Veröffentlicht am von in Frank Herrmann, Innenausschuss (A09), Reden.

Mittwoch, 16. Oktober 2013

TOP 11.   Direkte Demokratie muss bürgerfreundlich und rechtssicher sein!

Antrag der Fraktion der FDP
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kommunalpolitik
Unser Redner : Frank Herrmann
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung, d.h. Ablehnung der Beschlussempfehlung des AKo
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Protokoll der Rede von Frank Herrmann:

Vielen Dank, Herr Präsident! – Direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung sind für uns Piraten ein Kernthema. Ich habe – wenn ich Ihren letzten Äußerungen, Herr Abruszat, folgen darf – fast das Gefühl, dass sich da ein Wettbewerb vorbereitet. Wir werden sehen, was in diesen Tagen auf uns zukommen wird.

Lassen Sie mich zu dem Antrag noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen. Das Wort von der Politikverdrossenheit steht stellvertretend für einige Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte, wobei es eigentlich „Politikerverdrossenheit“ heißen müsste; denn tatsächlich sind die Menschen sehr an Politik interessiert. Doch das, was sie daran hindert mitzumachen, ist ein Gefühl der Resignation, dass das nichts nutzt, dass „die da oben doch machen, was sie wollen“. Das ist ein Gefühl der Ohnmacht, ein Gefühl, ohne Macht zu sein.

Dabei hat in der Demokratie doch gerade der Bürger die Macht. So sollte es sein. Daran denken Politiker immer dann, wenn eine Wahl ansteht. Vielleicht waren es die Zeichen für die anstehende Kommunalwahl, Herr Kollege von der FDP, dass sie da noch einmal etwas zeigen wollen. Gerade im hinter uns gelassenen Wahlkampf haben wir es auch wieder erlebt, wie die Parteien ihre Infostände aus dem Keller geholt und sich der Aufgabe gestellt haben, mit dem Bürger in Kontakt zu treten. Manchmal sah das ein bisschen wie eine lästige Pflichtübung aus.

Jetzt sind die Gesichter gewählt. Die Parteien ziehen sich für die nächsten vier bis fünf Jahre in die Parlamente zurück, um sich ihren Ritualen zu widmen. Wir erleben das hier zur Genüge.

Die Demokratie erscheint den Bürgern somit als starres System, in dem sich nur schwer etwas bewegen lässt. Demokratie muss aber lebendig, dynamisch gelebt werden. Sie muss beweglich sein und weiterentwickelt werden. Daher sind Elemente der Beteiligung der Bürger so wichtig. Sie geben den Menschen die Möglichkeit, direkten Einfluss auf das politische Geschehen zu nehmen – auch zwischen den Wahljahren.

Wichtig ist dabei, dass keine Alibiveranstaltungen geschaffen werden. Daher dürfen Möglichkeiten der Mitbestimmung und Mitgestaltung keine unnötigen Hürden enthalten. So kann zum Beispiel jeder Bürger auf der Webseite www.openantrag.de an inzwischen 47 Stadt-, Bezirks- und Landesparlamente einen Antrag stellen. Hier ist die einzige Hürde ein Internetanschluss.

Bei der Anerkennung von Unterschriften zu Bürgerbegehren mussten wir aber feststellen, dass das unterschiedliche Vorgehen der Kommunen bei der Prüfung eine echte Hürde war. Völlig unverständlich ist es, wenn Bürgerbegehren zu einer Umgehungsstraße platzen, nur weil das Formfeld „Geburtsdatum“ nicht überall ausgefüllt ist.

An dieser Stelle möchte ich einmal Organisationen wie „Mehr Demokratie e. V.“ danken, dass sie seit Jahren die Durchführung von Bürgerbegehren beobachten und mehrere Fälle dokumentiert haben, in denen entscheidende Unterschriften für ungültig erklärt wurden, nur weil nicht alle Formfelder ausgefüllt waren. So kann nämlich eine vermeintlich kleine Regelungslücke ein großes Vorhaben wie die Beteiligung der Bürger an einzelnen politischen Fragen massiv stören und die Menschen verlieren weiter Vertrauen in das System, die parlamentarische Demokratie und die gewünschte Bürgerbeteiligung.

Deswegen schrieben wir Piraten auch in unser Wahlprogramm zur Landtagswahl 2012:

„Die Piraten NRW streben eine Änderung der Gemeindeordnung an, die die Erfolgschancen für Bürgerbegehren entscheidend verbessert und überflüssige Hürden abbaut.“

Nun hat sich die FDP dieses Themas angenommen und erinnert damit an ihre frühere Geschichte als Bürgerrechtspartei. Für Ihren Antrag, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich mich ganz ehrlich und ohne Ironie herzlich bedanken. Zwar ist der Antrag in großen Teilen obsolet, wie wir es schon gehört haben. Die Kollegen haben ausgeführt: Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat den Antrag letztlich in großen Teilen schon bestätigt. Die Landesregierung hat – das hat gerade auch Herr Hübner gesagt – die Kommunen über den Gerichtsbeschluss schon informiert.

Aber das ist nicht genug. Eine verbindliche Regelung ist nämlich wichtig. Sonst wird es mit den Jahren unübersichtlich, wenn man immer auf frühere Gerichtsentscheidungen verweisen muss. Der Antrag, wie auch unser Wahlprogramm, fordern die Festschreibung in der Gemeindeordnung.

Bezüglich des zweiten Punkts, nämlich der Vorabprüfung über die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, gibt es noch Diskussionsbedarf – auch innerhalb meiner eigenen Fraktion. Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken. Das niedersächsische Modell, nach dem ein Bürgerbegehren auf Antrag geprüft wird, klingt zumindest interessant.

Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung eine solche Vorabprüfung in Erwägung zieht – aber bitte bevor erst wieder ein Gericht dazu urteilen muss.

Da unsere Positionen im Antrag der FDP-Fraktion in vollem Umfang enthalten sind, empfehle ich meiner Fraktion, dem Antrag zuzustimmen und damit die Beschlussempfehlung abzulehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

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