Sitzungen werden öffentlich protokolliert. Auch die Besprechungen zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern finden nichtöffentlich statt. So wichtig diese auch für die Vorbereitung der Plenartage sind, so sind sie dennoch weder transparent noch nachvollziehbar. Wir Piraten bezeichnen das im Allgemeinen als Hinterzimmerpolitik, die wir nicht gutheißen. Wir haben bereits mehrfach gefordert, Sitzungen zu streamen, Protokolle anzufertigen bzw. zu veröffentlichen – keine einzige dieser Forderungen wurde von den anderen Fraktionen unterstützt.

Ich frage mich, wovor die anderen Fraktionen Angst haben? Warum beharren sie darauf, diese Gremien nichtöffentlich zu gestalten?

Mit Landtagspräsidentin Gödecke bin ich im regelmäßigen Austausch und wir pflegen einen sehr angenehmen guten Kontakt, so dass für mich selbstverständlich ist, dass wir auch über meine Gedanken im besagten Blogbeitrag reden werden. Das Gesprächsangebot von Frau Gödecke nehme ich gerne an und werde mich auch bei dieser Gelegenheit erneut dafür einsetzen, mehr Transparenz in die Gremienarbeit zu bringen und unsere Position zum Parlamentarimus erläutern.

Mein Verhältnis zum Parlamentarismus und insbesondere zu meiner Rolle als Landtagsvizepräsident ist für mich klar definiert.“

 

Und was haben die Medien draus gemacht? Hier eine kleine Übersicht über die Berichterstattung:

 

Und was gab es auf Twitter mit dem Hashtag #KrankesSystem? Hier eine kleine Auswahl der Tweets:

Stilperle @LuluAwkward
Jugendliche interessieren sich nicht für Politik, sondern dafür wann endlich die neue Staffel vom „Bachelor“ läuft. #KrankesSystem

Martin Stoppler @stoppegp
Wenn man sich strafbar macht, weil man Flüchtlinge vor dem Ertrinken rettet, dann ist es ein verdammt #KrankesSystem!

Martin Stoppler @stoppegp
Wenn die Legislaturperiode verlängert wird, anstatt bundesweite Volksentscheide einzuführen, dannn ist es ein #KrankesSystem.

Holger Hennig @Hollarius
Wenn Hitzlsperger mutig sein muss, damit er seine sexuelle Präferenz veröffentlicht, dann ist das ein #krankesSystem!

Felicitas Steinhoff @lilysteinhoff
Wenn Pflegekraefte nach 3 bis 5 Jahren wegen burn out hinschmeissen und sich nichts aendert #KrankesSystem

Martin Stoppler @stoppegp
Wenn 7 Millionen Stimmen bei der Bundestagswahl einfach ignoriert werden, dann ist das ein #KrankesSystem.

Felicitas Steinhoff @lilysteinhoff
Wenn Regierungsministerien nur unbezahlte Praktika vergeben, und sich so eine politisch/wirtschaftliche Elite heranziehen. #KrankesSystem

Flo @MerlinsPapa
Es ist ein #KrankesSystem wenn Inklusion auf Kosten von Bildungschancen und auf die Gesundheit von Lehrern geht.

mohs @mohs8421
Wenn Konzerne die Politik bestimmen, haben wir ein #KrankesSystem

Sebastian K. @argosy_ops
Wenn Abgeordnete Anträge abschmettern, nur weil sie von einer anderen Partei stammen, dann ist es ein #KrankesSystem

Kunibert Belmonte @KuniBelmonte
Wenn kleine Leute ihre Steuern zahlen und Reiche sich drücken können, ist es ein #KrankesSystem

 

 

9 Kommentare an “#KrankesSystem”

      • nicht wichtig

        !Endlich mal klare Worte! Tatsächlich, was haben sie zu verbergen, die Abgeordneten? Auch in Gießen wurde das Streamen von Stadtverordnetensitzungen nicht erlaubt. Warum? Was soll das? Was ist daran demokratisch?

        Gleichzeitig werden wir alle täglich überwacht und abgehört…

      • Eric Manneschmidt

        Dass jemand wie Daniel ‚Gutmenschenfeind‘ Düngel nicht nur Abgeordneter, sondern auch noch Landtagspräsident werden kann, ist in der Tat ein Zeichen dafür, dass „das System“ irgendwie nicht ganz in Ordnung sein kann.

      • Eric Manneschmidt

        Nachtrag: Und leider sagt es auch etwas über den Zustand der Piratenpartei aus, die ihn und die anderen politischen Amokläufer mit Landtagsmandat noch immer nicht rausgeschmissen hat.

      • Sven Kater

        Mal wieder mein Freund, der militante Nichtraucher Manneschmidt, der die Weisheit so sehr mit Löffeln gefressen hat, das er sogar Klug scheissen kann… (sry, aber DER musste nun wirklich mal raus).

    • Frank Rentmeister

      Darauf erstmal eine Rauchen!

      😉

    • Jutta Paul

      Wenn ein erwachsener Mensch in seiner politischen Funktion als Landtagsvize sich nicht so weit unter Kontrolle hat, solche flegelhaften Äußerungen wie “unerträgliche 1.0-Scheiße” in die Welt flatuliert, dann ist ER mit Sicherheit ziemlich „KRANK“ im Kopf und sollte schnellsten sein Amt als Landtagsvizepräsident, am besten auch gleich sein Mandat, abgeben.

      Außerdem ist nicht das System „krank“, sondern allenfalls die politischen Parteien. Und genau in diesen Klüngel haben sich die Piraten ganz schnell etabliert, nicht nur was zum Beispiel der Umgang mit den Diäten angeht.

    • Daniel Düngel

      Hallo Frau Paul,
      wenn ich ehrlich sein soll, finde ich ihre Wortwahl und vor allem den persönlichen Angriff irgendwie schlechter. Aber macht nichts … man muss nicht immer einer Meinung sein 😉

      Danke für Ihr Feedback.

      Aber zur Klarstellung: Diese Äusserungen habe ich nicht in meiner Funktion als Landtagsvizepräsident gesagt.

  • I. Schüring

    Da lässt man einmal Dampf ab und schon ist man unten durch? Ne sorry das ist mir zu einfach …

  • Der Stycal

    Habe es schon mal irgendwann und irgendwo in die „Kommentar-Funktion“ hineingeschrieben: Mein Antrag ist: dieses System nicht nur als krank zu bezeichnen, sondern als krank und irrational (das ist mir in meiner Kindheit schon „vermittelt“ worden)…

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