Mittwoch, 18. Dezember, 2013
Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
in verbindung mit:
Zweites Gesetz zur Änderung der gesetzlichen Befristungen im Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums
Gesetzentwurf der Landesregierung
Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses
Audiomitschnitt der Rede von Dirk Schatz anhören:
Audiomitschnitt der Rede von Dirk Schatz als Download
Protokoll der Rede von Dirk Schatz:
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat behandeln wir jetzt zwei Anträge. Ich will mich in meiner Rede auf den Bereich der Feuerwehr und den Bereich des Opt-out-Antrages beschränken, da wir den anderen Antrag im Bereich des CIO grundsätzlich begrüßen, wobei wir allerdings das Konstrukt ein bisschen kritisieren. Wir werden uns bei der Abstimmung zu diesem Punkt enthalten.
Jetzt zum Opt-Out: Wir hatten das Thema „Feuerwehr“ schon öfter im Ausschuss, Herr Stotko. Als ich diesen Antrag gelesen habe, da habe ich mich zuerst gefragt, ob das ein Witz sein soll, nicht, weil ich es witzig finde, dass Sie den Kommunen ermöglichen wollen, diese Zulage zu erhöhen. Im Gegenteil, das kann man im Grunde nur begrüßen. Das ist keine Frage. Das werden wir grundsätzlich auch unterstützen. Ich finde es lediglich witzig, weil Sie das anscheinend für ausreichend halten.
Ich möchte kurz darstellen, worüber wir hier reden. Berufsfeuerwehrleute haben einen Beruf, der per se schon den allergrößten Respekt verdient. Sie riskieren praktisch täglich ihre Gesundheit, sogar ihr Leben, sie tragen gleichzeitig eine hohe Verantwortung für die Gesundheit und das Leben der Menschen, die sie beschützen sollen. Auch sehen sie in ihren täglichen Einsätzen Bilder, die andere Menschen nicht sehen möchten.
Trotz dieses körperlich und geistig äußerst anspruchsvollen Berufes müssen Feuerwehrbeamte ohnehin schon standardmäßig sieben Stunden pro Woche, also gut 30 Stunden pro Monat mehr arbeiten als andere Beamte, die zum Teil wesentlich weniger anstrengende und weniger verantwortungsvolle Aufgaben wahrnehmen. Berufsfeuerwehrleute arbeiten nämlich keine 41 Stunden, sondern – wie Sie selbst schon sagten – 48 Stunden pro Woche, und das ohne Extrabezahlung.
Damit aber nicht genug. Zu diesen 48 Stunden kommen noch einmal sechs Stunden pro Woche, also gut 25 Stunden im Monat. Sie sagen zwar, das wäre freiwillig, theoretisch mag das auch so sein, aber in vielen Kommunen ist es nicht der Fall. Praktisch ist das nicht freiwillig, weil sie ansonsten überhaupt keine andere Möglichkeiten haben, den Schichtdienst auszufüllen.
(Thomas Stotko [SPD]: Was?)
Für diese Mehrarbeit erhalten sie 20 € im Monat. Diese Zulage wollen Sie jetzt auf 30 € erhöhen. Wir reden also über eine Zulage von ca. 80 Cent pro Stunde bei einer Mehrarbeit von ohnehin schon 30 Stunden im Monat.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stotko zulassen?
Dirk Schatz (PIRATEN): Ja, bitte.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön, Herr Stotko.
Thomas Stotko (SPD): Schönen Dank, Herr Kollege Schatz. – Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass entgegen Ihrer Auffassung, wonach das nicht freiwillig erfolgt, die Feuerwehrleute in den Kommunen, die das für 30 € nicht machen wollen, dieses nicht tun müssen, sondern stattdessen eine ordnungsgemäße Mehrarbeitsvergütung verlangen können, wenn sie das wollen?
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön, Herr Schatz.
Dirk Schatz (PIRATEN): Das nehme ich gern zur Kenntnis, wird jedoch an der Sache nichts ändern. Diese Zulage ist nicht einmal verpflichtend,
(Zuruf: Unglaublich!)
sondern Sie überlassen es den Kommunen quasi auf freiwilliger Basis, ob sie diese Zulage bezahlen oder nicht. Darauf sind Sie auch noch stolz. Zumindest kann man das nicht anders deuten, wenn man in die Begründung Ihres Antrags schaut, weil Sie mit dieser Freiwilligkeit die Kosten auf die ohnehin schon klammen Kommunen abwälzen und somit die Konnexität umgehen können.
Aber auch damit sind wir noch nicht am Ende. Es darf bei alledem auch nicht vergessen werden, dass ca. 80 % der Berufsfeuerwehrleute lediglich im mittleren Dienst arbeiten, das heißt, dass sie im Endamt, also nach vielen Jahrzehnten harter Arbeit, vielen Risiken und unermesslich viel Erfahrung gerade einmal ungefähr 2.000 € netto verdienen. Vom Einstiegsgehalt, also von dem Gehalt, das sie in der Blüte ihrer Leistungsfähigkeit bekommen – in dieser Blüte wird natürlich die meiste Leistungsfähigkeit abverlangt –, will ich jetzt gar nicht reden.
Dazu vielleicht nur so viel: Um Berufsfeuerwehrmann oder -frau zu werden, muss man mindestens zwei abgeschlossene Berufsausbildungen vorweisen können, einmal eine handwerkliche und einmal eine medizinische, die während der Ausbildung erlangt wird: also zwei abgeschlossene Ausbildungen.
Wir reden im Äquivalent über eine Ausbildungszeit, die in der Quantität einem Masterstudiengang gleichkommt. Dass diese Beamten, wenn sie dann in den wohlverdienten Ruhestand tretenbzw. gerade wegen der hohen Belastung nicht selten in den Vorruhestand müssen und deshalb auch noch Abzüge hinnehmen müsssen, nicht einmal ihre Feuerwehrzulage als ruhegehaltsfähig angerechnet bekommen, ist eine Zumutung.
(Beifall von den PIRATEN)
Für Menschen, die unter solchen Umständen ihr Leben riskieren, ist der allergrößte Respekt nicht einmal ansatzweise ausreichend, denn von Respekt alleine können sich die Berufsfeuerwehrleute auch nichts kaufen. Aber für eine Landesregierung, die dafür sorgt, dass Berufsfeuerwehrleute, insbesondere gemessen am tatsächlichen Verhältnis zwischen Wochenarbeitszeit und Nettolohn fast schon in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten müssen, kann ich gar nicht genug Verachtung ausdrücken.
Ich hoffe sehr, dass in den Ausschüssen noch etwas nachgebessert werden kann und wir die Zulage erhöhen. – Vielen Dank.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Schatz.